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ID0203110600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954 1437 31. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1438 C, 1480 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr Becker (Hersfeld) 1438 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1438 D Mitteilung über Stellungnahme des Bundesrats zum Haushaltsgesetz 1954 (Drucksache 539) 1439 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 419) . . 1439 A Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/ CSU), Berichterstatterin 1439 A Könen (Düsseldorf) (SPD) 1440 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1440 D Sabel (CDU/CSU) 1441 B Frau Schanzenbach (SPD) 1442 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1443 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 1443 D Abstimmungen 1440 B, 1444 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1444 C Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 1444 C, 1456 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1446 D, 1453 B, 1456 B Hansen (Köln) (SPD) . . . . 1447 C, 1457 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 1450 C Becker (Hamburg) (DP) 1453 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 1455 A Sabel (CDU/CSU) 1457 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 1458 C Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 218, Anträge Umdrucke 71, 112) 1458D, 1509A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . 1458 D, 1461 B, C, 1464 D Dr. Arndt (SPD) . . . 1459 D, 1461 C, 1463 B Dr. Lütkens (SPD) 1462 A Wehr (SPD) 1463 C Abstimmungen 1465 D Tatsächliche und persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung (betr. Berichterstattung in der 28. Sitzung zum Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Löhr): Ritzel (SPD) 1466 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderungsprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 293) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316, Umdruck 113), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 510), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 432), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Straßenbau im Zonenrandgebiet (Drucksache 433), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 434), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 435) sowie mit der Beratung des Antrags der Abg. Wacher (Hof), Fuchs, Freiherr Riederer von Paar u. Gen. betr. Beihilfe für Grenzbauern (Drucksache 529) 1467 B, 1509 D Dr.-Ing. Drechsel (FDP), Anfragender 1467 C Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . 1470 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 1474 A 1497 C Frau Dr. BrökeLschen (CDU/CSU): zur Geschäftsordnung 1477 B zur Sache 1489A, 1505 C Dr. Gülich (SPD): zur Geschäftsordnung 1478 A zur Sache 1503B, 1505 C Kurlbaum (SPD), Antragsteller . . 1478 A Hörauf (SPD), Antragsteller . . . . 1480 B Freidhof (SPD), Antragsteller . . . 1481 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD), Antragsteller 1482 D Behrisch (SPD), Antragsteller . . 1484 A Wacher (Hof) (CDU/CSU), Antrag- steller 1486 A Frau Korspeter (SPD) 1487 B Dr. Henn (FDP) 1493 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 1495 B Unertl (CDU/CSU) 1497 D Höhne (SPD) 1499 A Seiboth (GB/BHE) 1500 D Kahn (CDU/CSU) 1506 B Priebe (SPD) 1507 A Jacobs (SPD) 1507 C Dr. Starke (FDP) 1507 C Ausschußüberweisungen 1508 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Drucksache 540) 1509 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 1509 C Nächste Sitzung 1509 C Anlage 1: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 71) 1509 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 112) 1509 C Anlage 3: Antrag der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Umdruck 113) 1509 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 71 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach der Wiederinkraftsetzung des Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen bemüht zu sein, baldigst diesen Vertrag gemäß Art. V des Abkommens durch einen zeitgemäßen und umfassenden Vertrag zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, daß Art. II in Verbindung mit Art. IX des Vertrages eine Auslegung findet, a) die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des „Immigration and Nationality Act" beseitigt, b) die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt, c) daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechtes in Anspruch nehmen können. Bonn, den 27. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 112 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die vom Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ist nicht Bestandteil des Abkommens vom 3. Juni 1953 und des durch dieses Abkommen bestätigten Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 und kann daher Rechte aus dem Vertrage vom 8. Dezember 1923 nicht mindern. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 113 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316). Der Bundestag wolle beschließen, für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet im Verlauf der nächsten fünf Jahre Bundeszuschüsse in Höhe von jährlich 25 Millionen DM zu gewähren. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Dr. Wilhelm Gülich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es schien heute nachmittag manchmal so, als ob die Diskussion eine Angelegenheit der Abgeordneten aus den Zonenrandgebieten gewesen wäre.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE.)

    Es ist sogar die Verdächtigung ausgesprochen worden, es handle sich um parteipolitische Anliegen; aber das auszusprechen, ist falsch und entspricht einfach nicht der politischen Wirklichkeit und der Bedeutung der Aufgabe, um die es geht.
    Vor einer Woche ist die vorzügliche Denkschrift des Instituts für Raumforschung zur Frage regionaler Wirtschaftspolitik herausgekommen. Ich habe sie in der vorvorigen Woche bei meiner Rede zur Finanz- und Steuerreform bereits zitiert, und ich möchte Ihnen, nachdem ich dasselbe früher ja oft genug gesagt habe, mitteilen, welche Feststellung dieses Institut auf Grund sorgfältiger Untersuchungen trifft:
    Es kann, wenn schon in der sowjetischen Besatzungszone ein breiter toter Streifen entlang der Zonengrenze geschaffen wird, nicht die Aufgabe einer Wirtschaftspolitik der Bundesregierung sein, diesseits des Eisernen Vorhangs gleichfalls einen Streifen wirtschaftlicher Verödung zuzulassen.

    (Sehr gut! beim GB/BHE.)

    Der Ausgleich des Wirtschaftsgefälles von Westen nach Osten muß also einen wesentlichen Teil einer regionalen Wirtschaftspolitik bilden, die sich dabei keineswegs auf den östlichen Grenzstreifen der Bundesrepublik beschränken darf.
    Ich empfehle auch Herrn Staatssekretär Westrick und seinem Ministerium die Lektüre dieser vorzüglichen Denkschrift; denn Herr Staatssekretär Westrick ist in den Fehler verfallen, heute wieder mit großen Zahlen zu operieren. Die statistische große Zahl sagt uns aber hier, wo es sich um regionale Differenzierungen handelt, gar nichts. Die Einheit des Landes oder gar die Einheit der Bundesrepublik bedeutet im statistischen Durchschnitt nichts, damit kann man keine wirklichkeitstreue Aussage machen. Wir haben bei unseren Betrachtungen von der regionalen Verschiedenartigkeit der Bundesrepublik auszugehen.
    Nun ein Wort zu der Antwort der Bundesregierung. Die Bundesregierung gibt in Drucksache 534 sehr interessante Überblicke. Sie wird die Länder bitten, bei der Erhebung von Steuern und Abgaben im Zonenrandgebiet, bei Ermessensentscheidungen, Stundungen, Erlassen, Beitreibungsangelegenheiten und Auslegungsfragen, soweit möglich, großzügig zu sein. Das ist ein Appell an die armen Länder, die ohnehin nicht wissen, wie sie mit ihrer geringen Steuerkraft ihre Wirtschaft in Ordnung halten sollen. Die Bundesregierung wird die Länder bitten, in Abschreibungsfragen im Rahmen des § 131 der Abgabenordnung entgegenzukommen. Abschreiben kann nur jemand, der seine Abschreibungen verdient hat. Aus Denkschriften von Industrie- und Handelskammern, die auch dem Wirtschaftsministerium vorliegen, geht klar und deutlich hervor, daß diese Empfehlungen von vielen Industrie- und Handelsunternehmungen als, wie es in einem Bericht heißt, „tatsachenfremd" empfunden werden, weil sie nicht einmal das Maß, der bisher erlaubten Abschreibungen in Anspruch nehmen konnten. Wie kann also die Industrie dieser notleidenden Zonenrandgebiete aus dieser Empfehlung irgendwelchen Gewinn ziehen?
    Den Zonenrandländern soll weiterhin nahegelegt werden, ihren Gemeinden in den Randgebieten im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu ermöglichen, bei der Festsetzung der GewerbesteuerHebesätze und sonstiger Abgaben den besonderen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Nun, es wird auch dem Bundeswirtschaftsministerium bekannt sein, daß durch die erfolgten Abschreibungen der Gewinn gemindert und infolgedessen auch das Gewerbesteueraufkommen redu-


    (Dr. Gülich)

    ziert worden ist. Einzelne Gemeinden haben einen so erheblichen Gewerbesteuerausfall, daß ihnen eine solche Empfehlung wiederum gar nichts nützt. Ich habe vor mehr als einem Jahr vorgeschlagen, daß man den Gemeinden aus Bundesmitteln den Gewerbesteuerausfall garantieren solle. Damit sind sie in der Lage, ihre Hebesätze der tatsächlichen Wirtschaftskraft der Gemeinde und ihrer Unternehmungen anzupassen. Ich will die Antwort der Bundesregierung der fortgeschrittenen Zeit wegen nicht weiter kritisieren. Es ließe sich ja zu jedem einzelnen Punkt etwas sagen, was den Wert dieser Antwort, zu der viele Monate gebraucht worden sind — Herr Kollege Seiboth hat das schon ausgeführt —, eben doch sehr fragwürdig macht.
    Nur auf einen Punkt möchte ich noch eingehen. Die Antwort sagt, und auch Herr Staatssekretär Westrick sagte es heute, daß nach dem Grundgesetz gar nicht der Bund zuständig sei und daß diese Auffassung auch von einigen Länderregierungen vertreten werde. Nun, wir wissen alle, welche Länderregierungen aus ihrem krassen Länderegoismus die Meinung vertreten, es handele sich nicht um Kriegsfolgen nach Art. 120 des Grundgesetzes. Als Argument für diese Auffassung wird weiter verwendet, auch im Ersten und Zweiten Überleitungsgesetz sei diese Not der Zonenrandgebiete überhaupt nicht als Kriegsfolgelast angesprochen worden. Nun, da liegt der Jammer! Das entscheidende Versäumnis der Bundesrepublik hat 1949 damit begonnen, daß sie sich damals nicht der Zonenrandgebiete angenommen hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wir sind doch damals die Rufer im Streite, die Prediger in der Wüste gewesen. Aber wir sind nicht gehört worden — ja, Herr Pelster, Sie schütteln dauernd den Kopf —,

    (Abg. Pelster: Ich habe doch noch nichts gesagt!)

    weil Sie so erfüllt waren .von dem „Wirtschaftswunder", daß Sie gar nicht bemerkt haben,

    (Abg. Pelster: Das können Sie doch gar nicht bestreiten, das Wirtschaftswunder!)

    daß bei dieser Gelegenheit viele wichtige Gebiete
    in der Bundesrepublik wirklich zugrunde gingen.

    (Zuruf vom GB/BHE: Richtig! — Abg. Pelster: Bis jetzt ist das nicht der Fall; wir haben wesentlich unterstützt!)

    — Wenn Sie sagen: „Wir haben wesentlich unterstützt", dann sagen Sie dasselbe, was Herr Staatssekretär Westrick auch ausgeführt hat.

    (Abg. Pelster: Der Bund kann doch nicht die Ländersteuern und die Gemeindesteuern zahlen, und die Länder wollen dem Bunde dann nichts geben! Das geht doch auch nicht!)

    — Ich sage, wenn Sie sich einmal diese Grenzgebiete ansehen — —

    (Abg. Pelster: Das habe ich auch getan!)

    — Ich lade Sie ein, mit mir einmal ein bißchen herumzufahren, Herr Pelster.

    (Abg. Pelster: Nicht notwendig! Kann ich aus eigenem! Dazu brauche ich Sie nicht!)

    — Aus Ihrer Haltung diesen Fragen gegenüber sehe ich, daß es sehr notwendig ist, so notwendig,
    daß man Ihnen sogar noch einen gewissen Elementarunterricht auf diesem Gebiete erteilen müßte.

    (Zurufe von der Mitte: Schulmeister! — Unerhört! — Abg. Pelster: Dafür sind Sie nicht kompetent!)

    — Aber ich wäre dazu fähig.

    (Abg. Pelster: Auch nicht, auch wenn Sie Professor sind!)

    — Aber ich wäre dazu fähig und in der Lage, (Abg. Pelster: Wird meinerseits bestritten!) wenn Sie mir die Kompetenz dazu einräumten.

    (Abg. Pelster: Für mich sind Sie dafür nicht kompetent!)

    Im übrigen will ich diese Frage wahrhaftig nicht zum Gegenstand einer solchen Auseinandersetzung machen.

    (Zuruf von der Mitte: Das haben Sie aber getan!)

    Vielmehr ist es tatsächlich so, daß das Verständnis für die Not der Zonenrandgebiete in weitesten Kreisen Westdeutschlands ganz einfach nicht vorhanden ist.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE. — Abg. Samwer: Leider nicht ausreichend! — Zuruf des Abg. Pelster.)

    Herr Staatssekretär Westrick sagte eben unter Hinweis auf die großen Zahlen, die wirtschaftliche Entwicklung gehe aufwärts. Ich kann Ihnen nur sagen: Fahren Sie hin! Ich kann Ihnen zeigen, was dort im einzelnen geschehen ist. Daß einzelne Unternehmungen florieren, wird ja nicht bestritten. Deswegen ist auch die ganze globale Zuweisung von Mitteln etwas fragwürdig. Wir würden zweifellos viel weiter kommen, wenn man von konkreten Objekten ausginge. Das erfordert allerdings eine sehr intensive Beschäftigung mit diesen Dingen. Ich bin persönlich gar nicht unglücklich darüber, daß Herr Kraft jetzt diese Aufgabe bekommen hat. Er wird schon etwas aus dieser Aufgabe machen; denn er hat ja immerhin eine Vorstellung, und zwar eine gute Vorstellung zumindest von den Zonenrandgebieten in Schleswig-Holstein. Wenn uns da — allerdings nicht erst in vier Monaten — eine kurze, prägnante Denkschrift vorgelegt wird, so kann das der Sache nur dienlich sein.
    Im übrigen will ich mit Herrn Staatssekretär West r i c k nicht mehr polemisieren; denn man soll politische Kritik am Minister nicht am Staatssekretär auslassen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber das Herz und die Leidenschaft dürfen wir auch bei Herrn Westrick getrost unterstellen. Nur, was die Früchte betrifft, die aus dem Wirtschaftsministerium kommen sollen, da sehe ich vorläufig noch ein bißchen trübe in die Zukunft.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wenige Worte zu Frau Brökelschen! Frau Brökelschen sagte, die SPD stünde der Situation bei den Verteidigungslasten genau so gegenüber. Ich habe mich bereits neulich klar ausgedrückt —

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Ja, darüber werden wir uns nie verständigen!)

    — hören Sie doch mal zu! — ich habe es neulich
    schon gesagt: wenn der Herr Bundesfinanzminister
    von vornherein, bevor die Verhandlungen begin-


    (Dr. Gülich)

    nen, sagt: „Ich komme mit den Besatzungsmächten doch nicht zurecht", dann kommt er nicht zurecht! Ich habe neulich gesagt, er sollte sich nicht mit den Alliierten gegen den Bundestag verbünden, sondern den Bundestag zu seinem Verbündeten gegen die Alliierten machen. Dann kämen wir schon weiter.

    (Beifall bei der SPD.)

    Denn in diesen sogenannten Verteidigungslasten
    — das habe ich neulich bei der Behandlung des Einzelplans 35 ausgeführt und keinen Widerspruch dafür bekommen — liegt so viel Leerlauf, so viel Unfug, so viel Mutwillen, daß ein zäher Verhandler schon etwas erreichen könnte.
    Vorhin wurde von Herrn Staatssekretär Westrick mitgeteilt, die 120 Millionen DM stünden jetzt zur Verfügung. Schön. Das habe ich auch heute gerüchtweise gehört. Bis dahin stand klar und deutlich im Einzelplan 60 des Bundeshaushaltsplans bei Tit. 950 — und das haben Sie gegen mein sehr entschiedenes Votum neulich beschlossen —, daß die Hilfe von 120 Millionen DM für die Zonenrandgebiete nur gegeben werden sollte, wenn der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer mehr als 40 %, nämlich 42 %, betrüge. Das steht im Dispositiv im Tit. 950 drin.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist ja längst überholt!)

    — Das ist nicht längst überholt. Bis heute ist es offiziell noch nicht überholt; es ist jetzt nur gerüchtweise überholt. Der Herr Finanzminister soll sich mit einigen Ländern geeinigt haben. Wohlgemerkt: mit einigen. Er kann nunmehr hoffen, auf der nunmehr abgewandelten Basis 40 % statt 42 %
    — die Differenz wird praktisch durch die Bundesbahnanleihe gedeckt — im Bundesrat mit der Sache durchzukommen. Aber Sie konnten nicht davon ausgehen, daß das schon geschehen wäre, was noch nicht geschehen ist und wofür jetzt nur die Vorverhandlungen des Bundesfinanzministers geführt worden sind.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Die Zusicherung von Staatssekretär Westrick liegt doch vor!)

    — Ich freue mich darüber, wenn es so ist, wenn der Bundesfinanzminister sich mit den Ländern geeinigt hat.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Das ist ja so!)

    Frau Brökelschen sagte ferner, die Länder hätten nichts getan

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Das habe ich nicht gesagt!)

    für die Not der Gemeinden in den Zonenrandgebieten. Sehen Sie sich die Finanzausgleichsgesetze der Länder an! Frau Kollegin, sehen Sie sich den Finanzausgleich in Niedersachsen an! Da werden Sie feststellen, daß in den letzten Jahren 60 bis 80 oder 81 % der gesamten Bedarfszuweisungen im Finanzausgleich an Gemeinden in den Zonenrandgebieten gegangen sind.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Man darf also keine Vorwürfe erheben, die nicht berechtigt sind.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Dr. Brökelschen hat das Wort zu einer Zwischenbemerkung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Else Brökelschen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Professor Gülich, ich habe nicht gesagt, die Länder hätten nichts getan, sondern ich habe gesagt, ich möchte einmal einen genauen Überblick darüber haben, was auf den einzelnen Gebieten von den Ländern an Leistungen gegeben worden ist, und ich habe auf den Wohnungsbau exemplifiziert.

    (Lebhafte Rufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! — Abg. Huth: Das ist etwas ganz anderes!)