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ID0203110400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954 1437 31. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1438 C, 1480 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr Becker (Hersfeld) 1438 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1438 D Mitteilung über Stellungnahme des Bundesrats zum Haushaltsgesetz 1954 (Drucksache 539) 1439 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 419) . . 1439 A Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/ CSU), Berichterstatterin 1439 A Könen (Düsseldorf) (SPD) 1440 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1440 D Sabel (CDU/CSU) 1441 B Frau Schanzenbach (SPD) 1442 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1443 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 1443 D Abstimmungen 1440 B, 1444 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1444 C Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 1444 C, 1456 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1446 D, 1453 B, 1456 B Hansen (Köln) (SPD) . . . . 1447 C, 1457 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 1450 C Becker (Hamburg) (DP) 1453 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 1455 A Sabel (CDU/CSU) 1457 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 1458 C Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 218, Anträge Umdrucke 71, 112) 1458D, 1509A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . 1458 D, 1461 B, C, 1464 D Dr. Arndt (SPD) . . . 1459 D, 1461 C, 1463 B Dr. Lütkens (SPD) 1462 A Wehr (SPD) 1463 C Abstimmungen 1465 D Tatsächliche und persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung (betr. Berichterstattung in der 28. Sitzung zum Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Löhr): Ritzel (SPD) 1466 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderungsprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 293) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316, Umdruck 113), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 510), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 432), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Straßenbau im Zonenrandgebiet (Drucksache 433), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 434), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 435) sowie mit der Beratung des Antrags der Abg. Wacher (Hof), Fuchs, Freiherr Riederer von Paar u. Gen. betr. Beihilfe für Grenzbauern (Drucksache 529) 1467 B, 1509 D Dr.-Ing. Drechsel (FDP), Anfragender 1467 C Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . 1470 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 1474 A 1497 C Frau Dr. BrökeLschen (CDU/CSU): zur Geschäftsordnung 1477 B zur Sache 1489A, 1505 C Dr. Gülich (SPD): zur Geschäftsordnung 1478 A zur Sache 1503B, 1505 C Kurlbaum (SPD), Antragsteller . . 1478 A Hörauf (SPD), Antragsteller . . . . 1480 B Freidhof (SPD), Antragsteller . . . 1481 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD), Antragsteller 1482 D Behrisch (SPD), Antragsteller . . 1484 A Wacher (Hof) (CDU/CSU), Antrag- steller 1486 A Frau Korspeter (SPD) 1487 B Dr. Henn (FDP) 1493 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 1495 B Unertl (CDU/CSU) 1497 D Höhne (SPD) 1499 A Seiboth (GB/BHE) 1500 D Kahn (CDU/CSU) 1506 B Priebe (SPD) 1507 A Jacobs (SPD) 1507 C Dr. Starke (FDP) 1507 C Ausschußüberweisungen 1508 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Drucksache 540) 1509 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 1509 C Nächste Sitzung 1509 C Anlage 1: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 71) 1509 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 112) 1509 C Anlage 3: Antrag der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Umdruck 113) 1509 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 71 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach der Wiederinkraftsetzung des Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen bemüht zu sein, baldigst diesen Vertrag gemäß Art. V des Abkommens durch einen zeitgemäßen und umfassenden Vertrag zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, daß Art. II in Verbindung mit Art. IX des Vertrages eine Auslegung findet, a) die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des „Immigration and Nationality Act" beseitigt, b) die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt, c) daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechtes in Anspruch nehmen können. Bonn, den 27. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 112 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die vom Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ist nicht Bestandteil des Abkommens vom 3. Juni 1953 und des durch dieses Abkommen bestätigten Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 und kann daher Rechte aus dem Vertrage vom 8. Dezember 1923 nicht mindern. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 113 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316). Der Bundestag wolle beschließen, für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet im Verlauf der nächsten fünf Jahre Bundeszuschüsse in Höhe von jährlich 25 Millionen DM zu gewähren. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Frank Seiboth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst das tiefe Bedauern meiner Fraktion darüber aussprechen, daß es erst Großer Anfragen und einer Reihe von Anträgen bedurft hat, bis der Bericht der Bundesregierung über die eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen im Zonengrenzgebiet, der bereits zum 15. Februar dieses Jahres vorliegen sollte, dem Hohen Hause vorgelegt worden ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wenn dieser Bericht der Regierung rechtzeitig oder nur mit geringer Verzögerung hier vorgelegen hätte, dann wäre Gelegenheit gewesen, daß der Gesamtdeutsche Ausschuß bzw. sein Unterausschuß für die Zonengrenzgebiete und vielleicht auch der Finanzausschuß

    (Abg. Samwer: Haushaltsausschuß!)

    zu den Fragen, die heute hier erörtert wurden, eine einheitliche Stellungnahme hätten erarbeiten können. Die Erörterungen im Plenum wären dann vielleicht etwas anders, vielleicht auch etwas sachlicher verlaufen. als es der Fall gewesen ist.
    Wir haben — das sagen wir offen — sehr ernste Bedenken ob der schleppenden Behandlung dieser so wichtigen Angelegenheit durch den federführenden Bundesminister, Herrn Professor Erhard.

    (Abg. Behrisch: Sehr gut!)

    Es stellt sich für uns alle die Frage, ob die Ursachen für diesen schleppenden Gang nicht vielleicht zum großen Teil in dem Umstande zu suchen sind, daß Herr Minister Professor Erhard


    (Seiboth)

    als leidenschaftlicher Vertreter der freien Wirtschaft ein eingeschworener Gegner selbst des leisesten Lenkungs- und Planungsversuchs und auch des leisesten Versuchs des Dirigismus ist, wie er beim Zonenrandgebiet aber nun einmal nötig ist.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE. — Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir können, wenn wir dem Zonenrandgebiet helfen wollen, auch bei Bejahung des Prinzips der freien Wirtschaft nicht darauf verzichten, in gewissem notwendigem und vertretbarem Umfange Lenkungsmaßnahmen ins Auge zu fassen.
    Diese Sorgen hinsichtlich der Person des federführenden Ministers sind uns gekommen, als wir die Rede des Herrn Bundeswirtschaftsministers Erhard am 14. Februar dieses Jahres in Kassel hörten.

    (Abg. Behrisch: Ausgezeichnet!)

    Damals wurde ein eben neu errichtetes Gebäude der Wirtschaft eröffnet. Herr Bundeswirtschaftsminister Professor Erhard ist dort sowohl von dem Vertreter der hessischen Regierung wie von den Vertretern der Industrie- und Handelskammer Kassel besonders auf die Fragen des Zonennotstandsgebiets im hessischen Raum angesprochen worden. Er hat aber in einer fast eineinhalbstündigen Rede darauf keinerlei Antwort gegeben, sondern einen Vortrag allgemein wirtschaftlicher Art gehalten, der wohl recht interessant war, aber vom Zonengrenzgebiet nicht ein Wort enthielt. Und das, obwohl Herr Professor Erhard damals bereits zehn Wochen lang mit der Federführung für die Fragen des Zonengrenzgebietes betraut gewesen war! Erst ganz zum Schluß seiner Rede hat damals der Herr Bundeswirtschaftsminister mit einem Blick auf die Uhr erklärt, leider müsse er nun zum Bahnhof eilen, er könne deshalb die angeschnittenen Fragen bezüglich des Zonengrenzgebiets hier nicht mehr behandeln,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    aber man könne sich darüber ja am grünen Tisch unterhalten.

    (Abg. Dr. Bleiß: „Am grünen Tisch" ist gut!)

    Ich bin nun der Meinung und mit mir die Kollegen meiner Fraktion, daß gerade Kassel als die Hauptstadt des hessischen Zonennotstandsgebietes, wenn ich das so nennen darf, ein geeigneterer Ort gewesen wäre

    (Sehr gut! bei der SPD)

    als der verrufene grüne Tisch, von dem wir außerdem nicht einmal wissen, ob er in dieser Frage bisher überhaupt in Anspruch genommen worden ist.

    (Beifall beim GB/BHE. — Abg. Behrisch: Weil nämlich die Hauptstadt links vom Rhein liegt!)

    Wir betrachten es als ein dringendes Anliegen an den Chef der Bundesregierung, den Herrn Bundeskanzler, ernstlich zu erwägen, ob nicht die Notwendigkeit besteht, die Kompetenz für die Behandlung der Fragen des Zonenrandgebiets neu und sinnvoller zu regeln.
    Hierbei darf ich vielleicht darauf hinweisen, daß auch wir vom Gesamtdeutschen Block/BHE in dem Auftrag, der vor wenigen Wochen an Herrn Bundesminister Kraft erteilt worden ist, eine Denkschrift über die Zonenrandgebiete auszuarbeiten, durchaus nicht eine Maßnahme sehen, die geeignet wäre, Wandel zu schaffen. Die Erklärung des Herrn Staatssekretärs Westrick, diese Denkschrift werde in etwa drei bis vier Monaten vorliegen, möchten wir in keinem Fall so ausgelegt wissen, daß wir erst in drei oder vier Monaten mit den noch ausstehenden Maßnahmen im Grenzgebiet beginnen können. Die Verantwortlichkeit für alles bisher Geschehene und auch für das bisher nicht Geschehene muß aber — das möchten wir von unserer Fraktion besonders herausstellen — trotz des an Herrn Minister Kraft erteilten Auftrags natürlich nach wie vor beim Herrn Bundeswirtschaftsminister liegen.
    Zur Sache selbst gestatten Sie mir, daß ich einige grundsätzliche Fragen behandle. Ich möchte mich im wesentlichen auf Grundsatzfragen beschränken, da Detailfragen, vielleicht nicht so sehr des Wahlkampfes wegen, aber damit sie in den Kreiszeitungen draußen entsprechende Aufnahme finden,

    (Heiterkeit — Zuruf vom GB/BHE: So ist es!)

    zur Genüge behandelt worden sind.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat zum Schluß seines Berichts, der uns liebenswürdigerweise gestern mittag in die Fächer gelegt worden ist, erklärt, die Meinung sei nicht begründet, es handle sich bei der Regelung der wirtschaftlichen Hilfe für das Zonengrenzgebiet um eine Behebung von Kriegsfolgeschäden; folglich müßten Bund und Länder gemeinsam an diesen Aufgaben beteiligt werden. Nun, diese Frage ist offen. Aber wir sollten doch, wie es auch schon zum Ausdruck kam, niemals übersehen, daß gerade die Zonengrenzländer Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein die ärmsten Länder der Bundesrepublik sind. Deshalb sollten wir auch im allgemeinen — das ist unsere übereinstimmende Meinung in der Fraktion — das sonst bei der Behebung von Kriegsfolgeschäden übliche Beteiligungsverhältnis von 85 % für den Bund und 15 % für die Länder berücksichtigen. Dabei sollten wir auch bedenken, daß es sich bei all diesen Fragen, wie Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen im Vorjahr in der Debatte hier zum Ausdruck gebracht hat, um das sogenannte dritte gesamtdeutsche Problem neben denen der Zone und Berlins handelt.
    Im Haushalt Berlins beispielsweise sind Aufwendungen enthalten für Maßnahmen, die eigentlich gar nichts mit Berlin zu tun haben, die nicht ureigene Berliner Angelegenheiten sind, sondern typisch gesamtdeutsche Maßnahmen bzw. Angelegenheiten darstellen. Aus dieser Tatsache entsteht aber bei Berlin kein besonderes Problem, weil der Bund ja verpflichtet ist, den Fehlbedarf des Berliner Haushalts zu decken.
    Bei den Zonengrenzgebieten liegen die Dinge aber ähnlich. Auch dort müssen die Kommunen und die betreffenden Länder aus eigener Kraft Aufgaben bewältigen, besonders auf dem sozialen und dem kulturellen Sektor, die in Wahrheit gar nicht Gemeindeangelegenheiten oder Angelegenheiten der betreffenden Länder, sondern gesamtdeutsche Angelegenheiten sind.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE und bei der SPD.)

    Unter gesamtdeutscher Verantwortung stehen aber nicht nur diese Zonengrenzgemeinden oder die Zonengrenzländer, sondern es müssen alle deutschen Bundesländer und besonders auch der Bund unter gesamtdeutscher Verantwortung stehen.


    (Seiboth)

    Der Beschluß des Deutschen Bundestages vom Juli vorigen Jahres ist ja auch ein Beweis dafür, daß sich die Volksvertretung ihrer gesamtdeutschen Verpflichtung durchaus bewußt war. Es ist aber bedauerlich, daß wir heute; zehn Monate nach diesem Bundestagsbeschluß, fragen müssen, was denn eigentlich in Verfolg des vorjährigen Bundestagsbeschlusses an wesentlichen Maßnahmen veranlaßt worden ist.
    Wir betrachten als Kernstück des von der Bundesregierung am 19. August des Vorjahres verkündeten Programms für die Notstandsgebiete die Zusicherung, 120 Millionen DM für Zwecke der Wirtschaftsförderung und zur Behebung von Wirtschaftsschäden in den Haushalt des Jahres 1954 einzusetzen. Über diese 120 Millionen DM war bis heute irgendwie ein mysteriöser Schleier gebreitet, und noch mein Herr Vorredner hat hier, obwohl Herr Staatssekretär Westrick vorhin erklärt hat, die 120 Millionen DM ständen zur Verfügung, angezweifelt, daß sie auch tatsächlich zur Verfügung gestellt werden. Es ist uns im Laufe dieser nachmittägigen Debatte zwar nicht offiziell, aber sozusagen durch Späher aus dem Finanzausschuß, die Mitteilung zugegangen, daß Herr Bundesfinanzminister Schäffer praktisch das Junktim, das ja immer noch bestand, gelöst hat und erklärt haben soll, die 120 Millionen DM würden nun endgültig zur Verfügung stehen. Darüber sind wir sehr glücklich; denn ohne diese 120 Millionen DM hätte das von der Bundesregierung in Aussicht genommene Programm überhaupt nicht in ausreichendem Umfange durchgeführt werden können.
    Aber es ist nun an der Zeit, daß man uns nicht nur erklärt: „Die 120 Millionen DM werden auf alle Fälle bereitgestellt", sondern auch sagt, wann diese 120 Millionen DM denn zur Verfügung stehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: In diesem Haushaltsjahr!)

    Es kann im Zonenrandgebiet mit den Maßnahmen, die beschlossen worden sind, nicht länger zugewartet werden. Wir würden deshalb den Herrn Bundesfinanzminister oder den Herrn Staatssekretär dringend darum bitten, bei nächster Gelegenheit diesem Hohen Hause zu erklären, von wann ab die Förderungsmaßnahmen im Rahmen dieser 120 Millionen DM tatsächlich im Grenzgebiet draußen anlaufen können.
    Im Zusammenhang mit diesen 120 Millionen ist uns aber noch wichtig, auf folgendes hinzuweisen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat auf Seite 6 seines Berichts seinem Bedauern darüber Ausdruck gegeben, daß die Bundesregierung nicht alle vom Bundestag seinerzeit beschlossenen bzw. empfohlenen Maßnahmen habe realisieren können. Er führt dort im einzelnen auf: die Bereitstellung von 25 Millionen DM für kulturelle Förderungsmaßnahmen, dann die ebenfalls nicht in die Wege geleitete und ermöglichte steuerfreie Rücklage und die Ermäßigung der überhöhten Gewerbesteuersätze in den Gemeinden des Zonenrandgebiets; und dann heißt es dort: deshalb, weil diese Maßnahmen also wahrscheinlich nicht durchgeführt werden konnten, habe die Bundesregierung 120 Millionen DM in den Haushalt 1954 eingesetzt. Wir müssen hier fragen: Was soll dieses „deshalb" bedeuten? Doch nicht etwa, daß mit der Hingabe oder Bereitstellung dieser 120 Millionen DM die Wirtschaftslage in den Zonenrandgebieten in absehbarer Zeit so zum Guten hin verändert werden
    kann, daß alle diese bisher nicht in Angriff genommenen und durchgeführten Maßnahmen überflüssig werden bzw. die Zonengrenzgebiete und die Länder dann so gestärkt werden, daß sie diese Maßnahmen aus Eigenem finanzieren könnten?
    Wir sind der Meinung, daß gerade die kulturellen Hilfsmaßnahmen unbedingt außerhalb der 120 Millionen DM durchzuführen sind.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr richtig!)

    Unsere Fraktion hat während der zweiten und auch während der dritten Lesung des Haushalts jenen Antrag gestellt, der diesmal von der sozialdemokratischen Fraktion wiederholt wird, nämlich die seinerzeit vom Bundestag beschlossenen 25 Millionen DM für kulturelle Förderungsmaßnahmen noch zu bewilligen. Leider ist unser Antrag damals abgelehnt worden, und wir befürchten, daß nunmehr der Antrag der Sozialdemokratischen Partei, wenn es einmal darüber zur Abstimmung kommt, dasselbe Schicksal erleiden wird wie unser gleichlautender Antrag während der Haushaltsdebatte.

    (Zuruf von der SPD: Aber ihr stimmt doch mit!)

    In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, daß wir schon in der Debatte zur dritten Lesung des Haushalts durch unseren Kollegen Gille hier zum Ausdruck gebracht haben: Wenn es auf gar keinen Fall 25 Millionen sein können, dann soll man doch wenigstens einen Betrag von 10 oder selbst von 5 Millionen für diese kulturellen Förderungsmaßnahmen zur Verfügung stellen, damit im Zonengrenzgebiet auf dem kulturellen Sektor überhaupt etwas geschehen kann. Deshalb sollten bei den Beratungen im Ausschuß — denn wir hoffen ja und werden dafür stimmen, daß alle heute gestellten Anträge an die Ausschüsse überwiesen werden — für den Fall, daß dieser Antrag der SPD keine Chance zur Realisierung hat, alle Parteien gemeinsam zumindest versuchen, zu erreichen, daß für kulturelle Förderungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet ein entsprechender Betrag zur Verfügung gestellt wird.
    Ich will zu den Maßnahmen, die hier schon besprochen wurden, im einzelnen nichts mehr sagen. Gestatten Sie aber, daß ich noch auf zwei Dinge besonders hinweise.
    Hier ist von der Frachthilfe die Rede gewesen. Im Bericht des Herrn Bundeswirtschaftsministers steht zu lesen, daß sich nunmehr die bisher mit dem Bund streitenden Länder Hessen und Niedersachsen mit dem Bund dahingehend geeinigt hätten, daß das Verhältnis nun nicht mehr 1:1, sondern 2 für den Bund und 1 für die Länder sein soll. Hier entsteht nun die Frage, ob dann aber — da die 5 Millionen DM, die der Bund dafür zur Verfügung stellt, wie es in dem Bericht heißt, nicht erhöht werden sollen — die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel noch ausreichend sind. Diese Frage ist für uns deshalb besonders interessant, weil bekanntlich die Hälfte der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel allein für Kohle und da wieder fast ausschließlich für Bayern zur Verfügung stand, während die anderen Länder, insbesondere Niedersachsen und Hessen, Wert darauf legen, daß neben der Ausweitung der Frachthilfe auf andere Verkehrs- oder Transportmittel vor allem auch andere Transportgüter mit einbezogen werden. Dieses Problem ist für die betroffenen Länder wichtig, und hier bleibt, wenn man das neue Verhältnis zugrunde legt, nach


    (Seiboth)

    unserem Dafürhalten für die Finanzierung der Frachthilferegelung zuwenig übrig, als daß noch tatsächlich genügende und ausreichende Maßnahmen ins Auge gefaßt werden könnten. Deshalb wird es notwendig sein, sowohl von seiten der Bundesregierung als auch von seiten der zuständigen Ausschüsse zu untersuchen und zu erwägen, ob es nicht doch möglich ist, hier eine gewisse Erhöhung vorzunehmen.
    Zu den steuerlichen Maßnahmen möchte ich noch sagen: Wenn die Umsatzsteuersenkung, die hier von der sozialdemokratischen Fraktion beantragt worden ist, aus technischen oder anderen Schwierigkeiten, die erwähnt wurden, nicht realisiert werden kann, dann müßte aber insbesondere ein verstärktes Augenmerk auf eine Senkung der überhöhten Gewerbesteuersätze gerichtet werden. Wir möchten in diesem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, daß die Wünsche, die von der Landwirtschaft vorgetragen wurden, nämlich auch in gewissen Gemeinden des Zonennotstandsgebietes die Grundsteuerhebesätze, soweit sie überhöht sind und bis an 300 % heranreichen, billigerweise ebenfalls in die Betrachtungen zur Senkung dieser Steuern einbezogen werden müssen.
    Ich darf abschließend noch eines sagen, was hier nicht erwähnt worden ist. Sie alle wissen, daß uns von vielen Kreisen aus den Zonengrenzländern, und zwar von Kreisen, die nicht in das Zonengrenzgebiet einbezogen sind, vorgetragen wird, sie fühlten sich durch ihre Nichteinbeziehung besonders benachteiligt. Nun sind wir der Auffassung, daß es notwendig und richtig war, irgendeine Begrenzung des zu fördernden Zonengürtels vorzunehmen. Aber wir meinen, man sollte bei der Ziehung der neuerlichen Grenze vor dem Zonengürtel doch nicht gar zu engherzig vorgehen; denn es ist tatsächlich so, daß die negativen Ausstrahlungen in wirtschaftlicher, sozialer und auch kultureller Hinsicht, die infolge der Ziehung der Zonengrenze vorhanden sind, viel weiter als nur 40 oder 50 km reichen. Ich möchte also anregen, daß wir bei den Beratungen im Ausschuß auch die Frage erörtern sollten, ob man derzeit vor dem Zonengürtel liegende Kreise, in denen zum Teil wegen der Zonengrenzziehung eine besonders große Arbeitslosigkeit herrscht und in denen eine besonders niedrige Kopfsteuerquote festzustellen ist, nicht ebenso, wie es vereinzelt in Niedersachsen gemacht worden ist, auch in das Gebiet des zu fördernden Zonengrenzgürtels einbeziehen kann.
    Meine Damen und Herren, wir haben uns hier auf einige wesentliche Fragen beschränkt, die uns erwähnenswert schienen. Wir werden den Anträgen auf Überweisung an die Ausschüsse zustimmen.

    (Beifall beim GB/BHE.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Gülich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es schien heute nachmittag manchmal so, als ob die Diskussion eine Angelegenheit der Abgeordneten aus den Zonenrandgebieten gewesen wäre.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE.)

    Es ist sogar die Verdächtigung ausgesprochen worden, es handle sich um parteipolitische Anliegen; aber das auszusprechen, ist falsch und entspricht einfach nicht der politischen Wirklichkeit und der Bedeutung der Aufgabe, um die es geht.
    Vor einer Woche ist die vorzügliche Denkschrift des Instituts für Raumforschung zur Frage regionaler Wirtschaftspolitik herausgekommen. Ich habe sie in der vorvorigen Woche bei meiner Rede zur Finanz- und Steuerreform bereits zitiert, und ich möchte Ihnen, nachdem ich dasselbe früher ja oft genug gesagt habe, mitteilen, welche Feststellung dieses Institut auf Grund sorgfältiger Untersuchungen trifft:
    Es kann, wenn schon in der sowjetischen Besatzungszone ein breiter toter Streifen entlang der Zonengrenze geschaffen wird, nicht die Aufgabe einer Wirtschaftspolitik der Bundesregierung sein, diesseits des Eisernen Vorhangs gleichfalls einen Streifen wirtschaftlicher Verödung zuzulassen.

    (Sehr gut! beim GB/BHE.)

    Der Ausgleich des Wirtschaftsgefälles von Westen nach Osten muß also einen wesentlichen Teil einer regionalen Wirtschaftspolitik bilden, die sich dabei keineswegs auf den östlichen Grenzstreifen der Bundesrepublik beschränken darf.
    Ich empfehle auch Herrn Staatssekretär Westrick und seinem Ministerium die Lektüre dieser vorzüglichen Denkschrift; denn Herr Staatssekretär Westrick ist in den Fehler verfallen, heute wieder mit großen Zahlen zu operieren. Die statistische große Zahl sagt uns aber hier, wo es sich um regionale Differenzierungen handelt, gar nichts. Die Einheit des Landes oder gar die Einheit der Bundesrepublik bedeutet im statistischen Durchschnitt nichts, damit kann man keine wirklichkeitstreue Aussage machen. Wir haben bei unseren Betrachtungen von der regionalen Verschiedenartigkeit der Bundesrepublik auszugehen.
    Nun ein Wort zu der Antwort der Bundesregierung. Die Bundesregierung gibt in Drucksache 534 sehr interessante Überblicke. Sie wird die Länder bitten, bei der Erhebung von Steuern und Abgaben im Zonenrandgebiet, bei Ermessensentscheidungen, Stundungen, Erlassen, Beitreibungsangelegenheiten und Auslegungsfragen, soweit möglich, großzügig zu sein. Das ist ein Appell an die armen Länder, die ohnehin nicht wissen, wie sie mit ihrer geringen Steuerkraft ihre Wirtschaft in Ordnung halten sollen. Die Bundesregierung wird die Länder bitten, in Abschreibungsfragen im Rahmen des § 131 der Abgabenordnung entgegenzukommen. Abschreiben kann nur jemand, der seine Abschreibungen verdient hat. Aus Denkschriften von Industrie- und Handelskammern, die auch dem Wirtschaftsministerium vorliegen, geht klar und deutlich hervor, daß diese Empfehlungen von vielen Industrie- und Handelsunternehmungen als, wie es in einem Bericht heißt, „tatsachenfremd" empfunden werden, weil sie nicht einmal das Maß, der bisher erlaubten Abschreibungen in Anspruch nehmen konnten. Wie kann also die Industrie dieser notleidenden Zonenrandgebiete aus dieser Empfehlung irgendwelchen Gewinn ziehen?
    Den Zonenrandländern soll weiterhin nahegelegt werden, ihren Gemeinden in den Randgebieten im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu ermöglichen, bei der Festsetzung der GewerbesteuerHebesätze und sonstiger Abgaben den besonderen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Nun, es wird auch dem Bundeswirtschaftsministerium bekannt sein, daß durch die erfolgten Abschreibungen der Gewinn gemindert und infolgedessen auch das Gewerbesteueraufkommen redu-


    (Dr. Gülich)

    ziert worden ist. Einzelne Gemeinden haben einen so erheblichen Gewerbesteuerausfall, daß ihnen eine solche Empfehlung wiederum gar nichts nützt. Ich habe vor mehr als einem Jahr vorgeschlagen, daß man den Gemeinden aus Bundesmitteln den Gewerbesteuerausfall garantieren solle. Damit sind sie in der Lage, ihre Hebesätze der tatsächlichen Wirtschaftskraft der Gemeinde und ihrer Unternehmungen anzupassen. Ich will die Antwort der Bundesregierung der fortgeschrittenen Zeit wegen nicht weiter kritisieren. Es ließe sich ja zu jedem einzelnen Punkt etwas sagen, was den Wert dieser Antwort, zu der viele Monate gebraucht worden sind — Herr Kollege Seiboth hat das schon ausgeführt —, eben doch sehr fragwürdig macht.
    Nur auf einen Punkt möchte ich noch eingehen. Die Antwort sagt, und auch Herr Staatssekretär Westrick sagte es heute, daß nach dem Grundgesetz gar nicht der Bund zuständig sei und daß diese Auffassung auch von einigen Länderregierungen vertreten werde. Nun, wir wissen alle, welche Länderregierungen aus ihrem krassen Länderegoismus die Meinung vertreten, es handele sich nicht um Kriegsfolgen nach Art. 120 des Grundgesetzes. Als Argument für diese Auffassung wird weiter verwendet, auch im Ersten und Zweiten Überleitungsgesetz sei diese Not der Zonenrandgebiete überhaupt nicht als Kriegsfolgelast angesprochen worden. Nun, da liegt der Jammer! Das entscheidende Versäumnis der Bundesrepublik hat 1949 damit begonnen, daß sie sich damals nicht der Zonenrandgebiete angenommen hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wir sind doch damals die Rufer im Streite, die Prediger in der Wüste gewesen. Aber wir sind nicht gehört worden — ja, Herr Pelster, Sie schütteln dauernd den Kopf —,

    (Abg. Pelster: Ich habe doch noch nichts gesagt!)

    weil Sie so erfüllt waren .von dem „Wirtschaftswunder", daß Sie gar nicht bemerkt haben,

    (Abg. Pelster: Das können Sie doch gar nicht bestreiten, das Wirtschaftswunder!)

    daß bei dieser Gelegenheit viele wichtige Gebiete
    in der Bundesrepublik wirklich zugrunde gingen.

    (Zuruf vom GB/BHE: Richtig! — Abg. Pelster: Bis jetzt ist das nicht der Fall; wir haben wesentlich unterstützt!)

    — Wenn Sie sagen: „Wir haben wesentlich unterstützt", dann sagen Sie dasselbe, was Herr Staatssekretär Westrick auch ausgeführt hat.

    (Abg. Pelster: Der Bund kann doch nicht die Ländersteuern und die Gemeindesteuern zahlen, und die Länder wollen dem Bunde dann nichts geben! Das geht doch auch nicht!)

    — Ich sage, wenn Sie sich einmal diese Grenzgebiete ansehen — —

    (Abg. Pelster: Das habe ich auch getan!)

    — Ich lade Sie ein, mit mir einmal ein bißchen herumzufahren, Herr Pelster.

    (Abg. Pelster: Nicht notwendig! Kann ich aus eigenem! Dazu brauche ich Sie nicht!)

    — Aus Ihrer Haltung diesen Fragen gegenüber sehe ich, daß es sehr notwendig ist, so notwendig,
    daß man Ihnen sogar noch einen gewissen Elementarunterricht auf diesem Gebiete erteilen müßte.

    (Zurufe von der Mitte: Schulmeister! — Unerhört! — Abg. Pelster: Dafür sind Sie nicht kompetent!)

    — Aber ich wäre dazu fähig.

    (Abg. Pelster: Auch nicht, auch wenn Sie Professor sind!)

    — Aber ich wäre dazu fähig und in der Lage, (Abg. Pelster: Wird meinerseits bestritten!) wenn Sie mir die Kompetenz dazu einräumten.

    (Abg. Pelster: Für mich sind Sie dafür nicht kompetent!)

    Im übrigen will ich diese Frage wahrhaftig nicht zum Gegenstand einer solchen Auseinandersetzung machen.

    (Zuruf von der Mitte: Das haben Sie aber getan!)

    Vielmehr ist es tatsächlich so, daß das Verständnis für die Not der Zonenrandgebiete in weitesten Kreisen Westdeutschlands ganz einfach nicht vorhanden ist.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE. — Abg. Samwer: Leider nicht ausreichend! — Zuruf des Abg. Pelster.)

    Herr Staatssekretär Westrick sagte eben unter Hinweis auf die großen Zahlen, die wirtschaftliche Entwicklung gehe aufwärts. Ich kann Ihnen nur sagen: Fahren Sie hin! Ich kann Ihnen zeigen, was dort im einzelnen geschehen ist. Daß einzelne Unternehmungen florieren, wird ja nicht bestritten. Deswegen ist auch die ganze globale Zuweisung von Mitteln etwas fragwürdig. Wir würden zweifellos viel weiter kommen, wenn man von konkreten Objekten ausginge. Das erfordert allerdings eine sehr intensive Beschäftigung mit diesen Dingen. Ich bin persönlich gar nicht unglücklich darüber, daß Herr Kraft jetzt diese Aufgabe bekommen hat. Er wird schon etwas aus dieser Aufgabe machen; denn er hat ja immerhin eine Vorstellung, und zwar eine gute Vorstellung zumindest von den Zonenrandgebieten in Schleswig-Holstein. Wenn uns da — allerdings nicht erst in vier Monaten — eine kurze, prägnante Denkschrift vorgelegt wird, so kann das der Sache nur dienlich sein.
    Im übrigen will ich mit Herrn Staatssekretär West r i c k nicht mehr polemisieren; denn man soll politische Kritik am Minister nicht am Staatssekretär auslassen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber das Herz und die Leidenschaft dürfen wir auch bei Herrn Westrick getrost unterstellen. Nur, was die Früchte betrifft, die aus dem Wirtschaftsministerium kommen sollen, da sehe ich vorläufig noch ein bißchen trübe in die Zukunft.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wenige Worte zu Frau Brökelschen! Frau Brökelschen sagte, die SPD stünde der Situation bei den Verteidigungslasten genau so gegenüber. Ich habe mich bereits neulich klar ausgedrückt —

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Ja, darüber werden wir uns nie verständigen!)

    — hören Sie doch mal zu! — ich habe es neulich
    schon gesagt: wenn der Herr Bundesfinanzminister
    von vornherein, bevor die Verhandlungen begin-


    (Dr. Gülich)

    nen, sagt: „Ich komme mit den Besatzungsmächten doch nicht zurecht", dann kommt er nicht zurecht! Ich habe neulich gesagt, er sollte sich nicht mit den Alliierten gegen den Bundestag verbünden, sondern den Bundestag zu seinem Verbündeten gegen die Alliierten machen. Dann kämen wir schon weiter.

    (Beifall bei der SPD.)

    Denn in diesen sogenannten Verteidigungslasten
    — das habe ich neulich bei der Behandlung des Einzelplans 35 ausgeführt und keinen Widerspruch dafür bekommen — liegt so viel Leerlauf, so viel Unfug, so viel Mutwillen, daß ein zäher Verhandler schon etwas erreichen könnte.
    Vorhin wurde von Herrn Staatssekretär Westrick mitgeteilt, die 120 Millionen DM stünden jetzt zur Verfügung. Schön. Das habe ich auch heute gerüchtweise gehört. Bis dahin stand klar und deutlich im Einzelplan 60 des Bundeshaushaltsplans bei Tit. 950 — und das haben Sie gegen mein sehr entschiedenes Votum neulich beschlossen —, daß die Hilfe von 120 Millionen DM für die Zonenrandgebiete nur gegeben werden sollte, wenn der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer mehr als 40 %, nämlich 42 %, betrüge. Das steht im Dispositiv im Tit. 950 drin.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist ja längst überholt!)

    — Das ist nicht längst überholt. Bis heute ist es offiziell noch nicht überholt; es ist jetzt nur gerüchtweise überholt. Der Herr Finanzminister soll sich mit einigen Ländern geeinigt haben. Wohlgemerkt: mit einigen. Er kann nunmehr hoffen, auf der nunmehr abgewandelten Basis 40 % statt 42 %
    — die Differenz wird praktisch durch die Bundesbahnanleihe gedeckt — im Bundesrat mit der Sache durchzukommen. Aber Sie konnten nicht davon ausgehen, daß das schon geschehen wäre, was noch nicht geschehen ist und wofür jetzt nur die Vorverhandlungen des Bundesfinanzministers geführt worden sind.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Die Zusicherung von Staatssekretär Westrick liegt doch vor!)

    — Ich freue mich darüber, wenn es so ist, wenn der Bundesfinanzminister sich mit den Ländern geeinigt hat.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Das ist ja so!)

    Frau Brökelschen sagte ferner, die Länder hätten nichts getan

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Das habe ich nicht gesagt!)

    für die Not der Gemeinden in den Zonenrandgebieten. Sehen Sie sich die Finanzausgleichsgesetze der Länder an! Frau Kollegin, sehen Sie sich den Finanzausgleich in Niedersachsen an! Da werden Sie feststellen, daß in den letzten Jahren 60 bis 80 oder 81 % der gesamten Bedarfszuweisungen im Finanzausgleich an Gemeinden in den Zonenrandgebieten gegangen sind.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Man darf also keine Vorwürfe erheben, die nicht berechtigt sind.