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ID0203104300

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    2. Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954 1437 31. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1438 C, 1480 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr Becker (Hersfeld) 1438 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1438 D Mitteilung über Stellungnahme des Bundesrats zum Haushaltsgesetz 1954 (Drucksache 539) 1439 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 419) . . 1439 A Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/ CSU), Berichterstatterin 1439 A Könen (Düsseldorf) (SPD) 1440 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1440 D Sabel (CDU/CSU) 1441 B Frau Schanzenbach (SPD) 1442 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1443 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 1443 D Abstimmungen 1440 B, 1444 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1444 C Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 1444 C, 1456 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1446 D, 1453 B, 1456 B Hansen (Köln) (SPD) . . . . 1447 C, 1457 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 1450 C Becker (Hamburg) (DP) 1453 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 1455 A Sabel (CDU/CSU) 1457 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 1458 C Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 218, Anträge Umdrucke 71, 112) 1458D, 1509A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . 1458 D, 1461 B, C, 1464 D Dr. Arndt (SPD) . . . 1459 D, 1461 C, 1463 B Dr. Lütkens (SPD) 1462 A Wehr (SPD) 1463 C Abstimmungen 1465 D Tatsächliche und persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung (betr. Berichterstattung in der 28. Sitzung zum Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Löhr): Ritzel (SPD) 1466 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderungsprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 293) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316, Umdruck 113), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 510), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 432), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Straßenbau im Zonenrandgebiet (Drucksache 433), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 434), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 435) sowie mit der Beratung des Antrags der Abg. Wacher (Hof), Fuchs, Freiherr Riederer von Paar u. Gen. betr. Beihilfe für Grenzbauern (Drucksache 529) 1467 B, 1509 D Dr.-Ing. Drechsel (FDP), Anfragender 1467 C Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . 1470 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 1474 A 1497 C Frau Dr. BrökeLschen (CDU/CSU): zur Geschäftsordnung 1477 B zur Sache 1489A, 1505 C Dr. Gülich (SPD): zur Geschäftsordnung 1478 A zur Sache 1503B, 1505 C Kurlbaum (SPD), Antragsteller . . 1478 A Hörauf (SPD), Antragsteller . . . . 1480 B Freidhof (SPD), Antragsteller . . . 1481 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD), Antragsteller 1482 D Behrisch (SPD), Antragsteller . . 1484 A Wacher (Hof) (CDU/CSU), Antrag- steller 1486 A Frau Korspeter (SPD) 1487 B Dr. Henn (FDP) 1493 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 1495 B Unertl (CDU/CSU) 1497 D Höhne (SPD) 1499 A Seiboth (GB/BHE) 1500 D Kahn (CDU/CSU) 1506 B Priebe (SPD) 1507 A Jacobs (SPD) 1507 C Dr. Starke (FDP) 1507 C Ausschußüberweisungen 1508 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Drucksache 540) 1509 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 1509 C Nächste Sitzung 1509 C Anlage 1: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 71) 1509 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 112) 1509 C Anlage 3: Antrag der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Umdruck 113) 1509 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 71 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach der Wiederinkraftsetzung des Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen bemüht zu sein, baldigst diesen Vertrag gemäß Art. V des Abkommens durch einen zeitgemäßen und umfassenden Vertrag zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, daß Art. II in Verbindung mit Art. IX des Vertrages eine Auslegung findet, a) die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des „Immigration and Nationality Act" beseitigt, b) die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt, c) daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechtes in Anspruch nehmen können. Bonn, den 27. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 112 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die vom Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ist nicht Bestandteil des Abkommens vom 3. Juni 1953 und des durch dieses Abkommen bestätigten Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 und kann daher Rechte aus dem Vertrage vom 8. Dezember 1923 nicht mindern. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 113 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316). Der Bundestag wolle beschließen, für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet im Verlauf der nächsten fünf Jahre Bundeszuschüsse in Höhe von jährlich 25 Millionen DM zu gewähren. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, die Entschuldigung des Hohen Hauses dafür zu erbitten, daß ich bei der letzten Debatte über diesen Punkt der Tagesordnung nicht zugegen sein konnte. Ich war am Freitag erst am Mittag aus Straßburg zurückgekommen und war dann festgehalten durch eine Veranstaltung zu Ehren unseres Gastes, des spanischen Landwirtschaftsministers, und durch Besprechungen mit dem französischen und dem amerikanischen Hohen Kommissar.
    Zur Sache möchte ich mich heute mit den Bemerkungen auseinandersetzen, die der Herr Abgeordnete D r. Lütkens zu dem Zustimmungsgesetz oder, genauer gesagt, zu der Erklärung gemacht hat, die der Herr Bundeskanzler in Bonn
    *) Siehe Anlagen 1 und 2.


    (Staatssekretär Dr. Hallstein)

    mündlich abgegeben hat und von der diesem Hohen Hause in einer Anlage zu dem Text des Gesetzes und des ihm beigefügten Abkommens Mitteilung gemacht worden ist. Ich darf dazu namens der Bundesregierung das folgende erklären.
    Die mündliche Erklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 3. Juni vorigen Jahres lautet, daß die Bundesregierung nicht unter Berufung auf Art. I Abs. 4 des deutsch-amerikanischen Vertrages von 1923 die Rückgabe der zwischen dem 11. Dezember 1941 und entweder dem Inkrafttreten des Interimsabkommens oder dem Inkrafttreten des Bonner Vertrages von der amerikanischen Regierung enteigneten deutschen Vermögens fordern wird.
    Ich habe zu der Bedeutung dieser Erklärung bereits einiges Aufklärende in einer Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten auf entsprechende Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Lütkens gesagt. Ich darf das dort Gesagte heute hier wiederholen.
    Unter rechtlichen Gesichtspunkten hätte es der Abgabe jener Erklärung nicht bedurft, denn sie sagt rechtlich etwas aus, was selbstverständlich ist. Sie hat also, juristisch gesprochen, nur einen deklaratorischen Charakter. Daß sie dennoch abgegeben wurde, beruht auf einem Wunsch der amerikanischen Regierung, die aus Gründen ihres eigenen Verhältnisses zum Kongreß im Besitz einer Erklärung sein wollte, daß es auch die Auffassung der Bundesregierung ist, daß die Wiederinkraftsetzung des Art. I Abs. 4 des alten Vertrages keine rückwirkende Bedeutung hat.
    Die Rechtslage ist folgende:
    Mit dem Ausbruch des Krieges zwischen dem Deutschen Reich und den Vereinigten Staaten von Amerika am 11. Dezember 1941 ist der deutschamerikanische Vertrag von 1923, um dessen Wiederinkraftsetzung es sich hier handelt, in seiner Wirksamkeit suspendiert worden, soweit nicht einzelne Bestimmungen trotz des Krieges weiter gelten. Von dieser Weitergeltung aber ist Art. I Abs. 4 des Vertrages von 1923 nicht umfaßt.
    Etwas Gegenteiliges kann auch nicht dem von dem Herrn Abgeordneten Dr. Lütkens am vergangenen Freitag hier vor diesem Hohen Hause zitierten Urteil des Supreme Court entnommen werden. Ich habe dieses Urteil daraufhin noch einmal nachgelesen. Der Supreme Court hat in dem Urteil vom 9. Juni 1947 in Sachen Clark versus Allen lediglich die Weitergeltung des Art. IV des Vertrages von 1923 während des Kriegszustandes bejaht, eines Artikels, aus dem sich ergibt, daß Deutsche in den Vereinigten Staaten erben können. Damit ist aber nichts gesagt über das weitere Schicksal einer solchen Erbschaft. Die Ansicht, die der Herr Abgeordnete hier vertreten hat, der Supreme Court habe in der genannten Entscheidung den deutsch-amerikanischen Vertrag von 1923 trotz des Krieges als weiter in Kraft befindlich erklärt, ist daher eine nicht zutreffende Verallgemeinerung des Inhalts dieses Urteils.
    In der Tat würde es auch, wenn der Vertrag nicht suspendiert worden wäre, der ganzen Verabredung, daß er wieder in Kraft gesetzt werden sollte, nicht bedurft haben. Wir wären gar nicht in die Lage gekommen, einen solchen Interimsvertrag abzuschließen. Ich kann auch die Berner-
    kung nicht unterdrücken, daß es nicht folgerichtig ist, wenn der Herr Abgeordnete einerseits den Standpunkt vertreten hat, daß der Vertrag weitergelte, andererseits aber sein Einverständnis damit erklärt hat, daß das Abkommen über die Wiederinkraftsetzung ratifiziert werde. Ich bitte, nicht mißverstanden zu werden: ich begrüße die Schlußfolgerung, aber ich halte die Weise, auf die man zu dieser Schlußfolgerung gekommen ist, für widerspruchsvoll. Vielmehr ist es rechtlich leider so, daß zahlreiche Urteile amerikanischer Gerichte vorliegen, die ergeben, daß die Feindgesetzgebung, die die Vereinigten Staaten während des Krieges erlassen haben, rechtsgültig ist.
    Demnach galt also Art. I Abs. 4 des Vertrages von 1923 nicht während der Kriegszeit. Er gilt erst wieder, wenn die ausdrückliche Vereinbarung seiner Wiederinkraftsetzung ihrerseits in Kraft tritt. Demgemäß gibt die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 3. Juni vorigen Jahres nur die jetzt bestehende Rechtslage wieder. Nichts anderes und nichts mehr enthält die Erklärung. Insbesondere liegt in dieser Erklärung des Herrn Bundeskanzlers nicht eine Anerkennung der Feindmaßnahmen gegen das deutsche Vermögen während des Krieges. Ich glaube, ich kann es mir ersparen, in dieser Frage den Standpunkt der Bundesregierung noch einmal ausführlich darzulegen. Er ist bekannt; er ist unverändert.
    Ebensowenig hat die Bundesregierung durch diese Erklärung auf irgendwelche privaten deutschen Vermögensansprüche verzichtet. Das ist ausdrücklich während der Verhandlungen, die zu dieser mündlichen Erklärung des Herrn Bundeskanzlers geführt haben — Verhandlungen zwischen unseren deutschen Vertretern und den Vertretern der amerikanischen Regierung —, in Washington zum Ausdruck gebracht worden. Eben deshalb fehlt auch jeglicher Zusammenhang mit Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes, der in der letzten Sitzung angerufen worden ist. Vielmehr kann ungeachtet der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers sich die Bundesregierung nach wie vor auf die allgemeinen Vorschriften des Völkerrechts über die Beschlagnahme und Enteignung von feindlichen Vermögen im Kriege berufen, und sie tut es auch. Auch dies ist während der Verhandlungen in Washington im April 1953 ausdrücklich gesagt worden. Dort ist ausdrücklich auf die völkerrechtliche Unverletzlichkeit deutschen Eigentums auch im Kriege hingewiesen worden.
    Aus alledem ergibt sich, daß die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers nicht gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes zustimmungsbedürftig ist. Eine solche Zustimmung ist auch von diesem Hohen Hause nicht erbeten worden. Ich glaube, es kann nach dem Wortlaut des Ihnen vorliegenden Zustimmungsgesetzentwurfs kein Zweifel darüber sein, daß die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers von dem Zustimmungsbeschluß des Bundestages nicht mit gedeckt wird, und — Herr Präsident, ich bitte, mir zu erlauben, das mit einem Satz gleich zu sagen — aus diesem Grunde bittet die Bundesregierung auch, dem neu gestellten Entschließungsantrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Umdruck 112 nicht zuzustimmen.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.

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    Rede von Dr. Adolf Arndt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion ver-


    (Dr. Arndt)

    mag sich den Rechtsausführungen des Herrn Staatssekretärs, die soeben vorgetragen worden sind, in keiner Weise anzuschließen. Gerade der Schluß der Ausführungen von Herrn Staatssekretär Hallstein zeigt doch in seiner eigenen Argumentation das, was der Jurist ein venire contra factum proprium nennt,

    (Beifall bei der SPD)

    d. h. einen Widerspruch in sich selbst. Denn wenn es wahr wäre, Herr Staatssekretär, daß die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers nur eine deklaratorische Bedeutung hätte, und wenn es wahr wäre, daß eine Berufung auf den alten Vertrag nicht mehr in Betracht käme, so wäre gar nicht einzusehen, welchen Schaden eigentlich die von uns vorgeschlagene Entschließung anrichten könnte.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Sie müssen also ein Interesse daran haben, daß diese Entschließung nicht gefaßt wird; sonst würden Sie nicht namens der Regierung bitten, ihr nicht zuzustimmen.
    Aber auch sonst ist das, was Sie dargetan haben, in keiner Weise zutreffend. Zunächst einmal darf ich Sie an den Wortlaut dessen erinnern, was der Herr Bundeskanzler am 3. Juni 1953 anläßlich der Unterzeichnung des Abkommens erklärt hat. Es lautet wörtlich:
    Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wird sich nicht auf die Bestimmung des Art. I Abs. 4 des Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 beruf e n.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Also ist doch vorausgesetzt, daß dieser Vertrag noch gültig war, auch gültig geblieben war; denn ich kann sinnvollerweise die Erklärung, daß ich mich auf etwas nicht berufen werde, nur dann abgeben, wenn das, worauf ich mich berufen könnte, noch vorhanden ist. Die Erklärung selbst ergibt, daß auch der Herr Bundeskanzler vom Fortgelten des Vertrages während der ganzen Zeit, insbesondere während des Krieges, ausgegangen sein muß. Andernfalls nämlich hätte man die Erklärung so formuliert — und Sie formulieren ja Erklärungen meistens ganz genau —, daß gesagt worden wäre, man sei sich darüber einig, daß der Vertrag während des Krieges nicht gegolten hätte und erst jetzt wieder in Kraft treten sollte. Das steht gerade nicht drin. Also die Erklärung selbst ergibt, daß es sich um einen Verzicht handelt, und zwar um einen Verzicht aus einem noch bestehenden Vertrage.
    Am meisten erstaunt bin ich aber über das, was Sie dem Hohen. Hause als Inhalt des vom Supreme Court am 9. Juni 1947 gefällten Urteils vorzutragen den Mut haben. Ich habe die Originalausgabe des Urteils da und ,bin bereit, sie, wie man das so nennt, auf dem Tisch des Hauses niederzulegen. Das Urteil besagt zu dem Vertrage, und zwar zu dem Vertrage im ganzen und auch zum Art. IV genau das Gegenteil dessen, was Sie hier auszuführen beliebt haben.

    (Lebhafte Rufe bei der SPD: Hört! Hört!)

    Es wird als Leitsatz aufgestellt: Der Ausbruch
    eines Krieges führt nicht notwendig zur Suspendierung oder Aufhebung von Vertragsvorschriften.
    Das ist der Kern des Urteils, und dieser Kern des Urteils hat ja eine Vorgeschichte, nämlich die, daß während des ersten Weltkrieges schon, nach unserer Auffassung unter Verletzung der allgemeinen Vorschriften des Völkerrechts, leider eine amerikanische Gesetzgebung das deutsche Privateigentum in den Vereinigten Staaten angetastet hatte. Diese Vorgeschichte führte dazu, daß man erklärtermaßen durch den Vertrag vom Jahre 1923 der beiderseitigen Überzeugung Ausdruck geben wollte und sich auch dahin geeinigt hat: Wir wollen jetzt einen Freundschaftsvertrag machen, der Bestand haben soll, und zwar gerade auch für den Fall solcher kriegerischen Verwicklungen, wie sie 1914/18 bestanden haben. Aus dieser Vorgeschichte heraus ist schon zu ersehen, daß hier ein beständiges Vertragswerk beabsichtigt war.
    Diese Frage kam dann im Jahre 1947 zur Entscheidung des Supreme Court, und zwar auf Grund einer gewissen Ironie der Rechtsgeschichte. Der Anlaß war nämlich der, daß in Kalifornien eine Erbschaft an einen deutschen Erbberechtigten nur unter der Voraussetzung fallen konnte, daß dem kalifornischen lokalen Recht nach der bekannten Supreme-Law-of-the-Land-Klausel in der Unionsverfassung der deutsch-amerikanische Freundschaftsvertrag vom Jahre 1923 vorging. Nur also, wenn jener Vertrag noch bestand, fiel die Erbschaft an einen Deutschen, und nur dann konnte der von der amerikanischen Regierung durch die Gesetzgebung — Verbot eines Handels mit dem Feind — eingesetzte Treuhänder an diese Erbschaft heran.
    Es war also eine völlig umgekehrte Interessenlage. Man hatte damals in Amerika ein Interesse daran, zu behaupten, daß der Freundschaftsvertrag vom Jahre 1923 noch bestehe, und in dieser Situation fragte man beim amerikanischen Außenministerium an, wie sich das State Department zur Fortgeltung des Vertrages stelle. Der amtierende stellvertretende Außenminister, Mr. Joseph C. Grew, gab die amtliche Auskunft, daß das State Department ungeachtet des Krieges den Vertrag noch als in Geltung betrachte.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diese Auskunft liegt dann auch dem Urteil des Supreme Court vom 9. Juli 1947 zugrunde, das zu dem Leitsatz geführt hat: Der Ausbruch eines Krieges führt nicht notwendig zur Suspendierung oder Aufhebung von Vertragsvorschriften. In der Begründung wird dann — ich kann es ungefähr wörtlich auf deutsch zitieren — gesagt: Wir — der Supreme Court — sind nicht der Meinung, daß die in der ergänzten Trading-with-the-Enemy-Act ausgedrückte nationale Politik mit dem durch Art. IV des Vertrages deutschen Ausländern garantierten Erbrechte unvereinbar ist. Es wird vor allen Dingen erklärt: Aber das Gesetz — nämlich dieses Gesetz über den Handel mit dem Feind — und die Durchführungsverordnungen zeigen nicht eine solche Feindlichkeit gegenüber dem Eigentum der Staatsangehörigen feindlicher Staaten, als daß sie implizieren würden, daß die Erwerbung von Eigentum durch deutsche Staatsangehörige mit der nationalen Politik in Konflikt steht. Im Grundsatz also, nicht bloß für die Frage des Erbfalles, hat der höchste amerikanische Gerichtshof zwei Sätze aufgestellt: den einen, daß der Krieg einen solchen Vertrag keineswegs außer Kraft setzt, und den andern, daß speziell dieser Vertrag und sein ganzer Art. IV in Geltung geblieben sind.
    Sie haben sich dann darauf berufen, daß zahlreiche Urteile im übrigen die Gültigkeit der amerikanischen Beschlagnahme- und Liquidierungs-


    (Dr. Arndt)

    gesetze bejaht hätten. Das ist bekannt, schließt ja aber nicht aus, daß gleichwohl dieser Vertrag bestand und daß jene Maßnahmen unter Verletzung des Vertrages erfolgten. Sie haben aber kein Urteil nennen können, welches dahin geht, daß dieser Vertrag während des Krieges nicht mehr in Geltung gewesen sei. Es stimmt also nicht, daß mit Ausbruch des Krieges der Freundschaftsvertrag suspendiert worden wäre, wie Sie behauptet haben.
    Unter diesen Umständen kommt der Erklärung, die der Herr Bundeskanzler abgegeben hat, keine nur deklatorische Bedeutung zu. Es ist eine völlig unwirksame Erklärung, weil die Regierung durch einen einseitigen Akt und ohne Zustimmung des Parlaments sowie ohne Bevollmächtigung durch den Herrn Bundespräsidenten zum Erlaß von solchen Kabinettsordern oder allerhöchsten Entschließungen nicht befugt ist. Dies bürgert sich zwar heute immer mehr ein, steht aber mit dem Grundgesetz nicht im Einklang. Denn nach dem Grundgesetz vertritt allein der Herr Bundespräsident die Bundesrepublik Deutschland dem Auslande gegenüber, und er bedarf, um solche Angelegenheiten zu regeln, die Sache der Gesetzgebung sind, wie es hier die Frage des Eigentums ist, einer in Gesetzesform zu erteilenden Ermächtigung durch die gesetzgebenden Körperschaften. Infolgedessen ist die von dem Herrn Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ohne Rechtsbedeutung.
    Zuletzt haben Sie dann noch die Frage aufgeworfen, warum wir denn hier durch diese Maßnahmen den Freundschaftsvertrag wieder in Geltung setzen wollten, wenn er ungeachtet des Krieges noch gültig gewesen wäre. Sie wissen ganz genau, Herr Staatssekretär, daß das lediglich eine rhetorische Frage ist — um mich höflich auszudrücken —; denn wir haben z. B. auch die deutschen Auslandsschulden bestätigt, gerade weil wir von der Auffassung ausgingen und ausgehen, daß das Deutsche Reich mit sich identisch heute in Gestalt der Bundesrepublik Deutschland fort-existiert und es durchaus Veranlassung geben kann, eine solche Rechtsauffassung durch Bestätigungen bereits existierender Rechte und Pflichten geltender Verträge zum Ausdruck zu bringen. Auch hier besagt das Abkommen, dem wir gern zustimmen, ja lediglich, daß dieser Freundschaftsvertrag aus dem Jahre 1923 bestätigt wird und wir als der deutsche Staat uns aus diesem Vertrage berechtigt und verpflichtet fühlen.
    Ich glaube, es ist nicht sehr schön, wie Sie es getan haben, letzten Endes aus der Kompliziertheit des von vier Besatzungsmächten gespaltenen Deutschlands zu argumentieren. Für uns ist Deutschland derselbe Staat, der es im Jahre 1923 war, und nach der eigenen Rechtsprechung der Amerikaner, ihres Supreme Court in Washington, ist der Vertrag jederzeit gültig geblieben. Der Herr Bundeskanzler ist nicht berechtigt, durch eine einseitige, vom Parlament nicht gebilligte und nicht ratifizierte Erklärung auf das Auslandsvermögen zu verzichten und damit vor allen Dingen auch unter Verletzung des Art. 14 des Grundgesetzes in private Rechte einzugreifen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)