Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Gründen, die hier vom Herrn Arbeitsminister und von Herrn Sabel angeführt worden sind. keineswegs anschließen. Man geht davon aus, daß bei der Schaffung des AVAVG den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege gewisse Rechte eingeräumt worden sind. Gewiß! Wir standen damals vor Neuland. Aber heute wissen wir, daß die Arbeitsvermittlungen der Arbeitsämter sich bewährt haben, und wir sollten uns davor hüten, hier Einrisse zuzulassen, die bei einer Bevorrechtung der freien Wohlfahrtspflege anfangen, bei denen wir aber nicht wissen, wo sie aufhören.
Wenn wir im Interesse der Arbeitnehmer handeln wollen, dann müssen wir die Vermittlung in einer Hand haben, und es ist ja seit 1945 der Beweis erbracht worden, daß die Arbeitsvermittlung bei den Arbeitsämtern wirklich in einer sehr ordentlichen Form durchgeführt wird; diese Vermittlung hat sich bewährt.
Wenn der Herr Arbeitsminister sagt, von der Arbeitsvermittlung der Arbeitsämter aus könne für die pflegerischen Berufe nicht genug getan werden, so bedaure ich, daß gerade der Herr Arbeitsminister das sagt. Denn dann wäre es bisher
schon seine Aufgabe gewesen, dafür zu sorgen, daß mehr getan wird,
und niemand wäre ihm dankbarer gewesen als wir Sozialdemokraten; denn wir wissen, wie wenig gerade für die Berufsgruppe der Hausangestellten bisher getan worden ist. Die Hausangestellten leben doch unter unmöglichen arbeitsrechtlichen Verhältnissen.
— Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie glauben,
daß Löhne von 30 und 40 Mark
bei einer zehn- und zwölfstündigen Arbeitszeit heute gerecht sind,
dann täuschen Sie sich eben. Es gibt nur wenige Hausangestellte, die tariflich ordentlich bezahlt werden.
Hier liegen die Dinge sehr im argen, und, meine Damen und Herren, wenn Sie glauben, durch die Vermittlung der freien Wohlfahrtspflege hier etwas mehr tun zu können, so glaube ich, daß das nicht der richtige Weg ist.
Wir müssen dafür sorgen, daß gerade die pflegerischen und die hauswirtschaftlichen Berufe auf ein ganz anderes Niveau gehoben werden, daß nicht durch eine gewisse Betreuung die Menschen in die Familien hineinkommen, sondern daß die Angehörigen dieser Berufe eine gute Ausbildung erhalten, damit sie nachher im Haushalt wirklich auch eine sehr verantwortungsvolle selbständige Arbeit leisten können.
Genau so wie in anderen Ländern müssen auch wir dazu kommen, daß die Arbeitsverhältnisse der Hausangestellten und des Pflegepersonals besser werden. Da scheint mir der Schwerpunkt zu liegen, auf den die Arbeitsvermittlung wie auch die freie Wohlfahrtspflege ihr Augenmerk richten muß.
Sehen Sie, davon, daß die Dinge auf der Ebene anders werden müssen, haben die beiden Herren Vorredner nicht gesprochen.
Zwischen den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und den Arbeitsämtern sollte eine sehr gute Zusammenarbeit bestehen. Es ist klar, daß der Beruf der Hausgehilfin in unserer Zeit ein Mangelberuf ist. Aber damit, daß wir die Vermittlung aus dem Arbeitsamt herausnehmen und den freien Wohlfahrtsverbänden zuführen,
haben wir gar nichts zur Lösung des Problems
getan. Wir müssen die freien Wohlfahrtsverbände
so weit bringen, daß sie mit den Arbeitsämtern
zusammen dafür sorgen, daß die Ausbildung des Pflegepersonals und der Hausangestellten besser und daß dank dieser Zusammenarbeit auch die Lage der Hausangestellten in den einzelnen Familien erträglich wird.
Ich bin der Meinung, wir sollten die Dinge lassen, wie sie im Augenblick sind; denn die freie Wohlfahrtspflege hat die Möglichkeit, diese Aufgaben von den Arbeitsämtern delegiert zu bekommen, und von dieser Delegation ist auch weitgehend Gebrauch gemacht worden.
Wir haben dafür zu sorgen — jetzt spreche ich in erster Linie von den pflegerischen Berufen —, daß nicht nur die Krankenhäuser der freien Wohlfahrtspflege tüchtiges Pflegepersonal haben, sondern daß auch die öffentlichen Anstalten nach wie vor gutes pflegerisches Personal zugewiesen bekommen. Da ja die freien Wohlfahrtsverbände die Ausbildung der Schwestern und der Pflegerinnen übernehmen und seit Jahren übernommen haben, sehe ich, wenn wir keine öffentliche Arbeitsvermittlung mehr haben, die Gefahr, daß die besten Kräfte dort verbleiben und die Krankenanstalten, die von öffentlichen Trägern unterhalten werden, noch größere Personalschwierigkeiten haben werden als bisher.
Es scheint mir kein Unrecht zu sein, die Dinge so zu belassen, wie sie sind, und dort, wo es möglich und wo es notwendig ist, den freien Wohlfahrtsverbänden die Möglichkeit der Vermittlung zu geben, wie dies auch bisher schon der Fall war. Ich wiederhole noch einmal: Wenn wir jetzt diesen Einschnitt vornehmen, kommen morgen die Angestellten und wollen besondere Vermittlungen haben,
es kommen weitere Berufsgruppen, und die ganze öffentliche Arbeitsvermittlung wäre damit einer Gefährdung ausgesetzt.
Die sozialdemokratische Fraktion wird daher, wie Herr Könen vorhin schon gesagt hat, diesem Gesetz nicht zustimmen.