Rede:
ID0203004300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Frau: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Korspeter.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 30. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Mai 1954 1373 30. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen 1374 A Mitteilung und Beschlußfassung über Verzicht auf erneute erste Beratung der Gesetzentwürfe betr. Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (zu Drucksache 44), Einkommensgrenze für das Erlöschen der Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung (zu Drucksache 67) und Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (zu Drucksache 68) 1374 B Mündliche Berichterstattung des Ausschusses für Petitionen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung in Verbindung mit der Beratung der Übersicht 5 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betr. Petitionen nach dem Stand vom 7. Mai 1954 (Drucksache 508) 1374 B Frau Albertz (SPD), Berichterstatterin 1374 B Beschlußfassung 1378 B Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Drucksache 313; Antrag Umdruck 18) 1378 B Kalbitzer (SPD), Anfragender . . . 1378 B Dr. Schröder, Bundesminister des Innern . . 1380 D, 1396 D, 1400 B, 1401 D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 1381 C Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 1385 B Brandt (Berlin) (SPD) 1388 D Feller (GB/BHE) 1392 C Becker (Hamburg) (DP) 1394 D Kühn (Köln) (SPD) 1399 B, 1400 B Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Sozialreform (Drucksache 314) 1402 A Dr. Preller (SPD), Anfragender 1402 A, 1429 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1408 A, 1418 A, B Dr. Schellenberg (SPD) 1411 D, 1418 A, 1427 B Dr. Atzenroth (FDP) 1419 C Dr. Elbrächter (DP) 1421 D Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1422 D Arndgen (CDU/CSU) 1424 C Frau Korspeter (SPD) 1426 A Schüttler (CDU/CSU) 1428 C Absetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksachen 223, 419) von der Tagesordnung 1430 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes (Drucksache 475) 1430 C Überweisung an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Geld und Kredit, für Rechtswesen und Verfassungsrecht und für Sonderfragen des Mittelstandes . . 1430 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache Nr. 218) 1430 C Dr. Siemer (CDU/CSU), Berichterstatter 1430 D Dr. Lütkens (SPD) 1431 C Dr. Hammer (FDP) (zur Geschäftsordnung) 1433 C Abstimmung 1431 C Weiterberatung vertagt 1433 D Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1433 D Horn (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 1434 A Beratung vertagt 1434 C Nächste Sitzung 1433 D, 1434 C Anlage: Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage betr. pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Umdruck 18) 1435 Die Sitzung wird um 9 Uhr 9 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage Antrag der Fraktion der SPD (Umdruck 18) zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Drucksache 313) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, zu erklären, daß sie von allen Plänen Abstand nimmt, die geeignet sind, die Unabhängigkeit und die Freiheit der Presse zu beeinträchtigen. Bonn, den 31. März 1954 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Arndgen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beratungen um Große Anfragen, die sich mit einem in Vorbereitung befindlichen Gegenstand beschäftigen, sind und können Dynamik sein. Aber diese Dynamik kann einen bitteren Geschmack hinterlassen, wenn man die Begleitmusik, mit der diese Beratungen begonnen worden sind, auf sich wirken läßt. Nach meinem Dafürhalten ist es nicht tunlich, anderen bei den Beratungen sozialpolitische Gesinnung abzusprechen. Es ist weiter nicht tunlich, anderen vorzuwerfen, sie benutzten die Rentner als Spielball für politische Reden. Ich meine, bei einer derartig ernsten Beratung wie der, in der wir heute stehen, sollte man diese Ausdrücke vermeiden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf der Abg. Frau Korspeter.)

    — Ihr Hintermann, Frau Korspeter! — Auch, glaube ich, sollte man keinem einen Vorwurf machen — wie es Herr Professor Schellenberg getan hat —, wenn er von Sozialreform spricht. Herr Professor Schellenberg, von Sozialreform ist gesprochen worden, da hatten wir noch kein Bundesarbeitsministerium; und ich habe einen Professor Schellenberg erlebt, der — im Jahre 1946, glaube ich, war es — auf Einladung des Herrn Ministerpräsidenten Geiler in Wiesbaden in der Staatskanzlei auch schon über Sozialreform gesprochen hat, ohne daß er damals in der Lage gewesen wäre, uns irgendeine Konstruktion für diese Reform vorzutragen.
    Man soll auch nicht jemanden den Vorwurf machen, er trage Pläne vor, die die Rentner in Aufregung brächten, und im gleichen Atemzug die Kenntnisnahme dieser Pläne verlangen. Das ist auch nicht logisch. Ich meine den Vorwurf, Herr Professor Schellenberg, den Sie hier gemacht haben.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Das verstehe ich nicht!)

    Sie haben in Ihren Ausführungen zu den Finanzierungsmöglichkeitaen und -notwendigkeiten bei


    (Arndgen)

    der Altrentenaufbesserung kritisiert, daß die Mittel der Versicherungsträger in Anspruch genommen werden sollen. Ich möchte doch darauf verweisen, daß die SPD-Fraktion im 1. Bundestag bei Anträgen auf Erhöhung der Renten immer und immer wieder auf die Millionen verwiesen hat, die die Rentenversicherung noch zur Verfügung hat.

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Wenn man das getan hat und wenn man sogar mehrfach eine Inanspruchnahme dieser Mittel verlangt hat, dann glaube ich, sollte man sich jetzt nicht hier hinsteilen und den Herrn Minister kritisieren, wenn er die anfallenden Finanzen der Rentenversicherungsträger für diese Dinge in Anspruch nehmen will.

    (Abg. Samwer: Richtig!)

    Nun noch ein ganz kurzes Wort zu der Großen oder Kleinen, überhaupt zu der Sozialreform. Sowohl von Herrn Professor Preller als auch von Herrn Professor Schellenberg sind dem Herrn Arbeitsminister Vorwürfe gemacht worden. Es ist behauptet worden, der Beirat der hierfür eingesetzt ist, habe versagt. Wer sich seit dem Jahre 1945 mit sozialpolitischen Fragen beschäftigt hat, der weiß, daß dieser Beirat nicht die einzige Institution ist, die sich mit diesen Fragen beschäftigt. Wir haben außer diesem Beirat eine ganze Reihe Institutionen, die frei sind, die also nicht von einer Regierung abhängig sind, die sich mit diesen Fragen intensiv beschäftigen. Ich nenne den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, ich nenne die Gesellschaft für sozialen Fortschritt, die dem Herrn Preller nicht unbekannt sein wird, ich nenne die Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung. Ich nenne weiter sonstige Institute, die sich bei Universitäten befinden. Ich erinnere an den Herrn Professor Mackenrodt, der hier schon genannt worden ist, ich erinnere an den Herrn Professor Neuendörfer, ich erinnere an den Herrn Professor Achinger, — Menschen und Institute, die sich in Freiheit, also nicht einer Regierungsinstitution irgendwie verpflichtet oder unterstellt, mit allen diesen Fragen schon seit Jahren beschäftigen. Trotz der Arbeiten, die in den hinter uns liegenden Jahren von diesen Stellen dankenswerterweise geleistet worden sind, ist es bis heute noch nicht zu einer Konstruktion gekommen, wie man die Sozialreform durchführen soll. Wenn dem so ist, dann geht daraus hervor, wie schwierig und wie außerordentlich kompliziert die ganze Angelegenheit ist.
    Mir scheint, daß der Deutsche Gewerkschaftsbund deswegen sehr vorsichtig gewesen ist.

    (Abg. Albers: Sehr richtig!)

    Auf dem Kongreß des Deutschen Gewerkschaftsbundes — ich glaube, im Jahre 1952 — in Berlin ist beschlossen worden, auch von dieser Organisation aus eine Kommission zusammenzusetzen, die sich mit all diesen Fragen beschäftigen sollte. Erst vor einigen Wochen hat der Deutsche Gewerkschaftsbund diese Kommission gebildet, vielleicht aus dem Gedanken heraus, wie schwierig es heute ist, die Dinge in Ordnung zu bringen. Ich kann mich noch daran erinnern, als Goebbels während des Krieges den totalen Krieg proklamiert und über alle Lautsprecher damals ausgerufen hat: „Wenn wir einmal abtreten, dann schlagen wir die Tür mit einem Krach zu, daß diejenigen, die das in Ordnung bringen müssen, was dann übrigbleibt, in Gefahr geraten, von ihrer eigenen Bevölkerung zur Verantwortung gezogen zu werden." Gerade
    auf dem Gebiete der Sozialpolitik sind wir durch das „Dritte Reich" in eine Situation hineingekommen, die es sehr schwierig macht, die Dinge alle in Ordnung zu bringen. Die Verantwortung nun aber auf unseren Bundesarbeitsminister abwälzen zu wollen, das ist doch ein sehr starkes Stück!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Ich meine, wenn es all den Einrichtungen, die ich vorhin genannt habe, in all den Jahren, die hinter uns liegen, nicht gelungen ist, eine entsprechende Konstruktion zu finden und zu formen, dann sollte man es nicht tragisch nehmen, wenn der Beirat bisher in den zwei Jahren erst bis zu dem gekommen ist, was der Herr Arbeitsminister hier vorgetragen hat. Ich weiß nicht, meine sehr verehrten Kollegen von der Opposition, ob Sie heute den Mund so voll genommen hätten, wenn einer Ihrer Herren an der Stelle des Herrn Arbeitsministers säße.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Pohle: Herr Arndgen, denken Sie an Ihren Artikel in der „Ketteler-Wacht"!)

    Alle diejenigen, die sich in den hinter uns liegenden Jahren seit 1945 — dazu rechne ich Preller, dazu rechne ich Pohle, dazu rechne ich auch Schellenberg — eingehend mit all den Dingen auf sozialpolitischem Gebiet beschäftigt haben, die wissen um die Schwierigkeit dieser Fragen. Daher soll man nicht Menschen, die sich in dieser Richtung mit Ernst bemüht haben und weiter bemühen, mit solchen Formulierungen anreden, wie es hier geschehen ist.

    (Zuruf der Abg. Frau Korspeter.)

    Ich glaube, wenn wir die Diskussion um diese Dinge in einer etwas anderen Atmosphäre geführt hätten, wären wir weiter gekommen. Gestern habe ich gehört, daß Herr Professor Schellenberg davon gesprochen hat, wir sollten weniger reden und mehr arbeiten.

    (Abg. Winkelheide: Richtig, das hat er gestern gesagt!)

    Wenn, meine ich, der Herr Professor Schellenberg von dieser seiner Auffassung heute Gebrauch gemacht hätte und wir hätten uns, statt hier zu reden, im Ausschuß für Sozialpolitik auf den Hosenboden gesetzt und wären an die Arbeiten, die wir im Ausschuß schon vorliegen haben, herangegangen,

    (Abg. Frau Korspeter: Das ist ja unerhört!) dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, wären wir weiter gekommen!


    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Schellenberg: Dann wollen wir das Plenum abschaffen! — Abg. Frau Korspeter: Aber Herr Arndgen!)

    Wir hätten die Dinge, die heute hier im Interesse der Rentner und auch im Interesse der Öffentlichkeit besprochen worden sind, in einem kürzeren Zeitraum erledigen können; dann wären wir mit unserer Arbeit hier zeitlich fertig gewesen und hätten an die richtige Arbeit herangehen können, von der Herr Professor Schellenberg gestern gesprochen hat.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wenn ein Gesetzentwurf fristgemäß vorgelegt worden wäre, wie es der Minister versprochen hat!)

    Ich glaube, daß Frau Finselberger in ihren Schlußausführungen den richtigen Ton gefunden hat, und zwar, daß wir, nachdem wir diese Dinge


    (Arndgen)

    jetzt im einzelnen besprochen haben, nun gemeinsam an die Arbeit gehen sollen, die berechtigten Anliegen der Rentner so bald wie möglich in Ordnung zu bringen. Das ist auch meine Auffassung, und ich bin der Meinung, daß der Herr Arbeitsminister mit seinen Mitarbeitern uns dabei zur Seite stehen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Korspeter.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lisa Korspeter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Im Rahmen der heutigen Debatte möchte ich noch zu einer Teilfrage Stellung nehmen, die auch von der Regierungskoalition als eine sozialpolitische Ungerechtigkeit erklärt worden ist und von der wir einmal wissen möchten, wie sie einer Regelung zugeführt werden soll. Ich hätte das Wort nicht ergriffen, wenn der Herr Bundesarbeitsminister heute davon gesprochen hätte oder wenn er überhaupt bei der Aufzählung der Probleme, die der Beirat bewältigen soll, etwas dazu gesagt hätte.
    Wir sind uns alle darin einig, daß sich eine Sozialreform nicht in der Erhöhung der Altrenten erschöpfen kann, so wichtig diese Frage auch ist. Wir stehen noch vor einer Reihe anderer Regelungen auf diesem Gebiet, und da ist es ganz besonders eine Frage, von der die Frauen betroffen sind, die zweifellos einen Rechtsanspruch auf Leistungen besitzen, der aber nach den heute bestehenden gesetzlichen Regelungen nicht realisiert ist. Wir alle wissen, daß die augenblickliche Regelung draußen bei dem davon betroffenen Personenkreis eine große Verbitterung ausgelöst hat. Deshalb wären wir dem Herrn Bundesarbeitsminister sehr dankbar gewesen — ich nehme an, auch die Frauen, die darauf warten, daß sie endlich einmal von einer anderen Regelung etwas hören —, wenn er uns im Laufe dieser Debatte hätte sagen können oder sagen wollen, wie er diese Frage einmal zu regeln gedenkt und wie er dafür sorgen will, daß dieser Rechtsanspruch realisiert wird.
    Es handelt sich um den § 21 Abs. 5 des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes, das im Frankfurter Wirtschaftsrat verabschiedet wurde und in dem auf Grund einer finanziellen Zwangssituation eine Regelung getroffen wurde, die niemanden von uns befriedigen konnte. Wir stellten bereits in der ersten Legislaturperiode einen entsprechenden Antrag, der aber nicht zu der gewünschten Änderung führte, da sich die Mehrheit des Hauses dagegen entschied. Deshalb sehe ich mich veranlaßt, heute im Auftrage meiner Fraktion angesichts dieser Debatte noch einmal zu dieser Gesetzesregelung Stellung zu nehmen und ihre sozialpolitische Ungerechtigkeit darzustellen in der Hoffnung, daß sich der Herr Bundesarbeitsminister auch mit dieser Frage befaßt und Überlegungen anstellt, wie sie einer gerechten Lösung entgegengeführt werden kann;
    Beim § 21 Abs. 5 des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes handelt es sich um die Witwenversorgung der Invalidenversicherung und um den bekannten Stichtag vom 31. Mai 1949. Dahinter steckt für ungefähr 320 000 Witwen, deren Ehemänner in der Invalidenversicherung versichert waren, eine außerordentlich große Härte. Nachdem das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz die unterschiedliche Witwenversorgung in der Ange-
    stellten- und in der Invalidenversicherung grundsätzlich beseitigt hatte — jeder muß anerkennen, daß das eine dringend notwendige Regelung war, da früher Unterschiede zuungunsten der Witwen der Invalidenversicherten bestanden —, blieb diese ungerechte Regelung noch weiterhin für die Witwen bestehen, deren Ehemänner bereits vor dem 31. Mai 1949 verstorben sind. Sie erhalten nicht, wie jetzt alle anderen Witwen sowohl aus der Invaliden- wie aus der Angestelltenversicherung, die unbedingte Witwenrente, d. h. sofort nach dem Tode des Ehemannes ohne jede Voraussetzung, sondern sie müssen noch die besonderen Voraussetzungen erfüllen, die früher ganz allgemein für die Witwen der Invalidenversicherung bestanden. Sie müssen also entweder selbst erwerbsunfähig sein oder das 60. Lebensjahr vollendet haben oder vier Kinder gehabt haben, ehe sie Anspruch auf eine Witwenrente haben.
    Die Bestimmung, wonach diese Witwen, deren Ehemänner vor dem 31. Mai 1949 verstorben sind, schon vom 60., nicht erst vom 65. Lebensjahr ab die Witwenrente erhalten, beruht auf einem Kompromiß, der damals auf Grund eines Antrages der SPD im Frankfurter Wirtschaftsrat bei der Verabschiedung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes angenommen wurde. Aber, meine Herren und Damen, es war ein mehr als bescheidener Kompromiß. Wir stellten deshalb im Dezember 1952 hier in diesem Hause noch einmal den Antrag, wenigstens den Witwen, deren Männer vor dem 31. Mai 1949 verstorben sind, das Witwengeld zu geben und die Einschränkung dieses ungerechten Stichtages aufzuheben, sofern sie das 40. Lebensjahr erreicht haben. Dieser Antrag wurde von der Mehrheit des Hauses, und zwar aus finanziellen Gründen, nicht etwa weil man die sozialpolitische Situation nicht anerkannt hätte, abgelehnt. Ich glaube, diese Ablehnung ist kaum verständlich für die davon betroffenen Witwen und auch für diejenigen, meine Herren und Damen, deren sozialpolitisches Gerechtigkeitsgefühl dadurch verletzt wurde, zumal sich diese Regelung in vielen Fällen als geradezu widersinnig erwies.
    Erschwerend kommt noch hinzu — auch das möchte ich in diesem Zusammenhang sagen —, daß alle Kriegerwitwen, deren Ehemänner invalidenversichert waren, unter diesen Stichtag fallen; sie bleiben nach der augenblicklichen Regelung ohne Witwenrentenanspruch aus der Sozialversicherung, bis sie selbst entweder das 60. Lebensjahr vollendet haben oder erwerbsunfähig sind. Hinzu kommt weiter, daß sie keinen Rechtsanspruch auf Rentner-Krankenversicherung haben, so daß sie doppelt geschädigt sind.
    Wir stehen jedenfalls auf dem Standpunkt, daß das völlig unmöglich ist. Wir werden in der kommenden Sozialreform darauf zu achten haben, daß dieser Stichtag, der damals aus einer 'Zwangssituation heraus eingeführt wurde, für die Zukunft nicht bestehen bleiben kann. Es handelt sich gewiß um einen Teilbereich innerhalb unserer Sozialleistungen: aber es ist eine bedeutsame Frage und betrifft Hunderttausende von Frauen, die auf eine Lösung warten.
    Außerdem entsteht aber auch noch die Frage, ob man bereit ist. für gleiche Beiträge die gleichen Leistungen zu sichern und zu gewähren. Herr Kollege Atzenroth hat vorhin gesagt, es sei eine Selbstverständlichkeit, eine solche Regelung zu treffen. Aber hier ist ein Schulbeispiel dafür, daß wir eben für gleiche Beiträge nicht die gleichen


    (Frau Korspeter)

    Leistungen gewähren. Da muß eine gerechte Lösung gefunden werden.
    Eine weitere Frage ist die des § 1279 der Reichsversicherungsordnung. Auch hier sind wir im Bundestag bei einer Regelung, die die sozialdemokratische Fraktion beantragt hatte, auf halbem Wege steckengeblieben, so daß die Lösung in keiner Weise befriedigt.
    Diese Frage hängt eng zusammen mit den gegenseitigen Anrechnungen beim Bezug mehrerer Renten. Es ist vorhin schon von meinem Kollegen davon gesprochen worden, welche Verbitterung bei dem davon betroffenen Personenkreis hervorgerufen wurde, wenn wir Rentenerhöhungen durchführten, dabei aber die zweite Rente, die ein Rentner bezog, wieder anrechnen ließen. Wie oft wurde von den Betroffenen zum Ausdruck gebracht, sie fühlten sich dadurch betrogen, daß ihnen mit der einen Hand gegeben und mit der anderen wieder genommen werde. Auch hier würden wir gern hören, welche Vorstellungen über diese Anrechnungsfragen bestehen. Man kann diese Seite unserer Sozialleistungen nur dann regeln, wenn man bereit ist, Renten zu gewähren, die dem Rentner wirklich eine Existenzsicherung bieten. Wir hoffen, daß bei der kommenden Sozialreform die genannten sozialpolitischen Ungerechtigkeiten, von denen besonders die Frauen betroffen sind, beseitigt werden. Grundsatz und Ziel all unserer sozialpolitischen Überlegungen und Maßnahmen muß dabei das Wohlergehen der Menschen sein.

    (Beifall bei der SPD.)