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ID0203001100

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    2. Deutscher Bundestag — 30. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Mai 1954 1373 30. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen 1374 A Mitteilung und Beschlußfassung über Verzicht auf erneute erste Beratung der Gesetzentwürfe betr. Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (zu Drucksache 44), Einkommensgrenze für das Erlöschen der Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung (zu Drucksache 67) und Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (zu Drucksache 68) 1374 B Mündliche Berichterstattung des Ausschusses für Petitionen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung in Verbindung mit der Beratung der Übersicht 5 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betr. Petitionen nach dem Stand vom 7. Mai 1954 (Drucksache 508) 1374 B Frau Albertz (SPD), Berichterstatterin 1374 B Beschlußfassung 1378 B Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Drucksache 313; Antrag Umdruck 18) 1378 B Kalbitzer (SPD), Anfragender . . . 1378 B Dr. Schröder, Bundesminister des Innern . . 1380 D, 1396 D, 1400 B, 1401 D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 1381 C Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 1385 B Brandt (Berlin) (SPD) 1388 D Feller (GB/BHE) 1392 C Becker (Hamburg) (DP) 1394 D Kühn (Köln) (SPD) 1399 B, 1400 B Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Sozialreform (Drucksache 314) 1402 A Dr. Preller (SPD), Anfragender 1402 A, 1429 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1408 A, 1418 A, B Dr. Schellenberg (SPD) 1411 D, 1418 A, 1427 B Dr. Atzenroth (FDP) 1419 C Dr. Elbrächter (DP) 1421 D Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1422 D Arndgen (CDU/CSU) 1424 C Frau Korspeter (SPD) 1426 A Schüttler (CDU/CSU) 1428 C Absetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksachen 223, 419) von der Tagesordnung 1430 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes (Drucksache 475) 1430 C Überweisung an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Geld und Kredit, für Rechtswesen und Verfassungsrecht und für Sonderfragen des Mittelstandes . . 1430 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache Nr. 218) 1430 C Dr. Siemer (CDU/CSU), Berichterstatter 1430 D Dr. Lütkens (SPD) 1431 C Dr. Hammer (FDP) (zur Geschäftsordnung) 1433 C Abstimmung 1431 C Weiterberatung vertagt 1433 D Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1433 D Horn (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 1434 A Beratung vertagt 1434 C Nächste Sitzung 1433 D, 1434 C Anlage: Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage betr. pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Umdruck 18) 1435 Die Sitzung wird um 9 Uhr 9 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Anlage Antrag der Fraktion der SPD (Umdruck 18) zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Drucksache 313) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, zu erklären, daß sie von allen Plänen Abstand nimmt, die geeignet sind, die Unabhängigkeit und die Freiheit der Presse zu beeinträchtigen. Bonn, den 31. März 1954 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht leicht, nach einer so hervorragenden Rede, die gleichzeitig einer der brillantesten Leitartikel gewesen ist, die ich je vortragen gehört habe, zu diesem Thema zu sprechen. Ich darf vielleicht damit beginnen, daß meine politischen Freunde der Meinung sind, daß wir uns füglich nicht Freie Demokraten nennen dürften, wenn wir nicht stets für eine wirklich freie Presse eintreten und rechtzeitig alles abwehren wollten, das diese Freiheit in irgendeiner Weise bedrohen könnte. Nun ist es freilich so: würde die Frage gestellt werden, wer etwa für die Unfreiheit der Presse ist, dann würde dies ein jeder mit Empörung von sich weisen. Darüber besteht ja volle Einmütigkeit. So sind wir wenigstens in diesem einen Punkte alle — ich sage:
    alle, die ganze Regierungsbank eingeschlossen, wenn sie besetzt wäre — „Freie Demokraten". Ein solches Bekenntnis wird allerdings nicht genügen. Es erinnert zu sehr an die bekannte Geschichte vom Präsidenten Calvin Coolidge und der Sünde. Sie kennen die Geschichte wohl. Als er berichten sollte, was ein bekannter Geistlicher gepredigt hatte, sagte er: „Über die Sünde." — „Was hat er nun gesagt?" —„Er war dagegen." Das ist trefflich zusammengefaßt. Welcher ehrenwerte Mann wäre nicht gegen die Sünde, wäre nicht gegen die Unfreiheit? Die Frage ist nur, wo der Pfad der Tugend verlassen wird und wo die Freiheit endet.
    Bekanntlich haben selbst die totalitären Staaten, gleich welcher Richtung, immer von einer freien Presse gesprochen, von einer Presse nämlich, die von allen schädlichen Einflüssen — schädlich für das entsprechende Regime — befreit worden sei. Man muß also schon etwas genauer definieren, sonst erhält das Wort „ehrenwerter Mann" jene ominöse Bedeutung, die es in der Shakespeareschen Rede des Marcus Antonius besitzt.
    Man kann es ganz schlicht und einfach ausdrücken: die Presse ist dann wirklich frei, wenn sie wahrheitsgemäß berichten kann und wenn Journalisten und Redakteure nur ihrem Gewissen verantwortlich sind, nicht aber der Lenkung durch politische oder materielle Einflüsse unterliegen. Eine solche Presse und n u r eine solche ist ein integraler Bestandteil des demokratischen Verfassungslebens.
    In diesem Sinne hat ein kluger Mann, der ehemalige italienische Ministerpräsident Alcide de Gasperi, von den zwei Säulen der parlamentarischen Demokratie gesprochen. Die eine dieser Säulen, meinte er, sei das Parlament mit seinen Abgeordneten, die andere Säule die Presse, getragen von freien Journalisten. Ich möchte diesen Gedanken ergänzen. Zum Schutz des Verfassungslebens gibt es zwei Kontrollen. Die eine dieser Kontrollen ist die Opposition, die andere die öffentliche Meinung. Beide gehören zusammen. Die öffentliche Meinung ist von zusätzlicher Bedeutung, wenn eine Partei die absolute Mehrheit besitzt und damit die parlamentarische Opposition eingeschränkt ist. Dabei handelt es sich sowohl um die Opposition im eigentlichen Sinne wie auch um das, was ich die Opposition innerhalb der Koalition nennen möchte, die für eine lebendige Demokratie ebenfalls wesentlich ist. Selbst bei allem guten Willen, den wir voraussetzen wollen, ergeben sich aus unserer heutigen Lage daher ernsthafte Gefahren. Sie liegen in der menschlichen Natur, in der Dehnbarkeit des Freiheitsbegriffes. Wenn eine Partei die absolute Mehrheit besitzt — und diese Partei besteht wie alle Parteien aus Menschen —, wie leicht kann da der Gedanke aufkommen, ein altes Sprichwort ein wenig zu variieren: „Und die Presse absolut, wenn sie unsern Willen tut."
    Die Kritik an der Presse ist ja ziemlich weit verbreitet. Kollege Dr. Dresbach sprach darüber. Er erwähnte jene Empfindsamkeit, die man heute beobachten kann. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Empfindsamkeit, und je höher das Amt, desto höher manchmal auch diese Empfindsamkeit.

    (Beifall bei der FDP.)

    Es wird nun darauf ankommen, auch innerhalb der Journalistenkreise — ich selber bin Journalist — das Bewußtsein zu verstärken, daß der Journalismus verantwortlich handeln muß, wenn er selber


    (Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein)

    die Gefahren abwehren will, die seinem Berufsstande drohen. Aber eines muß gleich hinzugefügt werden. Die deutsche Presse hat aus dem Nichts aufgebaut, nachdem durch die nazistische Diktatur die große Tradition, von der auch Kollege Dresbach gesprochen hat, zerschlagen worden war. Heute genießen doch deutsche Blätter wieder Achtung in der ganzen Welt, und ein verantwortungsbewußter Stand von Verlegern, Redakteuren und Journalisten ist neu entstanden. Der Takt verbietet uns, die Lebenden zu nennen unter den großen Journalisten, die wir auch heute wieder haben, die sich vielleicht schon wieder würdig an die Seite eines Theodor Wolff und der anderen stellen können, die wir, die Älteren, noch gekannt haben. Aber wenn die Lebenden nicht genannt werden sollen, gebietet es die Pflicht, heute an dieser Stelle und in diesem Rahmen eines Verstorbenen zu gedenken, nämlich Erik Regers , der so unendlich viel für den Aufbau der deutschen Presse und für eine wahrhafte Freiheit des Geistes in Berlin und in ganz Deutschland getan hat.
    Meine Damen und Herren, auf die Gefahren, die in der heutigen Lage begründet sind, wurde neulich schon anläßlich der Filmdebatte hingewiesen. Unser Freund und Kollege Dr. Erich Mende hat diese Gefahren sehr prägnant herausgestellt. Das starke Echo, das er in der Öffentlichkeit gefunden hat, hat bewiesen, daß das Richtige getroffen wurde. Denn wo setzt die Unfreiheit denn ein? Wie ist die Freiheit zu definieren? Kollege Dresbach ermutigt mich, einen Pleonasmus zu verwenden. Die Freiheit, meine Damen und Herren — pleonastisch ausgedrückt—, muß eine liberale Freiheit sein.

    (Beifall bei der FDP.)

    Dabei möchte ich insbesondere den Herrn Bundesfamilienminister um Vergebung bitten, nicht so sehr wegen des unschönen Pleonasmus als vielmehr wegen des Wortes „liberal".
    Unfreiheit setzt nicht erst bei physischem Zwang ein. Er steht selten am Anfang. Auch die Bücherverbrennungen im „Dritten Reich", die Gleichschaltung der Presse, die Austreibung aller freiheitlichen Journalisten waren nicht der Anfang, sondern es ging allen diesen Maßnahmen eine jahrzehntelange Hetze gegen den angeblich „volks- und sittenverderbenden Liberalismus" voraus.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Unfrei sind Verleger und Journalisten nicht erst dann, wenn unmittelbare Gewalt sie zum Werkzeug der herrschenden politischen Richtung macht; unfrei sind sie nicht erst dann, wenn, wie ein bitterer Scherz im „Dritten Reich" lautete, das Propagandaministerium für die offenherzigste und wahrheitsgemäßeste Berichterstattung drei Preise aussetzt, nämlich zwei, fünf und zehn Jahre Konzentrationslager.
    Von entscheidender Bedeutung für die Freiheit der Presse ist der freie Strom der Nachrichten. Wir haben mit Befriedigung gehört, daß kein Überministerium geplant sei. Wir wollen hoffen, daß dies als absolut betrachtet werden kann und daß es sich nicht bloß um eine Verzögerung handelt, wie eben in diesem Jahr überall der Lenz mit Verspätung, aber dann doch ins Land kommt. Geplant war es ja doch wohl; dieser Planung nach sollten alle Nachrichten über das Bundespresse- und Informationsamt geschleust werden. Das würde übrigens dem Art. 65 des Grundgesetzes nicht entsprechen. Wenn auch der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik bestimmt, leitet doch jeder Minister sein Ressort selbständig und unter eigener Verantwortung. Wir geben zu, daß es sich hier um ein schwieriges Problem handelt. Denn andererseits hat es auch bedauerliche Fehlleitungen von Informationen gegeben, etwa in der Dienststelle Blank, wobei ich z. B. an die Schocktherapie der Fragebogen denke. Ein wenig mehr public relations wäre angebrachter als dieser neuentstandene Stab von Presseabwehrbeamten in den Ministerien.
    Es hat doch zweifellos den Versuch gegeben, eine Monopolstellung zu schaffen. Ich freue mich wiederum, daß Kollege Dresbach auf diese andere heikle Frage einging, die ich auch stellen wollte: ob es stimmt, daß man durch Druck auf die Geldgeber und Verleger versuchen wollte, oder immer noch versucht, unliebsame Korrespondenten und Redakteure loszuwerden.
    Selbstverständlich ist es das gute Recht jeder Regierung, ihren Standpunkt klarzumachen. Aber bedenklich wird das, wenn hier eine allzu bewußte und einseitige Lenkung einsetzt. Siehe all das, was wir während der Filmdebatte gehört haben! Es ist zwar legitim, daß eine Regierung ihr eigenes Nachrichtenorgan hat. Doch wenn ich so an manche Äußerungen des Moniteur bzw. des Bulletins — wie der deutsche Name dieses Blattes heißt — denke, dann werde ich doch ein wenig mit Sorgen erfüllt. Etwa bei der Art der Berichterstattung nach der Debatte vom 29. April und was die Auslegung betrifft, die dem Art. 24 des Grundgesetzes im „Bulletin" gegeben wurde! Wir wollen nicht hoffen, daß es zu den pressepolitischen Plänen der Bundesregierung gehört, aus dem „Bulletin" ein weiteres, im Grundgesetz nicht vorgesehenes Organ der authentischen Interpretation dieses Grundgesetzes zu machen.
    Pressefreiheit ist Teil der allgemeinen Meinungsfreiheit. Sie kann nur gedeihen in einer Atmosphäre innerer, lebendiger Freiheit, in einer Atmosphäre, wo es keinen, vielleicht gar noch geschürten Haß zwischen den Konfessionen gibt, in einer Atmosphäre, wo nicht der eine oder der andere Volksteil diskriminiert wird. Meine politischen Freunde hätten sicherlich ein weit größeres Vertrauen in die Auskünfte über die pressepolitischen Pläne der Bundesregierung, wenn sie immer sicher sein könnten, daß in dieser Pressepolitik stets die richtigen, die freiheitlichen Kräfte zum Tragen kommen.
    Da hat es aber nun schon mancherlei Verwirrung gegeben. Es gibt eben mancherlei Redner. Die Beeinflussung der Öffentlichkeit in einem ganz bestimmten, nicht unbedingt als freiheitlich zu bezeichnenden Sinn ist dann trotz aller Dementis eben doch sehr stark. Ich will gar nicht noch einmal auf die Angelegenheit mit der „liberalen Meute" eingehen. Offen gesagt, ich habe diese Sache nie allzu ernst genommen. Ich habe vielmehr angenommen, daß so, wie neulich „Don Carlos" zitiert wurde, jetzt vielleicht Wilhelm Busch zitiert werden sollte, obwohl es besser gewesen wäre, wenn man die Anführungszeichen deutlicher gesetzt hätte. Vielleicht dachte der Herr Bundesfamilienminister an jene Einleitungsverse zur „Frommen Helene" von Wilhelm Busch, die ich etwa so paraphrasieren möchte:
    Schweigen will ich von Lokalen,
    Wo der Böse nächtlich praßt,
    — das ist dann wahrscheinlich der Presseklub in der Koblenzer Straße beim wöchentlichen Bierabend der FDP —
    Wo im Kreis der Liberalen
    Man die Volkszensura haßt.


    (Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein)

    Im Ausland freilich hat das keinen sehr günstigen Eindruck hervorgerufen; denn das Wort „liberal" ist dort ein Ehrentitel, den auch jeder Konservative mit Stolz trägt. Aber lassen wir das!
    Nur auf eines sei noch hingewiesen, wie es unser Freund Mende neulich auch bei der Filmdebatte tat. Es ist etwas sehr Wichtiges. Eine solche Beeinflussung der Öffentlichkeit fügt auch dem Christentum Schaden zu, weil nämlich dieses, das doch Himmel und Erde und alle Menschenseelen um- faßt, damit zu einer Parteiangelegenheit herabgewürdigt wird. Es könnte dann so aussehen, als ob man die Grenzen des Christentums in Deutschland sozusagen an den Bankreihen dieses Hauses ablesen könnte.

    (Zuruf von der Mitte: Sehr geistreich! — Unruhe und weitere Zurufe.)

    Meine Damen und Herren, kehren wir zu den Nachrichten zurück. Viele, korrekte Nachrichten sollen ausgegeben werden. Staatliche Stellen sollen nicht die Kinderfrau spielen, die die Nachrichten an die Kleinen tropfenweise ausgibt, so à la Christian Morgenstern „ein halber Eßl- und ein Teel-" voll von Nachrichten. Das verärgert. Die Journalisten sind eben auch Menschen, und es gilt auch für sie das Wort Nietzsches: „Was du von einem Menschen denkst, das entzündest du in ihm"! Vertrauen und mehr Vertrauen und Nachrichten und mehr Nachrichten, und das Verhältnis zwischen Parlament und Regierung wird ein ganz anderes werden! Die Presse muß ein Zwiegespräch sein, und wenn es der Regierung nicht gelingt, zu überzeugen, was sie versuchen soll, dann braucht ja nicht notwendigerweise immer die Presse daran schuld zu sein. Auch die oppositionelle Presse ist Sprachrohr des demokratischen Staates und notwendig für diesen, sonst erfährt das Volk vielleicht gar nicht, wie klug oder daß es überhaupt regiert wird.
    Bevorzugungen wird es immer geben. Denn auch jede Regierung besteht aus Menschen, und das hat sie nun eben mit den Journalisten gemein. Aber die Unfreiheit beginnt, wenn objektive Maßstäbe ausgelassen werden, wenn dieses de Hondtsche System etwa bei Reisen und anderen Anlässen, bei Eskorten in den USA oder in der Türkei allzu strikt angewandt wird, wenn man aus den Journalisten sozusagen Hofrangklassen bildet

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    mit Zirkeln: die guten, die mittelguten und die bösen.

    (Ausgezeichnet! bei der SPD.)

    Da ich Alcide de Gasperi zitierte, darf ich vielleicht noch einmal auf das italienische Beispiel hinweisen. In Italien haben alle Journalisten ohne Unterschied der Partei von Staats wegen freie Büros, Telephone, Sekretärinnen und praktisch freie Fahrt. Sie werden praktisch behandelt wie die Abgeordneten. Natürlich, bei uns vollzieht sich der demokratische Ausgleich in anderer Weise, dadurch nämlich, daß auch die Abgeordneten streng genommen keine Büros haben.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Der Apparat zur Nachrichtenversorgung, der heute da ist, sollte ausreichen: das Bundespresse-und Informationsamt mit 31 Beamten, 313 Angestellten und 33 Arbeitern, dazu die Pressestellen der Ministerien plus Pressestellen, die uns der Föderalismus, der gesegnete und so teure, beschert hat. Bemerkenswert ist nur, daß gerade das Auswärtige Amt in seiner Pressestelle unterbesetzt ist, soviel ich weiß, mit einem einzigen Beamten. Im Ausland ist es ähnlich. Die Pressestellen der Botschaften und Gesandtschaften sind unterbesetzt; man kann sie gar nicht vergleichen mit den Pressestellen der Botschaften und Gesandtschaften der anderen Länder.
    Es wird in der letzten Zeit viel von der Selbstkontrolle gesprochen. Es ist noch nicht ausgegoren, auch in Journalistenkreisen noch nicht. Ich darf vielleicht ein Wort der Warnung einfügen. Richard Tüngel hat wohl nicht mit Unrecht in der „Zeit" vom 8. April gesagt, daß hier ein Weg beschritten würde, der zu einer unzulässigen Einschränkung der verbrieften Grundrechte führen könnte und schließlich zu einer neu-Goebbelsschen Schriftstellerliste und zu einer ebensolchen Pressekammer. Ich würde also doch den Rat geben, daß dieser Punkt gerade in Kreisen der Journalisten und Kollegen noch sehr eingehend diskutiert wird, bevor man zu Endgültigem kommt.
    Schwere Gefahren, meine Damen und Herren, auf die wir hinweisen müssen, liegen in der Beschlagnahme von Zeitschriften auf Grund des § 94 der Strafprozeßordnung" Ich denke hier an die Beschlagnahme der „Post" in Stuttgart im Falle Klett, an dessen Aufklärung doch wirklich ein öffentliches Interesse bestand,

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    an die Beschlagnahme der „Revue" in München und an die Beschlagnahmung des „Spiegel" unter Anwendung desselben Paragraphen, in dem es heißt:
    Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können oder der Einziehung unterliegen, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.
    „Einziehung" auf Grund der §§ 40 ff. des Strafgesetzbuchs erfolgt nur auf Grund eines rechtskräftigen Urteils. Hier scheint mir eine große Gefahr gegeben zu sein, nämlich daß wir in eine präventive Justiz hineingeraten, sozusagen in eine Schutzhaft für die Presse. Wenn man Presseerzeugnisse als Beweismittel beschlagnahmt, dann genügen ja — ich will ganz large sein —, 12 Stück, man braucht nicht 100 000 Exemplare zu beschlagnahmen. Wir können sehr gespannt sein, wie die Feststellungsklage in Karlsruhe ausgehen wird. Von diesem Urteil wird sehr viel abhängen. Die Pressefreiheit ist ja gegeben nicht nur, damit wir unsere Meinung äußern können, sondern damit sich die öffentliche Meinung bilden kann. Zum Schutze der Bildung dieser öffentlichen Meinung muß daher davor gewarnt werden, den § 94 in so extensiver Weise anzuwenden.
    Wir haben mit Befriedigung davon gehört, daß das Verfassungsschutzamt nicht eingeschaltet ist. Meine Damen und Herren, wir haben einen Bundesstaat mit großen föderalen Rechten, und so haben wir auch viele, viele Verfassungsschutzämter in deutschen Landen, so viele, daß schon der Seufzer laut wurde: Wer schützt die Verfassung vor den Verfassungsschutzämtern? Da ist der Fall des Journalisten Heinrich David in Wiesbaden, auf den ich kurz hinweisen möchte, eines ausgezeichneten und verantwortungsbewußten, durch und durch demokratischen Journalisten, der, wie auch Ihnen allgemein bekannt sein dürfte, sehr unmittelbar unter


    (Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein)

    Druck gesetzt wurde, um von ihm Schriftstücke, die er durchaus legitim erhalten hatte, herauszubekommen, und der dann vom Innenministerium für die Wahlnacht, in der die Ergebnisse bekanntgemacht wurden, ein Hausverbot erhielt. Das sind Dinge, die zu denken geben. Oder ich nehme einen anderen Fall, der so am Rande auch hereingehört. Erst vor wenigen Tagen erfuhr ich, daß die Kriminalpolizei bei einem Stuttgarter Journalisten, einem absolut demokratisch gesinnten Mann, vorsprach, um auf Ersuchen der französischen Besatzungsmacht aus ihm herauszukriegen, woher er bestimmte Informationen über französisch-sowjetische Geheimbesprechungen bekommen habe.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Das sind wiederum Dinge, die nicht in das Jahr 1954 hineinpassen.
    Meine Damen und Herren, ich habe bewußt das Materielle nicht in den Vordergrund gestellt, aber auch dazu ist noch einiges kurz zu sagen: Pressefonds — um keinen härteren Ausdruck zu gebrauchen — wird es immer geben. Aber wir können die Anfälligkeit der schwachen menschlichen Natur vielleicht ein wenig mindern, wenn wir diesen Stand besserstellen; denn kaum ein anderer Berufsstand ist in seiner Existenz so ungesichert wie der Journalistenstand, und zwar auf allen seinen Stufen. Da ist die Not der jungen Journalisten: Honorare! Sie müssen nehmen, was sie bekommen, und wann bekommen sie es denn?! Und da ist die Sorge bei den älteren Journalisten und Redakteuren. Es liegen nun ganz konkrete Vorschläge zur Altersversorgung vor, zur Gleichstellung des „Versorgungswerks der Presse" in Stuttgart mit der gesetzlichen Sozialversicherung und zur Umstellung der Versicherung bei der ehemaligen Versorgungsanstalt der deutschen Presse im Verhältnis eins zu eins.
    Ich meine, der Deutsche Bundestag wird sich zur 'gegebenen Zeit damit befassen müssen. Ich darf vielleicht auf die Sozialenquete hinweisen, die die moralische Unterstützung des Herrn Bundespräsidenten gefunden hat. Im Augenblick wird eine Presseenquete zur Untersuchung der Gesamtlage durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß nach dem Beispiel der britischen Royal Commission von 1949 vorgeschlagen. Ich würde mir auch die Einsetzung eines parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Pressefonds vorzuschlagen erlauben.
    Nun darf ich vielleicht trotz seiner Abwesenheit noch ein Wort an den Herrn Bundesfinanzminister richten. Ich tue das als ganz freier Demokrat, als Journalist sogar, also nahezu als vogelfreier Demokrat.

    (Heiterkeit.)

    Das Wort betrifft die Umsatzsteuer, die unethisch
    und unberechtigt ist; denn Geist ist keine Ware.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Hier liegt auch ein Denkfehler vor; denn Ware, wenn man überhaupt so sagen will, entsteht erst durch den Druck. Eine völlige Befreiung müßte angestrebt werden, und das gleiche müßte natürlich auch für die anderen freien Berufe gelten.
    Ein zweites Anliegen an den Herrn Bundesfinanzminister — ich hoffe, er erfährt es durch die Presse — betrifft die Pauschalsätze für Werbungskosten der Journalisten, freie und fest angestellte. Ich darf dazu, nicht wörtlich, nur paraphrasierend, aus einem kleinen Werk zitieren, das vom Herrn
    Bundesfinanzminister selbst im Stollfuß-Verlag in Bonn herausgegeben wurde. Es handelt sich um die Lohnsteuerrichtlinien 1954 über die Werbungskosten und Pauschalsätze verschiedener Berufsgruppen, die gegenüber den Journalisten höchst begünstigt erscheinen. 25 % ohne Höchstsatz genießen z. B. Bauchredner und Imitatoren,

    (Heiterkeit)

    ebenfalls 25 % Komiker, Humoristen und Ansager. Akrobaten, in Klammern steht „Parterre-Akrobaten", — das gilt also wohl nicht für politische Wahlredner, sondern nur für die Zuhörer —

    (erneute Heiterkeit)

    genießen 30%, und. am schönsten finde ich das mit den „Zauberkünstlern in Solo"; sie haben 40% ohne Höchstsatz. Ich nehme an, daß die Hasen, die sie aus dem Hut herausziehen müssen, sehr teuer geworden sind. Ja, was ist denn da mit den „Enten" der Journalisten, die kosten doch auch einiges? Diese Journalisten haben nur 20 % als freie Journalisten mit 200 DM Höchstsatz und die fest angestellten 15, ebenfalls mit 200 DM. Man dürfte hier also doch zwischen den Zauberkünstlern in Solo, den Bauchrednern, Humoristen oder Akrobaten und den Redakteuren und Journalisten zu einem arithmetischen Mittel, zu einem wahrhaft demokratischen Ausgleich kommen.

    (Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Ich darf zusammenfassen. Der Aufbau unserer Presse nach 1945 ist ein Werk, auf das wir nicht minder stolz sein können als auf den Aufbau unserer Städte und unserer materiellen Existenz. Geschichtlich gesehen mag es sogar von noch größerer Bedeutung sein; denn die Flamme des Geistes, die hier neu entzündet wurde, kann durch keine äußerliche Gewalt mehr zerstört werden, wenn wir sie nicht selber preisgeben. Diese Gefahren abzuwehren, ist die vordringlichste Aufgabe, an der die Presse und die verfassungsmäßigen Organe der Bundesrepublik zusammen arbeiten müssen. Man darf wohl, und das erscheint mir von besonderer Bedeutung, folgendes sagen: Es handelt sich hier um ein gesamtdeutsches Anliegen. An der Freiheit unserer Presse wird man uns erkennen. Diese Freiheit wird für uns überall in der Welt Vertrauen werben, besonders dort, wo deutsche Menschen leben, die ihrer demokratischen Meinungs- und Gewissensfreiheit auch heute noch beraubt sind.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Brandt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willy Brandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich haben gern zur Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung keine Pläne verfolgt, die ihrer Meinung nach geeignet sind, die Freiheit und die Unabhängigkeit der Presse zu beeinträchtigen. Nun könnte man vielleicht fragen, ob es dann so sei, daß manche von uns in diesem Hause auf der einen Seite und auf der andern Seite und manche in der Mitte Gespenster sähen. Ja, vielleicht ist es wirklich so. Vielleicht meint der eine und der andere von uns, daß aus der deutschen Wirklichkeit des Jahres 1954 manche Gespenster verscheucht werden müßten. Im übrigen ist sich, wie auch aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Prinz zu Löwenstein zu erkennen war, ja wohl nicht die ganze


    (Brandt [Berlin])

    Regierung darin einig — so habe ich es verstanden —, daß im Zusammenhang mit der Pressefreiheit kein akutes Problem vorliege.
    In einem Bulletin der Freien Demokratischen Partei, Bundesgeschäftsstelle Bonn, vom 31. März dieses Jahres war — ich zitiere — zu lesen:
    Der Generalangriff auf die Freiheit der Meinung hat überall dort begonnen, wo diese über ihre entscheidenden Bastionen verfügt: in der Presse, dem Film und am Ende dem Rundfunk. Der Bestand der Meinungsfreiheit
    — so hieß es an jener Stelle weiter —
    ist in seinem Kern bedroht. Es ist höchste Zeit, sich zur Wehr zu setzen.
    Vielleicht sind solche Worte nicht immer so ernst gemeint, wie sie geschrieben werden. Wir haben heute bemerkenswerte Worte in der Aussprache gehört, so auch das Wort von der Opposition in der Koalition. Aber es kam in dieser Debatte unabhängig von den Parteigrenzen doch wohl auch eine Sorge zum Ausdruck, die beträchtliche und, wie ich meine, nicht die schlechtesten Kreise unserer Bevölkerung erfaßt hat. Wir sollten darüber in aller Ruhe miteinander reden, zumal es um Dinge geht, die bei weitem nicht immer nur mit dem guten oder bösen Willen der Beteiligten, sondern auch und vielfach primär mit gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun haben, die nicht ganz leicht zu meistern sind und dennoch gemeistert werden müssen.
    Worauf ist denn die berechtigte Sorge zurückzuführen, von der ich gesprochen habe? Darauf, daß sich in unserer Gesellschaft die Tendenz zu bürokratischer Bevormundung verstärkt hat, daß die Neigung zur Unduldsamkeit zunimmt, daß obrigkeitsstaatlich vorgedacht wird, wo zu staatsbürgerlichem Nachdenken angeregt werden sollte.
    Meine Damen und Herren, ich möchte Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf eine Entschließung lenken, die die dritte Generalversammlung des Internationalen Presseinstituts in Wien vor etwa einer Woche angenommen hat und in der es heißt:
    Die Generalversammlung stellt mit ernster Sorge fest, daß auch in Ländern, die sich zur Demokratie bekennen und deren Regierungen den Gedanken, diktatorische Gewalt anzuwenden, weit von sich weisen würden, Tendenzen bestehen, die Freiheit der Presse durch neue oder durch die Auslegung bestehender Gesetze einzuschränken.
    Es geht hier gar nicht allein um eine Auseinandersetzung mit der Regierung. Es geht um bedenkliche Tendenzen in unserem gesamten öffentlichen Leben. Es geht nicht zuletzt auch um das vielfach anmaßende und wenig geistvolle Verhalten derer, die Schlüsselpositionen in den Zusammenballungen wirtschaftlicher und politischer Macht ausüben und die nicht immer besonders- geneigt sind, sich einer öffentlichen oder gar demokratischen Kontrolle zu unterwerfen.
    Manche Einzelvorgänge in unserem Land sollten uns zu denken geben und sollten von uns in ihrer weitreichenden grundsätzlichen Bedeutung richtig gewertet werden. Ich denke dabei wie mein Herr Vorredner an die Beschlagnahme von Zeitungen und Zeitschriften auf Grund reichlich rasch erwirkter einstweiliger Verfügungen.

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr gut!) Ich denke an Fälle, in denen sich Amtsrichter ziemlich forsch zur Ausübung einer Zensur berufen fühlten.


    (Abg. Dr. Menzel: Sehr gut!)

    Ich denke an den Fall eines Oberstadtdirektors, der die Journalisten aufforderte, sich bei der Berichterstattung über bestimmte Sitzungen nur auf die Mitteilungen der Stadtverwaltung zu beschränken. Ich denke an andere Fälle, in denen Journalisten von städtischen Informationsmöglichkeiten ausgeschlossen worden sind, weil ihre Berichterstattung den Stadtgewaltigen nicht behagte. Ich denke an den sogenannten Maulkorb-Erlaß des Innen- und Sozialministers von Rheinland-Pfalz, der seinen Beamten die Auskunftserteilung an die Presse untersagte. Ich lasse den etwaigen Einwand nicht gelten, daß diese Dinge hier nicht hergehörten. Hier gehört alles her, was die Grundlagen und die Grundfragen der Demokratie betrifft!

    (Beifall bei der SPD.)

    Es geht darum, meine Damen und Herren, ob der Bund ein gutes oder ein schlechtes Beispiel gibt, ob in Bonn gute oder schlechte Normen gesetzt werden. Es war, wenn ich das sagen darf, gewiß kein gutes Vorbild, als draußen der Eindruck entstehen konnte, als wollte sich ein ohne jeden Zweifel überaus wohlmeinender, aber in dieser Sache doch wohl übereifriger Kollege zum Zensor über die von uns zu erwerbende Literatur aufschwingen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es war keine gute Sache, als der Innenminister der vorigen Bundesregierung den Versuch unternahm, einen der bekannteren Rundfunkkommentatoren abzuservieren. Und man muß, ohne die Reden des Herrn Familienministers wichtiger zu nehmen, als die Auslassungen irgendeines Mitgliedes der Bundesregierung zu nehmen sind, sagen: es war gewissermaßen doch ein Schlag unter den Gürtel — ich muß hier in der Sache meinem Vorredner beipflichten —, als Herr W u e r m e l i n g seine sicherlich nicht immer sehr rücksichtsvollen Kritiker mit dem Kennwort „die ganze liberale Meute" abstempeln wollte, die angeblich ihren ,,Monopolanspruch auf Beherrschung der öffentlichen Meinung" bedroht fühle.

    (Zuruf von der SPD: Der sitzt da und lacht! — Abg. Dr. Menzel: Der spielt den Märtyrer!)

    Der Herr Bundeskanzler hat sich vor wenigen Wochen auf der Jahreshauptversammlung des Deutschen Journalistenverbandes zum Recht der Presse auf Kritik bekannt. Ich folge dabei einem Bericht im Mitteilungsblatt der im DGB zusammengeschlossenen Journalisten. Der Bundeskanzler erklärte, Kritik sei absolut notwendig, und er bat um gegenseitiges Vertrauen. Das sind Worte, die nicht stark genug unterstrichen werden können. Aber ich frage mich: berichtet denn niemand dem Herrn Bundeskanzler über Vorgänge, die das von ihm proklamierte und im Grundgesetz verbriefte Recht auf Kritik, auf freie Meinungsäußerung in Frage stellen? Weiß der Herr Bundeskanzler denn nicht und weiß der Herr Bundesminister des Innern nicht, daß sich hier in Bonn Vertreter der Presse in einer Mehrzahl von Fällen einem peinlichen und, wie ich sage, unstatthaften Druck ausgesetzt gefühlt haben? Ist es nicht so, daß sich untadelige Journalisten auf peinliche Weise überwacht, beschattet gefühlt haben und fühlen? Ist es nicht so, daß manche dieser Vertreter der Presse in Bonn eigenartigen Einflüssen ausgesetzt sein müssen, wenn von ihrer


    (Brandt [Berlin])

    ursprünglich geäußerten Kritik in den unter ihrem Namen veröffentlichten Berichten so gut wie nichts mehr zu spüren ist? Ist es nicht so, daß Journalisten mit Drohungen bedacht werden, wenn sie schreiben oder zu schreiben beabsichtigten, was dieser oder jener Stelle der Bundesregierung nicht behagt?

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Da gab es einen Berichterstatter, der etwas über die geplante und gestern hier erörterte Steuerreform erfahren hatte und sein Wissen zu einer Meldung verarbeitet hatte, wie es seiner journalistischen Aufgabe entsprach. Durch einen zunächst freundlichen Anruf, wenn ich recht informiert bin, nicht aus dem Finanzministerium, wurde ihm nahegelegt, sich diesem Thema zunächst nicht mehr zu nähern. Der Berichterstatter erfuhr jedoch mehr und er schrieb mehr, und was er schrieb, war nicht falsch. Daraufhin ein neuer Anruf: man wolle ihn darauf aufmerksam machen, daß er sich in bedenkliche Nähe gewisser Paragraphen des Strafgesetzbuchs begebe.

    (Zurufe von der SPD: Unerhört! — Hört! Hört! — Abg. Dr. Menzel: Das ist ja toll! Das ist ja Nötigung!)

    Sollte man nicht sehr, sehr vorsichtig sein mit der schwerwiegenden Beschuldigung des Geheimnisverrats? Und steht der Bürokratie überhaupt das Recht einer solchen Drohung zu?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich will gern anerkennen, daß die Antwort, die der Herr Bundesminister des Innern heute früh hier erteilt hat, einige Zweifelsfragen geklärt hat. Wir haben zur Kenntnis genommen — schon durch die Erklärungen, die vor dieser Debatte abgegeben worden sind, und wir haben es heute bestätigt gehört —, daß gegenwärtig keine regierungsoffizielle Bundeskorrespondenz geplant ist und daß der sogenannten Bundeskorrespondenz, die als privates Unternehmen besteht, keine finanziellen Mittel des Bundespresse- und -informationsamts mehr zufließen sollen. Ich darf unterstellen — auch wenn sich der Herr Bundesminister des Innern dazu heute morgen nicht ausdrücklich geäußert hat —, daß eine regierungsamtliche Auslese von Journalisten für bestimmte Nachrichtenquellen nicht beabsichtigt ist.
    Vielleicht überprüft man aber doch einmal, Herr Bundesminister, die angebliche Bevorzugung, von der in Journalistenkreisen die Rede gewesen ist, von Journalisten, die keine bestimmte Zeitung vertreten, gegenüber anderen, die für große Blätter tätig sind. Vielleicht prüft man auch, ob die Bevorzugung dieser und die Hintansetzung jener ausländischen Korrespondenten den Erfordernissen der deutschen Politik und der deutschen Außenpolitik entspricht.
    Wir haben gehört, daß es nicht geplant sei, die Presse künftig über sämtliche Angelegenheiten der Bundesregierung und ihrer Ministerien nur noch durch das Presse- und Informationsamt zu unterrichten. Der Herr Bundesminister des Innern hat auf die Vorbereitungen hingewiesen, die zur Ausarbeitung einer neuen Geschäftsordnung des Kabinetts eingeleitet worden sind. Er hat sich auch auf die Grundsätze der Geschäftsordnung der Reichsregierung aus dem Jahre 1926 berufen und hat auf die gegenwärtige Geschäftsordnung verwiesen, die in diesem Punkt nicht verändert werden sollte und in der es sinngemäß heißt, daß alle Veröffentlichungen und alle Mitteilungen, die über fachliche Mitteilungen aus dem besonderen Arbeitsgebiet eines Ministeriums hinausgehen, namentlich solche, die politischen Charakter haben oder politische Wirkungen auslösen können, über das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung zu leiten sind. -
    Nun ist kaum etwas dagegen einzuwenden, daß das Presse- und Informationsamt als ein Sammelpunkt für Mitteilungen der Bundesregierung dient. Ich habe aber sehr schwere Bedenken gegen die noch immer bestehende Tendenz, das Presse- und Informationsamt zu einer Nachrichtenschleuse zu machen, von einer Nachrichtenbörse ganz zu schweigen; denn das, was auf dem Gebiet der Nachrichtenbörse bei der Boulettenbar des Presse-und Informationsamtes während der Berliner Konferenz herausgekommen ist, das sollte doch wohl trotz des erheblichen materiellen Aufwandes nicht all zu hoch eingeschätzt werden können.
    Bin ich ganz auf dem Holzweg, wenn ich die Frage aufwerfe, ob es wahr ist, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister, und ich füge hinzu: der pressefreundliche Herr Bundeswirtschaftsminister — Ehre, wem Ehre gebührt —, durch den Herrn Bundesminister des Innern korrigiert wurde, als er, der Bundesminister für Wirtschaft, kürzlich seinen Beamten die Anweisung gegeben hatte oder geben wollte, auf vernünftige Fragen vernünftig zu antworten?

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Kalbitzer: Sehr gut!)

    Im übrigen kommt es vom Standpunkt der Presse und vom Standpunkt der durch die Presse vertretenen und zu unterrichtenden Öffentlichkeit — ich beziehe mich noch einmal auf die Geschäftsordnung — natürlich mehr auf wichtige als auf unwichtige Angelegenheiten an, und das sind meist solche, die politischen Charakter haben und politische Wirkungen auslösen können.
    Hierbei ergibt sich nun die Frage: Wer entscheidet, was wichtig und was politisch ist, und was geschieht, wenn die Ministerialbeamten über Art, Inhalt und Umfang dieser oder jener Information wesentlich anders denken als diejenigen, die die Öffentlichkeit zu unterrichten haben? Wir können doch nicht einfach vom Anspruch der Ministerialbeamten oder auch der Herren Minister auf eine in jedem Fall bessere Einsicht ausgehen. Wir müssen doch wohl vom gesunden Wechselspiel der politischen und geistigen Kräfte ausgehen. Dieses Wechselspiel ist unmöglich ohne das Recht der Presse auf Auskunft, jenes Recht, dem auf der anderen Seite die Pflicht der Presse zur Information entspricht; und ich wünschte, daß sich auch die ganze deutsche Presse dieser Pflicht zur Information bewußt wäre.
    Meine politischen Freunde und ich teilen nicht die Meinung, daß es Sache des Bundeskanzleramtes oder irgendeiner anderen Bundesbehörde sei, darüber zu befinden, was der Bundesbürger wissen, was die Öffentlichkeit erfahren darf. Falls darüber einseitig auf der Behördenebene entschieden würde, dann wollte man sicherlich auch bald die andere Seite regeln, nämlich bestimmen, was den Bundesbürger sozusagen positiv zu interessieren hat. Gewiß, es gibt vertrauliche Dinge — Herr Kollege Dresbach hat schon darauf verwiesen —, über die man vertraulich informieren kann und vertraulich informieren sollte, und ich glaube, die


    (Brandt [Berlin])

    Damen und Herren der Presse werden selber diejenigen aus ihren Reihen auszuschalten wissen, die sich an eine solche Vertraulichkeit nicht halten würden. Aber wir billigen nicht und können nicht billigen die Neigung zu übertriebener Geheimhaltung. Zu übertriebener Geheimhaltung! Durch die Geheimniskrämerei erschwert man geradezu die vertrauliche Behandlung solcher Dinge, die zu Recht mit einem entsprechenden Stempel versehen sind.
    Und, Herr Bundesminister des Innern, wir haben auch kein Verständnis für Dementis, die keine sind. Im Ton der Empörung ist kürzlich dementiert worden, daß ein uns allen bekannter Universitätslehrer aus seiner Position im Auswärtigen Amt ausscheiden werde und daß der Chef der Organisationsabteilung in der Dienststelle Blank abgelöst werden solle. Und dann kam es genau so, wie berichtet worden war, und man lachte über die unbeholfenen amtlichen Zwischenmeldungen, und man lachte zu Recht, Herr Bundesminister.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Im übrigen: für die Propagierung parteipolitischer Ziele und gruppenmäßiger Interessen sind nicht die Organe des Staates da, die Partei mag noch so groß, die Gruppe mag noch so mächtig sein. Für diese durchaus legitimen Aufgaben sind auch nicht die Gelder der Steuerzahler da.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    In anderen demokratischen Ländern sind Gelder des Steuerzahlers auch nicht dazu da — ich muß den Punkt noch etwas verdeutlichen, den mein Freund Kalbitzer in seiner Begründung heute morgen schon angeschnitten hat —, daß Journalisten den Regierungschef auf seinen Reisen begleiten. Die Träger der Presse sollten selbst darauf achten, daß sie nicht Mißdeutungen ausgesetzt werden.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die Unabhängigkeit der Presse beginnt bei der Haltung und der Würde der Presse selbst.

    (Beifall bei der SPD.)

    Niemand erwartet, daß eine Regierung ihr Licht unter den Scheffel stellt. Niemand wird es verübeln, wenn die Regierung von ihrem Tun und ihren Plänen durch das rednerische und womöglich schriftstellerische Talent ihrer Minister Zeugnis ablegt. Eins sollte die Regierung dabei nicht vergessen. Das Urteil über ihr Tun ist von den Bürgern unseres Staates zu fällen, und es sollte wahrlich unser gemeinsames Bestreben sein, daß eine immer größere Zahl unserer Mitbürger zur gestaltenden Mitwirkung am öffentlichen Leben ermuntert und auch wirklich befähigt wird, und zur Befähigung gehört die ausreichende Unterrichtung. Dazu bedarf es einer deutlichen Trennung notwendiger Information von einseitiger Propaganda. Dazu bedarf es eines unverrückbar positiven Verhältnisses zur Meinungs- und Pressefreiheit, die wir unter so schmerzvollen Umständen wiedererlangt haben.
    Der Kollege Dresbach hat hier zu Beginn der Debatte einige vorzügliche Worte über das Verhältnis zwischen Presse und Parlament, zwischen Presse und Politikern gesagt. Mir kam dieser Tage ein englisches Buch „Regierung im Kräftefeld der Gesellschaft" in die Hände. Darin ist von der gewaltigen Wandlung die Rede, die sich seit den Tagen der klassenbestimmten Oligarchien vollzogen hat. Damals hatten es die Regierungen im allgemeinen nicht nötig, der Aufnahme ihrer Politik beim Volk den Weg zu bereiten. Heute haben die Regierungen zum Unterrichten und zum Beeinflussen der öffentlichen Meinung mächtige Mittel zur Hand. Der Verfasser des von mir erwähnten Buches, R. M. McIver, sagt, solange die Regierungen nicht versuchten, andere Propagandastellen gleichzuschalten, könne sich hinsichtlich dieser Funktion, von der ich eben sprach, keine Frage erheben. Er verweist darauf, daß zahlreiche Organisationen im modernen Staat damit beschäftigt sind, die neuen Techniken der Nachrichtenübermittlung und die neue Kunst der Meinungsforschung auszuüben, und er schreibt weiter — und dem könnten wir doch hoffentlich auch alle zustimmen — folgendes. Ich zitiere:
    Die Regierungen müssen sich der gleichen Kunst bedienen; ob zum Guten oder zum Schlechten, hängt von ihrer Art ab. Soweit sie sich ihrer bedienen, um das Volk zu einem besseren Verständnis der Fragen, mit denen sie sich befassen, zu bringen und ein Gefühl der gemeinsamen Einheit über die Gruppenverschiedenheiten hinaus zu schaffen, dürfen wir es wagen, diese Aktivität der Liste der kulturellen Aufgaben beizufügen.
    Meine Damen und Herren, Sie sehen schon durch diesen Hinweis: ich bin kein Gegner amtlicher Pressestellen. Solche Stellen können nützliche Aufgaben erfüllen. Aber man fragt sich gelegentlich, ob nicht hier und da des Guten zuviel geschieht, ob nicht manche Überschneidungen vermieden werden können und ob nicht der Berufsstand der Zeitungsausschneider über Gebühr anwächst. Man verwechsle übrigens bitte nicht das Anliegen der Presse mit dem Interesse staatlicher Pressepolitik. Um in diesem Zusammenhang ein Wort Kurt Schumachers zu zitieren: Ein Kater, der einen Kanarienvogel verspeist hat, kann darum noch lange nicht schön singen. Ich glaube, das gilt auch für manche staatliche Pressestellen.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Aus Pressestellen dürfen keine Abwehrorgane, keine Büros zur Verhinderung der Information werden.
    Ich wende mich noch einmal an den Herrn Bundesminister des Innern, der sich von vornherein freundlicherweise bereit erklärt hat, in diese Debatte einzusteigen. Herr Bundesminister, schauen Sie sich doch bitte einmal in Ihrem eigenen Hause um! Ein Pressemann, der sich an Ihre Pressestelle im Bundesministerium des Innern wendet, bekommt zur Antwort — woraus dieser Stelle natürlich kein Vorwurf zu machen ist; ich denke nicht daran, ihr einen Vorwurf zu machen —, daß man dort nichts wisse. Der zuständige Sachbearbeiter erklärt, er dürfe nichts sagen, sondern könne sich nur über die Pressestelle äußern. Dann bekommt schließlich der Pressemann über die Pressestelle, die zunächst nichts wußte, seine Antwort. Aber da er mit dem Sachbearbeiter nicht selbst sprechen konnte, kann er keine Zusatzfragen stellen, wie wir es hier in unseren Fragestunden nennen würden,

    (Zuruf von der SPD: Manchmal doch! — weitere Zurufe)

    und er kann nicht so lebendig und genau berichten, wie er es vielleicht möchte und wie es ihm lieb sein müßte. Und was ergibt sich daraus, Herr Bundesminister? Dieser Journalist schnappt dann


    (Brandt [Berlin])

    diese oder jene Andeutung auf — in der Not frißt der Teufel Fliegen —, und schon sind wir unter Umständen bei einer falschen Meldung.
    Vor allem aber sollte streng darauf geachtet werden, daß Organe staatlicher Informationspolitik für den Staat da sind, für alle seine Teile, für die Gesamtheit seiner Bürger,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    das heißt, es gehört zu den Aufgaben solcher Organe, objektiv über beide Seiten zu berichten, wenn die Dinge im Staat unter den Trägern des Staates umstritten sind, und die Opposition ist einer der Träger, ja einer der Pfeiler eines demokratischen Staatswesens.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Gewiß, die Demokratie ist keine sehr bequeme Sache. Im Obrigkeitsstaat, in der Diktatur, ist es bequemer — für die oben. Aber zu deren Bequemlichkeit kommt dann neben vielem anderen, daß die Giftpflanzen der Gerüchte emporschießen über den Gräbern einer freien Presse.
    Es ist heute bei weitem nicht alles erfreulich in unserer deutschen Presse. Es gibt Entartungserscheinungen, es gibt Gangstermethoden, von denen sich jeder verantwortungsbewußte Journalist abgrenzt. Bei einem Teil der Presse gibt es leider auch eine Reaktion auf Tendenzen unserer Zeit, eine Reaktion, die einer stillen Gleichschaltung recht nahekommt. Es ist keine erfreuliche Sache, wenn ein beträchtlicher Teil unserer Presse der Behandlung mancher lebenswichtiger Themen ausweicht, weil man gewissermaßen glaubt, spüren zu können, daß eine Erörterung dieser Fragen oben nicht erwünscht sei.
    Aber es gibt auch einen echten Beitrag der Presse zum deutschen Aufbau und zur Sache der deutschen Demokratie. Die Presse hat wiederholt in den letzten Jahren und Monaten gegen Versuche und Versuchungen Front gemacht, aus denen eine Knebelung der freien Meinungsäußerung hätte erwachsen können. Auch der erste Entwurf des Bundespressegesetzes mußte nach leidenschaftlicher Kritik zurückgezogen werden, und wir sind sehr gespannt, Herr Bundesminister, ob der neue Entwurf, wenn er kommt, einen neuen Geist erkennen lassen wird. Diskussionen in den Organen und Organisationen der Presse, der Journalisten haben in der letzten Zeit gezeigt, daß es dort einen Willen gibt einerseits zur Unabhängigkeit und andererseits zur Abgrenzung von Mißständen. Dieser Wille ist da, ihn sollte die Bundesregierung respektieren, ihn fördern, denn es geht um einen der Grundwerte unserer staatlichen Ordnung.
    Meine Damen und Herren, ich habe auf manch kritisches Wort nicht verzichten können. Aber ich hoffe, deutlich gemacht zu haben, daß es mir—wie den anderen Herren, die sich geäußert haben—um eine Sache geht, die uns alle aufhorchen lassen sollte, alle, die auf dem Boden der Demokratie stehen, mögen die Meinungsverschiedenheiten unter ihnen sonst noch so groß sein. Die ehrlich Besorgten im Volke aber sollen wissen, daß sie in diesem Hause auf Bundesgenossen und Fürsprecher rechnen können, wenn es gilt, bedrohlichen Entwicklungen zu begegnen und gefahrvollen Anfängen zu wehren.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten in der Mitte.)