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ID0202902100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Mai 1954 1313 29. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . 1314 A, 1372 C Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Dr. Brönner, Schäffer, Frau Niggemeyer, Mühlenberg 1314 B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Deutschen Bundestags 1314 B Mitteilung über Vorlage des Entwurfs einer Verordnung über Preise für Zuckerrüben der Ernte 1953, des Entwurfs einer Zweiten Verordnung zur Verlängerung der Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges, der Übersicht über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben für das 3. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1953 (Drucksache 525) 1314 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 53 betr. Verheizen von Zigarillos (Drucksachen 454, 521) 1314 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz), des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern an die Finanzverfassung (Finanzanpassungsgesetz) und des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern (Länderfinanzausgleichsgesetz) (Drucksache 480) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung von Steuern (Drucksache 481), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" (NOG 1955) (Drucksache 482), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 483), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Drucksache 484) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Inkrafttreten der Steueränderungsgesetze (Drucksache 280) 1314 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1315 A Dr. Dresbach (CDU/CSU) 1323 A Dr. Gülich (SPD) 1328 B Neuburger (CDU/CSU) 1334 A Seuffert (SPD) 1341 B Dr. Eckhardt (GB/BHE) 1352 B Dr. Wellhausen (FDP) 1358 C Höcherl (CDU/CSU) 1366 A Eickhoff (DP) 1368 C Tenhagen (SPD) 1370 D Überweisung der Vorlagen an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, an den Ausschuß für Kommunalpolitik und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, der Vorlagen Drucksachen 481, 482, 483 und 484 außerdem an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und des Gesetzentwurfs Drucksache 482 außerdem an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen 1371 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1954/55 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft (Getreidepreisgesetz 1954 / 55) (Drucksache 524) 1372 C Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1372 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vereinfachung der Grenzformalitäten für Reisende (Drucksachen 499, 198) 1372 C Rücküberweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten . 1372 C Nächste Sitzung 1372 D Berichtigungen zu den Stenographischen Berichten der 25. und der 28. Sitzung . 1372 Die Sitzung wird um 9 Uhr 7 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 25. Sitzung In der Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung ist zu lesen: Abstimmung 1. 2. Seite 1038 D Zeile 10 von unten: Frau Welter (Aachen) entschuld. entschuld. Seite 1039 B Zeile 8: Frenzel krank krank Seite 1040 B Zeile 7 von unten: Rademacher krank krank Seite 1041 C Zeile 4 von unten: Hübner Ja Ja Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung Seite 1207 A Zeile 14 ist nach Krammig statt „(SPD)" zu lesen: (CDU/CSU).
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    Rede von Rudolf Eickhoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Laufe der heutigen Debatte ist schon so viel zu den vorliegenden Gesetzesvorlagen gesagt und schon so viel auf Einzelheiten eingegangen worden, daß ich mich kurz fassen und mich auf die grundsätzliche Stellungnahme meiner Fraktion beschränken kann. Wir alle wissen, daß der Steuerzahler von den Reformgesetzen mehr erwartet, als uns hier mit den vorliegenden Gesetzentwürfen zur Neuordnung der Steuern und des Finanzwesens zur Beratung gegeben ist. Auch für meine Fraktion wäre es wünschenswerter gewesen, wenn das gesamte Steuersystem im Wege einer völligen von Grund auf vorgenommenen Umstellung hätte geändert werden können. Wir kennen aber ja alle zur Genüge die Gründe, die einem solchen Vorgehen entgegenstehen. Ich brauche deswegen nicht besonders auf diese Gründe einzugehen.
    Wenn aber nun schon eine organische Steuerreform, als die sie ursprünglich ins Auge gefaßt war, nicht durchführbar ist, dann hätten wir dennoch begrüßt, wenn die Materie und die Kernprobleme der Gesetzesvorlage auf eine breitere Basis gestellt worden wären, die dem Charakter einer großen Reform nähergekommen wäre. Was geblieben ist und worüber wir uns hier nun zu unterhalten haben, ist mehr oder weniger doch nur eine einfache Steuersenkung, also eine Reform auf halbem Kurs oder im ganzen eine unzulängliche Veränderung im gesamten Steuerwesen.
    Wir sind der Meinung, daß eine Steuer- und Finanzreform nicht allein vom Standpunkt des Fiskus aus betrachtet werden darf, sondern dabei muß, und zwar in weitem Maße, auch unsere gesamte Wirtschaft ins Auge gefaßt werden, und erst recht dann, wenn diese Wirtschaft dynamischen Charakter trägt. Jede sachliche Überlegung zur Steuerreform wird davon ausgehen müssen, daß diese gleichzeitig haushaltspolitischen und wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten gerecht werden muß. Reformvorschläge unter diesem Gesichtspunkt sind nur sinnvoll, wenn sie ebenso den Finanzbedarf des öffentlichen Haushalts wie auch die wirtschaftlichen Grenzen der Besteuerung in Rechnung stellen. Eine Steuerreform soll ja nicht nur den Steuerzahlern, die gegenwärtig bis an die Grenze des Möglichen zur Aufbringung der Staatsmittel beansprucht sind, eine fühlbare Entlastung bringen, sondern das Ziel der Steuerreform muß es andererseits sein, gleichzeitig unsere bestehende und immer noch in der Entwicklung befindliche Wirtschaft zu fördern, um so das Sozialprodukt ganz allgemein zu heben.
    Wir sollten daher im Wege der zu beratenden Reform gleichsam einen Ausgleich zu finden suchen zwischen dem als notwendig anerkannten Finanzbedarf und der steuerlichen Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft. Wenn dies aber so ist, wird man vielleicht doch daraus folgern müssen, daß Steuerreform und Finanzreform miteinander verbunden sind und daß man die Fülle von Problemen, die diese Reformen in ihrer Auswirkung sozial- und wirtschaftspolitisch auslösen werden, bei den künftigen Beratungen der vorliegenden Gesetzentwürfe gebührend berücksichtigen muß.
    Ein weiterer, nach meiner Meinung ebenso wichtiger Grundsatz sollte daher vordringlich angestrebt werden, nämlich der der Beseitigung der


    (Eickhoff)

    Härten und Ungerechtigkeiten, die in unserem gegenwärtigen Besteuerungssystem liegen und die die Kleine Steuerreform nicht hat beseitigen können. Dieses Problem berührt in hohem Maße die gewerbliche Wirtschaft, den Einzelhandel, das Handwerk und das Landvolk. Ich brauche in diesem Rahmen auf Einzelheiten der bestehenden steuerlichen Ungerechtigkeiten nicht näher einzugehen. Wir werden bei den Beratungen bei einzelnen dieser Sektoren unsere Forderungen stellen, dies vor allem — was heute noch nicht zu übersehen ist —, wenn wir die Erfüllung unserer Hoffnungen bedroht sehen, daß die Gesetzentwürfe bei den parlamentarischen Beratungen eine Gestalt erhalten, die echter Mittelstandspolitik widerspricht.
    Wir begrüßen es grundsätzlich, daß die Bundesregierung bei der Gestaltung des Einkommensteuertarifs auf dem mit der Kleinen Steuerreform eingeschlagenen Weg der Tarifermäßigung weiter fortschreiten will. Diese Vorschläge entsprechen aber dennoch im einzelnen nicht unseren Wünschen. Es wird zu prüfen und zu beraten sein, ob die vorgeschlagene Tarifsenkung als ausreichend bezeichnet werden kann. Bei einer ungenügenden Senkung würden wir im Hinblick auf die kleinen und mittleren Einkommen ganz allgemein, insbesondere aber auch für die mittelständische Wirtschaft unsere Forderungen als nicht genügend berücksichtigt ansehen müssen. Angesichts des Umstandes, daß die Abgabe Notopfer Berlin weiter erhoben wird und dazu eine ganz neue Steuer, nämlich die Ergänzungsteuer zur Einkommensteuer, eingeführt werden soll, sind wir der Überzeugung, daß dabei die kleinen Einkommen — abgesehen von den untersten Stufen — sogar noch mehr Steuern zu zahlen haben als nach dem bisherigen Tarif der Kleinen Steuerreform. Mit anderen Worten, wir erwarten eine günstigere Tarifgestaltung für diese Gruppen, insbesondere aber auch im Hinblick auf den Mittelstand, auf die Einkommen — wie schon mehrfach erwähnt worden ist — von rund 8000 bis 30- oder 40 000 DM, damit diese Betriebe — was ja eigentlich der Sinn der Reform sein soll — auch in die Lage versetzt werden, Betriebskapital anzusammeln. Wenn man dieser Forderung nicht gerecht werden wollte und die beabsichtigte Ergänzungsabgabe sowie andererseits den Fortfall von Steuervergünstigungen in Rechnung setzte, müßten wir darin eher eine Steuerbelastung als eine Steuersenkung erblicken. Dabei soll doch die Steuerreform die Fortsetzung der von der Bundesregierung verfolgten Politik der Steuersenkung darstellen. Wenn die Auswirkungen der Reform, wie wir sie heute sehen und wie ich sie eben darlegte, sich tatsächlich so entwickeln sollten, können wir uns nicht vorstellen, wie das Ziel des Reformwerks für den Steuerzahler ganz allgemein und insbesondere für die mittelständische Wirtschaft erreicht werden soll, welches auf Eigenkapitalbildung und Wirtschaftsförderung und damit auf Wirtschaftsexpansion gerichtet ist, also Bestrebungen, die letzten Endes auf Hebung des Lebensstandards für die Allgemeinheit gerichtet sind.
    In diesem Zusammenhang aber ein ernstes Wort zur Ergänzungsabgabe! Die Deklarierung der Einkommen- und Körperschaftsteuer als eine Steuer, die Bund und Ländern gemeinsam in einem festen Verhältnis von 40 : 60 aufgeteilt zustehen soll, führt unseres Erachtens zu dem äußerst bedenklichen und, wie heute schon mehrfach betont worden ist, allgemein abgelehnten Vorschlag auf Einführung einer Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer als einer neuen Bundessteuer. Die Ergänzungsabgabe würde neben dem Notopfer Berlin und der Kirchensteuer in vollem Umfang an der Progression der Steuertarife teilnehmen. Hinzu käme, daß der für das Jahr 1955 zugrunde gelegte Satz für die Ergänzungsabgabe von 2,5 % jederzeit durch einfaches Gesetz erhöht werden könnte, ohne daß eine Grenze nach oben festgelegt ist. Unter diesen Umständen sehen wir uns außerstande, einer solchen neuen Steuer zuzustimmen.
    Herr Kollege Wellhausen hat von einer Beerdigung der Erhöhung der Umsatzsteuer gesprochen. Ich will mich deswegen kurz fassen, muß mich aber an dieser Beerdigung beteiligen, weil wir auf gar keinen Fall der Erhöhung der Umsatzsteuer zustimmen können. Denn wir sind sicher, daß durch diese Erhöhung die Preise irgendwie ins Rutschen kommen würden, weil letzten Endes die kleinen Einzelhändler auf den Großhandel angewiesen sind und die durch die Umsatzsteuererhöhung verursachte Steigerung der Großhandelspreise unbedingt auf den Verbraucher abwälzen würden.
    Hinsichtlich der Zusammenveranlagung von Ehegatten — auch davon ist heute schon sehr viel gesprochen worden; das Problem hat auch bei den Beratungen über die Kleine Steuerreform schon eine große Rolle gespielt — vertritt meine Fraktion nach wie vor den Standpunkt, daß das gegenwärtige Besteuerungssystem ungerecht ist und einer Änderung bedarf. Es ist bekannt, daß das gültige System die Ehefrauen der Besitzer gewerblicher Betriebe und insbesondere auch des Bauernstandes, die im eigenen Betrieb des Mannes in hohem Maße mitwirken, steuerlich fast unberücksichtigt läßt. Ohne mich heute schon für eine bestimmte Lösung dieses Problems bindend auszusprechen, möchte ich ganz allgemein die Ansicht meiner Fraktion zum Ausdruck bringen, daß ganz gleichmäßig entweder eine Zusammenveranlagung oder aber eine Getrenntveranlagung der Ehegatten bei der Lösung dieses Problems in Betracht gezogen werden sollte, und zwar ohne Rücksicht auf die jetzt gültigen Ausnahmebestimmungen in den Durchführungsverordnungen. So wie die Dinge auf diesem Gebiete heute liegen, können sie auf gar keinen Fall bleiben. Wenn beide Ehegatten gemeinsam im Betrieb des einen Ehegatten arbeiten, wird nach den gültigen Vorschriften das Arbeitsergebnis des mitarbeitenden Ehegatten gewissermaßen dem Betriebsgewinn hinzugeschlagen und der gemeinsam erarbeitete Gewinn infolgedessen zu einem höheren Tarifsatz versteuert als bei getrennter Veranlagung. Nach unserer Auffassung dürfte es dem Grundsatz der gleichen steuerlichen Behandlung widersprechen, wenn man in anderen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen getrennt veranlagt oder aber, was sich finanziell noch ungerechter auswirkt, wenn man die Mitarbeit der Ehefrau im gewerblichen oder bäuerlichen Betrieb des Mannes steuerlich eigentlich gar nicht in Betracht zieht.
    Da die Gesetzesvorlagen in ihren praktischen Auswirkungen auch tief in das kommunale Leben eingreifen, noch ein Wort über die nach unserer Meinung berechtigten Belange der Gemeinden auf diesem Gebiet, die zur Zeit nicht ausreichend berücksichtigt erscheinen. Andere Kollegen haben darauf hingewiesen: Die Selbstverwaltungsaufgaben in ihrer Vielzahl und zusätzlich übertragene Aufgaben der Gemeinden, die sich fortlaufend mehren, erheischen zwingend eine Sicherstellung des


    (Eickhoff)

    Finanzbedarfs der Gemeinden bei der Neuordnung durch die Finanz- und Steuerreform. Das ist gegenwärtig nicht der Fall, im Gegenteil. Wir haben in dieser Hinsicht nach gemachten Erfahrungen und Beobachtungen den Eindruck einer gewissen Vernachlässigung der Gemeinden. Wir erwarten und fordern, daß die Länder in die Lage versetzt werden, den Gemeinden eine ausreichende finanzielle Ausstattung zur Durchführung ihrer Selbstverwaltungs- und der ihnen übertragenen Aufgaben zu gewähren. Wir treten auch für eine Personalsteuer der Gemeinden ein, die unseres Erachtens auf die Dauer nicht zu umgehen ist. Entstehen den Gemeinden aber durch Übertragung oder Erweiterung ihres Pflichtenkreises wesentlich neue finanzielle Lasten, dann soll man ihnen auch ,gleichzeitig die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen oder aber bei Einnahmeausfällen, die auf gesetzliche oder vertragliche Maßnahmen des Bundes zurückzuführen sind, für einen entsprechenden Ausgleich sorgen. Anders können wir uns jedenfalls ein ordentliches Finanzgebaren der Gemeinden nicht vorstellen. Wir halten es daher letztlich auch für unbedingt erforderlich, daß die gesamte finanzielle Regelung für unsere Gemeinden in dem dargelegten Sinne verfassungsrechtlich verankert wird.
    Ich erwähnte bereits, daß die durch die beabsichtigte Steuersenkung entstehende Lücke im Steueraufkommen, soweit sie durch die Gesetzesvorlage in ihrem Endzustand und ihren Auswirkungen nicht geschlossen werden kann, durch andere Wege und Möglichkeiten wieder zu schließen versucht werden müßte. Wir vermissen in dieser Beziehung bei den Gesetzesvorschlägen z. B. die Möglichkeit von Einsparungen, die auf dem Gebiet der Verwaltung und der öffentlichen Ausgaben möglich sein sollten. Es gibt wohl kaum ein Gebiet, über das schon so viel geredet und auf dem schon ebensoviel versprochen worden ist wie die Verwaltungsreform. Das gilt gleichermaßen für den Bund wie für die Länder. In einigen Ländern, z. B. in Nordrhein-Westfalen und auch in Bayern, sind in dieser Beziehung bereits bemerkenswerte Versuche unternommen worden.

    (Abg. Heiland: Davon haben wir bis jetzt nichts gemerkt!)

    Auf diese Weise könnte meines Erachtens auch in anderen Ländern und ganz allgemein in den verschiedensten Zweigen der öffentlichen Verwaltung eine gewisse Entrümpelung vorgenommen werden, ganz abgesehen davon, daß im Wege der Vereinfachung des Verwaltungsablaufs und der Formularwirtschaft eine erhebliche Einsparung an Personal und Material und damit an öffentlichen Mitteln zu erreichen sein müßte.
    Wir müssen vor allen Dingen zu einer Vereinfachung des Steuersystems kommen, wenn es nicht möglich ist, jetzt schon die grundlegende Umstellung des gesamten Steuerapparates durchzuführen. Man sollte wahrlich einmal darangehen — und das ist auch heute hier mehrfach angeklungen —, wenigstens die Bagatellsteuern aus den rund 50 verschiedenen Steuerarten herauszulösen, deren Erhebungskosten doch in keinem Verhältnis zu den Erträgnissen dieser Steuern stehen und die somit auch kaum für den Etat ins Gewicht fallen. Es würde selbstverständlich den Rahmen dieser Ausführungen überschreiten, all die Steuern aufzuführen, die unter diese Gruppe fallen und von denen keine mehr als 0,5 % des Gesamtaufkommens einbringt; eine ganze Reihe solcher Steuern ergeben nicht einmal zusammen 0,5% des Gesamtaufkommens.
    Im Zusammenhang damit muß ich hier wie schon andere Vorredner die Erbschaftsteuer erwähnen, die unseres Erachtens zumindest auf den Stand von 1934 zurückgeführt werden sollte. Ich muß ferner auf die Zündwarensteuer hinweisen, die heute durch Kontrollratsgesetz von 1946 immerhin den zehnfachen Betrag der Steuer von 1946 ausmacht. Wenn wir allein bei dieser Steuer auf den Satz von 1946 zurückgehen könnten, würde der Preis für das Paketchen Streichhölzer — ich weiß nicht, ob es erwähnt ist — sicher auch von einer Mark auf 50 Pfennige herabgesetzt werden. Ich glaube, das käme einer breiten Schicht unserer Bevölkerung zugute. Dies sind, wie gesagt, nur einige Beispiele dafür, wie auf dem Sektor der Bagatellbesteuerung abgebaut und geändert werden sollte, auch im Rahmen dieser leider wieder nicht grundlegenden Steuerreform, um allmählich zu einer Vereinfachung unseres Steuersystems überhaupt zu gelangen.
    Meine Damen und Herren, meine Fraktion wünscht und hofft, daß die Beratungen im Ausschuß eine nicht zu lange Zeit in Anspruch nehmen, damit die Gesetze sehr bald in Kraft gesetzt werden können. Sie vertritt aber auch den Standpunkt, daß die Steuergesetze vor den Finanzgesetzen behandelt werden müssen.

    (Beifall bei der DP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordete Tenhagen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Tenhagen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem hier anstehenden Fragenkomplex möchte ich vom Standpunkt der kommunalen Selbstverwaltung aus nur einige kurze Bemerkungen machen. Wir haben schon zu verschiedenen Malen bedauert — auch mein Kollege Gülich in seinen Ausführungen von heute morgen —, daß die kommunale Selbstverwaltung im Rahmen des Grundgesetzes so außerordentlich schlecht weggekommen ist. Die Behandlung im Grundgesetz beschränkt sich bekanntlich auf den Art. 28, der lediglich die institutionelle Garantie für die kommunale Selbstverwaltung beinhaltet, ohne aber, was meines Erachtens notwendig wäre, daraus nun auch die Konsequenzen für die weitere Gesetzgebung und damit für die Sicherstellung der kommunalen Selbstverwaltung in ihrer Funktionsfähigkeit zu ziehen. Wir haben im Gegenteil festzustellen, daß die bisherige Praxis bei der Behandlung dieser Materie durch Bundesregierung und Bundestag leider die Folge hatte, daß eine ganze Anzahl von Gesetzen verabschiedet wurde, die die Gemeinden in ihrer finanziellen Grundlage sehr erheblich eingeschränkt und ihnen Verpflichtungen und Belastungen auferlegt haben, ohne — was hier ja eigentlich selbstverständlich sein müßte — zugleich auch die finanziellen Mittel für die Durchführung der Aufgaben zu gewähren. Ich brauche nur auf einige Gesetze hinzuweisen, auf das Gesetz nach Art. 131, das Lastenausgleichsgesetz, das Investitionshilfegesetz mit sehr starken Auswirkungen gerade in den Finanzsektor der Gemeinden hinein. Dahin gehört auch das Problem der Umsatzsteuererhöhung für die Gemeinden, das heute schon angesprochen worden ist.
    Wir sind der Meinung, daß es die Aufgabe des Gesetzgebers ist, dafür zu sorgen, daß den Ge-


    (Tenhagen)

    meinden die finanzielle Voraussetzung für die Durchführung ihrer Aufgaben geschaffen wird.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das scheint mir Aufgabe des Bundes zu sein. Die gerade jetzt anstehenden Beratungen zur Finanzverfassung bieten eine willkommene Gelegenheit dazu, ja sie bieten sich geradezu an, dieses Problem mit zu lösen.
    Ich möchte deswegen noch einmal ganz kurz die besonderen Anliegen der kommunalen Selbstverwaltung aufzeigen. Da ist zunächst einmal die Sicherstellung, daß die Realsteuern den Gemeinden kraft Gesetzes verbleiben. Sie werden nun sagen, daß das bisherige Übung ist und sich daran kaum etwas ändern wird. Wir sind jedoch nicht ganz der Meinung, daß hier keine Gefahren für die kommunale Selbstverwaltung drohen, insbesondere nicht, nachdem bei den Beratungen im Bundesrat der Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann von der Möglichkeit gesprochen hat, die Realsteuern auch für den Bedarf der Länder mit in Anspruch zu nehmen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist ein Alarmzeichen für die kommunale Selbstverwaltung und für uns jedenfalls Anlaß, unsere Forderung hier noch .einmal mit allem Nachdruck zu unterstreichen.
    Da ist zum zweiten und zweifellos am wichtigsten die Sicherstellung bei den Beratungen über Art. 106 des Grundgesetzes, daß Aufgaben, die den Gemeinden durch gesetzgeberische oder verwaltungsmäßige Maßnahmen der Bundesregierung auferlegt werden, auch von denen finanziert werden, die diese Auflagen machen. Es ist unmöglich, den Gemeinden weiterhin zuzumuten, daß sie von ihrer schmalen Finanzdecke auch noch die Aufgaben des Bundes oder der Länder mit finanzieren.
    Dann ist ein Weiteres zu nennen: eine echte Beteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände am Aufkommen der gemeinschaftlichen Steuern, und zwar mit einem bestimmten Prozentsatz.
    Es ist in diesem Zusammenhang sehr oft davon gesprochen worden, daß die kommunale Personalsteuer wieder eingeführt werden sollte. Das ist natürlich ein etwas heißes Eisen, wenn man von vornherein den Gemeinden die Verantwortung dafür zuschiebt, in welcher Höhe sie ihre Bürger mit einer zusätzlichen Steuer belastet. Wir haben ja alle noch die Erfahrungen aus der Zeit der Bürgersteuer in Erinnerung.
    Aber weil ich gerade von der Bürgersteuer spreche, meine Damen und Herren, möchte ich folgendes sagen. Mir scheint, das wäre eine Lösung, daß man die Bürgersteuer, die jetzt in die Einkommensteuer eingebaut ist, wieder ausklammert und den Gemeinden zuweist. Zweifellos wäre damit dieses Problem gelöst. Wir stünden dann nicht vor der Notwendigkeit, eine neue Steuer einzuführen. Im Prinzip werden wir trotz aller Notwendigkeiten, die von uns in der Frage der Sicherstellung des Finanzbedarfs vom kommunalen Standpunkt aus anerkannt werden, niemals bereit sein, zu diesem Zwecke eine erneute Steuer, die gleichzeitig eine neue Steuerbelastung für den einzelnen ausmacht, anzuerkennen oder ihr zuzustimmen.
    Es ist nicht Aufgabe der ersten Lesung von Gesetzentwürfen, auf die Einzelheiten, die hier als Lösungsmöglichkeiten anstehen oder erarbeitet werden sollten, einzugehen. Im übrigen ist dieses
    Problem ja heute auch schon dankenswerterweise von einigen Vorrednern mit angesprochen worden. Ich habe mich besonders über die Ausführungen gefreut, die Herr Kollege Dresbach hier zu diesem Thema gemacht hat. Sie waren nicht nur von einer sehr gründlichen Kenntnis der Materie getragen, sondern zweifellos auch von der gebotenen Ehrlichkeit und der notwendigen Bereitschaft, das Problem zu lösen. Nun, so sehr ich die Ehrlichkeit des Kollegen Dresbach anerkenne, so viel lieber wäre es mir aber gewesen, er hätte diese Ausführungen mit der Vorbemerkung machen können, daß er hier die Auffassung seiner Fraktion verträte. Dann hätten sie zweifellos etwas mehr Nachdruck gehabt.
    Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht auch an die Ausführungen erinnern, die der Herr Bundesinnenminister in der Sitzung des Kommunalpolitischen Ausschusses am 9. Februar dieses Jahres zu diesem Thema gemacht hat. Wenn wir trotzdem skeptisch sind, dann ist das aus der bisherigen Praxis zu erklären, die sich doch dadurch auswies, daß alles das, was von der Mehrheit dieses Hauses zu diesen Belangen der kommunalen Selbstverwaltung gesagt wurde, eben nur Worte geblieben sind,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    denen man die Taten nicht hat folgen lassen. Mir scheint es dringend notwendig zu sein, über den Status leerer Deklamationen endlich einmal hinauszukommen und in den Status der Verwirklichung einzutreten. Ich hoffe, daß die neue Zusammensetzung des Bundestages und insbesondere der Mehrheit dieses Bundestags hier etwas kommunalfreundlicher eingestellt ist, als es in der Vergangenheit der Fall war, und wir vielleicht auch endlich einmal dazu kommen, die Probleme zu lösen.
    Es ist selbstverständlich, daß hier Verfassungsänderungen notwendig sind. Aber ich glaube, man kann doch wohl mit Recht die Auffassung vertreten, daß, wenn man die Notwendigkeit anerkannte, auf außenpolitischem Gebiet Verfassungsänderungen vorzunehmen, und auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen hat, man auch den Mut haben sollte, zur innerstaatlichen Befriedung die Verfassungsänderungen durchzuführen, die nun einmal notwendig sind.
    Ich will mich mit diesen kurzen Ausführungen begnügen. Ich möchte nur noch einmal an das Kernproblem erinnern, das sich ja letztlich dadurch ausweist, daß wir, wenn wir die kommunale Selbstverwaltung in dieser Bundesrepublik nicht in Ordnung bringen und nicht in Ordnung halten, uns sehr sehr schwer damit tun werden, die Demokratie in Deutschland überhaupt zu festigen.

    (Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)