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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954 1043 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. April 1954. Geschäftliche Mitteilung en . . . . 1046 A, 1092 C, 1101 D, 1141 A Gedenkworte des Präsidenten für die Todesopfer des Bergunglücks der Heilbronner Schüler und Lehrer und für ihre Hinterbliebenen und Dank für die an dem Rettungswerk Beteiligten 1046 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Schuler, Höcker, Horn, Ladebeck, Gerns, Ritzel, Dr. Bartram, Cillien, Arnholz . . 1046 D Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1046 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 15, 39, 42, 43, 47, 50, 52, 54 (Drucksachen 144, 460; 342, 485; 383, 463; 384, 461; 408, 471; 426, 491; 438, 479; 457, 490) 1046 D Vorlage des Berichts des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über Maßnahmen betr. Verlängerung der Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges (Drucksache 465) 1047 B Vorlage des Geschäftsberichts der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein und der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1952/1953 (Drucksache 464) 1047 B Mitteilung über Vereinbarung im Ältestenrat betr. Behandlung von Fragen der Fragestunde, die wegen Abwesenheit des zuständigen Bundesministers oder seines Vertreters in der Fragestunde unerledigt bleiben 1047 C Fragestunde (Drucksache 477): 1. betr. Material zur Bewertung der Rede des Herrn Chruschtschew und zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in der Sowjetunion: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1047 C, D, 1048 A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1047 D, 1048 A 2. betr. Artikel in der Zeitschrift „Außenpolitik" und Vermeidung der Benennung Frankreichs als Partner des Potsdamer Abkommens sowie Auslegung des Begriffs „Vereinbarungen von 1945" in der amtlichen Begründung zum Bonner Vertrag vom 26. Mai 1952: Dr. Lütkens (SPD) 1048 B, C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1048 B, D 3. betr. Unterbindung des Schlachtens von Hunden und Katzen zum Zwecke des Verzehrs: Dr. Leiske (CDU/CSU) 1049 A, C, D, 1050 A Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1049 B, D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1050 A 4. betr. Vorschriften zum Schutz der Volksgesundheit im Bereich der Milchwirtschaft: Frau Nadig (SPD) 1050 A, C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 1050 A, C 5. betr. Fischereischutzboote für die Fanggebiete der deutschen Hochseefischerei: Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 1050 C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 1050 D 6. betr. Steuererleichterung für den Schaustellerstand: Ruhnke (SPD) 1051 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 A 7. betr. Bereitstellung von Mitteln für den Ausbau des Albaufstiegs auf der Autobahnstrecke von Aichelberg bis Hohenstadt (Kreis Göppingen): Finckh (CDU/CSU) 1051 B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1051 B, D 8. betr. Vorlage des Entwurfs eines neuen Bundesbesoldungsgesetzes: Jahn (Frankfurt) (SPD) 1051 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1051 D 9. betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzgerichtsbarkeit: Dr. Bucher (FDP) 1052 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1052 A 10. betr. Öffnung einer für das Auswärtige Amt bestimmten Kuriersendung durch eine Zoilkontrollstelle: Dr. Lütkens (SPD) 1052 B 11. betr. Teilnahme des Kulturattachés der Deutschen Botschaft in Paris von Tiechowitz an der Französisch-Deutschen Pädagogentagung Pfingsten 1953 in Paris: Dr. Lütkens (SPD) . . . 1052 C, D, 1053 A Dr. Hallstein , Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . . 1052 C, D, 1053 A 12. betr. Anwendung der Richtlinien des Bundesministeriums der Finanzen zur Neuregelung von Nutzungsentschädigungen für von der Besatzungsmacht beschlagnahmte landwirtschaftliche Nutzflächen: Kahn-Ackermann (SPD) . . 1053 B, C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1053 B, C, D 13. betr. Verwendung und Aufbewahrung des Forschungsguts des früheren Reichsinstituts für Inner-Asien-Forschung in München: Miller (CDU/CSU) 1053 D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1054 A 14. betr. Fährverbindung Cuxhaven-Brunsbüttelkoog (Fährschiff „Niedersachsen") : Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . . 1054 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 B 15. betr. Nichtberücksichtigung eines der vom Bayerischen Verkehrsbeamtenverein in München vorgeschlagenen Vertreters für den Postverwaltungsrat: Kramel (CDU/CSU) . . . . 1054 D, 1055 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . 1055 A, C 16. betr. Maßnahmen zum Schutze der in den ostfriesischen Inselbädern ortsansässigen Einzelhandelsbetriebe gegen Beeinträchtigungen durch Filialbetriebe von Großunternehmungen des Festlandes während der Saison: Kortmann (CDU/CSU) 1055 B, C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1055 C, D 17. betr. Zustände an den Postämtern Reinheim und Reichelsheim im Odenwald: Banse (SPD) 1055 D Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 1055 D 18. betr. Unterlassung einer Erhöhung der Beförderungsgebühren für Päckchen in die sowjetisch besetzte Zone: Becker (Hamburg) (DP) 1056 C Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . . 1056 D 19. betr. Maßnahmen zur Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes in den deutsch-schweizerischen Grenzkraftwerken des Oberrheins: Faller (SPD) 1057 A Storch, Bundesminister für Arbeit 1057 A 20. betr. Ablauf der Konzession der Privatbahn Hetzbach-Beerfelden (Odenwald) und weitere Sicherung der Personen- und Güterbeförderung auf dieser Strecke: Banse (SPD) 1057 C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1057 C 21. betr. Ausbau der Elb-Fährverbindung Glückstadt—Wischhafen: Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . 1054 C, D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1054 C, D 22. betr. Maßnahmen zur Förderung des Wiederaufbaus von Räumungsgrundstücken: Dr. Hesberg (CDU/CSU) 1057 B Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 1057 B 23. bis 41.: Wegen Zeitablaufs der Fragestunde schriftliche Beantwortung vorgesehen 1057 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Saarfrage (Drucksache 340; Entschließungsantrag Drucksache 493) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP betr. Entwicklung der außenpolitischen Lage (Drucksache 488) 1057 D Dr. Mommer (SPD), Anfragender 1058 A, 1070 D, 1071 A Dr. Kopf (CDU/CSU), Anfragender 1060 C Zur Geschäftsordnung, — Frage der Verbindung der Beratung der Punkte 2 und 3 der Tagesordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) 1061 B, 1062 A Dr. Menzel (SPD) 1061 B Präsident D. Dr. Ehlers 1062 B Verbindung beschlossen 1062 C Fortsetzung der Beratung der Großen Anfragen 340 und 488 in weiterer Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auswirkungen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl auf die Wirtschaft der Bundesrepublik (Drucksache 455) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bildung eines Ausschusses zur Beratung von Vorschlägen gemäß Art. 96 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 459) 1061 B, 1062 C Dr. Deist (SPD), Anfragender . . . . 1062 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 1067 B, 1070 D, 1071 A, B Dr. Mommer (SPD) 1070 D, 1071 A, 1124 D Ollenhauer (SPD) 1076 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 1085 D Dr. Pfleiderer (FDP) . . . . 1092 C, 1095 D Dr. Lütkens (SPD) 1095 C, 1120 C Seiboth (GB/BHE) 1098 D Dr. von Merkatz (DP) 1101 D Freiherr Riederer von Paar (CDU/CSU) 1107 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 1110 A Walz (CDU/CSU) 1114 C Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 1115 C D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1117 D, 1120 C, 1126 B Trittelvitz (SPD) 1126 C Dr. Pohle (Düsseldorf) (CDU/CSU) 1127 D Dr. Kreyssig (SPD) 1130 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1136 C Scheel (FDP) 1139 B Abstimmung vertagt 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 1. Juli 1953 über die Errichtung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (Drucksache 394) 1140 A Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 1140 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das deutsch-österreichische Protokoll vom 14. Dezember 1953 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 397) . . . 1140 A Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953 (Drucksache 469) . . 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zollabkommen vom 30. Dezember 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen (Drucksache 470) 1140 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1140 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksache 156); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 337) 1140 B Dr.-Ing. E. h. Schuberth (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1142 Beschlußfassung 1141 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1141 C Walz (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 1144 Beschlußfassung 1141 D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr Betriebskostenpauschale für freie Berufe (Drucksache 418) 1141 D Beschlußfassung 1141 D Nächste Sitzung 1141 A, D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 156, 337) 1142 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. betr. Reiseverkehr milt dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) 1144 Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 1 Seite 1142. **) Siehe Anlage 2 Seite 1144. Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) zum Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksachen 337, 156) Berichterstatter: Dr.-Ing. E. h. Schuberth Die Bundestagsdrucksache 156 enthält den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. 11. 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen. Neben diesem Entwurf liegt eine Begründung dazu und weiter der von der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 21. 11. 1947 gebilligte Text des Abkommens vor. Es handelt sich dabei um folgendes. I. Die Bundesrepublik ist bekanntlich Mitglied einiger der sogenannten Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, z. B. der Internationalen Arbeitsorganisation, der UNESCO, der Weltgesundheitsorganisation, des Internationalen Fernmeldevereins. In anderen Sonderorganisationen arbeitet die Bundesrepublik mit, ohne formell Mitglied zu sein, so z. B. in der Organisation für internationale zivile Luftfahrt, im Weltpostverein. Bis jetzt fehlt es an einer Rechtsgrundlage, die den Organisationen, in denen die Bundesrepublik Mitglied ist oder an deren Arbeiten sie teilnimmt, diejenigen Vorrechte und Befreiungen zukommen läßt, welche nach internationaler Übung den Organisationen und ihrem Mitarbeiterstab in anderen Staaten gewährt werden. Die Bundesregierung mußte schon bisher einigen Sonderorganisationen ohne die besagte Rechtsgrundlage Vorrechte und Befreiungen in beschränktem Rahmen einräumen, so z. B. der OEEC, der CARE-Organisation, der Liga der Rotkreuzgesellschaften, der Schweizer Europahilfe. Die Zugeständnisse waren dann notwendig, wenn eine Sonderorganisation im Gebiet der Bundesrepublik etwa eine Zweigstelle errichtete, so z. B. die Zweigstelle der Internationalen Arbeitsorganisation in Bad Godesberg, oder wenn eine Organisation in Deutschland Grundbesitz erwarb oder Bankkonten eröffnete oder schließlich, wenn eine Organisation im Gebiet der Bundesrepublik eine Tagung abhielt. Der Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen soll jetzt für solche Maßnahmen die Rechtsgrundlage schaffen und auch die Möglichkeit geben, über die schon bisher eingeräumten Befreiungen und Vorrechte hinaus die Beziehungen der Bundesrepublik zu anderen Sonderorganisationen auf eine einwandfreie Grundlage zu stellen. Zur Zeit wird verhandelt über Verträge mit der Arbeitsgemeinschaft der Skandinavischen Wohlfahrtsverbände, dem Weltkirchenrat, dem Lutherischen Weltbund, der World's Young Men's Christian Association und der National Catholic Welfare Conference. Zu dem Inhalt des Abkommens sei zunächst bemerkt, daß es weitgehend dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarats ähnelt. Im Gegensatz dazu ist das Abkommen für die Sonderorganisationen ein Rahmenabkommen. Es wird für die einzelnen Organisationen je nach der Interessenlage durch Anhänge ergänzt. Die Rechtsstellung, die der einzelnen Sonderorganisation zukommt, ergibt sich also aus dem Abkommen und dem Anhang. Die wesentlichsten Bestimmungen des Abkommens sind in den Artikeln II, III, V und VI enthalten. Die Artikel II und III befassen sich mit der Rechtsstellung, die der Organisation als solcher gewährt wird. Danach erhält die Sonderorganisation die Qualifikation einer Rechtspersönlichkeit. Sie kann also Verträge abschließen, Vermögen erwerben und darüber verfügen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden (Art. II § 3). Die völkerrechtliche Stellung der Organisation behandelt Art. III. Die hier zusammengefaßten Vorschriften geben den Sonderorganisationen die Freiheit, ihren Aufgaben in voller Unabhängigkeit von einzelnen Mitgliedern gerecht zu werden. Das heißt: die Sonderorganisationen sind für ihr Vermögen von der Gerichtsbarkeit befreit. Ihre Räumlichkeiten und Archive sind unverletzlich. Ihre Guthaben, ihre Einkünfte unterliegen nicht den direkten Steuern, und schließlich sind sie auch bezüglich der zum Amtsgebrauch bestimmten Gegenstände von allen Zöllen, Ein- und Ausfuhrverboten freigestellt. Art. III § 7 sieht auch eine Befreiung von devisenrechtlichen Beschränkungen vor. Das kann aber in vollem Umfange für die Bundesrepublik nicht gelten. Deshalb macht Art. 1 des Beitrittsgesetzes einen Vorbehalt zu § 7 b. Dies bedeutet aber nicht, daß die Sonderorganisationen ihre in der Bundesrepublik befindlichen Guthaben und Devisen usw. (Dr.-Ing. E. H. Schuberth) nicht transferieren dürfen. Der Transfer bedarf nur der nach deutschem Recht erforderlichen Genehmigung. Die persönlichen Vorrechte und Befreiungen sind Gegenstand der Vorschriften in Art. V und Art. VI. Art. V behandelt die Vorrechte und Befreiungen für die Vertreter der Mitgliedstaaten, die an Tagungen der Sonderorganisationen teilnehmen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten sollen sich in voller Freiheit zum Tagungsort begeben, vom Tagungsort zurückkehren und auf der Tagung ihres Amts walten können. Art. V sieht deshalb die Befreiung von Verhaftung und Festnahme auf der Reise nach und vom Tagungsort, die Unverletzlichkeit aller Papiere und Schriftstücke, die Befreiung von fremdenpolizeilichen Vorschriften sowie eine Immunität für alle Äußerungen bei der Ausübung des Amts vor. Die Freiheiten, welche in dieser Weise den Vertretern der Mitgliedstaaten eingeräumt werden, gelten nicht im Verhältnis zu demjenigen Staat, dem der Vertreter angehört oder den er bei der Sonderorganisation zu vertreten hat (§ 17). Die Vorrechte und Befreiungen, die die Beamten der Sonderorganisationen erhalten haben, sind nach der Funktion, die der einzelne Beamte ausübt, abgestuft. Die Leiter der Sonderorganisationen genießen volle diplomatische Immunitäten für sich und ihre Familienangehörigen (§ 21). Die übrigen Beamten sind von der Gerichtsbarkeit befreit in bezug auf amtliche Äußerungen und Handlungen. Sie sind befreit von der Einkommensteuer, von fremdenpolizeilichen Vorschriften und vom Zoll für die erstmalige Überführung ihres Hausrats. Außerdem genießen sie eine bevorzugte Behandlung bei der Devisenbewirtschaftung. Welchen Beamten diese Befreiungen zustehen sollen, bestimmt jede Organisation für sich. Der Generalsekretär der Sonderorganisation hat die Namen der Beamten, die solche Befreiungen erhalten sollen, den Mitgliedsregierungen mitzuteilen (§ 18). Art. VII §§ 24 und 25 schafft Vorkehrungen, die es erlauben, einem Mißbrauch der Vorrechte zu begegnen. Von Interesse ist schließlich Art. IX, der ein Verfahren vorsieht, nach dem Streitigkeiten auf dem Gebiet des Vertragsrechts geschlichtet werden oder auch Streitigkeiten, an denen ein mit Immunitäten begabter Beamter beteiligt ist. Der Beitritt der Bundesrepublik wird dadurch wirksam, daß die Beitrittserklärung bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen oder dem Leiter der betreffenden Sonderorganisation hinterlegt wird. Das Abkommen wird jeweils im Verhältnis zwischen dem Staat und der in Frage stehenden Sonderorganisation wirksam. II. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt nicht nur den Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, sondern macht es im Art. III der Bundesregierung möglich, durch Rechtsverordnung Vorrechte und Befreiungen auch anderen zwischenstaatlichen Sonderorganisationen sowie ausländischen Wohlfahrtsorganisationen und ihren ausländischen Vertretern im Bundesgebiet zu gewähren. Solche amtlichen zwischenstaatlichen Organisationen sind z. B. internationale Schiedsgerichte, die mit dem Sitz in der Bundesrepublik errichtet werden, so der Schiedsgerichtshof des Londoner Schuldenabkommens. Ausländischen Wohlfahrtsorganisationen hat die Bundesregierung schon in der Vergangenheit auf Grund besonderer Abmachungen Steuer- und Zollvergünstigungen einräumen müssen (z. B. CARE, CRALOG, LICROS usw.); siehe Begründung des Gesetzentwurfs auf Seite 4. III. Aus allgemein politischen, aus rechtlichen, aber auch vielleicht aus moralischen Gründen sollte die Bundesrepublik dem Abkommen beitreten. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf mit der Maßgabe zugestimmt, daß in Art. III Satz 3 die Worte eingefügt werden sollen: „mit Zustimmung des Bundesrats". Dieses Verlangen des Bundesrats scheint berechtigt; die Bundesregierung hat hiergegen auch nichts einzuwenden gehabt. Die Berlin-Klausel in Art. IV sollte die jetzt übliche Fassung erhalten, nämlich: Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, wenn das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt. Bonn, den 29. April 1954 Dr.-Ing. E. h. Schuberth Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksachen 334, 170) Berichterstatter: Abgeordneter Walz Der Bundestag hat mit Beschluß vom 12. Juli 1950 die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Aufhebung des Paß- und Visumzwangs im Reiseverkehr mit dem Saargebiet einzusetzen. Die daraufhin eingeleiteten Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission führten mit Wirkung vom 1. Januar 1951 zur Aufhebung des Visumzwangs. Der Paßzwang blieb bestehen. Das neue Bundesgesetz über das Paßwesen vom 4. März 1952 schreibt einen Paßzwang nur für Deutsche vor, die das Bundesgebiet über eine Auslandsgrenze verlassen oder betreten. Nach deutschem Recht besteht daher für die Ausreise von deutschen Staatsangehörigen aus dem deutschen Bundesgebiet in das Saargebiet oder für die Einreise von Saarbewohnern deutscher Staatsangehörigkeit aus dem Saar- in das Bundesgebiet kein Paßzwang. Bei der damaligen Beratung des neuen Paßgesetzes im Ausschuß des Bundestages für Angelegenheiten der inneren Verwaltung bestand daher Übereinstimmung darüber, daß rechtlich gegenüber dem Saargebiet ebensowenig ein Paßzwang für Deutsche in Frage kommt wie beim Übertritt über die Sowjetzonengrenze. Der Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein, Walz, Trittelvitz, Seiboth, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Reiseverkehr mit dem Saargebiet vom 8. Januar 1954 ist nach einem Beschluß des Bundestages dem Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen federführend unter Mitbeteiligung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung überwiesen worden. In einer Sitzung vom 9. Februar 1954 beschloß der mitbeteiligte Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung daraufhin, dem federführenden Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen folgende Formulierung zu empfehlen: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, den Reiseverkehr zwischen dem Saargebiet, den unter vorläufiger Auftragsverwaltung stehenden Westgebieten und dem Bundesgebiet nach den Gepflogenheiten des innerdeutschen Reiseverkehrs zu regeln. Der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen hat in seiner Sitzung vom 16. März 1954 diese Formulierung gutgeheißen und beschlossen, sie als Antrag dem Bundestag vorzulegen. Als Berichterstatter empfehle ich Ihnen, in diesem Sinne zu beschließen. Bonn, den 29. April 1954 Walz Berichterstatter
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    Rede von Dr. Karl Georg Pfleiderer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich möchte hier den Herrn Bundeskanzler nicht interpretieren.

    (Abg. Dr. Mende: Sehr richtig!)

    Ich glaube, er würde selbst den Wunsch haben, hierauf zu antworten.

    (Abg. Dr. Arndt: Das tut er doch nicht!)

    Der sogenannte gesamtdeutsche Vorbehalt in dem Bonner Vertrag, d. h. der Vorbehalt, daß nur Gesamtdeutschland Bestimmungen über die Grenzen treffen könne, und der Vorbehalt, daß wir mit allen unseren ehemaligen Gegnern abschließen sollten, bilden eine wesentliche Seite unserer völkerrechtlichen Stellung, und wer als Deutscher davon abgeht oder als Partner uns zum Abgehen veranlassen will, überschreitet die Grenzen der rechtlichen, vertraglich festgelegten Möglichkeiten der Bundesrepublik und erschüttert den von uns ratifizierten Deutschland-Vertrag als das außenpolitische Grundgesetz unseres staatlichen Lebens.
    Wenn meine Freunde dem Naters-Plan so kritisch und ablehnend gegenüberstehen und wenn ich selbst in Paris ein Ja nicht aussprechen konnte, dann deshalb, weil wir durch die Zustimmung zu der Europäisierung gezwungen werden sollen, über unseren bundesrepublikanischen Schatten zu springen. Wir würden, statt über den Schatten zu sprin-


    (Dr. Pfleiderer)

    gen, nur ins Dunkle geraten. Das wollen wir nicht, und deshalb darf ich im Namen meiner Freunde auch erklären, daß wir nach wie vor auf der Erklärung vom 2. Juli 1953 bestehen bleiben.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Immer und immer wieder ist hervorgehoben worden, daß die Einwilligung in die Europäisierung das Gefüge Deutschlands und den letzten Zusammenhalt des geteilten Landes erschüttern würde. Aber für die Europäisierung als einer Loslösung des Saargebietes von Deutschland liegen nicht nur französische Wünsche vor. Es scheint vielmehr, daß sich die Vereinigten Staaten und Großbritannien an ihre auf der Moskauer Konferenz im Jahre 1947 gegebene Zusage, sich für eine Loslösung des Saargebietes von Deutschland einzusetzen, auch heute noch gebunden fühlen, selbst wenn sie sich äußerlich zurückhaltend zeigen. Dadurch ist die Bundesrepublik in eine schwierige Lage geraten. Sie sieht sich von allen ihren großen Partnern vor die Frage gestellt, zur Vollendung der EVG auf deutsches Gebiet zu verzichten, und zwar unausweichlich, mit der Uhr in der Hand, in kostspieliger Ungeduld.

    (Abg. Dr. Mommer: Sehr gut!)

    Diese Lage enthüllt den ganzen Ernst, der in den auswärtigen Geschäften steckt, der im Bewußtsein der Deutschen noch viel zu wenig lebendig geworden ist. Rein juristisch können wir sagen, die Moskauer Abmachungen von 1947 seien Abmachungen unter Dritten und für Deutschland nicht bindend. Ja, wir können sogar fragen, ob diese Abmachungen mit Art. 7 Abs. 1 des Deutschland-Vertrags vereinbar seien.
    Aber nicht allein auf das Juristische kommt es hier an, sondern auf eine politische Tatsache und eine politische Erkenntnis. Es kommt auf die Tatsache und die Erkenntnis an, daß wir in den gesamtdeutschen Fragen im Grunde doch völlig allein gelassen sind. Es kommt auf die Tatsache und die Erkenntnis an, daß sich unsere Vertragspartner nicht dazu bereit finden wollen, die gesamtdeutschen Fragen als ihre eigene Frage zu betrachten, obwohl doch unsere Grenze die der westlichen Welt im ganzen ist. Dies ist es, was uns mit Betrübnis und Bitterkeit erfüllt.
    Es ist auf der Berliner Konferenz nicht gelungen, die Einheit Deutschlands herzustellen. Auf allen Seiten hat es Schwierigkeiten gegeben. Wir hauen diese Tatsache bis auf weiteres hinzunehmen. Aber daß es damit nicht genug sein soll, sondern daß wir jetzt noch Handlungen vornehmen sollen, durch die auch die juristische Grundlage Gesamtdeutschlands angetastet wird — die einzige Grundlage, die noch besteht —, das ist es, was wir nur schwer begreifen können. Wenn die deutsche Frage keine europäische Frage ist, die den Zusammenhalt aller braucht, welche um Gottes willen ist es denn dann?

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD.)

    Die Sowjetunion hat sich, soviel bis heute bekanntgeworden ist, in der Saarfrage nicht gebunden. Sie hat keine Zusicherungen gegeben, sich für eine Abtrennung des Gebiets von Deutschland einzusetzen. Jüngste Verlautbarungen aus Ämtern, die über die sowjetische Politik unterrichtet zu sein pflegen, können in gleicher Richtung gedeutet werden.
    Die Freien Demokraten verurteilen das Junktim zwischen Saar und EVG. Sie stimmen dem Naters-
    Plan nicht zu, wo er Grenzfragen aufwirft, die an die letzte Klammer um Gesamtdeutschland rühren. Sie beklagen es aufs tiefste, daß die Deutschen in diesen Fragen auf ihre eigenen nationalen Energien verwiesen werden, statt die wohltätige Unterstützung ihrer Partner zu erhalten und ihre deutschen Sorgen als europäische anerkannt und von allen gemeinsam getragen zu sehen.
    Nun kommt noch eine letzte Frage, die uns bei dem Naters-Plan mit Bedenken erfüllt, ehe wir dazu übergehen können, seine freundlicheren Seiten zu betrachten. Ich meine das deutsche Junktim mit der Europäischen Politischen Gemeinschaft. Sehen wir noch einmal von der juristischen Frage ab, ob wir als Bundesrepublik ein Stück Deutschland europäisieren können, und betrachten wir nur die Frage, die sich mit der Politischen Gemeinschaft stellt. Ich glaube, wir alle können bestätigen, daß die Deutschen viel Herzblut an den europäischen Gedanken gegeben haben und daß sich die Hoffnung der Jugend damit verbunden hat. Könnte man nicht die Saar aus Deutschland entlassen, um ihr als Europäer in Europa wieder zu begegnen? Wir haben den Weg Europas von Konferenz zu Konferenz betrachtet und das Fähnlein der sieben Aufrechten unter dem Banner unseres verehrten Herrn Kollegen von Brentano wacker streiten sehen. Nun, Herr Präsident, der Deutsche Bundestag ist in letzter Zeit etwas literarisch geworden;

    (Abg. Mellies: Das kann man wohl sagen!) mit Don Carlos hat es damals angefangen. Ich selbst fühle mich aber mehr zu den Romantikern hingezogen,


    (Heiterkeit)

    besonders, wenn ich an Herrn von Brentano denke.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Aber ich muß doch sagen, was da aus des „Knaben Wunderhorn" an europäischen Gaben hervorkam, reicht für die Europäisierung der Saar nicht aus.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Wir können uns nicht gut eine diskriminierende Europäisierung einzelner Gebietsteile vorstellen, ein Europa mit europäisierten und nichteuropäisierten Staaten nebeneinander. Der Gedanke aber, daß die Saar ein Vorläufer sei und daß die Staatlichkeit der Nationalstaaten nach und nach so ausgehöhlt würde, daß sie selbst zu Saargebieten würden, ist ein Gedanke fast wie von gestern. Die Uhr des übernationalen Europas hat ihren Gang verlangsamt, zeitweise scheint sie stillzustehen oder gar rückwärts zu ticken.
    Es verwickelt die Saarfrage, wenn man sie mit der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Verbindung bringt. Viele meiner Freunde sind mit dem supranationalen kleineuropäischen Gedanken aber so eng verbunden, wie ich es mit dem intergouvernementalen großeuropäischen bin.

    (Abg. D. Dr. Gerstenmaier: Das ist der Zweifel!)

    Ich denke nicht daran, hier eine Einheitsfront der freien Demokraten behaupten zu wollen; denn es gibt sie in dieser Beziehung nicht. Ich möchte nur als meine persönliche Ansicht vortragen, daß die Verbindung der Saarfrage mit der Europäischen Politischen Gemeinschaft die Sache verwickelt, sie auf lange Zeit in der Schwebe hält und jene, die gegen eine Europäisierung des Saargebietes sind, zu Gegnern der Europäischen Politischen Gemeinschaft macht. Das aber ist nicht gut.


    (Dr. Pfleiderer)

    Ich möchte an den Anfang aller Versuche, die Saarfrage zu lösen, den Satz stellen: Je weniger Junktim, desto besser. Die Saarfrage verdient es um der Saar willen, gelöst zu werden. Die Deutschen dort haben genug gelitten; ihre Heimat muß zur Ruhe kommen, und ihre großen Nachbarn sollten mit ihren Wünschen und Selbstsüchten zurücktreten und nur daran denken, wie man diesem unglücklichen Gebiet helfen kann, das auf einer Grundfläche von der Größe Luxemburgs die dreifache Bevölkerung ernähren soll.
    Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag darf sich glücklich schätzen, in seinen Reihen ein Mitglied zu besitzen, das über die vollkommenste Kenntnis aller wirtschaftlichen Saarfragen verfügt und diese seine Kenntnisse in einem soeben erschienenen Werke niedergelegt hat, durch das wir alle sehr bereichert worden sind: ich meine Herrn Abgeordneten Dr. Fritz Hellwig. Den Ausführungen des Herrn Kollegen Hellwig ist zu entnehmen, daß das Saargebiet zu dem wurde und werden konnte, was es heute ist und noch ist, nur, weil es Teil eines Zollgebietes war, zu dem als Zubringer und Bezieher auch Lothringen und Luxemburg, das Elsaß und ganz West- und Süddeutschland gehörten. Diese Einheit ist zerschnitten worden, und es gilt, sie wiederherzustellen. Die Saar braucht Märkte zu Absatz und Bezug, sie braucht Investitionen von drinnen und draußen. Die Umwelt der Saar heißt in erster Linie Deutschland und Frankreich. Vier Fünftel der saarländischen Ein- und Ausfuhr kommen dort her oder gehen dort hin.
    Die wirtschaftlichen Fragen haben eine unmittelbare politische Bedeutung. Nur wenn die wirtschaftlichen Fragen zum höchsten Nutzen der Saarbevölkerung geregelt werden, kann man erwarten, daß die politischen Lösungen, die man darüberstülpt, halten. Es wäre gefährlich, wenn sich die Vernunft der Wirtschaft an politischer Unvernunft stieße.
    Die Hauptfrage, die sich bei den wirtschaftlichen Lösungen stellt, ist die, wie das Saargebiet mit seinen beiden Hauptpartnern am besten zu verbinden wäre. Im Zeichen der europäischen Einigung und besonders im Zeichen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ist es schwer, hierfür einen andern Grundsatz als den der Gleichberechtigung zu vertreten. Das Saargebiet braucht, wie alle Zahlen zeigen, in steigendem Maße den deutschen Markt. Wer sich hiergegen wendet, schadet der Wirtschaft an der Saar und jedem aus dem Volk. Es wäre deshalb auch nicht zu rechtfertigen, wenn man die Erstreckung der französisch-saarländischen Verflechtung auf die Bundesrepublik verhindern wollte, bis erst ganz Europa zur wirtschaftlichen Einheit zusammengewachsen wäre.
    Diese Frage hat in den Beratungen des Europarats eine große Rolle gespielt. Niemand von uns bestreitet, daß die Aufhebung der Ein- und Ausfuhrzölle zwischen Deutschland und dem Saargebiet Übergangsmaßnahmen erfordert, die nach Dauer und Umfang sorgfältig zu berechnen wären. Das Ziel aber darf man nicht aus dem Auge verlieren, den Gemeinsamen Markt auch zwischen Deutschland und dem Saargebiet so rasch wie möglich herzustellen. Aufgabe von Sachverständigen wäre es, zu verhindern, daß die Saar zum französischen Loch im Osten und zum deutschen Loch im Westen würde.
    Die Mittelstellung des Saargebiets zwischen Deutschland und Frankreich zwingt dazu, ihm die Möglichkeit einer eigenen Wirtschaftspolitik zu geben. Das spielt bis in die Fragen der Währung hinein. Die französischen Deviseninteressen an der Saar sind heute erheblicher als die Kohleinteressen. Frankreich bliebe jedoch in der Zahlungsbilanz mit der Saar auch dann noch aktiv, wenn das Gebiet aus der Frankenzone gelöst würde. Die deutschen Interessen auf dem Gebiet des industriellen Eigentums, der Banken und Versicherungen verlangen dringend unter Abgeltung der Reparationen neu geregelt zu werden.
    Für das Saargebiet bleibt als eine, seine eigenen finanziellen Kräfte fast übersteigende Aufgabe die des Betriebs der umstrittenen Gruben. Man sollte, um die Last der Verluste und der Investitionen zu verteilen und um den Anreiz zum Bezug von Saarkohle zu erhöhen, eine Betriebsform finden, an der die Saar, Deutschland und Frankreich nach bestimmtem Schlüssel beteiligt werden.
    Großer Sorgfalt bedürfte die Abstimmung auf die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Weisen der Gemeinsame Markt, die Aufhebung der Frachtvergünstigungen und der Wegfall der Zölle entschlossen in die europäische Zukunft und führen sogar bereits einen Teil der hier empfohlenen Lösung herbei, so müßte die Saar auf anderen Gebieten aber erst in die Lage versetzt werden, ihren größeren Aufgaben gerecht zu werden. Geschieht dies nicht, dann wird die Problematik eines halb durchgeführten Schumanplans auch hier aufgeworfen bis zu Standort- und Marktverschiebungen sozial gefährlicher Art. Die saarländische Wirtschaft braucht für Kapitalbildung und Investitionen, für Devisen und Kredite, für Steuern und Soziales ihre eigene Entwicklung, ihre eigene Lebensluft. Sie sollte aufhören, als Aschenbrödel zu dienen, sich ihr Geld von anderen entlehnen und ihre Kohle von außerhalb abgraben lassen zu müssen. Die Schwierigkeiten der saarländischen Wirtschaftslage zwischen Ost und West, zwischen Deutschland und Frankreich, rechtfertigen es, dem umstrittenen Gebiet eigene Zuständigkeiten zu verleihen, und die Schwierigkeiten, die bestehen, mögen empfehlen, ihm ein eigenes Organ zu geben, das die Beziehungen des Gebiets zu seiner Umwelt betreut und überwacht. Ein solcher Treuhänder müßte unabhängig und gerecht, im besten Sinne europäisch sein.
    Meine Damen und Herren, was ich hier an wirtschaftlichen Gedanken vorgetragen habe, entspricht in großen Zügen dem, was im wirtschaftlichen Teil des Naters-Plans enthalten ist. Ich habe daran selbst mitgearbeitet. Es ist der Teil des Berichts, der in Brüssel verhandelt und einstimmig angenommen wurde. Sie werden meine Liebe zu diesem meinem Kinde verstehen, auch wenn ich nur einer von sechs Vätern bin.

    (Heiterkeit.)

    Ich wäre mir treulos vorgekommen, wenn ich wie Herr Kollege Mommer, der übrigens nicht in Brüssel war, zum ganzen Naters-Plan nein gesagt hätte. Dies wäre auch dem unermüdlichen Berichterstatter des Ausschusses, Jonkheer van der Goes van Naters, nicht gerecht geworden. Ich gebe allerdings offen zu, daß die wirtschaftlichen Bestimmungen des Naters-Plans noch sehr die Spuren des Kompromisses an sich tragen.
    Eine Enttäuschung ist uns allen nicht erspart geblieben: daß nämlich gerade der Teil des Berichts, der für die Bevölkerung und die saarlän-


    (Dr. Pfleiderer)

    dische Wirtschaft der bedeutsamste zu sein schien, bei der französischen Regierung am wenigsten Gegenliebe gefunden hat. Soviel wir aus der Presse wissen, haben die Vertreter der Bundesregierung in ihren mühevollen Verhandlungen mit der französischen Regierung noch keine befriedigenden Ergebnisse erzielt.
    Und doch ist in den wirtschaftlichen Fragen durch schmerzliche Tatsachen der Praxis und durch sorgfältige theoretische Untersuchungen bereits eine Art gemeinsame Überzeugung entstanden. Die Notwendigkeit, den deutschen Markt geöffnet zu sehen, wird immer stärker anerkannt. Die Untersuchungen der Handelskammer in Saarbrücken weisen in die gleiche Richtung. In einer Rede des saarländischen Herrn Ministerpräsidenten von Anfang April sind einige Sätze enthalten, die, ich will nicht sagen, von Herrn Kollegen Mommer, aber vielleicht von mir gesagt worden sein könnten.

    (Abg. Dr. Hellwig: Der schreibt ganz gut!)

    Man fürchtet freilich an der Saar, daß eine zu enge Verflechtung mit uns französische Gegenmaßnahmen auslösen könnte, von deren möglichen Härten man ganz bestimmte Vorstellungen zu haben scheint. Hier hat sich das Wort Europa noch nicht ganz herumgesprochen. Wir alle werden mit Aufmerksamkeit betrachten, welche Rolle die wirtschaftlichen Bestimmungen des Naters-Plans in den deutsch-französischen Verhandlungen spielen werden.
    Auf einen Punkt möchte ich hier noch hinweisen. Da Herr Kollege Mommer als einziger nein sagte und ich mich als einziger der Stimme enthielt, darf man annehmen, daß auch die französischen Abgeordneten mit Ja stimmten. Da nun die Verhandlungen über die Grundsatzerklärung so sehr schleppend vor sich gehen, scheint zwischen den französischen Abgeordneten im Europarat und der französischen Regierung keine volle Übereinstimmung zu bestehen oder höchstens ein englisches „agree not to agree". Aber während nun in Frankreich alle Abgeordneten ja sagen und die Regierung Zurückhaltung übt, sagt bei uns die Regierung eher ja und üben viele Abgeordnete Zurückhaltung. Daraus ergeben sich Schlußfolgerungen für die praktische Lage, von denen ich offen bekennen will, daß sie nicht sehr willkommen sind.
    Die Frage nun, ob die Schaffung saarländischer Sonderzuständigkeiten auf wirtschaftlichem Gebiet und die Einsetzung eines Treuhänders oder Treuhänderkommissars eine Änderung der Staats- und völkerrechtlichen Verhältnisse des Saargebiets, insbesondere die Loslösung aus dem deutschen Staatsverband, nach sich ziehen müßten, ist zu verneinen. Deutschland als Ganzes wie auch die Bundesrepublik als Teil davon ist an Treuhänder und selbst an Kommissare gewöhnt. Darüber hinaus zeigt schon ein oberflächlicher Blick auf die deutsche Rechtsgeschichte, daß wir in unseren verschiedenen Reichen und Bünden seit über 1000 Jahren jede Art von Gewichtsverteilung zwischen Kaiser und Fürsten, Reich und Ländern, Ober- und Unter-, Mittel- und Ortsgewalt gekannt haben. Es hat für Deutsche weder etwas Ungewöhnliches noch etwas Erschreckendes, wenn ein bestimmtes Gebiet aus besonderen Gründen besondere Zuständigkeiten und Einrichtungen erhält. Wenn dem Saargebiet auf Grund seiner Mittelstellung zwischen Deutschland und Frankreich eine eigene Wirtschaftspolitik ermöglicht werden soll, dann bereitet dies staatsrechtlich keine Schwierigkeiten. Neben den innerstaatlichen kennen wir neuerdings ja auch schon die zwischenstaatlichen Sonderzuständigkeiten. Wir haben zusammen mit fünf anderen Staaten Kohle und Stahl einer überstaatlichen Sonderhoheit unterstellt. Vorgänge dieser Art brauchen weder Grenzen noch Staatsangehörigkeit, weder Sprache noch Kultur zu berühren. Die hier vorgeschlagene wirtschaftliche Lösung bedingt keine Abtrennung des Saargebiets von seinem deutschen Mutterland.
    Nun zeichnet sich auf diese Weise eine klare Lösung ab, eine Lösung, die von dem Junktim mit der EVG und vielleicht gar mit der Politischen Gemeinschaft gelöst und rein auf das Wohl und Gedeihen des Saargebiets selbst abgestellt ist, eine Lösung, die die wirtschaftliche Sonderstellung des Gebiets zwischen Ost und West in vollem Umfang anerkennt und berücksichtigt, eine Lösung, bei der alle Grenzfragen bis zum Friedensvertrag aufgeschoben sind, eine Lösung, die dort, wo für den Treuhänder eine europäische Gemeinschaft nötig ist, die Dienste des Europarats in Anspruch nimmt.
    Das bietet mir die willkommene Gelegenheit, ein Wort höchsten Lobes und höchster Würdigung für den Europarat in Straßburg zu sagen. Der Europarat besteht und er hat seine Organe. Ich habe den supranationalen Versuchen stets mit Skepsis gegenübergestanden und die Einrichtungen, die nach den alten Regeln des Völkerrechts geschaffen worden sind, als die mit dem längeren Atem betrachtet. Ich hielt es für unbescheiden, zu glauben, die alten Nationalstaaten würden abdanken und sich wirksamen supranationalen Behörden unterstellen. Ich habe dem Europarat die Treue gehalten, als die Supranationalität so verführerisch winkte, die sich heute doch ihren Freunden entzieht.
    Ich spreche nur persönlich und nicht für meine Fraktion, wenn ich dem Hause empfehle, diese Entwicklung doch ja genau zu verfolgen. Denn könnte es nicht sein, daß wir Fehler begehen, wenn wir wirklich wie ein Tantalus immer nach Speisen greifen, die sich wieder zurückziehen, wenn wir die Hände ausstrecken, und daß wir kostbare Zeit verlieren, als hätte die drängende Zukunft nicht schon begonnen? Die Welt ist voll von Gefahren. Wir müssen uns mit Frankreich zusammentun. Das steht am Anfang und im Mittelpunkt aller politischen und militärischen Erwägungen. Darum kommt niemand herum. Wir haben so vieles miteinander zu bereden; denn dadurch, daß wir mit den Soldaten begonnen haben statt mit dem Politischen, ist so vieles noch offen geblieben. Wir sollten daß Große groß und das Kleine klein sehen. Klein aber ist die Saar, wenn man sie Saar sein läßt, und groß ist die Welt, die sich über die Erdteile ausdehnt, die berufen sind, der Schauplatz eines überlegten Zusammenwirkens zu werden.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, auf der Rednerliste stehen zur Zeit 12 Abgeordnete!

(Zurufe.)

Das Wort hat der Abgeordnete Seiboth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Frank Seiboth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht leicht, zu einer Uhrzeit, zu der die Plenarsitzung geschlossen werden sollte, Sie nochmals um Ihre Aufmerksamkeit zu bitten. Wenn ich es trotzdem tue, so deshalb, weil es vielleicht nicht unwichtig ist, daß im Ple-


    (Seiboth)

    num des 2. Deutschen Bundestags eine Fraktion ihre Meinung zu den Fragen, die heute zur Behandlung stehen, darlegt, die, weil sie im ersten Bundestag nicht vertreten war, dazu noch keine Gelegenheit hatte und weil es die Fraktion einer Partei ist, die, weil ihre Wähler zu einem sehr hohen Prozentsatz Menschen des deutschen Ostens sind, zu den Fragen der deutschen Saar doch eine Stellungnahme abzugeben hat, die beachtet werden sollte.
    Meine Parteifreunde und unsere Parteimitglieder und -wähler sind überzeugte und, ich möchte beinahe sagen, fanatische Anhänger des Gedankens eines echten europäischen Zusammenschlusses. Wenn ich das feststelle, muß ich hinzufügen, daß wir unter einem echten europäischen Zusammenschluß selbstverständlich das verstehen, was auch mein Vorredner als einen echten politischen europäischen Zusammenschluß bezeichnet hat. Wir meinen also, daß eine westeuropäische Integration, die vorläufig der Umstände und der Weltsituation wegen noch am Eisernen Vorhang enden muß, nur ein Vorläufer jener größeren europäischen politischen Einigung sein kann, zu der auch einmal der mitteleuropäische und der ost- und südosteuropäische Raum gehören soll, der die Heimat sehr vieler deutscher Menschen, aber auch die Heimat heute unterjochter anderer Völker birgt.
    Wenn wir trotzdem diesen westeuropäischen Zusammenschluß bejahen, von dem wir hoffen, daß er der Vorläufer eines größeren wird, so deshalb, weil wir der Meinung sind, daß ja irgendwann und irgendwo unter den Gegebenheiten, die sich eben bieten, ein Anfang gemacht werden muß und daß ein Versuch besser ist als keiner, als nur immer geübte Kritik. Wir sind nicht hell begeistert, weil der westeuropäische Zusammenschluß im Tempo und auch in Form und Art nicht so vor sich geht, wie wir das wünschen und wie es angesichts der Weltlage erforderlich ist. Wir würden es bei Gott viel lieber sehen, wenn wir heute schon an eine Konzeption im westeuropäischen Rahmen denken könnten, in der Grenzen zwischen Staaten überhaupt keine Daseinsberechtigung mehr haben, wenn es möglich wäre, heute schon eine Konzeption zu entwickeln und zu verwirklichen, bei der nur freie Volkstümer zu einer europäischen politischen Gemeinschaft zusammengeschlossen sind. Wir wissen, daß es so weit noch nicht ist. Das liegt nicht nur an uns Deutschen. Wenn wir uns die Pläne und Vorschläge ansehen, die von dem Ausschuß für Verfassungsfragen unter Vorsitz des Herrn Kollegen Dr. von Brentano erarbeitet wurden, so haben wir das Empfinden, daß wir wohl auf eine politische Gemeinschaft zusteuern, die — wie es darin heißt — ein politisches Gebilde besonderer Art ist, die aber in Wahrheit doch dem sehr nahe kommt, was man gemeinhin Staatenbund nennt. Wir meinen aber: wenn wir versuchen, bei einem solchen staatenbundähnlichen Gebilde durch Übertragung verschiedenster Funktionen auf dem Gebiete der Wirtschaft, des Verkehrs, der Landwirtschaft usw. an eine supranationale Behörde allmählich die Souveränität der einzelnen noch verbleibenden Nationalstaaten abzubauen, kommen wir doch Schritt um Schritt vielleicht einer echten europäischen politischen Gemeinschaft im Westen nahe, wie wir sie uns vorstellen. Diese politische Gemeinschaft könnte dann für die Völker hinter dem Eisernen Vorhang ein Modell darstellen, in das auch sie und ihre Heimat später einmal politisch eingegliedert werden könnten. Wir haben
    seinerzeit, obwohl unsere Partei ursprünglich etwas anderer Meinung war und nachdem bestimmte Besorgnisse ausgeräumt waren, der Montan-Union und dem EVG-Vertrag zugestimmt, weil wir in diesen Zusammenschlüssen auf dem Gebiete der Wirtschaft und auf dem Gebiete der Verteidigung eben doch Ansätze für den kommenden politischen Zusammenschluß sehen.
    Wenn heute hier von dem Sprecher der Opposition die Frage aufgeworfen wurde, ob es eine Alternative zur EVG gibt, so wollen wir das nicht unbedingt verneinen. Wir wissen, es gibt im Volke darüber sehr verschiedene Meinungen. Die Frage ist doch aber nur, ob eine Alternative zur EVG besser ist als die Lösung der EVG. Es ist vielleicht gut, wenn gerade wir, die wir zum Großteil Menschen aus dem deutschen Osten sind, denen man oft, wenn sie nach dem Recht auf ihre Heimat rufen, nachsagt, sie seien Nationalisten, betonen: wir sehen in der EVG gerade deshalb, weil hier militärische Streitkräfte der verschiedenen Nationen zusammengefaßt sind, die geringste Gefahr, daß in Europa im Laufe der politischen Entwicklung der alte Nationalismus wieder aufflammt.

    (Abg. D. Dr. Gerstenmaier: Sehr richtig!)

    Jede denkbare andere Lösung, die auch nur annähernd den einzelnen Staaten vielleicht wieder eigene Truppen, eine eigene Wehrmacht geben könnte, so schön das vielleicht diesem oder jenem scheinen mag, schließt aber doch immer wieder die Gefahr in sich, daß wir auf diese Art und Weise zu einem echten politischen Zusammenschluß und zu einer Überbrückung der nationalen Gegensätze der Vergangenheit nicht kommen, sondern daß wir sie eher vertiefen würden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir sehen selbstverständlich gerade die heute hier so ausführlich behandelte Saarfrage und die damit zusammenhängenden Probleme in engem Zusammenhang mit dem europäischen Problem. Wir sind sehr zufrieden darüber, daß der deutsche Standpunkt heute hier unmißverständlich dargetan worden ist. Draußen im Volk waren Befürchtungen vorhanden — und sie sind auch in der Presse geäußert worden —, daß die Bundesregierung auf dem besten Wege sei, deutsches Recht um eines europäischen Traumes willen zu opfern. Nach dieser Debatte im Bundestag und auch nach den Darlegungen des Herrn Bundeskanzlers kann heute, glaube ich, keine Unklarheit mehr darüber herrschen, daß die deutsche Bundesregierung und auch der Deutsche Bundestag durchaus gewillt sind, deutsches Recht zu wahren, ohne dabei die Politik der europäischen Vereinigung aufzugeben.

    (Abg. Kunze [Bethel] : Gut!)

    Wenn wir auch die Saar gegenwärtig nicht besitzen, so ist sie doch nach dem immer noch geltenden Ergebnis der 1935 unter internationaler Kontrolle durchgeführten Volksabstimmung deutsch. Das Saargebiet gehört zu dem de jure immer noch bestehenden Deutschen Reich, zu jenem Gesamtdeutschland also, mit dem entsprechend Art. 7 des Deutschlandvertrages die Grenzfragen, die territorialen Fragen erst in einem frei zu vereinbarenden Friedensvertrag zu regeln sind. Ohne Recht zu verletzen ist deshalb die Bundesrepublik gar nicht in der Lage, die Saar durch irgendwelche Abkommen aus Gesamtdeutschland zu entlassen.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE.)

    Gerade im Recht aber ist, wie der Herr Abgeord-


    (Seiboth)

    nete Dr. Kopf als Berichterstatter in der Saardebatte vom 2. Juli 1953 gesagt hat, die Stärke unserer deutschen Position in der Saarfrage begründet. Wer die Bundesrepublik als zur Zeit einzigen deutschen Rechtsstaat anerkennt, wie es die Westmächte und auch Frankreich tun, der kann auch von dieser Bundesrepublik nichts anderes verlangen, als daß sie sich zum Recht bekennt. Der deutsche Name hat — das wollen wir hier einmal offen aussprechen — in der Vergangenheit nicht zuletzt dadurch gelitten, daß in der Ara vor 1945 zu unserem Schaden das Recht nach innen und nach außen sehr oft mißachtet wurde. Man soll uns heute vom Ausland her deshalb keine Vorwürfe machen, wenn wir versuchen, durch die Beachtung des Rechts, auch unseres deutschen Rechts, den deutschen Namen wieder reinzuwaschen.

    (Beifall beim GB/BHE und rechts.)

    Wir identifizieren uns mit der Auffassung des Herrn Bundeskanzlers, die er am 30. Mai 1950 dem Bundestag vorgetragen hat und die er auch heute wiederholte, nämlich daß ein selbständiger, von Deutschland getrennter Saarstaat schon vom europäischen Standpunkt aus unbedingt abzulehnen ist.

    (Vizepräsident D r. Schneider übernimmt den Vorsitz.)

    Es geht heute nicht darum, neue Kleinstaaten, neue Grenzen zu schaffen, sondern die Kleinstaaterei, das nationalstaatliche Denken und die Grenzen in Europa zu überwinden.
    Wir bestreiten der Saarbevölkerung nicht das Recht, selbst frei zu entscheiden, ob sie ihre zu Gesamtdeutschland gehörende Heimat zur Unterbringung europäischer Institutionen, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, für ein europäisches Territorium oder Exterritorium zur Verfügung stellen will. Die Einrichtung eines solchen europäischen Territoriums setzt aber voraus, das eine Europäische Politische Gemeinschaft bereits vorhanden ist. Ein Volksentscheid in dem vorher erwähnten Sinne ist also frühestens im Zeitpunkt des rechtlichen Inkrafttretens der Europäischen Politischen Gemeinschaft möglich.
    Wir freuen uns, daß über diese Auffassung nach den heutigen Darlegungen des Herrn Bundeskanzlers kein Zweifel mehr sein kann, um so mehr, als der Zwischenfall, der heute vormittag durch eine Zwischenfrage von seiten der SPD hervorgerufen wurde, ja bewies, daß solche Zweifel tatsächlich bestanden haben mögen. Es geht also nicht, wie hier von meinem Vorredner, Herrn Abgeordneten Dr. Pfleiderer, betont worden ist, um ein Junktim zwischen Saar und EVG, das wir aus den gleichen Gründen wie die FDP ablehnen, sondern, wenn man schon von einem Junktim sprechen will, um ein Junktim zwischen der Saar-Lösung und der Europäischen Politischen Gemeinschaft, wie es der Herr Kollege von Brentano gesagt hat.
    Für eine solche Lösung aber sind zwei grundlegende Bedingungen auch für uns maßgebend und Voraussetzung. Die erste, die wir vor allem vor den Mächten der freien Welt, insbesondere vor Frankreich, vorzutragen hätten, ist die, daß sofort an der Saar die demokratischen Freiheiten hergestellt werden. Es ist unmöglich, daß heute Kolonialmethoden früherer Zeiten, für die man in anderen Breitengraden jetzt einen hohen Blutzoll entrichten muß, auf Europa übertragen werden. Das können wir nicht widerspruchslos zur Kenntnis nehmen, vor allem auch deshalb nicht, weil die freie Welt und nicht zuletzt Frankreich durch seinen Außenminister auf der Berliner Konferenz ja die demokratischen Freiheiten im Namen der ganzen freien Welt, also auch Frankreichs, für die sowjetisch besetzte Zone gefordert hat. Was dort gefordert wurde, muß in einem Teil der freien westlichen Welt eine Selbstverständlichkeit sein.
    Die zweite grundlegende Bedingung ist — und diese Bedingung müssen wir vor der Bundesregierung vortragen —, daß niemals eine endgültige Lösung der Saarfrage vorgenommen wird, weil eine gesamtdeutsche Regierung im Interesse der Möglichkeiten für eine Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands nicht gebunden werden darf. Es sollte an sich überflüssig sein, dies zu betonen; denn auf der Berliner Konferenz ist von den Außenministern des Westens, besonders von Herrn Dulles, darauf hingewiesen worden, daß die Verträge, die die Bundesregierung schließt, auch der EVG-Vertrag, die künftige gesamtdeutsche Regierung nicht binden. Aber im Hinblick auf den Inhalt des Naters-Planes, der ja auch vorsieht, daß die drei Westmächte sich verpflichten sollen, beim Friedensvertrag sich für die Beibehaltung dieser Lösung einzusetzen, halten wir es doch für notwendig, es hier ausdrücklich auszusprechen.
    Wenn aber über diese Frage Klarheit herrscht —und das ist, soweit es sich heute aus der Debatte und der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers ergeben hat, der Fall —, daß nämlich eine Lösung an der Saar, wie sie hier skizziert wurde, auf alle Fälle nur ein Provisorium bis zu einem Friedensvertrage ist und eine gesamtdeutsche Regierung nicht bindet, dann gibt es auch tatsächlich kein Präjudiz für den Osten.
    Wenn ich mir hier erlauben darf, zur Frage des Ostens noch einiges zu sagen, dann folgendes. Es ist richtig, wie hier mehrfach erwähnt wurde, daß die Wiedervereinigung Deutschlands — und wir verstehen darunter immer Gesamtdeutschland, auch wenn wir dabei die zeitliche Rangfolge anerkennen und gern beachten — nur durch ein Abkommen der Großmächte zu erzielen ist. Wir möchten aber die nachdrückliche Bitte an die Bundesregierung richten, immer darauf bedacht zu sein, den westlichen Großmächten vor Augen zu halten, wie dringend das Verlangen nach Wiedervereinigung in unserm Volk ist, damit von diesen Großmächten, sei es im Verkehr der Hohen Kommissare untereinander — so wie es heute Herr Kollege Ollenhauer erwähnt und zum Teil bemängelt hat —, sei es bei den großen Konferenzen, die Notwendigkeit nie aus dem Auge gelassen wird, jede Gelegenheit, die sich bietet, zu nützen, auch in Situationen, in denen vielleicht einmal der Osten vom Westen unbedingt eine Zustimmung zu dieser oder jener Frage braucht, um die deutsche Wiedervereinigung immer wieder ins Spiel zu bringen und zur Vorbedingung für Verhandlungen zu machen; denn nur darin sehen wir heute eine Möglichkeit, auf jener höheren Ebene, auf der allein politisch die Wiedervereinigung betrieben werden kann, zu einer Lösung zu kommen.
    Ich glaube aber auch, hier einmal deutlich aussprechen zu müssen, was in der Debatte —, ich weiß nicht, aus welchen Gründen — nicht richtig herausgeklungen ist, daß es nämlich nicht nur eine Angelegenheit der Großmächte ist, ob diese Wiedervereinigung vorankommt, sondern daß es auch eine Angelegenheit des deutschen Volkes selbst sein muß. Ich weiß und kann mir denken, warum hier die verschiedenen Möglichkeiten der menschlichen Kontakte, vielleicht auch der fachlichen, die


    (Seiboth)

    gesucht werden müssen, nicht erwähnt wurden, warum nicht davon gesprochen wurde, daß wir es ohne weiteres hinnehmen könnten, wenn im Westen auch die Zeitungen, die Bücher und Zeitschriften des Ostens vertrieben würden, wenn es eine Gegenseitigkeit dafür gäbe, wenn ein Wander-und Reisverkehr oder ein Sportverkehr usw. nach beiden Seiten möglich wäre. Man kann zu leicht erwidern: Das hängt ja nicht von unserem guten Willen ab, sondern von dem der derzeitigen Machthaber in der Zone, und die haben diesen guten Willen nicht.
    Ich meine, wir sollten beispielsweise über solche Aufsätze, wie sie neulich in der Schweizer Zeitung „Die Tat" von Hans Fleig unter dem Titel „Der deutsche Teig" erschienen sind, einmal etwas mehr nachdenken, als das der Fall zu sein scheint.

    (Sehr gut! beim GB/BHE.)

    Dort wird uns nicht nur vorgeworfen, daß wir träge sind, sondern auch, daß wir nicht einmal versuchen, diese Trägheit durch gewisse Aktionen zumindest zu bemänteln. Ich meine, man kann dem Volke bei uns nicht vorwerfen, daß es an dieser Wiedervereinigung nicht interessiert sei. Ich glaube im Gegenteil, daß es tatsächlich ein brennender Wunsch jedes einzelnen Deutschen hier wie drüben ist, daß diese Wiedervereinigung Wirklichkeit wird. Aber es fehlt wohl bei uns an den nötigen Anregungen für das Volk. Es sind die Beispiele nicht gesetzt, an denen sich das Volk nun in seinem Wunsch, seinem Drang nach Wiedervereinigung Ausdruck zu geben, irgendwie festhalten kann. Wir bedauern außerordentlich, daß wir seinerzeit, als wir — ich betone: wir hatten keineswegs die Absicht, daraus vielleicht eine parteipropagandistische Angelegenheit zu machen — den Vorschlag machten, von allen Parteien gemeinsam eine gesamtdeutsche Spendenaktion nach der Berliner Konferenz auszurufen, auf so wenig Gegenliebe gestoßen sind. Nachher ist dankenswerterweise von Herrn Bundesminister Kaiser der Gedanke ins Volk getragen worden, daß nun eine gesamtdeutsche Bewegung für die Wiedervereinigung ins Leben gerufen werden müsse. So dankenswert diese Initiative ist, — wenn man aber an gewisse Verhältnisse drüben hinter dem Eisernen Vorhang denkt, dann wird einem bewußt, daß gewisse Gefahren darin liegen, wenn nur vom Staate her solche Anregungen gegeben werden. Es könnten Gefahren darin liegen, wenn diese Bewegungen auch vom Staate getragen werden sollten. Hier liegt — das wollen wir offen sagen — eine Aufgabe für die Parteien als Willensträger des Volkes vor. Die Parteien sollten sich dieser Bewegung für die Wiedervereinigung annehmen und ihr Gestalt geben.
    Wenn man sagt, man könne sich nicht vorstellen, was man mit diesen Mitteln, die damals bestimmt gern gegeben worden wären oder zum 1. Mai gegeben werden würden, tun könnte, möchte ich dem entgegenhalten: wie wäre es beispielsweise, wenn wir gesagt hätten, das deutsche Volk wolle zum Zeichen dafür, daß es unverbrüchlich an die Wiedervereinigung glaubt, daß es an dem Glauben festhält, daß Berlin wieder einmal die Hauptstadt ganz Deutschlands sein wird, mit dieser gesamtdeutschen Spende unmittelbar an der Sektorengrenze in Berlin das Reichstagsgebäude neu aufbauen?

    (Beifall beim GB/BHE.)

    Wir haben vor kurzem erst drüben vor der Sektorengrenze die hohnvolle rote Fahne der Kommunisten auf dem Brandenburger Tor flattern hören, und daneben steht das zerstörte Gebäude des Reichstags. Das wäre eine Aufgabe; hier könnte unser Volk sich beteiligen, und es würde sich gern beteiligen, wenn wir ihm sagten: Wir wollen über dem Portal des künftigen Reichstagsgebäudes die neue Inschrift anbringen „Das ganze Deutschland soll es sein".
    Ich habe mit Absicht, obwohl das mit Außenpolitik nichts zu tun haben mag, diese Fragen hier einmal vor dem Plenum des Bundestages angesprochen, weil wir draußen in Versammlungen und Zusammenkünften mit unseren Menschen immer wieder gefragt werden, warum denn nicht eine Initiative .zu dieser Volksbewegung, von der gesprochen wurde, von politischer Seite her gegeben wird. Ich betone noch einmal: uns liegt nichts daran, diese Dinge für uns verbuchen zu wollen. Wir wissen ganz genau, daß diese Gedanken heute in allen Fraktionen und in allen Parteien vorhanden sind und man sich den Kopf darüber zerbricht, wie man sie politisch aktivieren könnte. Wir würden uns deshalb freuen, wenn wir zu allem, was wir von den Großmächten und von der Bundesregierung für die Wiedervereinigung verlangen müssen, auch selber als die politischen Parteien des deutschen Volkes eine Aktivität entfalteten, die imstande ist, den Gedanken der deutschen Wiedervereinigung in unserem Volk vorwärtszutreiben.

    (Beifall beim GB/BHE und bei der CDU/CSU.)