Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, im Auftrage der sozialdemokratischen Fraktion einige Ausführungen zu Umdruck 42 und zu Umdruck 46 zu machen.
Bei dem Umdruck 42*) handelt es sich um einen
grundsätzlichen Beschluß für das kommende Jahr:
Das Aufkommen aus der Abgabe Notopfer
Berlin dient — gemäß § 16 des Dritten Überleitungsgesetzes — in erster Linie der Deckung
des Fehlbedarfs des Berliner Landeshaushaltes.
Der nach Leistung des Bundeszuschusses verbleibende Ertrag des Notopfers sollte ausschließlich verwendet werden, um die wirtschaftliche und soziale Position Berlins zu
sichern.
Im zweiten Teil wünschen wir für das kommende Jahr den grundsätzlichen Beschluß:
Die Bundesregierung wird ersucht, bei der Gestaltung des kommenden Bundeshaushaltes dafür zu sorgen, daß die Einnahme aus der Abgabe Notopfer Berlin in den Einzelplan 45 — Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin — aufgenommen wird.
Mit Umdruck 46**) soll die finanzielle Unterstützung für den Haushalt 1954 von Berlin gesichert werden. Unser Antrag soll den Haushalt für das notleidende Berlin sichern, für das Berlin, das unverschuldet, auf Grund der politischen Ereignisse in Not geraten ist. Es muß daran erinnert werden, daß Berlin jahrzehntelang Steuerüberschüsse hatte, daß erst die Veränderung der politischen Situation nach 1945 hier zu den Schwierigkeiten geführt hat, die nun seit Jahr und Tag beim Haushalt immer wieder sichtbar werden. Die Vermehrung der Schwierigkeiten durch die Blockade Berlins brauche ich nicht zu schildern, ich brauche auch Ihnen hier nichts von den erneuten Schwierigkeiten zu sagen, die durch die Spaltung unserer Stadt entstanden sind.
In dieser Situation, in der es um das Leben und das Sterben unserer Stadt ging, des am weitesten vorgeschobenen Postens der demokratischen Welt, haben wir dann die Hilfe vom Westen erhalten. Ich will für die Kolleginnen und Kollegen, die neu in unserem Hause sind, kurz etwas Geschichtliches sagen. Das Gesetz zur Erhebung einer Abgabe Notopfer Berlin ist schon am 8. November 1948 im Wirtschaftsrat beschlossen worden. Die Präambel dieses Gesetzes lautet:
Als sichtbares Zeichen der Verbundenheit mit Berlin wird im Vereinigten Wirtschaftsgebiet ein „Notopfer Berlin" nach Maßgabe der folgenden Bestimmung erhoben:.. .
Dann folgt das Gesetz. Diese Präambel hebt hervor, aus welchen Gründen diese Sondersteuer eingeführt werden mußte. Auch bei dem Gesetz zur Erhebung einer Abgabe Notopfer Berlin vom 29. Dezember 1949, das vom 1. Januar 1950 ab wirksam war, ist die gleiche Präambel als Richtschnur des Gesetzes zu bezeichnen. Es hieß in § 1:
Der Bund erhebt als „Notopfer Berlin" eine Abgabe.
Im April 1950 wurde dann die Verwaltungsvereinbarung getroffen, die man als ein Überleitungsgesetz bezeichnen muß. Es wurde erstmalig eine Angleichung der Verhältnisse zwischen Bund und Ländern festgelegt. In dem neuen Gesetzentwurf, der Ihnen allen ja zugegangen ist, ist die
*) Siehe Anlage 2 Seite 1027. **) Siehe Anlage 3 Seite 1028 A.
unseres Erachtens schlechte Entwicklung zu erkennen. Von der Präambel sieht man nichts mehr. Der § 1 des Gesetzentwurfs des Herrn Bundesfinanzministers lautet:
Zugunsten des Bundes wird eine Abgabe „Notopfer Berlin" erhoben.
Wir Sozialdemokraten hoffen, daß dieses Haus hier eine Änderung vornehmen wird und daß diese für uns unmöglich scheinende Formulierung durch eine bessere ersetzt wird.
Das Dritte Überleitungsgesetz schuf dann endgültig Klarheit. Es sagte in seinem § 16 Abs. 3: Solange die Abgabe „Notopfer Berlin" erhoben wird, dient ihr Aufkommen der Deckung des Bundeszuschusses. Übersteigt das Aufkommen den festgesetzten Bundeszuschuß, so verbleibt der Mehrbetrag dem Bund.
Das Überleitungsgesetz vom 4. Januar 1952 regelt die finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und Berlin mit Wirkung vom 1. April 1951.
Für Berlin gilt nun das gleiche Recht, das nach dem Grundgesetz und den Bundesgesetzen für die finanziellen Beziehungen des Bundes zu den übrigen Ländern gilt. Für Berlin ergeben sich damit alle Licht-, aber auch alle Schattenseiten, wie sie bei den übrigen Ländern des Bundes gegeben sind. Der Bund bekommt die ihm nach den Gesetzen zustehenden Einnahmen des Landes Berlin, und wir in Berlin erfüllen die gleichen Pflichten wie jedes andere Land. Das Land Berlin hat aber auch die gleichen Ansprüche wie jedes andere Land auf Ersatz der Kosten für Ausführung von Bundesgesetzen. Berlin will keine Extrawurst; Berlin will keine Extrabestimmungen. Berlin übernahm die gleichen Pflichten wie jedes andere Land. Berlin will aber auch die gleichen Rechte wie jedes andere Land haben. Zur Forderung auf gleiches Recht gehört auch die Forderung Berlins, als eines der unterschiedslos gleichberechtigten zehn Länder behandelt zu werden. Leistungen des Bundes — Besatzungskosten, Kriegsfolgenhilfe, Kriegsopferversorgung, Erfüllung der Aufgaben nach Art. 133 des Grundgesetzes usw. — bekommt Berlin nach gleichen Gesetzen und Grundsätzen wie jedes andere Land der Bundesrepublik Deutschland; es sollte sie bekommen, denn hier ist der Beginn der Differenzen bei Aufrechnung der Leistungen des Bundes.
Meine Damen und Herren! Das Aufkommen aus dem Notopfer Berlin ist vom Herrn Bundesfinanzminister immer sehr vorsichtig geschätzt worden. Als Beispiel nenne ich die letzten drei Jahre. 1952 hatte das Notopfer ein Soll von 730 Millionen, ein Ist von 814 Millionen, und Berlin bekam in diesem Jahr als Zuschuß „Notopfer Berlin" 600 Millionen DM; im Jahre 1953 ein Soll von 800 Millionen, ein Ist von 965 Millionen, und Berlin bekam 650 Millionen DM.
In diesem Jahr ist das Soll mit 925 Millionen angesetzt worden, obwohl sämtliche Experten im Bund ohne weiteres zugeben, daß die Einnahme über 1000 Millionen btragen wird — man rechnet zwischen 1025 und 1035 Millionen —, während Berlin nur 710 Millionen DM erhalten soll.
Der Senat von Berlin hatte einen Haushaltsfehlbetrag von 941 Millionen DM ausgerechnet. Anerkannt von dem Herrn Bundesfinanzminister und — wir Sozialdemokraten machen dem Senat von
Berlin hier einen Vorwurf — leider auch vom Senat von Berlin wurde nur ein Fehlbetrag von 800 Millionen DM. Wir müssen bedauern, daß hier Streichungen vorgenommen worden sind, die ausschließlich auf Kosten der kleinsten Angestellten der Stadt Berlin erfolgen sollen. — Ich weiß nicht, warum Sie mit dem Kopf schütteln, Herr Abgeordneter Tillmanns.
— Die Schulmänner und die Polizisten, insbesondere die Polizisten, haben doch in Berlin einen so schweren Dienst, daß man hier weder bei den Eingruppierungen noch bei der Berechnung des Dienstalters vom Bund aus Vorbehalte machen sollte, sondern man sollte die Berliner Regelung anerkennen, die einmütig von allen Parteien getragen wird.
800 Millionen DM sind also anerkannt worden. Diese Summe soll wie folgt aufgegliedert werden: 710 Millionen DM direkter Bundeszuschuß, der in 12 Monatsraten an Berlin gegeben werden soll. Dann kommen wir in diesem Jahre erstmals zu einer ganz neuen Form der Bezuschussung, die ja eigentlich gar keine Bezuschussung ist: einer Anleihe von 75 Millionen DM mit der Bundesgarantie. Dann sollen wir noch 15 Millionen DM Bundesbaumittel erhalten, über die ich gleich noch einiges sagen will.
§ 16 des Überleitungsgesetzes sagt klar, daß das Aufkommen des Notopfers Berlin der Deckung des Bundeszuschusses dient und der Überschuß dem Bund verbleibt. Diese Formulierung verführt den Herrn Bundesfinanzminister unserer Anschauung nach dazu, den Zuschuß für Berlin zu drücken. Ich nannte vorhin schon das Beispiel aus dem Jahre 1952. Das Notopferaufkommen betrug 814 Millionen DM. Berlin erhielt 600 Millionen DM, verbrauchte aber 655 Millionen DM und schleppt diese Mehrausgaben neben anderen nun von Jahr zu Jahr immer in den neuen Haushalt mit.
In diesem Jahr nun 800 Millionen DM Anerkenntnis. Warum aber nur 710 Millionen DM in bar, warum 75 Millionen DM Anleihe? Hier ist unseres Erachtens ein Verstoß gegen § 16 des Überleitungsgesetzes festzustellen. Denn der notwendige Bedarf des Berliner Haushalts soll ja gedeckt werden. Die Deckung des notwendigen Bedarfs aus dem Notopferaufkommen ist vorgesehen und nicht eine Anleihe, die Berlin neue Sorgen und neue Lasten auferlegen müßte.
Die sozialdemokratische Fraktion ist gegen eine Anleihe, so lange das Aufkommen des Notopfers nicht ausgeschöpft ist. Die Forderung, die wir stellen, ist die einer echten Bezuschussung mit 75 Millionen DM.
Was sollen die 15 Millionen DM, die der Bund in Berlin auf eigenen Grundstücken verbauen will? Wir begrüßen die 15 Millionen DM als eine zusätzliche Maßnahme des Bundes. Diese 15 Millionen DM wirken arbeitsmarktentlastend, sie wirken wirtschaftsfördernd. Aber mit dem Haushalt Berlins haben sie doch nun weiß Gott nichts zu tun.
Der Herr Finanzminister hat gestern in einer Rede aus Anlaß eines anderen Einzelplans erklärt: Wir müssen die Pflicht zur Wahrhaftigkeit haben gegenüber der Öffentlichkeit. Meine Damen und
Herren, Herr Bundesfinanzminister, um diese Wahrhaftigkeit geht es. Der Steuerzahler zahlt Notopfer Berlin. Er zahlt es nicht immer gern; das Notopfer ist ja nun einmal, das bestreiten wir gar nicht, eine Belastung für den einzelnen Menschen. Aber die Menschen bringen dieses persönliche Opfer, weil sie wissen, daß sie damit die Not in Berlin lindern können. Eine Reihe von Pressestimmen der letzten Zeit, Herr Bundesfinanzminister, weisen auf dieses wichtige Faktum hin. Die „Frankfurter Allgemeine" hat zu diesem Thema am 2. April gesagt:
Im Ministerium
— im Bundesfinanzministerium —
wird also offenbar nicht verstanden, was nicht nur den Berlinern, sondern auch vielen Westdeutschen einen Anstoß bedeutet: daß man erst für einen ganz bestimmten Zweck, den jedermann versteht, eine Steuer erhebt, eben weil man sicher sein kann, daß gerade diese Steuer keinen psychologischen Widerstand findet, daß man dann aber die Erträgnisse dieser Steuer nur zu einem Teil ihrem ursprünglichen Zweck zuführt. Hier fühlt sich jeder Staatsbürger enttäuscht und eigentlich getäuscht.
An anderer Stelle heißt es:
Der Staatsbürger hat nur deshalb damals dem Notopfer zugestimmt, weil er sicher war, daß jeder Pfennig von ihm der bedrängten Stadt Berlin zugute komme.
Und am Schluß heißt es:
Wenn der Staatsbürger aber jetzt den Abzug in seiner Lohn- oder Gehaltstüte prüft, so wird er wissen, daß ein Fünftel bis ein Viertel der abgezogenen Summe nicht nach Berlin geht. Das ist kein gutes Gefühl, und mit ein wenig mehr Empfinden für Psychologie hätte das Finanzministerium diese Wirkung vermeiden können.
Berlin soll ein nicht gerade üppiges Leben ermöglicht werden, ein Leben, von dem der Herr Bundeskanzler bei seinem letzten Besuch am Funkturm sagte: „Das Herz krampft sich zusammen, wenn ich an unsere heutige Rundfahrt denke". Jawohl, trotz aller Opfer der Bewohner der Bundesrepublik leben wir in unserer Stadt immer noch in den schwierigsten Verhältnissen. So groß und so schwer das Opfer des einzelnen hier im Westen in den vergangenen Jahren aber auch war, das eine wollen wir von dieser Stelle aus auch wieder einmal sagen: Wenn die Berliner nicht ihre politische Pflicht getan hätten, wenn der Wall nicht gehalten hätte, — ein Tag „Uri! Uri!" in der Bundesrepublik wäre viel, viel teurer gewesen als die jahrelange Zahlung eines Notopfers.
Ohne die Hilfe aller hätte Berlin den Kampf um seine Existenz nicht bestehen können. Wenn der Senat von Berlin den Kampf um ausreichende Haushaltshilfe aufgibt, -- wir Sozialdemokraten fordern den Bundestag auf, seine nationale Pflicht zu tun!
Es geht nicht um Lippenbekenntnisse in Sonn- und Feiertagsreden. Eben haben wir das aus dem Munde des Herrn Bundesministers Storch gehört. In Berlin geht der Kampf um die Existenz alle Tage. Es gilt, unsere armen Menschen, die Opfer
der politischen Not sind, in diesem Existenzkampf zu unterstützen. Denken Sie immer daran, daß Berlin trotz aller Hilfe viermal mehr Arbeitslose hat als der Bund. Denken Sie an die große Überalterung in unserer Stadt. Herr Dr. Schreiber hat in diesen Tagen einmal ein Beispiel für den Unterschied der wirtschaftlichen Lage zwischen dem Bund und Berlin gebracht. Das Durchschnittssteueraufkommen im Jahre 1952 beträgt nach seinen Angaben in Hamburg 1426 DM, in Berlin aber nur 383 DM.
Der Stromverbrauch pro Kopf beträgt — ebenfalls nach Herrn Dr. Schreiber — nur knapp 45 % des Durchschnittsverbrauchs in der Bundesrepublik,
und er liegt noch unter dem Durchschnittsverbrauch in der Sowjetzone.
Überlegen Sie bitte, wie groß unsere Schwierigkeiten sind. Vielleicht können Sie dann verstehen, wenn wir Sozialdemokraten, die wir in Berlin in der Opposition sind, uns bemühen, daß der Regierung vom Bundestag die Mittel bewilligt werden, die notwendig sind, damit der Not gesteuert werden kann. Wir müssen aber gegenüber dem Bundesfinanzminister, der nicht alles Notopfer nach Berlin gibt, unser Bedauern aussprechen.
Eine Berliner Zeitung brachte in diesen Tagen eine hübsche Anekdote aus dem alten Frankfurt. Ein verarmter Jude schrieb einen Bittbrief an den lieben Gott, sich seiner Not zu erbarmen und ihm 100 Louisdor zu schicken. Der bekannte günstige Wind weht den Brief in Baron Rothschilds Garten, der dem Armen durch einen Diener 50 Louisdor überreichen läßt. Dankbar kniet der Beschenkte nieder, bittet aber den lieben Gott, ihm das nächste Mal doch das Geld direkt zu schicken, denn Schäffer, Verzeihung, Rothschild habe die Hälfte für sich behalten.
Das kann man wohl auch in diesem Beispiel einmal scherzhaft sagen.
Herr Bundesfinanzminister, unser Bedauern, daß wir nicht alles Notopfer bekommen, ist um so größer, weil wir wissen, daß Sie um den Ernst der Lage in Berlin genau unterrichtet sind. Unvergessen sind Ihre Worte vom 12. Juni 1952 im Berliner Abgeordnetenhaus:
Ich sage: eine deutsche Mark, die ich an Hilfe für Berlin verwende, kann für die Erhaltung des Friedens, für die Erhaltung der geistigen Widerstandskraft, für die Abwehr eines Angriffs — und jeder Angriff auf Berlin ist nach den bestehenden Verträgen ein Angriff auf die gesamte freie Welt —, jede deutsche Mark, die ich nach Berlin für soziale und kulturelle Zwecke gebe, kann den zehnfachen Wert haben von dem, was irgendwo für militärische Zwecke aufgewendet wird.
Daran wollen wir Sie erinnern und dann feststellen, daß es in § 16 Abs. 2 heißt:
Der Bundeszuschuß soll so bemessen sein, daß das Land Berlin die durch seine besondere Lage bedingten Aufgaben erfüllen kann.
Herr Bundesfinanzminister, nicht kalt mit dem Rechenstift soll man an diese Aufgaben für Berlin herangehen, sondern mit menschlich-warmen Argumenten. Wir können in der Frage Berlin kein
fiskalisches Denken brauchen, sondern wir brauchen echtes politisches Wollen. Es geht nicht um den mehr oder minder großen Wohlstand Berlins, es geht um das nationale Wollen der Bundesrepublik.
Eben hier sind unsere Sorgen sehr groß, daß die Mittel für Berlin nicht so zur Verfügung gestellt werden, wie es notwendig ist.
Eine der größten Wirtschaftszeitungen schrieb in diesen Tagen:
Wir wollen uns, was Berlin betrifft, von irgendeiner der Besatzungsmächte doch nicht beschämen lassen?
Dann wird weiter ausgeführt, draußen in der Welt sei Berlin eines der stärksten Aktiva Deutschlands. Es sei die Menge der kleinen Leute mit bescheidenem Lebenszuschnitt aus dem Mittelstand und der Arbeiterschaft, die in diesen Jahren den guten und anständigen Namen ihrer Stadt gemacht haben. — Und wieder wörtlich:
Von diesem Namen haben auch wir in Westdeutschland profitiert und tun es noch. Wir hätten einen schlechten Geschmack im Munde, wollten wir den Berlinern Dank für ihre Tapferkeit sagen und ansonsten mit Zuspruch nicht sparen. Sie dürfen anderes erwarten; sie dürfen verlangen, die Bundesrepublik möge die eigentliche Hauptstadt Deutschlands so ausstatten, daß ihre Lebenskraft sich nicht allmählich verschleißt, sondern sich trotz aller Atemnot stetig erneuern kann.
Meine Damen und Herren, das ist die Aufgabe, und wir glauben, es ist richtig, daß gerade nach der Viermächtekonferenz die gefährdete Bastion Berlin unter allen Umständen materiell so ausgestattet wird, daß sie auch die Hoffnung und das Vertrauen der 18 Millionen Landsleute in der Zone nicht enttäuscht. Noch sind die Hoffnungen da, noch hat man zu uns das Vertrauen. Aber wir sollen die Hoffnungen auch nicht zerstören. Berlin ist das Schaufenster nicht nur Deutschlands. Berlin ist das Schaufenster der freien Welt. Wie sollen wir den Glauben an das bessere Deutschland erhalten, wenn wir bei Berlin versagten?
Wir haben den Versuch gemacht, in echter fleißiger Arbeit einen Lebensstandard für die Berliner
zu schaffen, der dem der Bundesrepublik entspricht. Der Herr Bundeskanzler war in Berlin,
und noch klingen seine Worte in unseren Ohren: Ich bitte Sie, meine Freunde: Halten Sie aus! Ich weiß, wir verlangen viel von Ihnen. Wir wollen Ihnen helfen nach besten Kräften. Darum ist eine so große Zahl von Bundesministern mit mir nach Berlin gekommen, um zu überlegen, wie wir Berlin, dieser so hart getroffenen Stadt — das Herz krampft sich zusammen, wenn ich an unsere heutige Rundfahrt denke —, dieser vorgeschobenen Bastion der Freiheit, am besten helfen können. Wenn wir Berlin helfen, stärken wir damit auch die Widerstandskraft der Menschen in der Zone, denn die Zone schaut auf das Schicksal Berlins.
Und nun lassen Sie mich das Ergebnis der heutigen Beratungen vorlesen,
— sagte der Herr Bundeskanzler am 24. Februar weiter —
die dem Bundeskabinett voraussichtlich schon
morgen nachmittag vorgelegt werden. Es ist
Einigkeit dabei erzielt worden, daß der not-
wendige Bedarf des Berliner Haushalts gesichert werden muß. Die Sachverständigen Berlins und des Bundes werden sofort zusammentreten, um die nötigen Feststellungen zu treffen.
Von diesen nötigen Feststellungen hörten wir
dann am 22. März, also vier Wochen später, über
den RIAS. Wir hörten eine Rede des geschäftsführenden Vorsitzenden der CDU, in der es hieß: Zunächst: Der Haushalt Berlins weist für 1954 ein Defizit von 941 Millionen auf, das der Bund ausgleichen soll und will. Dies ist bei den ersten Besprechungen zwischen den Bundesministern Schäffer, Erhard, Kaiser, Dr. Tillmanns und dem Senat eindeutig festgelegt worden.
Meine Damen und Herren, diese Rede des Herrn geschäftsführenden Vorsitzenden der CDU Berlins steht Ihnen zur Verfügung. Sie kennen sie.