Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seien Sie mir nicht bös, wenn ich folgendes vorausschicke. Ich kann hier, wo es sich darum handelt, den Etat zu verabschieden, und zwar möglichst bald, keinen aus der Reihe tanzenden argrarpolitischen Wildschützen machen. Die Rolle kann ich nicht übernehmen. Infolgedessen muß ich bei dem bleiben, was mir der sachliche Plan der ganzen Verhältnisse vorschreibt.
Hier ist insbesondere darauf zu achten, daß der Etat des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aus Einnahmen und Ausgaben besteht, daß er in den Beratungen des Ernährungsausschusses wie des Haushaltsausschusses abgestimmt ist und daß nun, nachdem die Dinge im Haushaltsausschuß aufeinander abgestimmt worden sind, neue Anträge eingereicht werden. Wir haben ein allgemeines Interesse daran, daß wenigstens die Beträge, die neu in den Haushalt aufgenommen worden sind, Flurbereinigung, Zinsverbilligung, Tbc-Bekämpfung — ich will sie nicht alle aufzählen —, vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten so rasch wie möglich flüssig gemacht werden und zur Verwendung kommen könen. Denn wenn wir die Etatberatungen hinausschieben, schädigen wir uns nur selber; erreichen können wir dabei gar nichts. Nun kommt man mit allerlei Anträgen hintennach.
— Aber nicht in der Höhe!
— Nein, die Geschichten sind im Haushaltsausschuß ausgeglichen worden, und man sollte jetzt hier über die Verhältnisse nicht hinausgehen.
— Ja, ja, Sie kennen den Unterschied zwischen Regierung und Opposition genau!
Man tut sich leichter, die Verantwortung ist geringer. Aber die Regierungsparteien müssen für die Abgleichung des Etats Sorge tragen, das ist ihre Aufgabe; das weiß jeder Mensch. Ich würde auch gern aus der Reihe tanzen.
Ich könnte noch viel bessere, viel weitergehende
Anträge stellen. Ich könnte sagen: Ich beantrage
100 Millionen! Es kommt ja gar nicht darauf an.
Zu dem Antrag selber möchte ich folgendes ausführen. Ich bin abgesehen von der politisch-taktisch parlamentarischen Lage der Meinung, daß Ihr Antrag im Augenblick auch sachlich nicht zu vertreten ist,
und zwar aus einer Reihe von Gründen. Wir haben es nach großer Mühe fertiggebracht, die 10 Millionen hereinzubringen als Anlauf zur Bekämpfung der Rindertuberkulose und anderer Krankheiten, als Anlauf, nicht als Endpunkt. Die Sache muß ja einmal anlaufen, und sie muß auch mit den Ländern durchgesprochen werden. Sie haben von einem Fünfjahresplan in Holland gesprochen. Da sehen Sie schon! Wir wollen ja eine Entschließung in die dritte Lesung bringen, wo wir auch einen Mehrjahresplan vorschlagen und darauf hinweisen, daß die Verhältnisse mit den Ländern abgestimmt werden müssen, weil hier die Frage nicht bloß mit Geld, sondern organisch zu lösen ist: Wie bringe ich die alten Tiere, die tuberkulös verseucht sind, weg, und wie sorge ich für die entsprechende Nachzucht? Auf die kommt es ja an. Wie geht das alles im Marktgeschehen vor sich? Ich wende mich mit aller Entschiedenheit dagegen, daß man plötzlich bei der Verbraucherschaft die Vorstellung erweckt, als wenn jetzt das Problem von heute auf morgen gelöst werden müßte. Wir haben in Deutschland die beste Veterinärpolizei. In anderen Ländern gibt es wohl kaum eine bessere. Wir haben unsere Verbraucherschaft auf dem Gebiet des Fleischverzehrs wie des Milchverzehrs genügend geschützt.
Bei der Gelegenheit möchte ich einmal darauf hinweisen, daß wir die Dinge auch nicht so übertreiben dürfen, als wenn daraus ein Unglück für die ganze Versorgung und für die Bevölkerung entstünde.
Wir müssen die Kirche beim Dorf lassen. Darum sind wir für einen entsprechend organischen Aufbau. Wir brauchen einen organischen Marktverlauf. Wir können nicht sämtliche Rindviecher, die uns nicht gefallen, von heute auf morgen aus den Ställen hinauswerfen,
sondern wir müssen hier auf die mit
Fleisch zu versorgende Bevölkerung und die
Entwicklung Rücksicht nehmen. Es dürfen
nicht plötzlich stoßweise Angebote erfolgen, so daß wir nachher mit der Aufzucht der neuen Tiere, die hier das einzig Richtige ist, nicht mehr nachkommen können.
Wir wenden uns außerdem dagegen, daß behauptet wird, dies könne nur durch Ausmerzungsbeihilfen geschehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann nur dadurch geschehen, daß man auch in der Landwirtschaft eine richtige Erziehungsarbeit leistet und das Vernünftigste durchführt. Das alles kann nicht im Galopptempo, sondern muß langsam, sicher und stetig vor sich gehen, ohne daß hier die fortlaufende Produktion der Landwirtschaft beeinträchtigt wird; sonst würden beide Teile, die Landwirtschaft sowohl wie die Verbraucher, geschädigt. Deshalb sagen wir: in der Sache zwar vorwärtsschreiten, aber Tempo halten, vernünftig vorgehen! Solche Dinge lassen sich nicht überstürzen. Die Landwirtschaft ist kein mechanisches Geschäft; die Landwirtschaft ist ein Organismus, und es rentiert sich sehr schlecht, wenn plötzlich in etwas organisch Gewachsenes eingegriffen wird, ohne auf den Ablauf der Verhältnisse Rücksicht zu nehmen.
Das weiß jeder Landwirt.
— Wir wissen es; wir kennen unsere Pappenheimer genau!
Das ist leicht zu sagen: „Wir sind die braven Kinder! Wir haben 40 Millionen verlangt! —
Da schaut's her, was wir für Brüder sind! Wir gehen als Bannerträger voran!" Wir wollen auch, daß die Mittel künftig verstärkt werden, wir wollen aber zunächst einmal, daß hier planmäßig nach den Marktverhältnissen vorgegangen wird. Wir sind dafür, daß die Millionen im Verein mit den Ländern organisch eingesetzt werden.
— Ich glaube, Sie, die Sie sich am meisten freuen, verstehen freilich von der Sache auch am wenigsten!
Wir haben im Sinn, zur dritten Lesung eine Entschließung einzubringen, in der es heißt, daß wir von der Bundesregierung im Benehmen mit den Ländern einen Gesamtplan für die nächsten drei oder fünf Jahre zur Bekämpfung der Rindertuberkulose vorgelegt haben möchten. Wenn auf Grund des Antrages dem Bundestag durch die Bundesregierung eine entsprechende Vorlage unterbreitet wird, dann können wir uns darüber unterhalten, ob hier zusätzlich Mittel notwendig sind. Es gibt ja auch einen Nachtragshaushalt, da kann man sich über diese Dinge unterhalten. Wir möchten aber nicht, daß durch diese Erhöhungsanträge — aus welchen Motiven sie gestellt sind, ist mir gleichgültig — unsere gesamten Etatberatungen aufgehalten werden. Wir wollen, daß die Mittel für die Landwirtschaft möglichst bald effektuiert werden und daß der Herr Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft die Gelegenheit erhält, nach Verabschiedung des Etats wenigstens das anlaufen zu lassen, was im Etat steht. Flurbereinigung, Zinsverbilligung und Tuberkulosebekämpfung — ich brauche es nicht im einzelnen aufzuzählen — möchten wir haben, und deswegen, meine ich, müssen wir maßhalten. Wir dürfen hier nicht scheinheilig sein, wir müssen bei der Heiligkeit bleiben. Im Ernährungs- und Haushaltsausschuß wäre reichlich Gelegenheit gegeben, das auszugleichen. Wir können hier im Parlament nicht über Hürden springen, die wir dann nicht nehmen können, und dann unseren Gaul zum Scheuen bringen und dem Ganzen mehr schaden, als wir ihm nützen können.