Rede:
ID0202102300

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2021

  • date_rangeDatum: 1. April 1954

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:03 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:49 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. Schneider: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 7 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. die: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Frau: 1
    7. Pitz.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 21. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. April 1954 715 21. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. April 1954. Geschäftliche Mitteilungen 716 B Eintritt des Abg. Stümer in den Bundestag 716 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Pferdmenges, Dr. Pünder, Starch und. Dr. Czermak 716 C Mitteilung über interfraktionelle Vereinbarung betr. Verzicht auf erneute erste Beratung von Vorlagen, deren erster Durchgang im Bundesrat während der 1. Wahlperiode des Bundestags erfolgte (Druck- sachen 158, zu 158 und 391) 716 D Nächste Fragestunde 716 D Mitteilung über Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags und zur Wahl des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts 716 D, 717 A Mitteilung betr. Zurückziehung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Freien Hansestadt Bremen über Wirtschaftsprüfer, Bücherrevisoren und Steuerberater (Drucksache 84) 717 A Mitteilung betr. Ersuchen des Stellvertreters des Bundeskanzlers auf Aussetzung der Beratung des Gesetzentwurfs über Erfindungen von Arbeitnehmern und Beamten (Drucksache 187) 717 A Vorlage des Berichts dos Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betr. Bundestagsbeschluß zum Getreidepreisgesetz 1954/55 (Drucksache 387) . . . 717 B Vorlage der Übersichten über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben für das 1. und 2. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1953 (Drucksachen 385 und 386) . . 717 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 34 betr. Einbeziehung des Kreises Alsfeld (Hessen) in die Förderungsmaßnahmen für Zonengrenz-Notstandsgebiete (Drucksachen 300, 401) und 35 betr. Rhein-Seitenkanal (Drucksachen 306, 402) . . . . 717 B Absetzung der Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksache 405) 716 D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Kinderbeihilfen (Kinderbeihilfegesetz) (Drucksache 318) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld und die Errichtung von Familienausgleichskassen (Drucksache 319) 717 B Dr. Schellenberg (SPD), Antragsteller 717 C, 739 D Winkelheide (CDU/CSU), Antragsteller 719 D, 733 A Horn (CDU/CSU) 721 C, 741 A, B Tenhagen (SPD) 741 B Frau Döhring (SPD) 723 B, '736 D Dr. Hammer (FDP) 726 A, 739 C Frau Finselberger (GB/ BHE) 729 C Storch, Bundesminister für Arbeit . 731 A Becker (Hamburg) (DP) 732 A Frau Schroeder (Berlin) (SPD) . . . . 734 A Frau Pitz (CDU/CSU) 736 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . 737 D Gräfin Finckenstein (GB/ BHE) . . . 739 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 740 D Überweisung der beiden Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Sozialpolitik . . . 741 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Konvention vom 5. April 1946 der Internationalen Überfischungskonferenz (Drucksache 114); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 305) 742 A Struve (CDU/CSU), Berichterstatter 742 B Beschlußfassung 742 B Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 295); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 395) 742 D Sabaß (CDU/CSU), Berichterstatter . 742 D Beschlußfassung 743 B Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. h. c Müller (Bonn), Dr. Horlacher, Bauknecht u. Gen. betr. Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (Drucksache 311) 743 C Dr. Horlacher (CDU/CSU) 743 D Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 743 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von zwei Grundstücken in Berlin-Charlottenburg (Drucksache 322) 743 D Überweisung an den Haushaltsausschuß . 743 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zum Schutz industrieller Geheimnisse (Drucksache 303, 99) 743 D Dr. Furler (CDU/CSU), Berichterstatter 744 A Beschlußfassung 745 A Beratung des interfraktionellen Antrags betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 17 [neu]) 745 C Beschlußfassung '745 C Nächste Sitzung 745 C Anlage: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 17 [neu]) 746 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    s) Siehe Anlage Seite 746 Anlage zum Stenographischen Bericht der 21. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 17 [neu]) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Abs. 1 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen: 1. Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betreffend Genehmigung zum Führen von Sondersignalen und Kennscheinwerfern durch Krankentransportfahrzeuge des Deutschen Roten Kreuzes (Drucksache 309) 2. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Förderung der Magermilchverwertung (Drucksache 325) 3. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Bekämpfung der Rindertuberkulose (Drucksache 326) 4. Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher, Dr. Gleissner (München), Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn), Bauknecht und Genossen betreffend Verbilligung von Dieselkraftstoff (Drucksache 327) 5. Antrag der Abgeordneten Dr. Gleissner (München), Lücker (München) und Genossen betreffend Abgeltungsbetrag an das Wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitut in München (Drucksache 328) 6. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Förderung der Landtechnik (Drucksache 329) 7. Antrag der Abgeordneten Leukert, Dr. Götz, Kuntscher und Genossen betreffend Förderung der ländlichen Siedlung (Drucksache 330) 8. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Landarbeiterwohnungsbau (Drucksache 331) 9. Antrag der Abgeordneten Etzenbach, Lücke und Genossen betreffend Ersatzstraße für die Bundesstraße 56 Bonn/ Beuel — Siegburg (Drucksache 336) Bonn, den 30. März 1954 an den Ausschuß für Verkehrswesen; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß. Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Louise Schroeder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Als ich soeben Herrn Wink e 1 h e i d e hörte, habe ich ihn bewundert wegen seiner Überzeugung, daß er nun endlich die „klassische Lösung" gefunden hat.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Denn Herr Kollege Winkelheide weiß, daß wir dreieinhalb Jahre lang im Sozialpolitischen Ausschuß gerungen haben und daß wir schließlich eine gewisse Einigung erzielt hatten. Es stimmt nicht, Herr Kollege Winkelheide — ich muß das mit Bedauern feststellen —, daß wir uns immer auf den Standpunkt „alles oder nichts" gestellt haben.

    (Sehr richtig bei der SPD.)

    Wir waren bereit, um der Mütter und Kinder draußen willen Konzessionen zu machen, die uns sehr schwergefallen sind. Wir fanden einfach, daß es unmöglich ist, daß der 1. Deutsche Bundestag auseinandergeht, ohne endlich zu einer Lösung gekommen zu sein.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Herr Kollege Winkelheide, wenn Sie jetzt sagen, die Lösung, die sie heute bringen, sei die klassische Lösung,

    (Abg. Richter: Der größte Witz!)

    dann habe ich etwas Angst um Sie — seien Sie mir nicht böse —,

    (Abg. Winkelheide: Nein, nein!)

    ich fürchte, es könnte Ihnen jetzt genau so gehen wie in einer der letzten Sitzungen des Sozialpolitischen Ausschusses, daß Sie kommen und sagen müßten: Meine Fraktion und die Koalition machen mit mir nicht mit.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Wir haben ja jetzt schon ein paar kleine Beispiele an Herrn Hammer, Herrn Becker usw. gehabt. Auch die Frau Kollegin vom BHE steht nicht gerade auf dem Standpunkt Ihrer „klassischen Lösung". Lieber keine großen Worte; denn es könnte Ihnen noch einmal eine große Panne passieren.
    Nachdem ich nun den Herrn Arbeitsministerzu der Frage gehört habe — er ist jetzt nicht mehr da —,

    (Zuruf e)

    — entschuldigen Sie, Herr Minister — bedauere ich um so mehr, daß Sie, Herr Minister, nicht endlich selber einen Regierungsentwurf gebracht haben.

    (Sehr richtig! bei der SPD und rechts.)

    Manches von dem, was Sie uns hier gesagt haben, war für den einen, manches für den anderen Entwurf. Da war manches, worin wir Ihnen zustimmen können, manches, was wir ablehnen. Aber wenn Sie schon diese Gedanken haben, Herr Minister — Sie sind noch nicht erst jetzt Minister geworden, sondern Sie waren es schon in der ersten Bundesregierung —, hätten Sie selber einen Entwurf vorlegen sollen. Da hat Herr Kollege Horn recht: im Jahre 1949, ich glaube, es war im September oder November, hat die CDU bereits den Antrag gestellt, der Minister — der doch der CDU angehört — solle einen Entwurf vorlegen. Dieser Entwurf ist nicht gekommen. Daraufhin haben wir im März 1950 einen eigenen Entwurf gebracht. Wie gesagt, er ist gescheitert, genau so wie der dann auch gekommene Entwurf des Herrn Kollegen Winkelheide. Jetzt haben wir aber schon ein halbes Jahr den 2. Bundestag. Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung gesagt, daß wir einen solchen Entwurf bekommen sollen. Der Sprecher der Opposition hat dem voll zugestimmt. Aber immer noch haben wir den Entwurf nicht. Herr Minister Storch, seien Sie mir nicht böse, aber das ist, glaube ich, eine Verschleppung der ganzen Angelegenheit, die kaum zu verantworten ist,

    (Zustimmung bei der SPD)

    wenn man für die Mütter und Kinder draußen wirklich etwas tun will.
    Nun ein Wort zu den großen Bedenken wegen einer staatlichen Kinderbeihilfe. Herr Winkelheide hat sie ausgesprochen, Herr Horn hat sie ausgesprochen. Herr Winkelheide hat auch da große Worte gebraucht. Er hat gesagt, wir dürften die Familie nicht zu stark vom Staate abhängig machen. Es ist von einer neuen Rentnergruppe gesprochen worden. Nun, eine neue Rentnergruppe wird auch durch Ihren Entwurf geschaffen. Denn daß jemand Rentner ist, hängt nicht davon ab, ob er die Rente vom Finanzamt oder von der Berufsgenossenschaft bekommt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber was heißt das, was wollen Sie damit sagen: 'die Empfänger der Leistungen würden Fürsorgeempfängern gleichgestellt und zu sehr vom Staate abhängig gemacht? Verehrter Herr Winkelheide, wir haben ja einen Familienminister. Ich glaube, er gehört Ihrer Fraktion an.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Mit welchem Recht haben wir denn einen Familienminister, wenn alle diese Fragen nicht in Verbindung mit dem Staat stehen sollen? Ich meine, der Familienminister ist doch bestimmt nicht nur da, damit er schöne Reden hält,

    (erneute Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    damit er vom sterbenden Volk und ähnlichen Dingen redet, sondern er soll doch etwas schaffen!

    (Zuruf von der Mitte: Tut er ja!)

    Wenigstens hoffen wir immer noch, daß wir das erleben werden.
    Was bedeutet es also, daß, wenn jemand eine ganz große Leistung für den Staat vollbringt, er nun auch vom Staat eine ganz kleine Hilfe bekommt!

    (Abg. Richter: Sehr gut!)

    Die ganz große Leistung vollbringen doch unsere
    Mütter und Väter, die dem Staat Kinder geben
    und sie erziehen. Mit 20 Mark ist das nicht abgetan,

    (Zuruf von der Mitte: Dem Staat geben sie keine Kinder, Frau Schroeder!)



    (Frau Schroeder [Berlin])

    das ist eine ganz kleine Beihilfe. Aber wenn Sie so denken, daß niemand etwas vom Staat bekommen darf, ja, was sagen Sie denn dann zu den Beamten? Die bekommen doch schon immer Kinderbeihilfen, und die bekommen sie doch vom Staat!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Also ich muß Ihnen sagen, für diese Ausführungen habe ich kein Verständnis.
    Nun hat Herr Kollege Horn gesagt, man wolle doch die Selbstverwaltung schützen. Ja, Kollege Horn, wenn Sie das bloß schon immer gesagt hätten,

    (lebhafte Zustimmung von der SPD)

    auch in den Fällen, in denen w i r die Selbstverwaltung gefordert haben! Wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer Leistungen zu einer Aufgabe beitragen, fordern auch wir selbstverständlich die Selbstverwaltung. Wir haben auch hier gar nichts gegen die Selbstverwaltung. Was wir aber verhindern wollen, ist die Zersplitterung in die große Anzahl von Berufsgenossenschaften. Sie können uns auch wirklich nicht davon überzeugen, daß das nicht teurer werden soll als eine einheitliche staatliche Kinderbeihilfe. Es kommt hinzu — das haben auch die Herren Redner der FDP und der DP und ebenso die Frau Kollegin vom BHE mit vollem Recht aasgeführt —, daß bei Ihrem Antrag ein großer Teil von Menschen, die eine solchen Kinderbeihilfe unbedingt bedürften, ausgeschlossen wird.

    (Sehr gut! bei der SPD und rechts.)

    Herr Kollege Horn und wohl auch der Herr Arbeitsminister haben davon gesprochen, daß der Leistungslohn für eine Familie mit zwei Kindern ausreichen soll. Ist es denn wirklich so, daß der Leistungslohn immer eine Familie mit zwei. Kindern ernährt? Frau Gräfin Finckenstein hat bei einem anderen Anlaß erklärt, daß es in 'Deutschland noch drei Millionen Menschen gebe, die bis 120 DM im Monat verdienten. Ist das ein Leistungslohn, der auch für einen solchen Zweck ausreichen würde? Einige der Damen und Herren waren. glaube ich, kürzlich zusammen mit mir auf der Kundgebung der Deutschen Angestelltengewerkschaft betreffend die geistige Arbeit. Sie werden dort gehört haben, welche Einkommen gerade auch die Angestellten heute noch haben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dann erinnere ich Sie daran, daß es angestelltenähnliche Berufe gibt, die nicht auf Grund eines Tarifvertrages entlohnt werden, die sogenannten kleinen Selbständigen. Herr Kollege Hammer hat auch auf die Herren auf der Journalistentribüne hingewiesen. Ich erinnere Sie an viele andere, an die Handlungsreisenden und andere sogenannte selbständige Berufe, die sich oft noch sehr viel schlechter stehen, als es hier der Fall ist, wo Sie von einem Leistungslohn sprechen. Dann erinnere ich Sie — und vor allen Dingen meine Kolleginnen in diesem Hause —an die Frauen. Es hat leider heute nicht jede Frau, die Mutter wird, einen Mann. Wir müssen auch an die vielen Witwen, die vielen geschiedenen Frauen denken, die ihre Kinder allein durchs Leben bringen müssen, auch an die alleinstehenden Frauen, die den Mut haben, unehelich Mutter zu werden.

    (Lebhafte Zurufe von der Mitte: Mut haben?!)

    — Ja, was denn? Was schütteln Sie denn da den Kopf, Herr Minister Lübke? Was erscheint Ihnen da so komisch? Ist das so komisch, oder haben Sie den Mut, zu sagen, in einem Staat, dem der Krieg,
    dem die Nazizeit die Männer genommen hat, muß
    jede Frau ohne Mutterschaft durchs Leben gehen?

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Haben Sie den Mut?

    (Erneute Zurufe von der Mitte.)

    — Dann bitte ich Sie, gehen Sie in eine Versammlung von Frauen und sagen Sie das.

    (Zurufe von der Mitte: Das tun wir!)

    — Gut, dann sagen Sie es!
    Aber Sie müssen sich auch die Frauenlöhne einmal ansehen. Sie müssen an die Witwen und an die Frauen denken, deren Männer noch nicht aus dem Kriege zurückgekommen sind und die ein Kind von 12 oder 13 Jahren oder auch zwei Kinder haben. Diese Frauen verdienen, wenn sie berufstätig sein können, fast ausschließlich noch geringer als die Männer.
    Sie können uns nun vorhalten: In eurem Antrag steht drin, daß ihr die Kinderbeihilfe erst vom zweiten Kind an geben wollt. Darauf muß ich antworten — und das sage ich auch dem Herrn Kollegen Winkelheide —: leider haben wir uns dazu ganz schweren Herzens— das sage ich Ihnen ganz offen — entschließen müssen, um endlich etwas zu schaffen, damit Sie uns nicht wieder entgegenhalten: Es ist unmöglich. Aber wenn Sie nun gar bis zum dritten Kind gehen und immer davon sprechen, das dritte Kind solle 20 D -Mark haben, dann glaube ich, müssen wir uns die Sache doch einmal plastisch vorstellen. Die Familie, die vom dritten Kind an 20 D-Mark pro Kind bekommt, hat dann für die drei Kinder zusammen nur 20 DM, denn für das erste und zweite Kind bekommt sie nichts.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Sie hat also drei Kinder und bekommt 20 DM; daß das nicht ausreicht, werden Sie mir zugeben.
    Nun möchte ich noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Hammer sagen. Er hat uns eine sehr interessante Angelegenheit hier vorgetragen; er hat mit Hitler angefangen und bei der Todesstrafe geendet. Das betraf alles die Kinderbeihilfe, nehme ich an.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Das war alles ganz amüsant, Herr Kollege Hammer. Zum Schluß haben Sie aber ein Wort gesagt, das nicht amüsant war; ich glaube, das war etwas, was Sie sehr zurücknehmen müßten. Sie haben nämlich die Kinderbeihilfe zu einer Zuchtprämie degradiert.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD und in der Mitte.)

    Dagegen muß ich allerdings als Frau und im Interesse der Frauen und Mütter protestieren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und wenn der Herr Kollege Becker gemeint hat, die Kinderbeihilfe müsse auf die Steuerreform abgestimmt werden, so kann ich nur erwidern: umgekehrt, die Steuerreform muß auf die Kinderbeihilfe abgestimmt werden.

    (Abg. Richter: Sehr gut!)

    Wir können es nicht ertragen, daß in Deutschland, in dem auch heute noch trotz des „Wirtschaftswunders" so viel, so ungeheuer viel Not vorhanden ist, ausgerechnet den Ärmsten der Armen


    (Frau Schroeder [Berlin])

    diese Hilfe, die wir für notwendig halten, vorenthalten wird. Ich bitte Sie deshalb alle, und ich bitte insbesondere Herrn Minister Storch, der davon gesprochen hat, er müsse die Dinge im Kabinett besprechen: beeilen Sie sich endlich, damit unsere Familien draußen nicht noch länger warten müssen!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Pitz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind heute morgen schon viele Worte gewechselt worden. Durch alle Ausführungen hat sich wie ein roter Faden die grundsätzliche Zustimmung zu den Familienausgleichskassen und zu dieser Hilfe, die wir der Familie geben wollen, gezogen. In der Betrachtung, welche Wege wir beschreiten wollen, gehen wir auseinander.
    Mehrfach wurde erklärt, daß die Vorlage der Entwürfe verzögert worden sei. Meines Erachtens darf das nicht als Vorwurf gesagt, jedenfalls von uns nicht als Vorwurf aufgefaßt werden. Es ist höchstens ein Beweis dafür, wie sehr schwierig es ist, auf diesem neuen Gebiet eine Lösung zu finden.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Es sollte uns eine Mahnung sein, daß wir mit um so größerer Sorgfalt die beiden neuen Vorlagen im Ausschuß beraten.
    In all dem, was hier gesagt worden ist, sind aber auch Töne angeklungen, die ich nicht gutheißen kann, die ich als Frau und als Mutter meiner Kinder zurückweisen muß.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich bedauere vor allen Dingen einige Ausführungen meines verehrten Herrn Kollegen Hammer, mit dem ich sieben Jahre im hessischen Landtage zusammen gearbeitet habe. Außer dem, was bereits Frau Kollegin Schroeder moniert hat, muß ich folgendes aufgreifen. Sie haben von einem „Wurf" Kinder gesprochen, den die Eltern um sich haben. Herr Kollege Hammer, jedes Kind ist nach unserem Recht Person.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und beider SPD.)

    Die Existenz eines jeden Kindes erfordert denselben Respekt, Herr Dr. Hammer, den wir für uns fordern.

    (Erneute lebhafte Zustimmung in der Mitte und bei der SPD.)

    Ich glaube, es ist der Würde dieses Hauses nicht
    gemäß, in der Debatte auf diese Ebene des Vulgären herabzusteigen.

    (Beifall in der Mitte und bei der SPD.)

    Es ist noch ein anderer Ton angeklungen, der mich erschreckt hat. Es ist meine Kollegin vom BHE gewesen, die den Staat und die Beziehung des Menschen zum Staat in einer Form dargestellt hat, die in die gefährliche Nähe der Betrachtungsweise des Dritten Reichs gekommen ist.

    (Lebhafte Zustimmung in der Mitte. — Wenn wir, Frau Kollegin, konsequent im Sinne Ihrer Auffassung sein wollten, würde ich vorschlagen, daß wir für Geburtsanzeigen künftig einen neuen Text wählen und schreiben: Wir haben dem Staat ein Kind geschenkt. Und dann kommt der Vater Staat und bezahlt. (Zuruf vom GB/ BHE: Sie hätten besser nicht gesprochen! — Weitere Zurufe vom GB/ BHE und von der SPD.)


    (Zurufe vom GB/ BHE.)

    Dieser Auffassung kann ich nicht zustimmen. Der Staat ist so stark, wie der einzelne frei ist.

    (Zuruf von der SPD: Wer ist denn der Staat!)

    Diese Freiheit des einzelnen fängt mit der Eigenverantwortung an. Wir müssen sie in dem einzelnen wachrufen. Wir wollen nicht den Versorgungsstaat, sondern ein sittlich vertretbares Verhältnis
    zwischen Eigenverantwortung und sozialer Sicherheit.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Auf dieser Konzeption bauen wir auf.
    Ich möchte auch noch etwas zu dem sagen, was Frau Kollegin Schroeder wegen des unehelichen Kindes ausgeführt hat. Das uneheliche Kind ist ja, sofern die Mutter erwerbstätig ist oder in den Kreis derjenigen gehört, die anspruchsberechtigt sind, berücksichtigt.

    (Zuruf von der SPD: Wieso denn? — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Ja, wenn sie Arbeitskraft ist!

    (Zuruf von der SPD: Erst bei drei Kindern! — Weitere Zurufe.)

    — Richtig, insofern haben Sie recht. Aber ich möchte etwas Grundsätzliches dazu sagen, und deswegen habe ich die Frage angeschnitten. Nicht die Frau — die nicht verheiratete Frau — hat einen Anspruch auf das Kind; das Kind hat einen Anspruch auf beide Eltern, auf die Liebe und Sorge beider Eltern und auf die Geborgenheit in der Familie!

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Das Kind hat einen Anspruch auf einen geschützten Lebensraum, und jede uneheliche Mutter sollte — so sehr sie unserer Hilfe und unserer Fürsorge bedarf und einen Anspruch darauf hat — in dieser Situation als in einer Ausnahmesituation betrachtet werden, die eine soziologische Entwicklung bedeutet, welche wir nicht gutheißen können.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU. — Unruhe und Zurufe von der SPD.)

    Hier ist vieles gesagt worden, was eigentlich nicht in den Rahmen einer Debatte zur ersten Lesung gehört, viele Einzelheiten, die der Ausschußberatung oder den Anträgen zur zweiten Lesung vorbehalten sein müssen. Ich möchte aber noch einmal betonen, daß es nicht Zufall ist, daß wir die Ebene der Berufsgenossenschaften gewählt haben. Die Ansätze, die sich auf Grund der Initiative der Unternehmer bereits gezeigt haben und die in der Richtung eines Ausgleichs der Berufsstände, der Wirtschaftsgruppen untereinander zielen, müssen aufgefangen und koordiniert werden. Wir haben nicht von oben her — —Vizepräsident Dr. Schneider: Einen Moment! Es soll eine Zwischenfrage gestellt werden.