Rede:
ID0202102100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2021

  • date_rangeDatum: 1. April 1954

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  • short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. Schneider: info_outline

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  • subjectLänge: 6 Wörter
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    Vokabeln: 6
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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 21. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. April 1954 715 21. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. April 1954. Geschäftliche Mitteilungen 716 B Eintritt des Abg. Stümer in den Bundestag 716 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Pferdmenges, Dr. Pünder, Starch und. Dr. Czermak 716 C Mitteilung über interfraktionelle Vereinbarung betr. Verzicht auf erneute erste Beratung von Vorlagen, deren erster Durchgang im Bundesrat während der 1. Wahlperiode des Bundestags erfolgte (Druck- sachen 158, zu 158 und 391) 716 D Nächste Fragestunde 716 D Mitteilung über Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags und zur Wahl des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts 716 D, 717 A Mitteilung betr. Zurückziehung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Freien Hansestadt Bremen über Wirtschaftsprüfer, Bücherrevisoren und Steuerberater (Drucksache 84) 717 A Mitteilung betr. Ersuchen des Stellvertreters des Bundeskanzlers auf Aussetzung der Beratung des Gesetzentwurfs über Erfindungen von Arbeitnehmern und Beamten (Drucksache 187) 717 A Vorlage des Berichts dos Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betr. Bundestagsbeschluß zum Getreidepreisgesetz 1954/55 (Drucksache 387) . . . 717 B Vorlage der Übersichten über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben für das 1. und 2. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1953 (Drucksachen 385 und 386) . . 717 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 34 betr. Einbeziehung des Kreises Alsfeld (Hessen) in die Förderungsmaßnahmen für Zonengrenz-Notstandsgebiete (Drucksachen 300, 401) und 35 betr. Rhein-Seitenkanal (Drucksachen 306, 402) . . . . 717 B Absetzung der Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksache 405) 716 D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Kinderbeihilfen (Kinderbeihilfegesetz) (Drucksache 318) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld und die Errichtung von Familienausgleichskassen (Drucksache 319) 717 B Dr. Schellenberg (SPD), Antragsteller 717 C, 739 D Winkelheide (CDU/CSU), Antragsteller 719 D, 733 A Horn (CDU/CSU) 721 C, 741 A, B Tenhagen (SPD) 741 B Frau Döhring (SPD) 723 B, '736 D Dr. Hammer (FDP) 726 A, 739 C Frau Finselberger (GB/ BHE) 729 C Storch, Bundesminister für Arbeit . 731 A Becker (Hamburg) (DP) 732 A Frau Schroeder (Berlin) (SPD) . . . . 734 A Frau Pitz (CDU/CSU) 736 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . 737 D Gräfin Finckenstein (GB/ BHE) . . . 739 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 740 D Überweisung der beiden Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Sozialpolitik . . . 741 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Konvention vom 5. April 1946 der Internationalen Überfischungskonferenz (Drucksache 114); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 305) 742 A Struve (CDU/CSU), Berichterstatter 742 B Beschlußfassung 742 B Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 295); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 395) 742 D Sabaß (CDU/CSU), Berichterstatter . 742 D Beschlußfassung 743 B Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. h. c Müller (Bonn), Dr. Horlacher, Bauknecht u. Gen. betr. Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (Drucksache 311) 743 C Dr. Horlacher (CDU/CSU) 743 D Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 743 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von zwei Grundstücken in Berlin-Charlottenburg (Drucksache 322) 743 D Überweisung an den Haushaltsausschuß . 743 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zum Schutz industrieller Geheimnisse (Drucksache 303, 99) 743 D Dr. Furler (CDU/CSU), Berichterstatter 744 A Beschlußfassung 745 A Beratung des interfraktionellen Antrags betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 17 [neu]) 745 C Beschlußfassung '745 C Nächste Sitzung 745 C Anlage: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 17 [neu]) 746 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    s) Siehe Anlage Seite 746 Anlage zum Stenographischen Bericht der 21. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 17 [neu]) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Abs. 1 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen: 1. Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betreffend Genehmigung zum Führen von Sondersignalen und Kennscheinwerfern durch Krankentransportfahrzeuge des Deutschen Roten Kreuzes (Drucksache 309) 2. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Förderung der Magermilchverwertung (Drucksache 325) 3. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Bekämpfung der Rindertuberkulose (Drucksache 326) 4. Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher, Dr. Gleissner (München), Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn), Bauknecht und Genossen betreffend Verbilligung von Dieselkraftstoff (Drucksache 327) 5. Antrag der Abgeordneten Dr. Gleissner (München), Lücker (München) und Genossen betreffend Abgeltungsbetrag an das Wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitut in München (Drucksache 328) 6. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Förderung der Landtechnik (Drucksache 329) 7. Antrag der Abgeordneten Leukert, Dr. Götz, Kuntscher und Genossen betreffend Förderung der ländlichen Siedlung (Drucksache 330) 8. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Landarbeiterwohnungsbau (Drucksache 331) 9. Antrag der Abgeordneten Etzenbach, Lücke und Genossen betreffend Ersatzstraße für die Bundesstraße 56 Bonn/ Beuel — Siegburg (Drucksache 336) Bonn, den 30. März 1954 an den Ausschuß für Verkehrswesen; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß; an den Haushaltsausschuß. Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Bernhard Winkelheide


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will die Diskussion nicht verlängern; aber einigen Ausführungen der verehrten Frau Kollegin Döhring muß ich doch widersprechen.
    Erstens: Wir müssen uns entschieden dagegen wehren, daß von unserem Entwurf als einem „Entwurf des Flickwerks" gesprochen wird.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das ist kein Flickwerk, sondern eine ganz klar durchdachte Vorlage, wenn man auch über den einen oder anderen Paragraphen noch reden kann. Es ist eine klassische Lösung, möchte ich sogar sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und lebhafte Zurufe bei der SPD. — Abg. Dr. Schellenberg: Was sagt denn Ihr eigener Minister dazu, Herr Winkelheide?)

    — Sie haben doch gehört, daß der Herr Minister bis auf einige Kleinigkeiten mit dem Entwurf einverstanden ist.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Wenn Sie von der Einfachheit sprechen, möchte ich den Spieß umdrehen und feststellen, daß Ihre These sehr einfach ist: Das muß gezahlt werden; woher es kommt, mag der Herr Schäffer sehen. Auf die Ebene einer so einfachen Formel begeben w i r uns nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zweitens müssen wir uns ganz entschieden dagegen wehren, daß Sie die Technik in den Vordergrund stellen und uns vorwerfen, wir hätten nur von der Technik gesprochen und die Familie und das Kind außer acht gelassen. Ich glaube, die Begründung unseres Entwurfs spricht eine andere Sprache.
    Drittens wollte ich Ihnen sagen, daß sie unseren Entwurf richtig lesen müssen. Es gibt nämlich keine Berufsgenossenschaft, die nur Selbständige hat, sondern die Selbständigen sind in allen 37 verstreut. Nur die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sind in dieser Richtung reinrassig.
    Weiter möchten wir weder neue Stockwerke bei den Berufsgenossenschaften noch neue Stockwerke bei den Finanzämtern sehen. Neue Stockwerke lieben wir nicht. Bei den Berufsgenossenschaften werden vielleicht eine oder zwei Verwaltungskräfte neu eingestellt werden müssen,

    (Lachen bei der SPD)

    aber mehr nicht. Wir wollen uns einmal wieder sprechen, wenn der Endeffekt unserer Arbeiten erreicht ist. Ich will jetzt die Diskussion über diese Dinge nicht vertiefen. Ich möchte Ihnen aber sagen, Sie müssen einmal von Ihrem alten Grundsatz „Alles oder gar nichts" heruntergehen.

    (Zuruf von der FDP: Richtig!)

    Sie wollen alles und erreichen dann wieder gar nichts. So haben Sie es in all den hinter uns liegenden Jahrzehnten mit allen sozialen Gesetzen gemacht.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Widerspruch bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Sie haben wohl geschlafen!)

    Wir möchten das, was auf dieser Ebene erreichbar ist, zunächst einmal mit dem von uns vorgeschlagenen System verwirklichen, und das sind 20 DM vom dritten Kind ab. Wer aber alles will, erreicht nachher wieder gar nichts.

    (Abg. Dr. Miessner: Was sagt der Finanzminister dazu?)

    — Der Finanzminister hat zu diesem Gesetzentwurf ja gesagt, weil dieser einfach und klar ist und er nur zu einem Teil belastet wird.

    (Zuruf von der SPD: Schade, daß er nicht hier ist! — Abg. Dr. Miessner: Er wird aber noch etwas sagen!)

    Um den Leistungslohn — das hat der Minister auch schon ausgeführt — zu erhalten, um nicht mehr soziale Bestandteile in ihn einzufügen, haben wir diese Lösung und diese Struktur auf überbetrieblicher Ebene vorgeschlagen. Ich will Ihnen auch noch einen anderen Grund für den Beginn beim dritten Kind nennen: wir wollen gerade den Lebensstandard der Mehrkinderfamilien an den Lebensstandard der kinderarmem Familien anheben. Das ist die soziale Gerechtigkeit.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Nun ein Wort zum Herrn Kollegen Dr. Hammer. Herr Kollege Dr. Hammer, ich habe eine Hochachtung vor dem Staat, ich habe den Staat nicht attackiert — ich weiß, daß der Staat ein hohes Ethos hat —, ich möchte aber einen Unterschied zwischen Regieren und Verwalten sehen. Der Staat und die Regierung sollen regieren, das Verwalten aber sollen sie soviel wie möglich der Selbstverwaltung und den Bürgern in den Organen überlassen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Herr Dr. Hammer, wir haben doch die Zeit des Nationalsozialismus erlebt. Da war mit den Kinderzulagen ein Grundsatz verbunden: Nur wer arisch einwandfrei und politisch zuverlässig ist, soll Kindergeld erhalten. In diese Gefahr möchte ich die Familie bei dem Auf und Ab im staatlichen Leben nicht hineinbringen. Das möchte ich hier auch noch einmal zum Ausdruck bringen.


    (Winkelheide)

    Zu den andern Dingen, die hier vorgetragen worden sind, werden meine Kollegen noch eingehend Stellung nehmen. Wir sollten die Dinge im Ausschuß sachlich beraten. Das eine und das andere kann noch geändert werden. Entscheidend ist, daß recht bald geholfen wird. Ich wäre der Rednerin des BHE und dem Redner der Deutschen Partei, die unsere Vorschläge ablehnen, dankbar gewesen, wenn sie uns eine Lösung genannt hätten.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat Frau Louise Schroeder.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Louise Schroeder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Als ich soeben Herrn Wink e 1 h e i d e hörte, habe ich ihn bewundert wegen seiner Überzeugung, daß er nun endlich die „klassische Lösung" gefunden hat.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Denn Herr Kollege Winkelheide weiß, daß wir dreieinhalb Jahre lang im Sozialpolitischen Ausschuß gerungen haben und daß wir schließlich eine gewisse Einigung erzielt hatten. Es stimmt nicht, Herr Kollege Winkelheide — ich muß das mit Bedauern feststellen —, daß wir uns immer auf den Standpunkt „alles oder nichts" gestellt haben.

    (Sehr richtig bei der SPD.)

    Wir waren bereit, um der Mütter und Kinder draußen willen Konzessionen zu machen, die uns sehr schwergefallen sind. Wir fanden einfach, daß es unmöglich ist, daß der 1. Deutsche Bundestag auseinandergeht, ohne endlich zu einer Lösung gekommen zu sein.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Herr Kollege Winkelheide, wenn Sie jetzt sagen, die Lösung, die sie heute bringen, sei die klassische Lösung,

    (Abg. Richter: Der größte Witz!)

    dann habe ich etwas Angst um Sie — seien Sie mir nicht böse —,

    (Abg. Winkelheide: Nein, nein!)

    ich fürchte, es könnte Ihnen jetzt genau so gehen wie in einer der letzten Sitzungen des Sozialpolitischen Ausschusses, daß Sie kommen und sagen müßten: Meine Fraktion und die Koalition machen mit mir nicht mit.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Wir haben ja jetzt schon ein paar kleine Beispiele an Herrn Hammer, Herrn Becker usw. gehabt. Auch die Frau Kollegin vom BHE steht nicht gerade auf dem Standpunkt Ihrer „klassischen Lösung". Lieber keine großen Worte; denn es könnte Ihnen noch einmal eine große Panne passieren.
    Nachdem ich nun den Herrn Arbeitsministerzu der Frage gehört habe — er ist jetzt nicht mehr da —,

    (Zuruf e)

    — entschuldigen Sie, Herr Minister — bedauere ich um so mehr, daß Sie, Herr Minister, nicht endlich selber einen Regierungsentwurf gebracht haben.

    (Sehr richtig! bei der SPD und rechts.)

    Manches von dem, was Sie uns hier gesagt haben, war für den einen, manches für den anderen Entwurf. Da war manches, worin wir Ihnen zustimmen können, manches, was wir ablehnen. Aber wenn Sie schon diese Gedanken haben, Herr Minister — Sie sind noch nicht erst jetzt Minister geworden, sondern Sie waren es schon in der ersten Bundesregierung —, hätten Sie selber einen Entwurf vorlegen sollen. Da hat Herr Kollege Horn recht: im Jahre 1949, ich glaube, es war im September oder November, hat die CDU bereits den Antrag gestellt, der Minister — der doch der CDU angehört — solle einen Entwurf vorlegen. Dieser Entwurf ist nicht gekommen. Daraufhin haben wir im März 1950 einen eigenen Entwurf gebracht. Wie gesagt, er ist gescheitert, genau so wie der dann auch gekommene Entwurf des Herrn Kollegen Winkelheide. Jetzt haben wir aber schon ein halbes Jahr den 2. Bundestag. Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung gesagt, daß wir einen solchen Entwurf bekommen sollen. Der Sprecher der Opposition hat dem voll zugestimmt. Aber immer noch haben wir den Entwurf nicht. Herr Minister Storch, seien Sie mir nicht böse, aber das ist, glaube ich, eine Verschleppung der ganzen Angelegenheit, die kaum zu verantworten ist,

    (Zustimmung bei der SPD)

    wenn man für die Mütter und Kinder draußen wirklich etwas tun will.
    Nun ein Wort zu den großen Bedenken wegen einer staatlichen Kinderbeihilfe. Herr Winkelheide hat sie ausgesprochen, Herr Horn hat sie ausgesprochen. Herr Winkelheide hat auch da große Worte gebraucht. Er hat gesagt, wir dürften die Familie nicht zu stark vom Staate abhängig machen. Es ist von einer neuen Rentnergruppe gesprochen worden. Nun, eine neue Rentnergruppe wird auch durch Ihren Entwurf geschaffen. Denn daß jemand Rentner ist, hängt nicht davon ab, ob er die Rente vom Finanzamt oder von der Berufsgenossenschaft bekommt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber was heißt das, was wollen Sie damit sagen: 'die Empfänger der Leistungen würden Fürsorgeempfängern gleichgestellt und zu sehr vom Staate abhängig gemacht? Verehrter Herr Winkelheide, wir haben ja einen Familienminister. Ich glaube, er gehört Ihrer Fraktion an.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Mit welchem Recht haben wir denn einen Familienminister, wenn alle diese Fragen nicht in Verbindung mit dem Staat stehen sollen? Ich meine, der Familienminister ist doch bestimmt nicht nur da, damit er schöne Reden hält,

    (erneute Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    damit er vom sterbenden Volk und ähnlichen Dingen redet, sondern er soll doch etwas schaffen!

    (Zuruf von der Mitte: Tut er ja!)

    Wenigstens hoffen wir immer noch, daß wir das erleben werden.
    Was bedeutet es also, daß, wenn jemand eine ganz große Leistung für den Staat vollbringt, er nun auch vom Staat eine ganz kleine Hilfe bekommt!

    (Abg. Richter: Sehr gut!)

    Die ganz große Leistung vollbringen doch unsere
    Mütter und Väter, die dem Staat Kinder geben
    und sie erziehen. Mit 20 Mark ist das nicht abgetan,

    (Zuruf von der Mitte: Dem Staat geben sie keine Kinder, Frau Schroeder!)



    (Frau Schroeder [Berlin])

    das ist eine ganz kleine Beihilfe. Aber wenn Sie so denken, daß niemand etwas vom Staat bekommen darf, ja, was sagen Sie denn dann zu den Beamten? Die bekommen doch schon immer Kinderbeihilfen, und die bekommen sie doch vom Staat!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Also ich muß Ihnen sagen, für diese Ausführungen habe ich kein Verständnis.
    Nun hat Herr Kollege Horn gesagt, man wolle doch die Selbstverwaltung schützen. Ja, Kollege Horn, wenn Sie das bloß schon immer gesagt hätten,

    (lebhafte Zustimmung von der SPD)

    auch in den Fällen, in denen w i r die Selbstverwaltung gefordert haben! Wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer Leistungen zu einer Aufgabe beitragen, fordern auch wir selbstverständlich die Selbstverwaltung. Wir haben auch hier gar nichts gegen die Selbstverwaltung. Was wir aber verhindern wollen, ist die Zersplitterung in die große Anzahl von Berufsgenossenschaften. Sie können uns auch wirklich nicht davon überzeugen, daß das nicht teurer werden soll als eine einheitliche staatliche Kinderbeihilfe. Es kommt hinzu — das haben auch die Herren Redner der FDP und der DP und ebenso die Frau Kollegin vom BHE mit vollem Recht aasgeführt —, daß bei Ihrem Antrag ein großer Teil von Menschen, die eine solchen Kinderbeihilfe unbedingt bedürften, ausgeschlossen wird.

    (Sehr gut! bei der SPD und rechts.)

    Herr Kollege Horn und wohl auch der Herr Arbeitsminister haben davon gesprochen, daß der Leistungslohn für eine Familie mit zwei Kindern ausreichen soll. Ist es denn wirklich so, daß der Leistungslohn immer eine Familie mit zwei. Kindern ernährt? Frau Gräfin Finckenstein hat bei einem anderen Anlaß erklärt, daß es in 'Deutschland noch drei Millionen Menschen gebe, die bis 120 DM im Monat verdienten. Ist das ein Leistungslohn, der auch für einen solchen Zweck ausreichen würde? Einige der Damen und Herren waren. glaube ich, kürzlich zusammen mit mir auf der Kundgebung der Deutschen Angestelltengewerkschaft betreffend die geistige Arbeit. Sie werden dort gehört haben, welche Einkommen gerade auch die Angestellten heute noch haben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dann erinnere ich Sie daran, daß es angestelltenähnliche Berufe gibt, die nicht auf Grund eines Tarifvertrages entlohnt werden, die sogenannten kleinen Selbständigen. Herr Kollege Hammer hat auch auf die Herren auf der Journalistentribüne hingewiesen. Ich erinnere Sie an viele andere, an die Handlungsreisenden und andere sogenannte selbständige Berufe, die sich oft noch sehr viel schlechter stehen, als es hier der Fall ist, wo Sie von einem Leistungslohn sprechen. Dann erinnere ich Sie — und vor allen Dingen meine Kolleginnen in diesem Hause —an die Frauen. Es hat leider heute nicht jede Frau, die Mutter wird, einen Mann. Wir müssen auch an die vielen Witwen, die vielen geschiedenen Frauen denken, die ihre Kinder allein durchs Leben bringen müssen, auch an die alleinstehenden Frauen, die den Mut haben, unehelich Mutter zu werden.

    (Lebhafte Zurufe von der Mitte: Mut haben?!)

    — Ja, was denn? Was schütteln Sie denn da den Kopf, Herr Minister Lübke? Was erscheint Ihnen da so komisch? Ist das so komisch, oder haben Sie den Mut, zu sagen, in einem Staat, dem der Krieg,
    dem die Nazizeit die Männer genommen hat, muß
    jede Frau ohne Mutterschaft durchs Leben gehen?

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Haben Sie den Mut?

    (Erneute Zurufe von der Mitte.)

    — Dann bitte ich Sie, gehen Sie in eine Versammlung von Frauen und sagen Sie das.

    (Zurufe von der Mitte: Das tun wir!)

    — Gut, dann sagen Sie es!
    Aber Sie müssen sich auch die Frauenlöhne einmal ansehen. Sie müssen an die Witwen und an die Frauen denken, deren Männer noch nicht aus dem Kriege zurückgekommen sind und die ein Kind von 12 oder 13 Jahren oder auch zwei Kinder haben. Diese Frauen verdienen, wenn sie berufstätig sein können, fast ausschließlich noch geringer als die Männer.
    Sie können uns nun vorhalten: In eurem Antrag steht drin, daß ihr die Kinderbeihilfe erst vom zweiten Kind an geben wollt. Darauf muß ich antworten — und das sage ich auch dem Herrn Kollegen Winkelheide —: leider haben wir uns dazu ganz schweren Herzens— das sage ich Ihnen ganz offen — entschließen müssen, um endlich etwas zu schaffen, damit Sie uns nicht wieder entgegenhalten: Es ist unmöglich. Aber wenn Sie nun gar bis zum dritten Kind gehen und immer davon sprechen, das dritte Kind solle 20 D -Mark haben, dann glaube ich, müssen wir uns die Sache doch einmal plastisch vorstellen. Die Familie, die vom dritten Kind an 20 D-Mark pro Kind bekommt, hat dann für die drei Kinder zusammen nur 20 DM, denn für das erste und zweite Kind bekommt sie nichts.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Sie hat also drei Kinder und bekommt 20 DM; daß das nicht ausreicht, werden Sie mir zugeben.
    Nun möchte ich noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Hammer sagen. Er hat uns eine sehr interessante Angelegenheit hier vorgetragen; er hat mit Hitler angefangen und bei der Todesstrafe geendet. Das betraf alles die Kinderbeihilfe, nehme ich an.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Das war alles ganz amüsant, Herr Kollege Hammer. Zum Schluß haben Sie aber ein Wort gesagt, das nicht amüsant war; ich glaube, das war etwas, was Sie sehr zurücknehmen müßten. Sie haben nämlich die Kinderbeihilfe zu einer Zuchtprämie degradiert.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD und in der Mitte.)

    Dagegen muß ich allerdings als Frau und im Interesse der Frauen und Mütter protestieren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und wenn der Herr Kollege Becker gemeint hat, die Kinderbeihilfe müsse auf die Steuerreform abgestimmt werden, so kann ich nur erwidern: umgekehrt, die Steuerreform muß auf die Kinderbeihilfe abgestimmt werden.

    (Abg. Richter: Sehr gut!)

    Wir können es nicht ertragen, daß in Deutschland, in dem auch heute noch trotz des „Wirtschaftswunders" so viel, so ungeheuer viel Not vorhanden ist, ausgerechnet den Ärmsten der Armen


    (Frau Schroeder [Berlin])

    diese Hilfe, die wir für notwendig halten, vorenthalten wird. Ich bitte Sie deshalb alle, und ich bitte insbesondere Herrn Minister Storch, der davon gesprochen hat, er müsse die Dinge im Kabinett besprechen: beeilen Sie sich endlich, damit unsere Familien draußen nicht noch länger warten müssen!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)