Rede von
Fritz
Becker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine Damen und Herren! Einer meiner Vorredner, Herr Dr. Hammer, hat zu Beginn seiner Ausführungen den deutschen Genius angerufen und zitiert. Wenngleich ich mir nicht ganz sicher bin, ob alle Ausführungen, die heute morgen zu dem behandelten Thema gemacht warden sind, unbedingt von dem Genius inspiriert worden sind, so läßt sich doch wohl feststellen, daß, falls der deutsche Genius über diesem Hause schwebt, er allen Fraktionen den guten Gedanken eingegeben hat, den kinderreichen Familien zu helfen. Verschieden sind die Auffassungen lediglich über die Technik, über die Art und Weise, wie diese Kinderbeihilfe verwirklicht werden soll.
Die Fraktion der Deutschen Partei hat bereits im vorigen Bundestag sowohl den Vorschlag der CDU bezüglich der Familienausgleichskassen als auch den Vorschlag der Sozialdemokratie bezüglich staatlicher Kinderbeihilfen abgelehnt. Wir haben statt dessen gefordert, daß dieser Familienausgleich durch die Gestaltung der Einkommensteuertarifedurchgeführt werde. Diesen unseren Standpunkt können wir auch jetzt nicht ändern, obwohl nunmehr sogar der Herr Minister Storch für den CDU-Entwurf so warm plädiert hat. Ich bin der Ansicht, daß der Standpunkt der Deutschen Partei durch die Ereignisse seit der Beratung im letzten Bundestag vor dreieinhalb Jahren noch untermauert worden ist.
Ich weiß nicht, ob die Entwürfe der SPD und der CDU wirklich erst jetzt ihre endgültige Fassung bekommen haben, nachdem . die neuen Steuer- und Finanzgesetzentwürfe der Regierung dem Bundesrat zugeleitet worden sind. Ich glaube, daß sie im wesentlichen vorher abgeschlossen waren und daß eine Abstimmung dieser Entwürfe mit der Regierungsvorlage für die Große Steuerreform nicht stattgefunden hat.
— Ist nicht der Fall, also eine Bestätigung dessen, was ich sage.
— Also umgekehrt. Immerhin, ich glaube, daß wir mit der Großen Steuerreform, wie sie sich jetzt in der Regierungsvorlage zeigt — nachdem die ursprüngliche Vorlage des Ministers Schäffer durch die Kabinettsberatungen eine Umwandlung erfahren hat, so daß nunmehr die Freibeträge für die Kinder erhöht worden sind —, auf dem richtigen Wege sind.
Von den verschiedensten Seiten ist hier eine möglichst kostensparende Lösung gefordert worden. Ich glaube, daß die billigste Lösung doch die über . die Gestaltung des Steuersystems ist,
zumal da wir jetzt gerade vor der Beratung der neuen Steuergesetze stehen.
Die Damen und Herren der CDU und der SPD, die hier gesprochen haben, haben sich gegenseitig die Nachteile ihrer jeweiligen Entwürfe stark vorgehalten. Der Abgeordnete Horn hat durchaus recht, wenn er sagt, nach dem System der SPD werde es auch nicht anders gehen, als daß die Anzahl der Beamten bei den Finanzbehörden wesentlich erhöht werde. Auf der anderen Seite hat auch die Kollegin von der SPD recht, wenn sie sagt, nach dem System der CDU werde es gar nicht anders gehen, als daß die Berufsgenossenschaften weitere Stockwerke auf ihre Gebäude setzten, um darin die erweiterten Verwaltungsaufgaben zu bewältigen.
Es liegt doch auf der Hand, daß die zweckmäßigste Lösung darin besteht, die Steuersätze, die wir nun doch neu beschließen müssen, so festzusetzen und die Freibeträge noch weitergehend als bisher progressiv und so zu gestalten, daß wir uns den Umweg über die staatlichen oder die sogenannten Selbstverwaltungskinderbeihilfen ersparen können.
Von der CDU ist hier die Selbstverwaltung mit sehr warmen Worten gepriesen worden. Ich kann von mir aus nur sagen: Wir unterstreichen das an sich, so weit es sich wirklich um den Begriff der Selbstverwaltung handelt. Aber die große Frage ist doch die, ob, wenn die Berufsgenossenschaften jetzt mit diesen zusätzlichen Aufgaben betraut werden, diese Gedanken der echten Selbstverwaltung wirklich zum Tragen kommen. Eine Selbstverwaltung haben wir beispielsweise auch bei den Arbeitsämtern, eine Selbstverwaltung haben wir auch bei den Ortskrankenkassen. Und wieviel Bürokratie hat sich dort eingeschlichen! Ein solcher Verwaltungsapparat bleibt sich immer gleich, gleichgültig, ob er nun wie die Finanzämter ganz in staatlicher Regie steht oder ob es sich um solche große Organisationen handelt' wie sie nun wieder neu aufgebaut oder ausgebaut werden sollen. Darum bin ich bei aller Achtung vor der Selbstverwaltung der Ansicht, daß man diesen Begriff hier nicht unbedingt anwenden kann.
Sehen Sie sich doch einmal den Entwurf der CDU im einzelnen an; es ist gelegentlich schon von meinen Vorrednern darauf hingewiesen worden. Da geht es doch sofort wieder los: „Aufgaben der Vertreterversammlung", „Satzung", „Gesamtverband für die Familienausgleichskassen" usw. So entsteht doch nun wirklich wieder eine jener Organisationen, die wir nun gerade nicht haben wollen.
Ich komme zum Schluß. Die Deutsche Partei ist selbstverständlich bereit, mit zu beraten, wenn die beiden Gesetzentwürfe dem Ausschuß überwiesen werden. Wir sind aber der Ansicht, daß wir die Lösung des Problems des Familienausgleichs, also der zusätzlichen Entlastung der kinderreichen Familien, unter dem Gesichtspunkt erreichen müssen, daß sich nicht dadurch eine neue und erhöhte Abhängigkeit der Familien von einer staatlichen Instanz, aber auch nicht von einem anderen, als „Selbstverwaltung" bezeichneten Behördenapparat ergibt.
Wenn man den deutschen Genius noch einmal zitieren darf: Er möge, wie ich vielleicht sagen darf, allen unseren Kollegen hier im Hause die gute Gesinnung eingeben, damit das gemeinsam beratene Werk zu einem guten Ende gelangt.