Rede von
Dr.
Josef Ferdinand
Kleindinst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu dem vorausgegangenen Mitbestimmungs- und Betriebsverfassungsgesetz hat dieser Gesetzentwurf eine subsidiäre Bedeutung, und zwar insofern, als er die verschiedenen Gesetze in seinen Aufgaben ergänzt, die Beamtengesetze, die Disziplinarordnung, die Dienstordnungen und auch die Tarifverträge, von denen ja vorhin schon gesagt worden ist, daß Bestimmungen, die für den öffentlichen Dienst notwendig sind, zukünftigen Vereinbarungen vorbehalten bleiben müssen. Das muß besonders herausgestellt werden.
Dazu kommt aber weiter, daß dieses Personalvertretungsgesetz nicht, wie es nach den verschiedenen Ausführungen scheinen mag, nur unter dem
Blickpunkt öffentliche Betriebe und öffentliche Werkstätten gesehen wird: Das sind einzelne Ausnahmen, denen wir durchaus ihre besondere Bedeutung zuerkennen und die auch am ehesten noch den Vergleich mit dem Privatbetrieb aushalten. Aber bedenken Sie den großen Bereich der Verwaltungen, nicht nur der Bundesverwaltungen, sondern rahmengesetzlich auch der gesamten Länderverwaltungen über die Provinzialverwaltungen und Regierungsstellen hinunter bis zu den Landratsämtern und Gemeindeverwaltungen. Bedenken Sie, daß dieser Gesetzentwurf — was der Bundesrat schon im Jahre 1952 angeregt hat — die Gerichte mit aufgenommen hat, und bedenken Sie, daß, wenn wir schon von den Gerichten sprechen, auch die Strafvollzugsanstalten unter das Gesetz fallen. Übersehen Sie weiter nicht die außerordentlich schwierige Übertragung auf Polizei, auf Bundesgrenzschutz, überhaupt auf den ganzen verwaltungspolizeilichen Bereich.
Wenn Sie das Personalvertretungsgesetz in diesen Zusammenhängen sehen, dann müssen Sie berücksichtigen, daß hier besondere Verhältnisse vorliegen, von denen ich gesagt habe, daß das Gesetz subsidiär und ergänzend zu Gesetzen und Dienstordnungen gilt. Das ist auch der Grund, warum Gruppenwahl und Gruppenvertretung und warum in bestimmten Fällen auch Gruppenentscheidungen notwendig werden. Ich will nur wiederholen: Gerichte, Strafvollzugsanstalten, Bundesgrenzschutz usw.
Die Aufgaben, die hier im einzelnen angesprochen worden sind, haben ihre zweifache Grenze, einmal in der Bedeutung der politischen Verantwortung der Parlamente und der gemeindlichen Vertretungskörper und zum andern — ich unterstreiche das — in der Bedeutung des Organisations- und Personalrechtes der obersten Dienstbehörden, für die sie wiederum ihren Vertretungskörpern, seien es parlamentarische oder kommunale, politisch verantwortlich sind. In diesen Grenzen müssen die Aufgaben gesehen und auch durchgeprüft werden.
Es ist von den wirtschaftlichen Aufgaben gesprochen worden. Meine verehrten Damen und Herren, die wirtschaftlichen Aufgaben dieser Vertretungen im öffentlichen Dienst sind im Grunde begrenzt auf Bundesbahn, Bundespost, Wasserstraßen und auf die Betriebe der öffentlichen Wirtschaft, aber auch hier nur in sehr beschränktem Maße; denn dort gibt es eine Fülle von Betrieben, die eben nicht einem wirtschaftlichen Endzweck dienen, sondern die Versorgung der Bevölkerung zur Aufgabe haben. Auch bei der Bundesbahn und der Bundespost werden die letzten wirtschaftlichen Entscheidungen nur auf der obersten Stufe gefällt, und auch hier hat die Betriebsvertretung nur in der obersten Stufe die Möglichkeit, sich zur Geltung zu bringen, aber nicht in einer einzelnen Werkstätte, einem einzelnen Betrieb oder einer Direktion. Unter diesem Blickwinkel müssen die Aufgaben von uns noch sehr sorgfältig geprüft werden. Es würde zu nichts führen, hier in der ersten Lesung alle diese Aufgaben im einzelnen anzusprechen.
Dagegen muß ein Punkt hervorgehoben werden, bei dem sich Meinungsverschiedenheiten gezeigt haben, nämlich die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes und des Arbeitsgerichtes. Die Frage des Auseinandergehens der Rechtsprechung ist hier nicht gegeben, denn die Rechtsprechung auf dem Gebiet des Personalvertretungsgesetzes unter-
scheidet sich grundsätzlich von der nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Hier stehen arbeitsrechtliche Fragen zur Entscheidung, dort Fragen des Verwaltungsrechtes. Deshalb sind hier unbedingt — nicht in Entscheidung einer Ermessensfrage, sondern in zwingender rechtlicher Konsequenz — die Verwaltungsgerichte zuständig.
Der Herr Minister hat schon darauf hingewiesen, daß es sich hier um Verwaltungsakte handelt, die angegriffen werden; beim Betriebsverfassungsgesetz dagegen handelt es sich um privatrechtliche, arbeitsrechtliche Fragen.
In bezug auf das Rahmengesetz sind auch wir — und auch wir von der bayerischen Landesgruppe — der Überzeugung, daß rahmengesetzliche Bestimmungen notwendig sind.
Das sind rein sachliche Überlegungen. Übersehen wir doch nicht, daß die Arbeitskräfte, z.B. Beamte, beamtete Techniker oder Angestellte und Arbeiter der Bundesbahn und Bundespost, jeden Tag mit den Beamten, Angestellten, Technikern und Arbeitern der Elektrizitätswerke zusammenarbeiten müssen. Auch bei den Baubehörden ist das, ich möchte sagen, täglich der Fall. Allein diese sachlichen Überlegungen zwingen uns dazu, rahmengesetzliche Bestimmungen zu erlassen.
Ob das Gesetz ein Zustimmungsgesetz ist oder nicht, ist eine Frage der Auslegung des Grundgesetzes, eine verfassungsrechtliche Frage, deren eingehende Prüfung wir uns vorbehalten und zu der wir Stellung nehmen müssen.
Aber auf eines möchte ich besonders aufmerksam machen. Es handelt sich nicht um Gruppeninteressen, nicht um einen Gruppengeist, der erzogen oder verhindert werden soll, sondern es handelt sich darum, daß diese Gruppen im öffentlichen Dienst einheitlich zusammenarbeiten. Wie diese Aufgaben gelöst werden, ist letztlich immer eine Personalfrage. Gesetze können Personen erziehen und müssen sie auch zwingen. Aber das letzte sind doch die Überzeugungen. Der Herr Kollege Böhm — ich sehe ihn augenblicklich nicht — hat von dem sozialen Fortschritt und von der Restauration vergangener Jahre gesprochen. Ich möchte sagen, wir haben doch beim Bundesbeamtengesetz und bei all den Gesetzen, die wir gemacht haben, die bewährten Grundsätze aufrechterhalten und den Fortschritt, soweit er im Staatsinteresse gelegen war, gemeinsam gefördert. Wir haben alle diese Gesetzentwürfe einstimmig angenommen. Wir hoffen, daß wir so auch dieses, wenn auch im einzelnen zweifellos umstrittene Gesetz sachlich klären, wenn auch in zügiger Behandlung, aber doch so gründlich, daß wir uns gegenseitig überzeugen, und daß wir auch hier zu einem günstigen Abschluß kommen.
Deshalb glaube ich, daß wir beide Ausschüsse, in denen seit Jahren die Sachverständigen der Fraktionen sitzen, mit diesem Gesetzentwurf befassen sollten. Diese Sachverständigen sollen sich, wie wir es im 1. Bundestag schon vorgesehen hatten, in einem Unterausschuß zusammensetzen, gegenseitig ihre Erfahrungen mitteilen, sich gegenseitig überzeugen und miteinander Lösungen suchen. Den Ausschuß für innere Angelegenheiten bitte ich nicht zu beteiligen. Es handelt sich hier nicht um Fragen der Organisation der inneren Verwaltung, sondern der Gesetzentwurf schließt sich — er ist auch da subsidiär — nur an die Organisation der inneren Verwaltung an, ordnet lediglich die dienstlichen, lediglich die personellen Verhältnisse, aber wiederum nur ergänzend unter den Personalgesetzen — Beamtenrecht – und Tarifverträgen.
Ich bitte deshalb, den Gesetzentwurf den beiden Ausschüssen für Arbeit und Beamtenrecht zu überweisen; diese werden dann von der Möglichkeit Gebrauch machen, in einem Unterausschuß zusammenzuarbeiten.