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ID0201500800

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    2. Deutscher Bundestag — 15. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1954 473 15. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 473 C, 516 C Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Dr. Brühler 473 C Kleine Anfrage 25 betr. Versorgungsrenten der deutschen Kriegsbeschädigten in Holland (Drucksachen 216, 256) 473 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen (B) Rechts (Drucksache 224) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts (Drucksache 112) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Familienrechts an Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (Drucksache 178) 473 D Neumayer, Bundesminister der Justiz 474 A, 487 D Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU): zur Sache 478 A zur Geschäftsordnung 515 B Dr. Dehler (FDP) 482 C Frau Nadig (SPD) 485 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 487 D, 490 A, C, D, 491 B, 493 A Dr. Menzel (SPD): zur Sache 489 D zur Geschäftsordnung 515 C Frau Dr. Ilk (FDP) 490 C, D, 493 A Frau Wolff (Berlin) (SPD) 491 A Metzger (SPD) 493 C Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) 498 D Dr. Czermak (GB/BHE) 502 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) 503 D Dr. Schranz (DP) 509 D Gräfin Finckenstein (GB/BHE) 511 B Frau Dr. Weber (Aachen) (CDU/CSU) 512 A Überweisung der Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht 516 C Nächste Sitzung 516 C Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Thomas Dehler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist für mich eine Art familienrechtliche Verpflichtung, eine Vaterspflicht, wenn ich Ihnen meinen Sprößling, meinen Entwurf eines Familienrechtsgesetzes vorstelle und Ihrer Huld empfehle, wenngleich es ein Kind der Vernunft und nicht ein Kind der Liebe ist.

    (Heiterkeit.)

    Es ist ein nasciturus und hat trotzdem schon einen Leidensweg hinter sich: im Kabinett, im Bundesrat, im Bundestag. Herr Kollege Weber meint, man habe im ersten Bundestag nicht entscheiden können, die Zeit sei zu knapp gewesen. Nun, wenn die Dinge so gelaufen wären, wie ich es für richtig gehalten habe und wie ich es erwarten konnte, hätte man entscheiden können. Auch der Bundestag hätte noch entscheiden können; denn der Entwurf war, glaube ich, ausgereift; er war gut. Der strittigen Fragen waren wenige. Man hätte diese strittigen Fragen entscheiden müssen. Aber man ist der Entscheidung ausgewichen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir wollen uns doch nichts vormachen. Die Dinge sind doch in aller Öffentlichkeit dargelegt worden: ein Kampf um die Auslegung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes, des Grundsatzes, daß Männer und Frauen gleichberechtigt sind.
    Es ist nicht ohne geschichtliche Ironie, wenn mein Freund Neumayer heute seinen Entwurf zur Ausführung dieses Grundsatzes vorlegt und wenn ich als Bundesjustizminister des ersten Kabinetts damit befaßt war. Denn wir, die Freien Demokraten, waren im Parlamentarischen Rat — nun, ich will einmal sagen — keine fanatisierten Anhänger dieses Grundsatzes; das will ich doch bekennen. Vielleicht haben wir politischer gedacht als andere. Wir sahen für unser Volk andere Sorgen, wir hatten ein gewisses Gefühl für die Rangfolge der politischen Aufgaben, wenngleich wir uns durchaus bewußt waren, wie sehr unser Familienrecht reformbedürftig ist. Aber wir haben uns fair dem verfassungsrechtlichen Gebot unterzogen, und diese Verpflichtung, meine Damen und Herren, steht auch vor Ihnen. Der Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt", steht ja nicht isoliert. Es bedurfte dieses Grundsatzes nicht. Er ist in dem Abs. 3 des gleichen Artikels schon enthalten, der verbietet, daß Männer und Frauen nur ihres Geschlechtes wegen vom Gesetzgeber verschieden behandelt werden, der also die personelle Differenzierung nur des Geschlechtes wegen ausschaltet. Schon dieser Grundsatz führt zu der gleichen verfassungsrechtlichen Verpflichtung, alles auszumerzen, was die Frau ihres Geschlechtes wegen rechtlich mindert.
    Selbstverständlich untersteht dieser Gleichberechtigungsgrundsatz dem Gleichheitsgrundsatz, dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetze, also dem Grundsatz, daß der Gesetzgeber Gleiches gleich und Verschiedenes nach seiner Eigenart, also Ungleiches ungleich behandeln muß. Es widerspricht also in keiner Weise dem Grundsatz der Gleichberechti-


    (Dr. Dehler)

    gung von Mann und Frau, daß der Gesetzgeber die natürliche Verschiedenheit der Geschlechter und die sich daraus ergebenden funktionellen Unterschiede berücksichtigt. Das ist selbstverständlich, es ist ein Ausfluß des Gleichheitsgrundsatzes. Der Gesetzgeber hat sogar die Pflicht, diesen Unterschied zu berücksichtigen. Aber, meine Damen und Herren, es ist keinesfalls möglich, den Gleichberechtigungsgrundsatz dadurch auszuhöhlen, daß man etwa sagt: Selbstverständlich muß man die Frau als ebenbürtige, als gleichwertige Gefährtin anerkennen, aber deswegen braucht man sie nicht im Recht gleichzustellen. Wer so verfährt, der will den Gleichberechtigungsgrundsatz contra legem auslegen.
    Gerade nach dem, was mein verehrter Herr Kollege Weber gesagt hat, ist es notwendig, festzustellen, daß es nicht denkbar ist, den Gleichberechtigungsgrundsatz vom Standpunkt der religiösen und der kirchlichen Auffassung über das Wesen der Ehe zu ändern. Der Staat, der Gesetzgeber, kann sich nicht die Aufgabe stellen und kann auch nicht verpflichtet werden, die Ehe als göttliche Schöpfungsordnung zu sichern.

    (Zuruf von der CDU: Und wenn das Volk das verlangt?)

    Es obliegt ihm lediglich, die Ehe und die Familie als gesellschaftliche Ordnung zu gewährleisten. Es wäre eine Überforderung des Gesetzgebers, ich meine, es wäre auch eine unerträgliche Ausweitung der Macht des Staates, wenn die sakramentale Bindung der Ehe durch weltliches Gesetz sanktioniert werden sollte.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Das will niemand! — Abg. Dr. Greve: Fragen Sie mal Herrn Wuermeling!)

    Es wäre auch eine Entwertung der religiösen und kirchlichen Ordnung, wenn sie des Zwanges des staatlichen Gesetzgebers bedürfte.

    (Beifall.)

    Ich sage das betont, meine Damen und Herren, und ich meine: mit dieser Feststellung sind die Erwägungen, die obligatorische zivile Trauung zu beseitigen oder die Ehescheidung dem kirchlichen Gesetze zu unterstellen und dadurch auszuschließen oder zu beschränken, unvereinbar. Diese Erwägung gilt auch für die Frage, ob der Gleichberechtigungsgrundsatz an der göttlichen Ordnung, an dem ius divinum naturale, an dem göttlichen Naturrecht, scheitere, da er für einen Christen nur insoweit verbindlich sein könne, als er mit der christlichen Ordnung vereinbar sei. Mein Standpunkt: Der Gesetzgeber beeinträchtigt die christliche, die göttliche Ordnung nicht, er berührt sie nicht; er regelt nur die weltliche Ordnung im Recht.

    (Sehr richtig! Sehr gut! bei der SPD.)

    Der Satz der Gleichberechtigung von Mann und Frau verträgt überhaupt keine außerrechtliche Auslegung. Er ist logisch klar. Es handelt sich ausschließlich um die rechtliche Auslegung dieses Satzes. Deswegen stimme ich auch dem Antrag des Herrn Kollegen Weber zu, diese Vorlage nur dem Rechtsausschuß, nicht etwa einem Sonderausschuß zu überweisen.

    (Abg. Dr. Greve: „Wuermeling"-Ausschuß!)

    Es geht mir um Rechtsfragen.
    Der Satz wird nach meiner Meinung auch nicht durch den Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes eingeschränkt, durch die dort festgelegte Schutzgarantie für Ehe und Familie. Es ist also nicht möglich, von diesem Grundsatz aus, sozusagen durch die Hintertür, etwa die patriarchalische Hierarchie für die Ehe wiedereinzuführen. Die beiden Grundrechte, die Gleichberechtigung und der Schutz der Ehe und Familie, sind dazu bestimmt, zusammen der Ehe und der Familie zu dienen und sie zu fördern. Da liegt die Grenze: die Verwirklichung der Gleichberechtigung darf nicht zum Schaden der Familie führen.
    Ich kann es mir ersparen, auf Einzelheiten einzugehen. Was mein Freund Neumayer vorgetragen hat, deckt sich weitgehend mit meinen Anschauungen. Mein Entwurf hat in seiner Bearbeitung noch in vielen Punkten eine Verfeinerung, eine Verbesserung erfahren. Ich will nur die strittigen Punkte hervorheben.
    Es ist die Frage, ob dem Mann noch ein Vorrang in der Ehe zugebilligt werden kann, ob ein Entscheidungsrecht des Mannes mit dein Grundsatz der Gleichberechtigung vereinbar ist. Ich beantrage, § 1354 des Bürgerlichen Gesetzbuches ersatzlos zu streichen. Ich halte ihn nicht für vereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz. Ich halte es für ausgeschlossen, zu sagen, aus der funktionellen Verschiedenheit der Geschlechter müsse man dazu kommen, den Vorrang des Mannes wieder festzulegen. Die Wunschvorstellungen sind hier völlig gleichgültig. Hier bindet das Grundgesetz, das eben die Gleichberechtigung fordert.

    (Abg. Dr. Weber [Koblenz]: Der Bungerichtshof?)

    - Ändert in diesem Punkte gar nichts! Auch das, was Sie zitiert haben, läßt sich nicht dahin deuten. W i r sind der Gesetzgeber! Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann für uns wertvolles Material sein,

    (Abg. Dr. Weber [Koblenz]: Er legt aus!)

    aber nicht mehr! Wir sprechen hier ex cathedra. Auch hier haben wir nicht nur das Recht, sondern die Verpflichtung, die Dinge zu benennen, wie sie sind.

    (Beifall.)

    Meine Damen und Herren, wenn man wieder zur Vorstellung des Patriarchats zurückkehrt — das tut man im § 1354 des Entwurfs —,

    (Widerspruch und Zurufe von der Mitte)

    — das ist doch eine Fiktion! Es ist ja nicht wahr, daß im Leben das Patriarchat gilt. Jeder von uns ist bestimmt durch die Erfahrungen seiner Jugend, durch das Bild, das seine Mutter gab. Die Ehe meiner Eltern — von seiner eigenen Ehe spricht man ja besser nicht —

    (Heiterkeit)

    war das Musterbeispiel eines Matriarchats. Nun habe ich das Glück gehabt, eine besonders kluge, temperamentgeladene und willensstarke Mutter zu haben.

    (Erneute Heiterkeit und Beifall.)

    Sie war eine kleine Königin in ihrem Bereich. Es war in einer kleinen Stadt, wir hatten Landwirtschaft, Brauerei, Gastwirtschaft und Metzgerei. Da mußte geherrscht werden,

    (fortgesetzte Heiterkeit)



    (Dr. Dehler)

    und alle Entscheidungen hat doch meine kluge Mutter getroffen, doch selbstverständlich.

    (Lebhafter Beifall.)

    Natürlich war sie so gescheit, am frühen Morgen zu sagen: Ich habe heute nacht mit dem Vater gesprochen,

    (große Heiterkeit)

    und er hat gesagt: — —! Ich habe einmal - als Lösung des Problems des § 1354 — das kühne Wort gesprochen: „In einer guten Ehe herrscht die kluge Frau. Wenn die Frau dumm ist, ist es eh' ein Unglück!"

    (Anhaltende Heiterkeit.)

    Ich glaube, man kann ernstlich gar nicht darüber debattieren, daß § 1354 nicht haltbar ist und fallen muß.
    Das Problem des § 1628, die Frage der Ausübung der elterlichen Gewalt, ist schwieriger. Ich habe in meinem Entwurf die Fassung beibehalten, die vorsieht, daß der Vater im Interesse der Kinder letztlich entscheiden kann. Aber das Problem, meine Damen und Herren, ist gar nicht einfach; es ist aus tatsächlichen Gründen nicht einfach und auch aus rechtlichen Gründen schwierig. Denn tatsächlich ist es doch so, daß die Mutter biologisch dem Kinde nähersteht und daß die Erziehung des Kindes das ureigenste Gebiet der Mutter ist, und rechtlich ist es eben auch kompliziert. Man kann der Meinung sein, daß im Verhältnis der Ehegatten zueinander nicht unbedingt eine Entscheidungskompetenz im Streitfall geschaffen werden muß, daß es also nicht richtig ist, daß Fragen zwischen den Ehegatten gelöst werden müsse n. Wenn sie sie nicht lösen, dann ist es ihr Schicksal. Auf jeden Fall löst sie nicht der Gesetzgeber, sondern sie werden gelöst aus der Stärke und der Kraft der Persönlichkeiten der Ehegatten. Es wäre falsch, zu meinen, daß der Staat die Aufgabe habe, in diese letzte menschliche Gemeinschaft hineinzugreifen; er kann doch nur verderben und stören.
    Anders bei dem Verhältnis der Eltern zu den Kindern! Hier muß eine Entscheidungskompetenz geschaffen werden. Zunächst der Gedanke: nun, wenn einer entscheiden soll, dann der Vater! Aber gerade die Aussprache mit meiner sehr verehrten Kollegin D r. Lüders, die den Dingen ja eine Lebensarbeit gewidmet hat, hat mich schwankend gemacht; es ist durchaus zu erwägen, ob man nicht eine Entscheidungszuständigkeit außerhalb der Familie im Fall nicht zu überbrückender Gegensätze zwischen den Eltern schaffen muß. Ich halte es für tragbar, eine Regelung in der Form zu schaffen, daß beide Eltern die Möglichkeit haben, das Vormundschaftsgericht anzurufen, aber nicht für eine sachliche Entscheidung, sondern damit das Vormundschaftsgericht bestimmt, welcher Elternteil in einem bestimmten Fall die Entscheidungsmacht haben soll.

    (Widerspruch und Zurufe von der CDU.) Dabei müßte der Vormundschaftsrichter sich vor Augen halten, der Wille welchen Elternteils wohl dem Wohle des Kindes am besten entspricht. Bitte, ich will keine schlüssige Beantwortung dieser Frage geben, sondern Ihnen nur das Problem, das ein echtes menschlich-familiäres und ein echtes Rechtsproblem ist, aufzeigen.

    Im übrigen will ich mich in die Einzelheiten des Familienrechtsgesetzes nicht verlieren. Das wird Sache der Auseinandersetzungen in den Ausschüssen sein.
    Sie wissen, daß mein Entwurf entsprechend dem früheren Regierungsentwurf neben der Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau noch das Ziel verfolgt, allgemein die Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts wiederherzustellen, also alle Gesetze und Verordnungen, die seit 1933 ergangen sind, zu bereinigen und wieder in das BGB einzufügen, alle Landesgesetze, die seit 1945 ergangen sind, aufzuheben.

    (Abg. Dr. Weber [Koblenz]: Kontrollratsgesetz!)

    Diese Aufgabe ist hinsichtlich der anderen Teile des BGB schon erfüllt, und sie macht hier gar keine Mühe. Ich halte es für selbstverständlich, daß das jetzt geschieht.
    Ein besonderes Problem ist die Frage, ob das Ehegesetz in das BGB eingefügt werden soll. Sie wissen, daß es auf der Grundlage des Gesetzes vom Jahre 1938 vom Kontrollrat als Kontrollratsgesetz Nr. 16 im Jahre 1946 wieder veröffentlicht worden ist.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Ein furchtbares Gesetz, dieses Ehescheidungsgesetz!)

    Ich halte die Voraussetzungen für eine Reform unseres Eherechts nicht für gegeben; ich halte sie auch nicht für notwendig.

    (Abg. Dr. Greve: Sehr richtig!)

    Die Angriffe gegen den sachlichen Inhalt dieses Gesetzes sind nicht begründet. Es besteht gar kein Bedenken, diese Bestimmungen in das BGB wieder einzufügen.

    (Abg. Frau Nadig: Sehr richtig!)

    Ich bin auch der Meinung, daß die Konkordatsverpflichtungen, die bestehen oder bestehen mögen, nicht hindern, diesen Akt zu vollziehen. Kollege Weber hat schon erwähnt, daß ich die Änderung einer gesetzlichen Bestimmung zugunsten der Frau erstrebe, der Bestimmung über die Scheidung nach dreijähriger Heimtrennung. Meistens handelt es sich dabei um den Fall, daß der Mann nach langer Ehe eine reizvollere, jüngere Partnerin findet, seine schuldlose Gattin leid ist und sich von ihr trennen will. Ich bin der Meinung, daß entsprechend der tatsächlichen Rechtsprechung, die sich durchgesetzt hat, ein solches Scheidungsbegehren an dem Widerspruch des schuldlosen Ehegatten scheitern muß.

    (Richtig! bei der CDU/CSU.)

    Zum Schluß vielleicht doch noch einmal ein Wort der Mahnung, an die Grenzen der Macht des Gesetzgebers zu denken. Die Beziehungen zwischen Mann und Frau sind, glaube ich, seit der Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies in Unordnung, und Sie werden nicht glauben, meine Damen und Herren, daß wir sie durch ein Gesetz ins Lot bringen. Die Fragen, die es hier zu klären gilt, sind sehr mannigfache: wirtschaftliche und soziale Ordnung, wirksame gesellschaftliche Festigung der Ehe. Immer müssen wir es als großen Gewinn erachten, daß die Ehe im Sturm dieser Zeit — gerade die Ehe, die besonders gefährdet war — sich als viel standhafter erwies, als wir alle gemeint haben.

    (Beifall rechts und bei der SPD.)



    (Dr. Dehler)

    Aber wir wollen doch eingedenk sein, meine Damen und Herren, daß der Gesetzgeber an das Fundament der Ehe nicht herankommt,

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen] : Kann er auch nicht!)

    nicht an das sakramentale Fundament und auch nicht an das andere.
    Vielleicht darf ich Ihnen zum Abschluß eine nette Geschichte aus der Beratung des Unterausschusses des ersten Bundestages erzählen. Da hat man sich damit befaßt — man war ja sehr gründlich —, welche Pflichten die Ehegatten haben: sie sind verpflichtet zur ehelichen Lebensgemeinschaft, und sie schulden sich Treue und Beistand. Und die Frage ist aufgetaucht: schulden sie sich auch Liebe? Man hat es ernstlich erwogen und hat am Ende erkannt: Das kann der Gesetzgeber nicht festlegen; denn Liebe ist Gnade.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Nadig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Frieda Nadig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Herren und Damen! Wie oft haben wir uns von dieser Stelle aus mit der Neuordnung des Familienrechts im Sinne des Grundgesetzes beschäftigt, ohne daß es möglich gewesen ist, eine Einigung zu erzielen. Wir begrüßen darum, daß der Herr Justizminister die Gesetzesvorlage zu Anfang dieser Legislaturperiode vorlegt. Das schafft Raum für eine gründliche Behandlung der Frage und schafft hoffentlich auch Raum für eine gute Einigung.
    In der Zwischenzeit war kein Stillstand. Die Entwicklung ist in bezug auf die Rechtsgleichheit zwischen Mann und Frau vorangeschritten. Die Rechtssituation ist ja heute eine wesentlich andere als vor einem Jahr. Nach Ablauf der im Grundgesetz gesetzten Fristen hat sich nun am 1. April vorigen Jahres die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann vollzogen. Das ist eine Tatsache, an der nach dem Spruch unseres höchsten Gerichts nicht mehr gedeutelt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof haben inzwischen entschieden, daß der Grundsatz der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau geltendes Recht ist. Die Rechtsverwirrung, das Rechtschaos, das befürchtet wurde, ist nicht eingetreten. Das hat soeben auch der Herr Bundesjustizminister bestätigt. Es hat sich gezeigt, daß die Richter der unteren Gerichte schon vor dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts sich bei ihren Entscheidungen auf das Grundgesetz und seine Auslegung stützten. Vom Rechtsstaatlichen her zweifellos erfreulich. Aber ist darin nicht auch eingeschlossen, daß in der öffentlichen Meinung schon jetzt gleiches Recht zwischen Mann und Frau stärker akzeptiert wird, als man es bei der CDU/CSU wahrhaben will?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wir Sozialdemokraten halten es für richtig, daß der heute vorgelegte Entwurf die Neuordnung des Ehescheidungs- und Eheschließungsrechts nicht mit aufgenommen hat. Der FDP-Entwurf bringt zwar Vorschläge für diese Neuordnung; wir sind aber der Meinung, daß wir uns an die Aufgabe, die uns durch das Grundgesetz gestellt ist, halten müssen und nicht darüber hinausgehen dürfen, d. h. daß wir uns auf die Neuordnung der Gesetzesbestimmungen beschränken müssen, die dem gleichenRecht von Mann und Frau entgegenstehen. Wir sind überzeugt, daß die Nichteinbeziehung des Ehescheidungs- und Eheschließungsrechts auf die Öffentlichkeit nur beruhigend wirkt, haben doch die Verlautbarungen des Herrn Familienministers über die Änderung des Ehescheidungsrechts und die Abschaffung der Zivilehe sehr viel Unruhe in die Bevölkerung getragen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Ich unterstreiche die Grundsätze, die der Herr Kollege Dehler soeben zu diesen Fragen ausgeführt hat.
    Das Bundesverfassungsgericht hat durch seinen Rechtsspruch eine Reihe von Fragen klargestellt. In eingehender Begründung ist dargelegt, daß alles dem Art. 3 GG entgegenstehende bürgerliche Recht auf dem Gebiet von Ehe und Familie mit dem 1. April 1953 außer Kraft gesetzt ist. Damit ist aber auch eine Wiederaufhebung des gleichen Rechts zwischen Mann und Frau unmöglich gemacht. Ich erinnere an die Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts über die Gesetzgebung. Der Art. 3 GG ist ein Teil der einklagbaren Grundrechte. Wenn in Zukunft der Gesetzgeber den Spruch des Bundesverfassungsgerichts nicht beachtet, kann jede Frau, die sich in ihrem Grundrecht benachteiligt fühlt, sich der Verfassungsbeschwerde bedienen. Glauben Sie, meine Herren und Damen, daß das Hohe Haus einen solchen Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit, wie ihn der jetzige Regierungsentwurf darstellt, auf sich nehmen könnte?

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr richtig!)

    Damit würden wir das in unseren jungen Staat gesetzte Vertrauen aufs stärkste untergraben. Es würde dazu führen, daß in diesem Hause wohl von der Rechtsstaatlichkeit gesprochen, aber nicht nach ihren Grundsätzen gehandelt wird.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aus diesem Grunde ist der uns vorgelegte Gesetzentwurf, der so stark von dem gleichen Recht zwischen Mann und Frau abweicht, nicht tragbar, und darin unterscheiden wir uns, Herr Bundesjustizminister, von Ihrer Auffassung, die Sie vorhin darlegten.
    Da ist zunächst das so umstrittene ehemännliche Entscheidungsrecht, das schon in den alten Entwürfen der Regierung aufgeführt war. Es mag ja nicht ganz leicht für den Ehemann sein, auf das, was er seit Jahrhunderten als sein verbrieftes Recht ansah, zu verzichten. Aber ist draußen im Laufe der letzten 50 Jahre nicht längst eine Anpassung an gleiche Rechte erfolgt?

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr richtig!)

    Übersehen wir nicht, daß das ungleiche Recht zwischen Mann und Frau in vielen Fällen die Ursache der Ehekonflikte gewesen ist! Es ist ein sehr großer Unterschied, ob die Überlegenheit des Ehemannes auf seinen geistigen und charakterlichen Fähigkeiten beruht oder ob ihm die Entscheidungskraft durch das Gesetz übertragen ist. Der Überlegene wird fast immer stillschweigend anerkannt. Ich bin der Überzeugung, daß das gesetzlich verankerte mindere Recht der Ehefrau sich nur zerstörend auf die Ehe auswirken wird. Die Frau wird in die Rolle der Zerstörerin auch viel zu leicht gedrängt, weil sie immer wieder auf den


    (Frau Nadig)

    Klageweg verwiesen wird. In § 1354 des Regierungsentwurfs wird in gewundener und widerspruchsvoller Weise an dem Entscheidungsrecht des Mannes in Ehe und Familie festgehalten.

    (Zuruf von der Mitte: Gott sei Dank!)

    Die jetzige Fassung geht noch weiter als die im ersten Regierungsentwurf, der immerhin noch die Einschränkung enthielt, daß jeder Ehegatte auf den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des andern Rücksicht zu nehmen habe. Die jetzige Formulierung besagt, daß die Ehegatten alle Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche Eheleben betreffen, im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln haben, daß aber der Mann entscheidet, wenn beide sich bei Meinungsverschiedenheiten nicht einigen können. Es ist zwar gesagt, daß er auf die Auffassung der Frau Rücksicht zu nehmen habe, und wenn seine Entscheidung dem Wohle der Familie nicht entspricht, so soll sie für die Frau nicht bindend sein. Sehr interessant! Widerspricht seine Entscheidung dem Wohle der Familie — nicht: dem Wohle der Frau! —, dann ist die Entscheidung des Mannes für die Frau nicht verbindlich. Es ist jedoch durchaus denkbar, daß der Mann Entscheidungen trifft, die die Frau oft tief verletzen, die aber mit dem Wohle der Familie nicht oder kaum zusammenhängen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Frau gehört doch zur Familie!)

    Die Frau hat nicht die Möglichkeit, sich gegen solche Entscheidungen zu wehren. Außerdem kann die Frau die Feststellung, daß die Entscheidung des Mannes dem Wohle der Familie widerspricht, nur über einen langwierigen Klageweg erwirken. ) Der § 1354 im jetzigen Regierungsentwurf wird in den kranken Ehen zweifellos dazu führen, der Frau in ungerechter Weise den Willen des Mannes aufzuzwingen. Diese Regelung hat mit dem gleichen Recht zwischen Mann und Frau nichts zu tun und widerspricht dem Grundgesetz.
    Der FDP-Entwurf hat den so umstrittenen § 1354 gestrichen, eine Auffassung, der man eventuell zustimmen kann.
    In dem von der sozialdemokratischen Fraktion vorgelegten Entwurf heißt es:
    Die Entscheidung in allen das eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten wird von den Ehegatten gemeinsam getroffen.
    Wir glauben, daß an dieser Stelle die Gemeinschaft, die die Ehe darstellt, besonders betont werden sollte, und — damit gehe ich mit Ihnen einig, Herr Kollege Weber — auch wir sind der Meinung, daß das Eingehen der Ehe beiden Ehegatten Verpflichtungen auf Anpassung auferlegt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihre Formulierung ist viel zu allgemein!)

    Beide Ehegatten haben sich eben in die Gemeinschaft einzuordnen.
    Die gleichen Verstöße gegen das Grundgesetz und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts enthält die jetzige Regelung der elterlichen Gewalt im Regierungsentwurf. Aber auch im Entwurf der FDP ist der Stichentscheid des Vaters enthalten. Praktisch ist hier dieselbe Regelung, wie sie im ersten Regierungsentwurf verankert war, wieder aufgenommen. Das ist um so verwunderlicher, als diese Regelung in der Öffentlichkeit sehr stark diskutiert und abgelehnt worden ist. Der § 1627 spricht von der elterlichen Gewalt. Aus den folgenden §§ 1628 und 1629 ergibt sich aber eindeutig, daß es sich nur um eine väterliche Gewalt handelt. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet der Vater. Er hat die letzte Entscheidung über Erziehungs- und Berufsfragen der Kinder zu treffen. Dazu kommt noch, daß das Recht der Vertretung des Kindes ausschließlich dem Vater übertragen ist. Wie lebensfremd ist diese Regelung!

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Lachen in der Mitte.)

    In der Praxis wird in unzähligen Fällen die Vertretung durch die Mutter vorgenommen.

    (Erneutes Lachen in der Mitte.)

    Das, was sie täglich tut, will der Gesetzgeber ihr vorenthalten; nur weil wir vor Jahrhunderten im Patriarchat lebten

    (Zuruf von der Mitte: Fragen Sie mal die Frauen!)

    und damals der Mann der souverän, allein entscheidende Teil war, glaubt er auch heute noch seinen Herrschaftsanspruch geltend machen zu müssen.

    (Na! na! und Lachen in der Mitte.)

    Daß sich inzwischen grundlegende Wandlungen vollzogen haben, will man nicht wahrhaben. Die heutige Frau und Mutter steht selbständig und verantwortungsvoll im Staats- und Wirtschaftsleben. War es nicht diese Frauengeneration, die durch ihre körperliche und geistige Leistung mit dazu beitrug, unseren staatlichen Zusammenbruch zu überwinden? Jahrelang haben die Frauen die elterliche Gewalt und die elterlichen Pflichten allein ausüben müssen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist auch heute vielfach noch so!)

    Daß der Gesetzgeber jetzt der Mutter die Rechte
    über ihre Kinder vorenthalten will, ist nicht nur
    kurzsichtig, sondern auch nicht zu verantworten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Fragen Sie mal die Mütter!)

    Die Frauenwelt wehrt sich gegen die hier vorgesehene Regelung

    (Zuruf von der CDU/CSU: Welche Frauenwelt?)

    — ein sehr erheblicher Teil! —,

    (Beifall bei der SPD)

    das Entscheidungsrecht und die elterliche Gewalt weiterhin dem Manne zu übertragen. Ich habe eine Fülle von Zuschriften und Eingaben von Frauenverbänden und Einzelpersonen erhalten,

    (Zuruf von der Mitte: Wir auch!)

    die sich alle für gleiches Recht zwischen Mann und Frau aussprechen. Glaubt das Hohe Haus, den Willen dieser Wählerinnen mißachten zu können?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das christliche Volk denkt anders!)

    Die Rechtsprechung hat seit dem 1. April 1953 den Grundsatz vertreten, daß beide Elternteile die elterliche Gewalt gemeinsam ausüben. Der SPDEntwurf hat diese Regelung aufgenommen und schlägt für § 1627 folgende Fassung vor:


    (Frau Nadig)

    Beide Eltern haben gemeinschaftlich kraft der elterlichen Gewalt das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen.
    Sie haben beide das Recht der Vertretung des Kindes. Be; Meinungsverschiedenheiten soll auf Antrag eines Elternteils das Vormundschaftsgericht entscheiden können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da haben wir es ja!)

    Wir glauben, daß durch die Möglichkeit, das Vormundschaftsgericht anzurufen, allen echten Belangen Rechnung getragen ist. Wesentlich ist bei dieser Regelung, daß vom gleichen Recht zwischen Mann und Frau ausgegangen wird. Ich halte den Vorschlag des Herrn Kollegen Dehler durchaus für tragbar, daß man hinzusetzt: Das Vormundschaftsgericht soll nur die Meinung eines Elternteils, die dem Wohle des Kindes am besten entspricht, für Recht setzen können.
    Die Regelung des Regierungsentwurfs bedeutet, daß die Rechtsentwicklung, die sich seit dem 1. April 1953 auf dem Gebiet der elterlichen Gewalt vollzogen hat, rückgängig gemacht wird, — ein glatter Verstoß gegen das Grundgesetz. Die Diskussion um das Entscheidungsrecht des Mannes und Vaters wird immer wieder auf das Geleise des Ideologischen und Weltanschaulichen geschoben. Darum geht es aber nicht; das führt auch immer wieder zu Verwirrungen auf diesem Gebiet. Es handelt sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in erster Linie um ein Rechtsproblem. In seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig festgelegt, daß der Gleichberechtigungsartikel im Grundgesetz nicht nur ein politisches Programm, sondern eine echte Rechtsnorm darstellt.
    Bei den Pflichten hat es der Regierungsentwurf viel besser verstanden, nach dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung die Frau heranzuziehen. Der § 1360 legt die Unterhaltspflicht beider Ehegatten gegenüber der Familie fest, besagt aber, daß die Frau mit der Führung des Haushalts ihre Unterhaltspflicht im allgemeinen erfüllt und eine Erwerbstätigkeit nur dann aufzunehmen hat, wenn die Arbeitskraft des Mannes und das Einkommen aus dem Vermögen beider Gatten für den Unterhalt nicht ausreicht. Wir sind der Meinung, daß hier eine Ergänzung im Sinne des Bundesratsvorschlags durch den Zusatz notwendig ist: „soweit der Frau eine Erwerbstätigkeit zuzumuten ist". So wird die Frau vor einer unnötigen, doppelten Belastung bewahrt. Die Arbeit der Hausfrau ist der Erwerbstätigkeit des Mannes gleichgestellt und als Berufsarbeit anerkannt. Es heißt ausdrücklich, daß .die Frau den Haushalt in eigener Veranwortung führt. Das ist ein Fortschritt, den die Frauen ganz zweifellos begrüßen werden.
    Sehr problematisch erscheint es uns aber, die Unterhaltspflicht auf die Verwandten, Eltern und Kinder des andern Ehegatten auszudehnen. Die Frage wird einer eingehenden Beratung im Ausschuß bedürfen.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Die Bestimmung ist ja auch gefallen!)

    Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat über das Familienrecht hinaus entscheidende Bedeutung für die Lohnpolitik. Fest steht, daß es sich bei Art. 3 des Grundgesetzes um eine echte
    Rechtsnorm handelt, die es verbietet, Mann und Frau aus dem Geschlecht heraus rechtlich verschieden zu behandeln. Tariflich müssen Mann und Frau bei gleicher Arbeit und gleicher Leistung gleichen Lohn erhalten. Es kommt darauf an, diesen Rechtssatz in die Praxis umzusetzen. In diesem Zusammenhang wende ich mich an die Regierung mit der Bitte, innerhalb ihres Bereichs bei Behörden und Verwaltungen dafür zu sorgen, daß der Rechtssatz, bei gleicher Arbeit und gleicher Leistung den gleichen Lohn zu zahlen, endlich Erfüllung findet.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nachdem von unserem höchsten Gericht die Frage des gleichen Rechts zwischen Mann und Frau so eindeutig klargelegt wurde, kann dieser Bundestag nur ein Familienrecht schaffen, in dem ohne Einschränkung gleiches Recht für Mann und Frau verankert ist. Diese Regelung wird wesentlich zur Aufwärtsentwicklung der Ehe und Familie beitragen. Im Parlamentarischen Rat waren alle Parteien der ungeteilten Meinung, daß Mann und Frau innerhalb der Ehe gleiches Recht zuzubilligen sei. Vollziehen wir, was damals eine geschichtliche Notwendigkeit war und was sie heute noch ist, endlich die Grundsätze, die der Parlamentarische Rat im Grundgesetz verankert hat! Das, Herr Weber, wird — davon bin ich ganz fest überzeugt — keine Gefährdung der Familie und Ehe darstellen, sondern ihre Aufwärtsentwicklung mit sich bringen.

    (Beifall bei der SPD.)