Rede von
Dr.
Karl
Weber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 1. Deutsche Bundestag behandelte am 27. November 1952 in seiner 239. Sitzung den Gesetzentwurf über die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts. Ich hatte damals die Ehre, für meine Fraktion den grundsätzlichen Standpunkt zu diesem Entwurf darzulegen. Hieran hat sich, wie ich gleich sagen möchte, inzwischen nichts Wesentliches geändert, so daß ich auf meine damaligen Ausführungen weitgehend Bezug nehmen kann.
Bevor ich auf die heute in erster Lesung anstehenden drei Gesetzentwürfe eingehe, seien mir einige Vorbemerkungen gestattet. Der Bundestag stand damals unter einem erheblichen Zeitdruck. Nur noch wenige Monate standen uns für die Bearbeitung eines derart wichtigen und entscheidenden Gesetzentwurfs zur Verfügung. Am 1. April 1953 sollte nach dem Beschluß des Grundgesetzgebers die Sperrfrist des Art. 117 des Grundgesetzes ablaufen und damit Art. 3 Abs. 2 in Kraft treten. Ich habe schon damals, am 27. November 1952, Zweifel geäußert, ob es möglich sein werde, den ganzen Gesetzentwurf, also auch die Wiederherstellung der Rechtseinheit mit zu behandeln, ja Zweifel äußern müssen, ob es möglich sein werde, auch nur die Anpassung des Rechts an den Grundsatz der Gleichberechtigung vorzunehmen, standen uns doch ungefähr so viel Wochen zur Verfügung wie dem Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Bearbeitung dieser Materie Jahre. Im Unterausschuß des Rechtsausschusses war Einhelligkeit darüber vorhanden, daß der Gesetzentwurf nicht übereilt verabschiedet werden dürfe und könne, weil er eben von so einschneidender Bedeutung ist.
In der öffentlichen Diskussion ist nun die Meinung aufgetreten — auch in Urteilen der Gerichte sind mitunter solche Wendungen zu finden —, daß der Gesetzgeber versagt habe. Ich muß dazu kurz Stellung nehmen. Der Gesetzgeber hat nicht versagt, sondern er hat eingesehen und einsehen müssen, daß dieses schwierige Problem in der kurzen Zeit, die damals zur Verfügung stand, nicht zu lösen sei.
Er hat es deshalb bewußt abgelehnt, das Gesetz in Hetze und Eile zu verabschieden. In diesem Punkt bestand im ganzen Hause Klarheit.
— Die Regierung hat ebensowenig versagt. Ich
habe schon seinerzeit in der Diskussion darauf hingewiesen, daß auch Ihr Gesetzentwurf, obschon Sie sogar einige Monate früher als die Regierung begonnen hatten, erst zum gleichen Zeitpunkt, ja noch zu einem späteren Zeitpunkt fertiggesetllt werden konnte, als die Regierung ihren Entwurf fertiggestellt hatte.
Ich begrüße es sehr, daß die Regierung eine gründliche Arbeit geleistet hat und bin ihr dafür dankbar.
Es ist jetzt schon festzustellen, daß diese Weile, die inzwischen vergangen ist, dem Gesetzentwurf gut bekommen ist. Das sage ich gleich hier. Es hätte ja eine Möglichkeit bestanden, die inzwischen eingetretene Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Wenn jemand versagt hat, dann hat der Bundestag darin versagt, daß er das an sich rechtzeitig eingebrachte Verlängerungsgesetz zu Art. 117 damals nicht verabschiedet hat.
Hierin liegt vielleicht das Versagen des Gesetzgebers. Meine Erfahrungen im Wahlkampf, wo ich das Problem immer angesprochen habe, haben mir gezeigt, daß es von unseren Frauen ertragen worden wäre, wenn sie die „Knechtschaft der Männer" noch auf ein oder zwei Jahre hätten hinnehmen müssen.
Es ist in der öffentlichen Diskussion die Frage erörtert worden, ob man nunmehr, nachdem der Bundestag eine andere Zusammensetzung aufweise, so weit gehen wolle, den Art. 3 Abs. 2 zu beseitigen. Wer diese Version erfunden hat, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob vielleicht die Wiedereinbringung des Änderungsgesetzes zu Art. 117 den Anlaß gegeben hat. Wer das Gesetz richtig gelesen hat, der hat über die Absicht dieses Gesetzes, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen, nicht im unklaren sein können. Ich habe nie auf dem Standpunkt gestanden, daß ein Rechtschaos eintreten würde, wie es vielfach in der Öffentlichkeit erörtert wurde. Aber Rechtsunsicherheit ist vorhanden, und es ist die Pflicht des Bundestages, diese Rechtsunsicherheit möglichst bald zu beseitigen, dabei aber eine gute gesetzgeberische Arbeit zu leisten.
Ich habe lediglich eine Stimme gefunden, die die Frage erörtert hat, ob der Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes geändert werden solle. Zu meinem Erstaunen hat der Vertreter des Landes Niedersachsen im Bundesrat folgendes ausgeführt:
Die niedersächsische Landesregierung hält das Problem der Gleichberechtigung von Mann und Frau für außerordentlich schwerwiegend und bedeutsam. Sie hat sich deshalb auch diesmal wieder mit großem Ernst mit diesem Problem beschäftigt.
Sie ist dabei zu der Auffassung gelangt,
— jetzt kommt das, wobei Sie vielleicht „Hört! Hört!" sagen —
Von unserer Seite aus — das möchte ich nachdrücklich betonen — ist niemals beabsichtigt gewesen, eine Änderung der Bestimmung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes vorzunehmen, sondern wir bejahen diese Bestimmung nach wie vor. Wir sind, wie ich schon eben betont habe, mit der Bundesregierung darin einig, daß dieses Problem möglichst bald gelöst werden soll. Inzwischen hat sich die Rechtsprechung schon sehr eingehend mit den hier auftretenden Fragen befassen müssen und befaßt. Es ist, wie nicht zu leugnen ist, manche Klärung erfolgt, insbesondere auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 1953. Dieses Urteil hat — und das war auch stets die Meinung in diesem Hause — bestätigt, daß die Gleichberechtigung als solche am 1. April 1953 in Kraft getreten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in diesem Urteil nicht zu dem Problem der Gleichberechtigung Stellung genommen und auch nicht nehmen wollen, sondern es hatte sich lediglich mit der Frage zu befassen, welcher Rechtszustand seit dem 1. April 1953 bestehe. Dabei hat es aber immerhin einige Hinweise gegeben, die nicht unbedeutend sind. Ich darf folgende Sätze zitieren:
„Es bedarf kaum eines Hinweises, daß im Bereich des Familienrechts im Hinblick auf die objektiven biologischen und funktionalen Unterschiede nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses auch eine besondere rechtliche Regelung erlaubt oder sogar notwendig ist (z. B. alle Bestimmungen zum Schutze der Frau als Mutter, Differenzierungen der Art der Leistung für die Familiengemeinschaft). Das wird auch von keiner Seite ernstlich verkannt und liegt gerade einem großen Teil der zur Verwirklichung der Gleichberechtigung aufgestellten Forderungen als selbstverständliche Voraussetzung zugrunde. Bei richtiger Zusammenschau von Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 GG ist also nicht die Gefährdung der einen Bestimmung durch die andere zu befürchten, vielmehr anzunehmen, daß sie der Absicht des Grundgesetzgebers entsprechend dazu dienen werden, einander zu erfüllen."
Ich habe betont, daß solche entscheidende und tiefgehende Probleme ihre Zeit zur Reife brauchen. Man kann es dem jetzt vorliegenden Entwurf auf Drucksache 224 anmerken und bei ihm feststellen: Die Bundesregierung und ihre Referenten haben hier eine wirklich anerkennenswerte Arbeit geleistet. Sowohl der Wortlaut des Gesetzes wie insbesondere auch die Begründung sind so vorzüglich gefaßt, wie man es nur bei jedem Gesetz wünschen möchte. Es werden dort für die spätere Handhabung des Gesetzes außerordentlich wichtige Hinweise gegeben. Der Entwurf bringt in entscheidenden Punkten ganz erhebliche Fortschritte und berücksichtigt auch, wie der Herr Bundesjustizminister bereits ausgeführt hat, die Ergebnisse, die im Unterausschuß des Rechtsausschusses bei der Beratung des früheren Gesetzentwurfs erzielt worden sind. Er beschränkt sich auf die Verwirklichung der Gleichberechtigung. Er ist insoweit übereinstimmend mit dem Entwurf der SPD Drucksache 178, der auch lediglich das Problem der Gleichberechtigung behandelt. Dagegen enthält die Vorlage der FDP Drucksache 112 im großen und ganzen eine Wiederholung der alten Regierungsvorlage mit einer einzigen — wohl einschneidenden — Ausnahme, daß der § 1354 gestrichen ist.
Unsere Stellungnahme zu den vorliegenden Entwürfen wird unter den gleichen leitenden Gesichtspunkten wie am 27. November 1952 stehen müssen. Im Interesse der Rechtssicherheit begrüßen wir es, daß die Ehereform als solche fortgelassen worden ist und daß sich der Gesetzentwurf der Regierung auf die Behandlung des Problems der Gleichberechtigung beschränkt. Wir sind dem Herrn Bundesjustizminister dankbar, daß er betont hat, daß das nicht etwa deshalb geschehen ist, weil man dieses erste Problem der Ehereform für weniger wichtig und vordringlich hält. Wir stimmen ihm durchaus darin zu, ja wir werden uns nach meiner Meinung — das habe ich schon damals betont — angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung — ich verweise auf das in der Presse vielfach besprochene Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe — mit der Frage befassen müssen, ob wir nicht den einen oder anderen Punkt — wie es jetzt auch zum Teil im Regierungsentwurf bei der Regelung der Personenfürsorge für Kinder bei getrennt lebenden Eheleuten und bei der Regelung der Fürsorge für die Kinder bei geschiedener Ehe geschieht — werden vorziehen müssen. Dabei habe ich insbesondere den § 48 im Auge, dessen formale Anwendung jetzt zu ganz unhaltbaren, unbilligen und ungerechten Ergebnissen führt. Insofern begrüßen wir die Fassung des § 1571 im Entwurf der FDP, wonach bei Widerspruch der unschuldigen Ehefrau eine Scheidung auch bei vorliegender Zerrüttung schlechthin ausgeschlossen sein soll. Ich habe am 27. November 1952 bereits betont, daß man den Art. 3 Abs. 2 nicht für sich allein betrachten dürfe, sondern ihn im Zusammenhang des Grundgesetzes, insbesondere im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze des Staates" sehen müsse. Das wird auch bereits in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember anerkannt. Inzwischen hat gerade zu diesem Punkte die Rechtsprechung weitere Klärungen gebracht. Im Bundesrat ist bereits darauf verwiesen worden, daß der für die Familiensachen zuständige 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom 14. Juli 1953 Richtlinien ausgesprochen hat, die ich für so bedeutungsvoll halte, daß ich sie hier noch einmal wiederholen möchte:
Gewiß ergibt die grundsätzliche rechtliche
Gleichstellung der Geschlechter, wie sie Art. 3
Abs. 2 GG anordnet, in ihrer Anwendung auf
das geltende Recht eine Fülle von Zweifelsfragen. Bei ihrer Entscheidung werden die Gerichte sich davon leiten lassen müssen, daß
nicht jede Rechtsungleichheit durch Art. 3
Abs. 2 des Grundgesetzes ausgeschlossen wird,
daß insbesondere nicht aus doktrinären Gedankengängen heraus eine formale Gleichstellung
von Mann und Frau auch da herbeigeführt
werden darf, wo der in Art. 6 Abs. 1 GG besonders anerkannte Schutz der Ehe und Familie oder die in Art. 6 Abs. 2 ebenda hervorgehobenen Interessen der Kinder einer völligen Gleichstellung beider Geschlechter in der
Ehe Schranken setzen.
Diese Auffassung haben wir stets vertreten; wir werden sie bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs beibehalten: Keine Gefährdung von Ehe und Familie; alles tun, um Ehe und Familie zu schützen und zu fördern; alles vermeiden, was Ehe und Familie gefährden und ihre Bande lockern kann.
Ich begrüße es, daß die Bundesregierung eine Anregung berücksichtigt hat, die sowohl in der
ersten Lesung des früheren Gesetzentwurfs als auch in den Ausschußberatungen gegeben worden ist, indem sie die Funktionsverschiedenheit in § 1356 des Entwurfs ausdrücklich anerkannt hat. Das ist ein Gesichtspunkt, den auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil erwähnt. Die Bundesregierung ist damit einer Anregung gefolgt, die ich in der ersten Lesung des ersten Entwurfs gegeben hatte. Es heißt:
Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.
Wir begrüßen es, daß die Stellung der Frau in Ehe und Familie in dieser Weise herausgestellt wird.
In der öffentlichen Diskussion haben vor allen Dingen die Bestimmungen der §§ 1354 und 1628 eine Rolle gespielt. Das ging so weit, daß man fast der Meinung hätte sein können, das Problem der Gleichberechtigung erschöpfe sich sozusagen in diesen Bestimmungen. Sonst sind die Dinge in der öffentlichen Diskussion eigentlich sehr wenig behandelt und gefördert worden, was ich auch schon in der ersten Lesung sagen mußte.
Die Bundesregierung hat an ihrem Standpunkt festgehalten. Auch der Bundesrat hat diesmal die Stellungnahme der Bundesregierung gutgeheißen, die den Stichentscheid des Mannes in dem Falle festlegt, daß sich die Ehegatten, die zunächst verpflichtet sind, eine Einigung zu suchen und sich aufeinander abzustimmen, wie es in jeder guten Ehe geschehen sollte, nicht einigen können. Es gibt eben Dinge, die nicht unentschieden bleiben können, z. B. die Frage des Wohnsitzes. Wir sind glücklich, hier betonen zu können, daß wir in dieser Hinsicht in Übereinstimmung mit der Auffassung beider Kirchen sind. Ich darf darauf hinweisen, daß in einer den Mitgliedern des ersten Bundestages zugegangenen Zuschrift des Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz vom 30. Januar 1953 folgender Satz enthalten ist:
Sollte jedoch in einem Land die soziale und wirtschaftliche Lage der verheirateten Frau wegen der gewandelten Kulturverhältnisse eine Abänderung benötigen, so ist es Aufgabe der Staatsgewalt, die bürgerlichen Rechte der .Gattin den Bedürfnissen und Forderungen der Jetztzeit anzupassen unter Berücksichtigung der Eigenart der weiblichen Natur, der Sittlichkeit und Ehrbarkeit und des Gemeinwohls der Familie; nur muß die wesentliche Ordnung der Hausgemeinschaft unangetastet bleiben, da sie durch eine höhere als menschliche, nämlich göttliche Autorität und Weisheit festgesetzt ist und darum keiner Änderung durch Staatsgesetze oder durch das Gutdünken der einzelnen unterliegen kann.
Der Rat der Evangelischen Kirche hat sich in ganz ähnlicher Weise geäußert und in seinem Schreiben, das er am 22. März 1952 an den damaligen Herrn Bundesjustizminister gerichtet hat, darauf hingewiesen, daß hier Bezirke vorliegen, die der menschlichen Disposition zum Teil entzogen sind, weil es sich hier um eine vorgegebene Ordnung handelt. Es heißt dort wörtlich:
Ehe und Familie sind so die ursprünglichsten menschlichen Gemeinschaften und von dem Geheimnis des Ursprungs umgeben, das für den Christen auf Jesus Christus hinweist, das
aber auch vom Nichtchristen geachtet werden muß, wenn der Zerstörung des Lebens gewehrt werden soll. Auch die staatliche Gesetzgebung verfügt nicht über dieses Wesensgefüge, sondern setzt es voraus.
Ich bin jedenfalls der Meinung, daß diese Bestimmungen bleiben müssen, daß also der Stichentscheid im Gesetz festgelegt werden muß, weil es sowohl in Ehe als auch in Familie Dinge gibt, die nicht unentschieden bleiben können, wenn nicht die Familie Schaden leiden soll. Daß keine Instanzen von außerhalb in die Familie eingreifen dürfen, das ist, glaube ich, unsere allgemeine Auffassung.
Die Regelung der Schlüsselgewalt, wie sie in § 1357 vorgesehen ist, stößt teilweise auf Bedenken. Man wird prüfen müssen, ob es notwendig und zweckmäßig ist, daß die Frau auch aus Geschäften des Mannes verpflichtet wird. Es ist ein Fortschritt des Entwurfs, daß er für alle Geschäfte, die im Rahmen der Schlüsselgewalt vollzogen werden, die Frau erst subsidiär haften läßt und daß die Frau die Erfüllung einer Verbindlichkeit verweigern kann, wenn der Mann zahlungsfähig ist.
Wir begrüßen auch die Unterhaltsregelung, wie sie jetzt — abweichend vom ersten Entwurf — in dem Entwurf der Drucksache 224 vorgesehen ist, und den hier zum Ausdruck kommenden Gedanken, daß der Vater und Mann nach wie vor Ernährer der Familie bleibt, daß also er in erster Linie durch berufliche Arbeit für den Unterhalt der Familie zu sorgen hat, während die Frau ihre Verpflichtung, für den Unterhalt der Familie zu sorgen, durch ihre Arbeit im Haushalt in aller Regel erfüllt.
Das Kernstück — das hat der Herr Bundesjustizminister mit Recht hervorgehoben — des Entwurfs und auch das Kernstück der Durchführung der Gleichberechtigung wird zweifellos eine angemessene Regelung des Güterrechts sein. Dazu auch noch einige Worte. Daß die bisherige Regelung — Güterstand der Verwaltung und Nutznießung — nicht aufrechtzuerhalten ist, bedarf keiner weiteren Darlegung, obschon auch sie, das sei hier zum Abschied von diesem Güterstand gesagt, die Frau recht weitgehend im Bestande ihres Vermögens geschützt hat. Es handelte sich ja tatsächlich auch dabei im Grunde um eine Gütertrennung; was Frauengut war, blieb Frauengut, es nahm nicht ab, es nahm nicht zu.
Den Güterstand, der hier vorgeschlagen wird, hat man ursprünglich den Güterstand der Zugewinngemeinschaft genannt und später auf Vorschlag des Bundesrats den Güterstand des Zugewinnausgleichs. Ich bin mir nicht ganz klar, welchen Namen wir nehmen werden. Ich meine, daß es der Auffassung von Ehe mehr entspräche, wenn man das Wort „Gemeinschaft" verwendete. Es besteht j a auch tatsächlich während der Ehe bereits in dieser Hinsicht eine Gemeinschaft, eine Bindung des Vermögens. Man wird also diesen Namen im Ausschuß noch einmal überlegen müssen. Aber immerhin: nennen wir ihn zunächst einmal den Güterstand des Zugewinnausgleichs. Er bringt eine Lösung, die in der Öffentlichkeit wohl am meisten und am weitestgehenden empfohlen worden ist und die im Grunde ja auch dem Entwurf der SPD wie dem Entwurf der FDP zugrunde liegt. Auch hier sind einige Fortschritte anzumerken. Insbesondere begrüßen wir es, daß zur Verfügung über Hausrat nunmehr die Gemeinschaft
der Eheleute notwendig ist, Mann und Frau also einer solchen Verfügung zustimmen müssen und keiner für sich allein darüber verfügen kann.
Es will mir dagegen zu weitgehend erscheinen, daß eine besondere Gütermasse für den Hausrat gebildet werden soll, wie es der Entwurf der SPD vorsieht, und daß bei Auseinandersetzung diese Gütermasse grundsätzlich geteilt werden soll. Die Unterschiede - darauf weist die Begründung der Regierung mit Recht hin - im Einbringen des Hausrats sind denn doch zu groß, als daß man später hinterher eine Auseinandersetzung durch einfache Teilung vollziehen könnte. Die Sache soll demjenigen, der sie in die Ehe mitgebracht hat, auch verbleiben. Aber ich begrüße es, wie gesagt, daß über den Hausrat als solchen nur gemeinschaftlich verfügt werden kann, und man wird überlegen müssen, ob diese Regelung nicht auch auf die Ehewohnung auszudehnen ist.
Es will mir nicht ganz einleuchten, weshalb nicht auch die Aussteuerpflicht geregelt werden soll. In sehr vielen Fällen leben Frauen noch im elterlichen Haushalt, arbeiten dort mit und erhalten keine Ausbildung, so daß dafür ein Ausgleich gegenüber den anderen, die von vornherein im Erwerbs- und Berufsleben stehen und eine Ausbildung erhalten haben, grundsätzlich durch die Gewährung einer angemessenen Aussteuer geschaffen werden könnte, ohne daß man dadurch gegen das Gleichheitsprinzip verstieße.
Wir haben uns bereits bei den Beratungen des ersten Entwurfs die Frage vorgelegt, ob es nicht besser sei, einen anderen als den gesetzlichen Güterstand vorzusehen. Insbesondere stand die Errungenschaftsgemeinschaft im Mittelpunkt der Diskussion. Die Errungenschaftsgemeinschaft bringt sicherlich die Gemeinschaftlichkeit, das gemeinsame Streben in der Ehe, am besten zum Ausdruck. Es bestehen aber auch andererseits erhebliche Bedenken, sie zum gesetzlichen Güterstand zu machen. Diese Frage hat der Herr Bundesjustizminister eben schon in einigen Darlegungen behandelt, und auch in der Begründung des Gesetzentwurfs ist dieser Gedanke sehr eingehend besprochen. Wir werden diese Frage im Ausschuß noch prüfen müssen, insbesondere auch das Problem, ob wir nicht noch weitergehende Bindungen bezüglich dessen, was in der Ehe erworben wird, ins Gesetz einbauen können. Gewiß sieht das Gesetz auch jetzt schon vor, daß dem' Endvermögen — darauf kommt es ja an — gewisse Werte zugerechnet werden. In § 1381 ist ausgeführt, daß z. B. unentgeltliche Zuwendungen, soweit sie nicht einer sittlichen oder gesellschaftlichen Verpflichtung entsprochen haben, zugerechnet werden. Alle Werte, durch die das Vermögen vermindert worden ist infolge vorsätzlicher unerlaubter Handlungen, durch Verschwendung und überhaupt durch alle Handlungen, die in der Absicht vorgenommen worden sind, den anderen Ehegatten zu benachteiligen, werden dem Zugewinn beim Endvermögen hinzugerechnet. An sich genügt auch die in Abs. 2 des § 1381 vorgesehene Frist von zehn Jahren.
Was mich nicht voll befriedigt, ist eben der Umstand, daß bei dem Güterstand des Zugewinnausgleichs lediglich bei der Auflösung der Ehe - bei dem Tod des einen Ehegatten oder bei der Scheidung — ein obligatorischer Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns gegeben ist. Ich möchte erreichen, daß die Frau bereits während der Ehe besser gestellt wird und unmittelbare Rechte
an demjenigen, was während der Ehe erworben worden ist, erhält. Ich kann mich nicht damit befreunden, daß ein Ehegatte bei der Verteilung des Zugewinns dadurch bevorzugt werden soll, daß er eine sogenannte Risikoprämie — ein Viertel des Mehrbetrags nach § 1385 - vorwegerhält.
Auch diese Frage wird im Ausschuß sehr eingehend zu prüfen sein.
Ich will von weiteren Darlegungen absehen und möchte nur noch zum Entwurf der SPD, der an sich auf dem gleichen Grundsatz aufgebaut ist, bemerken, daß dieser ja auch den Ehegatten weitgehende Rechte in bezug auf die Errungenschaft w ä h r e n d des Bestehens der Ehe geben will. Sie haben also dieselbe Empfindung, die ich eben geäußert habe, daß man schon während der Ehe der Ehefrau weitergehende Rechte bei der Verfügung über die Errungenschaft geben muß. Ob aber dabei der Weg, der nach § 10 Ihres Entwurfs eingeschlagen werden soll, der richtige ist, bedarf eingehendster Überlegung. Ich habe im Interesse der Sicherheit und der Leichtigkeit des Rechtsverkehrs erhebliche Bedenken dagegen, daß man einem der Ehegatten ein auf einen Monat ausgedehntes Widerspruchsrecht gibt. In dieser Zeit bleibt das Geschäft in der Schwebe, es kann nicht durchgeführt werden, und die Rechtssicherheit ist dann nicht gewahrt. Nach Ihrem Entwurf schließt sich eventuell ein langjähriges gerichtliches Verfahren an, und das Geschäft bleibt so lange in der Schwebe. Das ist nach meiner Meinung nicht tragbar. Ich verkenne nicht, daß Sie auch vorgesehen haben, daß das Widerspruchsrecht nicht bestehen soll, wenn ein Ehegatte, der ein selbständiges Erwerbsgeschäft betreibt, eine Verfügung vornimmt, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Auch wenn in diesem Falle ein Widerspruch schlechthin ausgeschlossen sein soll, wird aber streitig werden können: ist das eine Forderung, ist das eine Verfügung, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt? Und dann wird Widerspruch eingelegt, und dann geht das gerichtliche Verfahren los. Es ist nach meiner Meinung in der heutigen Zeit nicht mehr praktikabel, daß Geschäfte so lange in der Schwebe bleiben sollen.
Der Herr Bundesjustizminister hat mit Recht auch darauf hingewiesen, daß die Übergangsbestimmungen eine, wie ich sagen möchte, erhebliche Verbesserung erfahren haben. Die Eheleute, die unter einem anderen Gesetz geheiratet haben, sollen jetzt nicht mehr kraft Gesetzes gezwungen werden, sich der neuen Regelung zu unterwerfen. Wenn es ihrem Wunsche entspricht, können sie ihr bisheriges Güterrecht beibehalten. Darin sehe ich einen ganz erheblichen und begrüßenswerten Fortschritt.
In der Denkschrift, die die SPD ihrem Gesetzentwurf beigegeben hat, wird auf Seite 40 ausdrücklich bemerkt, die unverheiratete Frau habe die Gleichberechtigung praktisch durchgesetzt. Weiter heißt es dort:
Die verheiratete Frau darf sich von diesen Argumenten nicht abhalten lassen, das gleiche zu tun. Alle Vorschläge zur Erfüllung des Gleichberechtigungsgrundsatzes werden zugleich der Erfüllung des Art. 6 des Grundgesetzes dienen, der die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Denn
wenn man die verheiratete Frau rechtlich schlechter stellt als die unverheiratete, so setzt man das Institut der Ehe herab.
Auch hier wird also anerkannt, daß die praktische Durchführung der Gleichberechtigung vornehmlich ein Problem der verheirateten Frau, also ein Problem der Ehe, der Familie, ist. Nur glauben wir, diese Logik unbedingter Gleichstellung der unverheirateten und verheirateten Frau nicht ganz mitmachen zu können. Die Ehe schafft nach unserer Auffassung etwas Neues. Sie fordert von beiden Partnern, vom Mann und von der Frau, Einordnung, Verzicht und Opfer im Interesse der Ehe und ihrer natürlichen Fortentwicklung, der Familie.
Ehe und Familie sind durch die Zeitverhältnisse sehr gefährdet. Deshalb wird auch im Zeichen der Gleichberechtigung nichts geschehen dürfen, was Ehe und Familie noch mehr gefährden kann. Der Herr Bundeskanzler hat zu diesem Problem in seiner Regierungserklärung vom 20. Oktober 1953 Ausführungen gemacht, die ich wegen ihrer Bedeutung hier noch einmal wörtlich wiederholen möchte:
Die ganze Entwicklung unserer Zeit ist der
Gründung einer gesunden Familie abträglich.
Es handelt sich dabei nicht nur um ein moralisches Problem; es wirken viele Umstände zusammen. Dieser Entwicklung durch eine zielbewußte Familienpolitik entgegenzuwirken, ist
ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung; denn nur so kann auf natürliche Weise
den Gefahren gesteuert werden, die sich aus
der jetzigen Lage für das Volksganze ergeben.
Das Gewicht, das die Bundesregierung den bezeichneten Aufgaben beimißt, kommt darin
zum Ausdruck, daß ein Ministerium gebildet
wird, das sich eigens nur ihrer annimmt.
Auch wir begrüßen in diesem Zusammenhang nochmals die Bildung des Familienministeriums. Auch bei der Durchführung der Gleichberechtigung geht es uns um die Sicherung von Ehe und Familie. Dem steht eine recht verstandene Gleichberechtigung auch nicht entgegen. In Ehe und Familie findet das Wesen der Frau die volle Erfüllung, Vollendung und Krönung. Ihre Arbeit und ihr Wirken im Haushalt und in der Erziehung der Kinder ist ebenso wesentlich für den Bestand der Ehe und Familie wie die Tätigkeit des Mannes im Berufs-
und Erwerbsleben, durch die er sich und der Familie die materielle Existenzgrundlage schafft. Deshalb wird es unser vornehmstes Anliegen sein müssen, diesem Wirken der Frau, und zwar um der ausgleichenden Gerechtigkeit willen, auch die materielle Anerkennung und Bewertung zuteil werden zu lassen, die bei der Berufstätigkeit des Mannes selbstverständlich ist, indem auch die Frau, die dem Mann durch ihre häusliche Tätigkeit das volle Auswirken seiner Arbeitskraft draußen „im feindlichen Leben" ermöglicht, an dem Ertrag dieses „Schaffens und Strebens" entsprechend beteiligt wird. Hier lag die wirkliche Benachteiligung der Hausfrau im bisherigen Rechtssystem. Hier muß die Gleichberechtigung sich auswirken und zu einer Verbesserung der Stellung der Frau führen, die sie gleichberechtigt auch an dem materiellen Ergebnis des gemeinsamen Wirkens des Mannes und der Frau, des Mannes im Erwerbsleben, der Frau im Haushalt und in der Familie, teilhaben läßt. Damit stärken und festigen wir Ehe und Familie. Diesem Ziel zu dienen, wird unser Bemühen bei der Mitarbeit an diesen Gesetzentwürfen sein.
Ich beantrage namens meiner Fraktion, die Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu verweisen.