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ID0201500400

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    2. Deutscher Bundestag — 15. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1954 473 15. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 473 C, 516 C Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Dr. Brühler 473 C Kleine Anfrage 25 betr. Versorgungsrenten der deutschen Kriegsbeschädigten in Holland (Drucksachen 216, 256) 473 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen (B) Rechts (Drucksache 224) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts (Drucksache 112) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Familienrechts an Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (Drucksache 178) 473 D Neumayer, Bundesminister der Justiz 474 A, 487 D Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU): zur Sache 478 A zur Geschäftsordnung 515 B Dr. Dehler (FDP) 482 C Frau Nadig (SPD) 485 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 487 D, 490 A, C, D, 491 B, 493 A Dr. Menzel (SPD): zur Sache 489 D zur Geschäftsordnung 515 C Frau Dr. Ilk (FDP) 490 C, D, 493 A Frau Wolff (Berlin) (SPD) 491 A Metzger (SPD) 493 C Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) 498 D Dr. Czermak (GB/BHE) 502 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) 503 D Dr. Schranz (DP) 509 D Gräfin Finckenstein (GB/BHE) 511 B Frau Dr. Weber (Aachen) (CDU/CSU) 512 A Überweisung der Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht 516 C Nächste Sitzung 516 C Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Fritz Neumayer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat sich mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des Familienrechts vor nunmehr fast 15 Monaten, und zwar am 27. November 1952, zum ersten Mal befaßt. Der Entwurf wurde damals dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen, konnte aber bis zum Ablauf der Legislaturperiode nicht mehr zu Ende beraten werden.
    Inzwischen ist der 1. April 1953 verstrichen und damit der Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter unmittelbar geltendes Recht geworden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese von manchen Seiten angezweifelte Auffassung in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 1953 bestätigt. Damit ist jedes deutsche Gericht vor die Notwendigkeit gestellt, zu entscheiden, welche Auswirkungen der Grundsatz der Gleichberechtigung auf den einzelnen von ihm zu behandelnden Fall hat. Daß dabei verschiedene Auffassungen zutage getreten sind, wird niemanden wundernehmen. Aber ich muß doch an dieser Stelle der deutschen Richterschaft meine Genugtuung und meine Anerkennung darüber zum Ausdruck bringen, daß sie der Größe und der Bedeutung der ihr gestellten Aufgabe sich voll bewußt gewesen ist und daß sie es auch verstanden hat, diese Aufgabe zu lösen.

    (Beifall.)

    Dem deutschen Richter verdanken wir es, daß ein Rechtschaos, wie es vielfach befürchtet worden ist, vermieden werden konnte.
    Trotzdem hat die Bundesregierung es immer wieder als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben betrachtet, dahin zu wirken, daß die gesetzgeberische Lücke, die am 1. April 1953 entstanden war, möglichst bald geschlossen werde. Schon am 18. Dezember des vergangenen Jahres hat sie den neuen im Bundesjustizministerium ausgearbeiteten Entwurf gebilligt, der Ihnen heute zur ersten Beratung vorliegt.
    Der neue Entwurf der Bundesregierung beschränkt sich auf die Durchführung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes. Er sieht abweichend von dem früheren Entwurf davon ab, das Recht der Eheschließung und das Recht der Ehescheidung schon jetzt wieder in das Bürgerliche Gesetzbuch einzufügen. Damit will jedoch die Bundesregierung nicht zum Ausdruck bringen, daß das geltende Ehegesetz des Kontrollrats nicht so bald als möglich wieder in das Bürgerliche Gesetzbuch eingegliedert werden muß. Es würde aber die Verabschiedung des vorliegenden Entwurfs zu sehr verzögern und den Zustand der Rechtsunsicherheit zu sehr verlängern, wenn auch die Probleme, die das Ehegesetz aufgibt, schon jetzt zusammen mit den Fragen, die die Gleichberechtigung betreffen, gelöst werden sollten.
    Im Interesse einer möglichst baldigen Verabschiedung des Gleichberechtigungsgesetzes hat die Bundesregierung auch darauf verzichtet, die der Vereinheitlichung des Familienrechts dienenden Bestimmungen wieder in den Entwurf aufzunehmen. Sie wird hierüber zu gegebener Zeit einen besonderen Entwurf vorlegen. Sie ist ebenso wie der Bundesrat der Auffassung, daß auch die Wiederherstellung der Rechts- und Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts eine ihrer vordringlichsten Aufgaben ist.
    Der Standpunkt der Bundesregierung in bezug auf die Auslegung des Grundsatzes der Gleichberechtigung geht kurz zusammengefaßt dahin, daß die Rücksicht auf die funktionellen Unterschiede, die durch die Verschiedenheit der Geschlechter bedingt sind, mit dem Gleichberechtigungsgrundsatz durchaus vereinbar ist. Die Bundesregierung kann es auch nicht für richtig halten, wenn unter Hinweis auf den Grundsatz der Gleichberechtigung eine Regelung gefordert wird, die zur Gefährdung unserer Familien führen müßte. Sie hält es vielmehr für ihre Pflicht, Ihnen eine Regelung vorzuschlagen, durch die Ehe und Familie nach Möglichkeit gestärkt werden. Nur damit erfüllt sie die ihr durch Art. 6 des Grundgesetzes aufgegebene Verpflichtung, Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates zu stellen.
    Die wesentlichen Grundzüge des Entwurfs lassen sich dahin zusammenfassen: möglichster Schutz für Ehe und Familie, möglichst Vermeidung irgendwelcher Einwirkung von draußen und daher auch der Versuch, Rechtsstreitigkeiten — Austragung ehelicher Differenzen vor Gericht — möglichst zu vermeiden, und weiter: eine Stärkung der finanziellen Position der Frau.
    Die Kernfragen, die der Grundsatz der Gleichberechtigung aufwirft, möchte ich hier ganz kurz ansprechen. Die Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen finden Sie in der Begründung zu den §§ 1354 und 1628. Die Ehegatten sind zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Aus dieser Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft ergibt sich die weitere Pflicht für die Ehegatten, alle Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche Eheleben betreffen oder die sich auf die gemeinschaftlichen Kinder beziehen, im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln. Können sich die Ehegatten nicht einigen, so muß im Interesse der Familie die Entscheidung der einzelnen Angelegenheit d e m Ehegatten übertragen werden, der nach der natürlichen Ordnung von Ehe und Familie, wie sie das Leben selbst entwickelt hat, diese Entscheidung treffen muß. Das ist der Mann.
    Ich bin mir wohl bewußt, daß diese Regelung zu Widersprüchen herausfordern wird. Ich bin mir auch darüber nicht im unklaren, daß in einer gesunden, normalen Ehe eine derartige Regelung gar nicht notwendig ist. In einer solchen Ehe geben sich die Ehegatten ihre eigenen Gesetze. Es gibt viele Ehen — und es sind bestimmt nicht die schlechtesten —, in denen das letzte Wort in derartigen Dingen die Frau spricht

    (Heiterkeit und Beifall)

    — daran besteht kein Zweifel, meine Damen und Herren —, und es wäre auch völlig verkehrt, wenn durch eine gesetzliche Regelung versucht würde, ein derartiges, auf der Übung beruhendes Familienrecht zu ändern. In diese gesunden Ehen kann der Staat nicht eingreifen. Sie geben sich, wie ich schon sagte, ihre Gesetze selber.

    (Zustimmung.)

    Ich halte es auch für selbstverständlich, daß der kluge Mann in allen derartigen besonders wichtigen Fragen die Frau zu Rate zieht. Und wenn er weise ist, wird er diesen Rat in den meisten Fällen auch befolgen.
    Die in den §§ 1354 und 1628 getroffene Regelung betrifft aber die Grenzfälle. Die Bundesregierung hat sich für verpflichtet gehalten, gerade diese Grenzfälle, in denen nicht die gewöhnlichen, selbst


    (Bundesjustizminister Neumayer)

    gegebenen Ehegesetze gelten, zu regeln. Insbesondere im Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe wird eine Regelung der Grenzfälle nicht zu umgehen sein. Ich freue mich, daß sich der Bundesrat dieser Auffassung angeschlossen hat.
    Es ist behauptet worden, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 1953 könne herausgelesen werden, die hier vorgesehene Regelung widerspreche dem Art. 3 des Grundgesetzes. Das ist aber nicht richtig. Das Bundesministerium der Justiz hat dieses Urteil sehr eingehend gerade auf diesen Grundsatz hin geprüft und hat nichts feststellen können, was auch nur einen Anhaltspunkt dafür geben könnte, daß das Bundesverfassungsgericht eine derartige Feststellung treffen wollte oder getroffen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat zu der grundsätzlichen Frage des Entscheidungsrechts des Mannes und Vaters nicht Stellung genommen. Es hatte auch in dem von ihm zu behandelnden Falle hierzu keinen Anlaß.
    Auf Einzelheiten des Entwurfs möchte ich hier nicht eingehen. Wohl aber darf ich einige bedeutsame Änderungen erwähnen, die der neue Entwurf gegenüber dem ersten Entwurf der Bundesregierung enthält und die teilweise auf Anregungen zurückgehen, die die Bundesregierung im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und durch die Ausführungen des Bundesrats gewonnen hat. Ich meine z. B. die Fragen des Unterhalts getrennt lebender Ehegatten. Der neue Entwurf bringt in § 1361 klar zum Ausdruck, daß die Frau keine Nachteile dadurch erleiden darf, daß der Mann die Trennung allein oder in erheblich überwiegendem Maße verschuldet hat. Die Frau, die sich in der Ehe darauf beschränken durfte, den Haushalt zu führen und die Kinder zu erziehen, und die sich auch auf diese Aufgaben beschränkt hat, kann von dem schuldigen Mann grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, sie müsse nach Trennung der Ehegatten ihren Unterhalt durch eigene Berufsarbeit verdienen. Die Frau kann in diesem Falle in der gleichen Weise Unterhalt verlangen, wie wenn die eheliche Gemeinschaft, die der Mann zerstört hat, noch bestünde. Der neue Entwurf bringt dies so eindeutig zum Ausdruck, daß Zweifel an dieser Auffassung nicht mehr bestehen können.
    Erwähnen darf ich auch noch eine Bestimmung des Entwurfs, die Sie in § 1356 Abs. 1 Satz 1 finden. Dort heißt es: „Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung." Der frühere Entwurf der Bundesregierung enthielt diese Bestimmung nicht. Sie ist vielleicht auch entbehrlich, weil sich Recht und Pflicht der Frau insoweit aus § 1353 ergeben. Aber die Bundesregierung hat es doch für sehr zweckmäßig gehalten, im Gesetzestext auf dieses besonders wichtige Recht und auf diese wesentliche Pflicht der Frau ausdrücklich hinzuweisen. Sie wollte aber mit dieser Vorschrift gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß die Frau diese Aufgabe in eigener Verantwortung, und zwar ausschließlich in eigener Verantwortung erfüllt. Hier gibt es kein Weisungsrecht und auch kein Letztentscheidungsrecht des Mannes.
    Noch ein kurzes Wort zur Frage der Schlüsselgewalt. Sie wissen, daß für Geschäfte, die die Frau für die laufenden Bedürfnisse der Familie besorgt, nach dem Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Mann allein haftet. Der erste Entwurf der Bundesregierung sah eine gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten vor. Wir haben diese Frage noch einmal überprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß für derartige Verbindlichkeiten, mag der Mann oder die Frau sie eingehen, primär der Mann zu haften hat. Der Mann ist nach § 1360 des Entwurfs in erster Linie verpflichtet, die für die Führung des Haushalts erforderlichen Geldmittel zu beschaffen, während der Frau die Führung des Haushalts selbst obliegt. Dem entspricht es — gerade wenn man die Gleichwertigkeit dieser beiden Bemühungen um das Wohl der Familie bedenkt —, daß die Frau für derartige Verpflichtungen nur zu haften braucht, wenn der Mann zahlungsunfähig ist. Sonst haftet in erster Linie der Mann. Ich bedauere, daß der Bundesrat sich für. die Beibehaltung der gesamtschuldnerischen Haftung ausgesprochen hat.
    Lassen Sie mich nun noch einige kurze Ausführungen zu dem Kernstück des Entwurfs, nämlich dem ehelichen Güterrecht machen. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß uns der Schutz der Frau und vor allen Dingen die Besserstellung der finanziellen Position der Frau besonders am Herzen liegt. Das kommt natürlich am deutlichsten im ehelichen Güterrecht zum Ausdruck. Ich glaube, es werden gerade diese Vorschriften sein, die vor allem den Grundsatz der Gleichberechtigung in der Praxis besonders zum Ausdruck bringen werden. Der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau hat auf dem Gebiet des ehelichen Güterrechts, wie ich schon sagte, eine besonders große Bedeutung. Der gesetzliche Güterstand des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach dem der Mann das Vermögen der Frau verwaltete und die Nutznießung dieses Vermögens zog, entspricht, wie allgemein anerkannt wird, diesem Grundsatz nicht mehr. Der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes hat daher, wie der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen ausgeführt hat, bereits am 1. April 1953, d. h. mit dem Tage des Inkrafttretens des Grundsatzes der Gleichberechtigung, aufgehört, als gesetzlicher Güterstand weiterzubestehen. Es ist Aufgabe des künftigen Gesetzes, einen neuen gesetzlichen Güterstand zu schaffen. Dieser Güterstand und der Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter müssen zusammenpassen. Der neue Güterstand muß diesen Grundsatz verwirklichen und eine Regelung treffen, die dem Wesen der Ehe gerecht wird. Als künftiger gesetzlicher Güterstand kann eine reine Gütertrennung nicht in Betracht gezogen werden. Sie verwirklicht zwar der Form nach den Grundsatz der Gleichberechtigung — jeder Ehegatte verwaltet und nutzt sein Vermögen selbständig —, die Gütertrennung benachteiligt in der Sache aber letzten Endes die Frau, weil die Frau doch in der Regel den Haushalt führt, also keinen Beruf ausübt und auch nichts verdient, während der Mann erwerbstätig ist und seine Einkünfte in sein Alleineigentum fallen. Die Frau ist dann, wenn die Ehe geschieden wird, auf einen in der Praxis oft nicht durchsetzbaren Unterhaltsanspruch und auf ein meist beschränktes Erbrecht angewiesen, während der Mann oder sein Erbe den Erwerb, den er unmittelbar oder mittelbar durch die Mitarbeit der Frau erzielt hat, in vollem Umfang behalten darf. Ein gesetzlicher Güterstand muß, um eine angemessene Regelung darzustellen, dafür Sorge tragen, daß beide Ehegatten an dem in der Ehe erworbenen Vermögen beteiligt werden, gleichgültig welcher Ehegatte den Erwerb wirklich erzielt hat.
    Ein Güterstand, der diesen Grundsatz verwirklicht, kann in verschiedener Weise ausgestaltet wer-


    (Bundesjustizminister Neumayer)

    den. In den Arbeiten zur Reform des ehelichen Güterrechts ist gelegentlich vorgeschlagen worden, die Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand vorzusehen und die Beteiligung eines Ehegatten an dem Vermögen, das der andere in der Ehe erworben hat, dadurch zu verwirklichen, daß das Erbrecht der Ehegatten erhöht und im Falle der Scheidung der Ehe einem Ehegatten ein Abgeltungsanspruch gegen den andern gewährt wird. Dieser Vorschlag, wie er in der Begründung der Regierungsvorlage näher dargelegt ist, erscheint jedoch ungeeignet.
    Ebensowenig hält die Bundesregierung es für empfehlenswert, als gesetzlichen Güsterstand die Errungenschaftsgemeinschaft vorzusehen. Bei dem Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft behält jeder Ehegatte das Vermögen, das er in die Ehe eingebracht hat, als Sondervermögen, das er selbständig verwaltet. Das Vermögen aber, das er in der Ehe erwirbt, steht beiden Ehegatten zu, es fällt in das Gesamtgut. Dadurch ergeben sich erhebliche Nachteile. Das Gesamtgut muß, da die Gläubiger der Ehegatten nicht entrechtet werden können, sowohl für die Schulden des Mannes als auch für die der Frau haften. Eine solche Regelung, die von den Anhängern der Errungenschaftsgemeinschaft auch vorgeschlagen wird, gefährdet aber doch die Ehegatten in sehr starkem Maße. Sie kann sich gerade für die Frau nachteilig auswirken; denn die Nutzungen ihres Sondervermögens und ihr Arbeitsverdienst fallen in das Gesamtgut, haften also auch für die Schulden des Mannes. Die Errungenschaftsgemeinschaft führt weiter zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung. Häufig wird sich nicht feststellen lassen, ob ein Gegenstand zum Sondervermögen oder zum Gesamtgut gehört. Zwischen den einzelnen Gütermassen bestehen sehr verwickelte Ausgleichspflichten. Hinzu kommt, daß häufig nicht mehr geklärt werden kann, aus welcher Vermögensmasse eine bestimmte Verpflichtung getilgt worden ist.
    Mit Recht warnen daher die Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch nachdrücklich davor, die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand einzuführen. Die Ausführungen der Motive sind auch heute noch beherzigenswert. Unveräußerliche Bedingung für ein Güterrecht, so heißt es dort, müsse sein, daß es einfach, klar und praktisch leicht zu handhaben sei. Daran fehle es aber bei der Errungenschaftsgemeinschaft, und keine juristische Technik werde in der Lage sein, diesem Übelstand abzuhelfen. Ich glaube, meine Damen und Herren, diese Argumente gelten auch heute noch. Gerade heute bemühen wir uns ja immer wieder, die Gesetze möglichst einfach und klar zu gestalten — das muß die Aufgabe der Gesetzestechnik sein — und sie nicht zu komplizieren. Gerade der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft ist aber eine der kompliziertesten Lösungen der ehelichen Güterrechtsfragen, die bekannt sind. Es hat sich ja auch erwiesen, daß gerade in den Gegenden, in denen die Errungenschaftsgemeinschaft vor dem Jahre 1900 als gesetzlicher Güterstand gegolten hat, sie doch heute eigentlich kaum mehr irgendwelchen Anklang oder praktische Anwendung findet.
    Zu den Schwierigkeiten, die bei der Errungenschaftsgemeinschaft die Fragen der Haftung und der Auseinandersetzung mit sich bringen, kommt die weitere Schwierigkeit der Verwaltung des Gesamtgutes. Das Gesamtgut kann nicht mehr, wie es bisher üblich war, von dem Mann allein verwaltet werden. Dies würde ja dem Grundsatz der Gleichberechtigung widersprechen. Eine Verwaltung dieser Vermögensmasse zu zweien würde aber natürlich häufig zu Streitigkeiten führen und kann nicht als empfehlenswert betrachtet werden. Außerdem kann eine gemeinschaftliche Verwaltung nicht selten auch ein Eingreifen des Staates notwendig machen. Denn wenn die Ehegatten sich nicht einigen können, muß der Richter den mangelnden Willen eines Ehegatten ersetzen können. Jedes Eingreifen des Gerichts in die Ehe ist aber auch auf vermögensrechtlichem Gebiet nichts weniger als erstrebenswert.
    Aus allen diesen Gründen hat sich die Bundesregierung dem auch wirklich nur vereinzelt gemachten Vorschlag, eine Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand vorzusehen, nicht anschließen können, sondern hat dafür den Güterstand des Zugewinnausgleichs als gesetzlichen Güterstand vorgeschlagen. Damit hat sich die Bundesregierung einem Vorschlag angeschlossen, der seit Jahrzehnten von fast allen Seiten, unabhängig von weltanschaulichen Gesichtspunkten, gemacht worden ist. Auch die Wissenschaft hat sich wie die Praxis für einen solchen Güterstand ausgesprochen. Alle Juristentage, die sich mit dem ehelichen Güterrecht beschäftigt haben, die Juristentage in Heidelberg 1924, in Lübeck 1931 und in Frankfurt 1950, haben diesen Güterstand als künftigen gesetzlichen Güterstand vorgeschlagen. Der Grundsatz der Zugewinnbeteiligung hat auch im schweizerischen Recht seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden. Er hat sich dort durchaus bewährt.
    Der jetzige Entwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat damit die Regelung übernommen, die schon der frühere Entwurf vorgesehen hatte. Er bezeichnet jedoch diesen Güterstand heute als Güterstand des Zugewinnausgleichs und nicht mehr als Gütertrennung mit Ausgleich des Zugewinns. Das ist an sich das gleiche. Aber wir haben uns doch zu dem jetzt vorgeschlagenen Ausdruck entschlossen, weil die Stellungnahme zum ersten Entwurf ergeben hat, daß dieser Güterstand häufig insofern mißverstanden worden ist, als man den Nachdruck auf die Gütertrennung, nicht aber auf den Ausgleich des Zugewinns gelegt hat. Ich darf Ihnen die Grundzüge dieses Güterstandes vielleicht kurz vortragen.
    Jeder Ehegatte verwaltet und nutzt sein Vermögen während der Dauer der Ehe selbständig. Eine Gütergemeinschaft tritt also nicht ein. Wird die Ehe aufgelöst, so wird festgestellt, welchen Wert das Anfangsvermögen und welchen Wert das Endvermögen der beiden Ehegatten gehabt hat. Unter Anfangsvermögen ist das Vermögen zu verstehen, das ein Ehegatte beim Eintritt des Güterstandes gehabt hat, unter Endvermögen jenes, das er bei Beendigung des Güterstandes besitzt. Übersteigt das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen, so hat der Ehegatte einen Zugewinn erzielt. Übersteigt der Zugewinn eines Ehegatten den Zugewinn des andern, so erhält der Ehegatte, der diesen Zugewinn erzielt hat, zunächst ein Viertel des Mehrbetrags vorab. An dem Rest des Mehrbetrages wird der andere Ehegatte in der Weise beteiligt, daß er in Höhe der Hälfte dieses Betrags eine Ausgleichsforderung gegen seinen Ehegatten erhält. Wird die Ehe durch den Tod des Ehegatten aufgelöst, und zwar des Ehegatten, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, so erhalten seine Erben oder Abkömmlinge keine Ausgleichsforderung. Ein Ehegatte kann die


    (Bundesjustizminister Neumayer)

    Erfüllung seiner Ausgleichsverpflichtung allerdings insoweit verweigern, als der Ausgleich nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Der Ehegatte, der den höheren Zugewinn erzielt hat, soll von dem Mehrbetrag, wie ich bereits sagte, zunächst ein Viertel vorab erhalten, weil er ja auch allein die Gefahr des Verlustes getragen hat. Der andere Ehegatte nimmt an dem Verlust nicht teil, und es entspricht doch wohl der Gerechtigkeit, daß für diese Verlustgefahr der Ehegatte einen Ausgleich erhält, der sie auch allein zu vertreten hatte.
    Meine Damen und Herren! Dies sind die wesentlichen Grundzüge des gesetzlichen Güterstandes, der Ihnen nunmehr zur Beschlußfassung vorgeschlagen wird. Zur Frage. wie der Ausgleich im einzelnen ausgestaltet ist, darf ich wohl auf die Begründungen zu diesen Bestimmungen verweisen. Auf einige Punkte möchte ich noch ganz besonders zurückkommen.
    Eine Frage, die von wesentlicher Bedeutung ist, betrifft die Bewertung des Anfangsvermögens. Dieser neue Entwurf stellt es im Gegensatz zu dem ersten Entwurf ausschließlich darauf ab, welchen Wert die zum Anfangsvermögen gehörenden Gegenstände bei Beginn des Güterstandes gehabt haben. Steigen diese Gegenstände später im Wert, so wird der Zugewinn erhöht. Fallen sie, so vermindert sich der Zugewinn. Diese Regelung vereinfacht sehr wesentlich die Berechnung des Zugewinns.
    Des weiteren sieht der Entwurf im Gegensatz zum ersten Entwurf die Regelung vor, daß kein Ehegatte ohne Zustimmung des andern über den ehelichen Hausrat verfügen darf. Eine völlig neue Bestimmung, meine Damen und Herren! Ein Dritter, der Hausrat erwirbt, wird auch dann nicht geschützt, wenn er gutgläubig ist, also wenn er irrtümlich annimmt, sein Geschäftspartner sei nicht verheiratet oder aber der Ehegatte habe seine Zustimmung gegeben. Diese Regelung wird in der Praxis wohl von besonderer Bedeutung sein.
    ln diesem Zusammenhang sei auch auf eine Änderung der erbrechtlichen Vorschriften hingewiesen. Nach dem Vorschlag des Entwurfs soll der überlebende Ehegatte auch dann den in § 1932 BGB geregelten Voraus erhalten, wenn Abkömmlinge vorhanden sind. Zum Schutze der Erben ist allerdings vorgesehen, daß der überlebende Ehegatte sich den Wert des Voraus auf seine Ausgleichsforderung anrechnen lassen muß.
    Meine Damen und Herren! Der gesetzliche Güterstand soll natürlich den Ehegatten nicht aufgezwungen werden. Es steht den Ehegatten völlig frei, ihre güterrechtlichen Verhältnisse selbst zu regeln. Der gesetzliche Güterstand gilt, wie dies bisher ja auch der Fall war, nur dann, wenn eine Vereinbarung über ein Güterrecht nicht getroffen worden ist. Demnach könnten also die Ehegatten sogar einen Güterstand vereinbaren, der dem Grundsatz der Gleichberechtigung nicht entspricht. Aber das ist natürlich nur möglich, wenn beide Ehegatten zustimmen. In derartige gemeinsam getroffene Verfügungen oder Vereinbarungen greift der Gesetzgeber selbstverständlich nicht ein.
    Die Vertragsfreiheit wird also durch die Gleichberechtigung und durch die Aufstellung eines gesetzlichen Güterstandes in keiner Weise eingeschränkt. Als gesetzlich geregelten Wahlgüterstand, also einen Güterstand, den die Ehegatten durch Verweisung auf die gesetzlichen Bestimmungen vereinbaren können, stellt der Entwurf den Ehegatten lediglich die Gütergemeinschaft zur Verfügung, wobei es natürlich offenbleibt, auch andere Güterstände zu vereinbaren. Die allgemeine Gütergemeinschaft ist also hier auch als Wahlgüterstand vorgesehen, genau wie im alten BGB die Güterstände der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft und der Fahrnisgemeinschaft ebenfalls als Wahlgüterstände vorgesehen waren.
    Die Gütergemeinschaft unseres Entwurfs entspricht im wesentlichen der allgemeinen Gütergemeinschaft des BGB. Sie sieht jedoch vor, daß die Ehegatten in dem Vertrag, durch den sie diesen Güterstand vereinbaren, die Bestimmung treffen müssen, wer von ihnen das Gesamtgut verwaltet. Das ist eine Selbstverständlichkeit im Hinblick auf die Gleichberechtigung. Wenn allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart wird, dann muß einer der Ehegatten das Gesamtgut verwalten. Denn die gemeinschaftliche Verwaltung führt häufig zu Unzuträglichkeiten. Sie wird im Entwurf nicht vorgesehen, kann aber natürlich vereinbart werden.
    Der Entwurf sieht auch nicht mehr die Güterstände der Errungenschaftsgemeinschaft und der Fahrnisgemeinschaft als Wahlgüterstände vor. Für die Errungenschaftsgemeinschaft besteht kein Bedürfnis mehr, wenn der Güterstand des Zugewinnausgleichs gesetzlicher Güterstand wird, und die Fahrnisgemeinschaft ist seit langem veraltet und eigentlich völlig aus der Praxis verschwunden.
    Ich darf zum Schluß noch ganz kurz auf die Übergangsvorschriften Bezug nehmen. Der gesetzliche Güterstand des Zugewinnausgleichs soll auch für die Ehen gelten, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen worden sind. Es wird aber dann nur der Zugewinn ausgeglichen, der seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erzielt wird. Das Ausgangsvermögen ist also das Vermögen, das die Ehegatten beim Inkrafttreten dieses Gesetzes besitzen. Da der Güterstand den Ehegatten nicht aufgezwungen werden soll, ist jeder Ehegatte berechtigt, innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch einseitige Erklärung gegenüber dem Amtsgericht die Gütertrennung herbeizuführen.
    Für die Wahlgüterstände gilt folgende Übergangsregelung: Besteht zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes allgemeine Gütergemeinschaft, so gelten die Vorschriften, die bei der Gütergemeinschaft für den Fall anzuwenden sind, daß der Mann das Gesamtgut verwaltet. Haben die Ehegatten die Fortsetzung der Gütergemeinschaft nicht ausgeschlossen, so gilt sie als vereinbart. Besteht für eine Ehe Errungenschafts- oder Fahrnisgemeinschaft, so bleiben die Vorschriften maßgebend, die vor dem 1. April 1953 für diese Güterstände gegolten haben. Haben die Ehegatten Gütertrennung vereinbart, so gilt Gütertrennung nach Maßgabe dieses Gesetzes.
    Schließlich möchte ich noch ganz kurz auf einen Punkt hinweisen, meine Damen und Herren, nämlich auf die in der Praxis seit dem 1. April 1953 umstrittene Frage, ob ein Ehegatte verpflichtet sei, dem anderen die Kosten eines Ehescheidungsprozesses vorzuschießen. Der Entwurf sieht folgendes vor: Nach § 627 der Zivilprozeßordnung in der Fassung des Entwurfs kann das Gericht anordnen, daß ein Ehegatte dem anderen einen Prozeßkostenvorschuß zu leisten habe, wenn dies der Billigkeit entspricht.
    Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen nur die wichtigsten Probleme des Gesetzes vorgetragen. Wir werden ja im Ausschuß reichlich Gelegenheit


    (Bundesjustizminister Neumayer)

    finden, uns über diese Probleme noch im einzelnen auszusprechen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Es ist im Ältestenrat vereinbart worden, daß die beiden übrigen Gesetzentwürfe nicht gesondert, sondern im Rahmen der Aussprache begründet werden. Ich eröffne die Aussprache der ersten Beratung über die drei vorliegenden Gesetzentwürfe.
Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Dr. Weber (Koblenz).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Weber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 1. Deutsche Bundestag behandelte am 27. November 1952 in seiner 239. Sitzung den Gesetzentwurf über die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts. Ich hatte damals die Ehre, für meine Fraktion den grundsätzlichen Standpunkt zu diesem Entwurf darzulegen. Hieran hat sich, wie ich gleich sagen möchte, inzwischen nichts Wesentliches geändert, so daß ich auf meine damaligen Ausführungen weitgehend Bezug nehmen kann.
    Bevor ich auf die heute in erster Lesung anstehenden drei Gesetzentwürfe eingehe, seien mir einige Vorbemerkungen gestattet. Der Bundestag stand damals unter einem erheblichen Zeitdruck. Nur noch wenige Monate standen uns für die Bearbeitung eines derart wichtigen und entscheidenden Gesetzentwurfs zur Verfügung. Am 1. April 1953 sollte nach dem Beschluß des Grundgesetzgebers die Sperrfrist des Art. 117 des Grundgesetzes ablaufen und damit Art. 3 Abs. 2 in Kraft treten. Ich habe schon damals, am 27. November 1952, Zweifel geäußert, ob es möglich sein werde, den ganzen Gesetzentwurf, also auch die Wiederherstellung der Rechtseinheit mit zu behandeln, ja Zweifel äußern müssen, ob es möglich sein werde, auch nur die Anpassung des Rechts an den Grundsatz der Gleichberechtigung vorzunehmen, standen uns doch ungefähr so viel Wochen zur Verfügung wie dem Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Bearbeitung dieser Materie Jahre. Im Unterausschuß des Rechtsausschusses war Einhelligkeit darüber vorhanden, daß der Gesetzentwurf nicht übereilt verabschiedet werden dürfe und könne, weil er eben von so einschneidender Bedeutung ist.
    In der öffentlichen Diskussion ist nun die Meinung aufgetreten — auch in Urteilen der Gerichte sind mitunter solche Wendungen zu finden —, daß der Gesetzgeber versagt habe. Ich muß dazu kurz Stellung nehmen. Der Gesetzgeber hat nicht versagt, sondern er hat eingesehen und einsehen müssen, daß dieses schwierige Problem in der kurzen Zeit, die damals zur Verfügung stand, nicht zu lösen sei.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Er hat es deshalb bewußt abgelehnt, das Gesetz in Hetze und Eile zu verabschieden. In diesem Punkt bestand im ganzen Hause Klarheit.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. Zuruf von der SPD: Die Regierung hat versagt!)

    — Die Regierung hat ebensowenig versagt. Ich
    habe schon seinerzeit in der Diskussion darauf hingewiesen, daß auch Ihr Gesetzentwurf, obschon Sie sogar einige Monate früher als die Regierung begonnen hatten, erst zum gleichen Zeitpunkt, ja noch zu einem späteren Zeitpunkt fertiggesetllt werden konnte, als die Regierung ihren Entwurf fertiggestellt hatte.

    (Zuruf von der SPD.)

    Ich begrüße es sehr, daß die Regierung eine gründliche Arbeit geleistet hat und bin ihr dafür dankbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist jetzt schon festzustellen, daß diese Weile, die inzwischen vergangen ist, dem Gesetzentwurf gut bekommen ist. Das sage ich gleich hier. Es hätte ja eine Möglichkeit bestanden, die inzwischen eingetretene Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Wenn jemand versagt hat, dann hat der Bundestag darin versagt, daß er das an sich rechtzeitig eingebrachte Verlängerungsgesetz zu Art. 117 damals nicht verabschiedet hat.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Hierin liegt vielleicht das Versagen des Gesetzgebers. Meine Erfahrungen im Wahlkampf, wo ich das Problem immer angesprochen habe, haben mir gezeigt, daß es von unseren Frauen ertragen worden wäre, wenn sie die „Knechtschaft der Männer" noch auf ein oder zwei Jahre hätten hinnehmen müssen.

    (Beifall und Heiterkeit bei der CDU/ CSU. — Lachen bei der SPD.)

    Es ist in der öffentlichen Diskussion die Frage erörtert worden, ob man nunmehr, nachdem der Bundestag eine andere Zusammensetzung aufweise, so weit gehen wolle, den Art. 3 Abs. 2 zu beseitigen. Wer diese Version erfunden hat, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob vielleicht die Wiedereinbringung des Änderungsgesetzes zu Art. 117 den Anlaß gegeben hat. Wer das Gesetz richtig gelesen hat, der hat über die Absicht dieses Gesetzes, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen, nicht im unklaren sein können. Ich habe nie auf dem Standpunkt gestanden, daß ein Rechtschaos eintreten würde, wie es vielfach in der Öffentlichkeit erörtert wurde. Aber Rechtsunsicherheit ist vorhanden, und es ist die Pflicht des Bundestages, diese Rechtsunsicherheit möglichst bald zu beseitigen, dabei aber eine gute gesetzgeberische Arbeit zu leisten.
    Ich habe lediglich eine Stimme gefunden, die die Frage erörtert hat, ob der Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes geändert werden solle. Zu meinem Erstaunen hat der Vertreter des Landes Niedersachsen im Bundesrat folgendes ausgeführt:
    Die niedersächsische Landesregierung hält das Problem der Gleichberechtigung von Mann und Frau für außerordentlich schwerwiegend und bedeutsam. Sie hat sich deshalb auch diesmal wieder mit großem Ernst mit diesem Problem beschäftigt.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Lachen und weitere Zurufe von der SPD.)

    Sie ist dabei zu der Auffassung gelangt,
    — jetzt kommt das, wobei Sie vielleicht „Hört! Hört!" sagen —

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe von der SPD.)



    (Dr. Weber [Koblenz])

    Von unserer Seite aus — das möchte ich nachdrücklich betonen — ist niemals beabsichtigt gewesen, eine Änderung der Bestimmung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes vorzunehmen, sondern wir bejahen diese Bestimmung nach wie vor. Wir sind, wie ich schon eben betont habe, mit der Bundesregierung darin einig, daß dieses Problem möglichst bald gelöst werden soll. Inzwischen hat sich die Rechtsprechung schon sehr eingehend mit den hier auftretenden Fragen befassen müssen und befaßt. Es ist, wie nicht zu leugnen ist, manche Klärung erfolgt, insbesondere auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 1953. Dieses Urteil hat — und das war auch stets die Meinung in diesem Hause — bestätigt, daß die Gleichberechtigung als solche am 1. April 1953 in Kraft getreten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in diesem Urteil nicht zu dem Problem der Gleichberechtigung Stellung genommen und auch nicht nehmen wollen, sondern es hatte sich lediglich mit der Frage zu befassen, welcher Rechtszustand seit dem 1. April 1953 bestehe. Dabei hat es aber immerhin einige Hinweise gegeben, die nicht unbedeutend sind. Ich darf folgende Sätze zitieren:
    „Es bedarf kaum eines Hinweises, daß im Bereich des Familienrechts im Hinblick auf die objektiven biologischen und funktionalen (arbeitsteiligen) Unterschiede nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses auch eine besondere rechtliche Regelung erlaubt oder sogar notwendig ist (z. B. alle Bestimmungen zum Schutze der Frau als Mutter, Differenzierungen der Art der Leistung für die Familiengemeinschaft). Das wird auch von keiner Seite ernstlich verkannt und liegt gerade einem großen Teil der zur Verwirklichung der Gleichberechtigung aufgestellten Forderungen als selbstverständliche Voraussetzung zugrunde. Bei richtiger Zusammenschau von Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 GG ist also nicht die Gefährdung der einen Bestimmung durch die andere zu befürchten, vielmehr anzunehmen, daß sie der Absicht des Grundgesetzgebers entsprechend dazu dienen werden, einander zu erfüllen."
    Ich habe betont, daß solche entscheidende und tiefgehende Probleme ihre Zeit zur Reife brauchen. Man kann es dem jetzt vorliegenden Entwurf auf Drucksache 224 anmerken und bei ihm feststellen: Die Bundesregierung und ihre Referenten haben hier eine wirklich anerkennenswerte Arbeit geleistet. Sowohl der Wortlaut des Gesetzes wie insbesondere auch die Begründung sind so vorzüglich gefaßt, wie man es nur bei jedem Gesetz wünschen möchte. Es werden dort für die spätere Handhabung des Gesetzes außerordentlich wichtige Hinweise gegeben. Der Entwurf bringt in entscheidenden Punkten ganz erhebliche Fortschritte und berücksichtigt auch, wie der Herr Bundesjustizminister bereits ausgeführt hat, die Ergebnisse, die im Unterausschuß des Rechtsausschusses bei der Beratung des früheren Gesetzentwurfs erzielt worden sind. Er beschränkt sich auf die Verwirklichung der Gleichberechtigung. Er ist insoweit übereinstimmend mit dem Entwurf der SPD Drucksache 178, der auch lediglich das Problem der Gleichberechtigung behandelt. Dagegen enthält die Vorlage der FDP Drucksache 112 im großen und ganzen eine Wiederholung der alten Regierungsvorlage mit einer einzigen — wohl einschneidenden — Ausnahme, daß der § 1354 gestrichen ist.
    Unsere Stellungnahme zu den vorliegenden Entwürfen wird unter den gleichen leitenden Gesichtspunkten wie am 27. November 1952 stehen müssen. Im Interesse der Rechtssicherheit begrüßen wir es, daß die Ehereform als solche fortgelassen worden ist und daß sich der Gesetzentwurf der Regierung auf die Behandlung des Problems der Gleichberechtigung beschränkt. Wir sind dem Herrn Bundesjustizminister dankbar, daß er betont hat, daß das nicht etwa deshalb geschehen ist, weil man dieses erste Problem der Ehereform für weniger wichtig und vordringlich hält. Wir stimmen ihm durchaus darin zu, ja wir werden uns nach meiner Meinung — das habe ich schon damals betont — angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung — ich verweise auf das in der Presse vielfach besprochene Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe — mit der Frage befassen müssen, ob wir nicht den einen oder anderen Punkt — wie es jetzt auch zum Teil im Regierungsentwurf bei der Regelung der Personenfürsorge für Kinder bei getrennt lebenden Eheleuten und bei der Regelung der Fürsorge für die Kinder bei geschiedener Ehe geschieht — werden vorziehen müssen. Dabei habe ich insbesondere den § 48 im Auge, dessen formale Anwendung jetzt zu ganz unhaltbaren, unbilligen und ungerechten Ergebnissen führt. Insofern begrüßen wir die Fassung des § 1571 im Entwurf der FDP, wonach bei Widerspruch der unschuldigen Ehefrau eine Scheidung auch bei vorliegender Zerrüttung schlechthin ausgeschlossen sein soll. Ich habe am 27. November 1952 bereits betont, daß man den Art. 3 Abs. 2 nicht für sich allein betrachten dürfe, sondern ihn im Zusammenhang des Grundgesetzes, insbesondere im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze des Staates" sehen müsse. Das wird auch bereits in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember anerkannt. Inzwischen hat gerade zu diesem Punkte die Rechtsprechung weitere Klärungen gebracht. Im Bundesrat ist bereits darauf verwiesen worden, daß der für die Familiensachen zuständige 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom 14. Juli 1953 Richtlinien ausgesprochen hat, die ich für so bedeutungsvoll halte, daß ich sie hier noch einmal wiederholen möchte:
    Gewiß ergibt die grundsätzliche rechtliche
    Gleichstellung der Geschlechter, wie sie Art. 3
    Abs. 2 GG anordnet, in ihrer Anwendung auf
    das geltende Recht eine Fülle von Zweifelsfragen. Bei ihrer Entscheidung werden die Gerichte sich davon leiten lassen müssen, daß
    nicht jede Rechtsungleichheit durch Art. 3
    Abs. 2 des Grundgesetzes ausgeschlossen wird,
    daß insbesondere nicht aus doktrinären Gedankengängen heraus eine formale Gleichstellung
    von Mann und Frau auch da herbeigeführt
    werden darf, wo der in Art. 6 Abs. 1 GG besonders anerkannte Schutz der Ehe und Familie oder die in Art. 6 Abs. 2 ebenda hervorgehobenen Interessen der Kinder einer völligen Gleichstellung beider Geschlechter in der
    Ehe Schranken setzen.
    Diese Auffassung haben wir stets vertreten; wir werden sie bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs beibehalten: Keine Gefährdung von Ehe und Familie; alles tun, um Ehe und Familie zu schützen und zu fördern; alles vermeiden, was Ehe und Familie gefährden und ihre Bande lockern kann.
    Ich begrüße es, daß die Bundesregierung eine Anregung berücksichtigt hat, die sowohl in der


    (Dr. Weber [Koblenz])

    ersten Lesung des früheren Gesetzentwurfs als auch in den Ausschußberatungen gegeben worden ist, indem sie die Funktionsverschiedenheit in § 1356 des Entwurfs ausdrücklich anerkannt hat. Das ist ein Gesichtspunkt, den auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil erwähnt. Die Bundesregierung ist damit einer Anregung gefolgt, die ich in der ersten Lesung des ersten Entwurfs gegeben hatte. Es heißt:
    Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.
    Wir begrüßen es, daß die Stellung der Frau in Ehe und Familie in dieser Weise herausgestellt wird.
    In der öffentlichen Diskussion haben vor allen Dingen die Bestimmungen der §§ 1354 und 1628 eine Rolle gespielt. Das ging so weit, daß man fast der Meinung hätte sein können, das Problem der Gleichberechtigung erschöpfe sich sozusagen in diesen Bestimmungen. Sonst sind die Dinge in der öffentlichen Diskussion eigentlich sehr wenig behandelt und gefördert worden, was ich auch schon in der ersten Lesung sagen mußte.
    Die Bundesregierung hat an ihrem Standpunkt festgehalten. Auch der Bundesrat hat diesmal die Stellungnahme der Bundesregierung gutgeheißen, die den Stichentscheid des Mannes in dem Falle festlegt, daß sich die Ehegatten, die zunächst verpflichtet sind, eine Einigung zu suchen und sich aufeinander abzustimmen, wie es in jeder guten Ehe geschehen sollte, nicht einigen können. Es gibt eben Dinge, die nicht unentschieden bleiben können, z. B. die Frage des Wohnsitzes. Wir sind glücklich, hier betonen zu können, daß wir in dieser Hinsicht in Übereinstimmung mit der Auffassung beider Kirchen sind. Ich darf darauf hinweisen, daß in einer den Mitgliedern des ersten Bundestages zugegangenen Zuschrift des Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz vom 30. Januar 1953 folgender Satz enthalten ist:
    Sollte jedoch in einem Land die soziale und wirtschaftliche Lage der verheirateten Frau wegen der gewandelten Kulturverhältnisse eine Abänderung benötigen, so ist es Aufgabe der Staatsgewalt, die bürgerlichen Rechte der .Gattin den Bedürfnissen und Forderungen der Jetztzeit anzupassen unter Berücksichtigung der Eigenart der weiblichen Natur, der Sittlichkeit und Ehrbarkeit und des Gemeinwohls der Familie; nur muß die wesentliche Ordnung der Hausgemeinschaft unangetastet bleiben, da sie durch eine höhere als menschliche, nämlich göttliche Autorität und Weisheit festgesetzt ist und darum keiner Änderung durch Staatsgesetze oder durch das Gutdünken der einzelnen unterliegen kann.
    Der Rat der Evangelischen Kirche hat sich in ganz ähnlicher Weise geäußert und in seinem Schreiben, das er am 22. März 1952 an den damaligen Herrn Bundesjustizminister gerichtet hat, darauf hingewiesen, daß hier Bezirke vorliegen, die der menschlichen Disposition zum Teil entzogen sind, weil es sich hier um eine vorgegebene Ordnung handelt. Es heißt dort wörtlich:
    Ehe und Familie sind so die ursprünglichsten menschlichen Gemeinschaften und von dem Geheimnis des Ursprungs umgeben, das für den Christen auf Jesus Christus hinweist, das
    aber auch vom Nichtchristen geachtet werden muß, wenn der Zerstörung des Lebens gewehrt werden soll. Auch die staatliche Gesetzgebung verfügt nicht über dieses Wesensgefüge, sondern setzt es voraus.
    Ich bin jedenfalls der Meinung, daß diese Bestimmungen bleiben müssen, daß also der Stichentscheid im Gesetz festgelegt werden muß, weil es sowohl in Ehe als auch in Familie Dinge gibt, die nicht unentschieden bleiben können, wenn nicht die Familie Schaden leiden soll. Daß keine Instanzen von außerhalb in die Familie eingreifen dürfen, das ist, glaube ich, unsere allgemeine Auffassung.
    Die Regelung der Schlüsselgewalt, wie sie in § 1357 vorgesehen ist, stößt teilweise auf Bedenken. Man wird prüfen müssen, ob es notwendig und zweckmäßig ist, daß die Frau auch aus Geschäften des Mannes verpflichtet wird. Es ist ein Fortschritt des Entwurfs, daß er für alle Geschäfte, die im Rahmen der Schlüsselgewalt vollzogen werden, die Frau erst subsidiär haften läßt und daß die Frau die Erfüllung einer Verbindlichkeit verweigern kann, wenn der Mann zahlungsfähig ist.
    Wir begrüßen auch die Unterhaltsregelung, wie sie jetzt — abweichend vom ersten Entwurf — in dem Entwurf der Drucksache 224 vorgesehen ist, und den hier zum Ausdruck kommenden Gedanken, daß der Vater und Mann nach wie vor Ernährer der Familie bleibt, daß also er in erster Linie durch berufliche Arbeit für den Unterhalt der Familie zu sorgen hat, während die Frau ihre Verpflichtung, für den Unterhalt der Familie zu sorgen, durch ihre Arbeit im Haushalt in aller Regel erfüllt.
    Das Kernstück — das hat der Herr Bundesjustizminister mit Recht hervorgehoben — des Entwurfs und auch das Kernstück der Durchführung der Gleichberechtigung wird zweifellos eine angemessene Regelung des Güterrechts sein. Dazu auch noch einige Worte. Daß die bisherige Regelung — Güterstand der Verwaltung und Nutznießung — nicht aufrechtzuerhalten ist, bedarf keiner weiteren Darlegung, obschon auch sie, das sei hier zum Abschied von diesem Güterstand gesagt, die Frau recht weitgehend im Bestande ihres Vermögens geschützt hat. Es handelte sich ja tatsächlich auch dabei im Grunde um eine Gütertrennung; was Frauengut war, blieb Frauengut, es nahm nicht ab, es nahm nicht zu.
    Den Güterstand, der hier vorgeschlagen wird, hat man ursprünglich den Güterstand der Zugewinngemeinschaft genannt und später auf Vorschlag des Bundesrats den Güterstand des Zugewinnausgleichs. Ich bin mir nicht ganz klar, welchen Namen wir nehmen werden. Ich meine, daß es der Auffassung von Ehe mehr entspräche, wenn man das Wort „Gemeinschaft" verwendete. Es besteht j a auch tatsächlich während der Ehe bereits in dieser Hinsicht eine Gemeinschaft, eine Bindung des Vermögens. Man wird also diesen Namen im Ausschuß noch einmal überlegen müssen. Aber immerhin: nennen wir ihn zunächst einmal den Güterstand des Zugewinnausgleichs. Er bringt eine Lösung, die in der Öffentlichkeit wohl am meisten und am weitestgehenden empfohlen worden ist und die im Grunde ja auch dem Entwurf der SPD wie dem Entwurf der FDP zugrunde liegt. Auch hier sind einige Fortschritte anzumerken. Insbesondere begrüßen wir es, daß zur Verfügung über Hausrat nunmehr die Gemeinschaft


    (Dr. Weber [Koblenz])

    der Eheleute notwendig ist, Mann und Frau also einer solchen Verfügung zustimmen müssen und keiner für sich allein darüber verfügen kann.
    Es will mir dagegen zu weitgehend erscheinen, daß eine besondere Gütermasse für den Hausrat gebildet werden soll, wie es der Entwurf der SPD vorsieht, und daß bei Auseinandersetzung diese Gütermasse grundsätzlich geteilt werden soll. Die Unterschiede - darauf weist die Begründung der Regierung mit Recht hin - im Einbringen des Hausrats sind denn doch zu groß, als daß man später hinterher eine Auseinandersetzung durch einfache Teilung vollziehen könnte. Die Sache soll demjenigen, der sie in die Ehe mitgebracht hat, auch verbleiben. Aber ich begrüße es, wie gesagt, daß über den Hausrat als solchen nur gemeinschaftlich verfügt werden kann, und man wird überlegen müssen, ob diese Regelung nicht auch auf die Ehewohnung auszudehnen ist.
    Es will mir nicht ganz einleuchten, weshalb nicht auch die Aussteuerpflicht geregelt werden soll. In sehr vielen Fällen leben Frauen noch im elterlichen Haushalt, arbeiten dort mit und erhalten keine Ausbildung, so daß dafür ein Ausgleich gegenüber den anderen, die von vornherein im Erwerbs- und Berufsleben stehen und eine Ausbildung erhalten haben, grundsätzlich durch die Gewährung einer angemessenen Aussteuer geschaffen werden könnte, ohne daß man dadurch gegen das Gleichheitsprinzip verstieße.
    Wir haben uns bereits bei den Beratungen des ersten Entwurfs die Frage vorgelegt, ob es nicht besser sei, einen anderen als den gesetzlichen Güterstand vorzusehen. Insbesondere stand die Errungenschaftsgemeinschaft im Mittelpunkt der Diskussion. Die Errungenschaftsgemeinschaft bringt sicherlich die Gemeinschaftlichkeit, das gemeinsame Streben in der Ehe, am besten zum Ausdruck. Es bestehen aber auch andererseits erhebliche Bedenken, sie zum gesetzlichen Güterstand zu machen. Diese Frage hat der Herr Bundesjustizminister eben schon in einigen Darlegungen behandelt, und auch in der Begründung des Gesetzentwurfs ist dieser Gedanke sehr eingehend besprochen. Wir werden diese Frage im Ausschuß noch prüfen müssen, insbesondere auch das Problem, ob wir nicht noch weitergehende Bindungen bezüglich dessen, was in der Ehe erworben wird, ins Gesetz einbauen können. Gewiß sieht das Gesetz auch jetzt schon vor, daß dem' Endvermögen — darauf kommt es ja an — gewisse Werte zugerechnet werden. In § 1381 ist ausgeführt, daß z. B. unentgeltliche Zuwendungen, soweit sie nicht einer sittlichen oder gesellschaftlichen Verpflichtung entsprochen haben, zugerechnet werden. Alle Werte, durch die das Vermögen vermindert worden ist infolge vorsätzlicher unerlaubter Handlungen, durch Verschwendung und überhaupt durch alle Handlungen, die in der Absicht vorgenommen worden sind, den anderen Ehegatten zu benachteiligen, werden dem Zugewinn beim Endvermögen hinzugerechnet. An sich genügt auch die in Abs. 2 des § 1381 vorgesehene Frist von zehn Jahren.
    Was mich nicht voll befriedigt, ist eben der Umstand, daß bei dem Güterstand des Zugewinnausgleichs lediglich bei der Auflösung der Ehe - bei dem Tod des einen Ehegatten oder bei der Scheidung — ein obligatorischer Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns gegeben ist. Ich möchte erreichen, daß die Frau bereits während der Ehe besser gestellt wird und unmittelbare Rechte
    an demjenigen, was während der Ehe erworben worden ist, erhält. Ich kann mich nicht damit befreunden, daß ein Ehegatte bei der Verteilung des Zugewinns dadurch bevorzugt werden soll, daß er eine sogenannte Risikoprämie — ein Viertel des Mehrbetrags nach § 1385 - vorwegerhält.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen] : Sehr richtig!)

    Auch diese Frage wird im Ausschuß sehr eingehend zu prüfen sein.
    Ich will von weiteren Darlegungen absehen und möchte nur noch zum Entwurf der SPD, der an sich auf dem gleichen Grundsatz aufgebaut ist, bemerken, daß dieser ja auch den Ehegatten weitgehende Rechte in bezug auf die Errungenschaft w ä h r e n d des Bestehens der Ehe geben will. Sie haben also dieselbe Empfindung, die ich eben geäußert habe, daß man schon während der Ehe der Ehefrau weitergehende Rechte bei der Verfügung über die Errungenschaft geben muß. Ob aber dabei der Weg, der nach § 10 Ihres Entwurfs eingeschlagen werden soll, der richtige ist, bedarf eingehendster Überlegung. Ich habe im Interesse der Sicherheit und der Leichtigkeit des Rechtsverkehrs erhebliche Bedenken dagegen, daß man einem der Ehegatten ein auf einen Monat ausgedehntes Widerspruchsrecht gibt. In dieser Zeit bleibt das Geschäft in der Schwebe, es kann nicht durchgeführt werden, und die Rechtssicherheit ist dann nicht gewahrt. Nach Ihrem Entwurf schließt sich eventuell ein langjähriges gerichtliches Verfahren an, und das Geschäft bleibt so lange in der Schwebe. Das ist nach meiner Meinung nicht tragbar. Ich verkenne nicht, daß Sie auch vorgesehen haben, daß das Widerspruchsrecht nicht bestehen soll, wenn ein Ehegatte, der ein selbständiges Erwerbsgeschäft betreibt, eine Verfügung vornimmt, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Auch wenn in diesem Falle ein Widerspruch schlechthin ausgeschlossen sein soll, wird aber streitig werden können: ist das eine Forderung, ist das eine Verfügung, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt? Und dann wird Widerspruch eingelegt, und dann geht das gerichtliche Verfahren los. Es ist nach meiner Meinung in der heutigen Zeit nicht mehr praktikabel, daß Geschäfte so lange in der Schwebe bleiben sollen.
    Der Herr Bundesjustizminister hat mit Recht auch darauf hingewiesen, daß die Übergangsbestimmungen eine, wie ich sagen möchte, erhebliche Verbesserung erfahren haben. Die Eheleute, die unter einem anderen Gesetz geheiratet haben, sollen jetzt nicht mehr kraft Gesetzes gezwungen werden, sich der neuen Regelung zu unterwerfen. Wenn es ihrem Wunsche entspricht, können sie ihr bisheriges Güterrecht beibehalten. Darin sehe ich einen ganz erheblichen und begrüßenswerten Fortschritt.
    In der Denkschrift, die die SPD ihrem Gesetzentwurf beigegeben hat, wird auf Seite 40 ausdrücklich bemerkt, die unverheiratete Frau habe die Gleichberechtigung praktisch durchgesetzt. Weiter heißt es dort:
    Die verheiratete Frau darf sich von diesen Argumenten nicht abhalten lassen, das gleiche zu tun. Alle Vorschläge zur Erfüllung des Gleichberechtigungsgrundsatzes werden zugleich der Erfüllung des Art. 6 des Grundgesetzes dienen, der die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Denn


    (Dr. Weber [Koblenz])

    wenn man die verheiratete Frau rechtlich schlechter stellt als die unverheiratete, so setzt man das Institut der Ehe herab.
    Auch hier wird also anerkannt, daß die praktische Durchführung der Gleichberechtigung vornehmlich ein Problem der verheirateten Frau, also ein Problem der Ehe, der Familie, ist. Nur glauben wir, diese Logik unbedingter Gleichstellung der unverheirateten und verheirateten Frau nicht ganz mitmachen zu können. Die Ehe schafft nach unserer Auffassung etwas Neues. Sie fordert von beiden Partnern, vom Mann und von der Frau, Einordnung, Verzicht und Opfer im Interesse der Ehe und ihrer natürlichen Fortentwicklung, der Familie.
    Ehe und Familie sind durch die Zeitverhältnisse sehr gefährdet. Deshalb wird auch im Zeichen der Gleichberechtigung nichts geschehen dürfen, was Ehe und Familie noch mehr gefährden kann. Der Herr Bundeskanzler hat zu diesem Problem in seiner Regierungserklärung vom 20. Oktober 1953 Ausführungen gemacht, die ich wegen ihrer Bedeutung hier noch einmal wörtlich wiederholen möchte:
    Die ganze Entwicklung unserer Zeit ist der
    Gründung einer gesunden Familie abträglich.
    Es handelt sich dabei nicht nur um ein moralisches Problem; es wirken viele Umstände zusammen. Dieser Entwicklung durch eine zielbewußte Familienpolitik entgegenzuwirken, ist
    ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung; denn nur so kann auf natürliche Weise
    den Gefahren gesteuert werden, die sich aus
    der jetzigen Lage für das Volksganze ergeben.
    Das Gewicht, das die Bundesregierung den bezeichneten Aufgaben beimißt, kommt darin
    zum Ausdruck, daß ein Ministerium gebildet
    wird, das sich eigens nur ihrer annimmt.
    Auch wir begrüßen in diesem Zusammenhang nochmals die Bildung des Familienministeriums. Auch bei der Durchführung der Gleichberechtigung geht es uns um die Sicherung von Ehe und Familie. Dem steht eine recht verstandene Gleichberechtigung auch nicht entgegen. In Ehe und Familie findet das Wesen der Frau die volle Erfüllung, Vollendung und Krönung. Ihre Arbeit und ihr Wirken im Haushalt und in der Erziehung der Kinder ist ebenso wesentlich für den Bestand der Ehe und Familie wie die Tätigkeit des Mannes im Berufs-
    und Erwerbsleben, durch die er sich und der Familie die materielle Existenzgrundlage schafft. Deshalb wird es unser vornehmstes Anliegen sein müssen, diesem Wirken der Frau, und zwar um der ausgleichenden Gerechtigkeit willen, auch die materielle Anerkennung und Bewertung zuteil werden zu lassen, die bei der Berufstätigkeit des Mannes selbstverständlich ist, indem auch die Frau, die dem Mann durch ihre häusliche Tätigkeit das volle Auswirken seiner Arbeitskraft draußen „im feindlichen Leben" ermöglicht, an dem Ertrag dieses „Schaffens und Strebens" entsprechend beteiligt wird. Hier lag die wirkliche Benachteiligung der Hausfrau im bisherigen Rechtssystem. Hier muß die Gleichberechtigung sich auswirken und zu einer Verbesserung der Stellung der Frau führen, die sie gleichberechtigt auch an dem materiellen Ergebnis des gemeinsamen Wirkens des Mannes und der Frau, des Mannes im Erwerbsleben, der Frau im Haushalt und in der Familie, teilhaben läßt. Damit stärken und festigen wir Ehe und Familie. Diesem Ziel zu dienen, wird unser Bemühen bei der Mitarbeit an diesen Gesetzentwürfen sein.
    Ich beantrage namens meiner Fraktion, die Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu verweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)