Rede:
ID0201402600

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2014

  • date_rangeDatum: 11. Februar 1954

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    2. Deutscher Bundestag — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Februar 1954 407 14. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 408 B, 465 A, 467 A, C Nachruf für den verstorbenen Abg. Görlinger 408 B Glückwünsche zu den Geburtstagen des Bundesministers Kaiser und der Abg. Hepp, Dr. Leiske, Geritzmann und Frau Dietz . 408 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 24 betr. Autobahnbau FrankfurtWürzburg—Nürnberg (Drucksachen 207, 246) 408 D Beratung der Übersicht 3 über Anträge von (B) Ausschüssen des Deutschen Bundestages betr. Petitionen (Drucksache 220) . . 409 A Beschlußfassung 409 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftliche Ordnung des Verkehrswesens (Drucksache 180) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Verkehrspolitik der Bundesregierung (Drucksache 185), mit der Beratung des Antrags des Abg. Morgenthaler u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Beschränkung des Lastwagenverkehrs an Sonn- und Feiertagen (Drucksache 135), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ordnung des Omnibusverkehrs (Drucksache 181), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Finanz- und Verkehrskrise der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 182), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Gutachten zur Verkehrspolitik (Drucksache 183), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ausbau des Netzes der Bundesfernstraßen (Drucksache 184) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Finanzierung der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 244) 409 A Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . . 409 B Müller-Hermann (CDU/CSU), Anfragender 412 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 414 C, 446 D Rümmele (CDU/CSU) 423 A Rademacher (FDP) 428 C Schmidt (Hamburg) (SPD) 436 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . . 451 C Morgenthaler (CDU/CSU) 455 A Jahn (Frankfurt) (SPD) . . . . 456 B, 458 A Unterbrechung der Sitzung . . 457 D Scheuren (SPD) 459 A Dr. Bucerius (CDU/CSU) 459 C Baur (Augsburg) (SPD) 462 B Brück (CDU/CSU) 464 D Überweisung der Anträge Drucksachen 135 und 183 an den Ausschuß für Verkehrswesen, des Antrags Drucksache 181 an den Ausschuß für Verkehrswesen und an den Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen, der Anträge Drucksachen 182, 184 und 244 an den Haushaltsausschuß und an den Ausschuß für Verkehrswesen 464 D, 465 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der DP betr. Wiederherstellung des einheitlichen Rechtes in der Sozialversicherung (Drucksachen 208, 10) . . 465 A Stingl (CDU/CSU), Berichterstatter 465 B Beschlußfassung 465 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der DP betr. Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in der Rentenversicherung (Drucksachen 209, 20) . 465 C Frau Döhring (SPD), Berichterstatterin 465 D Beschlußfassung 466 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der DP betr. Aufhebung der Zweiten Lohnabzugsverordnung (Drucksachen 210, 22) 466 A Meyer (Wanne-Eickel) (SPD), Berichterstatter 466 A Beschlußfassung 466 B Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr. h. c Müller (Bonn), Schrader u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung über Zolländerungen (Drucksache 203) 466 B Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) (CDU/CSU), Antragsteller 466 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 466 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Fischen und Fischwaren (Fischgesetz) (Drucksache 213) 466 C Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik . . 466 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 197) . 466 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD): als Antragsteller 466 D Schriftliche Begründung 468 Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 466 D Überweisung an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Geld und Kredit, für Mittelstandsfragen sowie an den Rechtsausschuß 466 D Beratung des interfraktionellen Antrags betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 11) 467 A Nächste Sitzung 467 C Anlage 1: Schriftliche Begründung des Abg Schmitt (Vockenhausen) (SPD) zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betr. die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 197) 468 Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 11) 471 Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    468 2 Deutscher_Bundestag — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag. den 11. Februar 1954 Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 14. Sitzung Schriftliche Begründung des Abgeordneten Schmitt [Vockenhausen] (SPD) zur ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur .nderung des Gesetzes betreffend die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 197) Das Teilzahlungsgeschäft hatte sich vor dem Kriege gut entwickelt und wurde dann durch den Krieg und die Nachkriegsjahre völlig zurückgeworfen. Nach der Währungsreform, vor allem aber mit dem Obergang vorn Verkäufer- zum Käufermarkt, hat es wieder sehr stark an Bedeutung gewonnen und ist in seinem Umfang heute weit über das Volumen der Vorkriegszeit hinaus gewachsen. Die verschiedenen Untersuchugen über den Anteil des Abzahlungsgeschäfts am Un tz des Einzelhandels in der. Bundesrepublik haben ergeben, daß heute rund 10 % des Einzelhandel-Umsatzes, der im Jahre 1953 nach Ermittlungen des IFOInstitutes 41,9 Milliarden DM betrug, im Teilzahlungsgeschäft getätigt werden. Das wären also rund 4 Milliarden DM. Hinzukommen noch die Abzahlungsgeschäfte unmittelbar mit der Industrie und dem Handwerk, die schätzungsweise 1,5 bis 2,5, Milliarden DM betragen dürften; so daß man die gesamten Teilzahlungsumsätze mit etwa 6 Milliarden DM annehmen Die steigende Entwicklung des Teilzahlungsgeschäfts der Nachkriegszeit ist vor allein eine Auswirkung der in der Entwicklung zurückgebliebenen Löhne und Gehälter und ein Ausfluß des erheblichen Bedarfs unserer Arbeitnehmer und des gewerblichen Mittelstandes, die mit ihren Einkommen ihren Nachholbedarf bisher noch nicht, befriedigen konnten. Wir sind der Auffassung, daß das Teilzahlungsgeschäft an sich nicht als eine ungesunde Erscheinung angesehen werden sollte. Im Gegenteil sollte heute dafür gesorgt werden, daß insbesondere • den Arbeitnehmern und dem gewerblichen Mittelstand durch das Teilzahlungsgeschäft zu günstigen Bedingungen die Möglichkeit gegeben wird, ihren Lebensstandard durch vorausgenommenen Einkauf möglichst bald zu verbessern. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht natürlich, daß durch jedes Teilzahlungsgeschäft vorzeitig über Kaufkraft verfügt wird, so daß sie also am Zeitpunkt ihres Entstehens nicht mehr der freien Konsumwahl zur Verfügung steht. Für jeden einzelnen bringt das gewisse Gefahren für diesen Zeitpunkt mit sich, denn sein Verdienst kann durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität oder sogar Tod unterbrochen werden. Wenn auch der Ausfall von Ratenzahlungen in unserer heutigen konjunkturellen Situation verhältnismäßig gering ist und sich nach den verschiedenen Erhebungen über das Gebiet der Teilzahlungsgeschäfte unter 1 % der Umsätze im Teilzahlungsgeschäft beläuft, so darf jedoch volkswirtschaftlich nicht übersehen werden, daß bei einem konjunkturellen Rückgang der Anteil der Ausfälle plötzlich einen viel größeren Umfang annehmen wird. Auch darf nicht verkannt werden, daß das Teilzahlungsgeschäft in Wirklichkeit für die gesamte Industrie auf die Dauer keine Belebung bringen kann. Es wird sich immer nur, weil die Massenkaufkraft leider nicht erheblich gestiegen ist, um eine Umsatzverlagerung, um eine Kaufkraftvorwegnahme, handeln, denn man kann sein Geld nur einmal ausgeben. Wir wollen also nicht vergessen, daß die Konsumausweitung durch das Einkommen begrenzt ist. Die Konjunkturreserve ist durchaus nicht unerschöpflich. Der Umfang des Teilzahlungsgeschäfts ist allerdings auch landsmannschaftlich verschieden. So sind die Menschen im Badisch-Württembergischen weniger leicht für Abzahlungsgeschäfte zu gewinnen als vor allem im Ruhrgebiet. Hier vor allem haben sich nach der übereinstimmenden Meinung aller Beteiligten offenkundige Mißstände ergeben.. Unter Berücksichtigung dieser Umstände haben wir vorgeschlagen, das Teilzahlungsgesetz von 1894, das vor 60 Jahren natürlich unter ganz anderen Umständen und Voraussetzungen geschaffen wurde, durch zeitgemäße Bestimmungen zu ergänzen. Diese Bestimmungen sollen den gesunden Teilzahlungskredit fördern, den vorhandenen Übelständen entgegenwirken und vor allem den Grundsätzen der Wahrheit, Klarheit und des sozialen Schutzes des Verbrauchers zeitgemäßen Ausdruck verleihen. Die Grundsätze der Wahrheit und des sozialen Schutzes des Verbrauchers verstehen sich von selbst. Der Grundsatz der Klarheit ist volkswirtschaftlich mit dem Grundsatz der Markttransparenz identisch. Die Markttransparenz ist einer der wichtigsten Grundsätze der Marktwirtschaft, denn es ist auf dem Markt unerläßlich, daß der 'Käufer frei nach Qualität und Preis wählen kann. Es ist aus diesem Grunde auch sehr wichtig, daß er, bevor er ein Teilzahlungsgeschäft eingeht, die Möglichkeit hat, Preisvergleiche, nämlich zwischen dem Barpreis einer Ware und dem Teilzahlungspreis einer Ware anzustellen; denn nur so hat der Verbraucher die Möglichkeit, in freier Konsumwahl diesen Grundsätzen entsprechend sich zu entscheiden. Der Käufermarkt der letzten Jahre (Schmitt [Vockenhausen]) hat erwiesen, daß vielfach versucht wird, die wirklichen Marktbedingungen zu verschleiern, wodurch der Verbraucher in seiner Konsumwahl irregeführt wird und zu leicht Verpflichtungen eingeht, über deren Tragweite und Auswirkungen er sich bei Kaufabschluß allzuoft nicht im klaren ist. Es ist uns bekannt, daß es vielfach üblich ist, daß der Verkäufer einer Ware im Teilzahlungsgeschäft durch Einholung von Informationen über die Tätigkeit, die Einkommensverhältnisse und Familienverhältnisse des Teilzahlungskunden sowie durch Inanspruchnahme der „Schufa"-Organisationen sich eingehend informiert und nur unter Berücksichtigung der besonderen privaten und finanziellen Verhältnisse des Teilzahlungskunden entsprechende Teilzahlungskredite gewährt, die nach dem Ermessen des Verkäufers tragbar sind. Allerdings wird in anderen Fällen eine solche Auslese nicht getroffen und in unverantwortlicher Weise dem Teilzahlungskunden ein Teilzahlungskredit angeboten, den der Teilzahlungskunde überhaupt nicht oder nur unter größten Schwierigkeiten zu tilgen vermag. Wir sind uns darüber im klaren, daß auch dieser Gesetzentwurf nicht ausreicht, um derartige Auswüchse in allen Fällen zu verhindern. Wir haben jedoch nach eingehender Überlegung uns zunächst auf diese Vorschriften des Gesetzentwurfs beschränkt, weil wir glauben, daß dadurch wenigstens der größte Teil der Mißstände in geregelte Bahnen geführt wird. Eine Beseitigung aller Mißstände und Auswüchse im Teilzahlungsgeschäft wäre unseres Erachtens nur durch eine derartig straffe und enge Kontrolle des Teilzahlungsgeschäftes möglich, die in nicht erwünschter Form die Handlungsfreiheit im Markt wiederum einschränken würde. Hinzukommt, daß das Teilzahlungsgeschäft in der Bundesrepublik in zahlreichen unterschiedlichen Systemen vor sich geht, die eine einheitliche Erfassung in einem Gesetzentwurf kaum ermöglichen dürften. So beschränkt sich beispielsweise das Gesetz betreffend Abzahlungsgeschäfte von 1894, das der vorliegende Gesetzentwurf erweitert, lediglich darauf, die Abzahlungsgeschäfte, die außerhalb des Bankverkehrs vor sich gehen, zu erfassen. Das bedeutet, daß Teilzahlungsbanken und sonstige Kreditinstitute, die das Teilzahlungsgeschäft betreiben, . in ihrem Geschäftsverkehr von diesem Gesetzentwurf überhaupt nicht erfaßt werden. Erfaßt wird von diesem Gesetzentwurf lediglich das Teilzahlungsgeschäft, das außerhalb des Bankverkehrs getätigt wird, beispielsweise in "eigener Regie des Einzelhandels, des Handwerks oder auch der Industrie. Wir haben uns auch mit der Frage beschäftigt, ob und inwieweit das Teilzahlungsgeschäft der Banken und Kreditinstitute in eine allgemeine Regelung einbezogen werden sollte. Soweit das Teilzahlungsgeschäft von den Kreditinstituten selbst durchgeführt wird, unterliegen diese mit ihren Bedingungen der Bankenaufsicht, so daß diese jederzeit in der Lage ist, entstehende- Auswüchse von vornherein auszuschließen. Ich glaube, wenn wir den vorliegenden Entwurf beraten, sollten wir uns trotzdem auch noch einmal mit den Anregungen des Sonderausschusses Bankenaufsicht beschäftigen, in denen dem Staat zumindest eine Ermächtigung zur Festlegung eines Kredithöchstsatzes vorgeschlagen wurde. Darüber hinaus ist natürlich eine Anpassung der Konditionen der Kreditinstitute an die Bestimmungen dieses Gesetzes erforderlich, um die Startgleichheit zu gewährleisten. Soweit wir aus unseren eigenen. Erfahrungen, aber auch aus den verschiedenen Gutachten und Stellungnahmen zu dem Gebiet der Teilzahlungsgeschäfte in der Bundesrepublik ersehen konnten, wurden Auswüchse im Teilzahlungsgeschäft vor allem festgestellt hinsichtlich der Anzahlung bei Aufnahme des Teilzahlungskredites. Wir wollen nicht übersehen, daß es heute im Einzelhandel, im Handwerk usw. in vielen Fällen üblich ist, daß der Verkäufer im Teilzahlungsgeschäft eine Anzahlung vom Teilzahlungskunden in Höhe von 30 und sogar 35 % des kreditierten Betrags fordert. In anderen Fällen hingegen wird eine Anzahlung bei Einräumung eines Teilzahlungskredites überhaupt nicht gefordert oder nur in einem geringen,, im Verhältnis zum Kaufpreis unangemessenen Anteil. So ist es volkswirtschaftlich und im Interess der Verbraucher unverständlich, daß beispielsweisem heute Kühlschränke auf dem Markt angeboten werden mit einer Anzahlung von 20 DM, und Radios von 5 DM. Der Teilzahlungskäufer ist sich nachrewiesenermaßen bei einem solchen Teilzahlungnkauf häufig überhaupt nicht im klaren darüber, welche Verpflichtungen ihm in Zukunft bei einem solchen Abzahlungsgeschäft entstehen, wobei die Ratenzahlungen in derartigen Fällen häufig über 24 Monate hinausgehen und sich auf drei Jahre und darüber erstrecken. Damit ist der Verbraucher, dem das Angebot eines solchen Verkäufers in die Hände fällt, über Jahre hinaus in seiner freien Konsumwahl, in seiner Entscheidungsfreiheit auf dem Markt festgelegt, wobei wir ganz davon absehen wollen, auf die volkswirtschaftlichen Auswirkungen, die sich insbesondere bei einem Konjunkturrückgang oder aus persönlichen Gründen bei dem Teilzahlungskunden 'ergeben, noch näher hinzuweisen, da dies bereits geschehen ist. Die von uns vorgeschlagenen Bestimmungen schaffen mit der Begründung einer Anzahlungspflicht beim Verbraucher Hemmungen gegen eine leichtfertige Kreditaufnahme. Wenn man schon einmal eine Anzahlung in bar leisten muß, wird man sich normalerweise doch mehr Gedanken über die Zweckmäßigkeit des Kaufs und die Möglichkeiten der Rückzahlung des Kredits machen.. Jedenfalls kommt es allzu häufig vor, daß ein Arbeiter und vor allem auch seine Ehefrau, die sich in wirtschaftlichen Fragen nicht so auskennen, zum Schluß feststellen müssen, daß sie viel tiefer in die Tasche greifen und viel länger zahlen mußten, als man beim Abschluß des Geschäfts erzählte. Es ist ja auch niemandem damit gedient, daß er beliebig viel auf Raten kaufen kann. Allzu viele Hausfrauen sind schon überredet worden und haben nachher die Folgen für sich und ihre Familien gespürt. Aber nicht nur den Verbraucher wollen wir durch durch eine solche Mindestbegrenzung des Anzahlungsanteils schützen, sondern insbesondere auch die mittelständischen Gewerbetreibenden, die infolge des starken Wettbewerbs im Teilzahlungsgeschäft miteinander häufig dazu gezwungen werden, ihren Kreditkunden unseriöse Bedingungen einzuräumen, weil ihre Konkurrenten dies auch machen. Die in dem Gesetzentwurf angegebenen Mindestgrenzen sollen auch nur als solche gedacht sein. Es wäre unerwünscht, wenn ein solcher Gesetzentwurf zur Folge haben würde, daß Teilzahlungsverkäufer, die bisher höhere Anzahlungsbeträge gefordert haben, nunmehr auf diese Mindestsätze zurückgehen. Im Gegenteil wird es von uns begrüßt, wenn diejenigen Teilzahlungsverkäufer, die sich ihrer gesamtwirtschaftlichen Verpflich- (Schmitt [Vockenhausen]) tung bei der Einräumung von Teilzahlungskrediten bewußt sind, auch weiterhin ihr Marktverhalten beibehalten. Da der Kreditnehmer oder Käufer nur in den seltensten Fällen seine finanziellen Verhältnisse über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorher beurteilen kann, ist eine Begrenzung der Laufzeit der Kredite unerläßlich. Eine solche Begrenzung ist nicht nur zum Schutz des Kreditnehmers sondern darüber hinaus auch zum Schutz der Teilzahlungsgeschäfte tätigenden mittelständischen Gewerbetreibenden dringend erforderlich, weil diese aus Konkurrenzrücksichten bisher zu Auswüchsen gezwungen wurden. Entsprechende gesetzliche Regelungen sind auch in anderen Ländern eingeführt. Im Gegensatz zu den dortigen Bestimmungen beruht der Entwurf nicht auf einer Bewertung der vom Kreditnehmer gekauften Waren, weil dieses eine weitestgehende Katalogisierung der Waren erforderlich machen würde. Ein solcher Katalog müßte laufend geändert werden, weil insbesondere auf dem technischen Gebiet immer wieder Neuerungen :auf dem Markt erscheinen. Hinzukommt, daß eine Globalregelung, beispielsweise für bestimmte Warengruppen, nicht zweckmäßig erscheint, weil die Wertspanne einer solchen Warengruppe zu unterschiedlich ist. Bei der Bekleidung würde der Wert zwischen niedrigsten Beträgen und Summen von mehreren Tausend DM, etwa bei hochwertigen Pelzmänteln, liegen. Die Einführung einer DM-Grenze erscheint daher vorteilhafter. Wir halten es auch volkswirtschaftlich für verantwortungslos, wenn Teilzahlungsgeschäfte sich in den Ratenzahlungen über zwei Jahre hinaus erstrecken. Im Gegenteil sollte es das Bestreben der Teilzahlung gewährenden Wirtschaft sein, die Ratenzahlungen möglichst noch stärker auf höchstens ein Jahr zu begrenzen. Auch hier sind die Auswüchse auf einige wenige Branchen beschränkt. Diese sind aber in ihrer Bedeutung innerhalb der Gesamtwirtschaft so groß, daß eine Behandlung. dieser Auswüchse zum Schutz des Verbrauchers in den Gesetzentwurf mit einbezogen werden mußte. Insbesondere sollte es weiterhin bei den Teilzahlung gewährenden Gewerbetreibenden Gepflogenheit bleiben, daß kurzlebige Wirtschaftsgüter. wie insbesondere Schuhe, Textilien und Bekleidung in der Regel weiterhin nur in • fünf bis sechs Monatsraten abgezahlt werden. Außerdem wäre es erwünscht, daß Gegenstände des täglichen Bedarfs, wie insbesondere Lebens- und Genußmittel, überhaupt nicht in das Teilzahlungsgeschäft mit einbezogen werden. In der Regel wird in diesen Gegenständen des täglichen Bedarfs ein Teilzahlungsgeschäft auch nicht in Frage kommen, sondern viel mehr das Anschreiben. Obwohl dieses nicht erwünscht ist, dürfte jedoch die Höhe der Anschreibungsbeträge im Verhältnis zum Umsatz des Lebensmitteleinzelhandels nicht mehr so bedeutend sein wie in der Vorkriegszeit, so daß wir von einer Einbeziehung des Anschreibens, soweit es nicht mit einer Zinszahlung verbunden ist, abgesehen haben. Dasselbe gilt hinsichtlich des Ansparens, das im Einzelhandel vielfach üblich Ist, aber in der Regel keinesfalls als unerwünscht angesehen werden kann. Beim Ansparen handelt es sich darum, daß der Käufer eine Ware kauft, aber lediglich einen bestimmten Betrag anzahlt, während die Ware so lange im Besitz des Verkäufers bleibt, bis der gesamte Betrag gezahlt ist. Derartige Anspargeschäfte vollziehen sich in der Regel innerhalb eines oder zweier Monate. Allerdings gibt es hier auch Auswüchse, indem das Anspar-System von Kaufleuten angewandt wurde, die die kreditierte Ware nicht auf Lager hatten. Sie haben dann die Ware erst aus den Ansparbeträgen erworben. Ein solches Verfahren ist aber nach der neuesten Rechtsprechung unzulässig und bedürfte gegebenenfalls der Genehmigung der Bankenaufsicht. Immerhin ist es vielleicht zweckmäßig, diese Frage im Ausschuß nochmals zu erörtern. Das Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte von 1894 schloß die Kaufleute im Sinn des Handelsgesetzbuchs von den Vorschriften aus. Da heute in nicht unerheblichem Umfang mittelständische Gewerbetreibende Teilzahlungskunden sind, halten wir es zum Schutz dieser Kaufleute für notwendig, diese insoweit in die Ergänzungen dieses Gesetzes einzubeziehen, um auch ihnen im Teilzahlungsgeschäft Schutz zu gewähren. Eine Ausnahme bilden lediglich Teilzahlungsgeschäfte über einen Betrag von 100 000 DM hinaus. Wer eine Ware mit einem Wert von 100 000 DM oder mehr kaufen kann, und wem sie geliefert wird, muß normalerweise über die geschäftlichen Erfahrungen. verfügen. Die Frage der Höchstzinssätze sollte im Ausschuß im Zusammenhang mit der von mir schon erwähnten Anregung des Sonderausschusses Bankenaufsicht noch einmal besprochen werden, obwohl sich bei dem Teilzahlungsgeschäft des Einzelhandels, das ja in dem Gesetz geregelt ist, gezeigt hat, daß die Teilzahlung gewährende Wirtschaft eine gewisse Selbstbeschränkung übt, die sich aus dem Wettbewerb ergibt. Die Meinung verschiedener Wirtschaftspolitiker, daß das Teilzahlungsgeschäft in der bisherigen Form unbegrenzt weiter betrieben, ja sogar durch noch niedrigere Anzahlungen und längere Laufzeiten gefördert werden sollte, muß jedem unverständlich sein, der sich über die wirtschaftliche Tragweite einer zügellosen Konsumausweitung auf Pump im klaren ist. Wir sind uns darüber im klaren, daß wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nur den Auswüchsen steuern können. Wir wollen auch nicht etwa das Teilzahlungsgeschäft an sich einschränken. Dagegen sprechen die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik, denn Beamte, Arbeiter und Angestellte sowie weite Kreise des Mittelstandes, die sich heute eine Wohnung einrichten wollen und, wenn sie überhaupt eine Wohnung haben, nicht in leeren Wänden hausen und auf Margarinekisten sitzen wollen, sind gezwungen, mit Hilfe von Abzahlungsgeschäften wieder zu Eigentum zu kommen. Der Entwurf, den wir im Interesse des Kredits des kleinen Mannes und des mittelständischen Gewerbetreibenden eingebracht haben, soll aber diese Kreise veranlassen, vor allem zu prüfen, welche Gegenstände so dringend gebraucht werden, daß ein Kreditkauf nicht zu, umgehen ist, und dem Käufer bis zum letzten zeigen, welche Belastungen er auf sich nimmt, und schließlich soll es ihn vor Übervorteilungen schützen. Ich beantrage im Namen meiner Fraktion die Überweisung an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß sowie zur Mitberatung an den Ausschuß für Geld und Kredit und den Rechtsausschuß. Schmitt (Vockenhausen) Bonn, den 11. Februar 1954 Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 14. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 11) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Abs. 1 der Geschäftsordnung dem zuständigen Ausschuß überwiesen: 1. Antrag der Abgeordneten Ritzel und Genossen an den Haushaltsausschuß; betreffend Bundeszuschuß zum Deutschen Leder- museum in Offenbach (Main) (Drucksache 190) 2. Antrag der Fraktion der DP betreffend Ein- an den Haushaltsausschuß (federführend), an den fuhr- und Vorratsstellen (Drucksache 196) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; 3. Antrag der Abgeordneten Arndgen, Dr. Leiske an den Haushaltsausschuß (federführend), an den und Genossen betreffend Entlastung der Ver- Ausschuß für Verkehrswesen; kehrsverhältnisse in den engen Ortsdurchfahrten im Rheingaukreis (Bundesstraße 42) (Drucksache 206) 4. Antrag der Fraktion der FDP betreffend ab- an den Ausschuß für Außenhandelsfragen. gabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reise- verkehr (Drucksache 217) Bonn, den 2. Februar 1954 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Scheuren


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin meinen Freunden Dr. Bleiß und Helmut Schmidt dankbar, daß sie den Versuch gemacht haben, in ihren Ausführungen zu den heute hier anstehenden Problemen auch die nichtbundeseigenen Eisenbahnen wenigstens einmal zu erwähnen. In der Festschrift zur Verkehrsausstellung 1953 hat das Geschäftsführende Vorstandsmitglied des „Verbandes Nichtbundeseigener Eisenbahnen" geschrieben, der Deutsche neige sehr gern dazu, unter dem Begriff Eisenbahnen schlechthin die Bundesbahn zu verstehen. Er hat treffend darauf hingewiesen, daß neben der Bundesbahn, organisch mit ihr zusammenarbeitend, etwa 240 nichtbundeseigene Eisenbahnen bestehen, von denen ein beachtlicher Teil, etwa 157, ebenso den gemeinwirtschaftlichen Aufgaben unterworfen ist wie die Bundesbahn. Für diese nichtbundeseigenen Bahnen, die ebenso unter den Kriegsfolgen und -schäden zu leiden haben, möchte ich ganz wenige Sätze sagen. Ich möchte zunächst, insbesondere den Herrn Verkehrsminister und das Hohe Haus, wenn es sich mit diesem Problem zu beschäftigen hat, darum bitten, sich dieser nichtbundeseigenen Eisenbahnen, von denen ein beachtlicher Teil, nämlich 127, seit einigen Jahren auch mit Defizit arbeitet, zu erinnern, und ich empfehle den interessierten Damen und Herren dieses Hohen Hauses die Festschrift, die der „Verband Nichtbundeseigener Eisenbahnen" zur Münchner Verkehrsausstellung im vorigen Jahre herausgegeben hat, zum Studium. Dort werden von einer beachtlichen Zahl versierter Experten und leitender Vorstandsmitglieder dieser Unternehmen sehr wertvolle Beiträge zum Gesamtproblem „Schiene und Straße" veröffentlicht. Ich habe dem nichts hinzuzufügen und möchte das Hohe Haus auch nicht allzu lange in Anspruch nehmen, sondern nur mit ganz wenigen Zahlen sagen, wie die Lage bei den nichtbundeseigenen Bahnen ist.
    Die Kriegszerstörungen belaufen sich wertmäßig, wie bis zum Jahre 1952 exakt nachgewiesen ist, auf 66,7 Millionen DM, die Restitutionen, Demontagen usw. auf 12,2 Millionen DM, die Schäden
    durch Betriebsverbote und ähnliche Beschränkungen auf 4,3 Millionen DM. Der Nachholbedarf infolge zwangsläufiger Unterlassung notwendiger Ersatzinvestitionen erfordert 90,7 Millionen DM, der Investitionsbedarf insgesamt für diese Bahnen 200 Millionen DM. Es ist klar, daß diese Unternehmen, von denen nur noch ein ganz winziger Teil sich eben hält, nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft den derzeitigen Verkehrsbedürfnissen gerecht zu werden. Sie sind andererseits aber so eng mit der Bundesbahn verästelt, daß es unmöglich ist, sie untergehen zu lassen. Es wird deshalb zu einer echten Aufgabe der Bundesregierung und dieses Hohen Hauses, auch diesen Bahnen zu helfen.
    Schließlich werden Sie sich — das darf ich am Schluß noch sagen — in aller Kürze auch mit den bei diesen Bahnen beschäftigten Menschen zu befassen haben. Ein Antrag hinsichtlich ihrer Versorgungsansprüche liegt Ihnen bereits vor. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie bei Beratung dieser Angelegenheit, die längst überfällig ist und der Erledigung dringend harrt, auch den nichtbundeseigenen Eisenbahnen die notwendige Hilfe und Unterstützung zuteil werden ließen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerd Bucerius


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich bin beinahe geneigt, den Zwischenfall, daß vorhin das Licht ausging, als eine Fügung des Himmels anzusehen, als eine Mahnung, diese Debatte recht bald zu Ende zu bringen.

    (Beifall.)

    Nachdem die Aufmerksamkeit des Hauses auch noch darauf gelenkt worden ist, daß es in Deutschland auch nichtbundeseigene Bahnen gibt, ist zur Sache wirklich erschöpfend gesprochen worden.
    Ich bin wohl von keiner Debatte in diesem Hause so wenig befriedigt worden wie von dieser. Wir haben heute sogar gehört, daß es im Grunde gar keine Verkehrskrise gibt. Herr Rademacher meinte, es könne ja aller Verkehr befriedigt werden. Allerdings, das Defizit der Bundesbahn beträgt 800 Millionen DM. Die ganze Geschichte kommt mir so vor, wie wenn ein Kaufmann sagt, er könne seine Ware verkaufen und jeden Kunden bedienen, verliere aber leider am Stück eine Mark, und nur jemanden sucht, der bereit ist, dieses Defizit zu decken. Wenn dann bei diesem Geschäft noch jeden Tag 30 Tote herauskommen, kann doch wohl eine gewisse Krise nicht ganz abgeleugnet werden.
    Die Schuld an diesem Zustand ist in diesem Hause unentwegt hin- und hergeschoben worden. Die Sozialdemokratie hat sie der Koalition zugeschoben, die Koalition hat zum Teil auf den Herrn Bundesverkehrsminister verwiesen, dieser hat in einigen Punkten die Bundesbahn angezogen, und irgendwo ist die Sache dann auch wieder bei der SPD gelandet.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns alle an unsere Brust schlagen und sagen: Wir sind allzumal Sünder.
    Ich bin im ersten Bundestag vier Jahre Mitglied des Verkehrsausschusses gewesen und kann darüber einiges berichten. Dort war einer großen Zahl von


    (Dr. Bucerius)

    Mitgliedern, der Mehrheit, die Bundesbahn eigentlich sehr ans Herz gewachsen. Eine Minderheit ließ sich die Interessen der übrigen Gewerbetreibenden im Verkehr sehr angelegen sein. Aus gegenseitiger Rücksichtnahme haben wir geglaubt, man könne die Dinge in Ordnung bringen, indem man sie einfach gehen lasse, statt sich darüber klarzuwerden, daß radikale und einschneidende Maßnahmen auch auf diesem wirtschaftlichen Gebiet unerläßlich sind. So stehen wir heute vor diesem sehr ärgerlichen Zustand.
    Heute wieder haben wir von dem Herrn Kollegen Rademacher, dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im ersten Bundestag und stellvertretenden Vorsitzenden in diesem Bundestag, gehört, daß die Tatsachen, über die wir zu urteilen haben, im wesentlichen festgestellt seien. Als die Frage der Kostenaufbringung angeschnitten wurde, sagte er, der Straßenverkehr trage, wie nachgewiesen sei, eigentlich alle von ihm verursachten Kosten. Er kassierte bei dieser Gelegenheit sehr schnell sämtliche Zölle, sämtliche Mineralölabgaben, ja sogar die Beförderungsteuer. Auf der anderen Seite wurden die Ausgaben, die für den Straßenverkehr geleistet werden, im einzelnen nicht detailliert dargelegt. Meine Damen und Herren, ich glaube und darin stimmen wir in diesem Hause sicherlich überein —, daß da der Kardinalfehler liegt. Wir haben es in der Tat in den letzten vier Jahren alle zusammen nicht fertiggebracht, eine exakte Kostenuntersuchung vorzunehmen, auch nicht im Verkehrsausschuß. Ich erinnere mich nicht, daß dort während meiner vierjährigen Tätigkeit ein einziges Mal eine solche Kostenuntersuchung gefordert worden wäre. Wäre sie gefordert worden, sei es auch von einer nur einigermaßen ins Gewicht
    fallenden Minderheit — und Sie waren damals ei ne sehr erhebliche Minderheit, meine Herren von der Sozialdemokratie —, hätte eine solche Untersuchung auch stattgefunden. So ist alles, was wir heute gesagt haben, im Grunde in den Wind geredet. Es hat keinen Zweck, sich über Maßnahmen den Kopf zu zerbrechen, bevor wir exakte kostenmäßige Unterlagen haben.
    Herr Rademacher hat heute eingeräumt, eine gewisse Erhöhung der Treibstoffabgabe sei zulässig. Ich stehe nicht an, zu erklären, daß ich für meine Person einer solchen Erhöhung nur dann zustimmen werde, wenn die Untersuchung, die wir anzustellen haben, ergibt, daß der Kraftverkehr in der Tat nicht alles das bezahlt, was er an Kosten der Volkswirtschaft verursacht. Es hat keinen Sinn, auf den Verkehr als solchen Abgaben zu erheben. Das trifft z. B. auch die Beförderungsteuer, deren weitere Berechtigung mir mehr als zweifelhaft erscheint.
    Im großen und ganzen hat die Diskussion jedoch Einigkeit in wesentlichen Punkten ergeben. Wir sind uns einig geworden darüber, daß die bisher unterlassene Kostenuntersuchung in der Form, daß wir streitig über diese zu verhandeln haben, daß wir eine gemeinsame Feststellung darüber zu treffen haben, welche Kosten dem Kraftverkehr zugute zu rechnen sind und welche Kosten er verursacht, alsbald stattzufinden hat. Ich füge hinzu, daß sie stattzufinden hat, bevor wir weitere gesetzliche Maßnahmen ergreifen.
    Es ist ferner Einigkeit darüber erzielt, daß die gemeinwirtschaftliche Funktion der Bundesbahn in absehbarer Zeit nicht entbehrt werden kann. Daraus ergibt sich dann, daß auch die anderen Verkehrsträger in der einen oder anderen Weise ihren Beitrag zu der gemeinwirtschaftlichen Führung des Verkehrs zu leisten haben; sonst schaffen wir keine korrekten Wettbewerbsunterlagen. Darüber, wie das geschehen kann, besteht allerdings erheblicher Streit. Der Herr Kollege Schmidt hat eine differenzierte Beförderungsteuer vorgeschlagen. Wenn man die Beförderungsteuer überhaupt erheben will, erscheint mir das als ein angemessener Weg. Herr Minister, ich fürchte freilich, daß die von Ihnen anscheinend geplante und heute vorsichtig angedeutete Verbotsliste im Verkehr nur geringe Aussicht auf Erfolg hat. Wir werden also versuchen, wenn wir in diesen Punkten Wettbewerbsgleichheit haben wollen und wenn wir, was unser aller Wunsch ist, der Bundesbahn weitere Frachten zuweisen wollen, andere Wege zu gehen. Denkbar wäre vielleicht im Fernverkehr die Herausnahme einzelner Güter. Aber ich glaube, daß nicht einmal dafür die nötige Mehrheit in diesem Hause zu finden sein wird.

    (Abg. Müller-Hermann: Und Grundgesetz!)

    — Die Frage des Grundgesetzes wäre auch zu erörtern. Ich glaube freilich, daß, wenn eine solche Maßnahme getroffen würde, um die erforderliche Koordinierung der Verkehrsträger herbeizuführen, das Grundgesetz einer solchen Lenkungsmaßnahme nicht im Wege stünde. Die Marktwirtschaft ist nämlich im Grundgesetz nicht verankert.
    Einigkeit ist auch darüber erzielt worden, daß eine engere Koordinierung zwischen Bahn und Post erfolgen muß.
    Keine Einigkeit ist dagegen erzielt worden, lieber Herr Kollege Morgenthaler, über die Frage des Verbots des Sonntagsverkehrs. Ich für meine Person halte ein solches Verbot nicht für möglich. Denn das bedeutete ja auch, daß Fernverkehrstreibende vielfach auch am Sonnabend nicht fahren können, weil sie nämlich an diesem Tage ihr Ziel nicht erreichen können. Wenn wir in diesem Augenblick daran gehen, dem Fernverkehrsgewerbe erhebliche neue Lasten aufzuerlegen, indem wir an eine Erhöhung der Abgaben für Treibstoff oder vielleicht sogar an eine Verbotsliste denken, wenn wir an eine Zwangsanstalt denken, die den Verkehr ausgleichen soll, dann sollten wir mit einer solchen Auflage an das Kraftverkehrsgewerbe sehr vorsichtig sein. Heute jedenfalls ist der Zeitpunkt für eine solche Maßnahme nicht gekommen. Ich bin der Auffassung, daß die Sonntagsheiligung nicht in diesem Punkte beginnen sollte.
    Begreiflicherweise ist in vielen Ausführungen heute die Bundesbahn Gegenstand mancher Kritik gewesen. Sie ist Gegenstand des Volkszorns in dem Augenblick, in dem wir das riesige Defizit heraufbeschwören. Ich verstehe, daß das Zurückbleiben der technischen Entwicklung der Bundesbahn hinter dem allgemeinen Aufbau Ungeduld hervorgerufen hat. Aber jeder Kaufmann wird Ihnen sagen können, wie schwer es ist, aufzubauen, wenn die Mittel dafür nicht vorhanden sind, und wie schnell ein circulus vitiosus beginnt, wenn erst einmal die Einnahmen geringer werden als die Ausgaben und man nicht mehr investieren kann, um weiterhin Ersparnisse zu erzielen. Es fängt dann eine Prozeß der Verkarstung, des Ausdorrens an. Die Leistung wird immer geringer, weitere Kunden springen ab, und so endet das im normalen Wirtschaftsleben schließlich mit der Zahlungsein-


    (Dr. Bucerius)

    Stellung. Auch hier drohte diese Gefahr, wenn nicht der Bund immer dahinterstünde.
    Freilich sollten wir ruhig einmal — auch das ist heute schon angeregt worden — überlegen, ob das Bundesbahngesetz wirklich der Weisheit letzter Schluß ist. Herr Rademacher hat heute schon gesagt, der vierköpfige Vorstand müsse vielleicht noch einmal Gegenstand der Untersuchung sein. Ich möchte auch das Problem des Verwaltungsrates in die Debatte werfen. Herr Rademacher hat es nicht erwähnt; er ist ja selber Mitglied dieses Verwaltungsrats. Ich bin nicht unbedingt der Meinung, daß es richtig ist, für dieses große wirtschaftliche Unternehmen einen Verwaltungsrat, also gewissermaßen einen Aufsichtsrat zu haben, in welchem die Konkurrenten und die fremden Interessenten einen sehr maßgeblichen Einfluß besitzen.

    (Zustimmung in der Mitte und bei der SPD.)

    Die Richtigkeit dieser Struktur kann man ernstlich bezweifeln. Damals erschien sie uns allen im Ausschuß als die richtige Lösung. Wir machen Fehler, sollten es offen zugeben und dieses Problem heute ruhig noch einmal anschneiden.
    An der Spitze der Bundesbahn steht ein sehr erfahrener und international angesehener Techniker. Es ist sehr zweifelhaft und deshalb zu prüfen, ob in solchen Zeiten, in denen gerechnet, gerechnet und nochmals gerechnet werden muß, an die Spitze nicht ein Kaufmann gehört.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Jedenfalls bin ich der Meinung, daß der Platz, an dem in so schwierigen und für die Bundesbahn entscheidenden Zeiten die Leitung der Bundesbahn zu stehen hat, am Schreibtisch ist. Wir haben sehr viel davon gehört, daß Erfolge im Ausland erzielt worden sind. Ich bin aber der Meinung, daß wir in Zukunft in der Presse weniger von erfolgreichen Betriebsausflügen der Bundesbahn ins Ausland hören sollten als von den Erfolgen an der „Heimatfront".

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Im ganzen halte ich die Bundesbahn für ein hoch rentables Unternehmen, wenn es gelingt — worauf sie Anspruch hat —, ihr in der Betriebsrechnung die betriebsfremden Lasten abzunehmen, wenn es gelingt, sie den Frachtenverlust, den sie überwiegend deshalb erlitten hat, weil sie wegen der gemeinwirtschaftlichen Leistungen unrentabel ist, wieder ausgleichen zu lassen. Ein gewisser Frachtenzuwachs ist allerdings unerläßlich. Ohne ihn wird die Bundesbahn niemals wieder in einen gesunden Zustand kommen. Ergreifen wir diese Maßnahmen, dann werden Sie alle, meine Damen und Herren, an diesem stolzen Besitz des deutschen Volkes Ihre Freude haben.
    Zum Schluß möchte ich noch kurz das Problem der Verkehrsunfälle behandeln. Es gibt in der Tat nichts, was uns menschlich so sehr bewegt wie die Tatsache, daß — durch unser eigenes schuldhaftes Verhalten — jeden Tag 30 deutsche Menschen den Verkehrstod erleiden. Es ist hier sehr viel davon gesprochen worden, durch weitere gesetzliche oder polizeiliche Maßnahmen die Zahl der Verkehrsunfälle entscheidend einzudämmen. Auch das Wort von der Verkehrsdisziplin ist heute in die Debatte geworfen worden. Der Herr Bundesverkehrsminister hat selber davon gesprochen. Meine Damen und Herren, wenn Sie alle die Maßnahmen, die Sie auf diesem Gebiete vorhaben, angewandt und, wie der Herr Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen vor kurzem gesagt hat, brutal angewandt haben, dann möchte ich Ihnen vorschlagen, mit mir einmal folgendes Experiment zu machen. Sie setzen sich in meinen Wagen

    (Zuruf von der SPD: Nie! — Heiterkeit)

    — es ist kein Mercedes 300, es ist ein bescheidener Wagen, nur ein bescheidener Mercedes 180; hoffentlich reicht er Ihnen —, und wir fahren einmal die Koblenzer Straße entlang. Dann halten wir an einer Stelle an, an der wir sehen, daß eine Gruppe von Fußgängern die Fahrbahn überqueren will, und warten darauf, daß die Fußgänger vorbeigehen. Dann werden Sie etwas ganz Seltsames erleben. Die Fußgänger werden nämlich nicht über die Straße gehen, sondern sie werden Sie mit ganz besonders mißtrauischen Augen ansehen. Weit davon entfernt, zu glauben, daß man ihnen entgegenkommen will, sind sie der Überzeugung, daß der Kraftfahrer nur eine ganz besonders listige Form anwenden will, um sie — im Begriffe, die Fahrbahn zu überqueren — zu überfahren. Zwischen dem Fußgänger und dem Kraftfahrer herrscht in Deutschland ein Spannungszustand, der unerträglich ist. Es ist nicht etwa die Klasse der Fußgänger und die Klasse der Kraftfahrer. Ich habe beobachtet, daß derselbe Mann am Steuer seines Autos rücksichtslos drauflos fährt und sich als Fußgänger über die Rücksichtslosigkeit der Autofahrer lebhaft beschwert.
    Zwei Weltkriege und die außerordentliche Härte des Wiederaufbaues haben in der Tat das deutsche Volk sehr stark verhärten lassen. Deshalb paßt schon das Wort von der Disziplin gar nicht. Disziplin ist die Haltung, die mich befugt, zu schimpfen, wenn der andere sich nicht sachgemäß verhält. Es gibt da eine sehr charakteristische Handbewegung des Kraftfahrers zum Kopf hin, wenn er den Eindruck hat, daß der andere einen Fehler gemacht hat. So kommen wir wirklich nicht mehr weiter. Ich bin überzeugt, daß alle Verkehrsvorschriften, die Sie durchsetzen wollen, kein richtiges Ergebnis haben werden. In einer Zeitung fand ich gerade gestern einen Leserbrief, den ich Ihnen einmal vorlesen möchte — wenn der Herr Präsident damit einverstanden ist —, weil er genau das wiedergibt, was ich in diesem Zusammenhang sagen möchte. Da heißt es zunächst: „Die Straßen sind schuld." Dann sollen die Kraftfahrer fahrtechnisch besser ausgebildet und gesundheitlich nachgeprüft werden. Weiter heißt es:
    Ganz Schlaue
    — das sind anscheinend wir —
    haben einen Plan ausgeheckt, wonach man ein Zulassungssystem zur Beschränkung der Zahl der Führerscheine einführen will. Und das angesichts eines in USA, in England vielleicht dreimal stärkeren Verkehrs als hier. Das kommt einem vor, als wolle man den Nahrungsmittelkonsum kontingentieren, um der Fettleibigkeit zu steuern.
    Der Grund für die beklagenswert hohe Zahl der Unglücksfälle liegt viel tiefer. Er liegt nämlich da, wo die Unhöflichkeit, die Taktlosigkeit, die Rücksichtslosigkeit herkommt, im Herzen. Von dem, der wie ein Irrsinniger in der Straßenbahn drängelt und alles umreißt, was nicht genau so rücksichtslos ist, kann man als Kraftfahrer kein rücksichtsvolles Verhalten


    (Dr. Bucerius)

    erwarten. Wer nur an sich denkt und Rücksichtnahme auf den anderen für Dummheit hält, ist identisch mit dem Autofahrer, der harmlose Fußgänger wie in einem Hühnerhof durcheinanderscheucht. Es fehlt hierzulande einfach die Erziehung. Der Blick auf das Technische allein ist falsch. In anderen Ländern gibt es viel mehr Autos, und doch geschehen bei uns im Verhältnis mehr Unfälle als in anderen Ländern. Eine Menge Unglücksfälle sind der unausweichliche Tribut, den die Menschheit der Technik zu entrichten hat. Aber was vermeidbar ist und deshalb die Öffentlichkeit mit Recht erregt, das sind die vielen Unfälle, die rücksichtslose, unerzogene, ja taktlose und höhnische Fahrer verursachen.
    Ich kann mich dem nur anschließen und möchte noch einen Vorschlag machen. Lassen Sie uns die großen Automobilverbände bitten, die Kraftfahrer, die bereit sind, an der Besserung der Moral, der Ethik im Verkehr mitzuhelfen, ein Abzeichen sichtbar am Auto führen zu lassen. Wer dieses Abzeichen führt, erklärt damit, daß er bereit ist, die Rechte der anderen und den Anstand gegenüber den anderen im Verkehr zu wahren. Der Fußgänger kann sich darauf verlassen. Wir erwarten freilich von dem Fußgänger, daß er von diesem Recht nicht unangemessen Gebrauch macht. Ich glaube, ein solcher Versuch einer freundschaftlichen Zusammenarbeit der Menschen untereinander ist besser als weiterhin gesetzliche Vorschriften, die ihre Unzulänglichkeit in der letzten Zeit deutlich erwiesen haben.
    Wir werden mit den Problemen des Verkehrs in absehbarer Zeit in dieser oder jener Weise nicht fertig werden. Aber lassen Sie uns nunmehr endlich mit der Arbeit daran beginnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)