Rede:
ID0201303100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2013

  • date_rangeDatum: 5. Februar 1954

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 13. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1954 369 13. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 369 C, 406 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 23 betr. Bereitstellung von Mitteln zur Beseitigung von Frostaufbrüchen (Drucksachen 202, 235) 396 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) einschließlich Ergänzungsvorlage (Drucksache 200) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1954 (Drucksache 201) 369 D Dr. Eckhardt (GB/BHE) 369 D Dr. von Merkatz (DP) 376 D Niederalt (CDU/CSU) . . . .380 C, 384 C, D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 384 C, D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 385 B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . . 387 C Schoettle (SPD) 390 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 391 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 396 A Dr. Atzenroth (FDP) 398 C Dr. Hellwig (CDU/CSU) 400 A Seuffert (SPD) 401 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 403 A Überweisung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1954 (Drucksache 200) an den Haushaltsausschuß und des Entwurfs des Inanspruchnahme-Gesetzes (Drucksache 201) an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Haushaltsausschuß 406 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Hypotheken- und Schiffsbankrechts sowie über Ausnahmen von § 247 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Drucksache 195) 406 B Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Geld und Kredit . 406 B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Getreidepreisgesetz (Drucksache 188) 406 B Beschlußfassung 406 C Absetzung der Gesetzentwürfe über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Drucksachen 224, 112), zur Anpassung des Familienrechts an Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (Drucksache 178) und über die steuerliche Behandlung von Leistungen im Rahmen des Familienausgleiches (Drucksache 189) von der Tagesordnung . . . . 406 C Nächste Sitzung 406 C, D Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Ich muß Sie nach der großen Haushaltsdebatte, insbesondere nach der letzten Rede des Bundesfinanzministers, der noch einmal die großen Fragen umrissen hat, um Nachsicht bitten, wenn ich zu einem Problem spreche, das nur am Rande dieses ganzen Haushalts liegt und das vielleicht im Gegensatz zu den Ausführungen meines Vorredners nur nüchtern und sachlich behandelt werden kann. Aber die Tatsache, daß zum erstenmal in unserer Bundesrepublik dem Haushaltsplan für das Jahr 1954 ein allgemeiner Nachweis über das Bundesvermögen und die Bundesschuld beigefügt worden ist, rechtfertigt doch eine Ausnahme, insbesondere deshalb, weil wir in der zweiten und dritten Lesung voraussichtlich nicht mehr über das Thema werden sprechen können.
    Es handelt sich bei dieser Anlage zwar um einen Torso. Trotzdem hat sie in der Öffentlichkeit als ein erster Schritt zu der lange geforderten Publizität über das Vermögen der öffentlichen Hand gegolten. Es wäre deshalb sehr wünschenswert, wenn auch die Parlamente der Länder auf die gleiche Veröffentlichung drängen würden; denn dann erst würden manche Zusammenhänge klarer, die uns vorläufig noch nicht übersichtlich sind. Besonders hoch scheinen diese Vermögen in den Ländern Bayern und Niedersachsen zu sein. Auch die Kommunen und Kommunalverbände gehören hierzu, und wenn ich z. B. an das RWE denke, so muß ich sagen: hier steht doch wohl die größte Zusammenballung wirtschaftlicher Macht, die wir in Deutschland haben und die bisher noch nicht der Entflechtung unterlegen hat.
    Leider ist die Vermögensrechnung des Bundes im Gegensatz zur Schuldenrechnung aber nicht vollständig, und die Selbsteinschätzung, die man im Finanzministerium vorgenommen hat, ist doch etwas bedenklich. In dem offiziellen Bulletin vom 12. Januar ist diese Anlage zum Haushaltsplan unter der Überschrift „Die Feinheiten im Haushalt" mit folgenden Worten gelobt worden:
    Überhaupt ist es diesmal die Vermögenswirtschaft, die dem Bundeshaushalt 1954 einen fast historischen Platz zuweist. Erstmals ist das Ergebnis einer umfassenden Bestandsaufnahme des Vermögens des Bundes mit allen Einzelheiten in einem Haushaltsplan dargestellt. Damit stellt sich neben die übliche kameralistische Geldrechnung zum erstenmal eine fast kaufmännische Sachrechnung, die die perspektivischen Umrisse einer künftigen exakten Vermögensbilanz des Bundes erkennen läßt. .... Die lückenlosen Aufstellungen über den Vermögensstand des Bundes beseitigen alle Illusionen über den reichen Bund.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat sich in seiner
    Rede wesentlich vorsichtiger ausgedrückt. Aber
    kann man wirklich von einer „umfassenden Bestandsaufnahme" und von einer Darstellung „mit
    allen Einzelheiten" sprechen? Doch sicherlich nicht.
    Wenn der Verfasser dieses Artikels die Aufstellung
    als eine „fast kaufmännische Sachrechnung" im
    Gegensatz zur „kameralistischen Geldrechnung"
    ansieht, möchte ich ihm in aller Bescheidenheit
    empfehlen, einmal an einem betriebswirtschaftlichen Seminar, meinetwegen meines alten Lehrers
    Schmalenbach, teilzunehmen.
    Schließlich liegt auch keine „lückenlose" Aufstellung vor, die unsere „Illusionen" beseitigen


    (Dr. Atzenroth)

    könnte. Wir werden vielmehr wegen der Lücken
    noch eine ganze Reihe von Fragen zu stellen haben.
    Auf Seite 138 der Anlage zur Bundestagsdrucksache 200 ist auf die besonderen Schwierigkeiten der Bestandsaufnahme hingewiesen worden. Diese zeigen sich da, wo die zum Bundesvermögen gehörenden Vermögenswerte von den Ländern verwaltet werden, ferner da, wo es sich um Vermögenswerte handelt, die in die Besetzungslastenverwaltung übergegangen sind und zu denen uns bedauerlicherweise häufig der Zutritt verweigert wird. Auch sind die sogenannten Sachen im Gemeingebrauch nicht mit aufgeführt, die von Sachverständigen allein auf etwa 20 Milliarden DM geschätzt werden. Das Auswärtige Amt ist mit seinen Angaben im Rückstand. Das ehemalige reichseigene Filmvermögen, vor allem aber das Volkswagenwerk, fehlen ganz.
    Die uns vorgelegte Bewertung dieses riesigen Vermögenskomplexes ist sehr problematisch. Wie ich schon vorgetragen habe, sind die Werte nicht mit einer kaufmännischen Vermögensaufstellung zu vergleichen. So hat man z. B. für Gebäude den niedrigen Neubauwert von 1936 abzüglich der Abschreibungen gewählt. Was würden unsere Finanzämter sagen, wenn wir ebenso verfahren wollten! Die nach Abzug der für Verwaltungs- und Besatzungszwecke gebundenen Grundstücke verbleibende Reserve kann wohl auf über 5 Milliarden DM geschätzt werden. Es ist zu bezweifeln, ob sie in dieser Höhe notwendig ist.
    Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht aber naturgemäß die Aufstellung über die Bundesbeteiligungen an den ausgewiesenen Unternehmungen des privaten Rechts, deren Nennkapital mit insgesamt 1,2 Milliarden DM angegeben ist, an dem der Bund mit 1,1 Milliarden DM beteiligt ist. Dieser Vermögensposten bildet den Mittelpunkt aller Betrachtungen über die wirtschaftliche Betätigung des Staates und der eventuellen Reprivatisierung oder, besser gesagt, Privatisierung.
    Leider vermittelt uns die Aufstellung kein klares Bild. Sie ist zunächst einmal schon wegen des gewählten Stichtags vom 31. März 1953 überholt. Allein bei der Vereinigten Elektrizitäts- und Bergwerks-A.G. und der Hibernia kann man schon mit einer Erhöhung des Reinvermögens um mehrere hundert Millionen DM rechnen. Wichtig ist aber, daß in der Vermögensaufstellung nur die unmittelbaren Beteiligungen des Bundes aufgeführt sind. Hinter den Holdinggesellschaften liegen Wirtschaftswerte, die manchmal ein Vielfaches des ausgewiesenen Kapitals der Dachgesellschaft ausmachen.
    Es ist im Rahmen dieser Debatte nicht möglich, im einzelnen nachzuweisen, daß die Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers, der Wert der mittelbaren Beteiligungen sei im Rechnungswert der unmittelbaren enthalten, nicht anerkannt werden kann. Bei richtiger Erfassung der mittelbaren Beteiligung wird sich das Bundesvermögen noch wesentlich höher stellen.
    Dieses gewaltige Vermögen von mindestens über einer Milliarde DM wird nun im Jahre 1954 Einnahmen von sage und schreibe 9 Millionen DM erbringen, denen 15 Millionen DM Ausgaben gegenüberstehen. Wir werden also aus Steuermitteln für die Verwaltung dieses großen Vermögens noch einige Millionen zuschießen müssen. Deshalb ist es wohl verständlich, wenn man sich im deutschen Volk Gedanken darüber macht, wie man hier zu einer Änderung kommen kann. Man muß sich dabei vor allem überlegen, nach welchen Grundsätzen solche Vermögen zu behandeln und zu verwalten sind. Für alle Anhänger des Wirtschaftskurses, den die Bundesregierung in den letzten Jahren verfolgt hat, kann wohl nichts anderes in Frage kommen als die Einbeziehung in die soziale Marktwirtschaft.
    Der Herr Bundesfinanzminister aber scheint anderer Meinung zu sein. Das zeigt sich an einem Vorfall, der sich vor einem halben Jahr abgespielt hat. Im August 1953 hat der Herr Bundesfinanzminister vor der Belegschaft des Volkswagenwerks folgendes ausgeführt. Die Bundesregierung habe bis jetzt zu dieser Frage geschwiegen, weil sie nicht mit einer deutschen Landesregierung vor einer Einrichtung der Besatzungsmacht als Gegner auftreten wolle. Inzwischen habe sich das geändert. Die Bundesregierung werde dem Parlament nicht die Privatisierung des Werks vorschlagen, es sei jedoch auch nicht daran gedacht, für den Bund aus dem Werk Vorteile zu ziehen. Dieses habe vielmehr die Aufgabe, einen billigen Wagen für die breiten Massen der Bevölkerung zu bauen.
    Man muß den Herrn Bundesfinanzminister fragen, was der Herr Bundeskanzler und der Herr Bundeswirtschaftsminister zu dieser Haltung zu sagen haben. Zunächst lehnt Herr Schäffer die hier mögliche Privatisierung rundweg ab. Dazu wird ja der Bundestag eines Tages ein entscheidendes Wort sprechen. Welche Vorstellungen von der Marktwirtschaft hat aber Herr Schäffer, wenn er glaubt, daß sich die Herstellung eines billigen Wagens für die breiten Massen der Bevölkerung nicht auch durch die Privatindustrie ermöglichen ließe? Und dann ist interessant, wie der sparsame Finanzminister mit unseren Steuergeldern verfahren will. Er will aus diesem Werk keine Vorteile ziehen. Er will ihm also einen unberechtigten Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Unternehmungen auf Kosten der Allgemeinheit der Steuerzahler sichern. Er verzichtet auf mögliche Gewinne aus dem öffentlichen Vermögen und nimmt damit eine vermeidbare Belastung des Haushalts auf sich. Eine solche Haltung kann von uns nicht gebilligt werden. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit muß auch für das Erwerbsvermögen der öffentlichen Hand gelten.
    Es zeigt sich also, daß diese Vorlage nicht nur Veranlassung zu einer Überprüfung der uns vorgelegten Unterlagen und der etwaigen Gewissenskonflikte gibt, in die die Personen kommen, die in der Exekutive tätig sind und nun hier wirtschaften sollen, sondern daß sie darüber hinaus auch noch Anlaß zu einer Untersuchung über die wirtschaftspolitische Haltung der für die Verwaltung dieses Vermögens berufenen Stellen gibt. Ich hoffe, daß sich in diesem Bundestag recht bald eine Gelegenheit bieten wird, hierzu ausführlich zu sprechen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hellwig. — Ich darf die Herren Redner, die ich hier noch auf der Liste habe, bitten, sich möglichst kurz zu fassen. Denn sonst kommen wir wieder in die Zwangssituation, daß wir heute den Haushalt noch nicht überweisen können.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der breite Strom der Debatte sollte an einer Stelle noch etwas vertieft werden, und zwar möglichst schon da, wo sich im Grunde genommen die Quelle befindet, nämlich das Volkseinkommen und das daraus mögliche Steueraufkommen. Ich glaube, man sollte sich hier doch über ganz bestimmte Grenzen des öffentlichen Finanzbedarfs klar sein. Man darf dabei nicht nur den Bundeshaushalt und den Finanzbedarf des Bundes vor Augen haben, sondern muß die Gesamtheit der öffentlichen Haushalte, einschließlich der sozialen Einrichtungen, sehen. Da darf man nicht nur die 27 Milliarden DM des Bundeshaushalts sehen, sondern muß sehen, daß wir im Haushaltsjahr 1954 wahrscheinlich an etwa 50 Milliarden DM Steuern und Sozialabgaben herankommen werden. Diese Größenordnung müssen wir im Verhältnis zu der gesamten volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sehen, insbesondere im Verhältnis zu dem Begriff des Volkseinkommens. Wir haben im letzten Jahre die bedenkliche und gefährliche Entwicklung beobachten müssen, daß die Steuern und Sozialabgaben, d. h. die gesamten Leistungen für die öffentlichen Aufgabenbereiche, stärker zugenommen haben als das Sozialprodukt. Wir müssen aber, wenn wir eine Katastrophe vermeiden wollen und wenn sich das Volkseinkommen und damit das Steueraufkommen einigermaßen gleichmäßig entwickeln soll, unter allen Umständen vermeiden, daß das Gleichgewicht zwischen Produktions- und Staatswirtschaft gestört wird. Die Störungen sind im vergangenen Jahr deutlich geworden. Ich darf in diesem Zusammenhang auf die sehr lehrreichen Berechnungen des Berliner Instituts für Wirtschaftsforschung verweisen, woraus ich vielleicht doch die eine oder andere charakteristische Angabe einmal erwähnen darf.
    Der Anteil der öffentlichen Hand am Volkseinkommen des Jahres 1953 ist schätzungsweise um 12 % gestiegen, während in dem gleichen. Zeitraum der Anteil der Selbständigen und der Unternehmungen am Volkseinkommen um 11 % zurückgegangen ist. Wenn diese Entwicklung anhält, verlieren wir die Basis vielleicht noch nicht für den Bundeshaushalt des Jahres 1954, aber für die öffentlichen Haushalte der folgenden Jahre. Wenn das Einkommen der Selbständigen und der Unternehmungen in dieser Form zurückgeht, geht die Investitionstätigkeit zurück. Die Betrachtung der Entwicklung des Sozialprodukts im vergangenen Jahre — nämlich der Konsumgüterseite einerseits und der Investitionsmittel und Investitionstätigkeit andererseits — zeigt, daß die Investitionstätigkeit bereits hinter der allgemeinen Entwicklung des Sozialprodukts zurückgeblieben ist. Wir haben also die große Sorge, daß schon das gegenwärtige Investitionsvolumen zu klein ist, um schon in wenigen Jahren das erforderliche Steueraufkommen überhaupt noch sichern zu können.
    In diesem Zusammenhang noch einige grundsätzliche Bemerkungen zu dem gesamten Aufbau unserer öffentlichen Haushalte! Unsere öffentlichen Haushalte kranken daran, daß sie noch zu sehr kameralistisch aufgebaut sind, d. h. nur Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt werden. Der modernen Entwicklung wird nicht genügend Rechnung getragen. Der Staat hat ja nicht nur Verwaltungsaufgaben, sondern bei diesem gleichen Staat finden zwangsläufig auch Einkommensübertragungen für soziale Leistungen statt. Schließlich wird von diesem Staat auch zwangsläufig eine außerordentliche Investitionstätigkeit finanziert.
    Dieser Tatsache sollte doch durch einen Umbau unserer öffentlichen Haushalte Rechnung getragen werden. An die Stelle der kameralistischen Nachweisung sollte eine mehr wirtschaftsnahe Aufgliederung treten, insbesondere in den Teilen, die einmal der Einkommensübertragung und zum andern den Investitionsaufgaben gewidmet sind. Gerade für den Gesamtbereich der Investitionstätigkeit der öffentlichen Haushalte bedürfen wir zweifellos einer wesentlichen Verfeinerung der Nachweisungen und insbesondere einer Verfeinerung der Rechnungslegung darüber, was denn nun mit diesen Investitionsmitteln geschehen ist und wie sie sich tatsächlich ausgewirkt haben. Diese Entwicklung der Haushaltsgestaltung ist in diesem Bundeshaushalt, aber auch in den Länderhaushalten, bisher nur angedeutet. Es liegt uns sehr daran, hier eine weitere Entwicklung herbeizuführen, die insbesondere dem entspricht, was andere Länder schon längst mit Erfolg in ihren öffentlichen Finanznachweisen eingeführt haben.
    Ich darf noch ein Wort zu der Vermögensbilanz sagen. Wir erkennen dankbar an, daß erstmals ein deutscher öffentlicher Haushalt eine einigermaßen doch Vollständigkeit anstrebende Vermögensbilanz vorgelegt hat. Wir hoffen, daß diesem Beispiel des Bundes in Kürze alle anderen öffentlichen Haushalte folgen; denn das Bild des Bundes ist ja nur ein Ausschnitt aus dem Gesamtkomplex. Von den etwa 43 % des Volkseinkommens, die in die Steuer-und Sozialbelastung gehen, ist ein ganz erheblicher Teil Vermögensbildung bei der öffentlichen Hand. Das Vermögen, das die Bundesrepublik in dien letzten Jahren aufgebaut hat, wird von Sachverständigen auf etwa 20 Milliarden DM geschätzt. Wenn Sie noch einbeziehen, was bei den Ländern und bei anderen öffentlichen Stellen entwickelt worden ist, werden Sie doch wohl sagen müssen, daß der Komplex des öffentlichen Vermögens dort, wo er direkt in werbender Form. in Erwerbsunternehmungen, angelegt ist, eine Größenordnung erreicht hat, die volkswirtschaftlich von ausschlaggebender Bedeutung sein kann. Ich betrachte es im Grunde genommen — wenn ich auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Schoettle zurückkommen darf — nur als einen Streit um Worte, wenn er meint, der öffentliche Haushalt sei noch nicht ein Instrument der Wirtschafts- und Finanzpolitik, der Kapitallenkung, ja, der Wirtschaftslenkung schlechthin geworden. Wir erkennen dieses Prinzip in der Form, wie Herr Schoettle es vorgetragen hat, nicht an. Wir müssen feststellen: praktisch sind wir längst so weit, daß der öffentliche Haushalt infolge des außerordentlichen Anteils am Volkseinkommen, an der Investitionstätigkeit, am Volksvermögen und an der wirtschaftlichen Betätigung ein Instrument der Wirtschafts- und der Kapitallenkungspolitik geworden ist. Aus diesem Grunde kommt den erforderlichen Vermögensnachweisen eine entscheidende Bedeutung zu. Ich bedaure, feststellen zu müssen, daß den Erwartungen, die wir in dieser Richtung an die Vermögensbilanz des Bundes geknüpft hatten, noch nicht entsprochen worden ist. Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten, die der erstmaligen Erstellung eines solchen Vermögenskataloges, insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Beteiligungen, entgegenstanden. Aber die jetzige Vermögensübersicht ist im Grunde genommen rein kameralistisch, da sie lediglich Vermögenswerte auf verschiedene Methoden errechnet und addiert. Die realen Werte dahinter werden nicht sichtbar. Vor allem aber wird nicht sichtbar das wirtschaftliche Gewicht, das diese Bun-


    (Dr. Hellwig)

    desbeteiligungen an Erwerbsunternehmungen in der Praxis darstellen. Das wirtschaftliche Gewicht ist — wenn man es überhaupt in D-Mark ausdrükken kann — ein Vielfaches von den 1,2 Milliarden DM Beteiligungen, die in diesem Vermögensnachweis stehen.
    Daher möchte ich einige Anregungen vorbringen und bitten, daß man sich bei der Beratung gerade dieser Vermögensübersicht um folgende Ergänzungen bemüht: einmal, daß eine Ordnung in das Vermögen hineingebracht wird, indem eine wirklich den organischen Verwendungszwecken der einzelnen Bestandteile entsprechende Vermögensordnung aufgebaut wird; zum anderen, daß Unterlagen, die im Laufe der Haushaltsberatung bereits zur Verfügung stehen, aber nicht in die Vermögensnachweise per 31. 3. 1953 hineingearbeitet worden sind, zumindest nachträglich vorgelegt werden. Ich denke dabei an Komplexe wie die Hibernia-Bergwerksgesellschaft, die allein ein Reinvermögen von über einer halben Milliarde D-Mark hat, aber als zum Stichtag der Erhebung noch nicht vorliegend mit einem Strich, d. h. ohne Aussage, in der Vermägensbilanz steht. Es sollte möglich sein, bei der Haushaltsberatung derartige Nachträge laufend zur Verfügung zu stellen. Weiterhin sollte erreicht werden, daß dieser rein vermögensmäßigen, rein fiskalischen Übersicht eine wirtschaftliche Übersicht folgt, die das wirtschaftliche Gewicht, den Aufbau und die Verflechtungen der Bundesbeteiligungen in der gewerblichen Wirtschaft offenlegt und insbesondere bis in die letzten Verschachtelungen hineingeht, die in dieser ersten Übersieht natürlich nicht nachgewiesen werden konnten.
    Ein Satz aus der ersten Rede des Herrn Bundesfinanzministers hat mich etwas aufhorchen lassen. Ich weiß nicht, ob hier ein Mißverständnis vorliegt und durch eine Klarstellung Besorgnisse etwa zerstreut werden können. Ich meine die von ihm angekündigte Verwendung von Wohnungsbaudarlehen, deren Rückfloß erfreulicherweise bereits angelaufen sei. Nach seinen Angaben sollen diese Rückflüsse zum Erwerb von Beteiligungen des Bundes an Wohnungsbaugesellschaften verwandt werden. Ich glaube, hier wäre doch eine Klarstellung in dem Sinne erforderlich, daß es sich dabei bestenfalls um Ausnahmen handeln kann mit dem Ziel, den Einfluß des Bundes, der bei der Darlehenshergabe selbstverständlich eine Rolle spielt. zu sichern, nicht aber darum, eine neue Vermögensbildung durch den Bund nun auch in der Wohnungswirtschaft einzuleiten.
    Im ganzen können wir wohl mit Dank anerkennen, daß dieser erste Versuch mit der Vermögensbilanz gemacht worden ist. Wir haben aber — gerade aus wirtschaftspolitischen Gründen — den dringenden Wunsch, daß in einer weiteren Darstellung auch die wirtschaftliche Seite dieses Bundesvermögens einmal aufgehellt wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)