Rede:
ID0201302900

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2013

  • date_rangeDatum: 5. Februar 1954

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:32 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:50 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. Schneider: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 7 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Atzenroth.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 13. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1954 369 13. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 369 C, 406 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 23 betr. Bereitstellung von Mitteln zur Beseitigung von Frostaufbrüchen (Drucksachen 202, 235) 396 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) einschließlich Ergänzungsvorlage (Drucksache 200) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1954 (Drucksache 201) 369 D Dr. Eckhardt (GB/BHE) 369 D Dr. von Merkatz (DP) 376 D Niederalt (CDU/CSU) . . . .380 C, 384 C, D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 384 C, D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 385 B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . . 387 C Schoettle (SPD) 390 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 391 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 396 A Dr. Atzenroth (FDP) 398 C Dr. Hellwig (CDU/CSU) 400 A Seuffert (SPD) 401 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 403 A Überweisung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1954 (Drucksache 200) an den Haushaltsausschuß und des Entwurfs des Inanspruchnahme-Gesetzes (Drucksache 201) an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Haushaltsausschuß 406 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Hypotheken- und Schiffsbankrechts sowie über Ausnahmen von § 247 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Drucksache 195) 406 B Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Geld und Kredit . 406 B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Getreidepreisgesetz (Drucksache 188) 406 B Beschlußfassung 406 C Absetzung der Gesetzentwürfe über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Drucksachen 224, 112), zur Anpassung des Familienrechts an Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (Drucksache 178) und über die steuerliche Behandlung von Leistungen im Rahmen des Familienausgleiches (Drucksache 189) von der Tagesordnung . . . . 406 C Nächste Sitzung 406 C, D Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darf ich nach dieser in die Höhen der Finanzpolitik gegangenen Ansprache des Herrn Bundesfinanzministers Ihre Aufmerksamkeit ganz kurz auf die Themen zurücklenken, die gestern bezüglich des neuen Ministeriums für Familienfragen behandelt worden sind. Fürchten Sie nicht, daß ich hier eine große Grundsatzrede zu halten beabsichtige. Dazu wird sich andere Gelegenheit bieten.

    (Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    Ich möchte zunächst zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Schoettle Stellung nehmen. Herr Kollege Schoettle, Sie haben in der uns beiden eigenen Weise liebevolle Kritik an Reden geübt, die ich in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit gehalten habe. Nun werden Sie in dem Vorwort zum Haushaltsplan des Ministeriums für Familienfragen finden, daß es eine besondere Aufgabe des Ministers für Familienfragen ist, den Familiengedanken in der Öffentlichkeit zu fördern. Dazu gehört ja nun wohl auch, daß man die Bevölkerung über die die Familie betreffenden Fragen aufklärt und, wenn man so sagen will, gewisse Propaganda für den Familiengedanken als solchen macht.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wenn ich mit dem freundlichen Wort „Sonntagsredner" belegt worden bin, dann weiß ich nicht, ob ich das als eine gedankliche Parallele zu dem Wort „Sonntagsjunge" betrachten soll oder ob es eine kleine Unfreundlichkeit gegen unseren allseits hoch geschätzten Kollegen Dehler aus diesem Hause sein sollte, daß man mich mit diesem Wort belegt. Ich kann hierzu nur folgendes sagen: mir reichen leider weder die Sonntage noch die Samstage dazu aus, alle die Reden zu halten, um die ich neuerdings zu meiner Freude aus dem ganzen Bundesgebiet gebeten werde.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das zeigt mir nämlich, daß die Resonanz auf die Schaffung eines Ministeriums für Familienfragen draußen im Bundesgebiet eine ganz, ganz andere ist, als ein gewisser Herr Friedländer es sich vorgestern im Nordwestdeutschen Rundfunk vorgestellt hat.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Menzel: „Ein gewisser"? — Abg. Mellies: Sie wissen, daß er sich immer mit dem Kanzler unterhält!)

    — Das weiß ich. Vielleicht kommt er auch dazu, sich mit mir kleinerem Minister einmal zu unterhalten. Ich würde eine solche Unterhaltung nicht ablehnen, wenn er sein Niveau wieder auf das Niveau heraufschrauben könnte, auf dem sich seine
    Unterhaltungen mit dem Kanzler bewegt haben.

    (Sehr gut! in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Ich bin nicht hier heraufgekommen, um irgendwelche Unfreundlichkeiten nach der Seite der Opposition hin zu sagen. Im Gegenteil, ich habe den sehr, sehr herzlichen und dringenden Wunsch, die Aufgabe, die mir als Bundesminister für Familienfragen gestellt ist, gemeinsam mit allen Seiten dieses Hauses in Angriff zu nehmen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß sich zwischen allen Parteien und meiner Arbeit wertvolle Brücken echter Zusammenarbeit finden lassen.
    Nun noch eines, verehrter Herr Kollege Schoettle. Sie haben sich mit der Fragestunde im Bundestag in der vorvergangenen Woche befaßt, in der Herr Kollege Menzel wegen meiner in Frankfurt gehaltenen Rede betreffend die Ehescheidungen und wegen meiner Bemerkung betreffend Richtereide angefragt hatte. Sie haben mir mit dem, was Sie gesagt haben, insofern einen großen Gefallen getan, als Sie mich darauf hingewiesen haben, daß in der Geschäftsordnung der Bundesregierung steht -- was an sich selbstverständlich ist, aber ich wußte nicht mehr, daß es förmlich darin steht —,

    (Abg. Mellies: Darüber haben wir uns hier im Hause schon unterhalten!)

    daß die Reden der Bundesminister im Einklang
    mit den Richtlinien der Regierungspolitik stehen
    müssen. Wenn angesichts dieses Tatbestandes Herr
    Bundesminister Dr. Schröder in dieser Fragestunde
    zweimal erklärt hat, daß die Bundesregierung
    keine Veranlassung sehe, zu meinen in Frankfurt
    gemachten Ausführungen Stellung zu nehmen,

    (Abg. Dr. Menzel: In seiner Erklärung hat der Bundesminister des Innern gesagt, daß die Ausführungen nicht im Sinne der Politik der Bundesregierung liegen!)

    so dürfte die Kombination dieses Zitats mit der Bestimmung in der Geschäftsordnung der Bundesregierung doch durchaus in meinem Sinne sprechen und sich damit reimen.

    (Lachen bei der SPD.)

    Ich bitte, nicht durch falsche Auslegung eines Übergangspassus aus der Antwort meines Kollegen Dr. Schröder irgendwelche Ungereimtheiten in diese Antwort hineinzulegen.
    Im übrigen weiß ich, daß Herr Kollege Schröder weder die Absicht noch den Auftrag hatte, sich bei seiner Antwort irgendwie von meinen Ausführungen zu distanzieren,

    (Zuruf von der SPD)

    die sich ja in keiner Weise mit dem Verhalten des einzelnen Richters zur Eidesformel befaßten, das ich wie jeder andere respektiere,

    (Abg. Dr. Menzel: Lesen Sie endlich einmal das Protokoll!)

    sondern auf ganz allgemeine Erwägungen hinausgingen.
    Was nun die Schaffung meines Ministeriums selbst angeht, so hat der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vom 20. Oktober 1953 dazu das Wesentliche gesagt. Es müßte den Eindruck machen, als wollte ich hier pro domo reden, wenn ich in dieser Richtung noch etwas hinzufügen wollte. Aber mir liegt doch daran, die Gelegenheit


    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    dieser Aussprache zu benutzen, nur einige Tatsachen ganz kurz skizziert einmal in das Bewußtsein der breitesten Öffentlichkeit zu bringen, ohne sie heute weiter kommentieren zu wollen.
    1. Die Geburtenziffer in der Bundesrepublik je 1000 Einwohner, die im Jahre 1900 noch 35,6 war, betrug im Jahre 1952 noch 15,7.
    2. Der Geburtenüberschuß je 1000 Einwohner fiel von 13,6 im Jahre 1900 auf 5,2 im Jahre 1952, so daß der Geburtenüberschuß des Jahres 1900 nur ganz wenig unter der Geburtenziffer des Jahres 1952 liegt. Wir alle wissen: die Tatsache, daß wir in Deutschland jetzt noch keinen Sterbeüberschuß haben, ist nur darauf zurückzuführen, daß die Menschen heute länger leben, daß sich aber diese Situation des Geburtenüberschusses, die sich aus dieser Tatsache ergibt, nur vorübergehend auswirken kann, so daß wir in absehbaren Jahren zu einem Sterbeüberschuß kommen werden.
    3. Nach den neuesten bevölkerungsstatistischen Berechnungen wird bei uns in rund 25 Jahren die etwa gleiche Zahl der im arbeitsfähigen Alter Stehenden für die 1,7-fache Zahl — andere rechnen die 1,6-fache Zahl — von über Fünfundsechzigjährigen sorgen müssen, d. h. die Verpflichtungen der Arbeitsfähigen aus der Sorge für die über Fünfundsechzigjährigen werden um 60 bis 70 % zunehmen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    4. In den Jahren 1946 bis 1952 sind in der Bundesrepublik 480 000 Ehen geschieden worden.
    5. 208 000 minderjährige Kinder haben allein durch Ehescheidungen in den Jahren 1949 bis 1951 das Elternhaus verloren.
    6. 80 000 streunende Kinder haben wir heute in der Bundesrepublik, von denen die Wissenschaftler und die Praktiker sagen, daß das Streunen weitgehend auch auf die Nichtgeborgenheit in Familien zurückzuführen sei.
    7. Von 40 000 Fürsorgezöglingen kommen 27 000 aus unvollständigen Familien, so daß sie kein eigentliches Elternhaus mehr haben.
    Ich will diese Tatsachen nicht weiter kommentieren, sondern führe sie nur deswegen an, weil ich glaube, daß sie uns allen Anlaß geben sollten, uns mit der Erhaltung und der Sicherung unserer deutschen Familien und ihres Lebensraumes, aber auch mit ihrer sittlichen Stärkung ernstlich zu befassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich weiß, meine Damen und Herren, daß wir bei diesem Bestreben auf die Zustimmung einer überwältigenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung rechnen können, die allmählich sieht, daß der Familie droht, vom Kollektiv überfahren zu werden,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Abg. Kalbitzer: Nein, von zwei Kriegen! — weitere Zurufe von der SPD)

    daß die private Sphäre des Menschen von der öffentlichen und beruflichen Sphäre erdrückt wird und daß eben der Lebensraum und die Entfaltungsmöglichkeit für unsere Familien infolge der ganzen Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse und natürlich auch aller möglichen Ereignisse der Kriegs- und Nachkriegszeit nicht mehr genügend gewährleistet ist. Aber wenn die gesellschaftliche Entwicklung die Familie gefährdet hat, dann hat die Gesellschaft auch die Verpflichtung, die
    Hemmnisse wieder zu beseitigen, die diese gesellschaftliche Entwicklung ihr gesetzt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Noch eines: Ich bin eigentlich sehr überrascht darüber, daß in der bisherigen Aussprache meine in Düsseldorf gemachten Ausführungen über Familie und Film von keiner Seite berührt worden sind, obschon sie heftige Kritik gewisser Kreise hervorgerufen haben.

    (Zurufe von der SPD: Kommt noch!)

    Ich weiß nicht, ob das darauf zurückzuführen ist, daß inzwischen der genaue Text im amtlichen Bulletin veröffentlicht worden ist und alle Mitglieder des Hauses sich vielleicht davon überzeugt haben, daß dort sehr Richtiges ausgesprochen wurde.

    (Abg. Dr. Menzel: Die Große Anfrage ist unterwegs!)

    Ich habe in meiner Rede in Düsseldorf nichts anderes getan als die schweren Sorgen aller verantwortungsbewußten Eltern und Erzieher zum Ausdruck gebracht, die sie mit Bezug auf Filme, wie sie heute vielfach gezeigt werden, haben. Darf ich im übrigen einmal mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zwei Stellen kurz zitieren:
    Der durchschnittliche Unterhaltungsfilm zeigt allzu oft eine Auffassung der Ehe und Familie, die dem im Abendland gültigen Bild, das wir uns von dieser ehrwürdigen Institution machen, widerspricht. ....

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Nicht Prüderie und altjüngferlicher Moralismus, sondern das ewig gültige Richtbild von Ehe und Familie sollen bei der Beurteilung maßgebend sein.
    Das war die eine Stelle, und die andere lautet: Wir wissen, daß gerade in neuerer Zeit auch Filme gespielt werden, die nicht Anlaß zu dieser Kritik geben. Es sind in letzter Zeit durch hervorragende Künstler Filme hergestellt worden, die ganz ausgezeichnet sind. Wir wollen das dankbar anerkennen und wahrlich nicht den Film als solchen verurteilen. Wir wissen aber auch, daß die Mehrzahl der Durchschnittsfilme das eheliche Leben in unwürdiger Weise auf die Leinwand bringt.
    Nun, meine Damen und Herren, wenn ich diese beiden Gedanken geäußert habe, so überrascht es mich eigentlich, daß die Filmwirtschaft, die sich ja durch diese Dinge irgendwie angesprochen fühlt, sich nur durch den ersten Teil meiner Ausführungen, nämlich die negative Kritik, angesprochen fühlt, nicht aber durch den positiven Teil, durch das Lob der guten Filme. Ich frage: was ist danach also bei der Filmwirtschaft im Vordergrund des Interesses, die schlechten Filme oder die guten Filme?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich hätte erwartet, die Filmwirtschaft hätte gesagt: „Gut, Herr Bundesminister, wir danken Ihnen für das Lob unserer guten Filme, und wir werden gemeinsam mit Ihnen dafür sorgen, daß die schlechten mehr und mehr aus unseren Filmtheatern verschwinden."

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das wird sie leider nicht tun. — Das ist zuviel verlangt! — Zuruf von der SPD: Gehen Sie auch in schlechte Filme?)



    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    Damit darf ich zum Schluß kommen. Wenn ich hier einige ethische Fragen angesprochen habe, so bin ich mir völlig darüber klar, daß eine ganz entscheidend wichtige Aufgabe des Ministeriums für Familienfragen darin liegt, die wirtschaftlichen Existenzvoraussetzungen unserer Familien, vor allem unserer größeren Familien, endlich grundlegend zu bessern: a) Familienausgleichskassen, b) Steuerreform, c) familiengerechter Wohnungsbau, und was alles dazu gehört.
    Aber auch ein anderes muß klar und eindeutig ausgesprochen werden. Alle wirtschaftlichen Maßnahmen, die wir treffen, können auf die Dauer nichts helfen und nützen, wenn nicht auch eine innere, ethische Erneuerung vieler Familien im Lande draußen erfolgt, eine innere Erneuerung, die wir allerdings nicht von Staats wegen zu machen haben, die aber die Kirchen als ihre Aufgabe sehen, die ich in diesem Sinne für meine besten und wichtigsten Mitstreiter in meinem Aufgabengebiet halte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich möchte schließlich nicht verfehlen, allen meinen Gegnern, die in den letzten 14 Tagen durch so intensive Propaganda dafür gesorgt haben,

    (Zuruf von der SPD)

    daß das Ministerium für Familienfragen an Popularität wesentlich gewonnen hat, meinen herzlichsten Dank auszusprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Heiland: Sie leiden auch nicht an Mangel an Überheblichkeit! — Heiterkeit und weitere Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Ich kann mir wirklich nicht denken, daß viele Mitglieder dieses Hauses in dem Ziel, das ich mir gesteckt habe, anderer Meinung sind, als ich es hier zum Ausdruck gebracht habe. Uns ist hier eine überparteiliche, eine staatspolitische Aufgabe gestellt. Sie erscheint mir gerade so wichtig wie die Sicherung unserer demokratischen Ordnung überhaupt; denn ohne gesunde Familien kann es keinen gesunden Staat geben.

    (Sehr richtig! rechts. — Zuruf von der SPD.)

    Ein besonderes Wort des Dankes dazu auch den Familienverbänden draußen im Lande, den beiden kirchlichen Verbänden wie dem interkonfessionellen „Deutschen Familienverband", mit denen ich zu meiner großen Freude sehr schnell in engste harmonische Zusammenarbeit gekommen bin und als deren Sprecher im Parlament und in der Bundesregierung sowie bei der Gesetzgebung ich mich fühlen darf.
    Hier ist uns eine der wichtigsten Aufgaben — der Kanzler hat es ja in seiner Regierungserklärung sehr deutlich herausgestellt — für die Zukunft von Volk und Vaterland gestellt. Ich kann Ihnen die Versicherung geben:

    (Zuruf von der SPD)

    Ich denke nicht daran, mich durch irgendwelche Angriffe von Leuten, denen der Geldsack wichtiger ist als Sitte und Kultur, von meiner Aufgabe, dem Schutz und der Sicherung des Lebensraumes unserer Familie, abbringen zu lassen.

    (Beifall in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Ich muß Sie nach der großen Haushaltsdebatte, insbesondere nach der letzten Rede des Bundesfinanzministers, der noch einmal die großen Fragen umrissen hat, um Nachsicht bitten, wenn ich zu einem Problem spreche, das nur am Rande dieses ganzen Haushalts liegt und das vielleicht im Gegensatz zu den Ausführungen meines Vorredners nur nüchtern und sachlich behandelt werden kann. Aber die Tatsache, daß zum erstenmal in unserer Bundesrepublik dem Haushaltsplan für das Jahr 1954 ein allgemeiner Nachweis über das Bundesvermögen und die Bundesschuld beigefügt worden ist, rechtfertigt doch eine Ausnahme, insbesondere deshalb, weil wir in der zweiten und dritten Lesung voraussichtlich nicht mehr über das Thema werden sprechen können.
    Es handelt sich bei dieser Anlage zwar um einen Torso. Trotzdem hat sie in der Öffentlichkeit als ein erster Schritt zu der lange geforderten Publizität über das Vermögen der öffentlichen Hand gegolten. Es wäre deshalb sehr wünschenswert, wenn auch die Parlamente der Länder auf die gleiche Veröffentlichung drängen würden; denn dann erst würden manche Zusammenhänge klarer, die uns vorläufig noch nicht übersichtlich sind. Besonders hoch scheinen diese Vermögen in den Ländern Bayern und Niedersachsen zu sein. Auch die Kommunen und Kommunalverbände gehören hierzu, und wenn ich z. B. an das RWE denke, so muß ich sagen: hier steht doch wohl die größte Zusammenballung wirtschaftlicher Macht, die wir in Deutschland haben und die bisher noch nicht der Entflechtung unterlegen hat.
    Leider ist die Vermögensrechnung des Bundes im Gegensatz zur Schuldenrechnung aber nicht vollständig, und die Selbsteinschätzung, die man im Finanzministerium vorgenommen hat, ist doch etwas bedenklich. In dem offiziellen Bulletin vom 12. Januar ist diese Anlage zum Haushaltsplan unter der Überschrift „Die Feinheiten im Haushalt" mit folgenden Worten gelobt worden:
    Überhaupt ist es diesmal die Vermögenswirtschaft, die dem Bundeshaushalt 1954 einen fast historischen Platz zuweist. Erstmals ist das Ergebnis einer umfassenden Bestandsaufnahme des Vermögens des Bundes mit allen Einzelheiten in einem Haushaltsplan dargestellt. Damit stellt sich neben die übliche kameralistische Geldrechnung zum erstenmal eine fast kaufmännische Sachrechnung, die die perspektivischen Umrisse einer künftigen exakten Vermögensbilanz des Bundes erkennen läßt. .... Die lückenlosen Aufstellungen über den Vermögensstand des Bundes beseitigen alle Illusionen über den reichen Bund.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat sich in seiner
    Rede wesentlich vorsichtiger ausgedrückt. Aber
    kann man wirklich von einer „umfassenden Bestandsaufnahme" und von einer Darstellung „mit
    allen Einzelheiten" sprechen? Doch sicherlich nicht.
    Wenn der Verfasser dieses Artikels die Aufstellung
    als eine „fast kaufmännische Sachrechnung" im
    Gegensatz zur „kameralistischen Geldrechnung"
    ansieht, möchte ich ihm in aller Bescheidenheit
    empfehlen, einmal an einem betriebswirtschaftlichen Seminar, meinetwegen meines alten Lehrers
    Schmalenbach, teilzunehmen.
    Schließlich liegt auch keine „lückenlose" Aufstellung vor, die unsere „Illusionen" beseitigen


    (Dr. Atzenroth)

    könnte. Wir werden vielmehr wegen der Lücken
    noch eine ganze Reihe von Fragen zu stellen haben.
    Auf Seite 138 der Anlage zur Bundestagsdrucksache 200 ist auf die besonderen Schwierigkeiten der Bestandsaufnahme hingewiesen worden. Diese zeigen sich da, wo die zum Bundesvermögen gehörenden Vermögenswerte von den Ländern verwaltet werden, ferner da, wo es sich um Vermögenswerte handelt, die in die Besetzungslastenverwaltung übergegangen sind und zu denen uns bedauerlicherweise häufig der Zutritt verweigert wird. Auch sind die sogenannten Sachen im Gemeingebrauch nicht mit aufgeführt, die von Sachverständigen allein auf etwa 20 Milliarden DM geschätzt werden. Das Auswärtige Amt ist mit seinen Angaben im Rückstand. Das ehemalige reichseigene Filmvermögen, vor allem aber das Volkswagenwerk, fehlen ganz.
    Die uns vorgelegte Bewertung dieses riesigen Vermögenskomplexes ist sehr problematisch. Wie ich schon vorgetragen habe, sind die Werte nicht mit einer kaufmännischen Vermögensaufstellung zu vergleichen. So hat man z. B. für Gebäude den niedrigen Neubauwert von 1936 abzüglich der Abschreibungen gewählt. Was würden unsere Finanzämter sagen, wenn wir ebenso verfahren wollten! Die nach Abzug der für Verwaltungs- und Besatzungszwecke gebundenen Grundstücke verbleibende Reserve kann wohl auf über 5 Milliarden DM geschätzt werden. Es ist zu bezweifeln, ob sie in dieser Höhe notwendig ist.
    Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht aber naturgemäß die Aufstellung über die Bundesbeteiligungen an den ausgewiesenen Unternehmungen des privaten Rechts, deren Nennkapital mit insgesamt 1,2 Milliarden DM angegeben ist, an dem der Bund mit 1,1 Milliarden DM beteiligt ist. Dieser Vermögensposten bildet den Mittelpunkt aller Betrachtungen über die wirtschaftliche Betätigung des Staates und der eventuellen Reprivatisierung oder, besser gesagt, Privatisierung.
    Leider vermittelt uns die Aufstellung kein klares Bild. Sie ist zunächst einmal schon wegen des gewählten Stichtags vom 31. März 1953 überholt. Allein bei der Vereinigten Elektrizitäts- und Bergwerks-A.G. und der Hibernia kann man schon mit einer Erhöhung des Reinvermögens um mehrere hundert Millionen DM rechnen. Wichtig ist aber, daß in der Vermögensaufstellung nur die unmittelbaren Beteiligungen des Bundes aufgeführt sind. Hinter den Holdinggesellschaften liegen Wirtschaftswerte, die manchmal ein Vielfaches des ausgewiesenen Kapitals der Dachgesellschaft ausmachen.
    Es ist im Rahmen dieser Debatte nicht möglich, im einzelnen nachzuweisen, daß die Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers, der Wert der mittelbaren Beteiligungen sei im Rechnungswert der unmittelbaren enthalten, nicht anerkannt werden kann. Bei richtiger Erfassung der mittelbaren Beteiligung wird sich das Bundesvermögen noch wesentlich höher stellen.
    Dieses gewaltige Vermögen von mindestens über einer Milliarde DM wird nun im Jahre 1954 Einnahmen von sage und schreibe 9 Millionen DM erbringen, denen 15 Millionen DM Ausgaben gegenüberstehen. Wir werden also aus Steuermitteln für die Verwaltung dieses großen Vermögens noch einige Millionen zuschießen müssen. Deshalb ist es wohl verständlich, wenn man sich im deutschen Volk Gedanken darüber macht, wie man hier zu einer Änderung kommen kann. Man muß sich dabei vor allem überlegen, nach welchen Grundsätzen solche Vermögen zu behandeln und zu verwalten sind. Für alle Anhänger des Wirtschaftskurses, den die Bundesregierung in den letzten Jahren verfolgt hat, kann wohl nichts anderes in Frage kommen als die Einbeziehung in die soziale Marktwirtschaft.
    Der Herr Bundesfinanzminister aber scheint anderer Meinung zu sein. Das zeigt sich an einem Vorfall, der sich vor einem halben Jahr abgespielt hat. Im August 1953 hat der Herr Bundesfinanzminister vor der Belegschaft des Volkswagenwerks folgendes ausgeführt. Die Bundesregierung habe bis jetzt zu dieser Frage geschwiegen, weil sie nicht mit einer deutschen Landesregierung vor einer Einrichtung der Besatzungsmacht als Gegner auftreten wolle. Inzwischen habe sich das geändert. Die Bundesregierung werde dem Parlament nicht die Privatisierung des Werks vorschlagen, es sei jedoch auch nicht daran gedacht, für den Bund aus dem Werk Vorteile zu ziehen. Dieses habe vielmehr die Aufgabe, einen billigen Wagen für die breiten Massen der Bevölkerung zu bauen.
    Man muß den Herrn Bundesfinanzminister fragen, was der Herr Bundeskanzler und der Herr Bundeswirtschaftsminister zu dieser Haltung zu sagen haben. Zunächst lehnt Herr Schäffer die hier mögliche Privatisierung rundweg ab. Dazu wird ja der Bundestag eines Tages ein entscheidendes Wort sprechen. Welche Vorstellungen von der Marktwirtschaft hat aber Herr Schäffer, wenn er glaubt, daß sich die Herstellung eines billigen Wagens für die breiten Massen der Bevölkerung nicht auch durch die Privatindustrie ermöglichen ließe? Und dann ist interessant, wie der sparsame Finanzminister mit unseren Steuergeldern verfahren will. Er will aus diesem Werk keine Vorteile ziehen. Er will ihm also einen unberechtigten Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Unternehmungen auf Kosten der Allgemeinheit der Steuerzahler sichern. Er verzichtet auf mögliche Gewinne aus dem öffentlichen Vermögen und nimmt damit eine vermeidbare Belastung des Haushalts auf sich. Eine solche Haltung kann von uns nicht gebilligt werden. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit muß auch für das Erwerbsvermögen der öffentlichen Hand gelten.
    Es zeigt sich also, daß diese Vorlage nicht nur Veranlassung zu einer Überprüfung der uns vorgelegten Unterlagen und der etwaigen Gewissenskonflikte gibt, in die die Personen kommen, die in der Exekutive tätig sind und nun hier wirtschaften sollen, sondern daß sie darüber hinaus auch noch Anlaß zu einer Untersuchung über die wirtschaftspolitische Haltung der für die Verwaltung dieses Vermögens berufenen Stellen gibt. Ich hoffe, daß sich in diesem Bundestag recht bald eine Gelegenheit bieten wird, hierzu ausführlich zu sprechen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)