Rede von
Dr.
Walter
Eckhardt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Danke schön! — Der Herr Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, daß hinter dem trockenen Zahlenwerk eines Haushalts doch verschiedenes andere zu suchen ist, daß vor allen Dingen in Verbindung mit diesem Zahlenwerk Verschiedenes wesentlich ist, was dem Leser nicht ohne weiteres zum Bewußtsein kommt. Der Herr Bundesfinanzminister hat erklärt, dieser Haushalt sei die Voraussetzung und das Fundament für eine Sozialreform, für eine Finanzreform, für eine Steuerreform. Wir können also feststellen, auch in diesem Haushalt ist es so wie in vielen Bilanzen, die dem Finanzamt vorgelegt werden: das Wichtigste steht nicht drin.
Ich möchte doch einiges andeuten, insbesondere zu der uns sehr am Herzen liegenden sozialen Frage. Wir freuen uns, daß im Bundesvertriebenenministerium nun eine gewisse Zusammenfassung von Aufgaben für alle Geschädigten erfolgt ist. Wir glauben, daß das ein Fortschritt auf dem Wege zu einer echten sozialen Reform ist. Wir freuen uns über die Feststellung des Bundesfinanzministers, daß dem sozialen Wohnungsbau auf jeden Fall Genüge getan werden soll, auch wenn er aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt hineingerutscht ist. Wir halten die Fragen des sozialen Wohnungsbaus und der Familie, die damit in engem Zusammenhang stehen, für Kernfragen unseres politischen Zusammenlebens.
Wir meinen allerdings auch, daß bei dem Bekenntnis zu diesen sozialen Fragen sehr sorgfältig
verfahren werden muß und daß man sich darüber klarwerden muß, welche Reaktion diese oder jene Äußerung, diese oder jene Begründung haben muß. Da ist z. B. das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 131. Urteile können — das wissen wir alle aus dem praktischen Leben — verschieden ausfallen, und man kann ihr Ergebnis nicht voraussagen. Ob es aber notwendig war, in der Begründung eine Diskontinuität in unserm Staatswesen so deutlich aufzuzeigen, das halten wir für sehr zweifelhaft. Meine Damen und Herren, das deutsche Berufsbeamtentum hat doch in weiten Teilen heute schon wieder einen ausgezeichneten Ruf. Glauben Sie wirklich, das sei in drei Jahren aufzubauen gewesen? Nein, dieses Berufsbeamtentum hat auch in zwölf Jahren trotz allem nicht zerstört werden können, sondern es hat in sich ein Erbe und eine Verpflichtung gespürt, die es mit der deutschen Geschichte von Jahrhunderten verknüpfen. Deshalb kann man dem deutschen Beamten nicht sagen, daß sein Beamtenverhältnis oder vielleicht sogar seine Gesinnung sich entscheidend gewandelt habe. Er hat immer dem Staat gedient, und er wird es hoffentlich mit der gleichen Unbestechlichkeit, deren sich das deutsche Berufsbeamtentum in früheren Jahrzehnten erfreut hat, auch künftig tun.
Gerade deshalb halten wir eine derartige Begründung für äußerst gefährlich, geradezu für staatsgefährlich.
– Jawohl, dieser Ansicht sind wir.
Weiter meinen wir, daß in sozialer Hinsicht das Problem der älteren Angestellten auch finanzwirtschaftlich bedacht werden muß. Wir haben einen Gesetzentwurf vorbereitet, den wir dem Parlament vorlegen werden, und dann wird sich Gelegenheit ergeben, zu dieser entscheidenden Frage unseres sozialen Lebens Stellung zu nehmen.
Auch das Problem der Eingliederug unserer heimatvertriebenen Bauern muß in diesem sozialen Zusammenhang gesehen werden, wobei ich mit „sozial" nicht etwa „bedürftig" oder „sozial schwach" meine, sondern wobei ich daran denke, daß hier die gesellschaftlichen Fundamente unseres Lebens berührt werden. Die heimatvertriebenen Bauern bringen bäuerliche Substanz mit. Wem brauche ich noch zu sagen, wie schwer es selbst in der Heimat ist, bäuerliche Substanz zu erhalten?! Pflegen wir diese Substanz also!
Nun zu anderen wesentlichen Punkten.
Zur Frage der Finanzreform habe ich bereits einiges gesagt; ich will es im Interesse der Zeit nicht wiederholen. Zur Frage der Steuerreform nur folgendes. Meine Damen und Herren, sehen Sie — um mit Martin Luther oder mit dem Herrn Bundesminister Franz-Josef Strauß zu sprechen –
dem Volke aufs Maul
und fragen Sie das Volk einmal, was es will! Es will die einfache Steuer, es will die gleiche Steuer und es will die billige Steuer. Die einfache Steuer! Es will nämlich nicht haben, daß der Betriebsprüfer oder der Veranlagungsbeamte in diesem oder jenem Bezirk von vornherein einen anderen Standpunkt einnimmt oder daß dieses oder jenes Land die Wirtschaft anders behandelt, sondern es will eine gleichmäßige Behandlung des Steuerzahlers. Es wünscht ferner ein einfaches Steuersystem, in dem sich dieser Steuerzahler auch selber zurechtfinden kann, und es verlangt deshalb nicht nur eine Wiederholung der kleinen Steuerreformen oder überhaupt der Steuerreformen der letzten Jahre — ich will nicht um Worte streiten —, sondern der Steuerzahler wünscht eine umfassende Reform, und darauf werden wir auch in diesem Bundestag Rücksicht zu nehmen haben.
Ich komme — notwendigermaßen — zum Schluß. Mit meinen Ausführungen glaube ich gezeigt zu haben, daß wir uns zu der Finanzpolitik bekennen, die uns auch in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers vorgetragen worden ist. Wir hoffen und wünschen aber, daß die klassischen Grundsätze, von denen er selber bei der Aufstellung seines Etats ausgegangen ist, erfüllt werden und dann in dem sozialen und in dem wirtschaftlichen Geist gehandhabt werden, von dem ich gesprochen habe. Das bedeutet nicht etwa Unterordnung der Finanzpolitik unter die Wirtschaftspolitik, sondern es bedeutet eben, ein richtiges Verhältnis zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik auf der einen Seite und Finanzpolitik des Staates auf der andern Seite herzustellen. Damit erreichen wir, daß die von uns und von dem ganzen Parlament zu erarbeitende Finanzpolitik des Bundes nicht nur der Steigerung des Sozialprodukts und damit der Erhöhung des sozialen Lebensstandards dient, sondern überhaupt den sozialen Grundsätzen, die ich Ihnen in aller Kürze anzudeuten versucht habe.