Rede:
ID0200903400

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2009

  • date_rangeDatum: 14. Januar 1954

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:34 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:43 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. Schneider: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 1

  • subjectLänge: 7 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Gille.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 9. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1954 241 9. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1954. Nachrufe für die verstorbenen Abgeordneten Dr. Kolbe und Böhner 242 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Dr. Adenauer, Daum, Baur (Augsburg), Wagner (Deggenau), Kühn (Bonn), Dr. Lütkens, Spies (Brücken) und Dr. Will . . . . 242 C Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Veit . . . 242 D Eintritt des Abg. Geiger (Aalen) in den Bundestag 243 A Eintritt der Abg. Frau Welter (Aachen) in den Bundestag 243 A Ergänzungen der Tagesordnung . . . 243 A, 272 B Vereidigung des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Blücher . . . 243 A Geschäftliche Mitteilungen 243 B, 272 C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . 243 B Vorlage von Übereinkommen und Empfehlungen sozialpolitischer Art der 35. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf (Drucksache 163) 243 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 4 bis 12, 14, und 18 (Drucksachen 80, 147; 93, 153; 100, 154; 101, 102, 157; 111, 165; 116, 166; 129, 174; 141, 167; 143, 168; 155, 173) 243 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 124) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 125) sowie mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 171) 243 D Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU) . 244 A Mellies (SPD) 245 A Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit 245 C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaffung von Familienheimen (Zweites Wohnungsbaugesetz) (Drucksache 5) 245 C Lücke (CDU/CSU), Antragsteller 245 C, 261 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 249 D Stierle (SPD) 251 D Engell (GB/BHE) 255 A Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) 255 C Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) 257 B Wirths (FDP) 258 A Leukert (CDU/CSU) 259 D Jakobi (SPD) 261 A Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und an den Ausschuß für Bau- und Bodenrecht 260 D, 261 B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Überführung des kollektiven Wohnungseigentums und Hausbesitzes in Privateigentum (Drucksache 28) 261 C Dr. Schild (Düsseldorf) (DP): als Antragsteller 261 C zur Geschäftsordnung 271 D Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 264 C Dr. Brönner (CDU/CSU) 265 D Jacobi (SPD) 266 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 269 A Dr. Gille (GB/BHE) 270 D Antrag zurückgezogen 271 D Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 97) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 104), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 133) sowie mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 134) . 271 D Dr. Atzenroth (FDP) (Schriftliche Erklärung) 273 Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich 272 A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zum Schutz industrieller Geheimnisse (Drucksache 99) 272 B Überweisung an den Rechtsausschuß . . 272 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Konvention vom 5. April 1946 der Internationalen Überfischungskonferenz (Drucksache 114) 272 B Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 272 C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) 272 C Beschlußfassung 272 C Mitteilung betr. Austritt des Abg. Stegner aus der Partei und Fraktion der FDP . . 272 D Nächste Sitzung 272 D Anlage 1: Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Atzenroth zu den Fraktionsgesetzentwürfen betr. Änderung des Lastenausgleichsgesetzes 273 Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) 274 Die Sitzung wird um 9 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    *) Siehe Anlage 2 Seite 274 Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 9. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Atzenroth (FDP) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über die von den Fraktionen des GB/BHE, der DP und der CDU/CSU eingebrachten Entwürfe von Gesetzen zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksachen 97, 104, 133 und 134) Wir werden den vorgelegten Gesetzentwürfen zustimmen, da sie einmal jetzt endlich die Forderungen erfüllen, die von der FDP schon in der zweiten Lesung des Lastenausgleichsgesetzes erhoben, aber von der Mehrheit des damaligen Hauses abgelehnt worden sind und weil sie die Erfahrungen berücksichtigen, die inzwischen mit dem Altsparergesetz gemacht wurden. Der Zeitpunkt, an dem sich der neue Bundestag zum erstenmal wieder mit dem Lastenausgleichsgesetz beschäftigt, gibt aber Anlaß, auf die befremdliche Tatsache hinzuweisen, daß hierzu keine Vorlagen von seiten der Regierung gekommen sind. Alle, die praktisch an dem Lastenausgleichsgesetz mitgewirkt haben, wissen, daß erhebliche Unzulänglichkeiten geblieben sind, die wir erst ausmerzen können, wenn genügend Erfahrungen vorliegen. Das ist zweifellos in weitem Umfang der Fall bei der Kreditgewinnabgabe. Hier hat sich gezeigt, daß das Gesetz eine Reihe von schweren Härten gebracht hat, die wir als Gesetzgeber nicht gewollt haben, die aber weder durch Rechtsverordnung noch durch Einzelmaßnahmen der Verwaltung gemildert werden können. Hier ist eine Änderung des Gesetzestextes zwingend und dringend erforderlich. Die Einzelheiten sind dem Herrn Bundesminister der Finanzen ebenso bekannt wie den Abgeordneten, die sich mit diesen Fragen näher beschäftigt haben. Ich muß daher von dem Herrn Bundesfinanzminister erwarten, daß er uns seine Vorschläge zur Änderung des Gesetzes so rechtzeitig vorlegt, daß wir diese noch zusammen mit den heute an den Ausschuß überwiesenen Vorlagen beraten können. Bonn, den 14. Januar 1954 Dr. Atzenroth Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 9. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Absatz 1 der Geschäftsordnung dem zuständigen Ausschuß überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der FDP betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages — Drucksache 94 — 2. Antrag der Fraktion der DP betr. Fahrpreisermäßigung für „Flüchtlinge B" — Drucksache 98 — 3. Antrag der Abgeordneten Günther und Genossen betr. Ausbau der Autobahn Köln-Aachen — Drucksache 109 — an den Ausschuß für Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß (f), an den Ausschuß für Verkehrswesen, an den Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen, an den Ausschuß für Heimatvertriebene an den Haushaltsausschuß (f), an den Ausschuß für Verkehrswesen Bonn, den 9. Dezember 1953 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Grundgedanken des Antrags, so wie er heute in den Ausführungen des Herrn Kollegen Schild zum Ausdruck gebracht worden ist — d. h. mit der Abneigung dagegen, daß aus den Taschen der privaten Steuerzahler Geld herausgeholt und dann in anonyme Körperschaften privaten oder öffentlichen Rechts hineingebracht wird —, mit diesem Grundgedanken fühle ich mich durchaus und fühlen sich meine Freunde ebenso verbunden.
    Die Frage ist nur: Wie schaffen wir die Dinge richtig a) für die Zukunft oder, wie dieser Antrag auch will, b) noch für die Vergangenheit? Wenn ich mir nun die Begründung überlege: gewiß, Sie sprachen, Herr Kollege Schild, von den Körperschaften öffentlichen Rechts; Sie sprachen auch von den Aktiengesellschaften und GmbHs, bei denen der bestimmende Einfluß in der Hand der Kommunen, des Bundes oder der Länder liegt, d. h. also von den gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen. Ja, gewiß, es ist ein altes Übel, das ich als alter Kommunalpolitiker, der freilich nur in kommunalpolitischen Parlamenten gesessen hat, immer bekämpft habe, nämlich daß die Kontrollrechte dieser Kommunal- und Länderparlamente praktisch dadurch umgangen werden, daß die öffentlichen Mittel in den gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen stecken und im Haushalt des Landes und der Kommunen nur die paar Groschen Dividende, die herauskamen, oder der Minus-
    Minus-Verlust aufgezeigt worden sind.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    An dem Punkt muß man ansetzen, Herr Kollege Schild.
    Weiter: Sie haben die Grunderwerbsteuer kritisiert. Ich stimme mit Ihnen vollkommen überein. Es ist nicht zum erstenmal, daß ich heute davon spreche. Ich habe in einer Fragestunde mal folgendes Thema angeschnitten. Ich habe gesagt: Schaffen Sie den Preisstopp für unbebaute Grundstücke ab. Ich kann Ihnen auf Grund meiner Erfahrung versichern — ich bin Notar und sehe in vieles hinein —, daß in mindestens 95 % aller solchen Fälle ein unwahrer Preis angegeben wird. Wissen Sie warum? Weil es nichts mehr schadet. Seitdem nämlich Hitler das grandiose, geniale Gesetz vom 7. Juli 1942 über den Preisstopp bei Grundstücken erlassen hat, in dem es heißt: wenn in einem Vertrag eine falsche Zahl als Preis angegeben ist, sind die Leute an diese falsche Zahl gebunden, — seit dem Moment ist dem Schwindel Tür und Tor geöffnet; denn weil der Überpreis, der nicht im Vertrag steht, gleich hingegeben wird, hat der Verkäufer seinen Rebbach in der Tasche, und der, der gekauft hat, kann's nicht zurückfordern, weil sich jeder scheuen wird zu sagen: Wir haben gemeinsam den Staat betrogen. Der Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach derartige Verträge dann nichtig und dreißig Jahre lang beide Parteien ' im Zweifel waren, was nun kommen würde, ist dabei viel gesünder. Wenn Sie nun diesen Preisstopp abschaffen und dann die Grunderwerbsteuer, sagen wir, mindestens auf 4 % heruntersetzen, dann bekommen die Länder sehr viel mehr Einnahmen, als sie heute haben. Ich garantiere Ihnen dafür. Aber der Herr Kollege Schild will ja mit seinem Antrag einen gesetzgeberischen Akt auslösen und muß dann hinsichtlich der Grunderwerbssteuer selbst sagen, daß er nur eine Art Willenskundgebung des Parlaments herbeiführen kann, daß aber die eigentliche gesetzgeberische Aktion nur in den Ländern und nicht hier gestartet werden kann. Also eine Begründung des vorliegenden Antrages mit diesem Punkt der Grunderwerbssteuer ist keine Begründung dafür, daß ein Bundesgesetz nach dieser Richtung kommen solle.
    Die andere Frage, die zur Begründung angeführt wurde, hat mich sehr interessiert. Herr Kollege Schild hat in seinen Ausführungen darauf verwiesen, daß der Grund dafür, daß diese Bundesgesetze nicht in dem Sinne durchgeführt werden könnten, wie sie von oben geplant werden, bei der Exekutive zu suchen sei, die leider Gottes in den Händen der Länder liege. Ich stimme mit ihm vollkommen überein. Wir von der FDP freuen uns, daß wir nun auch von Ihrer Seite Unterstützung gegen den übertriebenen Föderalismus bekommen; denn ich entsinne mich noch sehr genau, Herr Kollege Schild — Sie vielleicht nicht mehr, aber ich —, wie drüben in dem anderen Saal bei der Schlußabstimmung des Parlamentarischen Rats über das Grundgesetz die Herren der DP gegen das Grundgesetz gestimmt haben, weil es ihnen nicht föderalistisch genug war.

    (Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

    Was steckt in dem ganzen Antrag an sachlich Möglichem drin? Eine Enteignung? — Nein! Da müssen Sie schon eine generelle Enteignung festlegen. Weil nämlich das Gesetz für alle gleichmäßig angewendet werden muß, müssen Sie für alle Fälle und alle Häuser, auch gegen die bisherigen Privatbesitzer, unter Umständen dann, wenn ein Mieter dieses Privathauses in den Besitz des Hauses zu kommen wünscht, das Enteignungsrecht spielen lassen.
    Und dann bitte ich Sie: woher das Geld? Die Vorschrift des Art. 14 des Grundgesetzes betreffend Entschädigung — ich will auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Jacobi im einzelnen nicht zurückkommen — muß doch auch gelöst werden. Nein, das einzige, was möglich scheint, wäre vielleicht eine gesetzgeberische Aktion, um eine Anbietungspflicht zu konstruieren. Eine Anbietungspflicht! Aber auch da müssen Sie den verfassungsmäßigen Grundsatz beachten, daß alle gleichmäßig behandelt werden müssen. Das heißt also: Sie können die Anbietungspflicht auf einen Teil der Betroffenen, sagen wir die Genossenschaften oder GmbHs oder was Sie wollen, nur dann beschränken. wenn diese wieder eine Klasse für sich bilden, d. h. etwa in einer besonderen Form bei der Erstellung der Gebäude bevorzugt worden sind. Dann geht's; aber mit der Anbietungspflicht allein ist es ja noch nicht getan. Es gehören dann die Leute dazu, die von ihr Gebrauch machen wollen; und die, die wollen, sind schon zum Teil in Bausparkassen oder könnten vom Wohnungseigentum Gebrauch machen und von all den Möglichkeiten, die unsere Gesetzgebung bietet. Soviel zu dem vorliegenden Antrag.


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    Nun hätte ich gern noch eine allgemeine Berner-kung hieran geknüpft. Wir in diesem Hohen Hause haben nach dem Grundgesetz das Recht der Gesetzesinitiative. Unter der Gesetzesinitiative verstehe ich aber, daß ein durchdachter, ausgearbeiteter Vorschlag vorgelegt wird.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich betone das nicht, weil es sich um die DP handelt, nicht, weil es sich um die hier vorliegende Materie handelt, sondern weil dieser Antrag in einem Ramsch von über 20 Anträgen der gleichen Art in diesem Hause eingebracht worden ist.

    (Beifall bei der FDP und SPD.)

    Es handelt sich doch um folgendes: Man kann die Initiative so auffassen, daß man einen Gesetzesvorschlag, einen ausgearbeiteten, einbringt. Dann hat man alle Probleme selbst durchdacht und braucht nicht wie der Herr Kollege Schild am Schluß seiner Ausführungen zu sagen: Der Zweck dieses Antrages ist, daß der Ausschuß für Wohnungswesen sich einmal Gedanken macht und sie dann in Leitsätzen niederlegt. O nein, die Gedanken soll sich der Antragsteller machen. Er soll sich auch die Leitsätze ausarbeiten. Das soll er an Hand von Hilfsmitteln tun. Und da, sehr verehrter Herr Präsident, müssen wir die Möglichkeit der Hilfsmittel in diesem Hause allerdings noch sehr erweitern.

    (Lebhafte Zustimmung.)

    Ich brauche auf die Diskussionen, die wir hierzu schon oft gehabt haben, nicht zurückzukommen; aber unterstreichen möchte ich sie noch einmal. Dann muß jedoch nach Benutzung dieser Hilfsmittel der Antrag von uns selbst kommen.
    Napoleon hat einmal gesagt: Jeder Soldat trägt den Marschallstab im Tornister. Auf Ministersessel angewandt ist das etwas ungewöhnlich; denn der Tornister ist ein viel zu unbequemes Transportmittel für Ministersessel. Ich bin aber überzeugt, daß in diesem Hohen Hause mindestens eine Reihe von Ministrablen sind oder sich wenigstens dafür halten,

    (Heiterkeit)

    also von Leuten, die sozusagen in Gedanken auch den Ministersessel auf dem Buckel herumschleppen. Ja, wenn die, die auf dem Ministersessel einst sitzen, in der Lage sein sollen, auf solche Anträge, wie sie heute hier gestellt worden sind, mit einer Gesetzesvorlage zu antworten, dann müssen doch wohl auch die, die danach streben, schon als Abgeordnete in der Lage sein, einen solchen Vorschlag Paragraph für Paragraph auszuarbeiten. Das wäre sogar um so empfehlenswerter, als sie damit ihre Ministrabilität — ich bin Gott sei Dank nicht gestolpert — erweisen.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Was geschieht nun statt dessen? Wir haben hier einen Haufen Anträge liegen, die beginnen: „die Regierung möge ein Gesetz vorlegen . . ." Dann wird hier in diesem Hohen Hause über diesen Antrag verhandelt. Im vorigen Bundestag wurden dabei neunmal, in diesem Bundestag werden fünfmal — entsprechend der Zahl der Fraktionen — die Menschengattung, die vom Gesetz betroffen, und die Menschengattung, die davon beglückt werden soll, von jeder Fraktion ihres besonderen Wohlwollens versichert. Man zankt sich dann darüber, ob man in diesem oder im vorigen Jahrhundert im Kreisblatt von Obertupfenhausen, oder weiß Gott sonst in welchem „Bulletin", als erster diesen Gedanken geäußert hätte. Dann geht es in den Ausschuß, vielleicht auch in zwei oder drei Ausschüsse. Da wird geredet und dann Papier vollgedruckt, nämlich als Bericht. Sodann kommt es wieder hierher. Und was geschieht nun? Es wird ein Satz angenommen, der heißt entweder: „Der Antrag wird angenommen" oder: „Der Antrag wird abgelehnt".

    (Abg. Mellies: Es gibt auch noch weitere Möglichkeiten!)

    — Ja, es gibt auch noch mehr; ich komme gleich darauf zurück, Herr Mellies. — Nun liest die Öffentlichkeit in der Presse davon. Die ganze Welt glaubt: Jetzt haben wir aber etwas geschafft, jetzt kommt das Gesetz. Nun, es kommt gar nichts. Und wenn nichts kommt, folgt 3 Monate darauf eine Interpellation der antragstellenden Fraktion, in der es heißt: Wir fragen die Regierung, warum sie dem Beschluß des Bundestages vom soundsovielten nicht nachgekommen ist.

    (Zuruf rechts: Siehe Heimkehrergesetz!)

    — Jawohl, richtig! — Dann kommt endlich das Gesetz, und jetzt gehen die ganze Diskussion und die ganze Kommissionsverhandlung und die Berichterstattung nochmals los. Was ist das für ein unnützer Leerlauf! Wir sollten uns für die Zukunft zusammennehmen und entsprechend der Würde dieses Hauses und unserer eigenen Würde als Vertreter des souveränen Volkes verhüten, daß einfach so im Ramsch Anträge auf Erlaß eines Gesetzes gestellt werden, anstatt daß die Gesetzesvorlagen selber von uns ausgearbeitet werden.
    Ich habe deshalb für die Zukunft die Bitte an den Ältestenrat — Sie wollen mir diese Ausführung noch gestatten —, bei derartigen Anträgen zu prüfen, ob sie nicht in Wirklichkeit, das heißt materiell, Kleine Anfragen in dem Sinne sind, daß darin die Regierung gefragt wird, ob sie eine Gesetzesvorlage über dieses Thema bringen wird. Ich betrachte einen derartigen Antrag als eine solche Anfrage.
    Da der heutige Antrag im Sinne einer solchen Anfrage von der Bundesregierung, nämlich durch den Mund des Herrn Bundeswohnungsbauministers, schon beantwortet, und zwar erklärt worden ist, daß ein Gesetz, auch ein solches vorbereitet wird, in dem etwa in Änderung des Gemeinnützigkeitsgesetzes die Frage der Anbietungspflicht irgendwie zu regeln versucht wird, so bin ich der Auffassung, daß dieser Antrag — juristisch ausgedrückt — nunmehr in der Hauptsache erledigt ist. Deswegen stelle ich den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung, der geschäftsordnungsmäßig allen anderen vorgeht.

    (Beifall bei der FDP, in der Mitte und links.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gille.

(Zuruf von der Mitte: Aber kurz!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Gille


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! — Ich spreche nicht lange, Sie können unbesorgt sein! — Ich möchte nur erklären, daß auch meine politischen Freunde, als sie den Antrag zu Gesicht bekamen, beim besten Willen nichts Rechtes damit anzufangen wußten. Wir haben natürlich auch versucht, uns eine Vorstellung zu machen. Ich erwartete eigentlich heute einen Husarenritt gegen das gesamte genossenschaftliche Wirken auf diesem Gebiet. Ich möchte meinen, daß Herr Kollege Jacobi vielleicht aus dieser


    (Dr. Gille)

    Stimmung, die auch bei ihm erzeugt war, mit einigen Breitseiten heraufgekommen ist, die er dann abgefeuert hat.
    Es ist aber auch von dem Grundgedanken gesprochen worden, der diesem Antrag zugrunde liegen könnte. Nur deshalb bin ich jetzt heraufgekommen. Ich glaube, Herr Dr. Schild, Ihnen kam es doch auf folgendes an. Sie wandten sich gegen die Situation, die Sie heute im Wohnungsbau vor sich sehen und die sich so beschreiben läßt, daß verhältnismäßig wenig Einzeleigentum und sehr viel Eigentum anonymer Gremien — Gesellschaften, Genossenschaften oder in irgendeiner versteckten Form der öffentlichen Hand — vorhanden ist. Meine Herren, auch ich halte das für einen wenig erfreulichen Zustand. Ich wundere mich nur, daß Sie nicht auf den Gedanken gekommen sind, zu fragen, woran das eigentlich liegen mag. Es ist doch für einen Bundestag, der vor etwa Jahresfrist ein Lastenausgleichsgesetz verabschiedet hat, etwas verwunderlich, .daß man bei der Behandlung einer solchen Materie vergißt, daß Sie aus dem Soforthilfe- und Lastenausgleichstopf bisher eine Summe von etwa 21/2 Milliarden mit Zustimmung des Hauses entnommen und global dem sozialen Wohnungsbau zugeführt haben.

    (Abg. Kunze: Als Darlehen!)

    — Ich komme gleich darauf, Herr Kunze! Wir haben uns darüber ja schon einmal unterhalten. — Wenn es Ihnen wirklich darauf ankommt, Einzeleigentum zu schaffen, — was liegt da näher, als diese 2 1/2 Milliarden für die Vergangenheit und die künftigen Hunderte Millionen für die Zukunft den Geschädigten in die Hand zu drücken, meinetwegen mit der Zweckbestimmung, dafür Wohnungen zu schaffen. Dann haben Sie doch sofort, und zwar ohne große Schwierigkeiten und ohne daß Sie irgendeine Apparatur zu ändern brauchen, soundso viel echtes Einzeleigentum geschaffen. Das wird sich nicht immer in Form eines Wohnungseigentums oder eines Eigenheims darstellen; aber der echte Anspruch auf die Mittel, die Sie dem Mann in die Hand gegeben haben und die er weitergereicht hat, ist dann doch in der Hand des wirklich Geschädigten.
    Ich bin nur heraufgekommen, um den Herrn Wohnungsbauminister, der ja auch dem Grundgedanken, der in den Ausführungen hier angeklungen ist, zugestimmt hat, zu bitten, noch einmal zu überlegen, ob wir wirklich so weiter wie bisher Hunderte Millionen aus diesem Topf nehmen, global in die Länder stecken und dann zur anonymen Eigentumsbildung führen sollen. Weshalb sollte auch nur eine Wohnung weniger gebaut werden, wenn Sie die Mittel aus dem Lastenausgleichstopf an die Entschädigungsberechtigten mit der Zweckbestimmung verteilen, dafür Wohnungen zu bauen? Sie werden dann schon die Genossenschaft oder die Stelle finden, die ihnen dafür die Wohnungen baut. Sie können auch noch einen Schritt weiter gehen. Sie können aus den 2 1/2 Milliarden DM, die Sie auf diese Weise anonym haben verschwinden lassen, sofort wieder echtes Privateigentum zaubern. Ich will Ihr Beispiel mit dem 10-Wohnungen-Haus auch einmal anführen.

    (Abg. Lücke: Machen Sie es doch kurz! Das gehört doch nicht zur Sache!)

    — Entschuldigen Sie, das gehört ganz genau dazu!
    — In ein 10-Wohnungen-Haus sind etwa 70 000 DM öffentliche Mittel zinsfrei hineingeflossen, von denen ein Großteil zweifellos Lastenausgleichsmittel sind. Stellen Sie das fest und führen Sie den Anspruch auf diese 70 000 Mark sofort einem geschädigten Hausbesitzer zu, dann hat er den Preis, um tatsächlich echtes Eigentum in Gestalt eines Hauses in die Hand zu bekommen, von dem er früher gelebt hat. Also, meine Damen und Herren, es lohnt sich schon, diesem Grundgedanken einmal nachzugehen. Dann muß man allerdings den Mut haben, von der insoweit verkehrten Konstruktion des Lastenausgleichs einmal abzugehen, dann können Sie wohl sogar die Schraube zurückdrehen und diese 21/2 Milliarden DM in schnellster Zeit in Hausbesitz für die Geschädigten umwandeln.
    Meine Fraktion möchte auch der Anregung des Herrn Kollegen Becker zustimmen und empfehlen, über den Antrag selbst, der in dieser Form ja nicht verhandlungsfähig ist, zur Tagesordnung überzugehen.

    (Beifall beim GB/BHE und bei der SPD.)