Rede:
ID0200903000

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2009

  • date_rangeDatum: 14. Januar 1954

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    2. Deutscher Bundestag — 9. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1954 241 9. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1954. Nachrufe für die verstorbenen Abgeordneten Dr. Kolbe und Böhner 242 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Dr. Adenauer, Daum, Baur (Augsburg), Wagner (Deggenau), Kühn (Bonn), Dr. Lütkens, Spies (Brücken) und Dr. Will . . . . 242 C Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Veit . . . 242 D Eintritt des Abg. Geiger (Aalen) in den Bundestag 243 A Eintritt der Abg. Frau Welter (Aachen) in den Bundestag 243 A Ergänzungen der Tagesordnung . . . 243 A, 272 B Vereidigung des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Blücher . . . 243 A Geschäftliche Mitteilungen 243 B, 272 C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . 243 B Vorlage von Übereinkommen und Empfehlungen sozialpolitischer Art der 35. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf (Drucksache 163) 243 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 4 bis 12, 14, und 18 (Drucksachen 80, 147; 93, 153; 100, 154; 101, 102, 157; 111, 165; 116, 166; 129, 174; 141, 167; 143, 168; 155, 173) 243 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 124) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 125) sowie mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 171) 243 D Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU) . 244 A Mellies (SPD) 245 A Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit 245 C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaffung von Familienheimen (Zweites Wohnungsbaugesetz) (Drucksache 5) 245 C Lücke (CDU/CSU), Antragsteller 245 C, 261 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 249 D Stierle (SPD) 251 D Engell (GB/BHE) 255 A Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) 255 C Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) 257 B Wirths (FDP) 258 A Leukert (CDU/CSU) 259 D Jakobi (SPD) 261 A Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und an den Ausschuß für Bau- und Bodenrecht 260 D, 261 B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Überführung des kollektiven Wohnungseigentums und Hausbesitzes in Privateigentum (Drucksache 28) 261 C Dr. Schild (Düsseldorf) (DP): als Antragsteller 261 C zur Geschäftsordnung 271 D Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 264 C Dr. Brönner (CDU/CSU) 265 D Jacobi (SPD) 266 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 269 A Dr. Gille (GB/BHE) 270 D Antrag zurückgezogen 271 D Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 97) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 104), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 133) sowie mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 134) . 271 D Dr. Atzenroth (FDP) (Schriftliche Erklärung) 273 Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich 272 A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zum Schutz industrieller Geheimnisse (Drucksache 99) 272 B Überweisung an den Rechtsausschuß . . 272 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Konvention vom 5. April 1946 der Internationalen Überfischungskonferenz (Drucksache 114) 272 B Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 272 C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) 272 C Beschlußfassung 272 C Mitteilung betr. Austritt des Abg. Stegner aus der Partei und Fraktion der FDP . . 272 D Nächste Sitzung 272 D Anlage 1: Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Atzenroth zu den Fraktionsgesetzentwürfen betr. Änderung des Lastenausgleichsgesetzes 273 Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) 274 Die Sitzung wird um 9 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 2 Seite 274 Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 9. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Atzenroth (FDP) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über die von den Fraktionen des GB/BHE, der DP und der CDU/CSU eingebrachten Entwürfe von Gesetzen zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksachen 97, 104, 133 und 134) Wir werden den vorgelegten Gesetzentwürfen zustimmen, da sie einmal jetzt endlich die Forderungen erfüllen, die von der FDP schon in der zweiten Lesung des Lastenausgleichsgesetzes erhoben, aber von der Mehrheit des damaligen Hauses abgelehnt worden sind und weil sie die Erfahrungen berücksichtigen, die inzwischen mit dem Altsparergesetz gemacht wurden. Der Zeitpunkt, an dem sich der neue Bundestag zum erstenmal wieder mit dem Lastenausgleichsgesetz beschäftigt, gibt aber Anlaß, auf die befremdliche Tatsache hinzuweisen, daß hierzu keine Vorlagen von seiten der Regierung gekommen sind. Alle, die praktisch an dem Lastenausgleichsgesetz mitgewirkt haben, wissen, daß erhebliche Unzulänglichkeiten geblieben sind, die wir erst ausmerzen können, wenn genügend Erfahrungen vorliegen. Das ist zweifellos in weitem Umfang der Fall bei der Kreditgewinnabgabe. Hier hat sich gezeigt, daß das Gesetz eine Reihe von schweren Härten gebracht hat, die wir als Gesetzgeber nicht gewollt haben, die aber weder durch Rechtsverordnung noch durch Einzelmaßnahmen der Verwaltung gemildert werden können. Hier ist eine Änderung des Gesetzestextes zwingend und dringend erforderlich. Die Einzelheiten sind dem Herrn Bundesminister der Finanzen ebenso bekannt wie den Abgeordneten, die sich mit diesen Fragen näher beschäftigt haben. Ich muß daher von dem Herrn Bundesfinanzminister erwarten, daß er uns seine Vorschläge zur Änderung des Gesetzes so rechtzeitig vorlegt, daß wir diese noch zusammen mit den heute an den Ausschuß überwiesenen Vorlagen beraten können. Bonn, den 14. Januar 1954 Dr. Atzenroth Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 9. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Absatz 1 der Geschäftsordnung dem zuständigen Ausschuß überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der FDP betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages — Drucksache 94 — 2. Antrag der Fraktion der DP betr. Fahrpreisermäßigung für „Flüchtlinge B" — Drucksache 98 — 3. Antrag der Abgeordneten Günther und Genossen betr. Ausbau der Autobahn Köln-Aachen — Drucksache 109 — an den Ausschuß für Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß (f), an den Ausschuß für Verkehrswesen, an den Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen, an den Ausschuß für Heimatvertriebene an den Haushaltsausschuß (f), an den Ausschuß für Verkehrswesen Bonn, den 9. Dezember 1953 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Josef Brönner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir diesen Antrag in unserer Fraktion der CDU/CSU behandelt und hier in der Einleitung gelesen haben: Überführung des kollektiven Wohnungseigentums und Hausbesitzes in Privateigentum, da haben wir uns gefragt: ja, wie soll das denn geschehen? Das Wesentliche wäre gewesen, in einem Antrag einen Weg zu zeigen, der gangbar ist, um das Ziel zu erreichen, das auch wir bejahen. Darauf habe ich mit Herrn Kollegen Dr. Schild gesprochen, und er sagte, sie dächten nicht daran, hier eine Enteignung vorzuschreiben; denn sie seien sich klar darüber, daß nach Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes eine solche Ent-


    (Dr. Brönner)

    eignung zugunsten eines Privatmannes ganz und gar ausgeschlossen ist.

    (Abg. Jacobi: Dann hätten sie den Antrag nicht stellen sollen!)

    Es fragt sich also, wie diese Überführung überhaupt durchgeführt werden soll, und darauf gibt es meines Erachtens nur eine Antwort: auf dem Weg des Anreizes, daß diese Gesellschaften bereit sind, ihre Wohnungen abzustoßen, das Geld zu mobilisieren und neue Wohnungen zu bauen. Nur unter diesem 'Gesichtspunkt hat der vorgelegte Antrag einen Sinn, und unter diesem Gesichtspunkt kann er meines Erachtens auch behandelt werden.
    Wir dürfen aber dabei nicht außer acht lassen, daß die Wohnungsbaugesellschaften in den Jahren seit 1945 eine ganz große Aufgabe erfüllt haben. Ihnen haben wir es im wesentlichen zu verdanken, daß so viele Wohnungen — Millionen von Wohnungen! — gebaut worden sind. Diese Anerkennung kann den Wohnungsbaugesellschaften nicht versagt werden.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Weiter muß betont werden, daß sie in der Rationalisierung Vorbildliches geleistet haben und daß wir sie auch in Zukunft nicht entbehren können, gerade um den Wohnungsbau rationell durchzuführen. Unser Ziel müßte also sein, Wege ausfindig zu machen und unsere Auffassungen über die Schaffung von Privatbesitz, von Privateigentum in Verbindung mit dem Grund und Boden als Anregung an die Bundesregierung weiterzugeben, damit sie von dort aus vielleicht in dem angekündigten neuen Gesetz über den Wohnungsbau verwirklicht werden.
    Wir haben aber daneben noch eine große volkspolitische Aufgabe. Wir müssen den Willen zum eigenen Hause in der Bevölkerung stärken und fördern, damit auch der einzelne bereit ist, auf überflüssigen Konsum zu verzichten und dieses Geld meinetwegen auf dem Wege über einen Bausparvertrag anzulegen, um damit sein künftiges Wohnhaus auch zu finanzieren. Wir können und wollen nicht irgend jemandem ein Haus aufzwingen, wenn er es nicht will. Derjenige, der für ein Haus gespart hat, hat ein Vorrecht, es zu bekommen. Daher müssen wir nicht nur den Willen zum Bauen fördern, sondern müssen auch dias Sparen für den künftigen Wohnungsbau fördern, und zwar vornehmlich das Sparen im Rahmen der Bausparverträge. Wir haben auch dafür ein wichtiges Gesetz geschaffen, nämlich das Wohnungsbauprämiengesetz. Auch hier gehen wir 'darauf aus, 'die Menschen durch eine Belohnung zum Sparen anzuregen, und sie bekommen dann für ihr Sparen zum zukünftigen Wohnungsbau vom Staat 400 DM im Jahr geschenkt.
    Das ist der Weg, auf dem wir unser Ziel erstreben wollen. Wir haben ein in dieser Beziehung vorbildliches Land: Alt-Württemberg. Alt-Württemberg ist die klassische Heimat der Bausparkassen und der Eigenheime, und wenn es uns gelingt, diese Ideen weiter in allen anderen Ländern zu verbreiten, dann bin ich der Überzeugung, daß wir dem Streben nach dem Ziel, das in den heutigen Ausführungen immer wieder genannt worden ist, den besten Dienst erweisen.
    Man kann also über diese Fragen, die angeschnitten worden sind und zu denen Herr Dr. Schild Ausführungen gemacht hat — die zwei Schwierigkeiten: Grunderwerbssteuer auf der einen Seite,
    Verkauf und Eigenkapital auf der andern Seite —, lange diskutieren und kann 'darüber verschiedener Meinung sein. Eine Reihe von Gefahren wird dann auftreten, wenn es zu einem Zwang käme. Dann würde sich nämlich die Spekulation einschalten, und die ganze Preisbildung beim Verkauf von Wohnungseigentum und Eigenheimen überhaupt ginge in die Brüche. Damit wäre der Bevölkerung nicht gedient. Wir wollen diese Gefahren sehen und sie berücksichtigen.
    Trotzdem wollen wir versuchen, eine Reihe von Gedanken und Ideen innerhalb des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen herauszuarbeiten, die wir der Bundesregierung zur Verfügung stellen können, wenn sie einmal ihr einheitliches Wohnungsbaugesetz ausarbeiten will. Auch in unserer Fraktion gab es starke Bedenken, ob man zu diesem Antrag ja oder nein sagen solle. Die Mehrheit ist aber zu der Auffassung gekommen, daß dieser Antrag dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zur Erarbeitung von Grundgedanken, die dann der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden, überwiesen werden soll. Die Fraktion hat mich beauftragt, Ausführungen in diesem Sinne zu machen, und ich glaube, wir können in unserem Ausschuß wertvolle Anregungen geben und dadurch Gedankengänge klären, die auch für die Bundesregierung und das Wohnungsbauministerium bei der Ausarbeitung des angekündigten Wohnungsbaugesetzes wertvoll sind.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Jacobi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist fürwahr schwer, keine Satire zu schreiben, wenn man sich diesen Antrag anschaut und wenn man daran denkt, daß er zum viertenmal auf der Tagesordnung steht.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dreimal ist er abgesetzt worden, und wahrscheinlich doch nicht deshalb, weil man ihm eine besondere Güte zusprach, sondern weil jeder nüchterne Betrachter von Anfang an erkennen konnte, daß dieser Antrag unreif ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der Herr Bundeswohnungsbauminister und auch der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Herr Dr. Brönner, haben schon eine sehr deutliche Kritik ausgesprochen. Aber es war, ich möchte sagen, eine „koalitionshöflich" verbrämte Kritik.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Man hat gewisse Rücksichten genommen. Man hat zwar diesen Antrag nicht offiziell unterstützt, aber man hat bei der Prüfung alsbald gemerkt, daß man so nicht verfahren kann.
    Ich bedauere, nicht mit derselben Höflichkeit zu diesem Antrag Stellung nehmen zu können.

    (Abg. Kunze: Das hoffe ich aber doch!)

    In einem Punkte, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich von vornherein restlose Klarheit herstellen.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen] : Man kann doch höflich bleiben!)

    — Was meinten Sie, Frau Kollegin?

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen] : Man kann doch höflich bleiben!)



    (Jacobi)

    — Warten Sie einmal ab; Höflichkeit ist ein relativer Begriff. Jedenfalls werde ich zu dem, was schwarz ist, schwarz sagen, und zu dem, was weiß ist, weiß. Das nenne ich eine ehrliche Aussage, und das braucht nicht in Widerspruch zur Höflichkeit zu stehen. Aber die Kritik, die vorhin laut geworden ist, war mir zu gedämpft. Sie war mir nicht klar genug.
    Nun, wie sieht es mit diesem Antrag aus? Zunächst einmal decken sich Überschrift und Text nicht im geringsten. Bei diesem Antrag ist einiges passiert. Man ist sehr eifervoll darangegangen, aber man hat sich dabei doch sehr schlecht beraten lassen. Ich bedauere — und das ist, Frau Kollegin Dr. Weber, eine unhöfliche Bemerkung von mir —, feststellen zu müssen, daß dieser Antrag das Produkt eines beispiellosen Dilettantismus ist.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Das kann man höflich sagen!)

    — Das kann man noch höflicher sagen? (Heiterkeit und Zurufe.)

    — Na schön, ich habe es dann unhöflich gesagt. Jedenfalls ist dieser Antrag dilettantisch, und ich freue mich, daß Sie dem zustimmen, wenn Sie auch einen anderen Ausdruck dafür gebrauchen wollen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Wie soll man denn eine Vorlage anders bezeichnen, bei der sich nicht einmal Überschrift und Text decken und in der die Verschwommenheiten und Unklarheiten der Formulierungen nur noch durch die Unbekümmertheit, ja Dreistigkeit übertroffen werden, mit denen hier Recht und Ordnung, nämlich wesentliche und jeder Abänderung entzogene Verfassungsbestimmungen mißachtet werden?
    Zunächst die Überschrift. Sie spricht von kollektivem Eigentum und überläßt es der Phantasie, sich unter diesem politischen Schlagwort, das offenbar zu dem Zwecke, gruseln zu machen, gebraucht wird, etwas Greifbares vorzustellen.

    (Erneute Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    In dem Antrag selbst dagegen wird von „gemeinwirtschaftlichem Haus-, Grundstücks- und Wohnungsbesitz des öffentlichen und privaten Rechts" gesprochen. Auch hier bedient man sich unscharfer Formulierungen. Was soll man denn eigentlich mit dem Begriff „gemeinwirtschaftlich" im Zusammenhang mit dem DP-Antrag verstehen? Wenn überhaupt etwas Sinnvolles darunter zu verstehen wäre, müßten dann nicht unter anderem auch die Verkehrs- und Grünflächen, die Parkanlagen darunterfallen? Das alles ist völlig unklar und gibt viele Möglichkeiten, hineinzuschieben, was man hineinschieben will.
    Natürlich werden die Antragsteller erklären — und ich glaube ihnen das —, daß sie das gar nicht gewollt und gemeint haben. Aber warum haben sie es dann nicht gesagt, warum haben sie auf ihren Antrag nicht mehr Sorgfalt verwendet? Warum mußte Herr Dr. Schild hier einen Kommentar abgeben, der selbst den Herrn Bundeswohnungsbauminister, der einiges gewöhnt ist, in Erstaunen versetzte, weil Herr Dr. Schild etwas ganz anderes ausführte, als in dem Antragstext und in seiner Überschrift zu finden war?

    (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen] : Das kommt manchmal vor! — Abg. Dr. Brönner: Herr Preusker weiß aber Bescheid!)

    — Natürlich weiß er Bescheid. Er weiß sogar über
    die Hintergründe Bescheid, Herr Kollege Brönner!

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    So wie sich der Text liest, ist man jedenfalls auf Vermutungen angewiesen, was als gemeinwirtschaftlich im Sinne des Antrags verstanden werden soll.
    Keine Vermutungen aber brauchen hinsichtlich der Tendenzen angestellt zu werden, die die Antragsteller bewegen. Ihr Anliegen ist offensichtlich, den Haus- und Bodenbesitz der öffentlichen Hand und der Wohnungsgesellschaften in die Hand privater Einzelpersonen zu überführen.

    (Zurufe rechts.)

    — Verzeihen Sie, wenn es sich um private Einzelpersonen handelte, wie sie vorhin bei der Beratung des Familienheimgesetzes angesprochen worden sind, wenn es sich um Menschen handelte, die zu echten Eigentum kommen sollen, dann hätte ich keine Bedenken. Aber es gab einige sehr interessante Randbemerkungen von Herrn Dr. Schild, als er von dem kaufwilligen und kauffähigen Mieter in den Wohnblocks sprach, der sich ja auch demnächst als Hausbesitzer präsentieren könnte. Da weiß man, was man im eigentlichen will, und da wird man dann doch sehr nachdenklich.
    Der Antrag ist — ich sagte es schon — eifervoll, aber er ist sachlich nicht verständlich und er ist praktisch unbrauchbar, weil er in keiner Weise als Grundlage für eine gleich wie geartete Regelung dienen kann. Deshalb muß ich sagen, daß mir die nicht als eine sehr klare Feststellung zu bezeichnende Stellungnahme des Herrn Kollegen Dr. Brönner in keiner Weise eingeht. Was soll denn der unglückselige Wiederaufbauausschuß mit einem solchen Antrag anstellen? Dort kann man doch nur am Daumen lutschen und sich Gedanken darüber machen, was man vielleicht demnächst in dieser oder jener Richtung unternehmen sollte.

    (Heiterkeit.)

    Als einer der Gründe für die Überweisung an den Ausschuß wird von Herrn Dr. Brönner angeführt, man könne ja die künftige Gesetzgebung in dieser Richtung beeinflussen. Warten wir doch die Vorlagen der Regierung ab! Warten wir doch ab, was der Herr Bundeswohnungsbauminister uns in einem neuen Wohnungsbaugesetz zu bieten hat! Dann können wir auf diesen unglückseligen Antrag zurückkommen, und vielleicht hat er dann doch noch irgendwie einen Sinn gehabt. Aber für die legislatorische Arbeit ist uns mit diesem Antrag keine brauchbare Grundlage an die Hand gegeben. Es liegt ein offenbares Unvermögen der Antragsteller vor, ein Petitum klar zum Ausdruck zu bringen.
    Der Antrag ist vor allem deshalb unbrauchbar, weil er in elementarster Weise gegen das Grundgesetz und seine Grundrechte verstößt. Ich verweise auf die Artikel 14 und 19. Ich beschränke mich darauf, hierzu im einzelnen kurz folgendes auszuführen:
    Nach Art. 14 des Grundgesetzes ist die Enteignung nur dann zulässig, wenn ein nachgewiesenes öffentliches, im konkreten Falle vorliegendes Interesse den Eigentumswechsel erfordert, d. h. wenn das in Rede stehende öffentliche Bedürfnis ohne den Eigentumswechsel nicht erfüllt werden kann. Es muß sich also um eine rechtliche Notwendigkeit handeln. Der Antrag der Deutschen Partei wird jedoch nicht von Gründen getragen, die die


    (Jacobi)

    Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 zu erfüllen vermögen. Erkennbare Grundlage des Antrags ist ein politisches Interesse. Einem politischen Interesse aber kann die Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes nicht dienstbar gemacht werden. Dabei ist es völlig unstreitig, daß auch das Eigentum der von dem Antrag der DP betroffenen Rechtsträger dem Schutz des Art. 14 unterliegt. Bei den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen handelt es sich um juristische Personen des privaten Rechts, denen das Grundrecht des Eigentums niemals bestritten worden ist und denen es nicht bestritten werden kann. Auch das Eigentum der öffentlichen Hand, das ja hier berührt wird, genießt den Grundrechtsschutz. In beiden Fällen sind die Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes erfüllt. Da niemals in Abrede gestellt worden ist, daß juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts die volle Eigentümerstellung einnehmen können, kann auch kein Zweifel daran bestehen, daß das Grundrecht des Eigentums seinem Wesen nach auf die genannten juristischen Personen anwendbar ist.
    Sonst, meine Damen und Herren, sind gerade die Antragsteller, die Damen und Herren der DP, so sehr darauf aus, sich bei jeder Gelegenheit auf die Eigentumsgarantien der Verfassung zu berufen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das geschah sogar anläßlich der Debatten über die Mitbestimmung, bei denen schon diese bescheidene Forderung der Arbeitnehmer als ein Enteignungsbegehren bezeichnet worden ist. Ist für Sie, meine Damen und Herren von der DP, eigentumsschutzwürdig nur, was Ihnen genehm erscheint? Ist die Verfassung nach Ihrer Auffassung ein Instrument, mit dem man manipulieren kann? Welch merkwürdige Auffassung von der Bedeutung der Verfassung und welch merkwürdige Auffassung vorn Rechtsstaat, welche Vorstellungswelt präsentiert sich aus diesem unmöglichen Antrag! Da wird ein Einzeleingriff, also eine unzulässige Enteignung verlangt. Der Gleichheitsgrundsatz wird verletzt, und es wird auch in die Koalitionsfreiheit rigoros eingegriffen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schild [Düsseldorf].)

    — Ja, Herr Dr. Schild, daß diese Feststellung für Sie unangenehm ist, ist mir klar. Daß Sie hinterher zu einer Kommentierung Ihres Antrages kommen, die mit dem Wortlaut des Textes und der Überschrift nicht übereinstimmt, damit sollten Sie sich selbst auseinandersetzen. Ich stelle nur fest, daß aus diesem Antrag ein anderes Begehren herauszulesen ist, als Sie es vor dem Plenum wahrhaben wollen.
    Es ergeben sich also eine Fülle rechtlicher Bedenken. Aber auch in tatsächlicher Hinsicht sind eine ganze Reihe von kritischen Bemerkungen zu machen, und wie man die Sache auch betrachtet, es gibt keinerlei Anhaltspunkte für eine positve Beurteilung des Antrages.
    Auch Sie, meine Damen und Herren von der Deutschen Partei, haben im Wahlkampf Wert darauf gelegt, die großen Leistungen auf dem Gebiete des Wohnungsbaues herauszustellen. Sie haben davon gesprochen, daß es der Arbeit vor allem der Bundesregierung zuzuschreiben sei, daß diese Leistungen erbracht worden seien, Leistungen, die nicht erbracht worden wären ohne die intensive Arbeit gerade der Unternehmen, denen Sie jetzt den Garaus machen wollen

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und gegen die Sie jetzt in dieser Weise zu intervenieren versuchen. Diese Unternehmen — ich nehme doch an, daß Sie das Gemeinnützigkeitsrecht kennen — sind ja gar nicht in der Lage, Kapitalien auf die Dauer kapitalistischen Zwecken zuzuführen, sondern sie müssen bekanntlich ihr gesamtes Geld ständig im Kreislauf des Wohnungsbaues arbeiten lassen.
    Im übrigen: Es ist ja nicht so, daß sich hier unternehmerische Initiative an einem Objekt betätigt hat, an dem an sich Kritik zu üben wäre. Wir haben hinsichtlich des sozialen Wohnungsbaues manches Kritische zu bemerken, und manche Wohnung erscheint auch uns nicht so, wie wir sie wünschen möchten. Aber jede Wohnung, die gebaut worden ist, hat doch schlimmeres Elend beseitigt!

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Erst aus der gesamten Leistung, die sich im Wohnungsbau präsentiert, ergibt sich ein Grund zu einer gewissen Freude und Genugtuung.
    Sie können diese Gesellschaften — ich gebe zu, das ist ein rein moralischer Einwand — schließlich nicht behandeln wie den Mohr, der seine Schuldigkeit getan hat und der nun gehen kann und gehen soll, weil sich gewisse Kreise nunmehr etwas ausrechnen, was — ich sage das mit aller Deutlichkeit — bisher beim sozialen Wohnungsbau nicht möglich war, nämlich ein Geschäft!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Ich bin nicht der Meinung, daß Sie bei diesem Antrag sehr stolz auf die Vaterschaft sein können. Ich halte ihn für ein mißgestaltetes Wesen, das in den Papierkorb gehört, und wir sollten diesen Antrag schon im Plenum ablehnen, weil Sie in den Ausschußberatungen von allen sachlichen Beurteilern der Materie weiß Gott nicht sehr freundlich bedient werden können. Sie sollten sich hier überstimmen lassen, und auch die Damen und Herren der CDU/ CSU sollten sich die Frage vorlegen, ob es gut ist. im Bundestag eine neue Praxis einzuführen: daß man an einen Ausschuß einen Antrag überweist, der aus sich heraus gar nicht beraten werden kann. — Ich darf mich darauf beschränken, diese Bemerkungen zu machen. Ich könnte Ihnen angesichts der vielen Zahlen, die hier genannt worden sind, noch einiges Nachdenkliche sagen; ich will darauf verzichten.

    (Zuruf rechts: Das ist auch besser!)

    Ich will nur eine Abschlußbemerkung machen, damit nicht nach dieser Richtung hin uns gegenüber wieder einmal eine Unterstellung erfolgt: Dieser Antrag hat mit dem Anliegen des Familienheimgesetzes nicht das geringste zu tun.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dieser Antrag hat mit einer familiengerechten Wohnungsbaupolitik nicht das geringste zu tun.

    (Erneute Zurufe von der SPD: Sehr richtig!)

    Dieser Antrag hat mit einer positiven und von uns allen bejahten Eigentumsförderung nicht das geringste zu tun. Dieser Antrag ist ein Antrag, der auf Enteignung abstellt. Wir von der sozialdemokratischen Opposition unterstützen alle Bestrebungen, die der Familie dienen können, die ihren Zusammenhalt zu fördern geeignet sind und diese als einen sittlich-ethischen Faktor in der Gemeinschaft zu stabilisieren vermögen.

    (Bravo-Rufe rechts.)



    (Jacobi)

    Würde der Antrag diesen Zielen dienen, er fände unsere Zustimmung. Wir haben keine Rücksicht auf Unternehmen zu nehmen, uns ist in dieser Beziehung die Möglichkeit einer absolut freien Entscheidung gegeben. Aber dieser Antrag bezweckt positive Dinge nicht. Dieser Antrag ist rechtsstaatlich bedenklich, sachlich unmöglich, und wir bitten Sie daher, ihn hier schon im Plenum abzulehnen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)