Rede:
ID0200900900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Stierle.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 9. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1954 241 9. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1954. Nachrufe für die verstorbenen Abgeordneten Dr. Kolbe und Böhner 242 B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Dr. Adenauer, Daum, Baur (Augsburg), Wagner (Deggenau), Kühn (Bonn), Dr. Lütkens, Spies (Brücken) und Dr. Will . . . . 242 C Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Veit . . . 242 D Eintritt des Abg. Geiger (Aalen) in den Bundestag 243 A Eintritt der Abg. Frau Welter (Aachen) in den Bundestag 243 A Ergänzungen der Tagesordnung . . . 243 A, 272 B Vereidigung des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Blücher . . . 243 A Geschäftliche Mitteilungen 243 B, 272 C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . 243 B Vorlage von Übereinkommen und Empfehlungen sozialpolitischer Art der 35. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf (Drucksache 163) 243 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 4 bis 12, 14, und 18 (Drucksachen 80, 147; 93, 153; 100, 154; 101, 102, 157; 111, 165; 116, 166; 129, 174; 141, 167; 143, 168; 155, 173) 243 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 124) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 125) sowie mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 171) 243 D Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU) . 244 A Mellies (SPD) 245 A Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit 245 C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaffung von Familienheimen (Zweites Wohnungsbaugesetz) (Drucksache 5) 245 C Lücke (CDU/CSU), Antragsteller 245 C, 261 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 249 D Stierle (SPD) 251 D Engell (GB/BHE) 255 A Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) 255 C Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) 257 B Wirths (FDP) 258 A Leukert (CDU/CSU) 259 D Jakobi (SPD) 261 A Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und an den Ausschuß für Bau- und Bodenrecht 260 D, 261 B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Überführung des kollektiven Wohnungseigentums und Hausbesitzes in Privateigentum (Drucksache 28) 261 C Dr. Schild (Düsseldorf) (DP): als Antragsteller 261 C zur Geschäftsordnung 271 D Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 264 C Dr. Brönner (CDU/CSU) 265 D Jacobi (SPD) 266 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 269 A Dr. Gille (GB/BHE) 270 D Antrag zurückgezogen 271 D Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 97) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 104), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 133) sowie mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 134) . 271 D Dr. Atzenroth (FDP) (Schriftliche Erklärung) 273 Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich 272 A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zum Schutz industrieller Geheimnisse (Drucksache 99) 272 B Überweisung an den Rechtsausschuß . . 272 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Konvention vom 5. April 1946 der Internationalen Überfischungskonferenz (Drucksache 114) 272 B Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 272 C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) 272 C Beschlußfassung 272 C Mitteilung betr. Austritt des Abg. Stegner aus der Partei und Fraktion der FDP . . 272 D Nächste Sitzung 272 D Anlage 1: Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Atzenroth zu den Fraktionsgesetzentwürfen betr. Änderung des Lastenausgleichsgesetzes 273 Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) 274 Die Sitzung wird um 9 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    *) Siehe Anlage 2 Seite 274 Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 9. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Atzenroth (FDP) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über die von den Fraktionen des GB/BHE, der DP und der CDU/CSU eingebrachten Entwürfe von Gesetzen zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksachen 97, 104, 133 und 134) Wir werden den vorgelegten Gesetzentwürfen zustimmen, da sie einmal jetzt endlich die Forderungen erfüllen, die von der FDP schon in der zweiten Lesung des Lastenausgleichsgesetzes erhoben, aber von der Mehrheit des damaligen Hauses abgelehnt worden sind und weil sie die Erfahrungen berücksichtigen, die inzwischen mit dem Altsparergesetz gemacht wurden. Der Zeitpunkt, an dem sich der neue Bundestag zum erstenmal wieder mit dem Lastenausgleichsgesetz beschäftigt, gibt aber Anlaß, auf die befremdliche Tatsache hinzuweisen, daß hierzu keine Vorlagen von seiten der Regierung gekommen sind. Alle, die praktisch an dem Lastenausgleichsgesetz mitgewirkt haben, wissen, daß erhebliche Unzulänglichkeiten geblieben sind, die wir erst ausmerzen können, wenn genügend Erfahrungen vorliegen. Das ist zweifellos in weitem Umfang der Fall bei der Kreditgewinnabgabe. Hier hat sich gezeigt, daß das Gesetz eine Reihe von schweren Härten gebracht hat, die wir als Gesetzgeber nicht gewollt haben, die aber weder durch Rechtsverordnung noch durch Einzelmaßnahmen der Verwaltung gemildert werden können. Hier ist eine Änderung des Gesetzestextes zwingend und dringend erforderlich. Die Einzelheiten sind dem Herrn Bundesminister der Finanzen ebenso bekannt wie den Abgeordneten, die sich mit diesen Fragen näher beschäftigt haben. Ich muß daher von dem Herrn Bundesfinanzminister erwarten, daß er uns seine Vorschläge zur Änderung des Gesetzes so rechtzeitig vorlegt, daß wir diese noch zusammen mit den heute an den Ausschuß überwiesenen Vorlagen beraten können. Bonn, den 14. Januar 1954 Dr. Atzenroth Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 9. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 7) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Absatz 1 der Geschäftsordnung dem zuständigen Ausschuß überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der FDP betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages — Drucksache 94 — 2. Antrag der Fraktion der DP betr. Fahrpreisermäßigung für „Flüchtlinge B" — Drucksache 98 — 3. Antrag der Abgeordneten Günther und Genossen betr. Ausbau der Autobahn Köln-Aachen — Drucksache 109 — an den Ausschuß für Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß (f), an den Ausschuß für Verkehrswesen, an den Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen, an den Ausschuß für Heimatvertriebene an den Haushaltsausschuß (f), an den Ausschuß für Verkehrswesen Bonn, den 9. Dezember 1953 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung steht in vollem Umfang hinter der Idee des von der Fraktion der CDU/CSU vorgelegten Gesetzentwurfs, „weite Kreise des Volkes zugleich mit der Förderung des Baues sozialer Wohnungen mit dem heimatlichen Boden zu verwurzeln und ihnen den Erwerb von Grundeigentum zu ermöglichen", wie es in § 1 dieses Entwurfs formuliert worden ist. Sie hat dies in ihrer Regierungserklärung vom 20. Oktober 1953 dadurch dokumentiert, daß sie in den nächsten Jahren im Interesse der Stärkung eines gesunden Familienlebens in erster Linie den Bau von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen fördern will.


    (Bundesminister Dr. Preusker)

    Der Entwurf der CDU/CSU-Fraktion lag — das hat der Vorsitzende des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen, Herr Abgeordneter Lücke, vorhin bereits betont — schon dem ersten Bundestag vor. Eine Reihe seiner Anliegen ist bereits in der Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz, d. h. in der Neufassung des Ersten Wohnungsbaugesetzes vom 25. August 1953, berücksichtigt worden. Der unverändert eingebrachte Entwurf hat diesen Umstand nicht berücksichtigt, weil es ihm offenbar weniger auf die gesetzestechnischen Einzelheiten, als vielmehr auf das Prinzip der vorrangigen Förderung der Eigenheime für Familien angekommen ist.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig! Beschleunigung der gesetzlichen Arbeit!)

    Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch das Erste Wohnungsbaugesetz in seiner Neufassung vom 25. August 1953 die Frage der Sicherung des Vorranges der Schaffung von Einzeleigentum im Wohnungsbau nur ungenügend beantwortet hat. Es wird aber sehr genau zu überlegen sein und in dem Ausschuß geprüft werden müssen, ob der in dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Weg, bindend vorzuschreiben, daß Bund, Länder und Gemeinden ihre „für den sozialen Wohnungsbau bestimmten Mittel überwiegend zur Schaffung von Familienheimen zu verwenden" haben — § 1 —, das gesteckte Ziel am besten zu erreichen vermag. Die Fixierung einer derartigen Verpflichtung kann örtlich oder zeitlich entweder ein Zuwenig oder ein Zuviel bedeuten, denn man kann nun einmal trotz aller Wünsche, das Eigentum und das Eigenheim zu fördern, namentlich in Großstädten die Wohnform nicht erzwingen.
    Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß es dem Ziel des Gesetzentwurfs viel stärker entsprechen würde, die Eigenheimförderung unmittelbar mit der tatsächlichen örtlichen und zeitlichen Bereitschaft zur Schaffung von Eigenheimen bzw. Eigentumswohnungen in den Städten zu verknüpfen. Grundeigentum — das hat auch Herr Lücke in seinen Ausführungen betont — kann nur durch eigene Leistung, durch eigenen Verzicht auf manchen besonderen Wunsch, auf manche Neigung, kurz, wie er es sagte, durch Opfer und Sparen erworben werden, soll es seine volle soziale Rechtfertigung erhalten und in Zeiten ernster Belastungsproben seine politische Stabilisierungsfunktion zugunsten der Erhaltung der Freiheit und Unabhängigkeit erfüllen können.
    Wird daher eine solche eigene angemessene Sparleistung, ein solches persönliches Opfer zugunsten der Eigentumsbildung für die Familie erbracht, so ist es allerdings die feste Absicht der Bundesregierung, diese Leistung auch unter allen Umständen erfolgreich zum Ergebnis des Eigenheims oder der Eigentumswohnung zu führen.

    (Abg. Lücke: Sehr gut!)

    Sie hat hierfür bereits das Instrument des Wohnungsbausparprämiengesetzes zur Verfügung, das dem Eigenheim- oder Eigentumswohnungsparer zu seiner eigenen Leistung noch zwischen 25 und 35 % als Prämie hinzugewährt. Die Bundesregierung ist gewillt, dieses Sparprämiengesetz in seiner eigentumsfördernden Wirkung noch dadurch zu verstärken, daß sie den Sparern bei Erreichung einer bestimmten, etwa zwischen 17 und 19 % der Gesamtherstellungskosten liegenden effektiven Sparleistung die Priorität in der Bewilligung nachstelliger Förderungsmittel einräumt. Sie wird durch
    eine großangelegte Aktion alle Kreise der Bevölkerung, insbesondere unsere heranwachsende Jugend, aber auch die wohnungsuchenden jüngeren und älteren Ehepaare, zum selbstverantwortlichen einzelnen oder gemeinsamen Sparen für dieses schöne, in so außerordentlich weitgehendem Maße von ihr unterstützte und geförderte Ziel aufrufen.
    Sie wäre sehr froh, wenn sich dabei insgesamt ein Überwiegen der durch eigene Vorleistungen gerechtfertigten Anrechte auf Eigenheime oder Eigentumswohnungen ergeben würde. Die Bundesregierung glaubt aber, daß es der Erfüllung dieses von ihr sehr ernst verfolgten Wunsches dienlicher ist, nicht von vorfixierten Majoritätsbindungen für öffentliche Förderungsmittel, sondern unmittelbar von den durch intensive Aufklärung erreichbaren Einzelleistungen und Anstrengungen auszugehen.
    Das gleiche gilt für die Sicherung der erststelligen Finanzierung der Eigenheime oder Eigentumswohnungen. Der § 12 des Entwurfs sieht hier ebenfalls für die Kapitalsammelstellen und Sozialversicherungsträger feste gesetzliche absolute oder prozentuale Bindungen für die Anlage ihrer Mittel vor. Das Erste Wohnungsbaugesetz hat sich in dieser Hinsicht auf eine Ermächtigung beschränkt, weil es das notwendige Ziel einer fortlaufenden Kräftigung eines wieder voll funktionsfähigen Kapitalmarktes nicht stören wollte. Diese Ermächtigung brauchte bisher auch nicht angewandt zu werden, weil im Wege freiwilliger Vereinbarungen mit den Kapitalsammelstellen mit sehr gutem Erfolg eine noch weit höhere Finanzierungsleistung für den Wohnungsbau sichergestellt werden konnte.
    Die Bundesregierung hat diese freiwillige Vereinbarung mit den Kapitalsammelstellen am 2. Dezember 1953 für das Jahr 1954 erneuert. Dabei haben die Kapitalsammelstellen auf ausdrücklichen Wunsch der Bundesregierung zugesagt, im Jahre 1954 ihre besondere Aufmerksamkeit der Förderung von Einzeleigentum zuzuwenden. Zwang — darin werden wir, glaube ich, auch mit Herrn Lücke durchaus in Übereinstimmung sein — soll man nur dort gebrauchen, wo er zum Wohle der Gesamtheit unumgänglich geboten erscheint.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig!)

    Mit der Freiwilligkeit wird man auch in allen anderen Fällen ungleich mehr erreichen können. Für die Bundesregierung liegt kein Grund vor, an diesem Prinzip zu zweifeln; es hat sich bisher, wie besonders der überwältigende Wahlerfolg des 6. September eindrucksvoll unterstrichen hat, sehr gut bewährt. Die Kapitalsammelstellen haben sich, wie eben bereits betont, für das Jahr 1954 verpflichtet, der Förderung des Einzeleigentums ihre besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

    (Abg. Hansen [Köln] : Ohne Festlegung in Prozentsätzen!) -

    Die Bundesregierung wird sehr wachsam die Einhaltung dieser Verpflichtung beobachten.

    (Abg. Lücke: Sehr gut!)

    Sie sieht aber auf Grund der bisherigen Finanzierungsleistungen der Kapitalsammelstellen und im Rahmen ihrer gesamten Kapitalmarktförderungspolitik keinen Grund, dirigistische Maßnahmen zu verstärken.
    In der gleichen Richtung bewegen sich gewisse Bedenken, Typenpläne für die Eigenheime auf Landesbasis und im Austauschwege auf Bundesebene festzulegen. Die Absicht, auf diese Weise zu einer Verbilligung der Bauvorhaben beizutragen,


    (Bundesminister Dr. Preusker)

    wird aber durchaus positiv bewertet. Die Bundesregierung glaubt, durch die Förderung der allgemeinen Rationalisierung des Baugeschehens und eine vernünftige weitere Normung von Bauelementen diesem Ziel näherzukommen als durch die Inkaufnahme der Gefahr einer Uniformierung des Eigenheimbaues. Die Bundesregierung kann immerhin darauf hinweisen, daß es im Verfolg ihrer elastischen Maßnahmen gelungen ist, im abgelaufenen Jahr 1953 die Produktivität der Bauleistung um nicht weniger als 9 % in einem Jahr zu steigern. Das ist, wenn Sie die Möglichkeiten, Rationalisierungsmaßnahmen in irgendeinem Zweige der Wirtschaft durchzuführen, einmal durchdenken, eine außergewöhnliche Leistung. Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer Versuchs- und Vergleichsbauten im Jahre 1954 diese Bemühungen neben der Förderung des Wiederaufbaus in den zerstörten Stadtkernen in besonderem Maße auf die Verbilligung von Eigenheimbauten richten. Sie darf dabei auf die bisherigen Ergebnisse ihrer Untersuchungen verweisen, nach denen namentlich der Bau von zweigeschossigen Einfamilien-Reihenhäusern durchaus mit dem Bau mehrgeschossiger Mietwohnungsgebäude kostenmäßig zu konkurrieren vermag.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig!)

    Im Rahmen dieser ersten Lesung würde es zu weit führen, auf alle weiteren durch diesen Entwurf angesprochenen Probleme im einzelnen einzugehen, über die man im Ausschuß ausführlich sprechen muß. Ich nenne nur die verfassungsmäßig schwierigen Fragen von Eingriffen in das Verhältnis Bund-Länder-Gemeinden, die Frage des vorgeschlagenen Betreuungszwangs für Eigenheime, die Finanzierung von Erschließungsmaß, nahmen der Gemeinden aus Mitteln des sozialen Wohnungsbaus, die Folgerungen hinsichtlich der Steuer- und Gebührenbefreiungen, die ja eine wesentliche Bedeutung für die mehr oder weniger große Förderung von Eigenheimwohnungen haben werden.
    Es soll nochmals ausdrücklich betont werden: das Ziel des Entwurfs deckt sich mit den Plänen der Bundesregierung. Die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium für den Wohnungsbau hat es sich daher als Aufgabe gestellt, zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Voraussetzungen zur Erreichung dieses Ziels in einer Weise zu schaffen, die alle Schwierigkeiten dieses Entwurfs wirklich ausräumt, die darüber hinaus im Rahmen der im ganzen abgestimmten Gesamtkonzeption der Bundesregierung zu einer Regelung aller Wohnbaufragen führt, die aus einem Guß ist, den Zwang des Dirigismus weiter abbaut, die Bewilligungs-
    und Genehmigungsverfahren, insbesondere die sogenannte Kästchenwirtschaft, wesentlich vereinfacht und überdies verspricht, für eine längere Periode Bestand zu haben. Dieser Erfolg kann aber nach der Auffassung der Bundesregierung wohl weniger durch ein weiteres Sondergesetz erreicht werden, das ohne innere Verzahnung und Abstimmung neben und zum Teil gegen das Erste Wohnungsbaugesetz gestellt wird. Herr Lücke wies j a vorhin bereits darauf hin, daß die Realisierung des Familienheimgesetzes in der vergangenen Legislaturperiode deswegen so große Schwierigkeiten gemacht habe, weil die Konzeption des Ersten Wohnungsbaugesetzes vollkommen anders gewesen sei.
    Wenn man das jetzt als Sondergesetze nebeneinanderstellt, bleiben diese Unterschiedlichkeiten der Konzeption genau so bestehen, und das darf nach dem Willen der Bundesregierung nicht sein. Hier soll ein Guß und eine einheitliche Konzeption daraus werden, damit alle Bereiche der Wohnungsbaupolitik ohne Schwierigkeiten und ohne Hemmungen ineinandergreifen und ineinanderverzahnt werden.

    (Abg. Lücke: Das werden wir im Ausschuß besprechen!)

    Es ist deshalb die Absicht der Bundesregierung, nunmehr aus dem Ersten Wohnungsbaugesetz unter Einbau der wertvollen Gedanken dieses Entwurfs

    (Abg. Lücke: Da gehen wir nicht mit!)

    und des Wohnbausparprämiengesetzes ein in sich geschlossenes, ein einheitliches Wohnbaugesetz, d a s Wohnungsbaugesetz, entstehen zu lassen.

    (Abg. Lücke: Da trennen sich unsere Wege!)

    Dieses Gesetz wird also noch viel weiter gehen als der hier erneut vorgelegte Entwurf. Es soll eine Art Magna Charta des Wohnbaues in allen seinen Erscheinungsformen werden, wobei die Schaffung von Einzeleigentum, Eigenheimen oder Eigentumswohnungen für Familien im Rahmen der tatsächlichen, besonders geförderten Einzelsparleistungen nicht zu einem schematischen, sondern zu einem wohnungspolitisch viel wirksameren und sich ständig steigernden organischen Vorrang kommen soll.
    Dieses Ziel einer dauerhaften Magna Charta des Wohnungsbaues, eines widerspruchslosen Ineinandergreifens aller besonders wichtigen Maßnahmen — Eigenheimbau, Wiederaufbau zerstörter Stadtkerne und Versorgung der sozial besonders schwachen Schichten unseres Volkes mit Wohnungen und seine reibungslose Einordnung in die gesamte wirtschafts- und finanzpolitische Konzeption der Bundesregierung—dürfte es doch wohl wert sein, Herr Lücke, sehr ernst genommen zu werden. Es darf nicht so sehr darauf ankommen, w i e ein wertvolles Ziel erreicht wird. — Wir werden darüber im Ausschuß miteinander reden. — Es ist entscheidend, daß es in gerechter Abwägung aller zu berücksichtigenden Notwendigkeiten überhaupt und dazu möglichst schnell erreicht wird. Dazu wird nach der Auffassung der Bundesregierung viel eher das von ihr zur Zeit vorbereitete umfassende Wohnbaugesetz führen, das durch die tragende Idee dieses Entwurfs befruchtet wird, aber auch gleichzeitig seine Realisierung im Rahmen der Gesamtkonzeption der Bundesregierung gewährleistet.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP. — Abg. Lücke: Im Ziel sind wir einig; die Wege sind verschieden!)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Stierle.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Georg Stierle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es der Zweck des Entwurfes ist, weite Kreise des Volkes zugleich mit der Förderung des Baues sozialer Wohnungen mit dem heimatlichen Boden zu verbinden und ihnen den Erwerb von Grundeigentum zu ermöglichen, dann unterstützen wir diese Absicht. Wir fragen uns aber, ob alle die Maßnahmen, die Auflagen und die Vorschriften, die der Entwurf enthält, notwendig und zweckmäßig sind, um das gesteckte Ziel zu erreichen.
    In § 19 des Wohnungsbaugesetzes in der Neufassung vom 25. August 1953 ist nachdrücklich und


    (Stierle)

    klar festgelegt: Beim Neubau von Wohnungen ist in erster Linie der Bau von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Kaufeigenheimen zu fördern. Der Entwurf Drucksache 5 will, ohne auf diese Neufassung des Wohnungsbaugesetzes einzugehen,

    (Abg. Lücke: Ich habe gesagt: die Beratungen sind unterbrochen!)

    dem Bau sogenannter Familienheime eine besonders bevorzugte. Rolle zuweisen.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig!)

    § 2 enthält den Begriff des Familienheims. Es soll ein Wohnhaus mit Garten oder nutzbarem Land im Eigentum eines oder mehrerer Glieder der darin wohnenden Familie sein. Es ist nicht beeinträchtigend, wenn sich neben der Hauptwohnung noch eine Einliegerwohnung oder eine selbständige zweite Wohnung in diesem Hause befindet. Es soll als Einzelhaus, als Doppel- oder Reihenhaus gebaut werden können. In dem Entwurf heißt es, daß diese Einliegerwohnung von untergeordneter Bedeutung sein soll. Das legt die Vermutung nahe und enthält unter Umständen die Gefahr, daß der, der in dieser Einliegerwohnung wohnt, ein willkommenes Ausbeutungsobjekt des Eigentümers des Hauses sein wird, wenn er nicht zufällig Mitglied der Familie ist.

    (Abg. Lücke: Daran ist nicht gedacht!)

    Also schon hier sind Einwendungen zu machen, und es ist vorzusorgen, daß diese zweite Wohnung so gesichert wird, daß die erwähnte Möglichkeit überhaupt nicht gegeben ist.

    (Abg. Lücke: In dieser Beziehung ist das richtig!)

    Es wäre am besten, anzustreben, den Bewohner dieser zweiten Wohnung gegenüber dem Hausbesitzer in eine ähnliche Eigentumsstellung zu bringen.

    (Abg. Dr. Becker [Hersfeld]: Wenn er die will, kann er sie jetzt schon haben!)

    Der Berber um ein solches Familienheim muß dem Entwurf nach das Haus nicht selbst bewohnen. Er kann mehrere solcher Familienheime erwerben und an mehrere Familienmitglieder weitergeben. Der Begriff Familie ist in dem Entwurf außerordentlich weit gespannt. Der Eigentümer kann sein Heim frei und ohne Bindung verwerten oder veräußern.
    Nach § 9 Abs. 2 dieses Entwurfs ist es auch verboten, daß Dritte, die Familienheime auf Vorrat bauen und an zugelassene Bewerber veräußern, andere Bedingungen daran knüpfen als nur solche, die die Zahlungsweise und den Eigentumsübergang regeln. Sie können also damit keine bestimmten sozialen Bindungen – wie etwa Heimfallanspruch, Wiederkaufsrecht oder Vorkaufsrecht — verbinden. Ich darf daran erinnern, daß im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz die Wohnungsunternehmen ausdrücklich verpflichtet sind, solche Bindungen mit einzuarbeiten. Sollte also ernsthaft versucht werden, besondere Bedingungen zu untersagen, dann würde das bedeuten, daß das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden müßte.
    Nach den §§ 8 und 9 können die Bewerber selbst bauen, sich betreuen lassen oder von Dritten bereits erstellte Heime erwerben. Auch hier ist auf einen Gefahrenpunkt hinzuweisen. Dem Gesetzentwurf nach muß die Betreuung von den Organisationen staatlicher Wohnungspolitik, von privaten oder gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, von den Gemeinden oder Gemeindeverbänden erfolgen. Tun sie es nicht, dann wird ihnen angedroht, daß sie dafür entsprechend bestraft werden. Es wird ihnen dann gesagt: ihr bekommt künftig keine öffentlichen Mittel mehr zugewiesen, weil ihr euch dieser Aufgabe hier entzogen habt.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig!)

    Die Folge einer solchen Maßnahme wären unzählige Streitfälle und ebenso unzählige Verwaltungsklagen, wobei gar nicht zu übersehen wäre, wie sich die Dinge im einzelnen gestalten würden.
    Im § 9 ist die Errichtung solcher Familienheime durch Dritte vorgesehen. Im Abs. 2 dieses Paragraphen heißt es, daß diese Familienheime übereignet werden, wenn der Bewerber den bar zu zahlenden Teil des Erwerbspreises bezahlt hat. Gleichzeitig wird vorgesehen, daß den Bewerbern angemessene Zahlungsfristen eingeräumt werden sollen, die nicht über zehn Jahre dauern sollen. Nach unserer Meinung ist diese Frist viel zu weit gesteckt. Wir glauben, daß Mittel und Wege gesucht und gefunden werden müssen — etwa über die Zwischenfinanzierung und die Möglichkeit des Nachsparens für den Erwerber —, diese Frist etwa auf die Hälfte der Zeit — also etwa auf fünf Jahre — zu verkürzen.

    (Abg. Lücke: Jede Möglichkeit machen wir mit!)

    Ich darf daran erinnern, daß unser bei der Beratung des Ersten Wohnungsbaugesetzes gestellter Antrag, gerade den Bau von Eigenheimen zu fördern und dafür 200 Millionen DM extra zur Verfügung zu stellen, abgelehnt wurde. Jetzt kommen Sie zu ganz ähnlichen Vorschlägen, und wir hoffen, daß wir auf diesem Wege auch einig werden.

    (Bravo! in der Mitte.)

    In Abs. 4 des § 9 ist vorgesehen, daß die Wohnungsunternehmen verlängerte Fristen einräumen müssen, wenn dem Erwerber die Zahlung aus irgendwelchen Gründen unmöglich wird. Auch hier wäre zu prüfen, woher denn. die Wohnungsunternehmen die Mittel dafür überhaupt bekommen sollen.
    Schwergewicht des Entwurfs sind die Finanzierrungsvorschläge. Hier wird deutlich, welche besondere Rolle der Bau von Familienheimen künftig einnehmen soll. Soweit möglich, sollen alle Mittel nur hierfür verfügbar sein, und alle nur möglichen Erleichterungen sollen dem Bau solcher Familienheime zugute kommen: Steuer- und Gebührenbefreiungen usw. nach den §§ 19 und 20. 7c-Mittel sollen künftig überhaupt nur dann gegeben werden können, wenn sie für den Bau solcher Familienheime verwendet werden.
    Nun ist in § 1 Abs. 1 vorgesehen, daß Bund, Länder und Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet werden, die gemäß dem Ersten Wohnungsbaugesetz und dem Lastenausgleichsgesetz anfallenden Mittel für den sozialen Wohnungsbau überwiegend zur Schaffung von Familienheimen zu verwenden. Diese Bestimmung kann insbesondere in Großstädten .zu ganz erheblichen Schwierigkeiten führen. Dort liegen ganz andere Voraussetzungen als etwa in ländlichen Gebieten vor. Es wird wohl kein Zweifel darüber 'bestehen, daß in den Großstädten überwiegend der Bau mehrgeschossiger Mietwohnungen im Vordergrund stehen muß.

    (Abg. Lücke: Darüber besteht kein Zweifel!)



    (Stierle)

    — Wenn Sie, verehrter Kollege Lücke, sagen, daß darüber kein Zweifel besteht, dann erhebt sich natürlich für uns die Frage, ob dann auch noch das genügende Kapital für die Durchführung der notwendigen Aufgaben vorhanden sein wird,

    (Abg. Lücke: Das werden wir im Ausschuß im einzelnen beraten müssen!)

    nachdem doch nach den Absichten der Verfasser dieses Entwurfs so gut wie alle Mittel für den Bau solcher Familienheime verwandt werden sollen.

    (Abg. Lücke: Nein, überwiegend, nicht alle!)

    In Abs. 2 des § 1 wird noch ausdrücklich festgelegt, daß Wohnungen in Drei- und Mehrfamilienhäusern mit öffentlichen Mitteln nur gefördert werden sollen, wenn es sich um den Wiederaufbau, die Wiederherstellung, den Umbau oder die Erweiterung eines Gebäudes handelt. Beim Wiederaufbau — der hoffentlich weiterhin so intensiv vorangeht — sind wohl bald die eingeräumten Möglichkeiten ausgeschöpft. Vorsorglich ist in § 1 Abs. 2 des Entwurfs für Wohnungen in Neubauten vorgesehen, daß insbesondere diejenigen gefördert werden, die in der Rechtsform des Wohnungseigentums oder eines unbefristeten, Eigentum vertretenden Dauerwohnrechts erstellt werden. Der Bauherr, der diesen Grundsätzen nicht entspricht, mag dann sehen, wo er bleibt, bzw. er mag sehen, wo und wie er das Baukapital zusammenbekommt.
    Die öffentlichen Mittel sollen also überwiegend für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Ich frage — auch in Übereinstimmung mit vielen Kritikern dieses Entwurfes —, auf Grund welcher Unterlagen wird diese Forderung eigentlich erhoben? Wollen denn wirklich mehr als die Hälfte der Wohnungsuchenden ein Familienheim? Sind es 50, 60, 70 oder 80 % der Wohnungsuchenden, die ein solches Heim wollen, oder sind es nur 10 oder 20 %?

    (Abg. Lücke: Die Zahlen sind ja bekannt!)

    Darüber liegen nach übereinstimmendem Urteil aller Sachverständigen, die sich zu dieser Frage geäußert haben, keinerlei verläßliche Unterlagen vor. Sie stimmen darin überein, daß es eine der vordringlichsten Aufgaben der soziologischen Institute wäre, sich einmal daran zu machen, so schnell wie möglich zuverlässige Unterlagen hierüber zu erarbeiten.

    (Abg. Lücke: Einverstanden!)

    Aber wir müssen zugeben, bis jetzt haben alle Versuche, das zu fixieren, mehr oder weniger im Nebel herumgefischt. Ich darf daran erinnern, daß die Deutsche Angestelltengewerkschaft in Berlin eine sehr umfangreiche und sehr genau erarbeitete Umfrage veranstaltet hat. Danach äußerten sich von tausend Befragten 24,5 % dahin, im eigenen Haus wohnen zu wollen.

    (Abg. Lücke: Das war in Berlin!)

    — Nun, wir geben ohne weiteres zu, daß solche Befragungen örtlich oder bezirklich ein ganz verschiedenes Gesicht haben; aber um so notwendiger ist es, sie auf breitester Grundlage nun auch einmal zu erarbeiten.
    Anderswo lese ich in Untersuchungen und kritischen Stellungnahmen, daß 57 % Mietwohnungen etwa 40 % Eigentumswohnungen gegenüberstehen. Ich könnte daraus verhältnismäßig einfach schlußfolgern und sagen: wo ist denn eigentlich dieses unerträglich schlechte Verhältnis zwischen Mietwohnungen einerseits und Eigentumswohnungen andererseits? Ich erinnere mich an eine Bemerkung, die ein geschätzter Kollege aus diesem Hause mir gegenüber vor einiger Zeit machte gerade in bezug auf die Frage, wieviel Menschen, die heute in Mietwohnungen oder Genossenschaftswohnungen wohnen, in Einfamilienhäuser oder in Eigentumswohnungen wollen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich kann Ihnen sagen, das Ergebnis seiner Umfrage entsprach in keiner Weise den Zielsetzungen dieses Entwurfs, etwa dem Eigenheimgedanken. Warum also überwiegend die Mittel dafür verwenden, warum Anlagezwang für die Kapitalsammelstellen, die Hälfte ihrer Mittel für den sozialen Wohnungsbau der Finanzierung von Familienheimen zuzuwenden?

    (Abg. Lücke: Nur soweit nötig!)

    Wenn das tatsächlich gemacht werden sollte — es spielte schon einmal bei der Beratung des Ersten Wohnungsbaugesetzes eine Rolle und wurde damals von Ihnen abgelehnt —, dann würden wir sagen: gut, wenn die eine Hälfte dieser Mittel für den Bau von Familienheimen verwendet werden soll, dann soll die andere Hälfte für den ebenso notwendigen Bau von Mietwohnungen in den Zentren der Städte dienen, wo das nun einmal notwendig ist.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Warum die Verpflichtung der Sozialversicherungsträger, alle ihre Mittel, die sie für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen können, in Hypotheken für Familienheime anzulegen? Die Beiträge, die da zusammenkommen, sind von Arbeitern und Angestellten aufgebracht worden,

    (Abg. Lücke: Sehr richtig!)

    und alle haben Anspruch darauf, daß ihre Wohnbedürfnisse gleichmäßig gefördert werden ohne Bevorzugung eines bestimmten Types oder derjenigen, die etwa in der Lage sind, sich ein Familienheim leisten zu können.

    (Abg. Lücke: Die Gelder sollen den Sozialversicherten wieder zukommen!)

    Mit sehr massiven Mitteln wird versucht, das zu erreichen und zu sichern, was man als Ideal ansieht.
    In einer kritischen Äußerung zu diesem Entwurf wurde — ich glaube, mit Recht — gesagt, die gefährlichsten Gegner des Eigenheimgedankens sind nicht seine Feinde, sondern seine sektiererischen Freunde, die den Boden der Realität unter sich verloren haben. Ich glaube, daß das gar nicht so ganz unrecht ist. Aus den Äußerungen des Herrn Wohnungsbauministers haben Sie ja entnehmen können, daß er diesem Entwurf sehr vorsichtig und mit einer gewissen Zurückhaltung gegenübersteht.

    (Abg. Lücke: Das hat er nicht gesagt!)

    — Er hat gesagt, man solle alle Anstrengungen machen, um das, was an guten Ideen vorhanden sei, in ein einheitliches Gesetz einzubauen, das dann auch wirklich zur rascheren und reibungsloseren Abwicklung des Ganzen führe.
    Es ist zu fragen: was liegt denn überhaupt für ein Anlaß vor, etwa diejenigen, die in Mietwohnungen wohnen wollen oder wohnen müssen, zu diffamieren oder zu diskriminieren.

    (Abg. Lücke: Das geschieht nicht! Das ist nicht wahr!)



    (Stierle)

    — Das steckt zum Teil in diesem Entwurf.

    (Abg. Lücke: Das ist eine weitere üble Behauptung, die durch nichts zu belegen ist!)

    Man hat auch mit Recht gesagt, und der Herr Wohnungsbauminister hat es ja auch zumindest anklingen lassen,

    (Zuruf von der Mitte: Neue Koalition!)

    durch diesen Entwurf käme ein neuer Dirigismus in die Wohnungspolitik hinein, käme ein neues planwirtschaftliches Moment in die ganze Geschichte hinein,

    (Abg. Lücke: Da müssen Sie besonders besorgt sein!)

    und wir könnten uns ja darüber freuen, daß Sie eine solche Wandlung durchgemacht haben. Wundern Sie sich aber nicht, wenn wir Ihnen dann bei kommenden Gelegenheiten in Erinnerung rufen, wie Sie sich hier zu diesem Entwurf gestellt haben! Außerdem frage ich Sie: wie paßt denn das, was Sie hierbei verfolgen, in die doch immer stärker in Erscheinung tretende Linie hinein, die Wohnungspolitik zu liberalisieren? Das ist eine Sache, die Sie dann unter sich ausmachen können.

    (Abg. Lücke: Wir nennen unsere Marktwirtschaft soziale Marktwirtschaft!)

    Ich bin jedenfalls der Auffassung, daß auch die Kapitalsammelstellen und die Institute sich zunächst an die gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Auflagen halten müssen, die ihnen gemacht werden. Es liegen bereits schriftliche Äußerungen sowohl des Verbandes privater Hypothekenbanken als auch des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes vor, die sehr davor warnen, mit solchen Zwangsmaßnahmen und Anlageverpflichtungen zu kommen, Äußerungen, die darauf hinweisen, daß es in der Vergangenheit ganz gut gelaufen sei und wohl auch zukünftig so gehen könne.

    (Abg. Lücke: Wir gehen jeden Weg mit, der das Ziel erreicht!)

    In dem Entwurf sind an vielen Stellen Formulierungen enthalten, die unklar und strittig sind. In § 13 wird von einer „angemessenen Eigenleistung" gesprochen. Was ist hier nun angemessen? Wer legt das fest? Wird hier nicht der Auslegungspraxis ein weiter Spielraum eingeräumt? Wird hier nicht den Ämtern und Behörden die Möglichkeit gegeben, die Sache entweder zu forcieren oder zurückzudämmen?
    In § 14 heißt es, der Darlehnsbetrag solle nach der Größe der Wohnungen gegeben werden. Die Absicht, die dabei verfolgt wird, ist, auf diese Art und Weise den Bau möglichst großer Wohnungen zu erreichen.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig! Wir brauchen endlich vernünftige Wohnungen!)

    Darüber läßt sich streiten. Es ist sehr zu prüfen und durchaus fraglich, ob sich das bundeseinheitlich regeln läßt.

    (Abg. Lücke: Nein, aber entsprechend den Familien läßt sich das regeln!)

    In § 15 wird bezüglich der Instandhaltungskosten von Beträgen zwischen 0,75 und 1,25 DM gesprochen. Ich glaube, daß diese Beträge viel zu gering angesetzt worden sind, vielleicht in der Absicht, die Gestehungskosten und alles das möglichst günstig zu gestalten.
    In § 16 ist ebenfalls eine solche dehnbare Formulierung enthalten. Da wird von der „tragbaren Gesamtbelastung" gesprochen, da wird davon gesprochen, daß die Gesamtbelastung „auf die Dauer tragbar" sein muß, ferner von „voraussichtlich dauernd gesichertem Reineinkommen". Alles das sind Formulierungen, die so unklar sind und so verschieden ausgelegt werden können, daß im Ausschuß ernsthaft darüber beraten werden muß, was damit werden soll.

    (Abg. Lücke: Das habe ich ja einleitend gesagt!)

    In § 17 heißt es, daß diese Darlehen, die für den Erwerb solcher Familienheime gegeben werden können auch Zuschüsse sein können. Nur muß sich dann der Bewerber bereit erklären, mit der Hälfte des gemäß § 14 möglichen Darlehens zufrieden zu sein. Wenn er diesen Weg geht, will man nach dem Entwurf sogar darauf verzichten, daß für dieses Bauobjekt eine besondere Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt wird. Es sollen auch keine beschränkenden Bedingungen bezüglich des Eigenheims oder dessen Nutzung vorgesehen werden. Hier, glaube ich, liegt die Gefahr, daß Leute mit entsprechend hohem Einkommen mit Hilfe dieser Zuschüsse den Versuch machen, zu einem billigen Wohnungsbau zu kommen. Wir sind der Auffassung, daß das unter keinen Umständen ermöglicht werden sollte, daß Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln in dieser Weise nicht geleistet werden dürfen. Bei solchen Maßnahmen müssen wir in erster Linie die breite Schicht der kleinen Leute im Auge haben. Denen zu helfen, ist viel wichtiger, als denen Zuschüsse zu geben —, die sie ja nicht mehr zurückzuerstatten brauchen —, die von Haus aus so gut gestellt sind, daß sie nur mit der Hälfte des ursprünglichen Darlehensbetrages zufrieden sein können.

    (Abg. Lücke: Einverstanden!)

    Der § 18 sieht vor, daß die Baulanderschließung aus Mitteln des sozialen Wohnungsbaues gefördert werden muß.

    (Abg. Lücke: Nein, kann! Lesen Sie bitte richtig: Wenn die Gemeinden kein Geld haben!)

    Die Mittel der Gemeinden sind so jämmerlich gering, daß man unmöglich auch noch für diese Zwecke Geld aufwenden kann. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden bleibt dann kein anderer Weg übrig, als sich die Mittel auf dem Anleiheweg zu beschaffen.
    Ich habe in der Kürze der Zeit nur Weniges andeuten können, was zu diesem Entwurf kritisch zu sagen ist. Jetzt ist nicht die Zeit gegeben, und hier ist auch nicht der rechte Ort, die Sache eingehend zu besprechen. Dazu wird in den Ausschüssen Gelegenheit sein.
    Ich beantrage Überweisung dieses Entwurfs an die Ausschüsse für Wiederaufbau und Wohnungswesen, für Bau- und Bodenrecht und an den Sozialpolitischen Ausschuß. Dort werden wir anstreben, daß Einseitigkeiten und Bevorzugungen vermieden werden. Dann soll in klärender Diskussion versucht werden, zu erreichen, daß sich alle, die durch den sozialen Wohnungsbau zu einer ordentlichen Wohnung kommen wollen, soweit das überhaupt möglich ist, für diejenige Wohnform entscheiden können, die ihrem Lebensstil am besten entspricht und für die sie auch die notwendigen Opfer zu tragen


    (Stierle)

    bereit und in der Lage sind. Ich hoffe, daß wir in dieser Ausschußarbeit die reinigende Diskussion haben werden.

    (Beifall bei der SPD.)