Rede von
Dr.
Theodor
Oberländer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über die Lastenausgleichsbank, der dem Hohen Hause heute zur Beratung in erster Lesung vorliegt, bringt eine Entwicklung zum Abschluß, die mit der Gründung der Vertriebenenbank Aktiengesellschaft am 12. Mai 1950 begonnen hat. Diese Gründung entsprach einem seit langer Zeit gehegten Wunsche der Vertriebenen, der wirtschaftlichen Situation dieses Personenkreises bei der Bildung der Bundesregierung im Herbst 1949 und der Entwicklung der Gesetzgebung über den Lastenausgleich. Die Tatsache, daß Kredite an Vertriebene infolge des mangelnden Eigenkapitals und der wiederum daraus sich ergebenden Unmöglichkeit ausreichender Kreditsicherung besonders risikobehaftet sind, hatte dazu geführt, daß es für die Unternehmen Vertriebener nahezu unmöglich war, die Kredithilfe zu finden, die für den Fortbestand neu gegründeter selbständiger Betriebe oder ihre organische Entwicklung oder auch für die Errichtung solcher Betriebe unbedingt notwendig war. Der Bundesvertriebenenminister stand vor der Notwendigkeit, ein besonderes Kreditinstitut zu errichten, weil die bestehenden Banken sich nicht in der Lage sahen, derart risikobehaftete Bindungen einzugehen, wenn sie nicht die Möglichkeit fänden, sich an ein Institut anzulehnen, das ihnen das Risiko ganz oder zum größten Teil abnahm. Andererseits wäre es falsch gewesen, eine neue Geschäftsbank zu errichten und damit den vorhandenen Bankapparat auf diesem Sektor zu erweitern. Die Errichtung der Vertriebenenbank Aktiengesellschaft füllte also eine Lücke aus, die auf andere Weise nicht ausgefüllt werden konnte.
Der Bundesvertriebenenminister war im Zeitpunkt der Errichtung dieses Institutes schon der Überzeugung, daß es wahrscheinlich zweckmäßig wäre, das Institut sofort in öffentlich-rechtlicher Form zu gründen. Die gebotene Beschleunigung bei der Errichtung zwang aber zur Gründung in Form der Aktiengesellschaft, weil der Weg zur Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt nur über die Legislative führte und hierzu eine relativ lange Zeit erforderlich gewesen wäre. Die sehr schnelle Entwicklung des Instituts, insbesondere die Übertragung weiterer Aufgaben durch das Hauptamt für Soforthilfe, ließ es angebracht erscheinen, dem Drängen des Bundesrechnungshofs auf Umwandlung in die öffentlich-rechtliche Form nachzugeben und damit dem Parlament das Gesetz vorzulegen, das Sie zu beraten haben.
Im einzelnen ist zu dem vorliegenden Gesetzentwurf folgendes in Kürze auszuführen. Die in § 1 niedergelegte Bezeichnung des Zweckes der Errichtung der Bank lehnt sich an die Präambel des Lastenausgleichsgesetzes an. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, daß in dem Institut im wesentlichen der Personenkreis betreut werden soll, der auch im Lastenausgleichsgesetz begünstigt wird. Die Kapitalausstattung des Instituts erfolgt nach § 2 in Höhe von 3 Millionen DM aus dem Vermögen der gemäß § 16 zu übernehmenden Bank für Vertriebene und Geschädigte Aktiengesellschaft und in Höhe von 22 Millionen
DM aus Mitteln des Ausgleichsfonds. Das zu übernehmende Kapital der Lastenausgleichsbank Aktiengesellschaft stammt aus dem ERP-Sondervermögen. Bei den 22 Millionen DM des Ausgleichsfonds handelt es sich nicht um neue Mittel des Ausgleichsfonds, sondern um einen Teil derjenigen Liquiditätsmittel, die das Bundesausgleichsamt der Bank bereits seit langer Zeit zur Verfügung gestellt hat. Hierdurch wird also eine Inanspruchnahme der Liquidität des Ausgleichsfonds vermieden. Der Gesetzgeber hat diese geplante Beteiligung schon in § 323 Abs. 4 des Lastenausgleichsgesetzes vorgesehen, indem er dort bestimmte, daß sich der Ausgleichsfonds an öffentlich-rechtlichen Anstalten der Bundesrepublik bis zur Höhe von 30 Millionen DM beteiligen darf. Daß die Lastenausgleichsbank bei einer Bilanzsumme, die am 31. Dezember 1952 schon 760 Millionen DM betrug und am Schluß des laufenden Geschäftsjahres etwa 1 1/2 Milliarden DM betragen wird, unbedingt erforderlich ist, bedarf keiner weiteren Ausführung.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Bestimmung des § 4 Abs. 3, nach, der das Institut grundsätzlich als Bank der Banken arbeitet und seine Mittel über Kreditinstitute an den letzten Kreditnehmer leitet. Nur in begründeten Ausnahmefällen ist mit Zustimmung des Verwaltungsrats eine unmittelbare Kreditgewährung zugelassen.
Die Vorschriften über die Organe der Bank entsprechen der Regelung bei ähnlichen öffentlich-rechtlichen Instituten.
Zum Verwaltungsrat, der in § 7 behandelt ist, darf ich bemerken, daß unter Berücksichtigung einer ausgewogenen Vertretung aller an den Aufgaben der Bank interessierten Stellen darauf geachtet werden mußte, daß die Bundesregierung und die Bundesländer einen hinreichenden Einfluß auf die Bank unterhalten. Der Verwaltungsrat sieht 23 Obligatorische und 7 fakultative Mitglieder vor. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats soll personengleich mit dem Präsidenten des Bundesausgleichsamts sein, eine Bestimmung, die sich fast zwangsläufig aus der Tatsache ergibt, daß der Ausgleichsfonds in Zukunft den überwiegenden Anteil am Kapital haben wird und daß auch überwiegend die Mittel des Ausgleichsfonds über die Bank geleitet werden. Bei dem. Umfang des Verwaltungsrats ist die Möglichkeit vorgesehen, einzelne Befugnisse auf Ausschüsse zu übertragen.
In § 13 wird bestimmt, daß die Bank der Aufsicht der Bundesregierung unterstellt ist und daß diese die Aufsicht einem Bundesminister übertragen kann. Ferner ist vorgesehen, daß der aufsichtführende Bundesminister mit Zustimmung der Bundesregierung einen Kommissar ernennt, dem wie in ähnlich gelagerten Fällen weitgehende Befugnisse zustehen.
Der Gesetzentwurf sieht in § 14 die Freistellung der Bank von der Vermögensteuer, der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und Erleichterungen bei der Wertpapiersteuer und bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen vor.
Der Entwurf hat auch dem Bundesrat vorgelegen, der am 24. April beschlossen hat,, einige Anderungen vorzuschlagen, im übrigen Einwendungen nicht zu erheben. Der Bundesrat hat der Ansicht Ausdruck verliehen, daß das Gesetz seiner Zustimmung bedarf.
Die Bundesregierung hat sich den Änderungsvorschlägen des Bundesrates nicht angeschlossen.
226 2. Deutscher Bundestag — 8: Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1953
Ich bitte das Hohe Haus, von dem Entwurf in erster Lesung Kenntnis zu nehmen und ihn zur .weiteren Behandlung dem zuständigen Ausschuß zu überweisen.