Rede von
Georg
Pelster
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Kollege Professor Gülich, das letzte hätten wir uns eigentlich sparen können.
Es ist ja nicht wahr, daß den Rentenempfängern alles abgelehnt worden ist, wie es hier behauptet wurde, sondern auf Grund der Verordnung vom 16. September werden die Beträge bezahlt, die auch im Vorjahr gezahlt wurden, dazu noch mit einer Erhöhung und an einen weit größeren Kreis von Empfängern als im vorigen Jahr.
Auf der anderen Seite stimmt nun folgendes wirklich, Herr Professor: Alle Jahre wieder haben wir auch diesen Antrag: 1949 Antrag aus den Reihen der Rechten: 300 DM. Das Haus hat beschlossen: 300 DM sollen steuerfrei sein. — Verhandlungen mit den Finanzministern. — Vermittlungsausschuß. Ergebnis : 100 DM werden steuerfrei gezahlt. — Im folgenden Jahr ein Antrag aus denselben Reihen: 200 DM. — Das Haus hat beschlossen: 200 DM. — Verhandlungen mit den Landesfinanzministern. — Nein, es bleibt bei 100 DM steuerfreier Weihnachtszulage, und man hat sich damit zufrieden gegeben.
— Diesmal werden wiederum 200 DM beantragt; Herr Kollege Miessner, auf Ihren Eventualantrag komme ich noch. Die Dinge liegen jetzt so: Wir haben den 10. Dezember. Das Haus geht in die Ferien. Der Bundesrat wird noch tagen. Glauben Sie, daß er jetzt, nachdem die Dinge zweimal so verlaufen sind, ja sagt? Nein, er wird den Vermittlungsausschuß anrufen. Das wird Mitte Januar, und dann läuft die Sache den Gesetzgebungsweg; damit ist die Zeit, die im Gesetz für die Zahlung von Weihnachtsgratifikationen festgelegt ist, ab- gelaufen. Das müssen wir doch dabei berücksichtigen.
Dann ist doch auch eines nicht richtig, nämlich daß man sagt, andere haben Vergünstigungen bekommen. Nachdem zweimal diese Verhandlungen. — um 200 und 300 DM — stattgefunden hatten, hat man sich mit übergroßer Mehrheit entschlossen, die Dinge im Gesetz unter Nr. 15 des § 3 zu verankern. Zu gleicher Zeit haben wir in demselben § 3 festgelegt, daß bei Eheschließung Zuwendungen bis zum Betrage von 500 DM und bei Geburten in der Familie in jedem Falle Zuwendungen bis zu einer bestimmten Summe steuerfrei sein sollen. Das und einige Dinge mehr haben wir eingefügt. Wir haben dazu gesagt, dieser Streit soll endgültig durch eine Festlegung auf 100 DM begraben werden. Nun bitte ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, doch auch daran zu denken, daß Millionen und aber Millionen — Herr Professor Gülich war so freundlich, die Zahlen von 32, 20, 25 und 28 DM als Weihnachtsgratifikation zu nennen — sowieso schon steuerfrei sind. Es gibt auch Grenzen darüber; das ist richtig, Herr Professor Gülich. Sie werden auch, Herr Miessner, wie ich Briefe bekommen haben. Bezeichnend war ein Brief einer Dame, die aus West-Berlin ganz kurz und lapidar geschrieben hat:
Ich bin Tbc-krank. Mir stehen zur Verfügung 40 DM für Wohnung, 52 DM für Lebensunterhalt, 20 DM Pflegezulage, im Winter 10 DM mehr. Das zur Beurteilung der Erhöhung der Steuerfreigrenze auf 200 DM. Repressalien fürchtend, aber nicht achtend, zeichne ich mit vollem Namen
Hochachtungsvoll.
Es folgt dann die Unterschrift. — Sehen Sie, da müssen wir noch vieles tun. Die Lasten, die immer wieder von neuem auf uns zukommen, haben uns noch nicht dazu kommen lassen.
Es ist manches im Werden. In den vergangenen vier Jahren ist auch die Rentenfrage immer wieder von neuem aufgegriffen worden, und es sind Erhöhungen vorgenommen worden.
Es wird nun gesagt, diese Grenze macht bei , 200 DM 2,52 DM Steuer aus. Ich weiß nicht, ob es
dann notwendig ist, dafür ein besonderes Gesetz zu machen, um das jetzt zu ermöglichen. Derjenige, der diese 200 DM zu einem vollen Gehalt bekommt, wird sich wegen dieser 2,52 DM nicht groß erregen. Er freut sich, daß ihm immer noch 197, 50 DM verbleiben. Demgegenüber muß man berücksichtigen, was eine ganze Menge anderer Leute an Einkommen haben. Ich könnte Ihnen ganz große Gruppen der Arbeiter nennen — ich denke an die Tabakarbeiter usw. —, die noch bei 48-stündiger Arbeit sehr häufig mit 5 und 6 Kindern nicht einmal das an Lohn haben. Auch das wollen wir dabei sehen. Dort wurde die Erhöhung der Steuerfreigrenze ab 200 DM ein bitteres Gefühl auslösen.
Dann erinnere ich daran, daß eine Verteilung dieser 200 DM, wenn sie gezahlt werden, auf zwölf Monate möglich ist. Daraus ergibt sich durchweg bei zwei, drei oder vier Kindern eine Freigrenze, daß selbst bei 200 DM keine Steuern mehr bezahlt werden. Auch das sollten wir bei der Beurteilung zu Rate ziehen, wenn wir eine Entscheidung über diese Frage treffen.
Nun, Herr Kollege Miessner, zu Ihrem Eventualantrag. Ich bin bestimmt derjenige, der den kinderreichen Familien helfen will. Es wurde schon immer und wird auch noch sehr lebhaft darüber Klage geführt daß das ganze Gesetz Gott weiß wie verklausuliert ist. Jetzt stehen die Weihnachtsgratifikationen noch mit einem Betrag drin. Wenn sie aber in Zukunft mit sechs Beträgen drinstehen, dann wird die ganze Sache immer unübersichtlicher. Im großen und ganzen sind diese Menschen bei fünf Kindern und bei einem regulären Einkommen sowieso auch bei 200 DM Zuwendung schon steuerfrei, vielleicht auch noch bei einer größeren Summe. Darum sollte man diese Dinge jetzt nicht einführen, zumal damit zu rechnen ist, daß die Finanzminister — wir haben das in der letzten Zeit doch immer wieder erlebt, wenn Belastungen auf die Länder zukamen — nein sagen, den Vermittlungsausschuß anrufen, und wir dann vielleicht Mitte Februar mit der Frage fertig sind.
Ich bitte deshalb, dem Ausschußantrag zuzustimmen. Ich darf Ihnen als Mitglied des Steuerausschusses versichern, daß wir die Frage von allen Seiten beleuchtet und beurteilt haben und zu dem Beschluß gekommen sind, die Dinge so zu lassen, wie sie sind.
Man soll nicht von „sagenhaft" reden. Wir haben es ja selber mit in der Hand, indem wir die Arbeit ein bißchen organisch einteilen, daß auch die große Steuerreform sehr schnell auf uns zukommt. Daß diese nicht die Abschaffung aller Steuern bedeutet, darüber sind wir uns klar. Sie kann aber eine organische Ordnung herbeiführen. Es ist dann möglich, dabei auch diese Dinge, die in § 3 stehen, zu ändern und neu zu ordnen.
Angesichts der Tatsache, daß das Weihnachtsfest vor der Tür steht und Millionen und aber Millionen, ich möchte sagen, die überwältigende Mehrheit der Arbeitnehmer mit mehreren Kindern selbst mit 200 DM sowieso schon steuerfrei sind, bitte ich Sie, diese Dinge nicht zu machen. Wenn dann — Sie, Herr Kollege Miesner, haben es an drei Betrieben in Ost, Süd und West ausgerechnet — der Durchschnitt wirklich 2,52 DM ist, sollten wir dafür kein Gesetz ändern.
Ich bitte, dem Ausschußantrag zuzustimmen.