Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist so viel von Steuer ,gesprochen worden; ich stehe aber unter dem Eindruck, daß die Redner in der Steuersystematik nicht bewandert sind. Sie könnten sonst nicht die Behauptung aufstellen, die Konsumgenossenschaften würden steuerlich begünstigt.
Für die Ertragsbesteuerung der Konsumgenossenschaften, meine Damen und Herren, gelten die allgemeinen steuerlichen Vorschriften, und danach unterliegen alle Warengenossenschaften der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer vom Ertrag und dem Notopfer Berlin.
— Warten Sie mal ab, wir kommen auch, noch auf den Ertrag zu sprechen.
— Das glaube ich nicht. Das können Sie zum Schluß sagen, aber jetzt nicht, Herr Kollege Stücklen.
Die einzige Sondervorschrift für alle Warengenossenschaften, nicht nur für die Konsumgenossenschaften, enthält § 36 der KörperschaftsteuerDurchführungsverordnung, der den Abzug der Rückvergütungen regelt, und danach kann die Rückvergütung steuerlich nur abgezogen werden, soweit sie im Mitgliedergeschäft erwirtschaftet wird.
Aus Fremderträgen, also Nichtmitglieder-Geschäften erwirtschaftete Erlöse sind voll körperschaftsteuerpflichtig. Wird eine höhere Rückvergütung ausgeschüttet, als der Überschuß aus dem Mitgliedergeschäft beträgt, wird also die sogenannte Abzugsgrenze überschritten, dann ist insoweit Kapitalertragsteuer zu entrichten,
und im Falle ungekürzter Auszahlung dieses überschrittenen Betrages wird die Kapitalertragsteuer
mit dem Höchstsatz, nämlich mit 33 1/3 % erhoben.
Wenn Sie dazu nun den vollen Körperschaftsteuersatz nehmen, werden Sie feststellen, daß diese Steuer prohibitiv wirkt, daß also überhaupt keine Überschüsse über das Mitgliedergeschäft hinaus ausgeschüttet werden können, weil das steuerlich Unsinn wäre.
Im übrigen ist die Rückvergütung keine Steuervergünstigung, denn sie gehört steuerlich zu den Betriebsausgaben im Sinne des Einkommensteuerrechts.
— Ja, meine Damen und Herren, wenn Sie meinen, darüber lachen zu sollen, dann müssen Sie die Systematik des Steuerrechts ändern. Dafür sind die Konsumgenossenschaften ja nicht verantwortlich;
denn diese Rückvergütung wird nach dem Umsatz bemessen. Sie stellt also steuerlich gesehen, eine nachträgliche Senkung der Betriebsspanne dar und nichts anderes. Wenn Sie einmal den § 28 des Tabaksteuergesetzes nachlesen, dann werden Sie feststellen, daß es da ebenso verboten ist, Rückvergütungen zu gewähren wie Rabatte.
Damit kommen wir nämlich auf den Kern der Sache, denn damit wird die Rückvergütung ertragsteuerlich gesehen, den Rabatten, Boni usw. gleichgestellt. Sie werden nicht behaupten wollen, daß Rabatte schon jemals steuerlich erfaßt worden sind. Sie sind als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig gewesen.
Jede Ertragsminderung wirkt steuerertragsmindernd. Das liegt nun einmal im Wesen der Ertragsbesteuerung. Die Rückvergütung ist Gewinnverzicht und kann daher steuerlich niemals mit Unternehmergewinn gleichgestellt werden. Steuervergleiche, die auf solcher Gleichsetzung beruhen, sind eben nicht vertretbar.
Wie wird denn nun die Rückvergütung beim Empfänger behandelt? Auch diese Frage sollte einmal interessieren. Wenn ein Genosse, z. B. eine Firma, sagen wir eine Einkaufsgenossenschaft, eine Rückvergütung erhält, so mindert diese Rückvergütung nachträglich die Bezugskosten, erhöht den zu versteuernden Gewinn und wird erfaßt. Erhält dagegen eine Hausfrau, die Genossenschaftsmitglied ist, die Rückvergütung, dann verbilligen sich dadurch ihre Lebenshaltungskosten. Ich habe noch nie gehört, daß eine Verbilligung der Lebenshaltungskosten zu einer Steuerpflicht führen müßte. Im Ausland hat man die gleiche steuerliche Regelung. In den Vereinigten Staaten, in denen die Rechtsprechung in dieser Hinsicht sehr stark ausgebildet ist, ist unter anderem gesagt worden: Die Rückvergütungen stellen Ersparnisse der Mitglieder dar.
Nun lassen Sie mich zum Schluß noch einen wirklich sehr unverdächtigen Zeugen apostrophieren. Der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums hat in seinem Bericht zur Frage einer organischen Steuerreform Seite 29 folgendes gesagt — gestatten Sie, Herr Präsident, daß ich das wörtlich zitiere —:
Die derzeitige Regelung der Genossenschaftsbesteuerung ist mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß Rückvergütungen und Nachvergütungen, die 5 % der Umsätze des Mitglieds bei der Genossenschaft übersteigen, körperschaftsteuerpflichtig sind, da es nicht Sinn und Zweck einer Genossenschaft ist, möglichst hohe Rückvergütungen an ihre Mitglieder auszuschütten.
Damit wir die Möglichkeit haben, diese steuerliche Frage zu regeln, sollte uns die Frist bis zum 30. Juni eingeräumt werden.