Exzellenz Mr. Speaker! ) Namens des Deutschen Bundestages danke ich Ihnen für die Ansprache, die Sie an uns gerichtet haben. Wir sind glücklich darüber, in Ihnen den Vertreter der legislativen Gewalt Ihres großen Volkes bei uns begrüßen zu dürfen.
Sie haben uns daran erinnert, daß der Deutsche Bundestag hinsichtlich seines Alters und seiner Erfahrung nicht den Vergleich mit Ihrem Parlament aushalten kann. Das ist historisch gesehen zweifellos richtig. Aber auch wenn die Entwicklung der Demokratie bei uns andere Wege gegangen ist als bei Ihnen und wenn sie oft genug in verhängnisvoller Weise unterbrochen worden ist, haben wir doch die Aufgabe, an die guten Traditionen unseres politischen Lebens anzuknüpfen. Darum haben wir mit Freude gehört, daß Sie in so positiver Weise des Beitrags gedacht haben, den die deutschen Menschen im Kampf um die Freiheit Ihres Volkes und für den volklichen und industriellen Aufbau Ihres Staates geleistet haben. Gerade als ein Parlament mit einer geringen Tradition werden wir uns der Kräfte zu erinnern haben, die unser Volk zum Ringen um die Freiheit und das Recht in der Welt beizutragen hat. Am Tage der Vereinten Nationen ist daran erinnert worden, daß die Deutschen in ihren besten Vertretern ein weltbürgerliches Gefühl entwickelt haben. Es zu pflegen und es zum Einklang mit den gleichen Kräften anderer Völker zu bringen, ist unsere Aufgabe und unser Wunsch.
Ihre Anwesenheit in diesem Hause gibt uns erneut die erwünschte Gelegenheit, Ihrem Volk den Dank für alles das auszusprechen, was an Hilfe in den vergangenen Jahren für uns von Ihnen geleistet worden ist.
Sie haben an den erstaunlichen Unterschied -erinnert, der seit dem Zusammentritt des ersten
Deutschen Bundestages bis heute in unserem Volk
sichtbar geworden ist. Wir wissen, daß zu diesem
Wandel manche Hilfe beigetragen hat, die durch
die Organe und aus den Mitteln Ihres Staates geleistet worden ist. Gerade weil in dieser Hilfe eine
grundsätzlich andere Einstellung gegenüber einem
besiegten Volk sichtbar geworden ist, als sie bisher
in der Welt die Regel bildete, haben wir diese
Unterstützung mit großer Dankbarkeit erfahren.
Unser Dank gilt aber in besonderer Weise den zahllosen Bürgern Ihres Staates, die in den Jahren der größten deutschen Not durch ihre Spenden und Opfer uns nicht nur geholfen, sondern in eigentlichem Sinne des Wortes Tausende und Zehntausende von Menschen geradezu vor dem Verhungern bewahrt haben.
Gerade weil diese Hilfe nach dem grausamsten Kriege der Geschichte in einer durch Haß zerrissenen Welt stattfand und weil ihr Antrieb nicht nur ein politisches Ziel war, sondern aus wirklicher Menschlichkeit entsprang, ist sie unserem Volke besonders eindrucksvoll gewesen, und gerade darum hat sie auch eine politische Bedeutung erlangt.
Sie haben, Mr. Speaker, zwei Fragen erwähnt, die uns besonders am Herzen liegen müssen. Sie haben gesagt: „Wir wollen ein vereinigtes Deutschland, ein vereinigtes Deutschland, in dem das Volk regiert, ein Deutschland, das sein neues Geschick im Glanze des Friedens erstrebt." Wir nehmen dieses Wort auf, weil es unserer Zielsetzung, unserer gemeinsamen Zielsetzung in diesem Parlament des deutschen Volkes entspricht. Die Wiederherstellung der deutschen Einheit ist für uns weder ein phantastisches noch ein imperialistisches Ziel. Sie ist für uns eine Lebensnotwendigkeit, weil wir nicht unseren Beitrag zum Frieden und zur Freiheit in der Welt leisten können, wenn ein großer Teil. des deutschen Volkes daran gehindert ist, sein politisches Geschick in Freiheit zu bestimmen und so zu leben, wie die freien Völker es für unumgänglich halten.
Wir wollen aber auch darum die deutsche Einheit, weil ihr Nichtbestehen eine der ernstesten Gefährdungen des Friedens in der Welt ist. Darum sind wir dankbar, daß Sie in so eindrucksvoller Weise den Willen Ihres Volkes zum Frieden bekundet haben.
Wir sind mit Ihnen und Ihrem Volke darüber einig, daß all unsere politischen Bemühungen der Erhaltung dieses Friedens dienen müssen. Wir sind aber auch mit Ihnen der Meinung, daß es einen Frieden in der Welt nicht geben kann, wenn es nicht einen Ort und Hort der Freiheit in der Welt gibt.
Das heißt nicht — und auch für diese Feststellung
danken wir Ihnen —, daß wir anderen die Prinzipien unseres Lebens aufzuzwingen wünschen,
wenn sie sieh in Freiheit für andere Lebensformen
entscheiden. Es heißt aber, daß wir dieses Recht,
unser Leben selbst zu bestimmen, für uns in Anspruch nehmen, und zwar für unser ganzes Volk.
Wir wissen, daß die Freiheit unteilbar ist. Es mag sein, daß die Formen ihrer Realisierung wechseln und auch je nach den Besonderheiten der Völker sich unterscheiden. Es gibt sicher auch kein für immer und alle Zeiten gültiges Rezept der Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk. Auch wir sind in unserem parlamentarischen Leben an der Arbeit, die für unser Volk und unsere Zeit geeigneten Formen eines solchen Lebens zu entwickeln. Wir wollen und können das nicht allein aus unseren Erkenntnissen und Überlegungen heraus tun. Wir wollen die Erfahrungen anderer Völker, die auf eine lange demokratische Geschichte zurückblicken, benutzen. Darum sind uns die Begegnungen mit den Vertretern solcher Völker nicht nur eine Freude, sondern eine Bereicherung in unserem politischen Denken und Handeln.
Nehmen Sie, Mr. Speaker, die Versicherung entgegen, daß gerade unter diesem Gesichtspunkt der gegenseitigen Hilfe der freien Völker bei der Gestaltung ihrer Lebensformen uns Ihr Besuch eine besondere Freude ist. Wir wissen uns dem großen amerikanischen Volke zutiefst verbunden.
Ich bitte Sie, dem Parlament, als dessen Sprecher Sie uns besucht haben, die Grüße des Deutschen Bundestages zu übermitteln. Wir wünschen Ihrem großen Volke, daß es seine Aufgabe, die es in der Welt heute zu erfüllen hat, zum Segen aller freien Völker und zur Sicherung des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit in der Welt erfüllen kann.
Meine Damen und Herren, wir treten damit in die Tagesordnung der heutigen Sitzung ein. Bevor wir in der Aussprache über die Regierungserklärung fortfahren, haben wir einige Punkte hinsichtlich Wahlen zu erledigen, zunächst den Punkt 1:
Wahl der Mitglieder des Wahlprüfungsausschusses.
Ihnen liegt vor die Drucksache 34 mit einem gemeinsamen Vorschlag der Fraktionen des Hauses über die Wahl der Mitglieder Ides Wahlprüfungsausschusses. Da ein gemeinsamer Vorschlag vorliegt, kann insgesamt darüber abgestimmt werden. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Vorschlag Drucksache 34 —auch wenn ich darauf verzichte, die Namen im einzelnen vorzulesen — zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich stelle fest, daß diese Wahl einstimmig erfolgt ist.
Ich komme zu Punkt 2:
Wahl der Mitglieder kraft Wahl des Richterwahlausschusses gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes.
Ihnen liegt vor die Drucksache 35. Nach dem Wortlaut dies Richterwahlgesetzes muß die Wahl nach den Prinzipien des Verhältniswahlsystems erfolgen. Ihnen liegen zwei. Vorschläge vor, die auf der Drucksache 35 abgedruckt sind, erstens der Vorschlag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/ BHE, DP und zweitens der Vorschlag der Fraktion der SPD. Ich dart Sie bitten, ihr Kreuz in dem Kreis anzubringen, der zu dem Vorschlag gehört, den Sie zu wählen wünschen. Darf ich fragen, ob Sie sich alle im Besitz dieses Wahlzettels befinden. — Ich bitte die Herren Schriftführer, die Zettel einzusammeln. Für die Berliner Abgeordneten steht
eine Urne hier vorne bereit; ich bitte, freundlichst davon Gebrauch zu machen.
Darf ich fragen: Ist die Einsammlung der Stimmzettel beendet? Sind noch Abgeordnete vorhanden, die ihre Stimme abzugeben wünschen? — Das ist offenbar nicht der Fall. Ich bitte, die Stimmzettel, die noch nachkommen, bei den Herren Schriftführern abzugeben.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, daß wir jetzt die Punkte 4 ff. der Tagesordnung erledigen, zunächst den Punkt 4:
Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Ausschusses nach .Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Drucksache 37).
In Ziffer 1 handelt es sich darum, die für den Vermittlungsausschuß während der Legislaturperiode des ersten Bundestages beschlossene Geschäftsordnung durch den Bundestag auch für die zweite Wahlperiode zu beschließen.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Beschluß hinsichtlich der Geschäftsordnung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Die Geschäftsordnung ist vom Bundestag beschlossen.
Ich komme zu den Ziffern 2 und 3, zunächst dem Beschluß, den Stellenanteil der Fraktionen nach dem Verfahren d'Hondt zu berechnen, und dann dem Vorschlag für die Mitglieder des Vermittlungsausschusses. Für diesen Vermittlungsausschuß liegt wiederum ein gemeinsamer Wahlvorschlag der Fraktionen unter Ziffer 3 vor.
Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen der Drucksache 37 zu 2 und 3 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist einstimmig.
— Wer ist dagegen? — Wenn ich recht sehe, die Fraktion der Deutschen Partei. Enthält sich jemand?
— Bei einigen Enthaltungen. Also, meine Damen und Herren, ich stelle fest, daß die Mitglieder des Vermittlungsausschusses mit überwiegender Mehrheit gewählt sind und daß der Beschluß zu 2 gefaßt ist.
Ich komme zu Punkt 6 der Tagesordnung:
Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost ,
nachdem der Punkt 5 auf Wunsch der Fraktion der CDU/CSU abgesetzt worden ist. Zu diesem Punkt 6 liegt ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD vor: Vom Bundestag sind 5 Mitglieder und 5 Stellvertreter zu wählen. Der Stellenanteil der Fraktionen wird nach dem Verfahren d'Hondt berechnet.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 39 und bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist der Beschluß gemäß Drucksache 39 gefaßt worden.
Dann kehre ich zurück zu Punkt 3:
Wahl der Wahlmänner für die vom Bundestag zu berufenden Richter beim Bundesverfassungsgericht.
In der Drucksache 36 liegen Ihnen die Vorschläge vor für die Wahl der Wahlmänner gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht, und zwar erstens der Vorschlag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und zweitens der Vorschlag der Fraktion der SPD. Wir müssen hier nach dem gleichen Verfahren wählen wie bei der Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses. Ich bitte Sie, sich der Drucksache 36 zu bedienen. Haben alle Abgeordneten die Drucksache 36 in der Hand? — Das ist der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, ihr Kreuz an der ihnen geeignet erscheinenden Stelle anzubringen, und bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln. Die Berliner Abgeordneten bitte ich, wiederum die besondere Urne zu benutzen.
Meine Damen und Herren, ich frage: sind noch Abgeordnete vorhanden, die ihre Stimme abzugeben wünschen?
— Ich bitte, das freundlichst zu tun. —
Meine Damen und Herren, ich darf für die Zukunft auf die gute Übung dieses Hauses hinweisen, daß bei namentlichen Abstimmungen jeder Abgeordnete seinen Stimmzettel selbst abgibt. Die Abgabe durch den Nebenmann oder andere Abgeordnete entspricht nicht der Übung dieses Hauses.
Die Auszählung und die Feststellung des Ergebnisses nehmen durch ihre Ausrechnung nach d'Hondt einige Zeit in Anspruch. Ich schlage Ihnen, meine Damen und Herren, vor, daß wir in der
Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 20. Oktober 1953
fortfahren.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.