Rede:
ID0200101200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 1. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Oktober 1953 1 1. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. Oktober 1953. Eröffnungsansprache der Alterspräsidentin Frau Dr. Dr. h. c. Lüders mit Nachruf auf den verstorbenen Regierenden Bürgermeister von Berlin Professor Dr. Reuter . . 1 B Geschäftliche Mitteilungen 3 C Namensaufruf der Abgeordneten und Wahl des Präsidenten 3 C, D, 4 A, B Dr. von Brentano (CDU) 3 D D. Dr. Ehlers (CDU) 4 B Amtsübernahme und Ansprache des Präsidenten D. Dr. Ehlers 4 B Wahl der Stellvertreter des Präsidenten . 6 A Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 6 A Dr. Schäfer (FDP) 6 B Dr. Jaeger (CSU) 6 B Wahl der Schriftführer (Drucksache 3) . . 6 B Bildung des Ältestenrats (Drucksache 4) . 6 D Nächste Sitzung 6 D Die Sitzung wird um 15 Uhr 2 Minuten durch die Alterspräsidentin Frau Dr. Dr. h. c. Lüders eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen für die Wahl zum Präsidenten des zweiten Deutschen Bundes-
    *) Endgültiges Ergebnis:
    Abgegebene Stimmen 500
    Weiße Karten 30
    Ungültig 4
    Gültige Stimmen für den
    Abgeordneten D. Dr. Ehlers . . . . 466
    tages zu danken und ,darf hoffen, daß ich dem freundlichen Hinweis der Frau Alterspräsidentin auf die Pflichten des Präsidenten zu entsprechen vermag.
    Ich danke der Frau Alterspräsidentin, daß sie sich der ehrenvollen Mühe, ich darf auch wohl sagen, mit Freude unterzogen hat, die erste Sitzung des zweiten Deutschen Bundestages in dieser eindrucksvollen und uns verpflichtenden Weise zu eröffnen.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    In den vergangenen drei Jahren habe ich die Ehre gehabt, daß mich ,alle Kollegen des Bundestages bei dem Bemühen, dem deutschen Parlament ein Gesicht zu geben und seine Würde in der Öffentlichkeit zu sichern, in mannigfacher Weise unterstützt haben. Ich kann heute nichtsanderes tun, als Sie zu bitten, daß meine Herren Stellvertreter und ich die Gewißheit dieser Unterstützung auch für ,die Zukunft haben dürfen.
    Wir sind uns alle der tragischen Folgen bewußt, die daraus entstanden sind, daß vor dreißig Jahren das deutsche Volk die Aufgabe und die Verpflichtung seines Parlaments nicht verstanden hat. Erst die unheilvolle und unbegründete Distanzierung zwischen Parlament und Volk, die trotz vieler ehrlicher Bemühungen damals nicht hinreichend überwunden werden konnte, hat es gewissenlosen Demagogen möglich gemacht, die Herrschaft in Deutschland an sich zu bringen und unser ganzes Volk in ein namenloses Unglück zu stürzen. Es ist an uns allen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, durch die Darstellung unseres Wollens und durch unsere Arbeit daran mitzuwirken, daß heute eine andere innere Verbindung zwischen Volk und Parlament wächst und die Bürger unseres Staates ein tragfähigeres Verhältnis zu dem von ihnen gewählten Parlament gewinnen. Wir werden sicher bereit sein, jede gerechtfertigte Kritik an unserer Arbeit zu hören, und wir werden 'uns mühen, unsere Arbeit so gut und wirksam zu tun, wie es unsere Kräfte und die allgemeinen Verhältnisse zulassen. Jedem aber, der mit leeren Phrasen und kaum getarnter Feindschaft gegen die Institutionen unseres Staates unser Volk noch einmal auf den Weg des Unheils führen will, werden wir mit aller Tatkraft entgegenzutreten haben.

    (Lebhafter Beifall im ganzen Hause.)

    Hier ist eine Aufgabe ides ganzen Parlaments gegeben.
    Die Wahl, der der zweite Deutsche Bundestag seine Existenz verdankt, ist entsprechend dem Grundgesetz und gemäß der politischen Lage unseres Staates als eine scharfe Auseinandersetzung der Parteien durchgeführt worden. Auch nachdem die Wahlen vorüber sind, gibt es in diesem Hause Parteien und politische Meinungsverschiedenheiten. Wir dürfen aber hoffen, daß das Gewicht nun nicht in der Fortsetzung der Wahlkampfdebatten, sondern in der praktischen parlamentarischen Arbeit für unser Volk liegen wird.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Wir haben nicht das Ideal, immer ein e Meinung zu haben, und diejenigen Menschen, denen dieses Ideal vorschwebt, scheinen sich der Gefahren einer falschen Einstimmigkeit, die wir deutlich vor Augen geführt bekommen haben, nicht mehr bewußt zu sein.

    (Sehr gut! in der Mitte.)



    (Präsident D. Dr. Ehlers)

    Aber es wäre gut, wenn wir die Grenze, bis zu der eine gemeinsame Arbeit und Entscheidung möglich ist, immer wieder neu überprüfen würden und wenn besonders die entscheidenden Fragen unseres staatlichen und volklichen Lebens von einer möglichst breiten Basis aus entschieden werden könnten.
    Eines ist aber über Parteien und politischen Meinungsstreit hinaus uns allen befohlen: die Wahrung der Würde und der Rechte des Parlaments insgesamt. Die Demokratie und ihre Ordnung ist uns allen anvertraut. Das Grundgesetz unseres Staates gibt dem Parlament seine besondere Stellung neben den übrigen Organen des Staates. Diese Stellung zu wahren, sie mit Leben zu erfüllen und sie notfalls auch zu verteidigen, müßte unser aller gemeinsames Anliegen sein.

    (Beifall.)

    Nur so kann das Parlament ein Niederschlag des politischen Willens der Nation, nur so kann es der belebende und prägende Faktor für das politische Leben unseres Volkes überhaupt sein.
    Ich bitte alle, die die Möglichkeit dazu haben, uns bei der Erfüllung dieser Aufgabe zu unterstützen. Das gilt insbesondere den Stellen und Menschen, denen die Aufgabe der Unterrichtung des Volkes über das parlamentarische Leben gestellt ist. Wenn der erste Deutsche Bundestag in zunehmendem Maße sich des Verständnisses und der Achtung weiter Kreise des Volkes erfreuen konnte, so ist das nicht zum wenigsten denen zu danken, die in objektiver und in förderlich kritischer Weise über die Arbeit des Parlaments in der Presse und im Rundfunk berichtet haben.

    (Beifall.)

    Wir geben uns nicht der Erwartung hin, daß wir künftig allen zu Gefallen arbeiten können. Aber wir sind bereit, auch künftig jede sachlich gerechtfertigte Kritik zu hören. Wir haben nur die Bitte, daß Berichterstattung und Kritik das Maß des Möglichen erkennen und mit uns zusammen dem Ziel dienen, die Erfüllung der uns gestellten Aufgaben im Interesse des ganzen Volkes zu erleichtern.
    Ich habe heute allen denen zu danken, die im ersten Deutschen Bundestag ihren Beitrag zu dieser großen Aufgabe geleistet haben. Den Kollegen, die aus eigenem Entschluß oder durch die Entscheidung der Wähler nicht wiedergekehrt sind und die ihre Kraft vier Jahre hindurch dem Aufbau einer neuen staatlichen Ordnung in unserem Volke geweiht haben, zu danken, ist mir Pflicht und Bedürfnis.

    (Beifall.)

    Ich begrüße die Abgeordneten, die ihren Platz in diesem Hause erneut eingenommen haben. Sie sind die Träger 'der parlamentarischen Tradition, die — wenn auch vielleicht erst in bescheidenem Maße — unter uns gewachsen ist. Und ich heiße die Kollegen willkommen, die zum erstenmal dem Deutschen Bundestag angehören. Ich bin gewiß, daß sie, wenn auch zunächst nicht mit der parlamentarischen Routine, aber — was wichtiger ist — mit dem festen Willen hergekommen sind, die ihnen vom Volk aufgetragene Verantwortung mit aller Sorgfalt und dem notwendigen Einsatz wahrzunehmen.
    Ich begrüße an dem Tage, an dem der Deutsche Bundestag des heimgerufenen Regierenden Bürgermeisters der Stadt Berlin, des Professors Ernst
    Reuter, so ehrend gedacht hat, insbesondere die 22 Abgeordneten, die die Bevölkerung Berlins unter uns vertreten.

    (Beifall.)

    Durch Umstände, die nicht unserem Willen entsprechen, stehen sie in diesem Hause noch unter dem Sondergesetz, daß sie nicht stimmberechtigt sind. Ich meine, daß der zweite Deutsche Bundestag die gute Praxis des ersten fortsetzen wird, daß er in 'der Praxis der täglichen Arbeit einen Unterschied zwischen den Abgeordneten Berlins und denen der anderen deutschen Länder nicht kennt. Diese Sonderstellung mag uns daran erinnern, daß die Aufgaben dieses Bundestags nicht erfüllt sind, solange unsere Berliner Kollegen unter Sonderrecht stehen, solange diese tapfere Stadt geteilt ist, daß dieser Bundestag und unser ganzes Volk aber nicht ruhen dürfen, bis die unheilvolle Spaltung Deutschlands überwunden ist.

    (Lebhafter Beifall.)

    Wir wissen, daß in diesem Augenblick nicht nur die Bürger der Bundesrepublik Deutschland und Berlins, sondern vielleicht noch mehr die Deutschen in den zur Zeit von uns getrennten Gebieten mit ihren Gedanken und ihren Wünschen, ja mit ihren Gebeten bei uns sind. Sie sollen in dieser Stunde auch vom zweiten Deutschen Bundestag hören, daß er sich 'der Verpflichtung, die Wiedervereinigung unseres ganzen Volkes in Freiheit herbeizuführen, in ,allen seinen Entscheidungen bewußt sein wird.

    (Beifall.)

    Unser Gruß gilt allen, die in Unfreiheit leben müssen. Sie sind unsere Brüder. Ihnen gilt unsere Arbeit an jedem neuen Tage.
    Wir haben ,die große Freude gehabt, daß in den letzten Tagen mehrere Transporte von Kriegsgefangenen aus Rußland eingetroffen sind. Der Deutsche Bundestag grüßt die aus namenlosem Leid heimgekehrten deutschen Brüder in dieser Stunde bewegten Herzens.

    (Lebhafter Beifall.)

    Er gedenkt in Ehrfurcht 'derer, die in den Tod haben gehen müssen, bevor ihnen die Stunde der Rückkehr schlug. Und er gedenkt derer, 'denen sich die Tore der Freiheit noch nicht geöffnet haben. Er bittet alle, die Macht und Einfluß haben, dafür zu sorgen, daß auch die letzten der noch lebenden deutschen Kriegsgefangenen in die Heimat zurückkehren können. Er erwartet, daß die Ankunft der Gefangenen aus 'dem Osten ein Anstoß dazu ist, daß Deutsche, die irgendwo in der Welt unschuldig festgehalten werden, den Tag der Freiheit und der Heimkehr bald erleben 'dürfen.

    (Beifall.)

    Der Deutsche Bundestag weiß sich verantwortlich für alle Deutschen, vor allem für die, die der Hilfe in allerlei Not besonders bedürfen.
    Am Grabe 'des Berliner Bürgermeisters Ernst Reuter erklang als letzter Gruß das Lied „Freiheit, die ich meine". Ein Parlament soll eine Stätte nüchterner Arbeit sein, fern dem Pathos. Aber dieses Lied an diesem Grabe mag auch uns auf 'dem Wege mahnen, den wir vor uns haben, wenn es dort klingt:
    Wo sich Männer finden, die für Ehr und Recht mutig sich verbinden, weilt ein frei Geschlecht!

    (Allgemeiner lebhafter Beifall.)



    (Präsident D. Dr. Ehlers)

    Meine Damen und Herren, wir fahren in der Tagesordnung fort:
    Wahl der Stellvertreter des Präsidenten und der Schriftführer.
    Von den in Frage kommenden Parteien sind als Stellvertreter des Präsidenten vorgeschlagen die Herren Abgeordneten Professor Dr. Schmid, Dr. Schäfer und Dr. Jaeger.
    Ich frage, ob weitere Vorschläge gemacht werden. — Das ist nicht der Fall. Dann darf ich das Einverständnis des Hauses unterstellen, daß die Wahl der drei Stellvertreter durch Zuruf gemeinsam vorgenommen wird. — Das Haus ist damit einverstanden.
    Meine Damen und Herren, ich bitte die Abgeordneten, die der Wahl der Herren Professor Dr. Schmid, Dr. Schäfer und Dr. Jaeger zu Stellvertretern des Präsidenten des zweiten Deutschen Bundestages zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? — Bei Stimmenthaltung der unmittelbar Beteiligten ist die Wahl einstimmig erfolgt.
    Ich frage den Herrn Abgeordneten Professor Dr. Schmid, ob er die Wahl annimmt.
    Dr. Schmid (Tübingen) (SPD): Ich nehme ,die
    Wahl an.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich frage den Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer, ob er die Wahl annimmt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich nehme die Wahl an.

    (Beifall.)