Meine Damen und Herren, ich hatte die Absicht, die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages zur Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung auf 21 Uhr 10 einzuberufen.
Ich bitte, neue Anwesenheitslisten für die neue Sitzung des Deutschen Bundestags auszulegen, und mache auf die Folgen der Nichteintragung in die Anwesenheitsliste aufmerksam.
14156 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Beamtenrecht
zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Regelung der
Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige
des öffentlichen Dienstes
vom 11. Mai 1951
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kleindinst
Die Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai 1951 wurde notwendig, weil die Ausdehnung auf die Angehörigen von Nichtgebietskörperschaften und Verbänden von Körperschaften und Einrichtungen der öffentlichen Hand nicht berücksichtigt waren, weil die Angleichung an neue gesetzliche Vorschriften erforderlich geworden war und weil die Beweisführung einer Erleichterung bedurfte.
Der Gesetzentwurf berücksichtigt in Art. I Ziffer 1 die Beamten, Angestellten und Arbeiter von Nichtgebietskörperschaften sowie von Verbänden von Gebietskörperschaften, Nichtgebietskörperschaften und sonstigen Einrichtungen der öffentlichen Hand unter der Voraussetzung, daß die Bundesregierung sie durch eine Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, in die Regelung des Gesetzes einbezieht .
Die zweite wichtige Änderung betrifft die Verlegung des Stichtages, bis zu dem ein Geschädigter seinen Wohnsitz oder seinen dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet genommen hat, vom 23. Mai 1949, dem Tage des Inkrafttretens des Grundgesetzes, auf den 31. März 1951, den Tag vor dem Inkrafttreten des zu ändernden Wiedergutmachungsgesetzes. Geschädigte, die nach diesem Stichtag im Bundesgebiet Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt genommen haben, werden als Heimkehrer, Aussiedler, Rückkehrer aus dem Ausland berücksichtigt oder können als Sowjetzonenflüchtlinge im Sinne des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai 1953 und bei einer Familienzusammenführung berücksichtigt werden.
Geschädigte, die die freiheitliche, demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpfen, sind von der Wiedergutmachung ausgeschlossen, oder ihnen kann die Wiedergutmachung ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden
.
Art. I Ziffer 5 erweitert und erleichtert die Beweisführung durch die Zulassung echter eidesstattlicher Versicherungen, die auch vor der Dienststelle abgegeben werden können, welche mit dem Wiedergutmachungsverfahren befaßt ist.
Die Anführung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde trägt dem Bundesbahngesetz vom 13. Dezember 1951 Rechnung und sichert seine Zuständigkeit auch für die Wiedergutmachung deutscher oder volksdeutscher Angehöriger z. B. der Protektoratsbahnen oder jugoslawischer Bahnen.
Ziffer 7 sieht für die Wiedergutmachung von Angehörigen der. Einrichtungen der öffentlichen Hand das Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz vor.
Art. II legt die Fristen für die Stellung der Wiedergutmachungsanträge, den Beginn der Zahlung laufender Bezüge sowie die Wiederaufnahme von Verfahren auf Grund des Änderungsgesetzes fest und regelt die Übergangsverhältnisse.
Art. III enthält die Berlin-Klausel.
Art. IV nimmt Rücksicht auf die im Ausland lebenden Personen des öffentlichen Dienstes und auf das Gesetz vom 18. März 1952 .
Art. V sieht als Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes den Zeitpunkt des Hauptgesetzes, den 1. April 1951, vor.
Da die Bezeichnung des Gesetzes lediglich als Änderungsgesetz durchgeführt ist, muß auch die Überschrift entsprechend geändert werden.
Bonn, den 3. Juli 1953
Dr. Kleindinst
Berichterstatter
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14157
Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Beamtenrecht
über den Entwurf eines
Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur
Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131
des Grundgesetzes fallenden Personen
vom 11. Mai 1951
Berichterstatter: Abgeordneter Matzner
A. Vorgeschichte und Behandlung des Gesetzentwurfs
Nach dem Auftrag, den das Grundgesetz im Art. 131 dem ersten Deutschen Bundestag gab, wurde im Jahre 1951 das obenbezeichnete Ausführungsgesetz erlassen. Es wurde damals in der Begründung und Berichterstattung angeführt, daß es sich nicht um eine einmalige Gesetzgebung handelt; es sollen vielmehr nach den Auswirkungen in der Durchführung zu gegebener Zeit Ergänzungen erfolgen. Im Gesetze selbst waren derartige Aufträge im § 37 Abs. 4 und im § 78 angeführt.
Obwohl seitens der Fraktion der FDP ein Novellenvorschlag seit mehr als Jahresfrist vorlag, mußte sich der Ausschuß für Beamtenrecht vordringlich mit dem endgültigen Bundesbeamtengesetz beschäftigen.
Nach § 78 des Gesetzes zu Art. 131 GG entschloß sich der Ausschuß, die notwendigen Ergänzungen in einen eigenen Paragraphen des Bundesbeamtengesetzes einzubauen und damit eine sofortige Angleichung herbeizuführen. Erst nach Verabschiedung des Bundesbeamtengesetzes konnte an die Beratung des FDP-Vorschlages herangegangen werden. Der Ausschuß beschränkte sich nicht auf die darin enthaltenen Vorschläge, sondern beriet nach den bisherigen Erfahrungen das ganze Gesetz nach Paragraphen. Hierbei wurden alle die in der Drucksache Nr. 4591 erwähnten Anträge zugrunde gelegt. Die Bundesratsnovelle, die bis zu diesem Zeitpunkt dem Beamtenrechtsausschuß noch nicht zugewiesen war, wurde bei den Beratungen entsprechend gewürdigt. Der Vertreter des Bundesrates hatte im Ausschuß Gelegenheit, diese Vorschläge eingehend zu begründen. Außerdem wurde noch einmal den Spitzenverbänden des
darin betroffenen Personenkreises Gelegenheit gegeben, im Ausschuß ihre Äußerungen und Vorschläge vorzutragen.
Nach eingehender Beratung entschloß sich der Ausschuß, die in der Drucksache Nr. 4591 angeführten Änderungen dem Bundestag zur Annahme vorzuschlagen. Dazu ist zu bemerken, daß es sich uni keine allseitige Regelung handeln kann. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der kurzen Zeit, die noch für die Verabschiedung des Gesetzes zur Verfügung stand, sondern auch darin, daß eine ganze Reihe von Vorschlägen noch einer gründlichen sachlichen Klärung bedarf. Es mußte außerdem berücksichtigt werden, daß der Haushalt für das laufende Rechnungsjahr bereits verabschiedet war und materielle Verbesserungen dieser Novelle den finanziellen Gegebenheiten angepaßt werden mußten. Als letzter und nicht unwichtiger Grund muß noch angeführt werden, daß der Personenkreis wegen bisherigen Fehlens einer Meldeabschlußfrist noch nicht abgegrenzt ist. Dieser in der Novelle vorgeschlagene Termin vom 31. Dezember 1953 wird erst die Möglichkeit geben, die Auswirkungen des Gesetzes im vollen Umfange zu erkennen.
Dementsprechend enthält das Gesetz eine Reihe von Klarstellungen, die durch die Auslegungsschwierigkeiten notwendig wurden, und beschränkt sich auf die Milderung der am stärksten aufgetretenen Härten.
Es wird besonders auf die Änderung des Titels hingewiesen, in dem durch die Bezeichnung „Erst es Gesetz zur Änderung ..." ausgedrückt wird, daß der Beamtenrechtsausschuß der Meinung ist, es müßten in der späteren Gesetzgebung noch abschließende Maßnahmen getroffen werden.
14158 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
B. Zu den einzelnen Ziffern
ist im besonderen zu bemerken: Zu § 2 a:
Hier war eine Erweiterung mit Hinsicht auf die Sowjetzone notwendig, damit die „ohne Versorgung Ausgeschiedenen" in den Personenkreis eingeschlossen werden können.
Zu 2 b und c:
Die in der Auslegung des Gesetzes schon erfolgte Gleichstellung der Militäranwärter sowie der RAD-Anwärter wird durch dieses Gesetz legalisiert.
Zu 3 a und b:
Die hier vorgenommenen Einfügungen wurden durch die in der Anlage A aufgenommenen Stadtwerke notwendig.
Zu 4:
Die Streichung des Forschungsamtes RLM erwies sich nach einem Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz als notwendig.
Zu 5:
Die Beseitigung der meisten Härten glaubte der Ausschuß durch die Verlegung des Stichtages vom 23. Mai 1949 auf den 31. März 1951 zu erreichen. Hierbei werden noch Ausnahmen für Heimkehrer, für spätere Aussiedler und Heimkehrer aus fremden Staaten zugelassen. Sowjetzonenflüchtlinge, die nach dem 31. März 1951 in das Bundesgebiet kamen und kommen; können nach Maßgabe des § 3 des Vertriebenengesetzes berücksichtigt werden.
Der Ausschuß kam im Einvernehmen mit dem Vertreter des Bundesrats zu der Überzeugung, daß bei dieser Anerkennung und Gleichstellung eine Koordinierung der Länder im Einvernehmen mit dem Vertriebenenministerium herbeigeführt werden müsse.
Schließlich werden noch Ausnahmen vom Stichtage hinsichtlich der Familienzusammenführung zugelassen.
Zu 8:
Hier handelt es sich um Klarstellungen und Verbesserungen für die außerplanmäßigen Beamten, die durch den Kriegsdienst behindert waren.
Kleine Gemeinden, die weniger als 5 Beamte oder Angestellte haben, werden von der Unterbringungspflicht befreit.
Zu 9:
Auch hier tritt eine Erleichterung für den Dienstherrn dadurch ein, daß „der Einsatzdienst der Berufsfeuerwehr" gleichfalls ausgeschlossen wird.
Zu 10 d:
Hier handelt es sich um die Berücksichtigung des ersten Erfolges der Unterbringung. Die Erklärung von bestimmten Laufbahnen oder Berufsgruppen oder Teilen von ihnen zu Mangelberufen geschieht aus Rücksicht auf den Dienstherrn und die Unterbringung des Nachwuchses.
Zu 11:
Diese Bestimmungen werden mit Rücksicht auf das Gesetz für Schwerbeschädigte eingeführt.
Da im Zweiten Heimkehrergesetz das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes angesprochen wird, muß klargestellt werden, daß es sich hier um bevorzugte Unterbringung von Heimkehrern handelt, die nach dem 1. Januar 1948 entlassen wurden oder werden; sie müssen aber zum Kreise der an der Unterbringung teilnehmenden Personen gehören.
Zu 12:
Die Anrechenbarkeit bereits untergebrachter Beamten bei einem neuen Dienstherrn erhält hier die nötige Klarstellung. Die erwähnten Ausnahmen sind schon in den Verwaltungsvorschriften zur Unterbringung in Ziff. VI Buchstabe f geregelt.
Zu 13:
Die Beteiligung des Bundes an den Umzugskosten und Trennungsentschädigungen soll sowohl der schnelleren Unterbringung dienen als auch Erleichterungen für den Dienstherrn bringen.
Zu 14:
Die hier vorgesehenen Entlassungsmöglichkeiten beabsichtigen eine klarere Erfassung der noch Unterbringungswilligen.
Dem gleichen Zwecke dient die Abfindung für verheiratete Beamtinnen zur Wiederverwendung.
Zu 15:
Die Folgen der Ablehnung der Übernahme erfahren eine Klarstellung. Der Begriff der Zumutbarkeit wird in den Verwaltungsvorschriften zu § 20 Nr. 4 näher bestimmt.
Zu 18:
Für Beamte aus dem ehemaligen Protektorat Böhmen und Mähren werden hier klare Bestimmungen erlassen. Zum Zwecke der Gleichziehung mit dem § 112 des Bundesbeamtengesetzes wird auch die Frage der Prämienreserve angesprochen.
Zu 20:
Die schon im § 37 Abs. 4 des Ersten Ausführungsgesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes vorgesehene Erhöhung des Übergangsgehalts konnte im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten günstig gelöst werden.
Zu 21:
Hier handelt es sich um Verbesserungen für einen kleinen Kreis von Widerrufsbeamten.
Zu 22:
In Anlehnung an das Bundesbeamtengesetz werden Angehörige Kriegsgefangener und in Gewahrsam gehaltener Personen im Rahmen dieses Gesetzes gleichgestellt. Auch hier wird eine Koordinierung der Länder hinsichtlich des Begriffes „in Gewahrsam Gehaltene" für notwendig gehalten.
Zu 26:
Die Beteiligung des Bundes an der Versorgungslast, insbesondere auch für Unteroffiziere, wird hier geregelt.
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14159
Zu 27:
Die Kapitalabfindung wird dem Bundesversorgungsgesetz angeglichen.
Zu 32 und 33:
Hier handelt es sich um neue Regelungen für den Kreis der Angestellten und Arbeiter, die bisher vom Gesetz noch nicht voll berücksichtigt werden konnten. Der Ausschuß ist sich bewußt, daß auch hier eine endgültige Regelung noch nicht getroffen werden konnte und bei einer abschließenden Feststellung der Größe des Personenkreises weitere Maßnahmen erforderlich sind. Es wird hinsichtlich dieses Personenkreises besonders auf die notwendige bevorzugte Einstellung bei Errichtung neuer Dienststellen hingewiesen.
Zu 34:
Die in der Auslegung des Gesetzes nicht überall gleichmäßig durchgeführte Behandlung der Kriegsoffiziere in den drei Wehrmachtsteilen macht diese Klarstellung notwendig.
Die Angleichung der Bestimmungen über Angehörige von Kriegsgefangenen wird hier auch auf Berufssoldaten ausgedehnt.
Zu 35:
Die bei der Beratung und Verabschiedung des Ausführungsgesetzes stark umstrittene Frage der Unteroffiziere wird nunmehr in der Form geregelt, daß auch die an der Unterbringung teilnehmenden Unteroffiziere mit 12 bis 18 Dienstjahren denen mit über 18 Dienstjahren gleichgestellt werden. Es handelt sich hier um keine Statusänderung, sondern nur um eine vollständige Gleichstellung in materieller Hinsicht.
Der Ausschuß war einmütig der Meinung, daß nach 1945 abgelegte Prüfungen berücksichtigt werden müssen. Er spricht die Erwartung und Empfehlung aus, diesem Personenkreis im Rahmen seiner Schulungsabsichten und -möglichkeiten weitgehende Unterstützung zukommen zu lassen. Auch hier wird die bevorzugte Einstellung bei Neuerrichtung von Behörden ausgesprochen.
Zu 37:
Die Anrechnung der Militärdienstzeit auf Angestellten- oder Arbeiterdienstjahre im öffentlichen Dienst dient als Ersatz für die Nicht-Aufnahme in den Personenkreis der zu berücksichtigenden Berufssoldaten.
Zu 39:
Die Bestimmungen für Beihilfen und Unterstützungen werden hier verbessert.
Zu 48:
Auch hier handelt es sich um eine Angleichung an das Beamtengesetz für Angehörige der ehemaligen Gestapo und Waffen-SS.
Zu 50:
Der wissenschaftliche Nachwuchs findet hier entsprechende Berücksichtigung.
Zu 51:
Die schwebenden Fragen für Lehrer in Auslandsschulen werden hier einer Regelung zugeführt.
Zu 54:
Arbeiter, Angestellte und Unteroffiziere, die auch nach diesem Zweiten Ausführungsgesetz keine direkte Berücksichtigung finden konnten, werden hier bei Vorliegen einer langen Arbeitslosigkeit mit einem Entlassungsgeld ausgestattet.
Zu 55:
Die Altersgrenzen bei Einstellungen werden hier zum Zwecke der Unterbringung auch älterer Angestellter und Arbeiter außer Wirksamkeit gesetzt.
Zu 56:
Hier ist eine Ermöglichung der Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes vorgesehen.
Zu 57 bis 59:
Die schon im Ersten Ausführungsgesetz enthaltenen Bestimmungen über die Versicherungsverhältnisse jener Personen, die weder Übergangs- noch Ruhegehalt in Anspruch nehmen können, werden hier klargestellt und verbessert.
Zu 61:
Diese Bestimmungen haben den Zweck, ehemalige Hochschullehrer und -assistenten wieder der wissenschaftlichen Betätigung zuzuführen. Der Ausschuß erwartet, daß die noch heute brachliegenden Kräfte mit Hilfe dieser Bestimmungen in Planstellen — in Verbindung mit Lehr- und Forschungsaufträgen — bald untergebracht werden. Der Ausschuß spricht noch einmal die Empfehlung an alle Hochschulen oder Einrichtungen aus, diesen verhältnismäßig kleinen Personenkreis im Interesse der Lehre und der Forschung sobald wie möglich ihren Zwecken wieder zuzuführen.
Zu 63:
Die hier ausgesprochene Meldeabschlußfrist dient der endgültigen zahlenmäßigen Erfassung des Personenkreises.
Zu 64:
Hier wird die Frage der Beibringung von Urkunden oder anderen Beweismitteln gelöst.
Zu 65:
Die Anlage A wird hier durch den Gesetzgeber erweitert.
Art. III bringt die Übergangsvorschriften, Art. IV die Berlin-Klausel, und
Art. V erwähnt, daß das Gesetz mit Wirkung vom 1. April 1951 mit der Maßgabe in Kraft tritt, daß Zahlungen auf Grund der eingetretenen Änderungen oder der Einfügung von Vorschriften erstmalig für die mit dem 1. September 1953 beginnenden Zeiträume geleistet werden.
Der Ausschuß war einstimmig der Meinung, daß mit diesem Ersten Änderungsgesetz ein weiterer Schritt zur Befriedigung des unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personenkreises gemacht wurde. Nach Berichterstattung und Beratung in den Fraktionen fand es im Ausschuß einstimmige Annahme.
Ich habe deshalb im Auftrage des Ausschusses die Bitte ausszusprechen, den in der Drucksache Nr. 4591 unter Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Anträgen mit den auf Umdruck Nr. 1026 vorgeschlagenen Berichtigungen zuzustimmen.
Bonn, den 3 Juli 1953
Oskar Matzner
Berichterstatter
14160 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Sozialpolitik
über den Entwurf eines
Sozialgerichtsgesetzes
und
über den Entwurf eines Gesetzes über das
Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Maxsein
Am 29. April 1953 und am 2. Juni 1953 wurden die von der Bundesregierung getrennt eingebrachten Entwürfe eines Sozialgerichtsgesetzes und eines Gesetzes zur Regelung des Verfahrens in der Sozialgerichtsbarkeit — Nr. 4225 und 4357 der Drucksachen — in erster Lesung federführend dem Ausschuß für Sozialpolitik — der zuerst genannte Entwurf unter Beteiligung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen — zur weiteren Beratung überwiesen. Der Ausschuß für Sozialpolitik befaßte sich in 10 Sitzungen mit den Gesetzesvorlagen. Der Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen hat dem federführenden Ausschuß seine Vorschläge mitgeteilt. Sie wurden bei der Beratung berücksichtigt. Weiter hat der Ausschuß die vom Bundesrat gegebenen Anregungen, insbesondere auch die Empfehlungen zur Angleichung der Verfahrensbestimmungen an die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. die Änderungsvorschläge in der Drucksache Nr. 4357 unter I. Grundsatzfragen Ziff. 3) eingehend beraten und ist zu dem Ergebnis gekommen, diesen Anregungen weitgehend at. entsprechen, soweit die besondere Eigenart der Materie es zuläßt.
Eine eigene Aufgabe hat der Ausschuß darin gesehen, die getrennt vorgelegten Entwürfe zu einem einheitlichen Gesetzentwurf zusammenzufassen, in dem die Verfassung der Gerichte und das Verfahren vor den Gerichten geregelt ist. Diese Zusammenfassung veranschaulicht die dem Entwurf vorangestellte Inhaltsübersicht. Der Ausschuß hat sich in Anlehnung an das Arbeitsgerichtsgesetz, in dem ebenfalls Gerichtsverfassung und Gerichtsverfahren geregelt sind, für die Bezeichnung des Entwurfs als „Sozialgerichtsgesetz" entschieden.
Im großen und ganzen entspricht der Gesetzentwurf nach den Ausschußberatungen sowohl im
Aufbau als auch hinsichtlich seines sachlichen Gehalts den Regierungsvorlagen. Die Unterschiede werden in dem nachfolgenden Bericht im einzelnen dargetan, in dem auch auf Meinungsunterschiede eingegangen wird, die bei den Ausschußberatungen und im Verhältnis zu dem mitbeteiligten Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen zutage traten.
I. Die Gerichtsverfassung
Die Gerichtsverfassung ist im ersten Teil des Gesetzentwurfs geordnet. Dieser Teil baut wesentlich auf der Regierungsvorlage (Drucksache Nr. 4225) auf. Die Vorschrift über die sachliche Zuständigkeit (§ 3 des Regierungsentwurfs des Sozialgerichtsgesetzes — Drucksache Nr. 4225 —) wurde mit den Bestimmungen über den Rechtsweg und die örtliche Zuständigkeit aus der Sozialgerichtsordnung (§§ 1-8 der Drucksache Nr. 4357) im letzten Abschnitt dieses Teils zusammengefaßt.
Über den dreistufigen Aufbau der Sozialgerichtsbarkeit bestand Übereinstimmung sowohl innerhalb des Ausschusses als auch mit dem beteiligten Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen. Der Ausschuß für Sozialpolitik glaubte auch nicht, der Anregung folgen zu sollen, die Hervorhebung der Gerichte als besondere Verwaltungsgerichte zu streichen, weil darin die Aufgabe und ihre Abgrenzung deutlich zum Ausdruck kommt.
Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Richteramt in der ersten Instanz — bei den Sozialgerichten — wurde entsprechend der Regierungsvorlage die Meinung vertreten, daß nur solche Per-
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14161
sonen zu Vorsitzenden ernannt werden sollten, die die Fähigkeit zum Richteramt im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes besitzen. Demgegenüber hielt es der Ausschuß für Sozialpolitik in gleicher Weise wie in der Arbeitsgerichtsbarkeit für vertretbar, auch solche Personen zu Vorsitzenden zu ernennen, die sich durch längere, mindestens fünfjährige Tätigkeit in der Beratung und Vertretung von Angelegenheiten auf den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Gebieten umfassende Kenntnisse und Erfahrungen im Sozialrecht erworben haben.
Eindeutig wird klargestellt, daß die Sozialgerichte und die Landessozialgerichte entsprechend Art. 92 des Grundgesetzes Landesgerichte sind . Darin liegt jedoch nicht, daß alle mit der Errichtung zusammenhängenden Fragen insbesondere die Bestimmung des Gerichtssitzes und des Bezirks aus der Organisationsgewalt herzuleiten sind. Der Ausschuß hat es in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage für notwendig gehalten, Grundsätze darüber aufzustellen (§§ 7 Abs. 2, 28 Abs. 2). In den Ländern werden also regelmäßig Landesgesetze erforderlich sein. Die Zusammensetzung der Gerichte aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern, die entsprechend der Regierungsvorlage als SozialLandes- und Bundessozialrichter tätig werden (§§ 9, 30) ist unverändert geblieben. Während jedoch die Regierungsvorlage für den aufsichtführenden Richter des Sozialgerichts die Bezeichnung „Direktor" vorsah, hat der Ausschuß es für richtig gehalten, nur von den Berufsrichtern als den Vorsitzenden zu sprechen und dabei die Möglichkeit offengelassen, einen von ihnen als dienstaufsichtführenden Vorsitzenden zu bestimmen. Die allgemeine Dienstaufsicht für die Sozial- und Landessozialgerichte (§ 9 Abs. 2 und § 30 Abs. 2) ist der Landesregierung übertragen, die diese Rechte delegieren kann; für das Bundessozialgericht liegt sie beim Bundesminister für Arbeit (§ 38 Abs. 3).
Die Bildung von Kammern und Senaten für die einzelnen Fachgebiete ist entsprechend der Regierungsvorlage festgelegt . Der Ausschuß hat jedoch bei der ersten Instanz die Regierungsvorlage insofern geändert, als für die Knappschaftsversicherung einschließlich der Unfallversicherung für den Bergbau bei Bedarf nicht eigene Gerichte, sondern nur eigene Kammern zu bilden sind. Eine allzuweitgehende Spezialisierung ist damit im Interesse der Sache vermieden.
Der Grundsatz, daß in der ersten Instanz auch Nichtjuristen als Berufsrichter und damit als Vorsitzende tätig sein können machte eine eingehende Regelung des Ernennungsverfahrens notwendig, die sich im § 11 findet. Ausnahmslos sollen alle Berufsrichter, gleichgültig, ob sie die Richteramtsfähigkeit haben oder nicht, von einem Ausschuß derjenigen Stelle vorgeschlagen werden, welche die Ernennung letztlich durchzuführen hat. Der Ausschuß für Sozialpolitik hat sich dabei von dem Vorbild des Arbeitsgerichtsgesetzes (§ 18) leiten lassen.
Die Beteiligung des Laienelements in der Sozialgerichtsbarkeit sieht der Entwurf für alle Instanzen vor . Die Regierungsvorlage hatte für den Bereich der Sozialversicherung ursprünglich — hinsichtlich der 1. und 2. Instanz — eine Anlehnung an § 9 des Selbstverwaltungsgesetzes gesucht und den Vertreterversammlungen der Versicherungsträger das Vorschlagsrecht zugestanden.
Der Ausschuß hat die Anregung des Bundesrates grundsätzlich aufgenommen, das Vorschlagsrecht der Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen für die ehrenamtlichen Richter in allen Instanzen gesetzlich festzulegen, jedoch hinzugefügt, daß wie im Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung neben den Gewerkschaften auch die selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung vorschlagsberechtigt sein sollen .
Für den Sonderfall der Streitigkeiten, die sich aus dem Recht der Beziehungen der Kassenärzte zu den Krankenkassen ergeben, mußte das Vorschlagsrecht eigens geregelt werden; darüber hinaus mußte auch die Zusammensetzung des Spruchkörpers der Eigenart der Materie entsprechend geordnet werden. Die ehrenamtlichen Richter werden von den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen vorgeschlagen. Bei den Sozial- und Landessozialrichtern wird hierbei von der bezirklichen Ebene ausgegangen; um einer Regelung des Verbänderechts der Sozialversicherungsträger nicht vorzugreifen, werden für die Krankenkassen die bezirklichen Zusammenschlüsse als vorschlagsberechtigt bezeichnet . Sofern am Streitfall nur Kassenärzte beteiligt sind, sollen ausschließlich aus diesem Kreis Sozialrichter mitwirken (§§ 12, 33, 40).
— § 11 Abs. 4 —) für zweckmäßig, während der Ausschuß für Sozialpolitik im § 12 Abs. 4, gerade um Schwierigkeiten bei der Durchführung der Sitzungen und der Hinzuziehung der Beisitzer zu vermeiden, eine andere Fassung gewählt hat. Die Heranziehung der Hinterbliebenen als Sozialrichter ist gewährleistet.
Bei der Berufung der Bundessozialrichter hat sich der Ausschuß für Kriegsopfer dafür ausgesprochen, daß die Länder und die Vereinigungen von Kriegsopfern vom Bundesminister für Arbeit nur angehört werden, die Berufung der Bundessozialrichter jedoch in das freie Ermessen des Bundesministers für Arbeit gestellt bleibt. Der Ausschuß für Sozialpolitik hat dagegen die Auffassung vertreten, ebenso wie in allen anderen Instanzen und für alle übrigen Bereiche der Sozialgerichtsbarkeit auch hier von Vorschlägen auszugehen, die von den Ländern und Kriegsopfervereinigungen einzureichen sind .
Die Vorschriften über die Voraussetzungen für das Amt des Sozialrichters, den Ausschluß, die Möglichkeiten der Ablehnung und der Amtsenthebung entsprechen der Regierungsvorlage . Bei den Landessozialrichtern und den Bundessozialrichtern hat der Ausschuß im Grundsatz an der Regierungsvorlage festgehalten, die als weitere Voraussetzung eine vierjährige Tätigkeit bei den unteren Instanzen vorsieht. Dagegen sind Bedenken angemeldet worden, da diese weitere Voraussetzung eine Auswahl und damit auch die Berufung hervorragender Sachkenner erschwere, wenn nicht unmöglich mache. Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, ist für beide Instanzen nur eine Sollvorschrift aufgenommen (§§35, 47), außerdem für die Erstbesetzung eine weitere Ausnahme (§ 216) festgelegt. Bei der Berufung der
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ehrenamtlichen Richter war in der Regierungsvorlage vorgesehen, daß die Berufung von der zuständigen Stelle im Benehmen mit dem Präsidenten des Landes- bzw. Bundessozialgerichts zu erfolgen habe. Der Ausschuß hat diese gesetzliche Festlegung einer Mitwirkung des Präsidenten des Landes- bzw. Bundessozialgerichts nicht für tunlich erachtet und deshalb gestrichen; es soll der Anschein vermieden werden, daß die Unabhängigkeit der Richter beeinträchtigt wird . Die Präsidialverfassung der Gerichte in allen Rechtsstufen ist unverändert bestehengeblieben (§§ 24-27, 36, 48).
Bei den Landessozialgerichten bestanden weiter Meinungsverschiedenheiten darüber, ob Senate oder Kammern gebildet werden sollen . Die Mehrheit des Ausschusses hat sich für das Senatssystem ausgesprochen und ist insoweit der schon vom Bundesrat gegebenen Anregung, das Kammersystem einzuführen, nicht gefolgt. Auch die weiter geltend gemachte Forderung, zum mindesten in den Senaten der Landessozialgerichte als Tatsacheninstanzen das Laienelement überwiegend zu beteiligen und neben drei Berufsrichtern vier Landessozialrichter vorzusehen, hat im Ausschuß keine Mehrheit gefunden.
Beim Bundessozialgericht ist entsprechend einer Anregung in der Stellungnahme der Bundesregierung eine erstinstanzliche Zuständigkeit für solche Streitigkeiten festgelegt worden, die zwischen dem Bund und den Ländern oder zwischen verschiedenen Ländern entstehen können. Im übrigen ist der Charakter des Bundessozialgerichts als eines echten Revisionsgerichts gewahrt. Bei der Zusammensetzung des Großen Senats (§ 41) hat es der Ausschuß in Abweichung von der Regierungsvorlage für richtig gehalten, nicht nur Berufsrichter, sondern auch Bundessozialrichter zu beteiligen, weil gerade auf dem Gebiet des Sozialrechts die Erfahrungen der Praxis für die Fortentwicklung des Rechts bedeutsam sind.
Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ist im § 51 nach historischen Gesichtspunkten festgelegt; Streitigkeiten aus den Bereichen der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Kriegsopferversorgung werden in gleicher Weise der Sozialgerichtsbarkeit unterstellt wie solche, die aus der Durchführung der übrigen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitslosenversicherung entstehen können. Klargestellt wird ausdrücklich, daß zum Bereich der Sozialversicherung auch die Angelegenheiten des Kassenarztrechts gehören. Meinungsverschiedenheiten bestanden sowohl im Ausschuß für Sozialpolitik als auch im Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen hinsichtlich der Streitigkeiten, die auf Grund von Maßnahmen der sozialen Fürsorge nach §§ 25 bis 27 des Bundesversorgungsgesetzes entstehen können. Die Mehrheit in beiden Ausschüssen hat sich in dieser Frage für die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgesprochen. Eine Minderheit hat dem Vorschlag des Bundesrates zugestimmt, nach dem ausdrücklich Streitigkeiten auf Grund der Maßnahmen aus der sozialen Fürsorge der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnet werden sollen.
Eine Mehrheit des Ausschusses hat sich dafür ausgesprochen, alle Streitigkeiten aus dem Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit erledigen zu lassen.
II. Das Verfahren
Die Verfahrensbestimmungen entsprechen im wesentlichen der Regierungsvorlage — Drucksache Nr. 4357 —. Es genügt, einige grundsätzliche Fragen hervorzuheben. In der Frage, wer als Bevollmächtigter bei den Sozialgerichten auftreten kann, hat sich der Ausschuß in seiner Mehrheit für die Regierungsvorlage entschieden. Jede prozeßfähige Person kann die Vertretung eines Anspruchsberechtigten übernehmen; auch für die erste Instanz ist eine Beschränkung nicht vorgesehen, die in Anlehnung an die Regelung im Arbeitsgerichtsgesetz angeregt wurde. Über den Wert des Vorverfahrens (§§ 77-88) bestehen unterschiedliche Meinungen; die abweichende Auffassung sieht in dieser Einrichtung eine Komplizierung des Verfahrens und eine Behinderung der Anspruchsberechtigten in ihren Rechten. Der Ausschuß hat es bei der Regierungsvorlage belassen, um vor allen Dingen eine Häufung von Streitfällen bei den Gerichten zu vermeiden und außerdem gerade bei den Ermessensleistungen der Verwaltung eine nochmalige Nachprüfung zu ermöglichen (§ 79 a). Außerdem ist zu beachten, daß das Vorverfahren grundsätzlich nicht stattzufinden hat, wenn es sich um Rechtsansprüche handelt. Eine Ausnahme bilden lediglich die Knappschafts- und die Krankenversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung (§ 81). Für den Bereich der Kriegsopferversorgung war im Regierungsentwurf der Landesgesetzgebung die Einführung des Vorverfahrens überlassen. Der Ausschuß hat diese Befugnis dem Bundesminister für Arbeit übertragen, der einheitlich durch Rechtsverordnung unter Wahrung der Rechte des Bundesrates das Vorverfahren einführen kann (§ 80).
Die Vorschriften über den Ablauf des Gerichtsverfahrens haben gegenüber der Regierungsvorlage keine wesentlichen Änderungen erfahren . Bei der Klagerücknahme (§ 104) ist durch Neufassung klargestellt, daß nach einer Klagerücknahme die erneute Anrufung des Gerichts wegen derselben Sache nicht möglich sein soll. Diese Wirkung der Klagerücknahme kann durch Beschluß vom Gericht ausgesprochen werden.
Bei der Vorbereitung der Verhandlung durch den Vorsitzenden spielte die Frage eine Rolle, ob durch die Anforderung von Krankenpapieren, Aufzeichnungen und Krankengeschichten die besonderen Berufspflichten des Arztes im Verhältnis zu seinem Patienten berührt würden. Auch der bloße Eindruck einer Beeinträchtigung sollte vermieden werden. Deshalb hat der Ausschuß vorgeschlagen, statt des Wortes „anfordern" das Wort „beziehen" zu wählen; die Fragen aus dem Verhältnis des Arztes zu seinem Patienten, der als Anspruchsberechtigter im sozialgerichtlichen Verfahren auftritt, sind außerhalb des Rechtsstreits zu klären.
Hinsichtlich des Urteilsinhalts hat der Ausschuß insbesondere im Hinblick auf die Kannleistungen die Möglichkeit geschaffen, daß das Gericht im Urteil die Verpflichtung aussprechen kann, den beantragten Bescheid zu erlassen . Voraussetzung ist dabei lediglich, daß eine ordnungsmäßige Überprüfung aller Voraussetzungen in der Verwaltungsebene stattgefunden hat.
Hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsmittelverfahrens hat der Ausschuß sich für die Regierungsvorlage entschieden,
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14163
die für das sozialgerichtliche Verfahren unter Beachtung der historischen Gegebenheiten zweckmäßig erscheint .
III. Die Übergangs- und Schlußvorschriften
Dieser Teil mußte bei der Zusammenfassung beider Vorlagen neu geordnet werden. Dabei ergab es sich, daß insbesondere auch Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung, die bisher nicht angesprochen waren, geändert werden mußten . Es handelt sich dabei um Bestimmungen, die die Mitwirkung der bisherigen Versicherungsbehörden bei der verwaltungsmäßigen Feststellung von Leistungen in der Unfallversicherung und in den Rentenversicherungen betreffen. Als Grundsatz ist dabei herauszustellen, daß die Versicherungsbehörden künftig nicht Gerichte sind und alle Entscheidungen gerichtlicher Art daher nicht mehr von ihnen getroffen werden können. Dafür werden vielmehr künftig die Sozialgerichte zuständig sein.
Einige Anregungen des Bundesrates, die sich auf die erstmalige Besetzung der Gerichte beziehen mußten aufgenommen werden, um den besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten in den Ländern gerecht zu werden.
Durch die Schaffung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ist es notwendig, die bisher vor den Versicherungsbehörden oder vor Verwaltungsgerichten anhängigen Verfahren überzuleiten. Die Vorschriften stimmen mit der Regierungsvorlage überein, insbesondere auch § 218, der die Möglichkeit schafft, Rechtsmittel in dem Umfang nicht nur weiterzuverfolgen, sondern auch innerhalb von 6 Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes neu einzulegen.
Für das Inkrafttreten schlägt der Ausschuß den 1. Januar 1954 vor; jedoch sollen die notwendigen Vorarbeiten für die Organisation alsbald aufgenommen werden. Um die dafür erforderliche Rechtsgrundlage zu schaffen, tritt das Gesetz insoweit am Tage der Verkündung in Kraft. Zu dem gleichen Tage mußte § 9 des Selbstverwaltungsgesetzes außer Kraft gesetzt werden, damit diese Bestimmung nicht durchgeführt zu werden braucht.
Bonn, den 27. Juni 1953
Frau Dr. Maxsein Berichterstatterin
14164 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Ergänzung zum Schriftlichen Bericht
des Ausschusses für Sozialpolitik
über den Entwurf eines
Sozialgerichtsgesetzes
und
über den Entwurf eines Gesetzes über das
Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Maxsein
Zu dem Entwurf eines Sozialgerichtsgesetzes liegt dem Haus in der Drucksache zu Nr. 4567 ein ausführlicher Schriftlicher Bericht*) vor, der durch folgende Bemerkungen ergänzt wird.
Der vorliegende Entwurf hat den Zweck, dem Auftrag aus Art. 96 des Grundgesetzes nachzukommen und ein oberes Bundesgericht für die Sozialgerichtsbarkeit zu schaffen. Bei dieser Gelegenheit wird der gesamte Aufbau der Sozialgerichtsbarkeit einheitlich neu geordnet, um damit den rechtsstaatlichen Forderungen insbesondere nach der Trennung der Gewalten und nach der Unabhängigkeit des Richters zu genügen. Die Erfüllung dieser Forderungen sichert die Gleichwertigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gegenüber den Gerichten anderer Gerichtsbarkeiten.
Die Notwendigkeit und Dringlichkeit dieser Neuordnung ist allgemein anerkannt und anläßlich der ersten Lesung des Sozialgerichtsgesetzes — Drucksache Nr. 4225 — mit aller Deutlichkeit betont worden. Ein Antrag, der am 12. Juni 1951 von der Fraktion der SPD eingebracht worden war — Drucksache Nr. 2331 —, veranlaßte das Haus, dem Vorschlag des Ausschusses für Arbeit entsprechend die Bundesregierung zu ersuchen, dem Bundestag unverzüglich Gesetzentwürfe über die Arbeitsgerichtsbarkeit und die Sozialgerichtsbarkeit vorzulegen — Drucksache Nr. 2634 —.
*) Siehe Anlage 3 Seite 14160
Die Bundesregierung ist zunächst dem Ersuchen hinsichtlich der Arbeitsgerichtsbarkeit nachgekommen. Kürzlich haben wir das Arbeitsgerichtsgesetz verabschiedet. Die Neuordnung der Sozialgerichtsbarkeit gestaltete sich, wie der Herr Bundesminister für Arbeit anläßlich der ersten Lesung des Entwurfs eines Sozialgerichtsgesetzes in der 262. Sitzung ausführte, schwieriger, da neben der Gerichtsverfassung auch das Gerichtsverfahren nach neuartigen Gesichtspunkten gestaltet werden mußte. Nachdem in kurzem Abstand zwei getrennt eingebrachte Entwürfe, das Sozialgerichtsgesetz und die Sozialgerichtsordnung — Drucksachen Nrn. 4225 und 4357 — dem Ausschuß für Sozialpolitik federführend überwiesen worden waren, haben eingehende Beratungen stattgefunden, die vor allem zu einer Zusammenfassung in einem Gesetzentwurf führten. Es darf hervorgehoben werden, daß die Vertreter der Ministerien durch ihre Mitarbeit bei den Beratungen die abschließende Behandlung der schwierigen Materie wesentlich erleichtert und gefördert haben.
Das Ziel der Sozialgerichtsbarkeit ist es, den Rechtsfrieden im sozialen Bereich zu sichern. Darin begegnen sich Sozialgerichtsbarkeit und Arbeitsgerichtsbarkeit. Trotz des gemeinsamen Endzieles ist der Weg, auf dem es erreicht wird, der Natur der Sache nach grundverschieden. Dieser Umstand führte zu dem Beschluß dieses Hauses, die beiden Gerichtsbarkeiten getrennt zu behandeln. Während die Arbeitsgerichtsbarkeit in starkem Maße un-
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mittelbar auf das Arbeitsverhältnis vor allem auf den Arbeitsfrieden einwirkt und die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch Richterspruch gestaltet und feststellt, befaßt sich die Sozialgerichtsbarkeit mit der Rechtskontrolle von Verwaltungsmaßnahmen, die im öffentlichen Recht ihre Grundlage haben.
Die Verschiedenartigkeit der Gerichtsbarkeiten wird deutlich, wenn man gegenüberstellt, in welcher Weise die Verfahren abgeschlossen werden. Während in der Arbeitsgerichtsbarkeit die vergleichsweise Erledigung stark in den Vordergrund tritt, hat diese Art der Erledigung in der Sozialgerichtsbarkeit weniger Raum. 1952 wurden in Bayern durch die Landesarbeitsgerichte 824 Rechtsstreitigkeiten erledigt; davon endeten 280 allein durch Vergleich — das sind rund 33 % —, ebenfalls ohne streitiges Urteil weitere 330 Fälle, so daß ohne streitiges Urteil rund 74 v. H. aller Fälle erledigt wurden. Das Bayerische Landesversicherungsamt erledigte 1952 als zweite Instanz 4348 Streitfälle; nur 252 wurden ohne streitiges Urteil, also durch Vergleich, Anerkenntnis und Rücknahme des Rechtsmittels, beendet; das sind rund 6 v. H. aller erledigten Streitfälle.
Gleichwohl ist nicht zu leugnen, daß sowohl in der Arbeitsgerichtsbarkeit als auch in der Sozialgerichtsbarkeit weitgehend der gleiche Personenkreis angesprochen wird. Daraus ergibt sich eine gewisse Übereinstimmung in der Problemstellung besonders hinsichtlich des Gerichtsaufbaus und der Verfassung. Die Frage des berufenen Richters in der ersten Instanz und die Mitwirkung des Laienelements in allen Rechtszügen insbesondere auch beim Großen Senat des Bundessozialgerichts waren auch für die Sozialgerichtsbarkeit zu lösen. Der Ausschuß hat in diesen Punkten eine Anlehnung an das Arbeitsgerichtsgesetz gesucht. Dagegen hat der Ausschuß bei einer Beschränkung der Vertretungsbefugnis der Rechtsanwälte in der ersten Instanz nicht den Weg des Arbeitsgerichtsgesetzes gewählt; vor den bisherigen Spruchbehörden und Versorgungsgerichten war in allen Instanzen eine Vertretungsbeschränkung nicht üblich.
In Abweichung von der Verfassung der Gerichte in Arbeitssachen hat der Ausschuß für die zweite Instanz, die Landessozialgerichte, entsprechend der Regierungsvorlage die Einrichtung von Senaten vorgeschlagen und sich nicht für die Kammerverfassung ausgesprochen.
Das Landessozialgericht ist zwar Tatsacheninstanz, weitgehend aber letzte Instanz und entscheidet vorwiegend über die Existenz der Anspruchsberechtigten und ihrer Familien. Das bereits angeführte Beispiel über die Art der Erledigung zeigt, daß in der Sozialgerichtsbarkeit das Schwergewicht schon in der zweiten Instanz in der rechtlichen Würdigung liegt. Das Senatsprinzip verbürgt den Rechtsschutzsuchenden rechtlich zuverlässigere und ausgewogenere Entscheidungen. Wenn darauf hingewiesen wird, daß die mengenmäßige Erledigung der Sreitfälle beim Senatsprinzip zurückbleibe, so trifft dies nach den Untersuchungen, die in verschiedenen Ländern stattgefunden haben, nicht zu. Ebensowenig ist es richtig, daß der finanzielle Aufwand in personeller und sächlicher Hinsicht bei der Senatsverfassung größer sei als bei der Kammerverfassung. Wenn schließlich ins Feld geführt wird, daß personelle Schwierigkeiten bei der Besetzung der Gerichte zu erwarten seien, so kann gerade durch das Senatsprinzip diesen Schwierigkeiten besser gesteuert werden, ohne daß die Qualität der Entscheidungen beeinträchtigt wird.
In der Frage der sachlichen Zuständigkeit bestanden Meinungsverschiedenheiten wegen der Gestaltung des Rechtsschutzes aus Anlaß von Maßnahmen der sozialen Fürsorge nach den §§ 25 bis 27 des Bundesversorgungsgesetzes. In diesem Zusammenhang wurde angeregt, Streitigkeiten aus der Fürsorge generell der Rechtskontrolle der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu unterstellen. Der Ausschuß glaubte in Anbetracht der Dringlichkeit der Vorlage, diese umstrittene Frage nicht zur Grundsatzfrage erheben zu sollen. Sie wird bei der großen Reform des Fürsorgerechts zu erörtern sein; dabei wird dann auch die Teilfrage der §§ 25 bis 27 des Bundesversorgungsgesetzes einer erneuten Prüfung bedürfen.
Bezüglich der Neuordnung des Verfahrens war insbesondere das Vorverfahren in den Beratungen des Ausschusses umstritten. Die Sozialgerichtsbarkeit ist ihrer Aufgabe nach Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit kennt allgemein ein Vorverfahren. Das Ziel dieses Verfahrens, der Verwaltung eine nochmalige Überprüfung ihrer Tätigkeit zu ermöglichen, hat gerade für die Sozialverwaltung eine ganz besondere Bedeutung. Es gewährleistet jedenfalls in der Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung, für die es hauptsächlich in Betracht kommt, eine ständige Kontrolle der Verwaltung durch die Selbstverwaltung. Bei Ermessensleistungen ist es der einzige Weg, um den Anspruchsberechtigten bald zufriedenzustellen. Für die Gerichtsbarkeit selbst bedeutet die Einrichtung des Vorverfahrens die Gewährleistung des Rechtsschutzes, da seit jeher in dieser Gerichtsbarkeit das Problem der Massenhaftigkeit der Streitfälle eine Rolle spielt. Wenn im Entwurf gegenüber dem bisherigen Rechtszustand der Reichsversicherungsordnung die Rechtsmittelbeschränkung aufgelockert wurde, so kann diese Auflockerung nur beibehalten werden, wenn als Äquivalent das Vorverfahren besteht.
Eine besonders für die erste Zeit wichtige Bestimmung spricht sich über die Behandlung der Rekurse und Revisionen aus, über die wegen Fehlens der obersten Spruchinstanz nicht entschieden werden konnte. Um allen gerecht zu werden, soll binnen 6 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes eine nachträgliche Rechtsmitteleinlegung möglich sein, und zwar sowohl für die Anspruchsberechtigten als auch für die Verwaltungsstellen. Eine Beschränkung auf die Anspruchsberechtigten würde dem Grundsatz der Gleichbehandlung widersprechen. Es bleibt zu bedenken, daß die Verwaltung in den Fällen, in denen sie ein Rechtsmittel für notwendig gehalten hat, dieses auch eingelegt haben wird, so daß es ohnehin behandelt werden muß. Das gilt für den Bereich der Sozialversicherung. Die Versorgungsbehörden in der Kriegsopferversorgung werden eine generelle Überprüfung bei der Fülle der sonstigen Aufgaben gar nicht vornehmen können.
Ich habe versucht, kurz die wichtigsten Unterschiede in den Auffassungen aufzuzeigen und darf wegen Einzelheiten auf den schriftlichen Bericht verweisen.
Bonn, den 3. Juli 1953
Frau Dr. Maxsein
Berichterstatterin
14136 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftliche Erklärung
des Abgeordneten Dr. Richard Jaeger (CSU)
gemäß S 59 der Geschäftsordnung
zur Schlußabstimmung
des Entwurfs eines
Sozialgerichtsgesetzes
Ich habe gegen den Entwurf gestimmt, da ich gegen die durch § 6 Abs. 2 gegebene Möglichkeit der Berufung von Laien als Vorsitzenden eines Gerichts grundsätzliche Bedenken habe. Meines Erachtens bedeutet diese Regelung, die sich an die für die Arbeitsgerichte getroffene anlehnt, eine weitere Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit im Aufbau der deutschen Gerichte.
Bonn, den 3. Juli 1953
Dr. Jaeger
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 1410
Anlage 6 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Sozialpolitik
über den Entwurf eitles Gesetzes betreffend das
Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation
vom 28. Juni 1951
über die Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen in der Landwirtschaft
Berichterstatter: Abgeordneter Heix
Das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, um dessen Ratifikation es sich hier handelt, verpflichtet die Mitgliedsstaaten, geeignete Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen für Arbeitnehmer in landwirtschaftlichen Betrieben und verwandten Tätigkeiten einzurichten. Die Ausgestaltung dieses Verfahrens im einzelnen ist den Mitgliedsstaaten überlassen, jedoch sind die Mitgliedsstaaten gehalten, die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. ihre Verbände bei der Regelung des Verfahrens oder der Festsetzung der Löhne heranzuziehen. Die festgesetzten Mindestlöhne sind grundsätzlich unabdingbar; eine teilweise Abgeltung durch Deputate, wie sie in der Landwirtschaft vielfach üblich sind, ist jedoch auch nach dem Übereinkommen zugelassen.
Wir haben in der Bundesrepublik ein ausgedehntes, auch die Möglichkeit der Allgemeinververbindlicherklärung vorsehendes Tarifsystem; dieses System umfaßt auch die Landwirtschaft, in der das Lohnproblem ja eine besondere Rolle spielt. Daneben ist durch das im Januar 1952 vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen in gewissem Umfange auch die Möglichkeit staatlicher Mindestlohnfestsetzungen unter Mitwirkung der Sozialpartner geschaffen worden. Mit diesen Bestimmungen ist nach Auffassung des Auschusses eine hinreichende Grundlage für die Ratifikation des vorliegenden Übereinkommens gegeben. Eine solche Ratifikation würde darüber hinaus geeignet sein, dem guten Willen der Bundesrepublik zur Aktivierung der internationalen Zusammenarbeit auf sozialem Gebiet Ausdruck zu verleihen.
Der Ausschuß empfiehlt dem Hause daher die Annahme des Entwurfs.
Martin Heix
Berichterstatter
14168 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
Anlage 7 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Außenhandelsfragen
über den Entwurf eines Gesetzes betreffend das
Abkommen zwischen den Rheinuferstaaten und Belgien
vom 16. Mai 1952
über die zoll- und abgabenrechtliche Behandlung des Gasöls,
das als Schiffsbedarf in der Rheinschiffahrt verwendet wird
Berichterstatter: Abgeordneter Kuhlemann
Das Abkommen, das bereits von Belgien, Frankreich und der Schweiz ratifiziert worden ist, hat zum Ziel, durch Beseitigung der Abgaben für das zum Betrieb der Rheinschiffe verwendete Gasöl und durch das Verbot von benachteiligenden und begünstigenden Maßnahmen, die die Preisbildung beeinflussen, insbesondere von Subventionen im gesamten Rheinstromgebiet für diesen wichtigen Betriebsstoff der Schiffahrt eine gleichförmige Preisbildung nach den Gesetzen des Marktes zu gewährleisten. Damit soll die Wettbewerbslage der Rheinflotten der beteiligten Länder auf einem wesentlichen Gebiet gleichartig gestaltet werden. Gleichzeitig soll dadurch der Vorsprung, den die ausländische Rheinschiffahrt bisher mit ihren billigen Gasölpreisen gegenüber der deutschen Rheinschifffahrt hatte, in wirksamerer Weise beseitigt werden, als es durch die Betriebsbeihilfe in Verbindung mit dem bisher bestehenden Zollschutz möglich war. durch das Abkommen wird außerdem eine jahrzehntelange Meinungsverschiedenheit in der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt in einer Weise beigelegt, die der immer enger werdenden Verflechtung der Wirtschaft der beteiligten Staaten Rechnung trägt, eine Stabilisierung auf dem Rheinfahrtenmarkt ermöglicht und für die Bundesfinanzen keine Nachteile mit sich bringt.
Der Ausschuß empfiehlt daher im Einvernehmen mit den mitberatenden Ausschüssen für Verkehrswesen und für Finanz- und Steuerfragen die Annahme der Gesetzesvorlage mit der im Mündlichen Bericht enthaltenen Neufassung des Art. 3 Abs. 1.
Kuhlemann
Berichterstatter
Deutscher Bundesfan — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 1416g
Anlage 8 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Beamtenrecht
über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der
Polizeivollzugsbeamten des Bundes
Berichterstatter: Abgeordneter Etzenbach
I. Allgemeines
Bei den Beratungen über den Entwurf des Bundesbeamtengesetzes ergab sich auch die Notwendigkeit, die Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes besonders zu regeln. Für diesen Personenkreis galt bisher das auf dem Deutschen Beamtengesetz von 1937 begründete Deutsche Polizeibeamtengesetz vom 24. Juni 1937. Dieses Gesetz ist nicht nur durch die veränderten staatsrechtlichen und organisatorischen Verhältnisse in wesentlichen Punkten gegenstandslos geworden, sondern es verliert nunmehr auch mit der im Bundesbeamtengesetz vorgesehenen Aufhebung des Deutschen Beamtengesetzes von 1937 seine Rechtsgrundlage. Eine gesetzliche Neuregelung ist damit unvermeidbar geworden. Es erschien lediglich als eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob die neuzuschaffenden Sondervorschriften für Polizeivollzugsbeamte in das Bundesbeamtengesetz selbst aufgenommen oder in einem besonderen Gesetz zusammengefaßt werden sollen, das gleichzeitig mit dem Bundesbeamtengesetz in Kraft tritt. Vor diese Wahl gestellt, hat sich der Beamtenrechtsausschuß für ein besonderes Gesetz entschieden. Er war der Auffassung, daß der Gegenstand nach seinem Inhalt und Umfang ein selbständiges Gesetz erfordere und daß deshalb eine Regelung im Rahmen des Bundesbeamtengesetzes nicht zweckmäßig sei. Die Fraktionen der Regierungskoalition haben sich dieser Ansicht angeschlossen und dem Bundestag als Initiativantrag den Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes — Nr. 4307 der Drucksachen — unterbreitet.
Der Entwurf wurde vom Plenum in der 266. Sitzung am 13. Mai 1953 dem Ausschuß für Beamtenrecht federführend und dem Ausschuß für innere Verwaltung zur Beratung überwiesen.
Ausgehend von § 190 des Bundesbeamtengesetzes, nach dem für die Polizeivollzugsbeamten des Bundes die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften gelten, soweit gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben ist, kam es darauf an, in dem vorliegenden Gesetzentwurf alle vom Bundesbeamtengesetz abweichenden Vorschriften zusammenzufassen. Eine solche Sonderregelung der beamtenrechtlichen Verhältnisse der Polizeivollzugsbeamten hatte sich bereits in der früheren Gesetzgebung als notwendig erwiesen; auch in einzelnen Ländern der Bundesrepublik ist nach 1945 dieser Weg wieder beschritten worden. Andererseits war der Beamtenrechtsausschuß der Auffassung, daß das Gesetz nur eine vorläufige Regelung treffen solle, soweit die gegebenen Verhältnisse eine solche unumgänglich notwendig erscheinen ließen. Einer endgültigen Regelung, deren Ziel es sein muß, das in Bund und Ländern geltende Polizeibeamtenrecht möglichst einheitlich zu gestalten, soll nicht vorgegriffen werden. Deshalb hielt der Beamtenrechtsausschuß es in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für innere Verwaltung für ratsam, die Geltung des Gesetzes bis zum 30. September 1955 zu befristen. Damit ist zugleich zum Ausdruck gebracht, daß dem Entwurf nicht die Bedeutung eines Rahmengesetzes zukommt und daß daher der Weg zu einer umfassenden Neuregelung des Polizeibeamtenrechts in Bund und Ländern offen bleibt. Bei Abfassung der Gesetzesvorlage hat der Beamtenrechtsausschuß sich auf solche Vorschriften beschränkt, die die besondere Stellung der Polizeivollzugsbeamten des Bundes, in erster Linie des Bundesgrenzschutzes, zum Gegenstand haben. Im einzelnen ist hierzu folgendes zu bemerken:
14170 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
II. Zu den einzelnen Vorschriften
1. Zu § 1
Der Einsatz von Polizeivollzugsbeamten des Bundes ergibt sich einmal aus der auf Artikel 87 Abs. 1 des Grundgesetzes beruhenden Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden und der Errichtung einer Zentralstelle für die Kriminalpolizei. Bei beiden Einrichtungen handelt es sich um Sonderpolizeibehörden mit echten polizeilichen Aufgaben, die in dem Gesetz über den Bundesgrenzschutz vom 16. März 1951 und in dem Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes vom 8. März 1951 dem Bund übertragen worden sind. Daneben müssen auch die im Bundesministerium des Innern tätigen, mit der Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach Artikel 91 Abs. 2 GG betrauten Beamten die Stellung und die Rechte von Polizeivollzugsbeamten besitzen.
Das Gesetz beschränkt sich darauf, die Voraussetzungen für die Eigenschaft eines Polizeivollzugsbeamten des Bundes allgemein zu bezeichnen; die nähere Bestimmung der Beamtengruppen, die zu den Polizeivollzugsbeamten des Bundes gehören, muß, da eine katalogmäßige Aufzählung den Rahmen des Gesetzes sprengen würde, einer Regelung durch Rechtsverordnung, die der Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen erläßt. vorbehalten bleiben. Dies entspricht sowohl dem Polizeibeamtengesetz von 1937 als auch der in den Ländern geltenden Regelung.
2. Zu § 2
Wie einleitend bereits betont, gelten für die Polizeivollzugsbeamten des Bundes die allgemeinen Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes, soweit dieses Gesetz keine Sonderregelungen trifft.
3. Zu § 3
Die Wahrnehmung der den Bundesgrenzschutzbehörden übertragenen Aufgaben erfordert die Aufstellung einsatzbereiter, für den Außendienst jederzeit voll verwendungsfähiger Polizeiformationen. Innerhalb dieses Aufgabenbereichs kann nur ein verhältnismäßig geringer Prozentsatz der Beamten mit der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit rechnen. Dazu gehören die Grenzschutzoffiziere, die Grenzschutzmeister und etwa die Hälfte der Hauptwachtmeister im Bundesgrenzschutz, die insgesamt etwa 25 v. H. der Gesamtstärke ausmachen. Der Rest der Beamten muß sich mit der Rechtsstellung als Widerrufsbeamter abfinden. Der Bund hat keine Möglichkeit, sämtliche Polizeivollzugsbeamten in Beamtenstellen auf Lebenszeit zu übernehmen, wie sie beispielsweise in den Ländern durch Übernahme der Beamten der Bereitschaftspolizei in den polizeilichen Einzeldienst oder in andere Dienstzweige gegeben ist.
Diese Verhältnisse machen auch eine besondere Laufbahnregelung für die Polizeivollzugsbeamten des Bundes erforderlich, die der Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen durch Rechtsverordnung trifft.
4. Zu § 4
Die Polizeivollzugsbeamten müssen, soweit ihre Gemeinschaftsaufgabe es erfordert, zum gemeinsamen Wohnen und zur Teilnahme an gemeinsamer Verpflegung verpflichtet werden können. Diese Regelung, die den herkömmlichen Verhältnissen des Polizeidienstes entspricht und auch in dem von den Ländern vorbereiteten Modellentwurf eines Polizeibeamtengesetzes vorgesehen ist, wird im wesentlichen auf die jüngeren unverheirateten Polizeibeamten beschränkt bleiben.
5. Zu § 5
Aus den gleichen Gründen, die für eine gemeinsame Unterbringung gelten, müssen die Polizeivollzugsbeamten auch eine Heiratsbeschränkung in Kauf nehmen. Sie ist auf Beamte mit einer Dienstzeit bis zu 6 Jahren oder bis zu einem Lebensalter von 27 Jahren beschränkt. Bis dahin kann die Heiratserlaubnis nur in Ausnahmefällen erteilt werden, wenn die Einsatzbereitschaft der Grenzschutzeinheiten nicht beeinträchtigt werden soll. Sowohl die Verpflichtung zum gemeinsamen Wohnen als auch die Heiratserlaubnis ist dem Dienstvorgesetzten, im Bundesgrenzschutz mindestens also dem Hundertschaftsführer, vorbehalten. Gegen die Verweigerung der Heiratserlaubnis steht den Beamten der Beschwerdeweg offen. Den Polizeivollzugsbeamten soll es nach erlaubter Eheschließung gestattet sein, außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Eine entsprechende Regelung wird durch die nach § 4 Satz 2 vorgesehene Rechtsverordnung erfolgen.
6. Zu § 6
Die besonderen Anforderungen, die an einen Polizeibeamten gestellt werden müssen, machen es nötig, den Begriff der Polizeidienstunfähigkeit, abweichend von den Vorschriften des § 31 Abs. 1 Nr. 3 und des § 42 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes, schärfer zu umreißen. Diese erhöhten Anforderungen an die Leistungsfähigkeit müssen einheitlich an alle Polizeivollzugsbeamten, also auch an die bei Stäben, Schulen usw. tätigen Beamten gestellt werden, weil auch diese von Zeit zu Zeit im Außendienst eingesetzt werden müssen, um sich die Erfahrungen der Praxis anzueignen und jederzeit auch für den Einsatz verwendbar zu sein.
Um jedoch den Polizeivollzugsbeamten vor jedem Ermessensmißbrauch zu schützen, schreibt Absatz 2 ausdrücklich vor, daß die Polizeidienstunfähigkeit durch den Dienstvorgesetzten auf Grund des Gutachtens eines beamteten Arztes festzustellen ist. Bei der Frage, ob das Gutachten von einem Amtsarzt oder auch von einem beamteten Arzt, insbesondere von einem Grenzschutzarzt, zu erstatten ist, hat sich der Beamtenrechtsausschuß für den beamteten Arzt entschieden. Er ließ sich dabei von der Auffassung leiten, daß die Prüfung der Polizeidienstunfähigkeit von einem Arzt vorgenommen werden müsse, dem die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes in vollem Umfange vertraut seien. Dabei bleibt die Möglichkeit gegeben, die Nachprüfung eines solchen Gutachtens im Dienstaufsichtswege durch den Kommandoarzt und durch den ärztlichen Referenten im Bundesministerium des Innern herbeizuführen.
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7. Zu § 7
Wie bereits zu § 3 ausgeführt, können die Bundesgrenzschutzbeamten nur in beschränktem Umfange mit ihrer Ernennung zu Beamten auf Lebenszeit rechnen. Für die größere Zahl der Widerrufsbeamten muß die Dienstzeit daher so bemessen werden, daß sie in einem Lebensalter zur Entlassung kommen, in dem sie noch verhältnismäßig leicht im freien Berufsleben der Wirtschaft unterzubringen sind. Diesem Gesichtspunkt trägt § 7 Rechnung, der von einer Normaldienstzeit von 7 Jahren ausgeht. Abweichungen sind mit Zustimmung des Beamten nur für Ausnahmefälle vorgesehen. In dieser Regelung liegt eine bewußte Abkehr von der früher allgemein üblich gewesenen zwölfjährigen Dienstzeit, nach deren Ableistung der Beamte sich meist in einem Alter befand, das seine Aufnahme in das freie Erwerbsleben erschwerte.
Absatz 2 sieht die Möglichkeit einer Anrechnung von Vordienstzeiten in Bund, Ländern und Gemeinden vor. Die Anrechnung hat hier eine andere Bedeutung als z. B. bei der Anrechnung von Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter, weil jede Anrechnung nach § 7 Abs. 2 im Endergebnis eine Verkürzung der Normaldienstzeit nach Abs. 1 und damit ein vorzeitiges Ausscheiden des Beamten, allerdings mit der vorgesehenen Abfindung, zur Folge hat. Um jede willkürliche Handhabung der Anrechnungsvorschrift auszuschließen, ist daher im Gesetz vorgesehen, daß über jede Anrechnung bei der Berufung in das Beamtenverhältnis zu entscheiden ist; außerdem bedarf sie der Zustimmung des Bewerbers.
8. Zu § 8
Mit Rücksicht darauf, daß die Polizeivollzugsbeamten im Bund — anders als in den Ländern — von vornherein für eine begrenzte Dienstzeit eingestellt werden, sieht § 8 Abs. 1 nach einer Ausbildungszeit von 12 Monaten einen verstärkten Rechtsschutz gegen Entlassungen vor, wie er sonst in der Regel nur für Beamte auf Probe besteht. Eine verbesserte Rechtsstellung ist dabei noch den Polizeivollzugsbeamten mit mehr als 3 Dienstjahren eingeräumt, für die eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung ausgeschlossen bleiben soll. Dem Rechtsschutz ,des Polizeivollzugsbeamten dient ferner, daß er vor der Entlassung gehört werden soll (§ 8 Abs. 3). Schließlich kann nach § 8 Abs. 4 die von einem Polizeivollzugsbeamten beantragte Entlassung im öffentlichen Interesse 'bis zur Dauer von 6 Monaten hinausgeschoben werden; diese Regelung entspricht den besonderen Bedürfnissen des Polizeidienstes, um zu verhindern, daß insbesondere in Krisenzeiten durch eine Abwanderung von Polizeikräften die Einsatzfähigkeit beeinträchtigt werden könnte.
9. Zu § 9
Der im Bundesgrenzschutz mit der Berufsförderung beschrittene Weg ist eine bewußte Abkehr von dem früheren Versorgungsanwärtersystem. An seine Stelle tritt die Vorbereitung für den von dem Polizeibeamten nach seiner Entlassung angestrebten Lebensberuf. Da für eine andere Verwendung im Bundesdienst nur geringe Möglichkeiten vorhanden sind und der natürliche Übergang in andere Polizeizweige, insbesondere in den Dienst der Länderpolizeien, z. Zt. ebenfalls noch auf Schwierigkeiten stößt, müssen Berufsförderungsmaßnahmen vorgesehen werden, die einen reibungslosen Übergang in den freien Beruf ermöglichen. Die während der Dienstzeit auf Kosten des Bundes vorgesehene Berufsförderung umfaßt dabei
a) die Förderung des allgemeinberuflichen Wissens durch die Grenzschutzfachschulen und
b) die Ausbildungsmaßnahmen für den künftigen Zivilberuf.
Dabei bildet die Grenzschutzfachschule das Fundament für die spätere zivilberufliche Ausbildung. Diese soll die Polizeibeamten unter gleichzeitiger Nutzbarmachung vorhandener Ausbildungsstätten, Fachschulen und Werkstätten neben der Dienstbereitschaft für folgende Tätigkeiten vorbereiten:
a) Verwendung in Verwaltungen des Bundes, der Länder und Gemeinden,
b) Verwendung im Handwerk,
c) Verwendung im Handel und in der Industrie.
Bei der Entscheidung, welche Ausbildungsmöglichkeiten den Polizeivollzugsbeamten eröffnet werden, soll neben den vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten vor allem die Eignung des Beamten für einen bestimmten Beruf berücksichtigt werden.
l0. Zu § 10
Neben der Berufsförderung soll dem Polizeivollzugsbeamten auf Widerruf bei seinem Ausscheiden eine Übergangsbeihilfe gewährt werden, die ihm den Übergang in das Berufsleben erleichtern soll. Das in § 154 des Bundesbeamtengesetzes vorgesehene Übergangsgeld reicht hierfür nicht aus. Abweichend hiervon ist deshalb eine Übergangsbeihilfe vorgesehen, die nach 2 Dienstjahren mit dem Zweifachen der letzten Monatsbezüge beginnt, sich mit 5 Dienstjahren auf das Sechsfache, mit 7 Dienstjahren auf das Vierzehnfache erhöht und mit 12 Jahren das Zwanzigfache der letzten Monatsbezüge erreicht.
Die Gründe, die nach dem Bundesbeamtengesetz die Zahlung des Übergangsgeldes ausschließen, gelten auch für die Übergangsbeihilfe. Bei der Berechnung der Dienstzeit, nach der sich die Höhe der Übergangsbeihilfe bemißt, sind anrechenbare Vordienstzeiten nach den §§ 7 und 19 zu berücksichtigen.
Die Absätze 3 bis 5 des § 10 regeln die Zahlungsweise der Übergangsbeihilfe.
11. Zu § 11 ,
zu § 12
und
zu § 13
Die Sicherung einer ausreichenden Versorgung bei Dienstbeschädigung und Dienstunfall ist not-
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wendige Voraussetzung für die von jedem Polizeivollzugsbeamten erwartete Einsatzbereitschaft. § 11 begründet deshalb für einen wegen Dienstbeschädigung entlassenen Polizeivollzugsbeamten auf Widerruf für die Dauer der durch diese Beschädigung verursachten Erwerbsbeschränkung einen Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages, dessen Höhe sich nach den Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes bemißt. Entsprechendes gilt für die Hinterbliebenen der Beamten. Beruht die Polizeidienstunfähigkeit nicht auf einer Dienstbeschädigung, so kann dem entlassenen Beamten oder seinen Hinterbliebenen eine Versorgung nach Maßgabe des § 12 gewährt werden. Liegt ein Dienstunfall vor, so finden nach § 13 für die Versorgung des Polizeibeamten auf Widerruf und seiner Hinterbliebenen die hierfür geltenden weitergehenden Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes Anwendung.
12. Zu § 14
Die Vorschrift bestimmt, daß der Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf, falls er nach Beendigung seiner Dienstzeit nicht entlassen wird, zum Beamten auf Lebenszeit ernannt wird, sofern er die allgemeinen beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt und die vorgeschriebenen Fachprüfungen abgelegt hat.
13. Zu § 15
Besondere Altersgrenzen für Beamte im Polizeivollzugsdienst sind seit jeher allgemein üblich gewesen und fanden zuletzt ihre Regelung im § 15 des Deutschen Polizeibeamtengesetzes von 1937. Die bisherigen Erfahrungen im Bundesgrenzschutz machen es notwendig, besondere Altersgrenzen auch in das neue Gesetz zu übernehmen. Sie finden ihre Rechtfertigung vor allem darin, daß für die Angehörigen des Bundesgrenzschutzes im Gegensatz zu den Angehörigen der Bereitschaftspolizeien der Länder eine Möglichkeit zur Überführung in den polizeilichen Einzeldienst nicht besteht. Die Festlegung des 60. Lebensjahres als oberste Altersgrenze entspricht der auch in den meisten Bundesländern getroffenen Regelung. Für Polizeiführer müssen im Hinblick auf die an sie zu stellenden besonderen Anforderungen frühere Altersgrenzen festgelegt werden. Wie von Regierungsseite im Ausschuß verlautete, sind in einer Vereinbarung zwischen dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister des Innern folgende Altersgrenzen vorgesehen:
a) für Beamte der Bes.Gr. A 4 f das 53. Lebensjahr;
b) für Beamte der Bes.Gr. A 3 e das 54. Lebensjahr;
c) für Beamte der Bes.Gr. A 2 c 2 und A' 2 b (Oberstleutnante i. BGS) mit Ausnahme der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei und der Sanitätsbeamten das 57. Lebensjahr;
d) für alle übrigen Beamten des Vollzugsdienstes das 60. Lebensjahr.
Eine Hinausschiebung der Altersgrenze ist nur beim Vorliegen dringender dienstlicher Rücksichten der Verwaltung und nur jeweils um ein Jahr, insgesamt jedoch nicht um mehr als 5 Jahre zulässig, d. h. für Grenzschutzleutnante und Grenzschutzoberleutnante bis zum 58. Lebensjahr, für Grenzschutzhauptleute bis zum 59., für Grenzschutzmajore und Oberstleutnante bis zum 62., für alle übrigen Polizeivollzugsbeamten bis zum 65. Lebensjahr.
14. Zu § 16
Die besonderen dienstlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes erfordern eine Vorschrift, die eine Zurruhesetzung von Polizeibeamten auf Lebenszeit allgemein auch dann zuläßt, wenn sie bei sonstiger Eignung den besonderen Anforderungen des Polizeidienstes nicht mehr entsprechen. Eine derartige Regelung war schon im preußischen Polizeibeamtengesetz vom 31. Juli 1927 enthalten; sie beschränkte sich damals auf Polizeioffiziere. Das Deutsche Polizeibeamtengesetz von 1937 verschärfte in seinem § 16 die bis dahin geltende Regelung, indem es die Entscheidung im wesentlichen dem Ermessen des Dienstvorgesetzten überließ. Demgegenüber macht Abs. 2 der hier vorgeschlagenen Regelung die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand von 'dem Gutachten eines unabhängigen Ausschusses abhängig, dessen Zusammensetzung die Gewähr dafür gibt, daß bei der Entscheidung jede Willkür ausgeschlossen ist. Darüber hinaus steht dem Beamten gegen die Entscheidung der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten offen.
15. Zu § 17
Die Einführung einer verbesserten Ruhegehaltberechnung soll es den Polizeivollzugsbeamten, die nach § 15 Abs. 2 mit einer um mehr als 5 Jahre verkürzten Altersgrenze in den Ruhestand treten, ermöglichen, die Höchstpension von 75 v. H. zu erreichen.
16. Zu § 18
Die Diensttätigkeit der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei läßt es nicht erforderlich erscheinen, die im wesentlichen auf die Beamten des Bundesgrenzschutzes zugeschnittenen Sondervorschriften dieses Gesetzes in vollem Umfange auf sie anzuwenden. Für sie gelten deshalb neben den grundlegenden §§ 1 und 2 nur die Vorschriften über die Polizeidienstunfähigkeit und über die Altersgrenze (§ 15 mit Ausnahme des Abs. 2 Satz 1).
17. Zu § 19
Es erschien geboten, über die in § 7 allgemein vorgesehene Anrechnung von Vordienstzeiten hinaus in den Übergangsvorschriften auch die Anrechnung solcher Vordienstzeiten vorzusehen, die im Polizeivollzugsdienst des Reiches, der früheren Wehrmacht oder des früheren Reichsarbeitsdienstes zurückgelegt worden sind. Damit soll insbesondere den als Ausbilder in den Bundesgrenzschutz eingestellten älteren Beamten ein früheres Ausscheiden möglich gemacht werden.
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18. Zu § 22
Ebenso wie beim Bundesbeamtengesetz ist auch beim vorliegenden Gesetz als Zeitpunkt des Inkrafttretens der 1. September 1953 vorgesehen.
Da das Gesetz nach der eingangs gegebenen Begründung ausdrücklich als „vorläufiges Gesetz" bezeichnet wird, soll seine Geltung bis zum 30. September 1955 befristet werden.
Bonn, den 16. Juni 1953
Etzenbach
Berichterstatter
14174 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
Anlage 9 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Ergänzung zum Schriftlichen Bericht
des Ausschusses für Beamtenrecht
über den Entwurf eines Gesetzes zur
vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse
der Polizeivollzugsbeamten des Bundes
Berichterstatter: Abgeordneter Etzenbach
Das auf dem Deutschen Beamtengesetz von 1937 begründete Deutsche Polizeibeamtengesetz vom
24. Juni 1937 ist durch die veränderten staatsrechtlichen und organisatorischen Verhältnisse in wesentlichen Punkten gegenstandslos geworden. Es hat dazu durch die Aufhebung des Beamtengesetzes von 1937 seine Rechtsgrundlage verloren. Bei den Beratungen des Bundesbeamtengesetzes, das das Hohe Haus kürzlich in dritter Lesung verabschiedet hat, hat sich der Beamtenrechtsausschuß aus Zweckmäßigkeitsgründen dahin entschieden, die Sondervorschriften für die Polizeivollzugsbeamten des Bundes nicht in das Bundesbeamtengesetz aufzunehmen, sondern hierfür ein besonderes Gesetz zu erlassen. Die Fraktionen der Regierungskoalition schlossen sich dieser Auffassung an. Sie legten am
25. April d. J. mit Drucksache Nr. 4307 als Initiativantrag den Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes vor. Der Entwurf wurde vom Plenum in der 266. Sitzung dem Auschuß für Beamtenrecht federführend und dem Ausschuß für innere Verwaltung zur Mitberatung überwiesen.
Diese Ausschüsse haben an den Bestimmungen des Gesetzentwurfs nur unwesentliche Änderungen vorgenommen, die Ihnen in Drucksache Nr. 4488 vorliegen. Es muß betont werden, daß das Gesetz nur eine vorläufige Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes zum Ziel hat. Es soll nach dem Vorschlag der Ausschüsse
am 1. September 1953 in Kraft und mit Ablauf des 30. September 1955 außer Kraft treten. Die Drucksache Nr. 4488 enthält insofern einen Irrtum, als dort als Zeitpunkt des Inkrafttretens der 1. Juli 1953 angegeben ist. Hier muß es also „1. September 1953" heißen.
Der einheitlichen Regelung des Polizeibeamtenrechts in Bund und Ländern soll durch dieses Gesetz nicht vorgegriffen werden, wie es auch diese Gesetzgebung weder präjudizieren noch ihr als Rahmengesetz dienen soll. Es will insbesondere keinen Einfluß auf die seit zwei Jahren laufenden Beratungen über einen Modell-Entwurf für ein Landespolizei-Gesetz in dem hierfür eingesetzten Arbeitskreis der Länder nehmen.
Ich darf noch darauf hinweisen, daß auch alle im Ministerium in Planstellen tätigen Bundesgrenzschutzbeamten unter das Gesetz fallen. Im übrigen beziehe ich mich auf den vorliegenden Bericht, Drucksache Nr. 4488.
Entsprechend den Beschlüssen der beiden beteiligten Ausschüsse darf ich Sie bitten, dem Gesetzentwurf mit den aus der Vorlage ersichtlichen Änderungen, im übrigen unverändert zuzustimmen.
Bonn, den 3. Juli 1953
Etzenbach
Berichterstatter
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14175
Anlage 10 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Arbeit
über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf
eines Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung
und Arbeitslosenversicherung
Berichterstatter: Abgeordneter Sabel
Der obengenannte Gesetzentwurf wurde in der 265. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 12. Mai 1953 dem Ausschuß für Arbeit überwiesen. Dem Gesetzentwurf lag zunächst die Absicht zugrunde, dort eine Anhebung der Arbeitslosenunterstützung zu erreichen, wo eine fremdberufliche Tätigkeit mit geringerem Einkommen nur das Anrecht auf eine niedrigere Arbeitslosenunterstützung gab. Hinzu sollte die Anpassungsmöglichkeit der Arbeitslosenunterstützung gegeben sein in den Fällen, wo durch Lohnerhöhung die Entgelte, nach denen die Unterstützung errechnet wurde, eine Erhöhung erfahren hatten. Dann war dem Antrag eine neue Unterstützungstabelle beigefügt, um eine generelle Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung zu erzielen.
Der Ausschuß hat in fünf Sitzungen sich mit dem Antrag beschäftigt. Dabei kam er zu der Auffassung, daß eine Neuregelung der Arbeitslosenversicherung eine entsprechende Neuregelung der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung einschließen müsse, um das Verhältnis beider Einrichtungen zueinander sicherzustellen. Bezüglich der Errechnungsgrundlage für die Arbeitslosenunterstützung hat der Ausschuß die Auffassung vertreten, daß es bei der bisherigen Regelung verbleiben müsse, da die Unterstützung in einem bestimmten Verhältnis zu dem erzielten Lohn stehen muß. Im übrigen wirken sich Lohnänderungen in der Arbeitslosenunterstützung schnell aus, da die Errechnung der Unterstützung auf dem Arbeitsentgelt der letzten dreizehn Wochen beruht. Anders ist die Situation in der Arbeitslosenfürsorge. Bei langfristigem Unterstützungsbezug hat die Lohnentwicklung in der Unterstützungshöhe keine Auswirkung gefunden. Durch das Gesetz über die Bemessung und Höhe der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung vom 29. März 1951 erfolgte bereits eine Anpassung. Die Lohnentwicklung der letzten Jahre machte nach der Auffassung des Ausschusses für Arbeit eine weitere Anpassung notwendig.
Zu § 1:
§ 1 enthält eine wesentliche Änderung des § 99 AVAVG, indem die Verlängerung der Bezugsdauer für die Arbeitslosenunterstützung bei langfristigeren Beschäftigungsverhältnissen vorgeschlagen wird. Die Unterstützungsdauer war bisher auf sechsundzwanzig Wochen begrenzt. Diese Höchstdauer konnte bereits dann in Anspruch genommen werden, wenn die Beschäftigungsdauer zweiundfünfzig Wochen innerhalb der Rahmenfrist betrug. Nunmehr soll die Unterstützungsdauer eine Ausweitung erfahren bei langfristigeren Beschäftigungsverhältnissen, und zwar gestaffelt in vier Steigerungen. Dieser Vorschlag entspricht schon oft vorgetragenen Wünschen; dazu bringt die genannte Ausweitung eine Entlastung der Arbeitslosenfürsorge, die notwendig war, um auf der anderen Seite der Arbeitslosenfürsorge eine neue zusätzliche Belastung zu ermöglichen.
Zu § 2:
Im § 2 wird eine neue Unterstützungstabelle zu § 105 AVAVG in Vorschlag gebracht. Die Tabelle enthält wesentliche Änderungen der Arbeitslosenunterstützungssätze, insbesondere in den häheren Lohngruppen, um die zu große Differenz zwischen Arbeitsentgelt und Unterstützung zu reduzieren. Die Lohnentwicklung machte diese Korrektur notwendig, da die Zahl der zu den mittleren und höheren Lohngruppen zählenden Arbeitnehmer eine wesentliche Erhöhung erfahren hat. Nach einer Aufstellung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gehörten z. B. am 31. Januar 1950 6,5 % der männlichen Hauptunterstützungsempfänger zu der Lohngruppe mit Wochenlöhnen von 72,— DM und darüber; am 28. Februar 1953 gehörten der gleichen Gruppe bereits 47,4 % der männlichen Hauptunterstützungsempfänger an. Eine ähnliche Entwicklung ist bezüglich der anderen Unterstützungsempfänger festzustellen. Die vorgeschlagene Unterstützungstabelle
14176 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
beruht auf Vorarbeiten zu einer Novelle zum AVAVG. Diese Novelle konnte dem Bundestag leider noch nicht zugeleitet werden. Die Anwendung der Lohntabelle bedeutet einen Vorgriff auf diese Novelle.
Zu § 3:
Im § 3 wird eine Neuregelung der Beitragsleistung der Arbeitslosen- und Arbeitslosenfürsorgeunterstützungsempfänger zur Krankenversicherung in Vorschlag gebracht. Im Absatz 1 wird als Berechnungsgrundlage für den Grundlohn an Stelle von zwei Siebenteln des wöchentlichen Unterstützungsbetrages nunmehr ein Fünftel vorgeschlagen. Die Herabsetzung des Beitrages der Arbeitslosen- und Arbeitslosenfürsorgeunterstützungsempfänger zur Krankenversicherung bringt sowohl eine Entlastung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung als auch eine Entlastung des Haushalts durch die Reduzierung der Beiträge für die Arbeitslosenfürsorgeunterstützungsempfänger. Die Beitragsreduzierung ist den Krankenkassen zuzumuten. Nach den vorliegenden Feststellungen hat die bisherige Regelung dazu geführt, daß der Durchschnittsbeitrag der Arbeitslosen- und Arbeitslosenfürsorgeunterstützungsempfänger zur Krankenversicherung höher lag als der Durchschnittsbeitrag der beschäftigten Personen. Die Krankheitsfälle bei den Unterstützungsbeziehern lagen jedoch nach den gemachten Feststellungen etwa auf der Hälfte der Krankheitsfälle von beschäftigten Personen. Hinzu kommt, daß die Beitragsreduzierung von den Krankenkassen getragen werden kann, da die vorgeschlagenen Unterstützungserhöhungen zu einer wesentlichen Erhöhung der Beitragsleistung führen. Weiterhin ist in der Arbeitslosenfürsorge die Einbeziehung der Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln mit insgesamt 50 Millionen DM vorgesehen, für die bisher Beiträge zur Krankenversicherung nicht geleistet wurden, nunmehr aber bei entsprechender Regelung geleistet werden müßten.
Zu § 4:
Im § 4 ist vorgeschlagen, daß auch für die Bemessung und Höhe der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung die bisherige Tabelle durch eine neue
Tabelle ersetzt wird. Diese Tabelle bringt die entsprechende Anpassung der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung an die vorgeschlagene Erhöhung in der Arbeitslosenunterstützung. Hinzu kommt, daß in der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung eine Ausweitung der Vergütungsgruppen erfolgt entsprechend der Regelung in der Arbeitslosenversicherung. Nunmehr ist das Höchstwochenentgelt, das der Unterstützung zugrunde gelegt wird, auf 116 DM festgesetzt. In die Arbeitslosenfürsorgeunterstützung wurde die Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln einbezogen. Dieser Vorschlag soll eine Verwaltungsvereinfachung herbeiführen.
Zu § 5:
§ 5 sieht vor die Anhebung der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung entsprechend der Erhöhung der Löhne, um die Arbeitslosenfürsorgeunterstützung wieder in ein bestimmtes Verhältnis zur Lohnhöhe zu bringen. Grundlage für die Neuerrechnung der Unterstützung soll die Entwicklung der Tariflöhne sein. In Fällen, wo der Verdienst, welcher der Errechnung der Unterstützung zugrunde lag, höher war als der Tariflohn, soll trotzdem die Erhöhung der Tariflöhne eine Auswirkung bei der Unterstützungserrechnung erfahren durch eine dem Tariflohn entsprechende Aufstockung des Lohnes.
Zu §§ 6 bis 9:
Die §§ 6 bis 9 enthalten Bestimmungen über die Neufassung des Gesetzes betr. Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln, Bestimmungen über die Anwendung des Gesetzes im Lande Berlin, den Termin des Inkrafttretens des Gesetzes und die notwendigen Übergangsbestimmungen.
Bonn, den 25. Juni 1953
Sabel
Berichterstatter
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14177
Anlage 11 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Sozialpolitik
über den Entwurf eines Gesetzes über die
Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Atzenroth
Der Ausschuß für Sozialpolitik hat den Gesetzentwurf am 24. Juni 1953 eingehend beraten und schlägt dem Hohen Hause vor, den Entwurf mit den in der Drucksache Nr. 4608 enthaltenen Änderungsvorschlägen anzunehmen.
Der Ausschuß hat sich im wesentlichen die Konzeption des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfes zu eigen gemacht. Danach soll die Bundesversicherungsanstalt als zentraler Versicherungsträger für die Angestelltenversicherung in Berlin errichtet werden. Die Bundesversicherungsanstalt wird eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sein, deren Organe nach den Vorschriften des Selbstverwaltungsgesetzes gebildet werden. Die Aufsicht führt der Bundesminister für Arbeit. Die bisherige stillgelegte Reichsversicherungsanstalt wird aufgelöst, ihr Vermögen geht auf die Bundesversicherungsanstalt über. Die bei der Reichsversicherungsanstalt beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter sollen von der Bundesversicherungsanstalt unter Wahrung des Besitzstandes übernommen werden. Das gleiche gilt für die bisher bei den Landesversicherungsanstalten mit Aufgaben der Angestelltenversicherung Beschäftigten. Sechs Monate nach dem für den 1. August 1953 vorgesehenen Inkrafttreten des Gesetzes enden die bisherigen Treuhandschaften der Landesversicherungsanstalten. Zu diesem Zeitpunkt übernimmt die Bundesversicherungsanstalt die Aufgaben auf dem Gebiete der Angestelltenversicherung.
Zu dem Regierungsentwurf sind im Ausschuß eine Reihe von Änderungsanträgen vorgelegt worden, die in ihrer Mehrzahl abgelehnt wurden und auf die ich deshalb hier nicht in allen Fällen einzugehen brauche.
Der Entwurf sah für die Übernahme der Beamten von den Landesversicherungsanstalten eine andere Regelung als für die Übernahme der Angestellten und Arbeiter vor. Der Ausschuß kam jedoch in Verfolg der bereits vom Bundestag gegebenen Anregung zu der Auffassung, daß sowohl von den Beamten wie von den Angestellten und Arbeitern jeweils die Anzahl von den einzelnen Landesversicherungsanstalten auf die Bundesversicherungsanstalt übergehen solle, die dem Verhältnis der Zahl der für den Monat Januar 1953 im Bezirk der
Landesversicherungsanstalt bezahlten Renten aus der Rentenversicherung der Arbeiter zur Zahl der aus der Rentenversicherung der Angestellten gezahlten Renten entspricht. Innerhalb eines Jahres nach der Übernahme soll die Bundesversicherungsanstalt jedoch die Möglichkeit haben, von den zu übernehmenden Beamten diejenigen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, die für den Dienst in der Bundesversicherungsanstalt nicht geeignet sind oder nach dem 31. Dezember 1951 bei einer Landesversicherungsanstalt unter Nichtbeachtung beamtenrechtlicher Vorschriften ernannt worden sind. Die hinsichtlich der Übernahme in den §§ 16 bis 18 und in § 30 a enthaltenen Vorschriften sind mit den Vorschriften des am 1. Oktober in Kraft tretenden Bundesbeamtengesetzes in Einklang gebracht worden.
Das am 18. Juni vom Bundestag beschlossene Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz behandelt alle Rentenansprüche gegen den stillgelegten Träger der Angestelltenversicherung als Fremdrenten, die nach den besonderen Vorschriften dieses Gesetzes geregelt werden und für deren Aufwendungen die Angestelltenversicherung in bestimmtem Ausmaß vom Bunde Erstattungen erhält. Da nach Auflösung der Reichsversicherungsanstalt und Errichtung der Bundesversicherungsanstalt sich alle Ansprüche gegen die frühere Reichsversicherungsanstalt nunmehr gegen die Bundesversicherungsanstalt richten, die kein stillgelegter Träger im Sinne des Fremdrentengesetzes mehr ist, können aus dem Fremdrentengesetz sich gegen die Angestelltenversicherung ergebende Ansprüche nicht mehr erfüllt werden. Es mußte daher in dem vorliegenden Gesetz eine besondere Vorschrift — § 19 Abs. 5 — eingefügt werden, die klarstellt, daß, soweit dem Träger der Angestelltenversicherung Erstattungsansprüche aus dem Fremdrentengesetz zustehen und soweit Ansprüche Berechtigter aus diesem Gesetz gegen die Angestelltenversicherung sich ergeben, diese Verbindlichkeiten und Rechte auf die Bundesversicherungsanstalt übergehen.
Eine Debatte ergab sich auch zum § 21, in dem die noch laufenden Miet- und Pacht-Verträge behandelt werden. Sie sollen unter gewissen Vor-
14178 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
aussetzungen vorzeitig kündbar sein. Es wurde dagegen der Einwand erhoben, daß ein solches Verfahren verfassungswidrig sei und eine Enteignung darstelle. Die Mehrheit entschied sich jedoch für die Beibehaltung dieses Paragraphen.
Da für das Land Berlin bisher keine Wahlen zur Vertreterversammlung in der Angestelltenversicherung durchgeführt werden konnten, weil das Selbstverwaltungsgesetz in Berlin nicht gilt, hat der Ausschuß, Anregungen des Bundesrates und der Gewerkschaften folgend, dem Gesetzentwurf in Form des § 30 eine Vorschrift über die Zuwahl von Berliner Vertretern eingefügt. Diese Zuwahl soll durch die Vertreterversammlung vorgenommen werden, da eine Urwahl unter den gegebenen Verhältnissen nicht in Betracht gezogen werden kann. Die Zuwahl durch die Vertreterversammlung soll in derselben Weise vorgenommen werden, wie dies für die Wahl der Vorstandsmitglieder nach dem Selbstverwaltungsgesetz und nach der Wahlordnung bestimmt ist. Da als Voraussetzung für die Wählbarkeit zur Vertreterversammlung im Selbstverwaltungsgesetz das aktive Wahlrecht für den Deutschen Bundestag vorgesehen ist, mußte für die zuzuwählenden Berliner Vertreter eine entsprechende Regelung getroffen werden. Um sicherzustellen, daß die zuzuwählenden Mitglieder der Vertreterversammlung auch an der Vorstandswahl zur Bundesversicherungsanstalt beteiligt sind, ist festgelegt worden, daß der Vorstand der Bundesversicherungsanstalt erst nach der Zuwahl der Berliner Vertreter gewählt werden kann.
Bonn, den 3. Juli 1953
Dr. Atzenroth
Berichterstatter
Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14179
Anlage 12 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Geld und Kredit
über den von den Abgeordneten Seuffert, Scharnberg, Dr. Preusker und Genossen
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die
Aufhebung der Allgemeinen Anordnung Nr. 3 zum Gesetz Nr. 52 der amerikanischen Militärregierung
betreffend die
Bank der Deutschen Arbeit A. G.
Berichterstatter: Abgeordneter Seuffert
Die Bank der Deutschen Arbeit A.G., deren Aktien sich bei Kriegsende im Besitz der DAF befanden, ist nicht nur dem Militärregierungsgesetz 52 unterstellt worden, sondern in der amerikanischen Zone darüber hinaus auch noch zusätzlichen Anordnungen, die eine vollständige Sperre der Bank herbeiführten. Auf Grund dieser Anordnungen sind später in den einzelnen Ländern der amerikanischen Zone auch noch einzelne Liquidatoren bestellt worden, ein Rechtszustand, der wegen seines Widerspruches mit dem deutschen Gesellschaftsrecht erhebliche Schwierigkeiten gemacht hat. Nach durchgeführtem Rückerstattungsverfahren kann nunmehr die Bank nach normalem deutschen Recht abgewickelt werden. Die Alliierte Hohe Kommission für Deutschland hat mit Schreiben AGSeC 262 vom 21. März 1953 an das Bundeskanzleramt ihre Zustimmung zur Aufhebung dieser Vorschriften durch die zuständigen deutschen Stellen erteilt.
Seuffert
Berichterstatter
14180 Deutscher Bundestag — 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953
Anlage 13 zum Stenographischen Bericht der 280. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Untersuchungsausschusses
gemäß Antrag der Fraktion der SPD
betreffend
Prüfung der unzulänglichen Einstellung von Schwerbeschädigten
bei den Bundesdienststellen
Berichterstatter: Abgeordneter Leonhard
Der Beschluß des Bundestages vom 10. September 1952 — Drucksache Nr. 3645 —, durch den der Untersuchungsausschuß zur Prüfung der unzulänglichen Einstellung von Schwerbeschädigten bei den Bundesdienststellen eingesetzt wurde, hat folgenden Wortlaut:
„I. Gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der aus 7 Mitgliedern besteht.
II. Der Untersuchungsausschuß soll prüfen,
1. warum der einstimmige Beschluß des Bundestages vom 4. November 1949, in welchem die Bundesregierung ersucht worden war, anzuordnen, in allen Ministerien und sonstigen Verwaltungen der Bundesrepublik Deutschland zehn Prozent der Stellen mit Schwerbeschädigten zu besetzen, im Jahre 1952 noch nicht durchgeführt worden ist;
2. ob, wenn beim Aufbau einer Verwaltung diese Einstellungsquote schon nicht erreicht wurde, ein gesetzlicher Zwang in absehbarer Zeit überhaupt bei den Verwaltungsorganen der Bundesregierung zur Erfüllung des Einstellungssolls führen dürfte;
3. welche Maßnahmen getroffen worden sind, um die zehnprozentige Einstellungsquote nicht nur zu erreichen, sondern nach Möglichkeit in vorbildlicher Fürsorge um den Arbeitseinsatz der Schwerbeschädigten zu überschreiten."
I. Vorgeschichte des Antrags
Die Frage der Einstellung Schwerbeschädigter bei Bundesdienststellen beschäftigte den Bundestag schon öfter und seit längerer Zeit.
Bereits am 5. Oktober 1949 brachte die Fraktion der SPD einen Antrag im Bundestag ein, mit welchem die Bundesregierung ersucht wurde, anzuordnen, daß bei der Besetzung der Stellen in allen Bundesministerien und Verwaltungen des Bundes mindestens 10 v. H. aller Stellen mit Schwerbeschädigten zu besetzen sind. Dieser Antrag — Drucksache Nr. 81 — wurde im 26. Ausschuß behandelt und in der 15. Sitzung des Deutschen Bundestages am 4. November 1949 mit Drucksache Nr. 131 Bericht erstattet. In Erweiterung des Antrages hat der Bundestag auf Grund der Empfehlung des 26. Ausschusses beschlossen, die Bundesregierung zu ersuchen, über die Durchführung des Beschlusses, mindestens 10 v. H. Schwerbeschädigte in den Bundesdienststellen zu beschäftigen, zu berichten.
Die SPD-Bundestagsfraktion brachte in Verfolg dieses Beschlusses am 26. April 1952 mit Drucksache Nr. 862 eine Interpellation ein, welche in der 66. Sitzung des Deutschen Bundestages am 2. Juni 1950 durch Staatssekretär Sauerborn beantwortet wurde. Nach dieser Antwort betrug der Durchschnittssatz der bei Bundesdienststellen beschäftigten Schwerbeschädigten 7,2 v. H. In Durchführung des erwähnten Antrags und der Interpellation übergab der Bundesminister für Arbeit mit Schreiben vom 24. Juli 1950 — II b 4 — 2381 B — Drucksache Nr. 1304 — dem Deutschen Bundestag ein namentliches Verzeichnis der bei Bundesdienststellen tätigen Schwerbeschädigten.
Eine weitere Interpellation des Abgeordneten Leddin und Fraktion vom 24. Januar 1951 — Drucksache Nr. 1829 — wurde vom Bundesminister für Arbeit in der 118. Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. Februar 1951 beantwortet. Zu diesem Zeitpunkt waren 7,6 v. H. aller Dienststellen des Bundes mit Schwerbeschädigten besetzt.
Deutscher Bundestag - 280. und 281. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Juli 1953 14181
Auf Grund eines Antrages der SPD-Fraktion - Drucksache Nr. 1945 - vom 15. Februar 1951 und des Berichtes des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen vom 6. Juni - Drucksache Nr. 2345 - wurde die Bundesregierung ersucht, dem Bundestag halbjährlich Bericht über die Einstellung Schwerbeschädigter zu erstatten.