Rede von
Dr.
Robert
Lehr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen von Herrn Kollegen Menzel zwingen mich doch, einige Tatsachen geradezustellen. Es trifft nicht zu, daß etwa nur die Hälfte des Bundesgrenzschutzes an der Grenze steht. Ich habe bis auf den letzten Mann genaue Aufstellungen über die heute bestehenden Aufbauverhältnisse und die Organisation des Bundesgrenzschutzes vor mir. Verstehen Sie aber bitte die schwierige Lage, hier vor der Öffentlichkeit taktische Einzelheiten mitzuteilen. Die Natur der Sache gebietet es, diese letzten Aufschlüsse in einem kleinen Gremium, aber nicht vor der gesamten Sowjetzone zu machen.
Ich möchte Ihnen jedoch folgendes sagen.
Wir haben im Paßkontrolldienst 700 Mann und im Seegrenzschutz 500 Mann, die wir eigentlich auch noch zur Exekutive rechnen müssen; denn die Seegrenzen sind gerade so wichtig wie die Land-
grenzen. Wir haben als Stammpersonal in den Grenzschutzheimen lediglich 74 Mann und in den Beschaffungsstellen für den Bundesgrenzschutz 13 Mann. Nur 1,5 % des gesamten Grenzschutzes sind im Verwaltungsdienst tätig. Alles andere ist draußen an der Grenze.
Die Behauptung, daß wir schon in aller Stille die Stäbe verdoppelt haben, ist eine Tatarennachricht, die Herrn Menzel zugeflogen ist, woher, weiß ich nicht. Die Stäbe sind nicht verdoppelt. Sie sollen erst verdoppelt werden.
Ich darf noch folgendes sagen. Ich bin nicht von den Plänen abgerückt, die wir Ihnen im Ausschuß für innere Verwaltung vorgelegt haben. Aber ehe ich diesen verstärkten Grenzdienst einführe, muß ich von Ihnen erst die nächste Welle bewilligt erhalten, sonst steht ja alles auf dem Papier. Sie haben beanstandet, daß neulich in den Zeitungen gestanden hat, ich hätte 50 000 Mann verlangt. Wenn ich sie kriegen könnte, würde ich sie gerne von Ihnen nehmen; denn nötig sind sie unbedingt. Aber es ist nichts anderes geschehen, als daß ich von der Presse befragt wurde: „Wie stellen Sie sich zu den Verhältnissen in Italien und Japan? In Italien sind doch 150 000 Mann kasernierte Schutzpolizei, 6000 Mann Schnellpolizei, daneben Karabinieri und das italienische Heer vorhanden." „Ja", habe ich gesagt, „selbstverständlich stehen unsere 10 000 Leute — hoffentlich künftig 20 000 Leute — in einem großen Mißverhältnis zu den Polizeistreitkräften in Italien und Japan. Die Stellung der Alliierten ist mir nicht verständlich, wenn sie Besorgnis haben, daß 10 000 Mann mehr vielleicht die Sicherheit, Ruhe und Ordnung innerhalb der alliierten Länder gefährden könnten. Aber es wäre ja sehr schön, wenn wir 50 000 Mann hätten." Aber das waren alles Konditionalsätze und kein Verlangen. Für entstellte Mitteilungen in der Presse kann ich nichts. Das ist Sache der Presse selbst.
Dann die Frage der Kosten. Meine Damen und Herren, bitte, zerbrechen Sie sich doch nicht den Kopf des Herrn Finanzministers und meinen eigenen.
Ich werde mich mit ihm endgültig verständigen. Diese 10 000 Mann mehr kosten ohne Kasernenbauten 94 Millionen DM.
Wenn wir jetzt beginnen, kommen wir im ersten laufenden Jahr mit 50 Millionen DM aus. Außerdem haben wir die Möglichkeit der Anrechnung der Polizeistreitkräfte auf unseren ganzen Verteidigungsbeitrag. Das alles muß noch geklärt werden.
Aber überlassen Sie mir bitte die Verhandlungen mit dem Herrn Bundesfinanzminister. So gefährlich, wie Sie meinen, ist er in bezug auf den Bundesgrenzschutz nun doch nicht.
— Alles zu seiner Zeit!
Sehr recht hat Herr Kollege Menzel, wenn er auf die unzureichende Bewaffnung aufmerksam macht. Es ist in der Tat nicht zu verstehen, daß sich das Sicherheitsamt in Koblenz hier bisher so ablehnend gezeigt hat. Es wird unbedingt notwendig sein, daß wir nicht nur mit dem militärischen Sicherheitsamt, sondern notfalls auch auf einer höheren Ebene — wenn es nicht anders geht, von Regierung zu Regierung — verhandeln, damit wir uns über die Leute und deren Bewaffnung, die für die innere Ordnung maßgebend und notwendig sind und an deren Vorhandensein auch das größte Interesse der Alliierten selbst besteht, noch rechtzeitig verständigen können.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie nochmals, da die Verhandlungen mit der Opposition, die ich mit Mühe und Hingebung geführt habe, zu nichts geführt haben, nunmehr zu einer Abstimmung zu kommen.