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    Deutscher Bundestag - 273. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Juni 1953 13507 273. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 18. Juni 1953. Geschäftliche Mitteilungen . . . 13509A, 13511D, 13513D, 13518C, 13528B, 13530A Gedenkworte des Präsidenten für die Opfer der Vorgänge im Ostsektor von Berlin am 17. Juni 13509B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz für das Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4411 der Drucksachen) . . . 13509C Dr. Schellenberg (SPD): zur Geschäftsordnung 13509C zur Sache 13510A persönliche Bemerkung . . . 13513A Arndgen (CDU) 13511D Renner (KPD) 13512B Willenberg (FU) 13512D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 13509D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung (Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz) (Nr. 4201 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Nrn. 4449, zu 4449 der Drucksachen, Umdruck Nr. 977) 13513C Dr. Schellenberg (SPD): als Berichterstatter 13513D Schriftlicher Bericht 13557 Kunze (CDU) 13514A Abstimmungen 13514A, 13514B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung des Gesetzes über Bemessung und Höhe der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Nr. 4412 der Drucksachen) . 13513C Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 13513D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes (Nr. 3641 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (Nr. 4432 de Drucksachen; Anträge Umdrucke Nrn. 974, 975, 980, 981, 992 bis 994) 13514C, 13530A Nellen (CDU): als Berichterstatter 13514C als Abgeordneter 13524D Renner (KPD) . . 13516A, 13523B, 13526C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 13517B, 13521B Frau Keilhack (SPD) . . 13518C, 13522D, 13524B, 13528C, 13536B, C Frau Dr. Ilk (FDP) 13521C Kemmer (CSU) 13522A, 13529C Frau Schanzenbach (SPD) 13522A, 13533C Hübner (FDP) 13522D, 13523A, 13526B, 13532B Frau Niggemeyer (CDU) 13526A Unterbrechung der Sitzung . . 13530A Frau Heiler (CDU) 13530A Ribbeheger (FU) 13532D Abstimmungen . . . 13527C, 13529D, 13536C, 13537A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsjugendgerichtsgesetzes (Nr. 3264 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr. 4437 der Drucksachen, Umdruck Nr. 972; Anträge Umdrucke Nrn. 980, 981) 13537C Ewers (DP): als Berichterstatter 13537C Schriftlicher Bericht 13561 (D) Müller (Frankfurt) (KPD) 13538D Abstimmungen 13538C, 13539D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Nrn. 3284, 3668 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr 4452 der Drucksachen) 13539D Dr. Leuze (FDP): als Berichterstatter 13539D Schriftlicher Bericht 13572 Abstimmungen 13540A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (Nr. 3819 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr. 4429 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 969) 13540B Dr. Leuze (FDP): als Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 13580 als Abgeordneter 13540D Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) 13540C Dr. Arndt (SPD) 13541A Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . 13541B Ewers (DP) 13542B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 13542C Abstimmungen 13541D, 13542D Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Straffreiheit (Nr. 3935 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr. 4428 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 995) 13543A Hoogen (CDU): als Berichterstatter 13543A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 13545A Ewers (DP) 13546B Dr. von Merkatz (DP) (zur Geschäftsordnung) 13549A Dr. Mücke (SPD) 13549B Dr. Leuze (FDP) 135490 Abstimmungen 13549D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Entwurfs eines Gesetzes über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen (Nr. 3801 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (Nrn. 4365, zu 4365 der Drucksachen) . . . . 13550A Hoogen (CDU): als Berichterstatter 13550B, D Schriftlicher Bericht 13585 Abstimmungen 13550C, D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zur Haft zwecks Erzwingung der Ableistung des Offenbarungseides gegen den Abgeordneten Freiherrn von Aretin (Nr. 4378 der Drucksachen) 13551A Vertagung der Beratung 13551A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Dehler (Nr. 4392 der Drucksachen) . . . 13551B Dr. Meitinger (FU), Berichterstatter 13551B Wagner (SPD) 13552B Dr. Mende (FDP) 13553A Beschlußfassung 15553B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Dehler (Nr. 4393 der Drucksachen) 13553C Dr. Meitinger (FU), Berichterstatter 13553C Beschlußfassung 13554A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Arndt (Nr 4394 der Drucksachen) 13554B Dr. Meitinger (FU), Berichterstatter 13554B Beschlußfassung 13554C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Nrn. 3818, zu 3818, Nachgang zu 3818 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des' Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr 4146 [neu] der Drucksachen) 13554D Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . 13554D Beschlußfassung 13555B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrieb von Blinden- waren (Nr. 4381 der Drucksachen) . . . 13555B Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 13555C Erste Beratung des Entwurfs einfies Gesetzes über das Handelsabkommen vom 7. Oktober 1951 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Irak (Nr. 4390 der Drucksachen) 13555C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 13555C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zweite Protokoll vom 22. November 1952 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Österreich und Bundesrepublik Deutschland) (Nr. 4237 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Nr. 4401 der Drucksachen) in Verbindung mit der Zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den deutschchilenischen Briefwechsel vom 6. September 1952 betr. die zollfreie Einfuhr von 50 000 t Chile-Salpeter in der Zeit vom 1. Juli 1952 bis 30. Juni 1953 (Nr. 4174 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für AußenhandeLsfragen (Nr. 4400 der Drucksachen) sowie mit der Zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zweite Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 8. November 1952 zu den Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) (Nr. 4159 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Nr. 4399 der Drucksachen) 13555Ç Dr. Serres (CDU), Berichterstatter 13555D Abstimmungen 13556B Nächste Sitzung 13556D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik über den Entwurf eines Gesetzes über Fremdrenten der Sozalversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung (Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz) (zu Nr. 4449 der Drucksachen) 13557 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Reichsjugendgerichtsgesetzes (Nr. 4437 der Drucksachen) 13561 Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Nr. 4452 der Drucksachen) 13572 Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Entwurf eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (Nr. 4429 der Drucksachen) 13580 Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz über den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Entwurfs eines Gesetzes über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen (zu Nr. 4365 der Drucksachen) . 13585 Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 273. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (zu Drucksache Nr. 4449) über den Entwurf eines Gesetzes über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung (Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz) (Nrn. 4449, 4201 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schellenberg Der Entwurf eines Gesetzes über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung (Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz) wurde dem Sozialpolitischen Ausschuß vom Plenum in der 260. Sitzung am 16. April 1953 überwiesen. Der Ausschuß hat sich in vier Sitzungen mit dem Gesetzentwurf beschäftigt. An den Beratungen nahmen auch mehrere Mitglieder des Ausschusses für Heimatvertriebene teil. Als Sachverständige wurden vom Ausschuß Vertreter der Gewerkschaften und der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände sowie der Sozialversicherungsträger gehört. Einleitungsformel Entsprechend dem Vorschlag des Bundesrate, dem die Bundesregierung zugestimmt hat, soll in der Einleitungsformel zum Ausdruck gebracht werden, daß es sich um ein Zustimmungsgesetz handelt. ABSCHNITT I Leistungen aus Versicherungsverhältnissen bei nicht mehr bestehenden, stillgelegten oder außerhalb des Bundesgebietes und des Landes Berlin befindlichen Trägern der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin (Fremdrenten) Zu §1 In § 1 Abs. 1 Ziff. 1 sollen die Worte „und befugt" gestrichen werden, da der Begriff „befugter Aufenthalt" Anlaß zu unterschiedlichen Auslegungen gegeben hätte. Nach Auffassung des Ausschusses kann es nicht der Bundesregierung überlassen bleiben, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Aufenthalt als befugt gilt; vielmehr muß im Gesetz selbst zweifelsfrei bestimmt werden, wer Anspruch auf Leistungen nach dem Femdrenten- und Auslandsrentengesetz hat. Der Ausschuß war der Ansicht, daß Leistungsansprüche grundsätzlich allen Berechtigten, die sich ständig im Bundesgebiet oder im Lande Berlin aufhalten, zustehen sollen. Bei diesen Berechtigten soll nach Meinung des Ausschusses die Verwirklichung eines Leistungsanspruches nicht von dem Nachweis einer persönlichen Gefährdung abhängig gemacht werden (§ 1 Abs. 1 Ziff. 2). Dies hat besondere Bedeutung für im Lande Berlin oder im Bundesgebiet wohnende Eisenbahner, welche als Beschäftigte der sowjetzonalen Eisenbahnverwaltung bei einem Versicherungsträger der Sowjetzone versichert und leistungsberechtigt sind. Die Versicherungsträger der Bundesrepublik und des Landes Berlin müssen grundsätzlich für alle Berechtigten, die sich ständig in der Bundesrepublik und im Lande Berlin aufhalten, zuständig sein. Durch Neufassung des Absatzes 2 wurde u. a. klargestellt, daß Deutsche und die ihnen Gleichgestellten, die nach der Besetzung in den unter polnischer oder sowjetischer Verwaltung stehenden deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie arbeiten mußten, zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören. (Dr. Schellenberg) Entsprechend einem Vorschlag des Bundesrates wurde ferner festgelegt, daß Versicherte und ihre Hinterbliebenen, die unabhängig von den Kriegsauswirkungen ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik oder im Lande Berlin begründet haben und die wegen der Kriegsauswirkungen den Versicherungsträger des auswärtigen Staates nicht mehr in Anspruch nehmen können, leistungsberechtigt sind (§ 1 Abs. 2 Ziff. 2 cc). Auf Anfrage eines Mitgliedes des Ausschusses für Heimatvertriebene wurde geklärt, daß zu den Berechtigten im Sinne des § 1 Abs. 2 Ziff. 2 bb auch Deutsche und die ihnen Gleichgestellten gehören, die wegen drohender nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen auf Grund ihrer politischen Überzeugung, der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung die sogenannten eingegliederten Gebiete vor der Besetzung durch deutsche Truppen verlassen und ihren Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen haben. Durch die Einfügung eines Absatzes 2 a soll entsprechend einem Vorschlag des Bundesrates zu § 7 bestimmt werden, daß die Versicherungsträger bei der Entscheidung eines Verfolgtentatbestandes an die Entscheidungen der nach den Wiedergutmachungsgesetzen zuständigen Behörden gebunden sind. Nach dem Gesetzentwurf § 1 Abs. -3 sollen die Leistungen ruhen, solange sich- der Berechtigte freiwillig mehr als 6 Wochen im Ausland aufhält. Der Ausschuß hielt es für erforderlich, diese Frist auf 6 Monate zu verlängern. Sämtliche Beschlüsse des Ausschusses zu § 1 wurden einstimmig gefaßt. Zu § 2 In § 2 soll das Wort „ausschließlich" durch „grundsätzlich" ersetzt werden, da für das Leistungsrecht nicht ausschließlich die im Bundesgebiet geltenden Vorschriften maßgebend sind, vielmehr die §§ 3 bis 7 Besonderheiten vorsehen. Zu §3 Durch § 3 werden die während des Krieges erlassenen Vorschriften über die Einführung des deutschen Sozialversicherungsrechtes in den nach dem 31. Dezember 1937 vorübergehend eingegliederten oder unter deutsche Verwaltung gestellt gewesenen Gebieten grundsätzlich bestätigt, soweit sich diese Vorschriften auf die Voraussetzungen und das Ausmaß von Leistungsansprüchen sowie auf Rentenanwartschaften beziehen. Diese Kriegsvorschriften werden im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Berechtigten in gewisser Hinsicht verbessert, z. B. für die sogenannten Protektoratsdeutschen, Berechtigte, die unter die polnische Sozialversicherung, und Berechtigte, die unter die Verordnung über die Eingliederung von Umsiedlern in die Reichsversicherung fallen. Mit Bedauern hat der Ausschuß davon Kenntnis genommen, daß diese Kriegsvorschriften grundsätzlich weiterhin gelten sollen, und daß die Regierung nicht in der Lage war, eine den gegenwärtigen Verhältnissen entsprechende Neugestaltung dieser Vorschriften vorzulegen. Dabei verkennt der Ausschuß nicht, daß eine grundlegende Neufassung dieser Kriegsvorschriften erhebliche Schwierigkeiten bereitet hätte, weil es dann- notwendig gewesen wäre, zahlreiche Vorschriften über die Anpassung des Leistungsrechts der Heimatgebiete der Vertriebenen an das im Bundesgebiet geltende Recht in das Gesetz aufzunehmen. Da nach einmütiger Auffassung des Ausschusses im Interesse der Heimatvertriebenen eine Verabschiedung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes in dieser Legislaturperiode unbedingt erforderlich ist, wurde davon Abstand genommen, von der Regierung eine Neufassung der betreffenden Vorschriften zu fordern. Die Fraktionen behielten sich aber vor, im Plenum zu dieser Frage eine Entschließung einzubringen. Nach Ansicht des Ausschusses ist es unerwünscht, die in der Kriegszeit erlassenen Vorschriften über die Einführung des deutschen Sozialversicherungsrechts in den vorübergehend eingegliederten oder unter deutsche Verwaltung gestellt gewesenen Gebieten in ihrer vollen Bezeichnung im Gesetz anzuführen: Dies hätte eine entsprechende Zitierung in zahlreichen Rentenbescheiden nach sich gezogen. Der Ausschuß schlägt deshalb vor, auf die nähere Kennzeichnung der betreffenden Verordnungen zu verzichten, zumal diese durch Datum und Quellenangabe unmißverständlich gekennzeichnet sind. Der Vorschlag des Bundesrates, wonach die auf Grund von § 3 Abs. 3 zu erlassenden Rechtsverordnungen über die Höhe der Zusatzleistungen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, wurde anerkannt. Zu § 4 Die Heimatvertriebenen sind gegenüber den Einheimischen in bezug auf die Erhaltung der Anwartschaft und hinsichtlich der sogenannten Halbdeckung begünstigt (Absatz 3). Dem Vorschlag des Bundesrates, wonach die von der Bundesregierung zu erlassenden Rechtsverordnungen über die Berücksichtigung von Besonderheiten bei der Anrechnung von Versicherungszeiten nach Fremdenrecht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, wurde Rechnung getragen. Im Ausschuß wurden Bedenken dagegen laut, weil hierdurch die ohnehin umstrittenen Vorschriften über die Halbdeckung noch weiter aufgelockert werden. Wegen .der besonderen Lage der Heimatvertriebenen, deren Eingliederung sich erst langsam unter großen Schwierigkeiten vollzogen hat, läßt es sich aber nach einmütiger Auffassung des Ausschusses rechtfertigen, die Regierungsvorlage über die Aufrechterhaltung der Anwartschaft und über die Halbdeckung anzunehmen, zumal es sich lediglich um Übergangsvorschriften handelt. Zu § 5 Über die Frage der Leistungsgewährung aus der früheren Eigenunfallversicherung der NSDAP ergaben sich im Ausschuß Meinungsverschiedenheiten. Eine Minderheit vertrat die Ansicht, daß im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich alle Ansprüche auch gegen diesen nicht mehr bestehenden Träger der reichsgesetzlichen Unfallversicherung anerkannt und übernommen werden müßten. Die Mehrheit des Ausschusses stellte sich jedoch mit der Regierungsvorlage auf den Standpunkt, daß Leistungsansprüche aus Unfällen, die sich bei politischer Betätigung im nationalsozialistischen Sinne ereignet haben, ausgeschlossen werden müßten. (Dr. Schellenberg) Dies auch deshalb, weil im Rahmen der reichsgesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich nur Arbeitsunfälle und nicht Unfälle bei politischer Betätigung entschädigt werden. Die Fassung der Regierungsvorlage wurde mit 11 : 6 Stimmen angenommen. Zu § 6 Den von der Regierung vorgeschlagenen Erleichterungen bei Fällen, in denen ausreichende Unterlagen für die Feststellung der Leistung fehlen oder frühere Ansprüche auf einer ausländischen Währung beruhen, stimmte der Ausschuß grundsätzlich zu. Es wurde aber entsprechend den von den Sachverständigen gegebenen Anregungen klargestellt, daß, sofern ausreichende Nachweise nicht vorliegen, wenigstens in geeigneter Weise eine Glaubhaftmachung über Versicherungszeiten, Entgelte oder entrichtete Beiträge erfolgen muß. Ferner wurde durch Einfügung der Worte „und die Anwartschaft aufrechterhalten ist" zum Ausdruck gebracht, daß Leistungen nicht für Zeiten gewährt werden, aus denen nach eigenen Angaben des Versicherten die Anwartschaft erloschen ist (§ 6 Abs. i Ziff. 2 letzter Absatz). Entsprechend einer Anregung des Bundesrates wurde festgelegt, daß die von der Bundesregierung zu erlassenden Rechtsverordnungen über Glaubhaftmachung von Ansprüchen bei unzureichenden Unterlagen ebenso wie die Rechtsverordnungen über Steigerungsbeträge aus Beiträgen einer nicht mehr besehenden Währung oder einer Währung, für die ein Umrechnungsverhältnis nicht bestimmt ist, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Zu §7 Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, bei Fremdrenten aus der Unfallversicherung an Stelle einer Zuständigkeit der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung eine solche der staatlichen Ausführungsbehörden für Unfallversicherung festzulegen. Der Ausschuß beschloß einstimmig, diesen Abänderungsvorschlag des Bundesrates abzulehnen und die Regierungsvorlage anzunehmen. Da es sich um Versicherungsfälle handelt, für die die Aufwendungen voll vom Bund übernommen werden, ist ein Übergang der Verwaltung dieser Fälle auf die Bundesausführungsbehörde gerechtfertigt. Dies auch deshalb, weil es sich um Unfälle handelt, die im Bereich von Landesaufsichtsbehörden eingetreten sind. Der Übergang auf die nunmehr zuständigen Versicherungsträger soll bis zum 1. Januar 1954 (Regierungsvorlage 1. Januar 1953) erfolgen. ABSCHNITT II Leistungen an Berechtigte im Ausland (Auslandsrenten) Zu § 8 Der Ausschuß stimmte der Konzeption der Regierungsvorlage zu, wonach eine Leistungsverpflichtung grundsätzlich nur anerkannt werden soll, wenn während des Versicherungsverhältnisses ein irgendwie gearteter Zusammenhang mit dem Bundesgebiet bestanden hat. Es wurde klargestellt, daß als Versicherungszeiten, die im Bundesgebiet und im Lande Berlin zurückgelegt sind, die Zeiten gelten, in. denen Beiträge des Versicherten im Bundesgebiet oder im Lande Berlin entrichtet wurden. Bei Zweifelsfällen ist also nicht der Wohnsitz, sondern der Betriebssitz maßgebend (§ 8 Abs. 1 Ziff. 2 a letzter Halbsatz). Zu § 9 In der Regierungsvorlage war vorgesehen, daß Deutsche und frühere deutsche Staatsangehörige, die sich im Gebiet eines ausländischen Staates aufhalten, in dem die Bundesregierung eine staatliche Vertretung hat, sofern kein Leistungsanspruch nach § 8 gegeben ist, sogenannte Ersatzleistungen erhalten sollen. Diese Ersatzleistungen sollen gewährt werden, wenn der Antragsteller auf sie zur Bestreitung seines notwendigen Lebensbedarfes angewiesen ist. Der Ausschuß hielt die Einführung solcher fürsorgerechtlicher Grundsätze in die Sozialversicherung nicht für zweckmäßig. Nach den Erklärungen der Bundesregierung muß jedoch bei der Leistungsgewährung nach § 9 dem Umstand Rechnung getragen werden, daß bei bilateralen Verträgen Ausländern grundsätzlich die gleichen Rechtsansprüche wie Deutschen zu gewähren sind. Wegen dieser Auswirkungen für Ausländer hielt es der Ausschuß für untunlich, die Leistungen nach § 9 mit einem Rechtsanspruch zu versehen. Sie sollen deshalb als Kann-Leistung gewährt werden. Die Bundesregierung wird jedoch dafür Sorge tragen, daß Deutsche und frühere deutsche Staatsangehörige praktisch in den Genuß dieser Leistungen kommen. Zu § 10 Entsprechend der Anregung des Bundesrates wurde § 10 gestrichen, da die Vorschriften lediglich deklaratorische Bedeutung gehabt hätten. ABSCHNITT III Freiwillige Sozialversicherung Nach Ansicht des Ausschusses war es nicht zweckmäßig, in dem Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz auch Fragen der freiwilligen Krankenversicherung zu regeln. Dies auch deshalb, weil Vorschriften über die freiwillige Versicherung eine Änderung der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung erforderlich machen, die dadurch noch unübersichtlicher wird. Da sich aber aus Zeitgründen die Schaffung eines besonderen Gesetzes über die Änderung von Vorschriften der freiwilligen Sozialversicherung bei Auslandsaufenthalt nicht mehr ermöglichen läßt, stellte der Ausschuß seine grundsätzlichen Bedenken zurück. Zu § 11 Nach der Regierungsvorlage soll Personen, die früher außerhalb des Bundesgebietes und des Landes Berlin krankenversichert waren, die Möglichkeit eröffnet werden, ihre frühere Krankenversicherung freiwillig fortzusetzen. Jedoch soll der Träger der Krankenversicherung das Recht erhalten, die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses von dem durch eine ärztliche Untersuchung festge- (Dr. Schellenberg) stellten Gesundheitszustand des Antragstellers abhängig zu machen. Hierüber ergaben sich im Ausschuß Meinungsverschiedenheiten. Während eine Minderheit aus risikotechnischen Überlegungen eine ärztliche Untersuchung für notwendig hielt, war die Mehrheit des Ausschusses der Ansicht, daß bei einem solchen Verfahren die meisten Antragsteller auch weiterhin ohne Versicherungsschutz bleiben müßten. Dies ist aber aus sozialen Gründen unerwünscht, da es sich bei den Antragstellern vorwiegend um Vertriebene handelt, die es infolge der unsicheren Verhältnisse in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch verabsäumt haben, die freiwillige Weiterversicherung zu beantragen. Der Ausschuß beschloß mit Mehrheit, die Vorschriften über die ärztliche Untersuchung der Antragsteller und über den Ausschluß von Vorerkrankungen zu streichen. Der Ausschuß beschloß, die Frist zur Stellung eines Antrages auf freiwillige Versicherung von drei auf sechs Monate zu verlängern (§ 11 Abs. 2). Zu § 12 Die redaktionellen Änderungen entsprechen dem Vorschlag des Bundesrates, dem die Bundesregierung zugestimmt hat. Zu § 13 Es wurde lediglich in Absatz 3 eine redaktionelle Änderung beschlossen, die sich aus der Änderung von § 9 ergibt. ABSCHNITT IV Aufbringung der Mittel Zu § 14 Im Ausschuß ergab sich eine Aussprache darüber, ob die Aufbringung der Mittel für die Fremd- und Auslandsrenten, die in sehr komplizierter Weise aus drei Finanzquellen — aus Bundesmitteln, Mitteln der stillgelegten Versicherungsträger und Mitteln der im Bundesgebiet und im Lande Berlin tätigen Versicherungsträger — erfolgen soll, sinnvoll ist. Nachdem seitens der Vertreter der Regierung erklärt worden war, daß aus Haushaltsgründen eine andere Regelung unmöglich sei, nahm der Ausschuß davon Abstand, eine Abänderung der Konzeption der Regierungsvorlage „Aufbringung der Mittel aus drei Quellen" zu verlangen. Zu § 15 Die Feststellung der den Versicherungsträgern vom Bund zu erstattenden Aufwendungen wird namentlich in der britischen und der französischen Zone, wo bis jetzt die Fremdrenten noch nicht erfaßt worden sind, auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen. Bis zur Feststellung der vom Bund zu tragenden tatsächlichen Aufwendungen sollen deshalb nach einstimmigem Beschluß des Ausschusses den Versicherungsträgern monatliche Abschlagszahlungen in Höhe der in der Begründung zur Regierungsvorlage errechneten voraussichtlichen Aufwendungen geleistet werden (Einfügung eines Absatzes 1 a). Die von der Bundesregierung nach Anhörung des Bundesrechnungshofes zu erlassende Rechtsverordnung über Pauschalregelungen soll der Zustimmung des Bundesrates bedürfen (§ 15 Abs. 2). Zu § 16 Die Stillegung von Trägern der Unfallversicherung, die bis zum 8. Mai 1945 für das Gesamtgebiet des Deutschen Reiches zuständig waren, ist inzwischen beseitigt worden. Aus dem verfügbaren Vermögen von stillgelegten Trägern der Unfallversicherung können also Aufwendungen nicht mehr getragen werden. Diese Aufwendungen sind von den im Bundesgebiet und im Lande Berlin tätigen Trägern der Unfallversicherung zu tragen. Eine entsprechende Fassung des § 16 wurde einstimmig beschlossen. Zu § 17 Fassung wurde vom Ausschuß einstimmig angenommen. ABSCHNITT V Übergangs- und Schlußvorschriften Zu § 18 Der Ausschuß beschloß einstimmig, die Antragsfristen, die infolge Zeitablaufs überholt sind, neu festzusetzen. Statt „31. März 1953" soll es heißen „bis zum Ablauf eines Jahres nach Verkündung dieses Gesetzes". Die vom Ausschuß beschlossene Streichung des letzten Halbsatzes Abs. 6 ergibt sich aus der vom Ausschuß zu § 1 Abs. 1 Ziff. 1 vorgenommenen Streichung des Begriffes „befugter Aufenthalt". Entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates soll im Absatz 7 durch Anfügung eines Satzes 2 auch Auslandsrentnern die Möglichkeit gegeben werden, Antrag auf Neufestsetzung der Rente zu stellen, sofern diese nach dem Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz günstiger ist. Im Absatz 8 wurde der letzte Satz gestrichen, so daß bei Angestellten, die nach dem 1. Juli 1944 noch in deutschen Gebieten, die unter polnischer oder sowjetischer Verwaltung stehen, zwangsweise Arbeit geleistet haben, diese Beschäftigungszeiten als Versicherungszeiten der Angestelltenversicherung gelten. Zu § 19 Es handelt sich um die neueste Fassung der Berlin-Klausel. Absatz 2 war zu streichen, da die sozialversicherungsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Bundesgebiet und dem Lande Berlin bei Personen, die in einem der beiden Gebiete versichert waren und sich in dem anderen Gebiet aufhalten, inzwischen geregelt sind. Zu § 20 Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften sollen mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Zu § 21 Die Fassung der Regierungsvorlage wurde vom Ausschuß angenommen. Bonn, den 12. Juni 1953 Dr. Schellenberg Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 273. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Reichsjugendgerichtsgesetzes (Nrn. 3264, 4437 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Ewers Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Reichsjugendgerichtsgesetzes (Nr. 3264 der Drucksachen) ist von einem gemeinsamen, aus Mitgliedern des federführenden Rechtsausschusses und des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge bestehenden Unterausschuß eingehend in vierzehn Sitzungen durchgearbeitet worden. Die Beschlüsse dieses Unterausschusses wurden sowohl vom mitbeteiligten Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge als auch vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht einstimmig gebilligt. Die grundlegenden Reformvorschläge der Bundesregierung zur Verbesserung und Anpassung des Jugendstrafrechts an die zeitgemäße Entwicklung werden im wesentlichen gebilligt. Man konnte jedoch nicht bei der vorgesehenen beschränkten Überarbeitung des Gesetzes von 1943 stehen bleiben, sondern hat auch diejenigen Vorschriften des geltenden Rechts in die Beratungen einbezogen, die durch den Entwurf nicht berührt waren. Dadurch hat sich die Notwendigkeit teilweise weittragender Änderungen ergeben, die dazu zwangen, die Systematik des JGG in seiner. derzeitigen Fassung aufzugeben und eine völlig neue Vorlage auszuarbeiten, die im Anschluß an das erste Gesetz dieser Art von 1923 zweckmäßig als „Jugendgerichtsgesetz" bezeichnet wird. Der Entwurf, den Ihnen der 23. Ausschuß unterbreitet, ist sowohl im Aufbau wie auch in der Bezeichnung der einzelnen Vorschriften vom geltenden Recht unabhängig. Er enthält gegenüber den Zielen der Bundesregierung eine sehr viel weiterreichende Neugestaltung des Jugendstrafrechts. Es erscheint deshalb die Auffassung berechtigt, daß das noch im Regierungsentwurf bejahte Bedürfnis nach alsbaldiger vollständiger Überarbeitung des gesamten Sachgebiets nicht mehr vorliegen dürfte. Der Rechtsausschuß ist vielmehr der Ansicht, daß die neue Vorlage für absehbare Zeit ausreichen sollte, um das Strafrecht der Jugendlichen und Heranwachsenden entsprechend den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft sachgemäß zu handhaben. Künftige grundsätzliche Änderungswünsche an dem nunmehr erzielten Arbeitsergebnis werden sich nicht auf das Argument stützen können, daß die Ziele der gegenwärtigen Reform nicht umfassend genug gewesen seien. Dies sei vor allem im Hinblick auf die Bestrebungen gesagt, die das Jugendstrafrecht schlechthin als ungeeignetes Mittel zur Bekämpfung der Jugendkriminalität ansehen und an seine Stelle ein System ausschließlich jugendfürsorgerischer Maßnahmen, die keinerlei Strafcharakter haben, setzen möchten. Der Rechtsausschuß hat sich davon überzeugt, daß die vollständige Abschaffung des Jugendstrafrechts in krassem Widerspruch zu unserer gesamten Rechtsentwicklung und zur Systematik unseres Rechts stehen würde und deshalb für absehbare Zeit nicht in Erwägung gezogen werden sollte. Er hat deshalb daran festgehalten, daß auch gegenüber Jugendlichen das Mittel der kriminellen Strafe beibehalten werden muß. Allerdings kann der Jugendstrafe nicht mehr die gleiche Bedeutung zukommen, die sie noch zur Zeit der Jahrhundertwende hatte. Damals ging man von dem Gedanken aus, daß ein Jugendlicher, sofern er überhaupt strafrechtlich verantwortlich war, wie ein kleiner Erwachsener beurteilt werden müsse; deshalb konnte nur der Umfang der Strafe gemildert werden. Auch für den Prozeß gab es keinerlei Unterschiede, die auf das Entwicklungsstadium des Täters Rücksicht nahmen. Mit diesen Vorstellungen haben schon das JGG von 1923 und noch weitergehend das RJGG von 1943 gebrochen, indem an Stelle der Strafe ein System verschiedener Maßnahmen gesetzt wurde, unter denen die Strafe nur eine und nicht die wichtigste war. Der Entwurf weist nunmehr der Jugendstrafe den Platz der sogenannten „ultima ratio" zu. Sie soll nur Anwendung finden, wenn die Neigung des Täters zur Begehung strafbarer Handlungen offenbar nicht anders überwunden werden kann oder wenn wegen der Schwere der Schuld eine Sühne durch Strafe unumgänglich ist. In allen anderen Fällen soll der Richter versuchen, mit andersartigen Maßnahmen auszukommen, die teilweise reinen Erziehungscharakter tragen und zum Teil auch wegen ihrer sühnenden Funktion der Strafe angenähert sind. Aus dieser grundsätzlichen Stellungnahme ergab sich von selbst, daß an der bisherigen Einteilung der im Jugendstrafrecht vorgesehenen Reaktionsmittel in Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Strafe festzuhalten war. Der Rechtsausschuß hat sich jedoch um eine möglichst klare Abgrenzung der drei Kategorien bemüht und den bis- (Ewers) herigen Rechtszustand, der eine scharfe Trennung der Erziehungsmaßregeln von den Zuchtmitteln unmöglich machte, beseitigt. Grundsätzlich ergibt sich danach folgendes System der Maßnahmen des Jugendgerichtsgesetzes: a) Erziehungsmaßregeln Bei ihnen handelt es sich um erzieherische Maßnahmen, die der Jugendrichter aus Anlaß einer Straftat des Jugendlichen anordnet. Sie haben keinen sühnenden Charakter, sondern dienen nur dazu, der durch die Straftat erkennbar gewordenen Erziehungsbedürftigkeit des Täters Rechnung zu tragen. Es ist selbstverständlich, daß hier keine Fernwirkungen durch Eintragung in das Strafregister eintreten können. b) Zuchtmittel Auch sie stellen insofern erzieherische Maßnahmen dar, als sie sich nicht wie kriminelle Strafen auswirken. Sie sind aber dazu bestimmt, dem Jugendlichen das Unrecht seiner Verfehlung eindringlich vor Augen zu führen und ihm damit eine Sühne zu ermöglichen. Systematisch stehen die Zuchtmittel zwischen den Erziehungsmaßregeln und der Jugendstrafe. Ihre Wirkung wird darin erblickt, daß durch einen Richterspruch dem Täter die begangene Straftat bewußt gemacht und er durch eine Sühne, die auf sein Ehrgefühl einwirkt, zur Besinnung gebracht wird. c) Die Jugendstrafe Sie ist in Übereinstimmung mit dem bisherigen Recht, das allerdings diese Strafart als Jugendgefängnisstrafe bezeichnete, das einzige echte Mittel des Strafrechts, mit dem in die Lebensführung des Jugendlichen eingegriffen wird. Sie ist wirkliche Strafe insofern, als sie ein gewolltes, als Vergeltung für begangenes Unrecht zugefügtes Übel darstellt. Es ist jedoch zu beachten, daß im Jugendstrafrecht ganz anders als im allgemeinen Recht der spezialpräventive Zweck der Strafe in den Vordergrund tritt. Namentlich bei der Strafzumessung hat der Richter zu berücksichtigen, daß sich, mindestens bei Jugendlichen, die Funktion der Strafe nicht in bloßer Vergeltung erschöpft. Bei ihnen wird man sich immer vor Augen halten müssen, daß sich auch die Strafe im Einzelfall zum Besten des Täters auswirken sollte. Die Allgemeinheit würde Unrecht tun, wenn sie von einem jugendlichen, noch in der Entwicklung begriffenen Täter Genugtuung durch Mittel fordern wollte, die ihm schädlich sind und den Weg in ein geordnetes Leben verbauen. Dem Erziehungszweck der Jugendstrafe ist deshalb in der Praxis entscheidende Bedeutung beizumessen. Er ist mit ausschlaggebend für das Ob und das Wie der Strafe. Aus alledem folgt, daß die im allgemeinen Strafrecht entwickelten Strafzwecke zwar auch als Elemente der Jugendstrafe vorhanden sind, daß ihr Gewicht jedoch ein grundsätzlich verschiedenes ist, da der Besserungszweck gegenüber dem Vergeltungs- und dem bei Jugendlichen nahezu bedeutungslosen Abschreckungszweck eine überragende Rolle spielt. Der Rechtsausschuß hat seine ganze Arbeit an dem Entwurf auf der Grundlage der vorstehend dargelegten Prinzipien durchgeführt. Es wird noch Gelegenheit sein, bei der Erörterung von Einzelvorschriften auf diesen Ausgangspunkt zurückzukommen. Schon an dieser Stelle alle Reformvorschläge zu erörtern, die sich aus der Grundeinstellung zum Jugendstrafrecht überhaupt ergeben, erscheint wenig zweckmäßig, da sie sich durchweg in den Zusammenhang der Einzelbestimmungen besser einfügen. Dagegen muß grundsätzlich noch die Frage ererörtert werden, auf welchen Personenkreis (früher die 12- bis 17-Jährigen; seit 1923 die 14- bis 17- Jährigen) das Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Die Bundesregierung hat in ihrem Entwurf eine Einbeziehung der 18- bis 20-Jährigen, die sie als „Heranwachsende" bezeichnet, in den Bereich des Jugendstrafrechts in der Weise vorgeschlagen, daß der Richter nach idem Entwicklungsstand dies Täters zu entscheiden hat, ob er Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anwendet. Der Ausschuß hat sich davon überzeugt, daß auf diesem Gebiet unbedingt etwas geschehen sollte. Der Krieg mit seinen tiefgreifenden Folgen hat die normale Entwicklung der jetzt Heranwachsenden besonders hart getroffen. Viele Straftaten dieser Gruppe beruhen auf Erziehungsmängeln, die infolge der ummittelbaren Erlebnisse des Krieges und der verworrenen Verhältnisse der Nachkriegszeit entstanden sind. Man bedenke, daß die heute 18-Jährigen bei Beginn des letzten Krieges drei Jahre alt waren. Gerade diese jungen Menschen sind in ihrer Mehrzahl mit erzieherischen Mitteln, die nur das Jugendstrafrecht zur Verfügung stellt, ansprechbar und auf den rechten Weg zurückzuführen. Hinzu kommt, daß nicht nur die augenblickliche, besonders schwierige Lage der Heranwachsenden eine ,Sonderbehandlung fordert. Die moderne Wissenschaft hat die wohl als gesichert anzusehende Erkenntnis herausgearbeitet, daß die charakterliche, insbesondere die sittliche Reifung des jungen Menschen der Gegenwart mit der körperlichen und intellektuellen nicht mehr Schritt gehalten hat. Daraus ergibt sich die Tatsache, daß der Anteil der unreifen heranwachsenden Straffälligen an der Gesamtkriminalität wesentlich größer ist, als gemeinhin angenommen wird. Diese Erkenntnis hatte schon seit 1923 zu nachhaltigen Erörterungen über die Frage geführt, wie die strafrechtliche Behandlung dieser sogenannten Heranwachsenden den modernen Erkenntnissen der Wissenschaft und vor allem den Bedürfnissen der Praxis anzupassen sei. Der Ausschuß hat sich in der Ausgestaltung des Heranwachsendenrechts grundsätzlich der Regierungsvorlage angeschlossen und sich für ein zurückhaltendes Vorgehen 'entschieden. Er hat einstimmig die Meinung vertreten, daß es vorerst genüge, dem Jugendrichter in geeigneten Fällen die Anwendung von Jugendstrafrecht zu eröffnen. Dagegen soll es dabei bleiben, daß geistig und charakterlich normal entwickelte Heranwachsende weiterhin wie Erwachsene behandelt werden. Nur wenn eine Entwicklungsstörung vorliegt oder wenn der Heranwachsende eine strafbare Handlung begeht, die man als typische Jugendverfehlung bezeichnen kann, wird die Anwendung von Jugendstrafrecht zwingend vorgeschrieben. Durch diese Lösung ist der Jugendrichter in der Lage, Strafsachen gegen Heranwachsende so zu erledigen, wie der Einzelfall es erfordert. Die aus Kreisen der Jugendfürsorgebehörden und der freien Vereinigungen ' für Jugendhilfe geforderte (Ewers) volle Gleichstellung der Jugendlichen und Heranwachsenden glaubte der Ausschuß nicht gutheißen zu können, da die Heranwachsenden den weitaus größten Anteil an. der Gesamtkriminalität haben und die ausschließliche Anwendung von Jugendstrafrecht leicht zu einer Schwächung des Schutzes der Allgemeinheit führen könnte. Es war schließlich zu bedenken, daß das künftig geltende Strafrecht für Heranwachsende nicht nur die besonderen Verhältnisse der Nachkriegszeit im Auge haben darf. Schon in wenigen Jahren werden die jungen Menschen möglicherweise wieder eine normale Entwicklung durchlaufen. Ob dann noch das Bedürfnis nach einer Gleichstellung mit den Jugendlichen bejaht werden kann, ist zweifelhaft. Die abschließende Entscheidung sollte man deshalb der Zukunft überlassen. Die vom Ausschuß vorgeschlagene Regelung erscheint danach als die zur Zeit allein vertretbare. Um eine spätere Anpassung des Strafrechts der Heranwachsenden an die Erfahrungen der Praxis zu 'erleichtern, hat der Rechtsausschuß beschlossen, sämtliche einschlägigen Vorschriften in einem besonderen Teil des Gesetzes zusammenzufassen, der von den für Jugendliche geltenden Vorschriften völlig unabhängig ist. Nachträgliche Änderungen werden deshalb den die Jugendlichen betreffenden Teil unberührt lassen. Zu den einzelnen Vorschriften des Entwurfs ist folgendes zu bemerken: Zu § 1: Die Absätze 1 und 2 entsprechen sachlich dem § 1 der Regierungsvorlage. Sie konnten wegen der veränderten Systematik des Gesetzes wesentlich vereinfacht werden. Absatz 3 übernimmt die Vorschrift über die Strafunmündigkeit von Kindern, die bisher in § 3 geregelt war. Da sich der Zweite Teil dies Gesetzes ausschließlich mit Jugendlichen befaßt, war diese Änderung im Aufbau erforderlich. Zu § 2: Der Innhalt der Vorschrift ist, ohne daß sie ausdrücklich normiert wäre, bereits geltendes Recht. Sie ist hier aufgenommen worden, um jeden Zweifel über die subsidiäre Geltung. der allgemeinen Vorschriften auszuschließen. In Übereinstimmung mit der Terminologie des geltenden Gesetzes sind unter den allgemeinen Vorschriften alle Rechtsnormen des Strafrechts im weiteren Sinne zu verstehen, die ohne Rücksicht auf das Alter des Täters gelten. Zu §§ 3 bis 8 (Allgemeine Vorschriften): In diesem Abschnitt des Entwurfs „Allgemeine Vorschriften" sind nunmehr alle diejenigen Bestimmungen zusammengefaßt, die für das materielle Jugendstrafrecht von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dadurch ist es möglich geworden, auf den bisherigen Abschnitt ,,Gemeinsame Vorschriften" zu verzichten. Die §§ 3 bis 6 übernehmen mit geringfügigen redaktionellen Verbesserungen den Inhalt der §§ 2, 3, 15a und 16 der Regierungsvorlage. § 7 entspricht im wesentlichen dem § 17 der Regierungsvoriage. Mit Rücksicht auf das Inkrafttreten des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs mußte als weitere zulässige Maßregel der Sicherung.und Besserung. die Entziehung der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen eingeführt werden. Dies war deshalb notwendig, weil auch Jugendlichen unter gewissen Voraussetzungen eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann. § 8 entspricht dem § 18 der Regierungsvorlage mit geringfügigen redaktionellen Änderungen. Zu § 9: § 9 ist mit § 4 der Regierungsvorlage gleichlautend. Zu § 10 (Weisungen): Die Ausgestaltung der zur Kategorie der Erziehungsmaßregeln gehörenden Weisungen ist gegenüber der Regierungsvorlage wesentlich abgewandelt. Der Rechtsausschuß hat sich bemüht, eine scharfe Abgrenzung zwischen Weisungen und besonderen Pflichten (§ 15) durchzuführen, um in jedem Falle Klarheit über die Rechtsnatur der angeordneten Maßnahmen zugewinnen. Weisungen sind danach richterliche Auflagen, die ohne sühnenden Charakter ausschließlich der Erziehung des Jugendlichen dienen. In Absatz 1 ist ein nicht abschließender Katalog von Beispielen aufgeführt, der Hinweise dafür gibt, was sich der Gesetzgeber unter Weisungen vorstellt. Der Katalog kann vom Richter durch Weisungen anderer Art ergänzt werden. Die angestrebte Abgrenzung zu den besonderen Pflichten, die zur Kategorie der Zuchtmittel gehören, hat der Ausschuß dadurch erreicht, daß er bei letzteren einen abschließenden Katalog aufgestellt hat, der vom Richter nicht geändert werden kann. Diese nach § 15 in Frage kommenden besonderen Pflichten haben den Zweck der Sühne, der bei den Erziehungsmaßregeln völlig zurücktritt. Schon aus diesem Grunde war es notwendig, die erforderliche Abgrenzung bei den besonderen Pflichten zu suchen. Zu § 11: Um es dem erkennenden Richter zu ermöglichen, sich der Entwicklung des straffälligen Jugendlichen anzupassen, hat der Ausschuß die nachträgliche Änderung von Weisungen zugelassen. Derselbe Gedanke war bisher in § 63 des geltenden Gesetzes enthalten, wo allerdings die Änderung von Weisungen dem Vormundschaftsrichter übertragen war. Diese Regelung erschien wenig sinnvoll, weil die Verfügung über Weisungen zweckmäßig in der Hand des Richters verbleiben sollte, der sie erteilt hat. § 11 Abs. 2 entspricht sachlich dem bisherigen § 19 der Regierungsvorlage, ist allerdings hier aus systematischen Gründen auf die Weisungen beschränkt. Zug § 12: Die Vorschrift ist gegenüber dem § 6 der Regierungsvorlage erweitert worden. Das geltende JGG hat die Voraussetzungen, die Ausübung und Ausführung sowie die Beendigung der Schutzaufsicht und der Fürsorgeerziehung an drei verschiedenen Stellen geregelt und dadurch eine wenig (Ewers) erfreuliche Unübersichtlichkeit geschaffen. Es erschien zweckmäßig, diese Bestimmungen in. § 12 zusammenzufassen und damit eine wesentliche Vereinfachung herbeizuführen. Zu §§ 13, 14: Die Vorschriften übernehmen ohne sachliche Änderung den Inhalt der §§ 7 und 10 der Regierungsvorlage über Zuchtmittel und Verwarnung. Zu § 15 (Besondere Pflichten): Wie schon zu § 10 im Rahmen der Weisungen eingehend ausgeführt, hat der Ausschuß den Kreis der besonderen Pflichten auf folgende Fälle beschränkt: 1. die Wiedergutmachung des Schadens. 2. die persönliche Entschuldigung und 3. die Zahlung eines Geldbetrages. Durch diese abschließende Aufzählung der besonderen Pflichten wird die im geltenden Recht bestehende Unklarheit darüber, welche Maßnahmen als Weisungen und welche als besondere Pflichten zu bezeichnen sind, beseitigt. Die Schwierigkeit der Abgrenzung hat für die Praxis zu erheblichen Zweifelsfragen geführt, weil die rechtliche Behandlung in beiden Fällen verschieden war. In § 15 Abs. 3 wird die Regelung des § 19 der Regierungsvorlage über die Folgen der Nichterfüllung von besonderen Pflichten übernommen. 1 Zu § 16 (Jugendarrest): Der Ausschuß hat eingehend erwogen, ob an dem Zuchtmittel des Jugendarrestes ,festgehalten werden soll. Gegen diese Einrichtung, die zwar in der Zeit des Nationalsozialismus geschaffen, aber schon lange vorher von der Jugendreformbewegung gefordert worden war, sind namentlich in den letzten Jahren beachtliche Bedenken erhoben worden. Diese richteten sich weniger gegen die gesetzgeberische Ausgestaltung des Jugendarrestes als gegen seine Anwendung und Durchführung in der Praxis. Hier liegt in der Tat ein sehr schwieriges Problem. Viele unerfahrene Jugendrichter verhängen den Jugendarrest in ungeeigneten Fällen und führen ihn außerdem so durch, daß er sich praktisch von einer kurzfristigen Freiheitsstrafe nicht unterscheidet. Der Ausschuß hat sich aber gleichwohl dazu entschlossen, ihn beizubehalten, da er bei richtiger Anwendung ein durchaus brauchbares Erziehungsmittel ist, wenn beim Vollzug die Vorschriften des § 90 des Entwurfs beachtet werden. Der Jugendarrest ist dazu bestimmt, einen noch unverdorbenen und leicht ansprechbaren Jugendlichen durch energisches Zugreifen, das mit einer unmittelbaren Einflußnahme des Richters im Vollzug zu verbinden ist, wieder auf den rechten Weg zu führen. Gegenüber verwahrlosten oder kriminellen Tätern muß er dagegen zum Mißerfolg führen. Es wird eine besonders wichtige Aufgabe der Länder sein, alles zu tun, um in der Praxis allgemein eine Anwendung und Durchführung des Jugendarrestes zu erreichen, wie sie dem Gesetzgeber vorschwebt. Im einzelnen hat der Ausschuß an der entsprechenden Vorschrift der Regierungsvorlage (§ 8) einige Änderungen vorgenommen. Während nach geltendem Recht an Stelle von Freizeitarrest bei Vorliegen besonderer Gründe Kurzarrest verhängt werden kann, werden diese Gründe nunmehr näher konkretisiert. In Zukunft soll Kurzarrest als Ersatz für Freizeitarrest nur möglich sein, wenn der zusammenhängende Vollzug aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugendlichen beeinträchtigt werden. Für die Umwandlung wird ein einfacher Schlüssel zur Verfügung gestellt, nach dem zwei Tage Kurzarrest einem Tag Freizeitarrest gleichstehen. Die Gesamtdauer des Kurzarrestes soll allerdings sechs Tage niemals überschreiten, da er andernfalls dem Dauerarrest gleichstehen würde. Zu § 17 (Jugendstrafe): Der Ausschuß hat an der Form und den Voraussetzungen der Jugendstrafe gegenüber dem Regierungsentwurf nichts wesentliches geändert. Da jedoch die Erziehung auch im Bereich der Jugendstrafe eine hervorragende Rolle spielt, erschien es in Übereinstimmung mit einem Abänderungsvorschlag des Bundesrates zweckmäßig, in erster Linie auf die echte Erziehungsstrafe abzustellen und erst dann die bloße Schuldstrafe zu erwähnen. Zu § 18 (Dauer der Jugendstrafe): Mit der Frage des Mindestmaßes der Jugendstrafe hat sich der Ausschuß sehr eingehend befaßt. Er hat sich auf Grund eigener Erfahrungen und der Ausführungen besonders zugezogener Sachverständiger davon überzeugt, daß kurzfristige Freiheitsstrafen regelmäßig erzieherisch wertlos sind, 'häufig sogar für die Entwicklung des Jugendlichen zu Schäden führen können. Durch eine kurzfristige Strafe wird der Verurteilte mit einem Makel belastet, ohne daß der Vollzug eine nachhaltig bessernde Wirkung gewährleisten kann. Die Praxis des Vollzugs hat eindeutig erwiesen, daß für die erzieherische Arbeit in der Anstalt ausreichende Zeit zur Verfügung stehen muß. Die Jugendreformbewegung hat diese Tatsache schon seit vielen Jahren zum Anlaß genommen, ein Mindestmaß der Jugendstrafe von neun oder gar zwölf Monaten zu fordern, um damit sicherzustellen, daß nur in äußersten Fällen echte Strafe angewendet und diese alsdann auch erzieherisch wirkungsvoll durchgeführt wird. Der Ausschuß war in Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf der Meinung, daß ein Mindestmaß von neun oder zwölf Monaten zu hoch gegriffen ist, da dann für den Richter die außerordentlich schwierige Frage entsteht, wie er gegen Jugendliche einschreiten kann, bei denen eine mindere Strafe angebracht und auch erzieherisch aussichtsreich erscheint. Nach eingehenden Überlegungen ist der Ausschuß zu dem Ergebnis gekommen, daß die Grenze zweckmäßig bei sechs Monaten gezogen wird. Dieser Zeitraum reicht vielfach aus, um nachhaltig auf den Verurteilten einzuwirken und ihm damit eine Hilfestellung für seine weitere Entwicklung zu geben. Auf der anderen Seite wird der Richter nicht gezwungen, von Strafe abzusehen in Fällen, in denen er sie für notwendig hält. (Ewers) Es ist allerdings zuzugeben, daß auch bei 'dieser Mindestgrenze noch eine erhebliche Spannung zu dem Höchstmaß des Jugendarrestes von vier Wochen besteht. Diese ist jedoch in Kauf zu nehmen, da das Gesetz .eine Vielzahl von Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln zur Verfügung stellt, die es bei wohldurchdachter Anwendung gestatten, das Erziehungsziel auch ohne das Mittel der kriminellen Strafe zu erreichen. Selbst wenn die Schuld ides Betroffenen aus dem Gesichtspunkt der Sühne die Auferlegung eines entsprechenden Übels fordern sollte, muß von Strafe abgesehen werden, wenn von vornherein feststeht, daß sie sich wegen ihrer Kürze für die Entwicklung des Jugendlichen schädlich auswirken könnte. Um mit Sicherheit erziehungswidrig kurze Strafen zu vermeiden, war die Entscheidung für ein ausreichen- des Mindestmaß der Strafe unumgänglich. Allerdings verlangt die Neuregelung von dem Jugendrichter eine tiefe Einsicht in die Zusammenhänge des Jugendstrafrechts amid vor allem sehr viel Verständnis für den tragenden Grundgedanken des Gesetzes, daß die Jugendstrafe das letzte und äußerste Mittel zur Resozialisierung eines jungen Rechtsbrechers ist, dem erzieherischer Wert nur innewohnt, wenn ausreichende Zeit für den Vollzug zur Verfügung steht. Die später zu behandelnde Möglichkeit, die Vollstreckung oder die Verhängung der Jugendstrafe auszusetzen (§§ 20 ff.), wird dem Richter vielfach die Entscheidung über die Frage, ob er Jugendstrafe verhängen soll oder nicht, erleichtern. Nach Ansicht des Ausschusses ist die Einführung der Aussetzung zur Bewährung ein notwendiger und unverzichtbarer Ausgleich gegenüber der Erhöhung des Mindestmaßes der Jugendstrafe auf sechs Monate. Man muß sich nach allem vorstehenden darüber klar sein, daß, abweichend vom allgemeinen Strafrecht im Jugendstrafrecht die Dauer der verhängten Strafe keinen sicheren Rückschluß auf die Schwere der Verfehlung zuläßt. Diesem Gesichtspunkt trägt die Vorschrift des § 91 über den Vollzug der Jugendstrafe Rechnung. Zu § 19 (Unbestimmte Dauer der Jugendstrafe): Das geltende Recht hat durch eine Novelle von 1941 die. unbestimmte Strafe in Anlehnung an zahlreiche ausländische Vorbilder dem österreichischen JGG von 1928 entnommen. Sie ist keine völlig unbestimmte Strafe, sondern eine durch ein Mindest- und Höchstmaß begrenzte Rahmenstrafe. Sie wird verhängt, wenn der Richter schädliche Neigungen des Jugendlichen feststellt und nicht voraussehen kann, welche Zeit erforderlich ist, um einen brauchbaren Erziehungserfolg im Strafvollzug zu erzielen. Während des ganzen Vollzugs und der sich anschließenden Bewährungszeit bleibt die Unbestimmtheit des Strafendes für den Betroffenen bestehen. Dieser hat lediglich die eine Gewißheit, daß mit Erreichung des Höchstmaßes der Vollzug beendet ist. Abgesehen von einer Anzahl dogmatischer und kriminalpolitischer Bedenken, die im Ergebnis überwindbar erscheinen, hatte der Ausschuß insoweit einstimmig schwerwiegende Zweifel, ob sich die Aufrechterhaltung der Unbestimmtheit bis zur Erreichung des .Höchstmaßes der Strafe empfiehlt. Gerade für den zur Bewährung Entlassenen wird die Unbestimmtheit des Strafendes eine sehr schwere Belastung bedeuten, die ihn vielfach zu einer Trotzhaltung führen oder zur Heuchelei veranlassen könnte und damit jede weitere erzieherische Bemühung vereiteln würde. Der Ausschuß war deshalb übereinstimmend der Meinung, daß im Zeitpunkt der Entlassung des Jugendlichen aus denn Strafvollzug entschieden werden muß, wann mindestens die Strafe im Falle des Versagens während der Bewährungszeit endet. Erwogen wurde, ob man nicht die Umwandlung in eine bestimmte Strafe nach der Verbüßung des Mindestmaßes auch schon während des Strafvollzugs vor der Entlassung vorsehen sollte. Nach eingehenden Erörterungen hat der Rechtsausschuß, dem der Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge die Entscheidung insoweit überlassen hatte, sich für den Wortlaut der Vorlage in den §§ 19, 88 und 89 entschieden, da die besondere erziehliche Wirkung der unbestimmten Strafdauer durch eine während des Vollzugs beantragte Straffestsetzung gefährdet erscheint. Zu §§ 20 bis 26 (Strafaussetzung): Der Rechtsausschuß hat die von der Bundesregierung vorgeschlagene Möglichkeit, die Jugendstrafe zur Bewährung auszusetzen, im wesentlichengebilligt. Die damit getroffene Entscheidung für die Einführung eines umfassenden Systems der Bewährungsaufsicht und Bewährungshilfe war angesichts der Entwicklung des gesamten Strafrechts im In- und Ausland geboten. Nicht so wichtig erschien 'dabei dem Rechtsausschuß die rechtliche Form, in der diese Maßnahmen in der Freiheit zur Abwendung des Strafvollzugs angeordnet werden. Er hat sich für die Aussetzung der Strafvollstreckung entschieden, weil diese bereits im JGG von 1923 enthalten war und jetzt auch für Erwachsene durch das dritte Strafrechtsänderungsgesetz eingeführt werden soll. Entscheidend war dabei, von Gedankengängen loszukommen, die im Gnadenrecht und auch in der richterlichen Praxis des JGG von 1923 eine verhängnisvolle Rolle gespielt haben. Man ging nämlich vielfach von der Vorstellung aus, daß es im wesentlichen Sache des Verurteilten sein müsse, sich aus eigener Kraft durch gute Führung während der Bewährungsfrist Strafbefreiung zu verdienen. Daraus ergab sich die unerfreuliche Folgerung, daß man dem verurteilten Jugendlichen durch richterliche Entscheidung oder durch Gnadenakt Strafaussetzung bewilligte, ihn im übrigen aber seinem Schicksal überließ. Daß diese Handhabung häufig nicht zum Erfolge führen konnte, liegt auf der Hand. Mindestens bei Jugendlichen ist es unumgänglich, daß die Bewährungszeit zu positiver und wirkungsvoller erzieherischer Einwirkung ausgenutzt wird. Die sozial-konstruktive Zielsetzung der Bewährungsmaßnahmen tritt deshalb in dem Entwurf viel weiter in den Vordergrund, als das bisher in einem Gesetz der Fall gewesen ist. So ist vor allem vorgesehen, daß der verurteilte Jugendliche grundsätzlich der Aufsicht eines hauptamtlichen Bewährungshelfers unterstellt wird, der nicht nur die Aufgaben eines Kontrollorgans zu erfüllen hat, sondern in erster Linie dem Jugendlichen in allen Schwierigkeiten seines weiteren Lebensweges beistehen soll. Die durch die Anstellung hauptamtlicher Bewährungshelfer entstehenden Kosten werden übrigens hoffentlich, wie die Erfahrungen vieler ausländischer Staaten überzeu- (Ewers) gend beweisen, nach einer {gewissen Anlaufzeit durch Einsparungen im Vollzugssektor ausgeglichen werden. Daß 'die Aussetzung zur Bewährung als Ausgleich gegenüber der Mindesthöhe der Jugendstrafe von sechs Monaten dringend erwünscht ist, wurde bereits in der Erläuterung zu § 18 (letzter Absatz) ausgeführt. Da der Entwurf der Bundesregierung den vorstehend dargelegten Grundsätzen entsprach, hat der Ausschuß sich ihm sachlich in vollem Umfang angeschlossen und nur .geringfügige redaktionelle Änderungen vorgenommen, die einer Anpassung an das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz oder einer klareren Herausarbeitung der Gedankengänge dienen. Durch die Trennung der materiell-rechtlichen Vorschriften von den Prozeßvorschriften ist ein wesentlich klarerer Aufbau auch dieses Abschnitts erzielt. Auf den prozessualen Teil der Strafaussetzung zur Bewährung wird im Rahmen der Verfahrensvorschriften noch einzugehen sein. Zu §§ 27 bis 30 (Aussetzung der Strafverhängung): Auch die Einrichtung der Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe hat der Ausschuß grundsätzlich gebilligt. Hier wird im Anschluß an das österreichische Jugendgerichtsgesetz und andere ausländische Vorbilder die Trennung von Schuld- und Strafausspruch eröffnet. Der Richter kann danach in geeigneten Fällen lediglich die Schuld des Jugendlichen feststellen und die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe für die Dauer einer Bewährungsfrist aussetzen. Dieses Mittel, das zweifellos erzieherisch sehr wirksam eingesetzt werden kann, soll zunächst nur in einem engen Rahmen erprobt werden, da mit ihm auch gewisse Gefahren verbunden sind, vor allem die Möglichkeit einer unzulässigen strafrechtlichen Bewertung schlechter — jedoch nicht strafbarer — Führung während der Bewährungszeit. Die Aussetzung der Verhängung ist deshalb bewußt auf Fälle beschränkt worden, in denen der Richter die Entscheidung darüber, ob der Täter aus einem eingewurzelten Hang oder einer einmaligen Entgleisung gehandelt hat, auf Grund der bisherigen Ermittlungen und des Eindrucks der Hauptverhandlung noch nicht treffen kann. Für die Bewährungszeit sind die gleichen Maßnahmen vorgesehen wie bei der Strafaussetzung zur Bewährung. Zu §§ 31, 32 (Einheitsstrafe): Im Gegensatz zum Erwachsenen-Strafrecht hat das JGG von 1943 für die Fälle der Tatmehrheit die sogenannte Einheitsstrafe eingeführt, die in Entwürfen zu einem Deutschen Strafgesetzbuch bereits seit längerer Zeit allgemein erwogen warden ist. Trotz einzelner materieller und prozessualer Bedenken war der Ausschuß der Meinung, daß grundsätzlich an der Einheitsstrafe festgehalten werden sollte. Sie ist vor allem deshalb zu rechtfertigen, weil bei Vorliegen mehrerer Straftaten eines Jugendlichen aus Erziehungsgründen eine einheitliche Reaktion geboten erscheint. Es wäre nicht sinnvoll, an einem Jugendlichen mehrere, nicht aufeinander abgestimmte Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Strafen neben- oder nacheinander zu vollziehen. Der Erziehungserfolg würde dadurch regelmäßig in Frage gestellt. Dieser Grundsatz wird auch gelten müssen, wenn ein Teil der Straftaten bereits rechtskräftig abgeurteilt ist, die erkannten Maßnahmen aber noch nicht vollständig ausgeführt sind. Gewisse Nachteile, die sich dabei durch Hintanhaltung der Rückfallvoraussetzungen oder durch andere prozessuale Unzuträglichkeiten ergeben können, müssen wenigstens dann in Kauf genommen werden, wenn es sich bei allen Straftaten um Jugendverfehlungen handelt. Der Ausschuß ist deshalb dem Vorschlag des Bundesrates, die nachträgliche Bildung einer Einheitsstrafe nur unter den Voraussetzungen des § 79 StGB vorzusehen, nicht gefolgt. Er hat jedoch entsprechend der Stellungnahme der Bundesregierung eine Auflockerung des geltenden Rechts dadurch erreicht, daß er eine Einheitsstrafe bei Erwachsenenstraftaten und schon abgeurteilten Jugendverfehlungen grundsätzlich verbietet. Es ist kein durchschlagendes Bedürfnis für einen einheitlichen Vollzug mehr gegeben, wenn ein Täter als Erwachsener eine Straftat begeht, die nach geltendem Recht nur deshalb zur Bildung einer Einheitsstrafe führt, weil noch frühere Jugendverfehlungen unerledigt sind. Hier können sich für das Rechtsgefühl kaum erträgliche Vorteile für den Verurteilten sowohl in der Strafbemessung als auch in der Hintanhaltung von Rückfallvoraussetzungen ergeben, die kriminalpolitisch unerwünscht sind. Daraus ergibt sich folgende Konsequenz: Eine Einheitsstrafe kann nur gebildet werden, wenn Jugendstraftaten zusammentreffen oder wenn ausnahmsweise Jugend- und Erwachsenenstraftaten in einer Verhandlung abgeurteilt werden. Neben dieser grundsätzlichen. Änderung des Entwurfs, die der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates entspricht, hat der Ausschuß die Vorschriften über die Einheitsstrafe noch wesentlich vereinfacht. Während bisher der Richter verpflichtet war, grundsätzlich eine Einheitsstrafe zu bilden, und nur unter bestimmten, wenig klar umschriebenen Voraussetzungen davon absehen konnte, wird es jetzt seinem Ermessen anheimgestellt, ob er im Einzelfall aus. Erziehungsgründen von der Bildung einer Einheitsstrafe absehen will. Solche Gründe können z. B. vorliegen, wenn aus einer früheren Verurteilung noch eine Bewährungszeit läuft, deren Fortbestehen trotz der neuen Straftat ratsam erscheint, oder wenn die neue Maßnahme den Vollzug der früher angeordneten Maßnahmen nicht behindert. Dann kann der Richter die neue Tat selbständig beurteilen und das frühere Verfahren unberührt lassen. Die vom Ausschuß erarbeitete Neuregelung bringt neben einer wesentlichen Vereinfachung auch eine freiere Stellung des Richters mit sich, wodurch eine Berücksichtigung der jeweiligen erzieherischen Bedürfnisse ermöglicht wird. Zu §§ 33 bis 38 (Jugendgerichtsverfassung): Die Vorschriften über die Gerichtsverfassung haben gegenüber dem Regierungsentwurf keine wesentliche Änderung erfahren. Als besondere Neuerung, die für das Jugendstrafrecht nachzuholen war, ist die Einführung von jugendkundigen Deutscher Bundestag — 273. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Juni 1953 13567 (Ewers) Laienrichtern hervorzuheben, die idem Jugendschöffengericht und der Jugendkammer beisitzen. Für ihre Vorwahl durch den Jugendwohlfahrtsausschuß hat der Ausschuß noch eine besondere rechtsstaatliche Sicherung eingefügt: die Vorschlagsliste des Jugendwohlfahrtsausschusses bedarf einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Dadurch wird die Übereinstimmung mit dem Gerichtsverfassungsgesetz hergestellt und vor allem vermieden, daß eine einfache Mehrheit im Ausschuß Wahlvorschläge nach einseitigen politischen Gesichtspunkten durchsetzen kann. Zu §§ 39 bis 42 (Zuständigkeit): Auch die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Jugendgerichte ist entsprechend den Vorschlägen des Regierungsentwurfs geregelt worden. Die vom Ausschuß vorgenommenen Änderungen dienen überwiegend der Klarstellung und der sprachlichen Verbesserung. Es ist lediglich auf folgende sachliche Ergänzung zu verweisen: Die örtliche Zuständigkeit des Jugendrichters, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen, ist auf die Fälle der bestimmten Jugendstrafe ausgedehnt worden. Die Änderung ergibt sich aus einer Erweiterung der Vollstreckungszuständigkeit des Jugendrichters am Ort der Strafanstalt, auf die noch näher einzugehen sein wird. Zu §§ 43, 44: Die Vorschriften übernehmen die entsprechende Regelung der Regierungsvorlage über den Umfang der Ermittlungen und die Vernehmung des Beschuldigten im Vorverfahren ohne sachliche Änderung. Zu § 45: Die Voraussetzungen, unter denen der Staatsanwalt von der Verfolgung einer Jugendverfehlung absehen kann, 'hat der Ausschuß gegenüber der Regierungsvorlage und dem geltenden Recht wesentlich umgestaltet. Er war der Meinung, daß in einer strafprozessualen Vorschrift dem Staatsanwalt nicht die Möglichkeit des Ausweichens auf den Vormundschaftsrichter gegeben werden sollte. Wenn im Rahmen eines Stralverfahrens formlose Maßnahmen erforderlich werden, so soll der Staatsanwalt sie unmittelbar beim Jugendrichter anregen und nicht den unbeteiligten Vormundschaftsrichter bemühen. Im übrigen legte der Rechtsausschuß Wert darauf, daß formlose Maßnahmen, die ein Absehen von der Verfolgung rechtfertigen, nur dann getroffen werden können, wenn der Beschuldigte geständig ist. Soweit noch nicht feststeht, ob er eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat, darf ihm keine Pflicht nach dem Gesetz auferlegt werden. Auch erschien es zweckmäßig, ausdrücklich klarzustellen, daß die Nichtbefolgung solcher formloser Maßnahmen nicht mit der Verletzung urteilsmäßiger Anordnungen gleichgestellt werden darf. Kommt der Jugendliche diesen Auflagen nicht nach, so kann kein Jugendarrest verhängt werden. Es ist vielmehr zulässig, daß das eingestellte Strafverfahren von dem Staatsanwalt fortgesetzt wird. Schließlich erschien die Möglichkeit des Absehens von der Verfolgung in besonders leichten Fällen für die Praxis zu unibestimmt. Es wurde statt dessen auf die Voraussetzungen des § 153 StPO verwiesen. Zu § 46: Die Vorschrift, die sich mit der Darstellung des wesentlichen Ermittlungsergebnisses befaßt, bringt den in der Regierungsvorlage enthaltenen Gedanken ohne sachliche Änderung klarer zum Ausdruck. Zu § 47: Mit Rücksicht au& die in § 45 vorgenommenen Änderungen mußte § 47 angepaßt werden. Zu § 48: Der Ausschuß hat daran festgehalten, daß Verhandlungen vor den Jugendgerichten einschließlich der Verkündung der Entscheidungen nicht öffentlich sind. Dieser Grundsatz ist in der deutschen Strafrechtspflege schon alt und insbesondere deshalb berechtigt, weil aus Erziehungsgründen vermieden werden muß, daß sich der Jugendliche als Mittelpunkt eines allgemeinen Interesses fühlt. Absatz 2 ist gegenüber der Regierungsvorlage vereinfacht worden. Da es selbstverständlich erscheint, daß das Recht der Verfahrensbeteiligung auch das Recht der Anwesenheit in sich schließt, werden in Absatz 2 nach einem Hinweis auf die Verfahrensbeteiligten nur diejenigen Personen als anwesenheitsberechtigt genannt, die nicht schon wegen ihrer Beteiligung an der Verhandlung anwesend sein dürfen. Zu § 49: Der Ausschuß hat die Frage, ob eine Beschränkung der Eidespflicht im Jugendstrafverfahren in Betracht kommen kann, sehr eingehend erwogen. Da nach dem Vorschlag der Bundesregierung die Lockerung der Eidespflicht nur im Verfahren vor dem Jugendrichter eintreten soll, also in Bagatellsachen, bei denen nur Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zu erwarten sind, wurden keine Bedenken erhoben. Es ist in der Tat aus Erziehungsgründen oft mißlich, wenn in Jugendsachen von geringer Bedeutung viele Zeugen vereidigt werden müssen. Dadurch fühlt sich der Jugendliche als Mittelpunkt eines besonders feierlichen Verfahrens, wodurch ihm eine unzutreffende Vorstellung von der Bedeutung des Verfahrens und vor allem auch von der Bedeutung seiner Person vermittelt wird. Zu § 50: Der Ausschuß hat es über den Regierungsentwurf hinaus für zweckmäßig gehalten, auch eine Mitteilung über Zeit und Ort der Hauptverhandlung an die Jugendgerichtshilfe vorzuschreiben. Dies war im geltenden Recht bisher nicht vorgesehen, erscheint aber notwendig, um die Beteiligung der Jugendgerichtshilfe auch in der Hauptverhandlung sicherzustellen. (Ewers) Zu § 51: Die Vorschrift ist wortgleich mit § 34 der Regierungsvorlage. Sie behandelt die Möglichkeit der zeitweiligen Ausschließung von Verfahrensbeteiligten von der Hauptverhandlung. Zu § 52 (Anrechnung der Untersuchungshaft): Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Untersuchungshaft auf Jugendstrafe anzurechnen ist, war im Regierungsentwurf nur unzulänglich geregelt. Nach ihm sollte eine Anrechnung nur erfolgen, soweit sich der Vollzug der Untersuchungshaft erzieherisch günstig ausgewirkt hatte oder „aus Gründen der Gerechtigkeit" eine Anrechnung notwendig war. Da aber nicht erkennbar war, was im Einzelfall unter „Gründen der Gerechtigkeit" verstanden werden sollte, hat der Ausschuß hier eine wesentlich konkretere Fassung gewählt und auf die Erziehungsaufgabe des Strafvollzugs abgestellt. In den Ausschußberatungen ist noch eine weitere Frage zur Anrechnung der Untersuchungshaft aufgetaucht, die einer gesetzlichen Regelung bedarf. Es handelt sich darum, wie die Anrechnung der Untersuchungshaft auf Jugendstrafe von unbestimmter Dauer erfolgt. In der Rechtsprechung herrscht Streit darüber, ob sich die Anrechnung auf das Mindest- oder das Höchstmaß auswirkt. Der Ausschuß hat die Frage in der Weise geklärt, daß der Richter im Urteil zu bestimmen hat, ob die Anrechnung das Mindest- oder das Höchstmaß der Strafe beeinflußt. Dabei soll es allerdings nicht möglich sein. daß eine Anrechnung ausschließlich auf das Höchstmaß erfolgt. Mindestens ein Viertel der erlittenen Untersuchungshaft soll vielmehr im Falle der Anrechnung das Mindestmaß ermäßigen. Zu 53: Die dem Jugendrichter nach geltendem Recht zustehende Möglichkeit, die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln dem Vormundschaftsrichter zu überlassen, hat der Ausschuß beibehalten. Dagegen erschien es nicht zweckmäßig, die gleiche Regelung auch für die Zuchtmitte zu treffen. Zuchtmittel sind strafähnliche Maßnahmen, deren Anordnung grundsätzlich dem Strafrichter vorbehalten sein sollte. Dies gilt vor allem für den Jugendarrest, dessen Verhängung mit den 'gewöhnlichen Rechtsmitteln anfechtbar ist. Würde man seine Anordnung dem Vormundschaftsrichter überlassen, so entstände außerdem noch die rechtlich sehr schwierige Frage, welches Rechtsmittel in diesem Falle dem Jugendlichen zur Verfügung steht. Zu § 54: Die Vorschrift behandelt den Mindestinhalt der Urteilsgründe in Jugendstrafsachen. Ste ist mit § 39 des Regierungsentwurfs gleichlautend. Zu § 55 (Rechtsmittelbeschränkungen): Die Frage der Beschränkung von Rechtsmitteln im Jugendstrafverfahren hat den Ausschuß sehr eingehend beschäftigt. Ganz abgesehen von dem das Strafrecht beherrsehenden Grundsatz, daß zwischen Tat und Sühne ein zeitlicher Zusammenhang bestehen muß, spielt im Jugendstrafrecht aus Erziehungsgründen die Notwendigkeit möglichster Beschleunigung und Verkürzung der Jugendstrafverfahren eine entscheidende Rolle. Alle im JGG vorgesehenen Maßnahmen haben nämlich die erforderliche erzieherische Wirkung in der Regel nur, wenn sie noch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tat angeordnet werden. Hat der Jugendliche erst die innere Beziehung zu seiner Verfehlung verloren, so empfindet er die verspätete Vollziehung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nicht mehr als einleuchtende Reaktion auf seine Tat, sondern als ein mehr oder weniger unverständliches Übel, dem er sich notgedrungen beugen muß. Dadurch würde der mit der Maßnahme angestrebte Erziehungserfolg stark beeinträchtigt, wenn nicht gar vereitelt. Um 'diesen Gedanken Rechnung zu tragen, hatte das geltende Gesetz von 1943 die Anfechtung von Entscheidungen, in denen nur Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet sind, ausschließlich dem Staatsanwalt vorbehalten, der davon auch nur Gebrauch machen durfte, wenn er eine Jugendgefängnisstrafe gegen den Verurteilten erreichen wollte. Eine solche Regelung erschien dem Ausschuß mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Es muß dem Jugendlichen mindestens ermöglicht werden, im Rechtsmittelverfahren seine Unschuld geltend zu machen. Der Regierungsentwurf ist 'deshalb zu der Regelung des JGG von 1923 zurückgekehrt, die nur im Falle der Anerkennung der Schuld die Auswahl und den Umfang der angeordneten Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel einer Nachprüfung entzieht. Diese verhältnismäßig zurückhaltende Rechtsmittelbeschränkung hat der Ausschuß gebilligt. Er hat dabei einen Änderungsvorschlag des Bundesrates abgelehnt, der die Anfechtbarkeit von Dauerarrest ohne jede Beschränkung zulassen wollte. Diese besondere Ausnahme erschien vor allem deshalb unzweckmäßig, weil gerade der Dauerarrest in seiner erzieherischen Wirkung stark abgeschwächt wird, wenn er der Tat nicht auf dem Fuße folgt. Auch im Falle der Jugendstrafe war der Ausschuß der Meinung, daß man aus den vorstehend dargelegten Gründen zu einer vorsichtigen Rechtsmittelbeschränkung kommen sollte. Der Vorschlag der Bundesregierung, der für jeden Verfahrensbeteiligten nur eine Wahlmöglichkeit zwischen Berufung und Revision zuläßt, erschien sachgemäß. Er wurde deshalb unverändert übernommen. Zu § 56 (Teilvollstreckung vor Rechtskraft): Auch die Möglichkeit der Teilvollstreckung vor Rechtskraft einer Einheitsstrafe hat der Ausschuß im wesentlichen in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Form gebilligt. Er hat sich davon überzeugt, daß ohne die Teilvollstreckung in gewissen Fällen sehr unerfreuliche Verfahrenssituationen entstehen können. Aus der rechtlichen Ausgestaltung der Einheitsstrafe ergibt sich, daß bei mehreren Straftaten eines Jugendlichen das Urteil auch dann in seinem ganzen Umfang angefochten werden muß, wenn die Entscheidung nur hinsichtlich einzelner Straftaten beanstandet wird. Der Fall kann dann durchaus so liegen, daß (Ewers) die vom Beschwerdeführer als zutreffend anerkannten Verurteilungen offensichtlich ausreichen, um eine Jugendstrafe — gegebenenfalls von kürzerer Dauer — aufrechtzuerhalten. Bei dieser Rechtslage wäre es wenig sinnvoll, eine Untersuchungshaft oder eine vorläufige Unterbringung in einem Erziehungsheim bestehen zu lassen, wenn dem Strafvollzug kein sachlich berechtigter Hinderungsgrund mehr im Wege steht. Der Ausschuß war sich darüber klar, daß die Vorschrift über die Teilvollstreckung einen Bruch mit dem allgemeinen Grundsatz der Strafprozeßordnung bedeutet, wonach jede Vollstreckung erst mit der Rechtskraft der Entscheidung beginnen kann. Diesen Gesichtspunkt hat auch der Bundesrat in seiner ablehnenden Stellungnahme betont. Es war aber zu bedenken, daß die Teilvollstreckung sich aus der rechtlichen Konstruktion der Einheitsstrafe ergibt. Sie war auch in früheren Entwürfen, die die Einheitsstrafe vorsahen, als prozessual zweckmäßiger Ausgleich vorgesehen. Um eine Anordnung der Teilvollstreckung in Fällen zu verhindern, in denen sie nicht angebracht erscheint, hat der Ausschuß 'eine Einschränkung insofern eingeführt, als die Maßnahme nur zulässig sein soll, wenn sie im wohlverstandenen Interesse des Verurteilten liegt. Zu §§ 57 bis 64 (Aussetzung zur Bewährung): In diesen beiden Abschnitten sind die prozessualen Vorschriften über die Strafaussetzung zur Bewährung und die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe zusammengefaßt. Sie sind wesentlich gründlicher durchgearbeitet, als dieses im Regierungsentwurf der Fall war. Vor allem ist auch eine Anpassung an den Entwurf des 3. StÄG erfolgt. Im einzelnen gestaltet sich das Verfahren wie folgt: Über die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung wird im Urteil oder nachträglich durch Beschluß entschieden. Die Entscheidungen über Bewährungszeit, Bewährungsauflagen, Straferlaß und Widerruf der Strafaussetzung ergehen durch Beschluß. Die Anfechtbarkeit ist möglichst eng an den Entwurf des Dritten Strafrechtsänderungsgesetzes angeschlossen. Über die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe und die erforderlichen abschließenden Entscheidungen (Verhängung der Strafe oder Tilgung des Schuldspruchs) wind grundsätzlich durch Urteil entschieden. Nur in einfachen Fällen kann die Tilgung des Schuldspruchs mit Zustimmung des Staatsanwalts auch durch Beschluß erfolgen. Für die Zwischenentscheidungen über Bewährungszeit und Bewährungsauflagen gilt dasselbe wie bei der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung. Zu §§ 65, 66 (Nachträgliche Entscheidungen): Dieser Abschnitt befaßt sich mit den nachträglichen Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der Erteilung von Weisungen und der Auferlegung von besonderen, Pflichten oder mit der Bildung einer Einheitsstrafe erforderlich werden. Die Vorschriften schließen sich eng an den Regierungsentwurf an. Zu §§ 67 bis 74 (Gemeinsame Verfahrensvorschriften): In dem Abschnitt über gemeinsame Verfahrensvorschriften hat der Ausschuß keine grundsätzlichen Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen. Soweit überhaupt Abweichungen vorgesehen sind, dienen sie der Klarstellung oder einer Verbesserungeinzelner verfahrensrechtlicher Regelungen. Die folgenden Punkte dürften hervorzuheben sein: a) In § 67 Abs. 4 ist vorgesehen, daß die prozessualen Rechte des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters für den Fall, daß sie ihnen wegen einer Beteiligung an der Straftat des Jugendlichen entzogen werden, nicht auf den Verteidiger, sondern auf einen eigens zu diesem Zweck zu bestellenden Pfleger übergehen. Der Ausschuß war der Meinung, daß dadurch die Rechtstellung des Angeklagten stärker gesichert wird, als durch die bisherige Regelung des geltenden Rechts. b) Auf eine Legal-Definition der Begriffe des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters glaubte der Ausschuß verzichten zu können, weil sich bereits aus dem bürgerlichen Recht ergibt, wer erziehungsberechtigt und wer gesetzlicher Vertreter ist. c) Über den Regierungsentwurf hinaus ist in § 68 eine notwendige Verteidigung auch dann vorgeschrieben, wenn die Hauptverhandlung im ersten Rechtszuge vor der Jugendkammer stattfindet. Dadurch wird klargestellt, daß alle nach den allgemeinen Vorschriften vor das Schwurgericht gehörenden Strafsachen Fälle notwendiger Verteidigung sind. Aus der Strafprozeßordnung hätte sich dieser Schluß nicht zwingend ableiten lassen. d) Der Ausschuß hält es für unzweckmäßig, auch für den Pflichtverteidiger ausdrücklich vorzuschreiben, daß er erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein soll. Daraus können sich möglicherweise unerwünschte Differenzen bei der Auswahl der Pflichtverteidiger ergeben.. e) Ein obligatorisches Akteneinsichtsrecht für den Beistand glaubte der Rechtsausschuß nicht gutheißen zu körnen. Er hat sich insoweit einem Änderungsvorschlag des Bundesrates, dem die Bundesregierung beigetreten war, angeschlossen und das Einsichtsrecht des Beistandes nur fakultativ vorgesehen (§ 69 Abs. 3). f) In § 71 ist der Ausschluss einem Vorschlag des Bundesrates gefolgt. Er hat als vorläufige Anordnung über die Erziehung die einstweilige Unterbringung in einem Erziehungsheim zugelassen und sie in ähnlicher Weise wie die Untersuchungshaft mit rechtsstaatlichen Garantien ausgestattet. g) Den Vorschlag der Bundesregierung, von dem diese bereits in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates abgerückt war, die Dauer der Untersuchungshaft starr zu begrenzen, hat der Ausschuß nicht angenommen. So sehr eine möglichst kurze Untersuchungshaft gerade im Jugendstrafverfahren erwünscht ist, kann dieses Ziel durch schematische Lösungen nicht erreicht werden. Es wird bei der Durchführung jedes einzelnen Verfahrens Vorsorge zu treffen sein, durch geeignete (Ewers) Maßnahmen eine Beschleunigung zu erreichen. Als wirkungsvollstes Mittel, den Jugendlichen vor unabsehbarer Untersuchungshaft zu bewahren, erschien die in § 72 Abs. 1 gegebene Vorschrift, daß in erster Linie statt Untersuchungshaft stets entsprechende Erziehungsanordnungen erwogen werden müssen. Zu §§ 75 bis 78 (Vereinfachte Verfahren): Die vereinfachten Verfahren (jugendrichterliche Verfügung und vereinfachtes Jugendverfahren) sind gegenüber dem Regierungsentwurf nur geringfügig geändert worden. In Übereinstimmung mit der Strafprozeßordnung wurde in § 77 Abs. 1 ausdrücklich geklärt, daß die Ablehnung des vereinfachten Verfahrens durch den Jugendrichter bis zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung möglich ist. Außerdem wurde die Anordnung von Fürsorgeerziehung oder die Verhängung von Jugendstrafe im vereinfachten Verfahren ausdrücklich untersagt (§ 78 Abs. 1) und die Stellung des Staatsanwalts etwas modifiziert (§ 78 Abs. 2). Zu §§ 79 bis 81: In diesem Abschnitt sind die Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts aufgeführt, die im Jugendstrafverfahren keine Anwendung finden. Wesentliche Änderungen gegenüber dem geltenden Recht sind nicht vorgenommen worden. Es ist lediglich eine in der Rechtsprechung aufgetretene Zweifelsfrage hinsichtlich der Zulässigkeit der Nebenklage durch staatliche Behörden geklärt worden. Zu §§ 82 bis 89 (Vollstreckung): Bei den Vorschriften über das Vollstreckungsverfahren hat sich der Ausschuß weitgehend dem Regierungsentwurf, allerdings unter Berücksichtigung der Änderungsvorschläge des Bundesrates, angeschlossen. Systematisch sind die Bestimmungen übersichtlicher angeordnet. Auch die Anfechtbarkeit von Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren ist klarer geregelt. Eine einschneidende Abweichung ist jedoch hervorzuheben: Nach geltendem Recht, an dem die Bundesregierung insoweit nichts ändern wollte, ist für die Vollstreckung von Jugendstrafe von unbestimmter Dauer der Jugendrichter am Ort des Strafvollzugs zuständig. Diese Einrichtung des sogenannten besonderen Vollstreckungsleiters hat sich in der Praxis gut bewährt. Nachdem nunmehr das Mindestmaß der Jugendstrafe auf sechs Monate erhöht worden ist, also in allen Fällen eine Strafe von nicht ganz unerheblicher Dauer vollstreckt werden muß, erschien es angebracht, die besondere Vollstreckungszuständigkeit auch auf Jugendstrafen von bestimmter Dauer auszudehnen. Damit dürfte eine wesentliche Verbesserung des Vollstreckungsverfahrens erzielt sein, da nunmehr alle Entscheidungen über bedingte und endgültige Entlassung aus dem Strafvollzug für jede Strafanstalt von demselben Richter getroffen werden und keine unterschiedlichen Grundsätze bei der Behandlung der Anstaltsinsassen infolge der Zuständigkeit verschiedener Richter obwalten können. Zu §§ 90 bis 93 (Vollzug): Auch die Vorschriften über den Vollzug bei Jugendlichen weisen nur geringfügige Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage auf. Bei Jugendarrest ist die Durchführung strenger Tage, die bisher, allerdings mit der Möglichkeit von Ausnahmen in besonderen Fällen, obligatorisch ist, nunmehr fakultativ ausgestaltet. Der Ausschuß war der Meinung, daß damit allen Erziehungsbedürfnissen am besten Rechnung getragen werden kann. Zu §§ 94 bis 101 (Strafregister): Die Vorschriften über das Strafregister und die Beseitigung des Strafmakels durch Richterspruch schließen sich eng an die Regierungsvorlage und die Vorschläge des Bundesrates an. Grundsätzliche Änderungen wurden nicht vorgenommen. Hervorzuheben ist nur, daß es nicht zweckmäßig erschien, die Entscheidung über die Strafmakelbeseitigung in einem besonderen Termin verkünden zu lassen. Diese Feierlichkeit ist vor allem deshalb unangemessen, weil der Beschluß über die Strafmakelbeseitigung nicht endgültig, sondern einer Abänderung im Rechtsmittelverfahren ausgesetzt ist und weil praktisch die Beseitigung des Strafmakels weit geringere Tragweite hat als die im allgemeinen Recht vorgesehene und auch für Jugendliche anwendbare Tilgung des Vermerks, für die aber nirgendwo eine besonders feierliche Bekanntgabe vorgesehen ist. Zu §§ 102 bis 104 (Erwachsenengerichte): Da es grundsätzlich möglich ist, daß Jugendliche auch vor Erwachsenengerichten angeklagt werden (in politischen Strafsachen oder im Wege der Verbindung), war eine Bestimmung darüber, welche Vorschriften des JGG auch von den Erwachsenengerichten zu beachten sind, notwendig. Der Regierungsentwurf hatte es im wesentlichen dem Ermessen des Richters überlassen, ob und inwieweit er .die Vorschriften des Jugendstrafverfahrens anwenden wollte. Eine solche Regelung erschien zu unbestimmt. Es wurde deshalb in § 104 genau bezeichnet, welche Bestimmungen des JGG auch für das Erwachsenengericht bindend sind und wie weit ihre Anwendung dem richterlichen Ermessen anheimgestellt wird. Danach sind ausdrücklich nur diejenigen Vorschriften des JGG ausgenommen, die ihrer Natur nach im allgemeinen Strafverfahren nicht angebracht sind. Es ist aber durch § 104 Abs. 2 auch insoweit dem Gericht ein Ermessensspielraum eingeräumt. Zu §§ 105 bis 112 (Heranwachsende): Die Vorschriften über das Recht der Heranwachsenden lehnen sich eng an die Regierungsvorlage an. Sie sind in einem besonderen Teil des Gesetzes zusammengefaßt und gestatten dadurch einen wesentlich klareren Überblick über das gesamte für die Heranwachsenden geltende Recht. Nur in einem Punkt ist der Ausschuß von den Vorschlägen der Bundesregierung abgewichen: Er hält es nicht für zweckmäßig, im JGG einen Hinweis auf die Berücksichtigung der Strafzwecke und damit auf allgemeine Strafrechtsgrundsätze zu geben, da das Gericht insoweit nach seiner freien Überzeugung entscheiden muß. § 20 Abs. 3 der Regierungsvorlage wurde deshalb gestrichen. Zu §§ 113 bis 124: Dieser letzte Teil des Gesetzes enthält die Schluß- und Übergangsvorschriften. Sie entsprechen (Ewers) im wesentlichen den einschlägigen Bestimmungen des Regierungsentwurfs. Nur folgende Änderungen sind kurz zu erwähnen: a) In § 113 wird den Ländern die Pflicht auferlegt, eine ausreichende Anzahl von hauptamtlichen Bewährungshelfern anzustellen und das Nähere über deren Tätigkeit durch Landesgesetz zu regeln. Der Regierungsentwurf hatte hier eine Frist vorgesehen, innerhalb deren die Anstellung abgeschlossen sein mußte. Der Ausschuß hat es nicht für angängig gehalten, die Länder durch eine Frist zur Gesetzgebung anzuhalten. Dadurch entsteht die Gefahr, daß nach fruchtlosem Ablauf der Frist ein rechtlich umhaltbarer Zustand entsteht. b) Die Möglichkeit, auch Gefängnisstrafe an jungen Menschen unter 24 Jahren in der Jugendstrafanstalt zu vollziehen, ist beibehalten worden. Es erschien jedoch wenig sinnvoll, auch den Vollzug von Haftstrafen, also regelmäßig sehr kurzen Strafen, in einer Jugendstrafanstalt zuzulassen. c) Für die Wahl der Jugendschöffen war über den Regierungsentwurf hinaus noch eine weitere Übergangsvorschrift erforderlich. Die Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz ist zur Zeit noch nicht verkündet. Daraus ergibt sich, daß in verschiedenen Ländern des Bundesgebietes Jugendwohlfahrtsausschüsse noch nicht bestehen, denen nach dem Entwurf das Recht zusteht, Jugendschöffen und Jugendhilfsschöffen vorzuschlagen. Es erschien deshalb für die Übergangszeit notwendig, dieses Vorschlagsrecht überall da, wo es einen Jugendwohlfahrtsausschuß noch nicht gibt, auf das Jugendamt zu übertragen. Bonn, den 5. Juni 1953 Ewers Berichterstatter Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 273. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 4452 der Drucksachen) über den Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Nr. 3284 der Drucksachen) und über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Nr. 3668 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Leuze Allgemeines Das in der Zivilprozeßordnung und im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung niedergelegte Zwangsvollstreckungsrecht ist schon seit 1914, hauptsächlich aber seit dem Jahre 1932, durch zahlreiche Vorschriften ergänzt worden, die in den verschiedensten Gesetzen und Verordnungen enthalten sind. Auch nach dem Kriege sind in einigen Ländern noch Vollstreckungsbeschränkungen eingeführt. Dadurch ist das Zwangsvollstreckungsrecht unübersichtlich und uneinheitlich geworden. Es ist deshalb notwendig, auf dem Gebiete des Vollstreckungsrechts die Rechtseinheit wiederherzustellen und diese Rechtsmaterie zu sichten und zu ordnen. Die Bundesregierung hat unter dem 5. April 1952 dem Deutschen Bundestag den Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Bundestagsdrucksache Nr. 3284) zum Zwecke der Bereinigung und Vereinheitlichung des Mobiliarvollstreckungsrechts vorgelegt. Vorgesehen ist die Aufhebung von Vorschriften, die durch die Zeitumstände bedingt waren und überholt sind, ferner die Einordnung der aufrechtzuerhaltenden Bestimmungen in die Zivilprozeßordnung. Dabei sind die Vorschriften, die dem Schuldnerschutz dienen, im Interesse einer stärkeren Berücksichtigung der Gläubigerinteressen zum Teil wesentlich ergänzt. Unter dem 5. September 1952 hat die Bundesregierung sodann dem Deutschen Bundestag den Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Bundestagsdrucksache Nr. 3668) vorgelegt, der für das Immobiliarvollstreckungsrecht den gleichen Zweck verfolgt. Von einer grundlegenden Reform des Vollstreckungsrechts ist in den Entwürfen abgesehen worden. Die vorgesehenen Gesetze sollen — wie das Rechtsvereinheitlichungsgesetz auf den in ihm erfaßten Rechtsgebieten — der Ausgangspunkt einer späteren umfassenden Neuordnung des Vollstreckungsrechts sein. Sie tragen also Übergangscharakter. Aus diesem Grunde sind in die Zivilprozeßordnung und das Gesetz über die Zwangsvollstreckung und die Zwangsverwaltung auch nicht nur die Bestimmungen eingearbeitet worden, die endgültig als Dauerrecht angesprochen werden können, sondern gleichfalls die Vorschriften, welche zwar zeitbedingt, im Augenblick aber noch nicht zu entbehren sind. Einzelne Reformwünsche konnten bereits im Rahmen der Vorlagen Berücksichtigung finden. Der Deutsche Bundestag hat am 16. Mai und 17. September 1952 (213. und 230. Sitzung) die von der Bundesregierung vorgelegten Entwürfe dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23.) überwiesen. Sie sind in zehn Sitzungen des Unterausschusses „Zwangsvollstreckungsgesetze" und in vier Sitzungen des 23. Ausschusses beraten worden. Unterausschuß und Ausschuß haben den Entwürfen im grundsätzlichen und in der Zwecksetzung zugestimmt, einzelne Bestimmungen aber abgeändert und mehrere Vorschriften eingefügt. Der Ausschuß hat außerdem die beiden Vorlagen zu einem Gesetzesentwurf zusammengefaßt. (Dr. Leuze) Es enthalten nunmehr Artikel 1 Änderungen der Zivilprozeßordnung, Artikel 2 Änderungen des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, Artikel 3 eine Änderung der Kostenordnung, Artikel 4 die aufzuhebenden Vorschriften, Artikel 5 eine Bestimmung über die in anderen Vorschriften enthaltenen Verweisungen, Artikel 6 Bestimmungen über die Durchführung begonnener Vollstreckungsmaßnahmen, Artikel 7 Bestimmungen über die Durchführung anhängiger Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren, Artikel 8 eine zusätzliche Kostenbestimmung, Artikel 9 eine Ergänzung des Gesetzes zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung, Artikel 10 die Berlin-Klausel, Artikel 11 den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes. In den nachfolgenden Ausführungen zu Einzelbestimmungen des zusammengefaßten Entwurfs werden die Vorschriften, die in ihrer Fassung von den Regierungsvorlagen abweichen oder neu eingefügt sind, näher erläutert. Im übrigen wird auf die Regierungsvorlagen und ihre Begründungen Bezug genommen. Artikel 1 Änderung der Zivilprozeßordnung Zu Nr. 1: Der Ausschuß hat sich der Auffassung des Regierungsentwurfs angeschlossen, daß auf eine allgemeine Härteklausel zum Schutz der Schuldner in der Vollstreckung zur Zeit jedenfalls nicht verzichtet werden kann. Er ist jedoch der Auffassung, daß der Ausnahme-Charakter der Bestimmung noch schärfer zum Ausdruck gebracht werden muß. Durch die vorgenommene Änderung der Fassung des Absatzes 1 der neuen Bestimmung wird klargestellt, daß in Zukunft — nachdem Art. 6 der Schutzverordnung vom 4. November 1943 außer Kraft gesetzt ist — eine Aufhebung oder Einstellung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nur noch unter ganz besonderen Umständen zulässig ist. Absatz 2 der Bestimmung entspricht in seinem Wortlaut der Regierungsvorlage. Von der Einfügung einer besonderen Sicherungsvorschrift für den Gläubiger gegen eine Vereitelung der Zwangsvollstreckung durch den Schuldner während der Aufschubsfrist, die zunächst in Erwägung gezogen wurde, hat der Ausschuß aus gesetzestechnischen Gründen abgesehen. Er hält es aber für erwünscht, daß in die Geschäftsanweisungen für Gerichtsvollzieher eine Vorschrift aufgenommen wird, die den Gerichtsvollzieher anweist, bei Anwendung der Bestimmung den Schuldner über die strafrechtlichen Folgen einer Vollstreckungsvereitelung zu belehren. Der Bestimmung ist ein Absatz 4 angefügt, I welcher die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erst nach Rechtskraft des Beschlusses zuläßt, weil die Rechtsmittelinstanz nach geltendem Recht nicht in der Lage ist, eine aufgehobene Vollstreckungsmaßnahme rückwirkend wieder in Kraft zu setzen. Die Härteklausel wird wegen ihres inneren Zusammenhangs mit § 766 als § 765a in die Zivilprozeßordnung eingeordnet. Zu Nr. 2: § 788 ZPO wind entsprechend der Regierungsvorlage durch einen Absatz 3 ergänzt, der dem Gericht die Möglichkeit gibt, in bestimmten Vollstreckungsverfahren dem Gläubiger ganz oder teilweise die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Ausschuß war aber der Ansicht, daß diese Möglichkeit auf die Fälle beschränkt werden muß, in denen der Gläubiger die Entstehung der Kasten verschuldet hat, insbesondere wenn er schikanös oder grob unbillig einer Anwendung der in der Vorschrift genannten Bestimmungen entgegengetreten ist. Die Vorlage ist durch einen dahingehenden Zusatz ergänzt worden. Zu Nr. 3: Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Ergänzung des § 807 ZPO, welche den Schuldner verpflichtet, in dem vorzulegenden Vermögensverzeichnis auch bestimmte, im letzten Jahre oder in den letzten zwei Jahren vorgenommene Veräußerungen und Verfügungen aufzuführen, ist übernommen worden. Der Ausschuß hat es jedoch für erforderlich gehalten, den für die Berechnung der Jahresfristen maßgebenden Zeitpunkt genau festzulegen. Als Zeitpunkt ist der erste zur Eidesleistung anberaumte Termin bestimmt. Würde ein anderer Zeitpunkt — etwa der Tag der Eidesleistung — maßgeblich sein, so könnten böswillige Schuldner, welche die Eidesleistung hinauszögern, aus der Bestimmung Nutzen ziehen. Zu Nr. 4: § 811 Nr. 4 ZPO hat im Interesse -der Klarstellung eine geringfügige Ergänzung erfahren. § 811 Nr. 2 ist in Anpassung an § 811 Nr. 3 neugefaßt. Zu Nr. 6: In der als § 811 Nr. 14 ZPO vorgesehenen neuen Bestimmung, welche die Pfandfreistellung von nicht zur Veräußerung bestimmten Hunden betrifft, ist lediglich die Wertgrenze in Übereinstimmung mit dem Änderungsvorschlag des Bundesrates auf 200 Deutsche Mark herabgesetzt. Zu Nr. 7: § 811 a ZPO, welcher die Austauschpfändung betrifft, entspricht in seinen Absätzen 1 bis 3 der Regierungsvorlage. Absatz 4 hat eine redaktionelle Änderung erfahren. Der Absatz bezieht sich auf die Fälle, in denen Austauschpfändung zugelassen wird, dem Schuldner der zur Ersatzbeschaffung erforderliche Geldbetrag aber erst aus dem Versteigerungserlös zukommt. In diesen Fällen soll der Gegenstand der Austauschpfändung dem (Dr. Leuze) Schuldner jedenfalls bis zur Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses belassen bleiben, da eine Ersatzbeschaffung erst nach der Pfandverwertung möglich ist. Der Ausschuß war der Auffassung, daß das Rechtsinstitut der Austauschpfändung praktisch nur dann die ihm zukommende Bedeutung erlangen kann, wenn eine vorläufige Austauschpfändung durch den Gerichtsvollzieher allgemein möglich ist, sofern eine Zulassung der Austauschpfändung durch das Gericht erwartet werden kann. Auf dieser Erwägung beruht die Änderung des § 811b Abs. 1. § 811b Abs. 4 Satz 1 bedurfte einer Ergänzung, um auch den zweiten im § 811a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 aufgezeigten Fall der Austauschpfändung zu erfassen. § 811b Abs. 4 Satz 2 stellt klar, daß auch bei vorangegangener vorläufiger Austauschpfändung in den Fällen, in denen dem Schuldner der zur Ersatzbeschaffung erforderliche Geldbetrag aus dem Versteigerungserlös überlassen werden soll, die Wegnahme der gepfändeten Sache erst nach Rechtskraft des richterlichen Zulassungsbeschlusses erfolgen kann. Änderung und Ergänzung des § 811c ZPO entsprechen den Vorschlägen des Bundesrates, denen auch die Bundesregierung zugestimmt hat. Zu Nr. 8: Unter „Verkaufswert" in § 813 versteht der Ausschuß denjenigen Wert, der bei freihändigen Veräußerungen normalerweise zu erzielen ist. Zu Nr. 9: § 813 a ZPO, der das Verwertungsmoratorium zum Inhalt hat, ist im Interesse einer stärkeren Berücksichtigung der Gläubigerinteressen im Absatz 5 dahingehend geändert worden, daß das Wort „soll" durch das Wort „ist" ersetzt worden ist. Der Vorschrift ist außerdem ein Absatz 6 angefügt, der für Wechselsachen eine Aussetzung der Pfandverwertung nach § 813 a ZPO ausschließt. Im übrigen entspricht die Bestimmung der Regierungsvorlage. Die Übernahme erschien besonders deswegen vertretbar, weil die Bestimmung durch die Antragsfrist des Absatzes 2 und die zeitliche Begrenzung des Absatzes 4 gegenüber dem aufzuhebenden § 18 der Vollstreckungsmaßnahmenverordnung vom 26. Mai 1933 im Interesse des Gläubigerschutzes bereits erheblich eingeschränkt ist. Berücksichtigt ist ferner, daß die Vorschrift lediglich eine Aussetzung der Pfandverwertung und nicht auch eine Aufhebung der Pfändung zuläßt. Zu Nr. 12: Die vom Ausschuß vorgenommene Ergänzung des § 850a Nr. 7 ZPO soll den Anwendungsbereich der Vorschrift — insbesondere im Verhältnis zu § 850b Nr. 4 — abgrenzen und einer unzulässigen Ausweitung vorbeugen. Die Änderung des § 850b Nr. 4 ZPO soll festlegen, daß die Versicherungsansprüche nur dann der Pfändung entzogen sind, wenn die Zweckbestimmung — Deckung der beim Tode des Versicherungsnehmers anfallenden Ausgaben, insbesondere der Bestattungskosten — hinreichend gesichert ist. Gemischte Versicherungen fallen auch dann nicht unter Idie Vorschrift, wenn der Erlebensfall unwahrscheinlich ist. Die Änderung der Eingangsworte des § 850c Abs. 2 ZPO stellt klar, daß nicht die Unterhaltsgewährung als solche, sondern lediglich die Unterhaltsgewährung auf Grund einer Rechtspflicht eine Erhöhung des pfandfreien Betrages zur Folge hat. Zu Nr. 13: § 851a Abs. 2 ZPO ist nach der Regierungsvorlage angenommen worden. Es erscheint zweckmäßig, zur Vermeidung überflüssiger Vollstrekkungsmaßnahmen dem zuständigen Gericht die Befugnis einzuräumen, unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 von einer Pfändung abzusehen. Diese Befugnis besteht nur, wenn offenkundig ist, daß die Voraussetzungen für die Aufhebung der Pfändung vorliegen. Offenkundbarkeit liegt nur vor, wenn dem zuständigen Gericht auf Grund früherer Vorgänge oder persönlicher Kenntnis der Verhältnisse bekannt ist, daß diese Voraussetzungen gegeben sind. Zu Nr. 14: Die als § 882a ZPO vorgesehene neue Bestimmung, welche die Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts betrifft, ist durch Einbeziehung der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden erweitert und ferner durch Anfügung eines Absatzes 6 ergänzt worden. Die im Absatz 6 enthaltene Ergänzung erschien erforderlich, weil es sich bei einstweiligen Verfügungen vorwiegend um Eil- oder Notfälle, 11 handelt und der Vollzug einen Aufschub nicht duldet. Bei der Erörterung des Absatzes 2 Satz 3 wurde klargestellt, daß Anhörung lediglich in der Gewährung der Gelegenheit zur sachlichen Äußerung besteht. Wird der Sachverhalt mitgeteilt und eine angemessene Frist zur Äußerung gesetzt, so gilt nach Fristablauf das rechtliche Gehör als gewährt. Zu Nr. 15: Die Herabsetzung der Frist des § 900 Abs. 2 ZPO auf drei Jahre beruht auf Anregungen aus der Praxis. Sie war auch bereits im Entwurf einer neuen Zivilprozeßordnung aus dem Jahre 1931 vorgesehen. § 900 Abs. 4 ZPO, welcher bei Glaubhaftmachung einer alsbaldigen Schuldtilgung eine Vertagung des Offenbarungseidtermins zuläßt, entspricht sachlich der Regierungsvorlage. Der Ausschuß hat die Bestimmung jedoch ergänzt und zur Vermeidung unbegründeter Verfahrensverzögerungen die Ablehnung eines Vertagungsantrages für unanfechtbar erklärt. Dem gleichen Zweck dient die vom Ausschuß vorgenommene Ergänzung des Absatzes 5 Satz 2. Zu Nr. 16: Die Ergänzung, die der Ausschuß in § 903 vorgenommen hat, will den Schwierigkeiten begegnen, die bei der Vollstreckung für den Gläubiger im Fall eines Wechsels der Erwerbsstelle durch den Schuldner entstehen. (Dr. Leuze) Zu Nr. 17: § 915 Abs. 2 ZPO, der bei Befriedigung des Gläubigers eine Löschung im Schuldnerverzeichnis ermöglicht, mußte in seiner Fassung dem geänderten § 900 Abs. 2 angepaßt werden. Es ist außerdem eine sprachliche Ausbesserung vorgenommen worden. Artikel 2 Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Die Eingangsworte sind aus redaktionellen Gründen neugefaßt. Zu Nrn. 1, 2: Die Regierungsvorlage sah die Einfügung eines § 4a ZVG vor, welcher auch für den Schuldtitel an Stelle der öffentlichen Zustellung eine Zustellung an den Grundbuchbevollmächtigten (§ 5 ZVG) und hilfsweise die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten zuließ. Die Wirkung der Zustellung sollte alsdann allerdings auf die beabsichtigte Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung beschränkt sein. In Übereinstimmung mit dem Änderungsvorschlag des Bundesrates hat der Ausschuß von der Übernahme dieser Vorschrift abgesehen. Sie ist mit Rücksicht auf die Bedeutung der Zustellung des Schuldtitels sachlich nicht vertretbar. Grundsätzliche Bedenken bestehen auch gegen die Zulassung von Zustellungen, die nur relative Wirkung haben. Die Vorschrift betrifft außerdem Maßnahmen, die vor dem Beginn des Verfahrens liegen, gehört systematisch also nicht in das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, sondern in die Zivilprozeßordnung. Da der Ausschuß der in der Regierungsvorlage vorgesehenen Streichung des § 11 der Vollstreckungsmaßnahmenverordnung vom 26. Mai 1933, welche inhaltlich dem vorgesehenen § 4a ZVG entsprach, zugestimmt hat, fällt diese Bestimmung ersatzlos weg. § 6 Abs. 2 ZVG ist vom Ausschuß neugefaßt worden. Die bereits vom Bundesrat vorgeschlagene Neufassung soll erreichen, daß im Interesse einer Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens nach Anordnung der Versteigerung allgemein dann, wenn die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung nach § 203 ZPO vorliegen, ein Zustellungsvertreter bestellt wird, insbesondere auch in den Fällen der undurchführbaren Auslandszustellung. Abgelehnt hat der Ausschuß die in der Regierungsvorlage vorgesehene Änderung des § 8 ZVG, wonach auch für Anordnung&- und Beitrittszulassungsbeschlüsse die §§ 4 bis 7 ZVG Geltung haben sollten. Anordnungs- und Beitrittszulassungsbeschlüsse sind derart wichtige und einschneidende Akte, daß für sie eine Zustellung durch Aufgabe zur Post oder an einen Zustellungsbevollmächtigten bzw. Zustellungsvertreter im Sinne der §§ 4 bis 7 ZVG nicht in Frage kommen kann. Zu Nr. 3: Die vom Ausschuß vorgenommene Ergänzung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 dient der Klarstellung. Es erscheint zweckmäßig, Zweifel darüber auszuschließen, daß die angeführten Vorschriften des Gesetzes über den Lastenausgleich in Kraft bleiben. Zu Nr. 6: Die Regierungsvorlage sah eine Ergänzung des § 15 ZVG vor. Danach sollte unter bestimmten Voraussetzungen bei grobem Mißverhältnis zwischen dem Betrag des Anspruches und derb Grundstückswert eine Aussetzung der Beschlußfassung über den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung zugelassen werden. Der Ausschuß hat die Übernahme der vorgeschlagenen Ergänzung des § 15 abgelehnt, weil eine ausreichende Sicherung des Gläubigers gegen zwischenzeitliche Verfügungen des Schuldners im Hinblick auf das Grundstück (Veräußerung oder Belastung) nicht gewährt werden kann. Der Bundesrat hatte sich gleichfalls gegen die in der Regierungsvorlage enthaltene Ergänzung des § 15 ZVG ausgesprochen. Er sah in der Ergänzung auch eine unbegründete Ausweitung des Schuldnerschutzes. Zu Nr. 9: Die vom Ausschuß vorgenommene Änderung des § 30 ZVG, welcher die Einstellung des Verfahrens auf Bewilligung des Gläubigers zum Inhalt hat, dient lediglich der Klarstellung. Zu Nr. 10: Im Rahmen der Erörterungen zu §§ 30a bis d ZVG hat sich der Ausschuß in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage für eine grundsätzliche Beibehaltung der Einstellungsmöglichkeit ohne Zustimmung des Gläubigers ausgesprochen. Er hat aber beschlossen, die lediglich im Interesse des Schuldners liegende Einstellung von einem Antrag des Schuldners abhängig zu machen und zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen den Antrag nur innerhalb einer bestimmten Frist zuzulassen. Demgemäß sind die Eingangsworte des § 30a Abs. 1 durch Einfügung des Antragserfordernisses ergänzt. Die Fristbestimmung ist in § 30b Abs. 1 aufgenommen. Der Fristbeginn setzt nach der geänderten Fassung dieser Vorschrift eine Rechtsbelehrung des Schuldners voraus. Die Frist selbst ist als „Notfrist" bezeichnet. Daraus folgt, daß für den Fall einer Versäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe der §§ 233 bis 238 der Zivilprozeßordnung stattfindet. Der Ausschuß hat weiterhin beschlossen, die Einstellung des Verfahrens ohne Einwilligung des Gläubigers nur zuzulassen, wenn die Nichterfüllung der fälligen Verbindlichkeiten auf Umständen beruht, die außerhalb der eigentlichen Wirtschaftssphäre des Schuldners liegen., und Aussicht besteht, daß durch die Einstellung die Versteigerung vermieden wird. Auf diesen Beschlüssen beruht die weitere Fassungsänderung des § 30a Abs. 1. Die im Regierungsentwurf vorgesehenen Absätze 2 und 3 des § 30a, welche eine kasuistische Aufzählung von Einstellungsvoraussetzungen enthalten, sind gestrichen, weil sie im Gegensatz zu den in der Neufassung des Absatzes 1 zum Ausdruck gebrachten Voraussetzungen standen oder aber zufolge der neuen umfassenden Regelung im Absatz 1 entbehrlich waren. Infolge der Streichung der Absätze 2 und 3 sind die Absätze 4 biss 7 der Regierungsvorlage jetzt Absätze 2 bis 5 der Vorschrift geworden. (Dr. Leuze) Absatz 2 der Bestimmung (= Absatz 4 in der Fassung der Regierungsvorlager ist vom Ausschuß neugefaßt, um eine stärkere Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Gläubigers zu gewährleisten. Die Änderung des Wortlauts des § 30c ZVG dient lediglich der Klarstellung. § 30d Absatz 1 ZVG ist neugefaßt worden, um die Höchstdauer der Einstellung eines Verfahrens in jedem Falle auf ein Jahr zu begrenzen. § 30d Abs. 2 der Regierungsvorlage, welcher eine Erstattung der durch das Verfahren der einstweiligen Einstellung entstandenen außergerichtlichen Kosten ausschließen sollte, ist gestrichen worden. Der vom Ausschuß dem § 30d neu angefügte Absatz 2 soll für den Fall, daß eine erneute Einstellung auf Grund des § 30d Abs. 1 erfolgt ist, eine nachfolgende Einstellung auch auf Grund des § 765a der Zivilprozeßordnung ausschließen. Zu Nr. 11: § 31 Abs. 3 ZVG ist in Übereinstimmung mit einem Änderungsvorschlag des Bundesrates lediglich durch Klarstellung der Abhängigkeit des Fristbeginns von der erfolgten Belehrung des Gläubigers geändert worden. Zu Nr. 14: § 43 Abs. 1 ZVG ist mit Rücksicht auf die Ablehnung einer Ergänzung des § 15 neugefaßt. Die Vorschrift ist außerdem dem Wortlaut des § 41 Abs. 2 ZVG angepaßt. Im § 44 Abs. 2 ist gleichfalls in Anpassung an die jetzige Fassung des § 41 Abs. 2 ZVG die Zahl „zwei" durch die Zahl „vier" ersetzt worden. Zu Nr. 14a: I. Die §§ 57c und 57d ZVG betreffen einen in der Regierungsvorlage nicht behandelten Ausschnitt aus dem Fragenkreis des Rechts der Baukostenzuschüsse, dessen Regelung nach Ansicht des Ausschusses nicht weiter aufgeschoben werden konnte. Bekanntlich hat die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse dazu geführt, daß in erheblichem Umfang die Finanzierung von Bauvorhaben davon abhängt, daß die Wohnraum- oder Geschäftsraumsuchenden Finanzierungsbeiträge leisten. Zwar hat zur Ordnung der sich hierbei ergebenden rechtlichen Beziehungen zwischen dem Bauherrn, dem Beitragleistenden und den Realkreditgebern das Wohnungseigentumsgesetz neue Rechtsformen zur Verfügung gestellt. Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß gleichwohl in vielen Fällen nicht von den neuen Rechtsformen (Wohnungseigentum, Teileigentum, Dauerwohnrecht, Dauernutzungsrecht) Gebrauch gemacht wird, sondern die Finanzierungsbeiträge auf der Grundlage von Mietverhältnissen geleistet werden. In solchen Fällen können sich Schwierigkeiten unter zwei Gesichtspunkten ergeben: a) Soweit sich der Finanzierungsbeitrag des Mieters als Vorausverfügung über den Mietzins darstellt, ist die Rechtsstellung des Beitragleistenden durch die Vorschriften der §§ 573, 574, 1123, 1124 BGB, §§ 57, 148 ZVG, § 21 KO insofern gefährdet, als Vorausverfügungen gegenüber den Grundpfandgläubigern, einem Zwangs- oder Konkursverwalter sowie gegenüber dem Erwerber oder Ersteher des Grundstücks nur in sehr beschränktem Umfange anerkannt werden. Die Frage, ob trotz der erwähnten Vorschriften im Falle eines Finanzierungsbeitrags die Vorausverfügungen wirksam sind, war lange Zeit stark umstritten und ist zunächst auch in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt worden. Die Frage ist jedoch nunmehr durch eine bekannte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 6. Juni 1952 (BGHZ 6, 202) als im bejahenden Sinne geklärt anzusehen. Allerdings ist diese Entscheidung keineswegs unwidersprochen geblieben; namentlich von seiten des Realkredits sind gegen sie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen erhebliche Bedenken vorgebracht worden. b) Mietverhältnisse, die unter Mieterschutz stehen, können auch von dem Ersteher eines Grundstücks, der in das Mietverhältnis eintritt, nicht gekündigt werden. Anders ist die Rechtslage bei Mietverhältnissen, die nicht unter Mieterschutz stehen. Nach § 57a ZVG kann der Ersteher ein nicht unter Mieterschutz stehendes Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Dieses außerordentliche Kündigungsrecht gibt dem Ersteher die Möglichkeit, abweichend von dem Grundsatz, daß Kauf Miete nicht bricht, auch und gerade dann vorzeitig zu kündigen, wenn das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen ist. Als Mietverhältnisse, die nicht unter Mieterschutz stehen, kommen in Betracht: Mietverhältnisse über frei finanzierte oder lediglich einkommensteuerbegünstigte Wohnräume im Sinne des Ersten Wohnungsbaugesetzes, die gemäß § 31a MSchG vom Mieterschutz ausgenommen sind; ferner Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume, wobei allerdings bei Miet- und Pachtverhältnissen, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, die Möglichkeit des Kündigungswiderrufs gemäß §§ 8 ff. des Geschäftsraummietengesetzes vom 25. Juni 1952 (BGBl. I S. 338) besteht. Die durch § 1 der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (BGBl. I S. 926) vorgesehenen Ausnahmen können hier außer Betracht bleiben, weil im Anwendungsbereich dieser Verordnung den Mietverhältnissen, in deren Rahmen ein Finanzierungsbeitrag geleistet worden ist, der Mieterschutz erhalten worden ist. II. Bei Mietverhältnissen, die nach den vorstehend dargelegten Vorschriften dem außerordentlichen Kündigungsrecht des Erstehers ausgesetzt sind, kann dieses Kündigungsrecht von dem Ersteher auch dazu benutzt werden, um durch die Beendigung des Mietverhältnisses die in dem Finanzierungsbeitrag des Mieters liegende Vorausverfügung über den Mietzins gegenstandslos zu machen. Die Folge dieser Rechtslage ist; daß auf der einen Seite' bei Mietverhältnissen, die unter Mieterschutz stehen, der Mieter nicht nur im Bestand seines Mietverhältnisses, sondern auch in bezug auf seinen Finanzierungsbeitrag geschützt ist, während auf der anderen Seite bei mieterschutzfreien Mietverhältnissen der Mieter zugleich der Gefahr des Verlustes seines Mietverhältnisses (Dr. Leuze) und der Gefahr des Verlustes seines Finanzierungsbeitrags ausgesetzt ist. Entsprechendes gilt für Pachtverhältnisse. Eine so weitgehende Verschiedenheit der Rechtslage in bezug auf mieterschutzfeie und auf unter Mieterschutz stehende Mietverhältnisse läßt sich nach Ansicht des Ausschusses nicht rechtfertigen. Sie wird auch von den Mietern, die häufig unter Rechtsunkenntnis oder Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse sich nicht über das Bestehen oder Nichtbestehen des Mieterschutzes im klaren sind, mit Recht als unbillig empfunden. Anderseits hat namentlich die Anerkennung von Vorausverfügungen, die den Charakter eines Finanzierungsbeitrags zur Schaffung der gepachteten oder gemieteten Räume haben, Rückwirkungen auf den Realkredit. Die hiermit zusammenhängenden Fragen werden noch weiterer eingehender Prüfung bedürfen. Ohne der Entscheidung dieser außerordentlich schwierigen Fragen vorzugreifen, ist es aber nach Ansicht des Ausschusses erforderlich, zunächst jedenfalls diejenigen Mieter, die einen erheblichen Beitrag zur Schaffung oder Instandsetzung der Mieträume geleistet haben, gegen eine Kündigung aus § 57a ZVG zu schützen. Durch den Kündigungsschutz als solchen werden Belange des Realkredits nicht, jedenfalls nicht in erheblichem Maße, beeinträchtigt. In den Fällen des verlorenen Baukostenzuschusses können deshalb ernstliche Bedenken gegen die Gewährung eines Kündigungsschutzes nicht bestehen. Soweit Vorausverfügungen in Frage stehen, wird über ihre Anerkennung, namentlich wenn sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes schädliche Rückwirkungen auf die Beleihung von Bauvorhaben ergeben sollten, vom Gesetzgeber zu entscheiden sein. Es erscheint aber unbillig, daß in einer zwar im Verhältnis zum gesamten Wohnungsbauvolumen geringen, absolut jedoch keineswegs unerheblichen Zahl von Fällen der Ersteher sich durch eine Kündigung aus § 57a ZVG eines Mietverhältnisses entledigen und auf diese Weise einer künftigen Entscheidung des Gesetzgebers über die Anerkennung der Vorausverfügungen entziehen kann. Den Unbilligkeiten, die sich aus § 57a ZVG in Fällen eines Finanzierungsbeitrags des Mieters ergeben — mag es sich um einen verlorenen oder nicht verlorenen Baukostenzuschuß handeln — soll durch die in den §§ 57c, 57d enthaltene Regelung abgeholfen werden. Zu § 57c: I. Für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen bei Finanzierungsbeiträgen der Mieter haben sich folgende typische Gestaltungsmöglichkeiten herausgebildet: a) Der Mieter leistet einen Zuschuß, ohne daß dieser Zuschuß einen Einfluß auf die von dem Mieter zu zahlende Miete hat und ohne daß eine Verrechnung auf diese Miete in irgendeiner Weise vorgesehen wird. b) Im Hinblick auf einen von dem Mieter geleisteten Finanzierungsbeitrag wird die Miete von vornherein niedriger bemessen, als sie ohne den Beitrag bemessen worden wäre; eine Verrechnung auf die Miete im eigentlichen Sinne findet aber nicht statt (Fall von RGZ 136, 407), c) Der Mieter entrichtet die Miete für eine bestimmte Zeit ganz oder teilweise im voraus. d) Der Mieter gewährt dem Vermieter ein Darlehen, wobei die Rückzahlung in der Weise geregelt wird, daß der Mieter jeweils bei Fälligwerden einer Mietzinsrate diese ganz oder teilweise mit seiner Darlehensforderung verrechnet. Zu a) bis d): Nach dem Ergebnis der Rechtsprechung, wie es bisher vorliegt, sind gegenüber dem Ersteher Vereinbarungen der unter a) bis c) geschilderten Art wirksam, während die unter Buchstabe d) dargestellte Gestaltung den Anspruch des Erstehers auf den vollen Mietzins nicht berühren würde (BGHZ 6, 202). II. § 57c knüpft an diese Gestaltungsmöglichkeiten an und bestimmt, daß der Ersteher von seinem Kündigungsrecht aus § 57a ZVG unter bestimmten Voraussetzungen und für eine bestimmte Zeit - nicht Gebrauch machen kann. Er unterscheidet dabei zwei Fälle: a) den Fall der Vorausentrichtung der Miete oder einer Verrechnung mit einem von dem Mieter geleisteten Beitrag: In diesem Falle ist das Kündigungsrecht des Erstehers für den Zeitraum ausgeschlossen, für den die Miete vorausentrichtet oder die Verrechnung vorgesehen ist. Ob die Verfügung über den Mietzins dem Ersteher gegenüber wirksam ist oder nicht, ist hierbei ohne Bedeutung. Das Kündigungsrecht ist also für den genannten Zeitraum auch dann ausgeschlossen, wenn die Vorausverfügung oder Verrechnung bei Anwendung der in der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze oder im Falle einer Änderung im Gesetzgebungswege unwirksam ist oder wäre; dies gilt insbesondere auch für den vorstehenden, unter I d) geschilderten Fall; ebenso kann das in der Rechtsprechung des RG wiederholt (RGZ 94/279, 127/116) aufgestellte Erfordernis, daß die Verfügung „in Gemäßheit des Mietvertrages" erfolgt sein müsse, außer Betracht bleiben; b) den Fall des sogenannten verlorenen Baukostenzuschusses: Dieser Fall liegt nach der in Absatz 1 Nr. 2 gegebenen Begriffsbestimmung dann vor, wenn der Mieter oder ein Dritter zugunsten des Mieters einen Beitrag von mehr als einer Jahresmiete geleistet oder erstattet hat und eine Vorausentrichtung der Miete oder eine Verrechnung mit der Miete nicht vereinbart ist. Darauf, ob die Miete im Hinblick auf den Beitrag von vornherein niedriger bemessen worden ist oder nicht, kommt es hierbei nicht an, so daß die oben unter I a) und I. b) erörterten Fälle insoweit einander gleichgestellt werden. Zu a) und b): In den erwähnten Fällen ist das Kündigungsrecht des Erstehers nicht schlechthin, sondern nur für einen näher bestimmten Zeitraum ausgeschlossen, und zwar: aa) im Falle II a) für die Zeit, auf die sich die Vorausentrichtung oder Verrechnung erstreckt. Wäre also z. B. bei einem auf 30 Jahre ge- (Dr. Leuze) schlossenen Mietverhältnis die Verrechnung nach 10 Jahren beendet, so könnte der Ersteher bereits nach Ablauf dieser 10 Jahre von seinem Kündigungsrecht aus § 57a ZVG Gebrauch machen. bb) Im Falle II b); solange der Zuschuß „nicht als durch die Dauer des Vertrages getilgt anzusehen ist" (wegen dieser Formulierung vgl. auch § 11 Abs. 2 Satz 2 des Geschäftsraummietengesetzes), d. h., solange der Zuschuß nicht bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als abgeschrieben 'angesehen werden kann. Die hiernach in Betracht kommenden Zeiträume werden durch den folgenden Absatz 2 noch näher bestimmt, und zwar dahin, daß ein Zuschußbetrag in Höhe einer Jahresmiete oder, wenn die Miete ohne den Beitrag erheblich höher bemessen worden wäre, in Höhe der hiernach anzusetzenden Jahresmiete als durch eine Mietdauer von 4 Jahren getilgt anzusehen ist; dabei sind wieder Obergrenzen gesetzt, indem das Kündigungsrecht in jedem Falle spätestens nach Ablauf von 12 Jahren seit der Überlassung der Mieträume oder, sofern die vereinbarte Mietzeit kürzer ist, nach deren Ablauf wieder eröffnet wird. Die Frage, ob die Miete im Hinblick auf den Beitrag des Mieters niedriger bemessen ist und welche Miete ohne den Beitrag vereinbart worden wäre, ist im Streitfalle durch die Gerichte zu entscheiden; dabei werden vielfach schon die Vereinbarungen der Vertragsteile Anhaltspunkte geben. Streitigkeiten hierüber werden im übrigen nur dann entstehen, wenn der Ersteher sich nicht mit den schematisch wirkenden Bestimmungen über den Zeitraum des Kündigungausschlusses glaubt abfinden zu können. Zu 57d: Während der Ausschuß auf der einen Seite es für erforderlich gehalten hat, den Mietern den in § 57c geregelten Schutz zu gewähren, hat er es auf der anderen Seite als notwendig angesehen, auch Vorschriften zum Schutz der Bieter und Ersteher zu treffen, die durch die aus § 57 c sich ergebenden Folgen beeinträchtigt werden können. Da die Höhe eines Gebotes sehr wohl dadurch beeinflußt werden kann, ob Vorausverfügungen und Beschränkungen des Kündigungsrechts bestehen, ist in § 57d bestimmt, daß im Versteigerungsverfahren den Bietlustigen Klarheit über die Beschränkungen ihrer Rechtsstellung, wie sie sich aus § 57c ergeben, zu verschaffen ist. Im einzelnen ist in § 57d hierzu folgendes vorgesehen: Nach Absatz 1 hat das Vollstreckungsgericht die Mieter und Pächter zu einer Erklärung über die nach § 57c maßgeblichen Rechtsverhältnisse aufzufordern. Daraus folgt, daß das Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu ermitteln hat, ob und welche Mieter und Pächter des Grundstücks vorhanden sind. Diese Pflichten obliegen dem Vollstreckungsgericht jedoch nur dann, wenn nach Lage der Dinge das Kündigungsrecht aus § 57a nicht wegen bestehenden Mieterschutzes ausgeschlossen ist und wenn mit Finanzierungsbeiträgen im Sinne des § 57c gerechnet werden muß. Nach Absatz 2 hat das Vollstreckungsgericht von Amts wegen im Versteigerungstermin bekanntzugeben, ob und welche Erklärungen über die Finanzierungsbeiträge abgegeben worden sind. Absatz 3 regelt die Folgen in Fällen, in denen der Mieter oder Pächter keine oder eine unvollständige oder unrichtige Erklärung abgibt. Die Mieter oder Pächter verlieren hiernach in solchen Fällen den ihnen durch § 57c gewährten Schutz; eine Ausnahme gilt dann, wenn der Ersteher die Höhe der Beiträge gekannt hat oder wenn seine Unkenntnis der Verhältnisse ohne Einfluß auf die Höhe des von ihm abgegebenen Gebotes war. Gegen einen Mieter, dem die Aufforderung nach Absatz 1 nicht zugegangen ist, hat es hei dem Schutz aus § 57c sein Bewenden; der Umstand, daß in bezug auf dieses Mietverhältnis der Ersteher durch die 'Bekanntgabe im Versteigerungstermin über die Verhältnisse nicht unterrichtet worden ist, ist ohne Einfluß auf den Bestand dieses Schutzes. Absatz 4 enthält Ergänzungsvorschriften verfahrensrechtlicher Art. Zu Nr. 15: Der Ausschuß hat beschlossen, in § 74a Abs. 5 ZVG zum Zwecke der Verdeutlichung das Wort „Grundstückswert" durch den Zusatz „(Verkehrswert)" zu ergänzen und gegen die Festsetzung des Grundstückswertes mit Rücksicht auf die Bedeutung der Festsetzung im Hinblick auf die Möglichkeit einer Versagung des Zuschlags nach § 74a oder § 85 Abs. 1 und die angenommene Befriedigung des Erstehers nach Maßgabe des § 114a die Beschwerde zuzulassen. Auf diesen Beschlüssen beruht die Änderung der Fassung des Absatzes 5. Zu Nr. 19: Aus sprachlichen Gründen ist das Wort „notwendigsten" durch das Wort „notwendigen" ersetzt. Zu Nr. 20: Im § 150a ZVG ist das Wort „Antragsteller" zum Zwecke der Klarstellung durch das Wort „Beteiligte" ersetzt. Außerdem ist ein in der Regierungsvorlage enthaltener Druckfehler berichtigt. Im § 150c Abs. 2 ist lediglich der 'gleiche Druckfehler beseitigt. Im § 150e ist aus sprachlichen Gründen das Wort „notwendigsten" durch das Wort „notwendigen" ersetzt. Zu Nr. 21: Der Ausschuß hat die in der Regierungsvorlage vorgesehene Bestimmung des § 153a ZVG für sachlich nicht gerechtfertigt gehalten und die Vorschriftt gestrichen. Die Belastung des Gläubigers mit den Kosten der Zwangsvollstreckung erscheint in keinem der in dieser Vorschrift genannten Fälle gerechtfertigt. Da der jetzt geltende § 12a der Vollstreckungsmaßnahmenverordnung vom 26. Mai 1933, der den gleichen Inhalt hat, im Rahmen des Artikels 4 aufgehoben wird, fällt die vorgesehene Bestimmung ersatzlos weg. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat gegen die Streichung der Bestimmung Einwendungen nicht erhoben. (Dr. Leuze) Zu Nr. 24: Der Ausschuß hat die in der Regierungsvorlage vorgesehene Zulassung der Nutzung eines eingetragenen Schiffes für den Fall einer einstweiligen Einstellung des Verfahrens übernommen, durch Änderung der Vorschrift aber zum Ausdruck gebracht, daß eine Nutzung durch den Treuhänder nur im Namen des Schuldners zulässig ist. Die Vorschrift ist außerdem durch Aufnahme einer Bestimmung über die Verwendung der Nutzungen in Anpassung an die für die Zwangsverwaltung geltenden Regeln ergänzt worden. Zu Nr. 26: Der Ausschuß hat die in der Regierungsvorlage vorgesehene Einordnung des § 9a der Vollstrekkungsmaßnahmenverordnung vom 26. Mai 1933, wonach auch für die Auseinandersetzungsversteigerung eine einstweilige Einstellung des Verfahrens zulässig ist, übernommen. Absatz 3 Satz 1 ist jedoch in Anpassung an § 30 d Abs. 1 dahingehend geändert, daß nur eine einmalige Wiederholung der Einstellung zugelassen wird. Absatz 3 in der Fassung der Regierungsvorlage ist außerdem, da er nur für § 180 Abs. 2 Bedeutung hat, in Absatz 2 eingefügt. Artikel 4 Artikel 4 enthält den Katalog der auf zu-hebenden Bestimmungen. In ihm sind Artikel 2 des Entwurfs eines Ersten und Artikel 4 des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung nach der Regierungsvorlage zusammengefaßt. Neu aufgenommen sind 1. Nr. 2 betreffend die Aufhebung des § 15 Nr. 3 des Einführungsgesetzes zur ZiviLprozeßordnung. Die Notwendigkeit der Aufhebung ergab sich aus der Einbeziehung der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden in die Bestimmung des § 882 a ZPO. 2. Nr. 17, welche die Aufhebung der Geboteverordnung vom 30. Juni 1941 zum Inhalt hat. Die Geboteverordnung hat durch die VO PR Nr. 75/52 vom 28. November 1952 ihre Bedeutung für bebaute Grundstücke unter Einschluß von Trümmergrundstücken bereits verloren. Sie gilt also nur noch für unbebaute Grundstücke. Mit dem Wesen einer echten Versteigerung ist eine Beschränkung der Höhe der Gebote _unvereinbar. Eine solche Beschränkung macht auch eine Auswahl unter mehreren Bietern durch das Gericht erforderlich. Diese Auswahl führt notwendig zu Unzuträglichkeiten. Die Geboteverordnung hat den Versuch gemacht, durch eine komplizierte Regelung diesen Unzuträglichkeiten vorzubeugen. Das konnte ihr nur in ungenügender Weise gelingen. Es erscheint nicht gerechtfertigt, die komplizierte und trotzdem unvollkommene Regelung der Verordnung aufrechtzuerhalten. Sie ist auch entbehrlich. Für landwirtschaftliche Grundstücke gelten nämlich noch Sondervorschriften, wonach die Abgabe von Geboten genehmigungspflichtig ist und im Wege der Auflage eine Bietungsgrenze bestimmt werden kann. Die sonstigen noch unter den Preisstopp fallenden Grundstücke sind selten Gegenstand einer Versteigerung. Daß diese Grundstücksversteigerungen noch einen Einfluß auf die allgemeine Preisbildung haben könnten, erscheint ausgeschlossen. 3. Nr. 28 betreffend die Aufhebung des § 112 Abs. 2 des Gesetzes über den Lastenausgleich. Es erschien dem Ausschuß sachlich nicht gerechtfertigt, wiederkehrenden Leistungen, die zur allmählichen Tilgung einer Abgabeschuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, ein über den. allgemeinen Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 3 hinausgehendes Vorrecht zu belassen. Artikel 4 Nr. 7 der Regierungsvorlage zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung sah die Aufhebung des Gesetzes über die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüchen aus öffentlichen Grundstückslasten vom 9. März 1934 vor. Der Ausschuß hat die Aufhebung dieses Gesetzes abgelehnt. Dem Gesetz, welches die vor seinem Erlaß bestehende Rechtsunsicherheit auf dem einschlägigen Gebiet beseitigt hat, kommt auch heute noch erhebliche praktische Bedeutung zu. Eine Einordnung des Gesetzes in die Zivilprozeßordnung oder das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ist schon aus gesetzestechnischen Gründen kaum möglich und unzweckmäßig. Artikel 6 Die Übergangsvorschriften sind eingehender gefaßt. Von dem Grundsatz, daß Zwangsvollstrekkungsmaßnahmen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben, nach den bisherigen Vorschriften durchgeführt werden, sind die aus den Absätzen 2-4 ersichtlichen Ausnahmen gemacht. Artikel 7 Die Vorschrift ist nur sprachlich und redaktionell, nicht aber in sachlicher Beziehung geändert worden. Artikel 9 Der Ausschuß hält es auf Grund eines Vorschlages des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für angezeigt, im Rahmen dieses Gesetzes das Gesetz zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 203) durch Einfügen eines § 5a zu ergänzen. Nach der neuen Vorschrift verliert bei der Veräußerung eines Entschuldungsbetriebes im Wege der Zwangsversteigerung der Entschuldungsvermerk mit der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses seine Wirkung. Die Vorschrift entspricht dem Zweckgedanken des Abwicklungsgesetzes, die landwirtschaftliche Entschuldung möglichst bald endgültig zum Abschluß zu bringen. Sie erscheint sachlich auch begründet, weil der Entschuldungsvermerk allgemein lediglich noch die Bedeutung einer Voraussetzung für die Verpflichtung des Eigentümers zur Leistung einer Opferausgleichsabgabe hat, die Festsetzung einer Opferausgleichsabgabe nach Durchführung einer Zwangsversteigerung aber nicht mehr gerechtfertigt ist. Artikel 10 Der geänderte Wortlaut entspricht der jetzt üblichen Fassung der Berlin-Klausel. Bonn, den 12. Juni 1953 Dr. Leuze Berichterstatter Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 273. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (Nrn. 3819, 4429 der Drucksachen) Berichterstatter Abgeordneter Dr. Leuze I. Allgemeines Der Entwurf eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen wurde dem Bundestag durch die Bundesregierung am 28. Oktober 1952 zugeleitet. Die 1. Lesung dieses Gesetzentwurfs im Plenum des Bundestages fand am 27. November 1952 statt. Dabei wurde der Gesetzentwurf ohne Debatte dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur weiteren Behandlung überwiesen. Der Ausschuß hat den Gesetzentwurf von Januar 1953 ab in fünf 1 Sitzungen eingehend behandelt. Auch der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich mit diesem Gesetzentwurf befaßt und dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieses Gesetzes vorgeschlagen. Der Ausschuß für Heimatvertriebene seinerseits hat den federführenden Ausschuß auf die Bestimmungen der §§ 57 ff. des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai 1953 hingewiesen, die einer Einarbeitung in den vorliegenden Gesetzentwurf 'bedürften. Der federführende Ausschuß hat sich mit den Anregungen der beiden oben genannten Ausschüsse eingehend befaßt. Das Verfahren vor den Gerichten in Landwirtschaftssachen ist bisher in zahlreichen Landesgesetzen in einer sehr unübersichtlichen Weise geregelt gewesen. Dabei war nicht nur der Kreis der Landwirtschaftssachen in sehr verschiedener Weise bestimmt, sondern auch das Verfahren selbst in vielen Einzelheiten mit starken Abweichungen geregelt worden. Besonders unbefriedigend waren im bisherigen Rechtszustande das Fehlen eines dritten Rechtszuges in vielen Ländern und die mangelhafte Wahrung der Rechte der Parteien in Verfahren, wo sich widerstreitende Interessen gegenübertraten. Der vorliegende Gesetzentwurf stellt die Rechtseinheit auf dem Gebiete des Verfahrensrechts in Landwirtschaftssachen wieder her, grenzt den Kreis der Landwirtschaftssachen klarer als bisher ab, gibt dem Verfahren selbst eine einheitliche Regelung und beseitigt die im bisherigen Rechtszustande aufgetretenen Mängel. Der Ausschuß hat die im Gesetzentwurf zum Ausdruck kommende Absicht der Rechtsvereinheitlichung voll bejaht. Er hatte jedoch bei der Bearbeitung des Gesetzentwurfs drei Probleme besonders eingehend zu prüfen, die um ihrer grundsätzlichen Bedeutung willen vorweg behandelt werden sollen. 1. Die Gerichte in Landwirtschaftssachen sind neben Berufsrichtern mit landwirtschaftlichen Beisitzern besetzt; sie verhandeln in Rechtsangelegenheiten, in denen sich die Interessen der Beteiligten gegensätzlich gegenüberstehen, nach Verfahrensregeln, die nicht der die streitige Gerichtsbarkeit beherrschenden Zivilprozeßordnung angehören, sondern die für die freiwillige Gerichtsbarkeit gelten. Der Ausschuß steht grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß alle Rechtsstreitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten auszutragen seien und daß einer weiteren Aushöhlung der ordentlichen Gerichtsbarkeit entgegengewirkt werden müsse. Er hat jedoch anerkannt, daß die besondere Eigenart der Angelegenheiten des landwirtschaftlichen Pachtschutzes, des Verkehrs mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken und der Sicherung der Landbewirtschaftung wie auch des Anerbenrechts und des früheren Erbhofrechts die Beiziehung landwirtschaftlicher Beisitzer, die aus besonderer Sachkunde und Erfahrung in den besonderen Verhältnissen der Landwirtschaft eine richtige Urteilsfindung fördern können, rechtfertigt. Er hält auch die Ausdehnung der Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Gerichte auf Versorgungsstreitigkeiten des Anerben- und Höferechts angesichts des engen Zusammenhangs dieser Streitigkeiten mit den Fragen des Gutswerts und der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Besitzes für vertretbar, zumal der vorliegende Gesetzentwurf hier lediglich auf die bereits nach Landesrecht begründete oder künftig zu begründende Zuständigkeit verweist. Endlich bestanden im Ausschuß auch keine Bedenken gegen die Einbeziehung der auf Grund der §§ 57 ff. des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai 1953 anläßlich der Aufhebung von Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnissen oder aus der Inanspruchnahme von Land und Gebäuden entstehenden Streitigkeiten in die Zuständigkeit der Gerichte in Landwirtschaftssachen. Dagegen konnte sich der Ausschuß nicht entschließen, dem Wunsche des (Dr. Leuze) Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nachzukommen, in den Kreis der Landwirtschaftssachen nicht nur die Pachtschutzangelegenheiten, sondern sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus Landpachtverträgen und ferner sämtliche, also auch die außerhalb des Anerben- und Höferechts gelegenen Versorgungsstreitigkeiten anläßlich der Aufgabe oder Vererbung eines Hofes aufzunehmen. Eine so weitgehende Zuständigkeit der Gerichte in Landwirtschaftssachen erschien dem Ausschuß nicht mehr durch die besondere Eigenart der Verhältnisse begründet, vielmehr glaubte er, derartige Streitigkeiten im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit belassen zu sollen. 2. Die Landwirtschaftssachen sind bisher in allen Ländern als Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit behandelt worden; der vorliegende Gesetzentwurf schließt sich dem an. Dies entspricht dem Umstand, daß die in Landwirtschaftssachen zu treffenden Entscheidungen überwiegend rechtsgestaltender Natur sind, insoweit also mehr dem Bereich des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) als denjenigen der Zivilprozeßordnung (ZPO) zugehören. Andererseits sind die Interessen der an einem Verfahren in Landwirtschaftssachen Beteiligten meist nicht auf das gleiche Ziel gerichtet, sondern treten sich gegensätzlich gegenüber, was zur Wahrung der Rechte der Parteien die Anwendung der strengen Verfahrensgrundsätze der ZPO nahelegt. Demgemäß sah sich der Ausschuß vor die Frage gestellt, ob, dem vorliegenden Gesetzentwurf folgend, auf das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen grundsätzlich die Vorschriften des FGG unter Einfügung einzelner, der Wahrung der Rechte der Parteien dienender Bestimmungen der ZPO angewendet werden sollen, oder ob umgekehrt grundsätzlich die Bestimmungen der ZPO mit Abwandlungen in Richtung auf die Verfahrensregeln der freiwilligen Gerichtsbarkeit maßgebend sein sollen. Eine dritte Lösungsmöglichkeit bestand darin, den Kreis der Landwirtschaftssachen in streitige und nichtstreitige Angelegenheiten aufzuteilen und je nachdem die Grundsätze der ZPO oder diejenigen des FGG für anwendbar zu erklären. Der Ausschuß entschied sich mit Rücksicht darauf, daß die in Landwirtschaftssachen zu treffenden Entscheidungen zum größten Teil eine den besonderen landwirtschaftlichen Verhältnissen_ gerecht werdende, rechtsgestaltende Aufgabe zu lösen haben, für die in § 9 des Entwurfs vorgesehene grundsätzliche Anwendung der Vorschriften des FGG, ließ es sich aber besonders angelegen sein, die prozessualen Rechte der sich widerstreitenden Beteiligten voll zu wahren. 3. In Übereinstimmung mit den meisten Ländern erklärt der Entwurf im ersten Rechtszug die Amtsgerichte und im zweiten Rechtszug die Oberlandesgerichte für das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen für zuständig; die Einheitlichkeit der Rechtsprechung wird durch die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes im dritten Rechtszug gewährleistet. Im Ausschuß wurden erhebliche Bedenken gegen die hier vorgeschlagene Durchbrechung des normalen Rechtszugsystems, das vom Amtsgericht zum Landgericht und in letzter Instanz zum Oberlandesgericht führt, geltend gemacht. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, daß auch bei einer Beibehaltung des normalen Rechtszugsystems die Einheitlichkeit der Rechtsprechung angesichts der Vorlagepflicht des Oberlandesgerichts an den Bundesgerichtshof gem. § 28 Abs. 2 FGG nicht gefährdet würde. Der Ausschuß hat sich jedoch mit Rücksicht darauf, daß die bisherige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in Landwirtschaftssachen vorbildlich gewesen ist und der bisherige Rechtszustand in dieser Beziehung allgemein befriedigt hat, ferner darauf, daß bei den Landgerichten keine Richter mit besonderen Kenntnissen und Erfahrungen im Landwirtschaftsrecht zur Verfügung stünden und sich dort infolge der geringen Zahl von Berufungsfällen nur schwer eine gründliche Erfahrung in der Behandlung von Landwirtschaftssachen bilden könne, für die in § 2 des Entwurfs vorgeschlagene Lösung entschieden und damit eine Durchbrechung des normalen Rechtszugsystems in Kauf genommen. Der Ausschuß ist jedoch der Ansicht, daß die Frage des Rechtszugsystems bei einer endgültigen Reform des Zivilprozeßrechts im Sinne der Rechtsvereinheitlichung neu geprüft werden müsse. II. Im einzelnen Zu § 1: Aus den oben unter I, 1 dargelegten grundsätzlichen Erwägungen stimmte der Ausschuß dem § 1 in seinem wesentlichen Inhalte zu. In Ziff. 2 wurde durch den Hinweis auf „die öffentlich-rechtlichen besonderen Beschränkungen" für den Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken genau festgelegt, daß nur solche Verfahren, die aus dem öffentlich-rechtlichen Genehmigungserfordernis für die Veräußerung, Verpachtung und Belastung von land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken entstehen können, als Landwirtschaftssachen zu behandeln sind, nicht aber jedwede zivile Rechtsstreitigkeit dus dem Verkehr mit solchen Grundstücken. Die Einfügung einer Ziff. 3 a war durch die Bestimmungen in §§ 57 ff. des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai 1953 veranlaßt (vgl. hierzu oben, I, 1). Zu § 2: Der Ausschuß hat dem in § 2 vorgeschlagenen Rechtszugsystem trotz gewisser grundsätzlicher Bedenken, die oben unter I, 3 abgehandelt wurden, zugestimmt. § 2 Abs. 2 Halbs. 3 wurde im Sinne des Vorschlags des Bundesrates geändert, um klarzustellen, daß der Vorsitzende des Landwirtschaftssenats beim Bundesgerichtshof aus den drei Berufsrichtern und nicht aus den Laienbeisitzern zu entnehmen ist. Zu § 4 Abs. 3: Dem Abs. 3 hat der Ausschuß die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung zugrunde gelegt. Entscheidend dafür war, daß das in dem Entwurf der Bundesregierung verwendete Wort „Altbauer" zu der einschränkenden Auslegung führen könne, daß landwirtschaftlicher Beisitzer nur derjenige Bauer werden könne, der aus Altersgründen seinen Hof abgegeben habe. Der Ausschuß wollte jedoch Flüchtlinge, die früher einen Hof betrieben haben, keinesfalls von der Berufung zum landwirtschaftlichen Beisitzer ausschließen. Andererseits mußte in der Fassung des Abs. 3 klar zum Ausdruck kommen, daß der altgewordene Bauer, der seinen Hof abgegeben und sich dann einem Nebenverdienst I zugewandt habe, dessenungeachtet landwirtschaft- (Dr. Leuze) 1 licher Beisitzer solle werden können. Diese Absicht hat der Ausschuß mit den Worten zum Ausdruck gebracht: ,,. . . und inzwischen nicht endgültig einen anderen Hauptberuf ergriffen haben." Des weiteren stellte sich der Ausschuß auf den Standpunkt, daß eine Berufung von früher in der Landwirtschaft tätig gewesenen Angestellten landwirtschaftlicher Organisationen in das Amt eines Beisitzers nicht statthaft sein dürfe, da bei solchen Personen nicht die Gewähr für die notwendige Objektivität bestehe. Der Ausschuß hielt es endlich für notwendig, daß die Beisitzer mit den landwirtschaftlichen Verhältnissen ihres Gerichtsbezirks wohlvertraut und nicht etwa ortsfremd seien. Er hat deshalb die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung zu Abs. 3 wie folgt geändert: ,,...die die Landwirtschaft in dem Bezirk selbständig im Hauptberuf ausüben." Zu § 6: Die Änderung des § 6 Abs. 1 Satz 3 war notwendig, um auch bei der Behandlung der in § 1 Ziff. 3 a erwähnten Angelegenheiten sicherzustellen, daß nicht beide Beisitzer demselben Personenkreis angehören. Zu § 7 Abs. 2 hat der Ausschuß dem Abänderungsvorschlag des Bundesrates im Interesse einer größeren Klarheit des Gesetzeswortlautes zugestimmt. Zu § 8 hat der Ausschuß, dem Vorschlag des Bundesrates folgend, in Satz 1 nach dem Worte „kann" die Worte eingefügt: „durch Rechtsverordnung". Zu § 9: Über die grundsätzlichen Erwägungen des Ausschusses zu dieser Bestimmung ist oben unter I, 2 berichtet worden. Der Ausschuß hat der im Entwurf vorgeschlagenen Fassung nach Maßgabe dieser Erwägungen zugestimmt. Zu § 12: In Abs. 1 Satz 2 hat der Ausschuß in folgerichtiger Anwendung seiner zu § 9 getroffenen grundsätzlichen Entscheidung das Wort „Parteien" durch das Wort „Beteiligte" ersetzt. In Abs. 1 Satz 3 hat der Ausschuß dem Änderungsvorschlag des Bundesrates zugestimmt, da nach zivilprozessualen Grundsätzen nicht die Anbringung des Antrags, sondern erst dessen Zustellung an den Gegner die Wirkung der Rechtshängigkeit erzeugt. Zu §13: Hinsichtlich der Fassung des Satzes 1 in Abs. 1 hatte der Ausschuß Bedenken, die Entscheidung über Pachtrechtsstreitigkeiten, die incidenter in einem Verfahren in Landwirtschaftssachen auftreten, allein auf Antrag eines Beteiligten dem Gericht in Landwirtschaftssachen zuzuweisen. Er hat deshalb dem Gericht durch die in § 13 Abs. 1 vorgenommene Änderung die Möglichkeit gegeben, über den Antrag der anderen Beteiligten nach Anhörung der anderen Beteiligten in freiem Ermessen zu entscheiden. Durch die Aufnahme der Bestimmung des § 9 des Landpachtgesetzes in § 13 Abs. 3 wäre das Gericht in Landwirtschaftssachen für die Entscheidung über die vorzeitige Kündigung eines gem. § 7 oder § 8 geänderten bzw. verlängerten Landpachtvertrages, also über eine reine Pachtrechtsstreitigkeit, zuständig geworden. Dies erschien dem Ausschuß nach den oben zu I, 1 dargelegten Grundgedanken unzulässig. Der Ausschuß hat deshalb die Bestimmung des § 13 Abs. 3 gestrichen und gleichzeitig beschlossen, den Satz 2 in § 9 des Landpachtgesetzes vom 25. Juni 1952 aufzuheben. Zu § 15: In Abs. 4 hat der Ausschuß in Einklang mit dem Vorschlag des Bundesrates nach § 397 auch den § 402 der ZPO eingefügt, um die Anwendung derjenigen zivilprozessualen Grundsätze, die für den Zeugenbeweis gelten, auch für den Sachverständigenbeweis zu sichern. In der Einfügung des Abs. 4 a erblickt der Ausschuß in Verfolg seiner oben unter I, 2 dargelegten grundsätzlichen Erwägungen eine weitere wesentliche Garantie der Rechte der streitenden Parteien im gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen. Zu § 17: Die Einfügung eines Abs. 2 erschien notwendig zur Klärung der Zweifelsfrage, ob nach bisherigem Recht die Finanzämter durch das Steuergeheimnis an der Erteilung von Auskünften über den Einheitswert verhindert seien. Die Gerichte in Landwirtschaftssachen bedürfen solcher Auskünfte namentlich im Hinblick auf die Höfeordnung, wonach Höfe mit einem Einheitswert von über 10 000 DM automatisch Höfe im Sinne der Höfeordnung sind. Zu § 18: Der Ausschuß hat den Satz 2 in Abs. 1 gestrichen, weil es ihm bei der möglicherweise großen Bedeutung einstweiliger Anordnungen nicht erträglich schien, den Antragsgegner bis zum Abschluß des erstinstanzlichen Verfahrens an eine vom Gericht beschlossene einstweilige Anordnung zu binden. Der Antragsgegner soll also auch vor Abschluß der ersten Instanz die Möglichkeit der Beschwerde haben. Eine Verzögerung des Verfahrens ist daraus nicht zu befürchten, wenn die Akten über das die einstweilige Anordnung betreffende Verfahren von den die Hauptsache betreffenden Akten getrennt gehalten werden. Auch nach Streichung des Satzes 2 in Abs. 1 könnte jedoch aus der Bestimmung des § 22 Abs. 1 auf eine Einschränkung des Beschwerderechts des Antragsgegners gegen einstweilige Anordnungen des Gerichts geschlossen werden. Um dem zu begegnen, hat der Ausschuß in den § 18 einen Abs. 1 a eingefügt. Zu § 19: Der Ausschuß hat dieser Bestimmung nach der Fassung im Gesetzentwurf der Bundesregierung zugestimmt und den Änderungsantrag des Bundesrates aus den Gründen, die die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates dargelegt hat (vgl. S. 45 der Drucksache Nr. 3819), abgelehnt. (Dr. Leuze) Zu §20 hat der Ausschuß die Einfügung einer Ziff. 7 a beschlossen, wonach das Gericht nach Erledigung der Hauptsache über die Kosten ohne Zuziehung landwirtschaftlicher Beisitzer entscheiden kann. Dem Vorschlag des Bundesrates folgend, wurde Satz 2 gestrichen und dafür ein Abs. 2 mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Wortlaut eingefügt, da hierdurch eine größere Klarheit des Gesetzestextes erreicht wird. Ebenso stimmte der Ausschuß der Einfügung eines Abs. 3 nach dem Vorschlag des Bundesrates zu. Zu § 24: Nach den Beschlüssen des Ausschusses stellt nunmehr Abs. 1 grundsätzlich fest, daß die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof nur statthaft ist, wenn das Oberlandesgericht sie zugelassen hat, und daß die Zulassung nur möglich ist, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Auschuß hat davon Abstand genommen, die Ablehnung der Zulassung einer Rechtsbeschwerde ihrerseits anfechtbar zu machen, da er der Auffassung ist, daß diese Frage nur im Rahmen einer endgültigen Reform des Zivilprozeßrechts gelöst werden kann. Der Ausschuß hat aber an Stelle der gestrichenen Bestimmungen in § 24 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 einen neuen Abs. 2 eingefügt, der unter genau festgelegten Voraussetzungen die Einlegung einer Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof unabhängig von einer Zulassung durch das Oberlandesgericht ermöglicht. Zu § 27: Hierher wurde die im Entwurf der Bundesregierung in § 29 Abs. 2 enthaltene Bestimmung als Abs. 2 a übernommen, und zwar aus systematischen Gründen. Zu § 29: Nachdem § 29 Abs. 2 als Abs. 2 a in den § 27 übernommen worden ist, besteht § 29 nur noch aus einem einzigen Absatz. Hier wird in dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof für alle Beteiligten der Anwaltszwang eingeführt. Dabei sind die Beteiligten nicht auf die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte beschränkt, vielmehr können sie jeden im Bundesgebiet zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragen. Wenn der Ausschuß beschloß, daß in der Revisionsinstanz auch Behörden sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, so geschah dies aus der Erwägung, daß sich bei den Behörden aus der Möglichkeit der eigenen Rechtsvertretung nicht ein unerwünschter Bürokratismus entwickeln soll. Zu § 32: Durch. die Änderung, die der Ausschuß in Abs. 2 Satz 3 vorgenommen hat, wird klargestellt, daß die beschwerdeführende Behörde nicht erst nach Einlegung, sondern schon mit der Einlegung der Beschwerde Beteiligte wird. Zu § 34: Die in Abs. 2 Satz 2 vorgenommene Änderung dient lediglich der größeren Klarheit des Gesetzeswortlauts ohne sachlichen Unterschied gegenüber der Fassung des Entwurfs. Zu §35: Die Streichung des § 12 Abs. 1 des Landpachtgesetzes in lit. b und c und dessen Einfügung in lit. a stellt hinsichtlich der Bemessung des Geschäftswerts die Fälle des § 5 Abs. 3 Satz 2 des Landpachtgesetzes den Fällen des § 12 Abs. 1 des Landpachtgesetzes gleich. Mit diesem Beschluß hat sich der Ausschuß einem Änderungsvorschlag des Bundesrates angeschlossen. In Abs. 1 lit. d war § 9 des Landpachtgesetzes zu streichen, und zwar gemäß den zu § 13 Abs. 3 gefaßten Beschlüssen des Ausschusses. Der Ausschuß hat sich ferner gegen die Festsetzung eines Höchstbetrages in den Fällen der lit. d entschieden, und zwar mit Rücksicht auf die große Verantwortung, die sowohl dem Gericht als den Vertretern der Beteiligten in derartigen Fällen erwachsen kann, soweit hohe Pachtzinswerte in Frage stehen. Diesem Beschluß entsprechend ist Satz 2 in lit. d geändert worden. Die Einfügung eines Abs. 2 a erwies sich im Hinblick auf § 13 Abs. 1 als notwendig, um eine angemessene Bemessung des Geschäftswerts dort zu ermöglichen, wo das Gericht in Landwirtschaftssachen an Stelle des Prozeßgerichts über reine Pachtrechtsstreitigkeiten zu entscheiden hat. Dasselbe Ziel verfolgt die Einfügung eines Abs. 4 a hinsichtlich der Berechnung der Gebühren. Die im Entwurf .enthaltene Bestimmung des Abs. 3 war gemäß den zu § 13 Abs. 3 gefaßten Beschlüssen des Ausschusses zu streichen. Abs. 4 erhielt die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung. Zu §37: Mit der zu Abs. 2 lit. c beschlossenen Änderung wird klargestellt, daß sich Halbsatz 2 in lit. c nur auf die unter lit. c erwähnten Maßnahmen, nicht aber auch auf die unter lit. a und b in Abs. 2 genannten Maßnahmen bezieht. Zu § 37 a: Diese Bestimmung mußte mit Rücksicht auf § 1 Ziff. 3 a eingefügt werden. Zu § 38 hat sich der Ausschuß dem Änderungsvorschlag des Bundesrates angeschlossen. Zu § 39: Dieser Bestimmung wurde ein Abs. 2 eingefügt, und zwar in derjenigen Fassung, die die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates vorgeschlagen hat. Dabei mußte allerdings § 9 des Landpachtgesetzes infolge der Ausschußbeschlüsse zu § 13 Abs. 3 gestrichen werden. Zu § 41: Die Bestimmung in Abs. 2 mußte durch die Ersetzung des Wortes „Kosten" durch das Wort „Gerichtskosten" verdeutlicht werden. Zu § 42: In Abs. 2 wurde die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung angenommen, um die Erhebung von Auslagenvorschüssen gem. § 7 der Kostenordnung sicherzustellen. (Dr. Leuze) Zu § 44: Die hier beschlossenen Änderungen bezwecken die Annäherung dieser Bestimmungen an die Kostenerstattungsbestimmungen der ZPO. Zu § 45: Die in Abs. 1 und Abs. 2 vorgenommenen Änderungen dienen der Vereinfachung des Gesetzestextes und stellen fest, daß über Erinnerungen und Beschwerden im Kostenfestsetzungsverfahren das Gericht ohne Zuziehung der landwirtschaftlichen Beisitzer entscheiden kann. Zu § 46 hielt der Ausschuß die Aufnahme einer dem § 90 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes angepaßten Regelung zum Zwecke der Klarstellung für zweckmäßig. Zu § 47: Der Ausschuß hat die Änderungsvorschläge des Bundesrates abgelehnt aus den Gründen, die die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates dargelegt hat. Die anwaltliche Vertretung in Landwirtschaftssachen wird bei der tatsächlichen und rechtlichen Kompliziertheit dieser Angelegenheiten einen großen Arbeitsaufwand erfordern und für den Anwalt eine erhebliche Verantwortung mit sich bringen. In dem eingefügten Abs. 1 a wird ausgesprochen, daß im Beschwerdeverfahren in Landwirtschaftssachen nicht etwa nur die im Beschwerdeverfahren der ZPO zustehenden Gebühren erwachsen sollen, daß vielmehr die Gebühren hier nicht niedriger sein sollen als in der ersten Instanz. Zu § 57 stellte der Ausschuß fest, daß eine Entscheidung im Sinne dieser Bestimmung „erlassen" sei, wenn sie nicht mehr geändert werden könne. Dies ist dann der Fall, wenn die Entscheidung nach außen sichtbar hervorgetreten ist, in der Regel also dann, wenn sie den Beteiligten bekanntgemacht worden ist. Zu § 59: Gem. Abs. 1 soll dieses Gesetz mit Rücksicht auf die von Berlin benötigte längere Anlaufzeit am 1. Oktober 1953 in Kraft treten. In Abs. 2 wurde eine Ziff. 16 eingefügt, wonach § 9 Satz 2 des Gesetzes über das landwirtschaftliche Pachtwesen (Landpachtgesetz) aufgehoben wird. Zu § 60 wurde die Berlin-Klausel in der neuen Fassung beschlossen. Bonn, den 1. Juni 1953 Dr. Leuze Berichterstatter Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 273. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (zu Nr. 4365 der Drucksachen) über die Entwürfe a) eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und b) eines Gesetzes über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen (Nrn. 3801, 4365 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Hoogen I. Allgemeines Der Bundestag hat den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und den Entwurf eines Gesetzes über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen (Drucksache Nr. 3801) auf Grund der ersten Lesung in der Sitzung vom 27. November 1952 dem Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz überwiesen. Der Ausschuß hat die beiden Entwürfe eingehend beraten. Nur in einem Fall erging in den Beratungen ein Mehrheitsbeschluß. Im übrigen ist über die Vorschriften der beiden Entwürfe infolge der sachlichen Beratung und Aufklärung Einverständnis erzielt worden. II. Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes 1. Der Gesetzentwurf schließt den Wiederaufbau des deutschen gewerblichen Rechtsschutzes ab. Bei den Änderungen und Ergänzungen der geltenden Gesetze, die der Regierungsentwurf vorsieht, handelt es sich einmal um die Wiederherstellung von Rechtsvorschriften, die infolge der Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse außer Kraft gesetzt waren. Zum andern werden diejenigen Kriegsvorschriften, die sich bewährt haben, endgültig in die geltenden Gesetze übernommen und die nicht übernommenen Kriegsvorschriften aufgehoben. Eine Reform des geltenden Rechts ist nur durch die Einführung des Armenrechtsverfahrens in Patent- und Gebrauchsmustersachen vorgenommen worden, da hiermit nicht bis zu einer großen Reform auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes zugewartet werden kann. Dem Gesetzentwurf sind als Anlagen Neufassungen des Patentgesetzes, des Gebrauchsmustergesetzes und des Warenzeichengesetzes beigefügt. Damit soll. für das Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes die bestehende Unübersichtlichkeit beseitigt und eine Bereinigung des geltenden Rechts erzielt werden, die der Bundestag für das Gebiet des Zivil- und Strafverfahrens durch das Rechtsvereinheitlichungsgesetz bereits im Jahre 1950 vorgenommen hat. An den Grundzügen des Entwurfs hat der Ausschuß keine Änderungen vorgenommen. Die vom Ausschuß beschlossenen Änderungen lassen sich im wesentlichen in drei Gruppen einteilen: 1. Änderungen der Vorschriften des Patentgesetzes, des Gebrauchsmustergesetzes und des Warenzeichengesetzes über die Erteilung von Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen. Die vorgenannten Gesetze enthalten eine Anzahl von Ermächtigungen für den Präsidenten des Patentamtes zum Erlaß von Rechtsverordnungen. Der Bundesrat hat bei der Beratung des Gesetzentwurfs bereits darauf hingewiesen, daß diese Ermächtigungen nach Artikel 80 Abs. 1 des Grundgesetzes nur der Bundesregierung oder einem Bundesminister erteilt werden können. Der Ausschuß hat sich diesen Ausführungen des Bundesrates angeschlossen und in allen diesbezüglichen Bestimmungen der oben genannten Gesetze an die Stelle des Prä- (Hoogen) sidenten des Patentamtes den Bundesminister der Justiz als ermächtigte Stelle eingesetzt. Da die Rechtsverordnungen, zu deren Erlaß nach den Vorschlägen des Ausschusses in Zukunft der Bundesminister der Justiz ermächtigt ist, im wesentlichen das Verfahren vor dem Patentamt betreffen, hat der Ausschuß weiter vorgesehen, daß der Bundesminister der Justiz die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf den Präsidenten des Patentamtes entsprechend der Vorschrift des Artikels 80 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes übertragen kann. 2. Änderungen des Geschmacksmusterrechts, die auf Grund von Maßnahmen in dem sowjetischen Besatzungsgebiet notwendig geworden sind, die nach Verabschiedung des Entwurfs durch das Bundeskabinett erlassen worden sind. 3. Änderungen, die von den interessierten Kreisen an den Ausschuß herangetragen und von ihm .für zweckmäßig gehalten worden sind. 2. Zu den einzelnen Vorschriften des Gesetzentwurfs in der Fassung des Ausschusses wird folgendes bemerkt: Artikel 1 Änderung des Patentgesetzes Zu § 1 Nr. 1 (Neufassung des § 8 des Patentgesetzes): Bei der neuen Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 handelt es sich lediglich um eine sprachliche Änderung zur Klarstellung, daß eine Anordnung nach dieser Vorschrift entweder durch die oberste Bundesbehörde selbst oder in deren Auftrag durch eine nachgeordnete Stelle vorgenommen werden kann. Durch die Fassungsänderung des § 8 Abs. 2 wird klargestellt, daß das Bundesverwaltungsgericht als erste und letzte Instanz nur dann zuständig ist, wenn die Bundesregierung oder die zuständige oberste Bundesbehörde selbst die Anordnung getroffen hat. Zu § 1 Nr. 1 a: § 12 des Patentgesetzes enthält die Gründe für das Erlöschen eines Patents. Mit dem neuen unter § 1 Nr. 7 eingeführten § 26 Abs. 7 ist ein weiterer Erlöschensgrund geschaffen worden. Es erscheint daher aus systematischen Gründen zweckmäßig, diesen Erlöschensgrund in § 12 aufzunehmen. Da der § 12 durch diese Einfügung unübersichtlich geworden wäre, ist er neu gefaßt worden. Die in dem § 12 bisher enthaltene Ermächtigung an den Präsidenten des Patentamtes ist auf den Bundesminister der Justiz übertragen worden. Zu § 1 Nr. 2 a: Der Zusatz in § 18 Abs. 5 ist durch die Änderung der Laufbahnbezeichnungen für Beamte erforderlich geworden. Zu § 1 Nr. 2 b: Die Fassung der Ermächtigung ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt worden. Zu § 1 Nr. 6 a: Die Fassung der Ermächtigung ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt worden. Zu §1 Nr. 7: Nach der Fassung in dem Entwurf der Bundesregierung erlischt das Patent auch dann, wenn das Patentamt den Patentinhaber nicht auf den Fristablauf hinweist oder wenn der Bescheid des Patentamtes auf der Post verlorengeht und dem Patentinhaber daher nicht zur Kenntnis gelangt. Um die Patentinhaber, die sich in der Regel darauf verlassen werden, daß das Patentamt sie von dem bevorstehenden Fristablauf benachrichtigt, vor einem unverschuldeten Verlust ihrer Patentrechte zu schützen, hat es der Ausschuß für zweckmäßig gehalten, vorzusehen, daß erst durch einen zuzustellenden Löschungsbescheid die Sechsmonatefrist in Gang gesetzt wird und daß erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist das Patent erlischt. Diese Regelung entspricht auch der Vorschrift in § 11 Abs. 3 des Patentgesetzes, die das Erlöschen -der Patente wegen Nichtzahlung der Jahresgebühren regelt. Zu § 1 Nr. 8: Der § 30 a Abs. 1 ist nur sprachlich geändert worden. In § 30a Abs. 2 des Entwurfs der Bundesregierung ist vorgesehen, daß auch Patente Dritter als Geheimpatente behandelt werden können, wenn der Präsident des Patentamtes auf Weisung der zuständigen Obersten Bundesbehörde mit Rücksicht auf die Sicherheit des Bundes anordnet, daß die angemeldete Erfindung geheimzuhalten ist. Diese Vorschrift ist, wie aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu entnehmen ist, nicht im Patentgesetz von 1936 enthalten gewesen, sondern erst später durch eine Verordnung vom 1. September 1939 aus Anlaß des Krieges erlassen worden. Der Ausschuß hat es nicht für erforderlich erachtet, diese kriegsbedingte Maßnahme als Dauervorschrift in das geltende Recht zu übernehmen. Es erscheint ausreichend, wenn, wie im § 30 a vorgesehen ist, die vom Bund nachgesuchten Patente geheimgehalten werden können. Der Bund kann, wenn es ihm notwendig erscheint, die Erfindung eines Dritten erwerben und sie für sich als Geheimpatent anmelden, so daß die Geheimhaltung gewahrt ist. Der Ausschuß hat daher die Streichung des § 30 a Abs. 2 beschlossen. § 1 Nr. 9: Die Änderung in § 33 Abs. 1 Satz 2 dient lediglich der Klarstellung. Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs der Bundesregierung ist der Antrag auf mündliche Anhörung zu begründen. Das Erfordernis der Sachdienlichkeit eines Antrags auf mündliche Anhörung gibt jedoch dem Patentamt in ausreichender Weise die Möglichkeit, unbegründete Anträge zurückzuweisen. Die Pflicht zur Begründung des Antrags auf mündliche Anhörung kann daher wegfallen. Zu § 1 Nr. 9 a: Die Fassung der Ermächtigung ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt. Zu § 1 Nr. 10: Die Fassung der Ermächtigung in dem neu eingefügten § 36 a Abs. 4 ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt worden. (Hoogen) Zu §1 Nr. 11a: Die in § 42 Abs. 5 Satz 2 des Patentgesetzes dem Bundesminister der Justiz erteilte Ermächtigung ist mit Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar, da die Ermächtigung zur Änderung der Verordnung vom 6. Dezember 1891 nicht hinreichend nach Zweck und Ausmaß bestimmt ist. Möglicherweise handelt es sich sogar um eine unzulässige Ermächtigung zum Erlaß gesetzesvertretender Verordnungen. Entsprechend einer Änderung des Vorschlages des Bundesrates hat daher der Ausschuß diesen § 42 Abs. 5 Satz 2 gestrichen. Zu § 1 Nr. 14: a) § 46e Abs. 1: Durch die von dem Ausschuß beschlossene Änderung wird deutlicher zum Ausdruck gebracht, daß die Befreiung von den Gebühren nur vorläufig ist, und daß die Nachzahlung gemäß § 46 i angeordnet werden kann. Diese Fassung entspricht der Neufassung des § 116 ZPO in dem Entwurf einer Bundesrechtsanwaltsordnung. Mit der in § 46 e Abs. 1 letzter Halbsatz vorgenommenen Änderung wird diese Bestimmung dem § 116 ZPO in dem Entwurf einer Bundesrechtsanwaltsordnung angeglichen. b) § 46g Abs. 3 letzter Satz: Nach § 46 e Abs. 2 ist die Beschwerde gegen die Beiordnung eines Vertreters im Armenrecht zulässig. Der in § 46 g Abs. 3 letzter Satz vorgesehene Ausschluß der Beschwerde erstreckt sich somit nicht auf diese Vorschrift. Der Ausschuß hat daher zur Klarstellung nur § 46 e Abs. 1 in § 46 g Abs. 3 letzter Satz aufgenommen. c) § 46h: Die Beratungen haben ergeben, daß in § 46 h Abs. 1 der vollständige erste Absatz des § 118 a der Zivilprozeßordnung zu übernehmen ist. In § 46 h Abs. 2 ist nur § 118 a Abs. 2 der Zivilprozeßordnung zu übernehmen und nicht, wie im Regierungsentwurf vorgesehen, § 118 a Abs. 1 Sätze 2 bis 4. Zu § 1 Nr. 14a: Nach § 51 Abs. 2 des geltenden Patentgesetzes sind die Landesjustizverwaltungen ermächtigt, die Patentstreitsachen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Es scheint notwendig, die Landesregierungen und nicht die Landesjustizverwaltungen zum Erlaß entsprechender Vorschriften zu ermächtigen, dabei aber zweckmäßig die Möglichkeit der Delegation auf die Landesjustizverwaltungen vorzusehen. Der Ausschuß hat daher die Fassung des § 51 Abs. 2 entsprechend einem Vorschlage des Bundesrates dahingehend geändert. Zu §1 Nr. 14b: Auf Grund des § 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes vom 8. Juli 1949 (WiGBl. S. 175) ist § 52 des Patentgesetzes bis auf weiteres nicht anwendbar. Es ist nicht abzusehen, wann und in welcher Form diese Bestimmung wieder in Kraft treten wird. In Abänderung des Regierungsentwurfs hat daher der Ausschuß die Streichung dieses Paragraphen beschlossen. Artikel 2 Änderung des Gebrauchsmustergesetzes Zu vor § 1 Nr. 1: Die Fassung der Ermächtigung ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt worden. Zu § 2 Nr. 1: Wegen der Streichung des § 3 a Abs. 2 wird auf die Ausführungen zu § 1 Nr. 8 Bezug genommen. Zu § 2 Nr. 2 a: Der Zusatz in § 4 Abs. 3 des Gebrauchsmustergesetzes ist durch Änderung der Laufbahnbezeichnungen für Beamte erforderlich geworden. Zu § 2 Nr. 5: Die Änderung betrifft nicht § 8 Satz 3, sondern § 8 Satz 4. Zu § 2 Nr. 7: Bei der Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 handelt es sich nur um eine sprachliche Angleichung an § 46e Abs. 1 in § 1 Nr. 14. Zu § 2 Nr. 7 a: Die Fassung der Ermächtigung ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt worden. Zu Artikel 2a Änderung des Warenzeichengesetzes Zu § 2 a Nrn. 1, 5, 6: Die Fassung der Ermächtigung ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt worden. Zu § 2 a Nrn. 2 und 9: Die Fassung der Ermächtigung ist dem Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes angepaßt worden. Zu § 2 a Nr. 3: In dem Entwurf eines Gesetzes über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen (Saatgutgesetz) ist vorgesehen, daß jede Sorte, die nach diesem Gesetz geschützt wird, einen Sortennamen erhält, und daß der Sortenname beim gewerbsmäßigen Vertrieb geschützten Saatgutes benutzt werden muß. Es ist möglich, daß ein Dritter einen nach dem Saatgutgesetz festgesetzten Sortennamen als Warenzeichen anmeldet. Um die sich hieraus ergebenden Überschneidungen zu vermeiden, ist daher eine. Ergänzung der in § 4 Abs. 3 angeführten Gründe der Versagung einer Warenzeicheneintragung notwendig geworden. Das Saatgutgesetz sieht zwar bereits in seinem § 69 eine Änderung des Warenzeichengesetzes vor. Das Saatgutgesetz wird wahrscheinlich nicht vor dem Fünften Überleitungsgesetz in Kraft treten. Es erscheint daher zweckmäßig, bereits im Fünften Überleitungsgesetz die erforderliche Änderung des Warenzeichengesetzes vorzunehmen. Dadurch wird erreicht, daß die mit dem Fünften Überleitungsgesetz erlassene Neufassung des Warenzeichengesetzes schon die durch das Saatgutgesetz erforderliche Änderung enthält. Zu § 2 a Nr. 4: Die Änderung ist durch die Einfügung der vorstehend unter § 2 a Nr. 3 erläuterten Änderung des Warenzeichengesetzes bedingt. (Hoogen) Zu § 2 a Nr. 7: Der Zusatz in § 12 Abs. 5 des Warenzeichengesetzes ist durch die Änderung der Laufbahnbezeichnungen für Beamte erforderlich. Zu §2a Nr. 8: Es wird auf die Ausführungen zu § 1 Nr. 14 a Bezug genommen. Artikel 3 Übergangsbestimmungen zum Geschmacksmustergesetz Zu § 3: Auf Grund der sowjetzonalen Verordnung über die Übertragung der Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 15. Oktober 1952 (Gesetzblatt Nr. 146) wird im sowjetischen Besatzungsgebiet das Geschmacksmusterregister vom 15. Oktober 1952 ab beim Amt für Erfindungs- und Patentwesen in Berlin geführt. Die bisher hierfür bestehende Zuständigkeit der Amtsgerichte ist aufgehoben worden. Damit ist das bisher in ganz Deutschland einheitlich geltende Geschmacksmusterrecht gespalten worden; denn nach § 9 des Geschmacksmustergesetzes, das im Bundesgebiet noch unverändert gilt, wird das Musterregister von den mit der Führung des Handelsregisters beauftragten Gerichtsbehörden, also den Amtsgerichten, geführt. Die Anmeldung eines Geschmacksmusters beim Amt für Erfindungs- und Patentwesen in Berlin dürfte daher für das Bundesgebiet keine Wirkung haben, weil sie bei einer unzuständigen Behörde vorgenommen worden ist. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, nicht nur für Personen ohne Wohnsitz oder Niederlassung im Inland, sondern auch für die Einwohner des sowjetischen Besatzungsgebietes eine Behörde zu schaffen, bei der sie ihre Geschmacksmuster mit Wirkung für das Bundesgebiet anmelden und niederlegen können. Aus diesem Grunde ist § 3 dahin geändert worden, daß für die Urheber, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes weder eine Niederlassung noch . einen Wohnsitz haben, das Patentamt als die mit der Führung des Musterregisters beauftragte Behörde im Sinne des Geschmacksmustergesetzes bestimmt worden ist. Zu § 4: Aus den zu der Änderung des § 3 erwähnten Gründen ist in Absatz 1 das Wort „Inland" durch die Worte „Geltungsbereich dieses Gesetzes" ersetzt worden, um auch die Bewohner des sowjetischen Besatzungsgebietes zu erfassen. Die weitere Änderung des Absatzes 1 ist redaktioneller Art. Im Hinblick auf die sowjetzonale Verordnung vom 15. Oktober 1952 ist in Absatz 5 der Stichtag für das Entstehen von Weiterbenutzungsrechten geändert worden. Da für die Urheber, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes weder eine Niederlassung noch einen Wohnsitz haben, vom 15. Oktober 1952 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes keine Behörde besteht, die für die Anmeldung und Niederlegung ihrer Geschmacksmuster für das Bundesgebiet zuständig ist, entspricht es der Billigkeit, daß vom 15. Oktober 1952 an die bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Prioritätsfrist vorgesehenen Weiterbenutzungsrechte nicht entstehen können. Zu § 5: Hinsichtlich der Ersetzung des Wortes „Inland" durch die Worte „Geltungsbereich dieses Gesetzes" wird auf die Begründung zu der Änderung der §§ 3 und 4 Bezug genommen. Zu § 5 a: Die Einfügung des § 5 a ist gleichfalls eine Folge des Erlasses der sowjetzonalen Verordnung vom 15. Oktober 1952. Wenn auch die vor dem 15. Oktober 1952 bei dem zuständigen Amtsgericht der sowjetischen Besatzungszone angemeldeten und niedergelegten Geschmacksmuster ihre Wirksamkeit für das Bundesgebiet behalten, so besteht doch keine zuständige Behörde, bei der die Urheber die Ausdehnung der Schutzfrist nach § 8 Abs. 2 des Geschmacksmustergesetzes mit Wirkung für das Bundesgebiet verlangen können. Nach § 5 a soll hierfür das Patentamt zuständig sein. Zu § 6: Hinsichtlich der Ersetzung des Wortes „Inland" durch die Worte „Geltungsbereich dieses Gesetzes" wird auf die Begründung zu der Änderung der §§ 3 und 4 Bezug genommen. Artikel 5 Übergangs- und Schlußbestimmungen Zu § 8 Abs. 3: Nachdem durch die Verordnung des sowjetischen Besatzungsgebiets vom 15. Oktober 1952 die Spaltung auf dem Gebiet des bisher in ganz Deutschland einheitlich geltenden Geschmacksmusterrechts vollzogen worden ist, besteht kein Grund mehr, die Geschmacksmuster anders zu behandeln als die Patente und Gebrauchsmuster. Die Einfügung des neuen Absatzes 3 trifft daher für die Geschmacksmuster eine entsprechende Regelung wie Absatz 2 für die Gebrauchsmuster. Zu §9: Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand soll auch gewährt werden gegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf erleichterte Zulassung zur Patentanwaltsprüfung nach § 8 des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes vom 2. Juli 1949 (WiGBl. S. 179). Dadurch ist sichergestellt, daß auch die in der letzten Zeit aus dem sowjetischen Besatzungsgebiet nach der Bundesrepublik übergesiedelten Patentanwaltskandidaten den unbezahlten sechsmonatigen Vorbereitungsdienst beim Patentamt nicht mehr zu leisten brauchen, wenn sie alle sonstigen Voraussetzungen eines Anwärters auf die Patentanwaltschaft erfüllen. Zu § 12: Das Gesetz über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen wird zusammen mit dem Fünften Überleitungsgesetz verkündet. Der Hinweis auf die Fundstelle dieses Gesetzes im Bundesgesetzblatt muß daher im § 12 wegfallen. Zu § 14: Nach der Fassung des § 14 Abs. 3 in dem Regierungsentwurf soll der Bundesminister der Justiz (Hoogen) durch Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt den Zeitpunkt bestimmen, bis zu dem die in diesem Absatz erwähnten Bestimmungen angewandt werden können. Eine solche Bestimmung kann jedoch der Bundesminister der Justiz nur durch eine Rechtsverordnung treffen. § 14 Abs. 3 ist daher insoweit geändert worden. Zu § 14a: Durch § 3 des Ersten Überleitungsgesetzes ist das im Patentgesetz vorgesehene Prüfungsverfahren geändert worden. Nach Inkrafttreten des Fünften Überleitungsgesetzes werden von § 3 des Ersten Überleitungsgesetzes nur noch die Nr. 3 (Verlängerung der Einspruchsfrist auf 4 Monate, Nachschiebung von einspruchsbegründenden Tatsachen) und die Nr. 4 (Einspruchsgebühr) in Geltung bleiben. Die Bestimmung in Nr. 4, die sich nur auf Einsprüche gegen Anmeldungen bezieht, die vor dem 1. Januar 1952 bewirkt worden sind, wird an sich von selbst auslaufen. Zur Aufhebung der Bestimmung in Nr. 3, die sich auf alle Anmeldungen bezieht, bedarf es dagegen einer gesetzlichen Maßnahme. Beide Bestimmungen sind in Geltung belassen worden mit Rücksicht auf die große Zahl der von dem Patentamt auf Grund des vereinfachten Prüfungsverfahrens monatlich bekanntgemachten Anmeldungen. Die Anmeldungen, die dem vereinfachten Prüfungsverfahren unterliegen, werden, von geringen Rückständen abgesehen, Ende 1954 bekanntgemacht worden sein. Von diesem Zeitpunkt an werden überwiegend geprüfte Anmeldungen bekanntgemacht werden. Damit entfallen die Gründe für die Weitergeltung der Nr. 3 und 4 des § 3 des Ersten Überleitungsgesetzes. Zur Vermeidung einer besonderen Gesetzgebung im Jahre 1954 erscheint es zweckmäßig, die Aufhebung der Nr. 3 und 4 des § 3 des Ersten Überleitungsgesetzes zum 1. Januar 1955 bereits im Fünften Überleitungsgesetz auszusprechen. Zu § 16: Das Patentgesetz, das Gebrauchsmustergesetz und das Warenzeichengesetz enthalten eine Reihe von Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen. Die Berlin-Klausel ist daher, wie in § 16 Abs. 2 vorgesehen, zu ergänzen. Zu § 20: Als Inkrafttreten des Gesetzes ist der 1. August 1953 bestimmt worden. Zu Nrn. 7, 9, 10 und 14 der Anlage zu § 16: Die unter Nr. 7 angeführte Verordnung wird in eine Neufassung der Verordnung über die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handelsmarken vom 6. Dezember 1949 (Bundesgesetzbl. S. 33) eingearbeitet werden, die die Bundesregierung in nächster Zeit erlassen wird. Die neugefaßte Verordnung wird eine Berlin-Klausel enthalten. Damit erübrigt sich die besondere Übernahme der in Nr. 7 angeführten Verordnung durch das Land Berlin. Die in Nrn. 9,10 und 14 angeführten Gesetze sind bereits durch das Berliner Gesetz vom 20. März 1953 (GVBl. Berlin S. 199) von Berlin übernommen, so daß sie aus der Anlage zu streichen sind. III. Anlagen 1 bis 3 zum Fünften Gesetz zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Neufassung des Patentgesetzes, des Gebrauchsmustergesetzes und des Warenzeichengesetzes) Änderung der Neufassung des Patentgesetzes Zu § 17 Abs. 4: Nach der bisherigen Fassung hatte die „Reichsregierung" die Hilfsmitglieder zu bestellen. Die Bestellung wurde jedoch zuständigkeitshalber stets vom Reichsjustizminister vorgenommen. Die Änderung des § 17 Abs. 4 dient zur Klarstellung, daß jetzt der Bundesminister der Justiz die Bestellung vornimmt. Zu § 42 Abs. 5: Die Verordnung über das Patentamt gilt jetzt in der Fassung vom 30. September 1936 und ist im Reichsgesetzblatt II Seite 316 verkündet. § 42 Abs. 5 war daher entsprechend zu berichtigen. Zu §§ 26 und 32: Die zu diesen Paragraphen angeführten Fußnoten erübrigen sich nach Einführung des § 14 a in dem Fünften Überleitungsgesetz. Zu §52: Die Fußnote zu § 52 fällt ebenfalls weg, da diese Bestimmung durch die neu eingefügte Nummer 14 a in § 1 des Fünften Überleitungsgesetzes gestrichen wird. IV. Entwurf eines Gesetzes über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen Nach § 46 e in § 1 Nr. 14 des Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes kann in Patent- und Gebrauchsmustersachen einem bedürftigen Erfinder ein Patentanwalt, Rechtsanwalt oder Erlaubnisscheininhaber beigeordnet werden. Damit ergibt sich die Notwendigkeit, eine Regelung über die Erstattung der den beigeordneten Vertretern aus der Staatskasse zu ersetzenden Gebühren zu treffen. Der Gesetzentwurf sieht hierfür eine Regelung vor. Die Höhe der Gebühren ist in Anlehnung an die Gebührensätze bemessen worden, die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einem im Armenrecht beigeordneten Rechtsanwalt nach dem Gesetz über die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen und Änderung des Gerichtskostengesetzes vom 28. Dezember 1928 (Reichsgesetzbl. I S. 411 — Armenanwaltsgebührengesetz) zustehen. Bonn, den 28. Mai 1953 Hoogen Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Oskar Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! 'Die kommunistische Fraktion kann diesem Gesetz nicht zustimmen. Sie wird sich der Stimme enthalten,

    (Zurufe von der Mitte)

    da die Neufassung unserer Überzeugung nach die erforderlichen Verbesserungen des bisherigen Rechtes nicht bringt.


    (Müller [Frankfurt])

    Vor allem halten wir es für einen schweren Mangel, daß die aus den Kreisen der Jugendfürsorgebehörden und der freien Vereinigungen für Jugendhilfe geforderte volle Gleichstellung der Jugendlichen und der Heranwachsenden nicht durchgeführt worden ist. Der in dem Ausschußbericht angeführte Grund für die Ablehnung dieser von den Jugendbehörden und den Jugendhilfeorganisationen geforderten Gleichstellung der Jugendlichen und der Heranwachsenden ist unserer Überzeugung nach nicht stichhaltig. Der weitaus größere Anteil der Heranwachsenden an der Gesamtkriminalität darf unserer Auffassung nach nicht dazu führen, gegenüber den Heranwachsenden ein schärferes Strafrecht in Anwendung zu bringen. Wir sind im Gegensatz zu der im Bericht vertretenen Auffassung der Meinung, daß gerade die besonderen Verhältnisse der Nachkriegszeit und die aus diesen Verhältnissen resultierende höhere Kriminalität bei den Heranwachsenden es zwingend notwendig macht, allein das mildere Jugendstrafrecht zur Anwendung zu bringen. Statt gegenüber den Heranwachsenden ein schärferes Jugendstrafrecht anzuwenden, ist es unserer Auffassung nach Aufgabe des Staates, die Ursachen, die zu dieser erschrekkend hohen Jugendkriminalität geführt haben, zu bekämpfen.
    Im Jahre 1950 standen im Bundesgebiet 64 419 Jugendliche vor Gericht. Nach dem „Michael" vom 24. Juni 1951 wurden von 100 Verbrechen, die im Jahre 1950 in der Bundesrepublik verübt wurden, 7 von jugendlichen Tätern im Alter zwischen 14 und 18 Jahren begangen.

    (Abg. Strauß: Habt Ihr den „Michael" denn auch abonniert?)

    28,1 % dieser von Jugendlichen begangenen Verbrechen fallen unter die Delikte Notzucht und andere Verbrechen, 6,4 % auf Mord- und Totschlagsversuche. Die Jugendstraffälligkeit war bereits im Jahre 1950 gegenüber dem Jahre 1933 um 87 % gestiegen. Von der Gesamtheit der jugendlichen Menschen, die im Jahre 1950 in Westdeutschland wegen geheimer Prostitution angehalten wurden, waren fast 60 % noch nicht 14 Jahre alt. 51 % aller registrierten Geschlechtskranken waren unter 20 Jahre alt, 10 % davon noch nicht 14jährige Kinder. In dem oben erwähnten Artikel des „Michael" heißt es weiter, daß in Bayern allein im Jahre 1950 34 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, sowie Kinder unter 18 Jahren und Kinder unter 14 Jahren Selbstmord begangen haben.
    Die durch den verbrecherischen Krieg und die völlig unvollständigen Hilfsmaßnahmen des Bundes, der Länder und der Gemeinden

    (Zurufe: Ostzone!)

    hervorgerufene riesige Jugendnot ist die Ursache für das Anwachsen der Jugendkriminalität. Pastor Pawlowski, der Leiter der Inneren Mission, hat auf der Jahreshauptversammlung des Volkskirchenbundes in Bielefeld im Juni vergangenen Jahres mitgeteilt, daß noch über 200 000 Kinder in Westdeutschland in Elendsbaracken untergebracht sind. In den Gemeinden fehlt es an den notwendigen Beschulungsmöglichkeiten für die Jugendlichen.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Die in Westdeutschland in Massen gezeigten amerikanischen Filme, in denen der Jugend die schauerlichsten Verbrechen gezeigt werden, und die in Westdeutschland grassierende Schmutzliteratur

    (Zuruf von der Mitte: Und in der Ostzone? — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    sind weitere Ursachen der Jugendkriminalität.
    Wer der Jugend helfen will, muß den jugendschädlichen Zustand bekämpfen und beseitigen. Aber dazu fehlt es der Regierung und den Koalitionsparteien an dem notwendigen guten Willen und an den erforderlichen Geldern. Statt Jugendheimen, Schulen und Lehrlingswerkstätten

    (Abg. Strauß: Aha, die Kurve!)

    werden Kasernen gebaut — auf 'die Sie sich so freuen, Herr Strauß —, werden Flugplätze angelegt.

    (Abg. Strauß: Wieder in die Kurve! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    Der Staat, der mehr als die Hälfte seiner Einnahmen in die Kriegsvorbereitung hineinsteckt, kann keine Jugendfürsorge betreiben und muß zur Waffe eines scharfen Jugendstrafrechts greifen. Aus diesen Gründen können wir dem vorliegenden Gesetz nicht zustimmen.

    (Beifall bei der KPD. — Zuruf von der Mitte: Siehe Ostzone! — Weitere lebhafte Zurufe von der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die allgemeine Aussprache geschlossen.
Wir treten in die Einzelbesprechung der dritten Beratung ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich habe infolgedessen auch die einzelnen Paragraphen nicht aufzurufen.
Ich bitte diejenigen, die den §§ 1 bis 124, der Einleitung und der Überschrift in der Fassung der zweiten Beratung zustimmen, die Hand zu heben.
— Das ist die Mehrheit; damit ist das Gesetz angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz als ganzem zustimmen, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nun auf den Punkt 3 der heutigen Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Nrn. 3284, 3668 der Drucksachen);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 4452 der Drucksachen).

(Erste Beratung: 213. und 230. Sitzung.)

Der Herr Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht*). Der Ältestenrat hat für die dritte Beratung keine allgemeine Aussprache vorgesehen. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich kann infolgedessen aufrufen Art. 1 bis Art. 11. — Das Wort hat Herr- Abgeordneter Leuze.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eduard Leuze


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß als Berichterstatter noch eine redaktionelle Änderung in Vorschlag bringen, und zwar zu Art. 1 Nr. 15. Hier
    *) Siehe Anlage 3 Seite 13572


    (Dr. Leuze)

    heißt es in Abs. 2 des § 900 der Zivilprozeßordnung, daß Rücksicht darauf zu nehmen ist, wie lange noch eine Eintragung besteht. Mit Bezug darauf darf ich Sie bitten, noch den § 915 Abs. 2 auf Seite 31 der Drucksache Nr. 4452 aufzuschlagen. Hier heißt es:
    Wird die Befriedigung des Gläubigers, der gegen den Schuldner das Offenbarungseidverfahren betrieben hat, nachgewiesen oder sind seit dem Schlusse des Jahres, in dem die Eintragung in das Verzeichnis erfolgt ist, fünf Jahre verstrichen, ...
    Ich bitte, statt „fünf Jahre verstrichen" zu setzen: „drei Jahre verstrichen", damit die Übereinstimmung mit § 903 und auch mit § 900- Abs. 2 hergestellt ist. Ferner kann dann in § 915 Abs. 2 der Schlußsatz gestrichen werden, der lautet:
    Im übrigen sind die Eintragungen fünf Jahre lang aufzubewahren.
    Der redaktionelle Änderungsantrag geht also dahin, in § 915 Abs. 2 statt „fünf Jahre lang" zu setzen: „drei Jahre lang" und den Schlußsatz: „Im übrigen sind die Eintragungen fünf Jahre lang aufzubewahren" zu streichen. Ich bitte, diesen Änderungsantrag mit zu berücksichtigen.