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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 271. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Juni 1953 13397 271. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Juni 1953. Geschäftliche Mitteilungen 13398C, 13405A, 13414D Ergänzungen der Tagesordnung: Aufsetzung des Antrags betr. Genehmigung zur Zeugenvernehmung des Abg. Dr. Brill 13398C, 13440A Antrag auf Überweisung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (Nr. 4423 der Drucksachen) an den Haushaltsausschuß 13398D, 13444C Dr. Horlacher (CSU) 13398D Schoettle (SPD) 13398D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Nr. 4345 der Drucksachen) 13399A Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht 13399A Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abg. Frau Dr. Steinbiß, Pohle, Dr. Hammer, Frau Kalinke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Fragen des Hebammenwesens (Nr. 4351 der Drucksachen) . . . 13399A Frau Dr. Mulert (FDP), Antragstellerin 13399B Beschlußfassung 13400A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung und Ergänzung fürsorgerechtlicher Bestimmungen (Nr. 3440 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (Nr. 4371 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 956) 13400B Frau Niggemeyer (CDU), Berichterstatterin 13400B Renner (KPD) 13405B, 13407A, 13409B, 13411D Frau Döhring (SPD) 13408D Junglas (CDU) 13409B, 13411A Funcke (FDP) 13410A Striebeck (SPD) 13410A Abstimmungen . 13406D, 13408C, 13410A, 13412D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken (Nr. 4299 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Nr. 4377 der Drucksachen, Umdruck Nr. 946) 13413B Dr. Hammer (FDP) 13413B Abstimmungen 13413B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Bundesevakuiertengesetzes (Nr. 4180 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (Nr. 4380 der Druck- sachen, Umdrucke Nrn. 963, 965, 966) . 13413C Frau Nadig (SPD), Berichterstatterin 13413D Freiherr von Aretin (FU) 13414D Frau Strobel (SPD) . . . . 13415B, 13415C Gundelach (KPD) 13416B Huth (CDU) . . . 13415B, 13416C, 13418A Dr. Hammer (FDP) . . . 13417B, C, 13418D Frau Dr. Steinbiß (CDU) 13418D Abstimmungen 13415C, 13419A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (Nr. 3232 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Nr. 4397 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 955) 13419B Frau Dr. Steinbiß (CDU), Berichterstatterin 13419B Abstimmungen 13421A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Abg. Günther, Frau Dr. Weber (Essen) u. Gen. betr. Schußwaffengebrauch im Zolldienst (Nrn. 4254, 3914 der Drucksachen) 13421B Gleisner (SPD), Berichterstatter . 13421C Günther (CDU) 13421D Jacobs (SPD) 13422A, 13424C Dr. Schillinger, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finan- zen 13423B Dr. Mende (FDP) 13424A Beschlußfassung 13425B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Leistungen an ehemalige deutsche Kriegsgefangene (Zweites Heimkehrergesetz) (Nr. 4316 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der SPD, FU, den Abg. Merten, Frau Hütter u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4318 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der FDP, DP u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4446 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4426 der Drucksachen) 13425B Frau Dr. Probst (CDU), Antragstellerin 13425C, 13431A Merten (SPD), Antragsteller 13427A, 13436A Storch, Bundesminister für Arbeit 13428C Frau Hütter (FDP) 13428D Löfflad (DP) 13430B Euler (FDP) 13433D, 1343913 Müller (Frankfurt) (KPD) 13434B Ribbeheger (FU) 13435C Müller-Hermann (CDU) 13438D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen und an den Haushaltsausschuß 13439D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zur Zeugenvernehmung des Abg. Dr. Brill (Nr. 4453 der Drucksachen) . . . 13398C, 13440A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 13440A Beschlußfassung 13440B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Abg. Kuntscher, Schütz, Dr. Götz u. Gen. betr. Verbilligte Bahnfahrten für Heimatvertriebene und Flüchtlinge (Nrn. 4350, 3963 der Drucksachen) 13440B Dr. Mücke (SPD), Berichterstatter 13440B Beschlußfassung 13440C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 945) 13440C Beschlußfassung 13440C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU betr. berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nm. 4366, 4328 der Drucksachen) 13440C Kemmer (CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 13445 Frau Thiele (KPD) 13440D Priebe (SPD) 13442A ( Frau Dr. Brökelschen (CDU) . . 13443D Beschlußfassung 13444C Nächste Sitzung 13444D Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU betr. berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nr. 4366 der Drucksachen) 13445 Die Sitzung wird um 9 Uhr 6 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 271. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, FU (BP-Z) betreffend Berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nrn. 4366, zu 4366, 4328 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Kemmer Die Ausschüsse für Fragen der Jugendfürsorge und für gesamtdeutsche Fragen haben in einer gemeinsamen Sitzung den interfraktionellen Antrag über die berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der Jugendlichen, die aus der Sowjetzone geflohen sind, in der Form einstimmig angenommen, wie sie der Mündliche Bericht wiedergibt. Um das Problem zu kennzeichnen und schärfer zu umreißen, erscheinen einige Vorbemerkungen allgemeiner Art angebracht. In diesem Jahre sind im Januar über 2000, im Februar 2257, im März 4738, im April 4551, im Mai 3011 und vom 1. bis zum 7. Juni 972 Jugendliche von Berlin ausgeflogen worden. Seit Mitte Mai standen weniger Flugzeuge für diesen Zweck zur Verfügung. Daher geben die beiden letztgenannten Ziffern kein genaues Bild über die Gesamtzahl, da noch nicht alle Jugendlichen von Berlin ausgeflogen werden konnten. Schon rein zahlenmäßig steht man hier vor einer Aufgabe, die mit den üblichen Hilfsmaßnahmen nicht mehr gemeistert werden kann. Dazu kommt, daß diese Jugendlichen, geprägt durch das Sowjetsystem, nach nachhaltigen Erlebnissen unter diesem Regime, einsam und unerfahren, Opfer vieler Enttäuschungen, die auf überspannte Erwartungen folgten, einer besonderen Betreuung bedürfen, die geeignet ist, ihre menschliche, berufliche und gesellschaftliche Eingliederung zu bewirken und zu gewährleisten. In diesen Jugendlichen darf nicht das Gefühl entstehen, als ginge es ihnen heute besser, wenn sie bessere FDJler gewesen wären. Um eine gute Eingliederung zu erreichen, schlägt der Ausschuß zwar keine Patentlösung vor; wohl aber bietet der Antrag eine Fülle von Möglichkeiten dar, die je nach Art der Jugendlichen, nach den örtlichen Gegebenheiten und nach den Möglichkeiten der verschiedenen Trägergruppen ausgeschöpft werden können. Nur die wichtigsten Gesichtspunkte sollen erläutert werden. Zunächst waren die Ausschüsse sich einig in der Forderung, den Aufenthalt der Jugendlichen in Berlin so kurz wie irgend möglich zu halten. Unverzüglich soll ein zentrales Jugendlager eingerichtet werden, um es den Jugendlichen zu ersparen, von Stelle zu Stelle quer durch Berlin fahren und die verschiedenen Punkte passieren zu müssen, die zur Abwicklung des Aufnahmeverfahrens vorgesehen sind. Bis zur Schaffung eines zentralen Jugendlagers soll sich das ganze Notaufnahmeverfahren in den vorhandenen Jugendlagern abwickeln. In den Berliner Lagern sowohl wie in den Jugendauffanglagern Sandbostel und Westertimke ist die Zahl erfahrener Jugendbetreuer auf 1 : 15 zu erhöhen; desgleichen ist für eine ausreichende Zahl von Berufsberatern und Jugendvermittlern Sorge zu tragen. Zu diesem Zweck sind die in allen Lagern tätigen Lagerdienste der Jugendverbände, die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, die den Jugendlichen im Lager eine große Hilfe bedeuten, zu unterstützen und zu fördern. Auch in den Auffanglagern der Bundesrepublik soll der Aufenthalt möglichst kurz sein. Der Ausschuß warnt mit Nachdruck und mit allem Ernst vor der Täuschung, als ob mit der Vermittlung der Jugendlichen in irgendeine Arbeit das Problem gelöst sei. Man weiß, daß der weitaus größte Teil der Jugendlichen berufsfremd in die Landwirtschaft und den Bergbau vermittelt wird, wo sehr bald, oft schon nach den ersten Tagen die Fluktuation einsetzt und die Hälfte der Jugendlichen davonläuft. Weiter ist bekannt, daß mit der Vermittlung in den Beruf nach allen, was diese jungen Menschen an Leiden und Enttäuschungen erlebt haben, noch keineswegs eine gesellschaftliche oder gar staatspolitische Eingliederung vollzogen ist. Daher schlägt der Ausschuß nach dem Lageraufenthalt für solche Jugendliche, die nicht sofort den normalen und naturgegebenen Weg der Familienzusammenführung und der echten Vermittlung in den erlernten oder gewünschten Beruf unter gleichzeitiger Unterbringung in einem Jugendwohnheim oder bei einer guten Familie gehen können, in Gestalt einer Zwischenstufe verschiedene Lösungen bis zur endgültigen Eingliederung vor. Die Reihenfolge der Aufzählung dieser Hilfen bedeutet nun, wie ausdrücklich betont sei, nicht etwa eine Rangfolge oder einen verschiedenen Grad der Wertung; vielmehr handelt es sich um Möglichkeiten, die je nach der Art der Jugendlichen, nach den örtlichen Verhältnissen und nach den Bedingungen bei den verschiedenen Trägergruppen ausgeschöpft werden (Kemmer) können. Auch dazu nur einige kurze Erläuterungen. Den Jugendgemeinschaftswerken, von denen in Punkt 1 und 2 die Rede ist, obliegt eine doppelte Aufgabe: sie sollen einmal die geistige Akklimatisierung an die Arbeits- und Lebensbedingungen der westlichen Welt erleichtern, sie sollen zum zweiten die Eingliederung in den Arbeitsprozeß und in eine möglichst passende Arbeitsstelle, also eine individuelle Berufsvermittlung gewährleisten, die oft erst durchführbar ist, wenn man einen Jugendlichen schon länger kennt. Für Jugendliche, die in die Landwirtschaft vermittelt werden können, wohlgemerkt: in freie Stellen, da uns ja nicht damit gedient ist, künstlich Arbeit zu schaffen, ist die Einrichtung von Jugendgemeinschaftswerken von besonderer Bedeutung. Zwei Möglichkeiten haben sich hierbei bewährt: Zunächst da, wo es notwendig erscheint, die Unterbringung kleiner Gruppen in Heimen, von denen aus die Jugendlichen beim Bauern arbeiten; ferner dort, wo es möglich ist, die Unterbringung von Jugendlichen in Familien. In beiden Fällen ist entscheidend, daß sozialpädagogisch geschulte Betreuer den einzelnen Jugendlichen in allen einschlägigen Fragen beraten und überhaupt die Vermittlerrolle zwischen Jugendlichen und Bauern und zwischen Jugendlichen und den Behörden übernehmen. Für die in Jugendgemeinschaftswerken untergebrachten Jugendlichen übernimmt diese Funktion der Heimleiter, für die in Familien Untergebrachten, die ein offenes Gemeinschaftswerk bilden sollen, sollte auf etwa 25 bis 30 Jugendliche ein sozialpädagogisch geschulter Betreuer kommen, der diese Aufgaben wahrnimmt. Nach den gleichen Grundsätzen sollte auch die in die Hauswirtschaft vermittelte weibliche Jugend betreut werden. Nur so kann es gelingen, die verhängnisvolle und unerträgliche Fluktuation vor allem der berufsfremd in die Landwirtschaft und Hauswirtschaft vermittelten Jugendlichen zu verhüten und sie etwa nach einem halben Jahr in den erlernten, gewünschten oder zumindest zumutbaren Beruf zu vermitteln. Um aber die zweckmäßige und endgültige Unterbringung zu fördern und zu erleichtern, ist es unerläßlich, bei allen Landesarbeitsämtern eine zentrale Kartei einzurichten und durch eigene Berufsberater und Jugendvermittler den Jugendlichen mit Hilfe der verschiedenen Überbrückungsmaßnahmen eine zuverlässige Berufsvermittlung zu gewährleisten. Manche Sonderprobleme entstehen für Schüler und Studenten, für Jugendliche mit abgebrochener Lehrausbildung, für die weibliche Jugend und für reine Sozialfälle. Für diese Gruppen müssen die Richtlinien weiter gefaßt werden; es gilt, die Ausbildung zu sichern. Schülern höherer Lehranstalten muß in Internatsoberschulen die Möglichkeit zum Abitur gegeben werden, da in den meisten Fällen kein Schulsystem und kein Lehrplan anwendbar ist. Abiturienten, die die Reifeprüfung nach 1951 bestanden haben und deren Abitur nicht anerkannt wird, soll durch besondere Einrichtungen Gelegenheit zur Erlangung der Universitätsreife geboten werden. Für Studierende muß ein Weg zur Finanzierung der ersten beiden Semester gefunden werden, da nach dem bisherigen System erst dann Stipendien gewährt werden können. Für Jugendliche am Ort der endgültigen Eingliederung sind im Antrag eine Reihe von Hilfen vorgesehen, die die Eingliederung erleichtern sollen. Von besonderer Bedeutung ist Punkt 4. Darin wird die Bundesregierung ersucht, einen Aufruf an den Bundesjugendring und die Jugendverbände zur Aufnahme aller Jugendlichen aus der sowjetischen Besatzungszone in Jugendgruppen und an die Bevölkerung zur Übernahme von Patenschaften durch einheimische Familien zu erlassen. Die Gelassen- heit und Teilnahmslosigkeit weitester Kreise der Bevölkerung und der Öffentlichkeit am Schicksal dieser Jugend ist eine ebenso große Gefahr wie die Verkennung der Probleme und die irrtümliche Meinung, es sei ja schon alles getan. Der Bundesjugendring hat bereits einen Aufruf an die ihm angehörenden Verbände erlassen. Es bedarf aber noch eines Appells an die gesamte Öffentlichkeit, der das große Anliegen an alle Schichten des Volkes heranträgt. Weiter wird die Bundesregierung ersucht, zur Finanzierung aller vorgeschlagenen Maßnahmen die Möglichkeiten des AVAVG und des Gesetzes zur Änderung des AVAVG sowie andere finanzielle Hilfen wie Lastenausgleich, Sondermittel zur Eingliederung von Sowjetzonenflüchtlingen, sozialer Wohnungsbau usw. voll auszuschöpfen und durch geeignete Maßnahmen für eine zweckmäßige Koordinierung der Mittel zu sorgen. In diesem Zusammenhang hat man es im Ausschuß sehr beklagt — und alle Praktiker haben es bestätigt —, daß das Labyrinth von Verordnungen und Zuständigkeiten nachgerade undurchdringlich und die Beherrschung der Materie zu einer Wissenschaft besonderer Art geworden ist. Daher wird die Bundesregierung besonders eindringlich gebeten, zu allen im Antrag verlangten Maßnahmen Erlasse und Richtlinien herauszugeben, die es den Trägern und den Heimleitern erlauben, ohne Zuziehung von Spezialgelehrten ihre Anträge wenn irgend möglich an nicht allzu viele Instanzen zu stellen. Die Schwierigkeit liegt in den verschiedenen Sozialgesetzen, durch die eben verschiedenartige Gleise gelegt werden. Aber vielleicht gelingt durch eine richtige Weichenstellung auf dem Verwaltungswege doch eine Koordinierung. Der Ausschuß richtet an die Bundesregierung schließlich die dringende Bitte, sich bei der Ausarbeitung der Richtlinien der Erfahrungen der Trägergruppen zu bedienen, die bisher diese Arbeit geleistet haben, und angesichts der Dringlichkeit des Problems dem Bundestag Planung und Richtlinien bis zum 30. Juni vorzulegen. Bonn, den 12. Juni 1953 Kemmer Berichterstatter
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    Rede von Hans Merten


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich zu Anfang einige Dinge richtigstellen, die der Herr Müller von der kommunistischen Gruppe angeschnitten hat. An und für sich ist es ja so, daß die Kommunistische Partei überhaupt in letzter Linie ein moralisches Recht hat, in Kriegsgefangenenangelegenheiten das Wort zu ergreifen.

    (Lebhafte Zustimmung von der SPD. bis rechts.)

    Wir haben gerade die von den Kommunisten in der Sowjetzone eingesperrten Brüder und Schwestern eigens nachträglich noch zu Heimkehrern erklären müssen, um zu versuchen, wenigstens einen Teil dessen wiedergutzumachen, was die Bundesbrüder des Herrn Müller da drüben angerichtet haben. Von den Verhältnissen in der Sowjetunion will ich noch gar nicht reden. In dem Augenblick, in dem sich die Kommunistische Partei getraut, einmal einen Appell an Moskau zu richten, daß auch von ihrer Seite nun die Frage der Heimkehrer und der deutschen Kriegsgefangenen für lösbar angesehen würde, in dem Augenblick könnte man vielleicht wieder mit ihnen über diese Fragen reden; aber bis dahin ist das nicht möglich.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Davor schützen Sie auch nicht, meine Herren von der äußersten Linken, Ihre Propagandaanträge, die Sie hier stellen. Sie können hier ein Entlassungsgeld von 5000 DM beantragen. Das ist uns genau so interessant wie die Beträge, die Sie im vorigen Jahr beantragt haben. Sie wissen genau, daß es Propagandaanträge sind. Aber wir wissen genau, daß wohl keine Gruppe in Deutschland so immun gegen den Kommunismus ist wie die Heimkehrer, weil sie ihn nämlich jahrelang am eigenen Leibe haben erfahren dürfen.
    Das, was Herr Kollege Müller hier über den Arbeitsverdienst der Kriegsgefangenen in den Vereinigten Staaten erzählt hat, ist zwar inzwischen mindestens zehn- oder zwanzigmal in der Öffentlichkeit richtiggestellt worden. Aber anscheinend ist seine Unterrichtung über diese Frage recht einseitig. Es beweist uns allerdings die Richtigkeit des Verdachts, den wir schon die ganze Zeit hatten, daß nämlich eine Gruppe der Kriegsgefangenen aus USA tatsächlich das ist, was wir immer vermuteten nämlich eine kommunistische Tarnorganisation. Glauben Sie uns, wir lesen auch die Produkte, die von dieser Seite kommen. Wir haben keine Angst vor dem, was da gesagt wird. Die 300 Millionen Dollar, die Sie hier eben erwähnten, existieren nur in der Phantasie einiger Manager, die sich mit Hilfe dieses Phantasieprodukts ein ausgezeichnetes Leben verschafft haben und die allein aus Eintrittsgeldern in ihren Verband über 170 000 Mark in ihre eigene Tasche haben fließen lassen

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    und deren sie sich bedienen, um mit anti-amerikanischen Parolen irgendwelche Propaganda in der deutschen Öffentlichkeit zu machen.
    Uns ist bekannt, daß nach dem Völkerrecht den Kriegsgefangenen eine Entschädigung zusteht. Uns ist auch bekannt, daß die Kriegsgefangenen in den westlichen Gewahrsamsstaaten sie erhalten haben. Aber, Herr Müller, daß Sie hier in Anwesenheit von Leuten, die etwas von den Dingen verstehen, zu behaupten wagen, in der Sowjetunion hätten die Kriegsgefangenen Geldbeträge für ihre Arbeit bekommen, von denen sie sich Lebensmittel und Genußmittel hätten kaufen können, das hätten Sie lieber nicht sagen sollen!

    (Abg. Müller [Frankfurt]: Fragen Sie doch die Kriegsgefangenen!)

    — Es gibt tatsächlich einige wenige, die uns genau bekannt sind, die einige Rubel erhalten haben. Einige wenige! Und wenn ich Ihnen das auf die Gesamtzahlen umrechne, dann kommt auch nicht der verschwindendste Bruchteil eines Prozentes bei dieser Geschichte heraus.

    (Abg. Renner: Seien Sie vorsichtig! Mit den Zahlen ist genug gelogen worden!)

    — Nein, da ist nicht gelogen worden! Wir wissen es genau; wenn man Tausende und Hunderttausende von Heimkehrern befragt hat, dann erhält man schon ein Bild über die Verhältnisse, wie sie wirklich sind.
    Ich will auf diese Dinge weiter nicht eingehen.

    (Zuruf von den KPD: Ist auch besser!)

    Ich möchte nur auf das, was Herr Bundesarbeitsminister Storch gesagt hat, noch einiges erwidern. Herr Arbeitsminister, Sie sagten, Sie hätten die weitere Bearbeitung dieses Entwurfs zurückstellen lassen, weil Sie nicht wollten, daß in einem Gesetz Versprechungen gemacht werden, die erst in drei oder vier Jahren realisiert werden. Herr Bundesarbeitsminister, wenn Sie bereit sind, sich dafür stark zu machen, daß die Entschädigung nicht auf fünf oder sieben Jahre verteilt zu werden braucht, sondern daß wir sie auf einen Schlag bezahlen können — glauben Sie, wir sind die letzten, die dann nein sagen würden! Da würden Sie die begeisterte Zustimmung aller Fraktionen dieses Hauses finden. Das wird aber ebensowenig möglich sein, wie es im Lastenausgleich möglich ist, diese Beträge auf einmal flüssig zu machen. Aus diesem Grunde haben wir den Weg der ratenweisen Zahlung nach der sozialen Dringlichkeit im Verlauf mehrerer Jahre gewählt.
    Auch die Frage des Stichtags, Herr Bundesarbeitsminister, hat uns lange bewegt. Wenn Sie sagen, diejenigen, die 1945/46 gekommen sind, dürften nicht schlechter behandelt werden, so sind wir jederzeit bereit, den Stichtag auf den 8. Mai 1945 oder noch vorher festzusetzen. Wir sind auch bereit, den Stichtag wegzulassen und nur nach der Länge der Gefangenschaft zu gehen, damit die bessergestellt werden, die 1941 in Gefangenschaft gekommen sind. Aber wir haben überlegt, daß unter normalen Verhältnissen die Entlassung von fünf Millionen Kriegsgefangenen ohnedies anderthalb Jahre in Anspruch genommen hätte und daß eben die Kriegsgefangenschaft für diejenigen eine besondere Härte war, die nach der normalen Entlassungszeit noch in der Kriegsgefangenschaft bleiben mußten. Daher kommt der Stichtag vom 1. Januar 1947, den zurückzuverlegen sich wahrscheinlich niemand hier genieren wird.


    (Merten)

    Zu Ihren Zahlen, Herr Bundesarbeitsminister, möchte ich noch etwas hinzufügen. Die Zahlen stimmen nämlich nicht. 1948 sind 468 394 Heimkehrer gezählt worden, und die Zahl von 1947 ist 219 504. 1949 waren es 300 375. 1950 waren es nicht, wie Sie sagten, 21 000, sondern 48 221. 1951 waren es 4175. Aber Herr Bundesarbeitsminister, daneben stehen ungefähr 175 000 Kriegsgefangene, die geflohen sind, die kein Entlassungslager berührt haben und die Ihnen bisher völlig unbekannt sind. Das heißt, die Zahlen, die ich Ihnen eben nannte, sind auch nur als Zahlen bekannt; Sie wissen nicht, wer die Leute sind, Sie wissen nicht, wo die Leute sind, Sie wissen nicht, welche Ansprüche sie im einzelnen haben; und darum dreht es sich. Es genügt ja nicht, daß Sie die Zahlen der Entlassungslager einfach addieren; damit ist über die Berechtigung der einzelnen Ansprüche noch gar nichts gesagt. Daneben steht die große Zahl der Geflohenen, die überhaupt keine Papiere in Händen haben.
    Was nun den Entwurf der Regierungskoalition betrifft, meine Damen und Herren, so steht darüber: „Zweites Heimkehrergesetz". Unserer Ansicht nach ist dieser Titel reichlich anmaßend. Denn was in diesem Gesetz steht, ist nichts anderes als eine unwesentliche Ergänzung des bisherigen Heimkehrergesetzes, wenn ich auf die §§ 25 b bis 25 g einmal nicht eingehe. Es hat nicht die Bedeutung eines „Zweiten Heimkehrergesetzes". Denn die Bestimmungen, die ich eben erwähnte, sind in den Entwürfen der anderen Fraktionen auch enthalten. Aber das, was nun in dieser Ergänzung des Heimkehrergesetzes steht, das sind zum großen Teil Dinge, die bei einer guten Ausführung — und zwar einer dem Willen des Gesetzgebers entsprechenden Ausführung — des alten Heimkehrergesetzes gar nicht hätten geregelt zu werden brauchen. Wer hat denn die Arbeitsämter daran gehindert, die Heimkehrer in dem von ihnen erlernten Beruf zu vermitteln? Doch kein Mensch! Niemand hat sie daran gehindert; das war ja nicht verboten. So hätte man viele Dinge, die in diesem Entwurf stehen, einfach durch Erlasse des Bundesarbeitsministeriums regeln können. Andere Dinge aber, die in dem Entwurf stehen, sind sogar Einschränkungen des bisherigen Rechts und nicht Verbesserungen des bisherigen Rechts. Alle diese Dinge müssen im Ausschuß diskutiert und dort auch einer Regelung zugeführt werden.
    Aber wir haben noch ein besonderes Bedenken gegen eine erneute Novellierung des Heimkehrergesetzes. Denn, meine Damen und Herren, die alte Novelle zum Heimkehrergesetz ist ja bis heute noch nicht ausgeführt, und wir glauben, daß bei einer derartig nachlässigen Behandlung der Heimkehrerangelegenheiten auch das Schicksal dieser Novelle sehr zweifelhaft ist. Seit 18 Monaten warten wir auf die Richtlinien des Herrn Bundesinnenministers zum § 9 a der ersten Novelle, und seit 18 Monaten ist in der Frage, die von entscheidender Bedeutung für die Heimkehrer ist, die im öffentlichen Dienst standen oder in den öffentlichen Dienst eintreten wollen, nichts erfolgt. Wenn mit einer derartigen Einstellung an die Novellierung von Gesetzen herangegangen wird, brauchen wir uns, glaube ich, in dieser Richtung keine allzu große Mühe mehr zu machen.
    Ein entscheidender Punkt, der uns wiederholt beschäftigt hat, ist auch in dieser Novelle wiederum nicht geregelt, und zwar die Frage der auf deutschem Boden in ausländischem Gewahrsam befindlichen oder befindlich gewesenen Kriegsgefangenen. Obwohl der Gesetzgeber bei der ersten Novelle ausdrücklich durch die Streichung der Worte im Regierungsentwurf „im Ausland" zum Ausdruck gebracht hat, daß er auch die im Inland in Gefangenschaft geratenen Kriegsgefangenen mit in das Gesetz einbezogen wissen wollte, ist der Wille des Gesetzgebers in diesem Punkte mißachtet und — ich kann mich nicht anders ausdrücken — durch juristische Haarspaltereien umgangen worden. Ich sage ganz offen, daß wir gewisse Bedenken gegen die Ausführung des Heimkehrergesetzes durch die Arbeitsverwaltung von Anfang an gehabt haben und daß die Ereignisse uns in diesen Bedenken nur bestärkt haben.
    Frau Dr. Probst, Sie haben hier am 9. Oktober selber die Forderung nach einer Zentralstelle für die Heimkehrerbetreuung erhoben. Da haben Sie vollkommen recht gehabt, und ich kann diese Forderung heute nur unterstreichen und wünschen, daß sie in einer Form in Erfüllung geht, die uns
    eine gewisse Unabhängigkeit dieser Dinge von den Fachministerien sichert. Sie haben damals weiterhin erklärt, daß das Heimkehrergesetz allumfassend und komplex sei, weil die Ansprüche des Heimkehrers in alle Rechts- und alle Verwaltungsgebiete eingreifen, und daß man es nicht dem Heimkehrer überlassen dürfe, ob er physisch und seelisch überhaupt in der Lage sei, sich sein Recht bei den verschiedenen Behördenstellen — die sich zudem noch überschneiden — zu erkämpfen. Diesen Zustand zu beenden, das wäre eine Aufgabe der zweiten Novelle zum Heimkehrergesetz gewesen. Aber ich habe nichts in dieser Novelle gefunden, was diesen Zustand zu beenden geeignet wäre; es bleibt also alles so unbefriedigend, wie es ist, ja es wird sogar die Frage der Existenzaufbauhilfe, der Hausratshilfe und der Wohnungsbeschaffung hinsichtlich der Zuständigkeit nicht geregelt, so daß die Gefahr besteht, daß neben den Ausgleichsämtern nun auch noch die Arbeitsämter anfangen, sich mit dieser Materie, die ihnen ja vollkommen fremd ist, zu beschäftigen. Die vorliegende Novelle ist ein Torso und schließt die Lücken des Heimkehrergesetzes nur zu einem Teil. Es erscheint mir fraglich, ob der Ausschuß den Ausbau dieser Novelle zu einem brauchbaren Instrument, das den Namen „Zweites Heimkehrergesetz" dann wirklich verdient, in der Kürze der Zeit noch durchsetzen kann.
    Es erscheint mir insbesondere deshalb fraglich, weil Frau Dr. Probst im Namen ihrer Fraktion ja Anforderungen an ein Gesetz gestellt hat, die unerfüllbar sind für jemand, der das Gesetz zu machen hat. Sie hat wiederholt davon geredet, daß hier kollektiv, daß hier schematisch gesprochen würde. Ja, ein Gesetz ist nun einmal in der unangenehmen Lage, etwas schematisch regeln zu müssen. Man kann doch nicht für jeden einzelnen Fall ein Sondergesetz machen. Die hundertprozentig individuelle Regelung, die hier verlangt worden ist, gibt es nicht auf dem Wege der Gesetzgebung, sondern die kann nur im Wege der Ausführung mehr oder weniger erreicht werden. Wenn man aber an die Schaffung eines Gesetzes überspitzte Ansprüche stellt, wie das von Frau Dr. Probst gemacht worden ist, dann ist das nichts anderes, als wenn man die Schaffung eines derartigen Gesetzes von vornherein unmöglich macht und damit das Nein spricht, worauf der Kollege Euler mit Recht hingewiesen hat,


    (Merten)

    Frau Dr. Probst hat gesagt, das Schema, daß die Zeit das einzige Kriterium für die Regelung der Entschädigung sei, wäre unzureichend. Welches andere Kriterium will sie denn anwenden? Es ist doch ganz logisch, daß der, der zuletzt gekommen ist, die meisten Chancen in der Heimat verpaßt hat, und daß der, der 1950 gekommen ist, wesentlich übler daran ist als der, der schon 1945 die Möglichkeit hatte, sich in der Heimat wieder eine Existenz aufzubauen. Und es ist doch ganz logisch, daß die, die am längsten in Kriegsgefangenschaft waren, mehr bekommen müssen als die, die nur kurze Zeit darin waren. Denn wir wollen ja nicht Erlittenes, wir wollen ja nicht die Güte oder das Schlechte der Lagerküche in die Waagschale werfen, wenn wir Entschädigung zahlen, sondern das Geleistete — das einzige, was wir objektiv hundertprozentig einwandfrei feststellen können —, die in soundso viel Jahren und Tagen geleistete Arbeit. Da gibt es keine andere Möglichkeit und kein anderes Schema als das, was in den beiden Entwürfen der SPD und der FDP angewandt worden ist.
    Frau Dr. Probst sagt: Ja, die Abfindung durch Geld ist unpersönlich und kollektiv. Man kann sagen: leider oder man kann sagen: Gott sei Dank ist das Geld immer etwas Unpersönliches, und wir können ja nicht mit Ehrenurkunden oder ähnlichen Anerkennungen oder mit Orden diese Dinge bereinigen, sondern eben nur mit Geld, das selbstverständlich unpersönlich ist. Das ist kein Symbol, und das ist kein Ehrensold, sondern das ist eine Entschädigung für eine Leistung. Wir können dabei keine Rücksicht darauf nehmen, ob die Verhältnisse in den einzelnen Lagern schwierig waren oder nicht, weil das auf dem Wege der Gesetzgebung unmöglich geregelt werden kann.
    Wir müssen in diesem Gesetz ein einfaches und klares System wählen, und Ihr Vergleich mit den sozialpolitischen Gesetzen, die der Bundestag bereits verabschiedet hat, geht deswegen vollkommen an der Sache vorbei, weil es sich nämlich hier überhaupt nicht um ein sozialpolitisches Gesetz handelt. Aber ich frage Sie, wie hätten Sie das Bundesversorgungsgesetz denn verabschieden wollen, wenn Sie Ihre Anforderungen an die Verabschiedung dieses Gesetzes gestellt hätten und wenn Sie da nicht auch pro Erwerbsminderungsgrad ganz bestimmte Rentensätze festgesetzt hätten, ganz einerlei, ob der Betreffende außerdem noch anderes Leid und anderes schweres Schicksal zu tragen hat. Das können wir natürlich in einem derartigen Gesetz auf gar keinen Fall berücksichtigen.
    Wir haben das Gefühl, daß auch durch die Hereinziehung dieses Gesetzes in die Kette der sozialpolitischen Gesetze die Gefahr heraufbeschworen wird, eine Gruppe, beispielsweise die Kriegsopfer, gegen die andere, beispielsweise die Heimkehrer, auszuspielen, und dieser Gefahr möchten wir von vornherein vorgebeugt haben, abgesehen davon, daß die Soldatenverbände und die Kriegsopferverbände sich hinter dieses Gesetz gestellt haben.
    Ich möchte die Diskussion über das, was Frau Dr. Probst gesagt hat, hier im einzelnen nicht vertiefen. Wir werden im Ausschuß dazu noch genügend Gelegenheit haben. Ich habe nur eine Befürchtung: Wenn man mit dieser Einstellung der größten Partei dieses Hauses an dieses Gesetz herangeht, werden wir wahrscheinlich im Ausschuß mit derartigen Schwierigkeiten und Verzögerungen zu rechnen haben, daß mir allmählich doch die Sorge kommt, ob bei dieser Einstellung noch mit einer Verabschiedung des Gesetzes im Ausschuß zu rechnen sein wird. Es wird sehr darauf ankommen, von vornherein uferlosen Diskussionen wie auch überspitzten Anforderungen an dieses Gesetz zu begegnen, um nicht das Schicksal des gesamten Gesetzes zu gefährden.
    Zu dem Entwurf der FDP möchte ich nicht viel sagen. Er deckt sich ja weitgehend mit dem Entwurf, den wir selber eingereicht haben. Es ist nur eine kleine Panne darin, indem eine Rechtsverordnung übernommen wurde, für die die entsprechenden Vorbestimmungen nur bei unserem, aber nicht bei Ihrem Entwurf stehen. Aber das kann man sehr leicht beheben, wenn Sie unsere Existenzaufbauhilfe, unsere Haushaltsentschädigung und unsere Wohnraumhilfe auch in Ihren Entwurf übernehmen. Dann ist die Sache vollkommen in Ordnung.

    (Heiterkeit und Zurufe von der Mitte und rechts.)

    Bei einem Wettlauf um die Regelung der Heimkehrerfrage kann so etwas natürlich leicht vorkommen. Wir von der SPD haben volles Verständnis für die Eile, in der dieser Gesetzentwurf von der FDP und der DP vorgelegt worden ist. Wir haben das Verständnis, sage ich, auch dann noch, obwohl wir den Artikel kennen, den Herr Kollege Dr. Mende — den ich im Augenblick nicht sehe — in der „FDK" am 26. Mai veröffentlicht hat, in dem er schreibt, daß das Entschädigungsgesetz unmöglich bis zum 3. Juli 1953 verabschiedet werden könne,

    (Hört! Hört! links)

    und in dem er meint, daß dieser Auffassung auch diejenigen seien, die diesen Entwurf nun trotzdem eingereicht hätten. Meine Damen und Herren, dieser Auffassung waren wir eben nicht. Wir glaubten aus Gründen, die ich vorhin dargelegt habe, daß dieses Gesetz verabschiedet werden könne und verabschiedet werden müsse. Dazu gehört aber, daß man das auch will. Wir stellen unseren Zweifel an diesem guten Willen auch bei der Freien Demokratischen Partei sehr gern zurück, wenn wir durch die Art und Weise, in der diese Dinge im Ausschuß beraten werden, vom Gegenteil überzeugt werden.
    Den von Dr. Mende aber befürchteten parteipolitischen Mißbrauch mit diesem Gesetz im Wahlkampf können Sie sehr einfach verhindern, indem Sie nämlich diesem Gesetz zustimmen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Meine Freunde wären sehr froh, wenn sie über diese Frage im Wahlkampf überhaupt nicht mehr zu reden brauchten, weil dieses Gesetz von allen Parteien dieses Bundestages angenommen worden ist.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für restliche zwei Minuten Herr Abgeordneter Müller-Hermann. Dann ist die Rednerliste erschöpft, wenn ich recht sehe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Müller-Hermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Opfer, die die deutschen Kriegsgefangenen stellvertretend für das ganze deutsche Volk in der Gefangenschaft gebracht haben, lassen sich nicht allein in Zahlen und in


    (Müller-Hermann)

    Geldeswert zum Ausdruck bringen. Ich glaube, diese Wahrheit sollten wir auch bei den Beratungen über die vorliegenden Anträge und Gesetzentwürfe stets im Auge behalten. Wir haben im November des vergangenen Jahres einstimmig eine Entschließung angenommen, mit der die Vorlage eines Entschädigungsgesetzes gefordert wurde. Ich kann hier die Erklärung abgeben, daß meine politischen Freunde so wie damals auch heute zu dieser Entschließung stehen.
    Es scheint mir aber die Feststellung wichtig zu sein, über deren Richtigkeit wohl kaum ein Zweifel bestehen kann, daß die Heimkehrer im Rahmen der internationalen Regelungen, vor allen Dingen der Genfer Konvention, einen Rechtsanspruch auf Entschädigung haben und daß wir diesem Rechtsanspruch Rechnung tragen müssen. Auf der anderen Seite erweisen wir aber, glaube ich, den Heimkehrern selbst einen schlechten Dienst, wenn wir über die Schwierigkeiten der Finanzierung einfach hinwegsehen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Vor kurzem hat ein Vertreter dieses Hauses in der Öffentlichkeit erklärt, zur Finanzierung dieses Gesetzes sei nichts als der gute Wille notwendig. Ich glaube, damit macht man sich die Sache doch etwas zu leicht.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Bei der angespannten Finanzlage des Bundes wird es darauf ankommen, die sozialen Belange sehr sorgfältig abzuwägen und auch bei den Heimkehrern in erster Linie dort zu helfen, wo eine Not und wo die Notwendigkeit besteht, Existenzen aufzubauen und zu ordnen.
    Eine Reihe meiner Kollegen und ich selber haben den Gesetzentwurf der FDP und DP unterschrieben und unterstützt. Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, daß wir diesen Gesetzentwurf für die Beratungen im Ausschuß als eine Verhandlungsgrundlage anerkennen und ihn dort im positiven Sinne unterstützen werden.

    (Glocke des Präsidenten.)