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ID0127107400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 271. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Juni 1953 13397 271. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Juni 1953. Geschäftliche Mitteilungen 13398C, 13405A, 13414D Ergänzungen der Tagesordnung: Aufsetzung des Antrags betr. Genehmigung zur Zeugenvernehmung des Abg. Dr. Brill 13398C, 13440A Antrag auf Überweisung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (Nr. 4423 der Drucksachen) an den Haushaltsausschuß 13398D, 13444C Dr. Horlacher (CSU) 13398D Schoettle (SPD) 13398D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Nr. 4345 der Drucksachen) 13399A Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht 13399A Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abg. Frau Dr. Steinbiß, Pohle, Dr. Hammer, Frau Kalinke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Fragen des Hebammenwesens (Nr. 4351 der Drucksachen) . . . 13399A Frau Dr. Mulert (FDP), Antragstellerin 13399B Beschlußfassung 13400A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung und Ergänzung fürsorgerechtlicher Bestimmungen (Nr. 3440 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (Nr. 4371 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 956) 13400B Frau Niggemeyer (CDU), Berichterstatterin 13400B Renner (KPD) 13405B, 13407A, 13409B, 13411D Frau Döhring (SPD) 13408D Junglas (CDU) 13409B, 13411A Funcke (FDP) 13410A Striebeck (SPD) 13410A Abstimmungen . 13406D, 13408C, 13410A, 13412D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken (Nr. 4299 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Nr. 4377 der Drucksachen, Umdruck Nr. 946) 13413B Dr. Hammer (FDP) 13413B Abstimmungen 13413B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Bundesevakuiertengesetzes (Nr. 4180 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (Nr. 4380 der Druck- sachen, Umdrucke Nrn. 963, 965, 966) . 13413C Frau Nadig (SPD), Berichterstatterin 13413D Freiherr von Aretin (FU) 13414D Frau Strobel (SPD) . . . . 13415B, 13415C Gundelach (KPD) 13416B Huth (CDU) . . . 13415B, 13416C, 13418A Dr. Hammer (FDP) . . . 13417B, C, 13418D Frau Dr. Steinbiß (CDU) 13418D Abstimmungen 13415C, 13419A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (Nr. 3232 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Nr. 4397 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 955) 13419B Frau Dr. Steinbiß (CDU), Berichterstatterin 13419B Abstimmungen 13421A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Abg. Günther, Frau Dr. Weber (Essen) u. Gen. betr. Schußwaffengebrauch im Zolldienst (Nrn. 4254, 3914 der Drucksachen) 13421B Gleisner (SPD), Berichterstatter . 13421C Günther (CDU) 13421D Jacobs (SPD) 13422A, 13424C Dr. Schillinger, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finan- zen 13423B Dr. Mende (FDP) 13424A Beschlußfassung 13425B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Leistungen an ehemalige deutsche Kriegsgefangene (Zweites Heimkehrergesetz) (Nr. 4316 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der SPD, FU, den Abg. Merten, Frau Hütter u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4318 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der FDP, DP u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4446 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4426 der Drucksachen) 13425B Frau Dr. Probst (CDU), Antragstellerin 13425C, 13431A Merten (SPD), Antragsteller 13427A, 13436A Storch, Bundesminister für Arbeit 13428C Frau Hütter (FDP) 13428D Löfflad (DP) 13430B Euler (FDP) 13433D, 1343913 Müller (Frankfurt) (KPD) 13434B Ribbeheger (FU) 13435C Müller-Hermann (CDU) 13438D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen und an den Haushaltsausschuß 13439D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zur Zeugenvernehmung des Abg. Dr. Brill (Nr. 4453 der Drucksachen) . . . 13398C, 13440A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 13440A Beschlußfassung 13440B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Abg. Kuntscher, Schütz, Dr. Götz u. Gen. betr. Verbilligte Bahnfahrten für Heimatvertriebene und Flüchtlinge (Nrn. 4350, 3963 der Drucksachen) 13440B Dr. Mücke (SPD), Berichterstatter 13440B Beschlußfassung 13440C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 945) 13440C Beschlußfassung 13440C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU betr. berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nm. 4366, 4328 der Drucksachen) 13440C Kemmer (CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 13445 Frau Thiele (KPD) 13440D Priebe (SPD) 13442A ( Frau Dr. Brökelschen (CDU) . . 13443D Beschlußfassung 13444C Nächste Sitzung 13444D Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU betr. berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nr. 4366 der Drucksachen) 13445 Die Sitzung wird um 9 Uhr 6 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 271. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, FU (BP-Z) betreffend Berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nrn. 4366, zu 4366, 4328 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Kemmer Die Ausschüsse für Fragen der Jugendfürsorge und für gesamtdeutsche Fragen haben in einer gemeinsamen Sitzung den interfraktionellen Antrag über die berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der Jugendlichen, die aus der Sowjetzone geflohen sind, in der Form einstimmig angenommen, wie sie der Mündliche Bericht wiedergibt. Um das Problem zu kennzeichnen und schärfer zu umreißen, erscheinen einige Vorbemerkungen allgemeiner Art angebracht. In diesem Jahre sind im Januar über 2000, im Februar 2257, im März 4738, im April 4551, im Mai 3011 und vom 1. bis zum 7. Juni 972 Jugendliche von Berlin ausgeflogen worden. Seit Mitte Mai standen weniger Flugzeuge für diesen Zweck zur Verfügung. Daher geben die beiden letztgenannten Ziffern kein genaues Bild über die Gesamtzahl, da noch nicht alle Jugendlichen von Berlin ausgeflogen werden konnten. Schon rein zahlenmäßig steht man hier vor einer Aufgabe, die mit den üblichen Hilfsmaßnahmen nicht mehr gemeistert werden kann. Dazu kommt, daß diese Jugendlichen, geprägt durch das Sowjetsystem, nach nachhaltigen Erlebnissen unter diesem Regime, einsam und unerfahren, Opfer vieler Enttäuschungen, die auf überspannte Erwartungen folgten, einer besonderen Betreuung bedürfen, die geeignet ist, ihre menschliche, berufliche und gesellschaftliche Eingliederung zu bewirken und zu gewährleisten. In diesen Jugendlichen darf nicht das Gefühl entstehen, als ginge es ihnen heute besser, wenn sie bessere FDJler gewesen wären. Um eine gute Eingliederung zu erreichen, schlägt der Ausschuß zwar keine Patentlösung vor; wohl aber bietet der Antrag eine Fülle von Möglichkeiten dar, die je nach Art der Jugendlichen, nach den örtlichen Gegebenheiten und nach den Möglichkeiten der verschiedenen Trägergruppen ausgeschöpft werden können. Nur die wichtigsten Gesichtspunkte sollen erläutert werden. Zunächst waren die Ausschüsse sich einig in der Forderung, den Aufenthalt der Jugendlichen in Berlin so kurz wie irgend möglich zu halten. Unverzüglich soll ein zentrales Jugendlager eingerichtet werden, um es den Jugendlichen zu ersparen, von Stelle zu Stelle quer durch Berlin fahren und die verschiedenen Punkte passieren zu müssen, die zur Abwicklung des Aufnahmeverfahrens vorgesehen sind. Bis zur Schaffung eines zentralen Jugendlagers soll sich das ganze Notaufnahmeverfahren in den vorhandenen Jugendlagern abwickeln. In den Berliner Lagern sowohl wie in den Jugendauffanglagern Sandbostel und Westertimke ist die Zahl erfahrener Jugendbetreuer auf 1 : 15 zu erhöhen; desgleichen ist für eine ausreichende Zahl von Berufsberatern und Jugendvermittlern Sorge zu tragen. Zu diesem Zweck sind die in allen Lagern tätigen Lagerdienste der Jugendverbände, die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, die den Jugendlichen im Lager eine große Hilfe bedeuten, zu unterstützen und zu fördern. Auch in den Auffanglagern der Bundesrepublik soll der Aufenthalt möglichst kurz sein. Der Ausschuß warnt mit Nachdruck und mit allem Ernst vor der Täuschung, als ob mit der Vermittlung der Jugendlichen in irgendeine Arbeit das Problem gelöst sei. Man weiß, daß der weitaus größte Teil der Jugendlichen berufsfremd in die Landwirtschaft und den Bergbau vermittelt wird, wo sehr bald, oft schon nach den ersten Tagen die Fluktuation einsetzt und die Hälfte der Jugendlichen davonläuft. Weiter ist bekannt, daß mit der Vermittlung in den Beruf nach allen, was diese jungen Menschen an Leiden und Enttäuschungen erlebt haben, noch keineswegs eine gesellschaftliche oder gar staatspolitische Eingliederung vollzogen ist. Daher schlägt der Ausschuß nach dem Lageraufenthalt für solche Jugendliche, die nicht sofort den normalen und naturgegebenen Weg der Familienzusammenführung und der echten Vermittlung in den erlernten oder gewünschten Beruf unter gleichzeitiger Unterbringung in einem Jugendwohnheim oder bei einer guten Familie gehen können, in Gestalt einer Zwischenstufe verschiedene Lösungen bis zur endgültigen Eingliederung vor. Die Reihenfolge der Aufzählung dieser Hilfen bedeutet nun, wie ausdrücklich betont sei, nicht etwa eine Rangfolge oder einen verschiedenen Grad der Wertung; vielmehr handelt es sich um Möglichkeiten, die je nach der Art der Jugendlichen, nach den örtlichen Verhältnissen und nach den Bedingungen bei den verschiedenen Trägergruppen ausgeschöpft werden (Kemmer) können. Auch dazu nur einige kurze Erläuterungen. Den Jugendgemeinschaftswerken, von denen in Punkt 1 und 2 die Rede ist, obliegt eine doppelte Aufgabe: sie sollen einmal die geistige Akklimatisierung an die Arbeits- und Lebensbedingungen der westlichen Welt erleichtern, sie sollen zum zweiten die Eingliederung in den Arbeitsprozeß und in eine möglichst passende Arbeitsstelle, also eine individuelle Berufsvermittlung gewährleisten, die oft erst durchführbar ist, wenn man einen Jugendlichen schon länger kennt. Für Jugendliche, die in die Landwirtschaft vermittelt werden können, wohlgemerkt: in freie Stellen, da uns ja nicht damit gedient ist, künstlich Arbeit zu schaffen, ist die Einrichtung von Jugendgemeinschaftswerken von besonderer Bedeutung. Zwei Möglichkeiten haben sich hierbei bewährt: Zunächst da, wo es notwendig erscheint, die Unterbringung kleiner Gruppen in Heimen, von denen aus die Jugendlichen beim Bauern arbeiten; ferner dort, wo es möglich ist, die Unterbringung von Jugendlichen in Familien. In beiden Fällen ist entscheidend, daß sozialpädagogisch geschulte Betreuer den einzelnen Jugendlichen in allen einschlägigen Fragen beraten und überhaupt die Vermittlerrolle zwischen Jugendlichen und Bauern und zwischen Jugendlichen und den Behörden übernehmen. Für die in Jugendgemeinschaftswerken untergebrachten Jugendlichen übernimmt diese Funktion der Heimleiter, für die in Familien Untergebrachten, die ein offenes Gemeinschaftswerk bilden sollen, sollte auf etwa 25 bis 30 Jugendliche ein sozialpädagogisch geschulter Betreuer kommen, der diese Aufgaben wahrnimmt. Nach den gleichen Grundsätzen sollte auch die in die Hauswirtschaft vermittelte weibliche Jugend betreut werden. Nur so kann es gelingen, die verhängnisvolle und unerträgliche Fluktuation vor allem der berufsfremd in die Landwirtschaft und Hauswirtschaft vermittelten Jugendlichen zu verhüten und sie etwa nach einem halben Jahr in den erlernten, gewünschten oder zumindest zumutbaren Beruf zu vermitteln. Um aber die zweckmäßige und endgültige Unterbringung zu fördern und zu erleichtern, ist es unerläßlich, bei allen Landesarbeitsämtern eine zentrale Kartei einzurichten und durch eigene Berufsberater und Jugendvermittler den Jugendlichen mit Hilfe der verschiedenen Überbrückungsmaßnahmen eine zuverlässige Berufsvermittlung zu gewährleisten. Manche Sonderprobleme entstehen für Schüler und Studenten, für Jugendliche mit abgebrochener Lehrausbildung, für die weibliche Jugend und für reine Sozialfälle. Für diese Gruppen müssen die Richtlinien weiter gefaßt werden; es gilt, die Ausbildung zu sichern. Schülern höherer Lehranstalten muß in Internatsoberschulen die Möglichkeit zum Abitur gegeben werden, da in den meisten Fällen kein Schulsystem und kein Lehrplan anwendbar ist. Abiturienten, die die Reifeprüfung nach 1951 bestanden haben und deren Abitur nicht anerkannt wird, soll durch besondere Einrichtungen Gelegenheit zur Erlangung der Universitätsreife geboten werden. Für Studierende muß ein Weg zur Finanzierung der ersten beiden Semester gefunden werden, da nach dem bisherigen System erst dann Stipendien gewährt werden können. Für Jugendliche am Ort der endgültigen Eingliederung sind im Antrag eine Reihe von Hilfen vorgesehen, die die Eingliederung erleichtern sollen. Von besonderer Bedeutung ist Punkt 4. Darin wird die Bundesregierung ersucht, einen Aufruf an den Bundesjugendring und die Jugendverbände zur Aufnahme aller Jugendlichen aus der sowjetischen Besatzungszone in Jugendgruppen und an die Bevölkerung zur Übernahme von Patenschaften durch einheimische Familien zu erlassen. Die Gelassen- heit und Teilnahmslosigkeit weitester Kreise der Bevölkerung und der Öffentlichkeit am Schicksal dieser Jugend ist eine ebenso große Gefahr wie die Verkennung der Probleme und die irrtümliche Meinung, es sei ja schon alles getan. Der Bundesjugendring hat bereits einen Aufruf an die ihm angehörenden Verbände erlassen. Es bedarf aber noch eines Appells an die gesamte Öffentlichkeit, der das große Anliegen an alle Schichten des Volkes heranträgt. Weiter wird die Bundesregierung ersucht, zur Finanzierung aller vorgeschlagenen Maßnahmen die Möglichkeiten des AVAVG und des Gesetzes zur Änderung des AVAVG sowie andere finanzielle Hilfen wie Lastenausgleich, Sondermittel zur Eingliederung von Sowjetzonenflüchtlingen, sozialer Wohnungsbau usw. voll auszuschöpfen und durch geeignete Maßnahmen für eine zweckmäßige Koordinierung der Mittel zu sorgen. In diesem Zusammenhang hat man es im Ausschuß sehr beklagt — und alle Praktiker haben es bestätigt —, daß das Labyrinth von Verordnungen und Zuständigkeiten nachgerade undurchdringlich und die Beherrschung der Materie zu einer Wissenschaft besonderer Art geworden ist. Daher wird die Bundesregierung besonders eindringlich gebeten, zu allen im Antrag verlangten Maßnahmen Erlasse und Richtlinien herauszugeben, die es den Trägern und den Heimleitern erlauben, ohne Zuziehung von Spezialgelehrten ihre Anträge wenn irgend möglich an nicht allzu viele Instanzen zu stellen. Die Schwierigkeit liegt in den verschiedenen Sozialgesetzen, durch die eben verschiedenartige Gleise gelegt werden. Aber vielleicht gelingt durch eine richtige Weichenstellung auf dem Verwaltungswege doch eine Koordinierung. Der Ausschuß richtet an die Bundesregierung schließlich die dringende Bitte, sich bei der Ausarbeitung der Richtlinien der Erfahrungen der Trägergruppen zu bedienen, die bisher diese Arbeit geleistet haben, und angesichts der Dringlichkeit des Problems dem Bundestag Planung und Richtlinien bis zum 30. Juni vorzulegen. Bonn, den 12. Juni 1953 Kemmer Berichterstatter
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    Rede von Margarete Hütter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Herr Kollege Merten hat soeben den Initiativgesetzentwurf der SPD und FU begründet, den ich selber mit unterschrieben habe. Er hat sich dabei ,auf den einmütigen Beschluß des Bundestags vom November vorigen Jahres berufen, den wir seinerzeit in der Absicht gefaßt haben, das Ent-


    (Frau Hütter)

    schädigungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Es kann sich somit nicht um einen Propagandaantrag kurz vor den Neuwahlen des Bundestags handeln; denn die Vorarbeiten für die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs gehen bis auf den Herbst 1951 zurück, und manche der in den Gesprächen mit den Ministern geäußerten Ideen sind in den Vorlagen der Parteien verwirklicht worden.
    Wenn Sie sich 'außerdem recht entsinnen, wissen Sie, daß ich meinen Antrag vom vorigen September, der dem Beschluß des Bundestags vorangegangen war, befristet habe, um ganz sicher zu gehen, daß das Gesetz, dessen Vorlage der Bundestag von der Regierung gefordert hat, auch tatsächlich zur Verabschiedung kommt. Der von mir geforderte Termin zur Vorlage konnte nicht eingehalten werden. Daß aber sieben Monate vergehen würden, ohne daß die Regierung den Beschluß des Parlaments ausführen würde, haben weder die Antragsteller noch 'die Mehrheit des Parlaments erwartet.

    (Abg. Pohle: Sehr richtig!)

    Es war daher nicht möglich, noch länger zu warten Was den Stichtag angeht, Herr Minister, so hätte man sich darüber im Ausschuß unterhalten können. Das ist nicht ein Hindernis für die Beratung und die Verabschiedung eines solchen Gesetzes gewesen. Das Parlament mußte initiativ werden, und ich freue mich, daß zu dem Antrag der SPD, FU und der Kollegen Merten, Hütter der Antrag meiner Fraktion Drucksache Nr. 4446, der im wesentlichen mit der anderen Vorlage übereinstimmt und den die DP mit unterzeichnet hat, gekommen ist. Die Unterschiede zwischen den vorliegenden Entwürfen beziehen sich hauptsächlich auf Formalien. Ich 1 brauche auf den Inhalt nicht weiter einzugehen.
    Wie mir nun der Vorsitzende des Kriegsopferausschusses, Herr Kollege Pohle, mitgeteilt hat, wird die Beratung der Parlamentsvorlagen sofort in Angriff genommen werden, so daß meine Befürchtung, wir könnten das Entschädigungsgesetz in diesem Bundestag nicht mehr verabschieden, wegfällt. Ich habe geglaubt, dieser Befürchtung in der Öffentlichkeit Ausdruck geben zu sollen, weil ich keine unerfüllbaren Hoffnungen erwecken wollte. Ich bin glücklich, daß dieser Bundestag, der die Entschädigung an andere Geschädigtengruppen bereits bejaht hat, sich durch diese Vorlagen zur Wiedergutmachung auch an diesen Opfern des verlorenen Krieges, den ehemaligen Kriegsgefangenen, bekennt und dieses Bekenntnis noch in die Tat umsetzen will. Es wäre für immer ein Odium gewesen, wenn wir die Angelegenheit dem nächsten Bundestag überlassen hätten.
    Mein besonderer Dank geht in diesem Zusammenhang an die Presse, die die Öffentlichkeit immer wieder auf die Notwendigkeit der Anerkennung der Entschädigung für die ehemaligen Kriegsgefangenen hingewiesen hat und damit psychologisch vorbereiten geholfen hat, was wir jetzt realisieren wollen.
    Der Personenkreis, der von diesem Gesetz erfaßt wird, beläuft sich nach vorliegenden Schätzungen auf 1 Million. Daran hängen 3 Millionen Familienangehörige, was zusammen 4 Millionen Menschen ausmacht, 4 Millionen Menschen der jungen Generation, also der Aktivsten unseres Landes, die das schwerste Schicksal erlebt haben. Daß die Einstellung dieses Personenkreises zum Staat und zu unserer Demokratie von ganz großer
    Bedeutung ist, ja daß sie für die Existenz dieses Staates sogar von ausschlaggebender Bedeutung ist, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Wenn diese Menschen ihren Kindern etwa sagen müßten, daß ihre Leistungen gegenüber dem Vaterland keine Anerkennung finden, daß es sich 'deshalb auch nicht lohnen würde, für Europa zu kämpfen, daß sie enttäuscht werden würden, dann müßte die Verantwortung für eine solche Haltung diesem Bundestag zugeschoben werden.

    (Abg. Albers: Nicht übertreiben!)

    Die Entschädigung als Anerkennung für die stellvertretend für das ganze deutsche Volk gebrachten Opfer — ich zitiere hier noch einmal den Herrn Bundespräsidenten — scheint mir ein Mittel zu sein, die Heimkehrer an diesen Staat heranzuführen, da sie den arbeitswilligen und heute noch arbeitslosen Kräften, jenen Kräften, die ein gut Teil unserer nationalen Substanz ausmachen, die Schaffung einer Existenz ermöglicht.
    Das gleiche Schicksal in der Kriegsgefangenschaft darf auch keine unterschiedliche Behandlung durch das Gesetz zur Folge haben. Gerade dieser Gedanke aber steckt in dem Antrag der CDU, der nur nach dem zufälligen Gesichtspunkt der augenblicklichen sozialen Lage entschädigen will, während die anderen Anträge dem Unrecht, das unseren Kriegsgefangenen durch die völkerrechtswidrige Behandlung widerfahren ist, Rechnung tragen.
    Es wäre einfach kurzsichtig, wenn man diese Opfer willkürlicher Terrormaßnahmen, diese wichtigsten Propagandaträger für eine Abwehrbereitschaft Europas, vor den Kopf stieße. Denn auch andere Länder haben das Opfer des ehemaligen Kriegsgefangenen erkannt. Amerika, das soviel reicher ist als Deutschland, kann jedem seiner Kriegsgefangenen für die Dauer seiner Gefangenschaft den Wehrsold zahlen. Der deutsche Heimkehrer erwartet dies von seinem verarmten Vaterlande nicht; aber er erwartet die Anerkennung, die es ihm ermöglicht, eine Existenz zu schaffen und am Wiederaufbau Deutschlands teilzunehmen. Dieser Wunsch war sein schönster und meistgeträumter Traum in den langen schlaflosen Nächten der Kriegsgefangenschaft. Und nun sind wir da, wo es möglich ist, daß ein 56jähriger, seit drei Jahren in der Heimat anwesender arbeitsloser Heimkehrer schreiben muß:
    Ich habe 17 Jahre meines Lebens dem Vaterland in zwei Weltkriegen opfern müssen, obwohl ich nur Reservist war. Für diese 17 Jahre ist dieses Vaterland nicht bereit, auch nur einen winzigen Bruchteil seiner sittlichen Verpflichtung zu erfüllen.

    (Abg. Albers: Das ist doch unsinnig, Gott noch mal!)

    Dieser Mann wohnt in einem Gebiet der Bundesrepublik, wo wie in Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein bis zu 70 % der Heimkehrer arbeitslos sind, ein Zeichen, daß wir handeln müssen, und zwar so schnell wie möglich.
    Es freut mich besonders, in diesem Zusammenhang feststellen zu können, daß alle Vorlagen des Bundestages eine Existenzaufbauhilfe bis zu 35 000 DM vorsehen und der Notwendigkeit der Gewährung solcher Darlehen Rechnung tragen.
    Seit drei Jahren kämpfe ich nun um die Anerkennung der Entschädigung für ehemalige Kriegsgefangene. Ich erinnere an die erste Diskussion im


    (Frau Hütter)

    Ausschuß für Kriegsopferfragen im Sommer 1950 bei der Beratung zum Heimkehrergesetz. Und immer noch steht die Erfüllung dieser so berechtigten Forderung aus. Noch vor einem Dreivierteljahr, als ich abermals die Frage anschnitt, ware meiner Auffassung nach der Zeitpunkt dagewesen, dieses Gesetz zu verabschieden. Sie sehen also, es handelt sich wahrhaftig nicht um einen Wahlschlager, auch nicht um eine parteipolitische Angelegenheit,

    (Abg. Albers: Das scheint mir aber doch!)

    sondern hierbei geht es meiner Meinung nach um eine selbstverständliche Verpflichtung des deutschen Volkes. Ihr nachzukommen, bedeutet doch die Gewinnung des betroffenen Geschädigtenkreises zu einer staatsbejahenden Haltung aus eigenem und freudigem Antrieb.
    Der Ausgleich der Lasten aber ist nicht nur zwischen Flüchtlingen und Einheimischen, zwischen Fliegergeschädigten und den noch einmal Davongekommenen ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern ebensosehr zwischen dem zur Fronarbeit gezwungenen und dem frei gebliebenen Teil der Nation. Die Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft sind wie die Opfer der Konzentrationslager die tragischsten Figuren der Politik des Dritten Reiches.

    (Sehr gut! rechts.)

    Es ist dem Verantwortungsgefühl der Heimkehrer zu verdanken, daß sie diese ihre Entschädigungsforderung auf 1 bzw. 2 DM pro Tag der Gefangenschaft beschränken. Als einzige aller Geschädigtengruppen haben sie von Anfang an erklärt, daß sie in dem Maße bereit sind, von ihrer Forderung zurückzutreten, in dem andere Geschädigtengruppen dies tun. Mehr kann sich eine Regierung von ihren Staatsbürgern nicht wünschen.
    Dieser Bundestag hat sich durch seinen Beschluß und die vorliegenden Anträge, wozu ich die Zweite Novelle zum Heimkehrergesetz rechne, die meine Fraktion ebenfalls für notwendig erachtet, für die Entschädigung entschieden. Es wird die Aufgabe des Kriegsopferausschusses sein, diese Parlamentsvorschläge unter Berücksichtigung gewisser Unebenheiten, die zwischen diesem Gesetz und anderen in der letzten Zeit verabschiedeten Gesetzen bestehen könnten — hierzu gehört die Begriffsdefinition des Wortes „Sowjetzonenflüchtling", die an das Vertriebenengesetz angepaßt werden muß —, zu beraten und das Beste daraus zu machen.
    Ich beantrage deshalb Überweisung an den Kriegsopferausschuß. Ich wiederhole dabei, was ich in der Öffentlichkeit von jeher vertreten habe, daß der für dieses Gesetz notwendige Aufwand im Verteidigungsbeitrag angerechnet werden sollte.

    (Beifall rechts.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Löfflad.

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    Rede von Hans Löfflad


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute das Problem der Heimkehrer behandeln, so möchte ich zunächst feststellen, daß meine Fraktion schon von eh und je auf dem Standpunkt stand,

    (Zurufe von der Mitte und links)

    die Forderung der Heimkehrer als Rechtsanspruch anzuerkennen. Das geht einwandfrei aus der Erklärung meines Kollegen T o b a b en im Oktober vergangenen Jahres hervor, in der er in diesem Hohen Hause sagte, man solle das eine tun und
    das andere nicht lassen. Wir befürchteten jedoch, daß man falsche Hoffnungen erwecke, um Zeit zu gewinnen, und jetzt nur leere Versprechungen mache. Das könnte zu einem Wahlschlager führen, was wir für alle Kriegsopfer, nicht nur für die Heimkehrer, ablehnten. Aus diesem Grunde haben wir auch den Antrag Drucksache Nr. 4426 eingebracht, den wir nun, nachdem es gelungen ist, eine breite Basis und die Gewähr für die tatsächliche Verabschiedung eines Heimkehrergesetzes zu schaffen, zurückgegzogen haben. Allerdings stehen wir nach wie vor zu dem, was die Punkte 2 und 3 dieses Antrages besagen.
    Alle übrigen Bedenken und Vorwürfe, die jetzt noch erhoben werden, weisen wir mit Entschiedenheit zurück. Wenn man z. B. davon spricht, wir seien nun auch dem Druck eines Interessenverbandes gewichen, so muß doch festgestellt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß man nicht gut von einem Druck von Interessenverbänden sprechen kann, wenn dieser Bundestag im Oktober vergangenen Jahres einstimmig beschlossen hat, dieses Gesetz zu verabschieden.
    Man operiert auch mit dem Argument, es handle sich um radikale Interessenverbände. Nun, dieses Argument glaube ich mit nichts besser widerlegen zu können als mit den Worten des Vorsitzenden dieses Heimkehrerverbandes, der am vergangenen Freitag in Stuttgart auf einer Kundgebung erklärte:
    Wir werden diese Heimat lieben, selbst wenn sie uns enttäuschen sollte, und wir werden niemals radikal werden.
    Das sind nicht Worte, die nach Radikalismus aussehen, sondern das sind Worte, die aus dem Herzen und aus unvergänglicher Liebe zu einer Heimat, die Deutschland heißt, entsprungen sind. Aber wenn diese Menschen, die in unvergänglicher Liebe und treu an dieser Heimat hängen, für die sie gedarbt, gelitten und geopfert haben, enttäuscht würden, müßten wir schlechte Vertreter dieses Volkes und dieser Heimat sein. Ich glaube, daß es, wenn in diesem Parlament die Kriegsgeneration stärker vertreten wäre, als es der Fall ist, nicht zu Auseinandersetzungen über diese Frage hätte zu kommen brauchen.
    Was die finanziellen Auswirkungen anlangt, so glauben wir von der Deutschen Partei, daß die Heimkehrer die letzten sind, die nicht einsehen würden, daß von der zerschlagenen und aus allen Wunden blutenden Heimat Unmögliches nicht verlangt werden kann, und das tun sie wahrlich auch nicht. Man sollte es unterlassen, nur dann vom Dank des Vaterlandes zu sprechen, wenn dieser Dank nichts kostet.
    Das Argument, dieser Bundestag könne nicht die kommenden Haushalte vorbelasten, ist sehr dürftig, denn wir haben viele Gesetze beschlossen, die Milliardenbeträge erfordern und die auch die kommenden Haushalte belasten. Wenn man diesen Standpunkt einnimmt bei der Beratung der Entschädigung für die ehemaligen Kriegsgefangenen, dann hätte man sich das auch überlegen sollen, als wir den Israel-Vertrag verabschiedeten. Der Bundestag hat sich, als er einstimmig den Beschluß faßte, ein Heimkehrergesetz zu schaffen, zweifellos doch auch darüber Gedanken gemacht, wie die Deckung dafür aufzubringen ist.
    Meine Fraktion steht auf dem Standpunkt, daß in erster Linie das Entschädigungsgesetz verab-


    (Löfflad)

    schiedet werden muß, daß dies nicht unter Zeitdruck geschehen darf und daß selbstverständlich auch das andere nicht unterlassen werden soll, d. h. in der Zweiten Novelle die Ansprüche der Heimkehrer so zu befriedigen, wie es die Aufgabe dieses Bundestages ist.

    (Beifall bei der DP.)