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    Deutscher Bundestag — 268. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1953 13173 268. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. Juni 1953 Geschäftliche Mitteilungen . . . 13177A, 13178C, 13189D, 13215D, 13226C, 13227C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Luchtenberg 13177A Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für eingehende Fragen 13177B Fragestunde (Nr. 4383 der Drucksachen) 13177A 1. betr. Einsatz umgebauter Güterwagen bzw. überalterter Wagen im Personenverkehr auf Nebenstrecken der Bundesbahn: Hoffmann (Lindlar) (FU), Anfragender 13177B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 13177B, C 2. betr. Teilnahme des Bundeskanzlers und Außenministers bzw. des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts an Sitzungen des Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten: Dr. Luetkens (SPD), Anfragender 13177C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . 13177D, 13178A 3. betr. Herausgabe eines Weißbuchs über Verurteilungen und Strafen von als „Kriegsverbrecher" im Westen in Haft befindlichen Deutschen: Zurückgezogen 13178A 4. betr. Konvention Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte: Frau Dr. Ilk (FDP), Anfragende 13178A, B, C Storch, Bundesminister für Arbeit 131'78B, C 5. betr. Freigabe beschlagnahmter Häuser, eines Industrieunternehmens und beschlagnahmten Landes in der Gemeinde Groß-Auheim (Kreis Hanau): Müller (Frankfurt) (KPD), Anfragender 13178D, 13179B Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13178D, 131'79B 6. betr. Zwischenfall in Spangdahlem, Kreis Wittlich, und Verhinderung von Gewalttaten und Überfällen von Besatzungsangehörigen und Hilfsfreiwilligen auf wehrlose Deutsche: Niebergall (KPD), Anfragender 13179C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 13179C, D 7. betr. Beschlagnahme von Acker- und Wiesengelände der Gemeinden Ingelheim und Gaulsheim für militärische Zwecke: Niebergall (KPD), Anfragender 13180A, B Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13180A, B 8. betr. Verpflichtung der Bundesregierung nach dem ehemaligen Reblauskassengesetz gegenüber den Winzern in Rheinland-Pfalz, Hessen und BadenWürttemberg: Niebergall (KPD), Anfragender . . 13180B, D Dr. Dr. h. c. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 13180C, 13181A 9. betr. Weiterbestehen der französischen Briefzensur: Müller (Frankfurt) (KPD), Anfragender 13181A Dr.-Ing. e. h. Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 13181A 10. betr. Entschädigung der Bauern im Landkreis Rastatt für Beschlagnahme von Land zur Errichtung eines Flugplatzes: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 13181C, D Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13181C, 13182A 11. betr. Ausstattung der Quellwasserzuführungsleitungen in Baden-Baden mit Minenkammern: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 13182A Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13182B 12. betr. Rückgabe der für das V2-Werk in Raderach vom Reich beschlagnahmten land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke an die Eigentümer: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 13182B, 13183A Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13182D, 13183B 13. betr. kritische Lage der Neustadtsiedlung in Moosburg: Reitzner (SPD), Anfragender . . 13183B, C Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13183B 14. betr. beabsichtigte Schließung des Eisenbahnausbesserungswerks in Konz bei Trier: Jacobs (SPD), Anfragender 13183D, 13184A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 13183D, 13184A 15. betr. Mittel für die Heimfahrt an der Grenze aufgegriffener Deutscher vor dem Abtransport in die Fremdenlegion: Jacobs (SPD), Anfragender . . . . 13184A Bleek, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 13184B 16. betr. Altersversorgung und beamtenrechtliche Ansprüche von Personen, die ihren Wohnsitz im Bundesgebiet erst nach dem 23. September 1949 genommen haben: Meyer (Hagen) (SPD), Anfragender 13184C Bleek, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 13184D 17. betr. Entwicklung des Berufskrankenrechts nach dem Erlaß der Fünften Berufskrankheiten-Verordnung: Meyer (Hagen) (SPD), Anfragender 13185A Storch, Bundesminister für Arbeit 13185A 18. betr. Rückwirkung der Entschädigung für Berufskrankheiten nach der Fünften Berufskrankheiten-Verordnung: Meyer (Hagen) (SPD), Anfragender 13185B, D Storch, Bundesminister für Arbeit 13185C, 13186A 19. betr. Frage der Zustimmungsbedürftigkeit der Zusatzprotokolle zum Bonner Vertragswerk durch das Parlament: Dr. Reismann (FU), Anfragender 13186A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 13186B 20. betr. Umsatzsteuerfreiheit der für den Rundfunk tätigen Journalisten: Müller-Hermann (CDU), Anfragender 13186C, D Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13186C 21. Vorlage des Heimkehrerentschädigungsgesetzes: Parzinger (FU), Anfragender . . . 13187A Storch, Bundesminister für Arbeit . 13187A 22. betr. widerrechtliche Verwertung des deutschen Warenzeichens „4711" in England und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika: Ritzel (SPD), Anfragender 13187A, 13188A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 13187B, 13188A 23. betr. Auftragserteilung an Arbeitsgemeinschaften von Handwerkern und Befreiung der Innenumsätze solcher Arbeitsgemeinschaften von der Umsatzsteuer: Ritzel (SPD), Anfragender . . . . 13188A, D Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13188B 24. betr. Vereinbarung der Verwendung von britischen Telephon-Abhörberichten bei parteiinternen Auseinandersetzungen mit dem Art. 10 des Grundgesetzes: von Thadden (Fraktionslos), Anfragender 13189A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 13189A 25. betr. Beweise für die Erklärung des Bundeskanzlers über die Finanzierung des sogenannten „Naumann-Kreises" vom westlichen Ausland bzw. vom Osten: von Thadden (Fraktionslos), Anfragender 13189A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 13189B 26. zurückgestellt 13189B 27. betr. Personenbeförderungsgesetz: Müller-Hermann (CDU), Anfragender 13189B, C, D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 13189B, C 28. betr. vorläufige Unterstützung der Angehörigen von den Alliierten verurteilter Deutscher bzw. Hinterbliebener: Frau Hütter (FDP), Anfragende . . 13189D, 13190B Storch, Bundesminister für Arbeit 13190A, B 29. betr. außerordentliche Beihilfen für bedürftige Personen aus Anlaß des Wegfalls der Konsumbrotsubventionen: Renner (KPD), Anfragender 13190B, 13191A Bleek, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 13190C, 13191B 30. betr. Freitod des schwerkriegsbeschädigten Amtsdieners Josef Leppig aus Marktheidenfeld auf Grund eines Vorfalls bei einer versorgungsärztlichen Nachuntersuchung: Renner (KPD), Anfragender 13191B, 13192A Storch, Bundesminister für Arbeit 13191C, 13192A 31. betr. Mieterhöhung für die sogenannten Reichsmietwohnungen auf Sylt: Gundelach (KPD), Anfragender . . 13192B Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13192B 32. betr. Gründe der Einstellung der Bauarbeiten am Dienstgebäude des Auswärtigen Amts am 21. Mai 1953 und Ersatz des Lohnausfalls der am Bau beschäftigten Arbeiter: Renner (KPD), Anfragender . . . . 13192D Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13192D 33. betr. Frage der Verabschiedung des Bundesentschädigungsgesetzes: Mehs (CDU), Anfragender . . . . 13193B, C Dr. Oeftering, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen 13193B 34. betr. Störung der Richtfunkverbindung der Bundesbahn zwischen München und Nürnberg durch amerikanische fahrbare Funkanlagen: Arnholz (SPD), Anfragender . . . . 13193C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 13193C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU betr. Einberufung des Vermittlungsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Lastenausgleich (Nrn. 4403, 4243, 4286, 4385 der Drucksachen) 13193D Beschlußfassung 13193D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern in den Rechnungsjahren 1953 und 1954 (Nr. 4094 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuer- fragen (Nr. 4354 der Drucksachen) . . . 13193D Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter . 13194A Renner (KPD) 13196B, 13197B Dr. Meitinger (FU) 13198A, C Abstimmungen 13197A, 13198C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ergänzung von Vorschriften des Umstellungsrechts und über die Ausstattung der Berliner Altbanken mit Ausgleichsforderungen (Umstellungsergänzungsgesetz) (Nr. 4327 der Drucksachen) 13198D Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit 13198D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen (Saatgutgesetz) (Nr. 2870 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 4339 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 940, 941, 943) . . 13198D, 13226A Dannemann (FDP): als Berichterstatter 13199A Schriftlicher Bericht 13228 als Abgeordneter 13201C, 13202D, 13206C, 13209A, 13211B Kriedemann (SPD) 13199C, 13202A, 13203B, 13204D, 13207A, C, 13208C, 13209C, 13211A, 13212A Dr. Baur (Württemberg) (CDU) . . 13201A, 13206A, 13210C Lampl (FU) 13201D Rademacher (FDP) . . . . 13202C, 13204B Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 13203A, 13208B, 13211D, 13212D Revenstorff (FDP) 13206D Dr. Dr. h. c. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 13213C Abstimmungen 13202C, 13204C, 1320'7B, 13208C, 13209C, 13210D, 13211C, D, 13226A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1953/54 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft (Getreidepreisgesetz 1953/ 54) (Nr. 4347 der Drucksachen) 13213D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 13213D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Umsatzsteuer auf Obst und Gemüse (Nr. 4333 der Drucksachen) . . 13213D, 13226A Frau Keilhack (SPD), Antragstellerin 13214A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 13214C Kriedemann (SPD) 13214C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 13226A Erste Beratung des von den Abg. Struve, Dr. Kneipp, Tobaben, Hoffmann (Lindlar) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Nr. 4361 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Struve, Dr. Kneipp, Tobaben, Hoffmann (Lindlar) u. Gen. betr. Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (Nr 4362 der Drucksachen) 13215A Dr. Kneipp (FDP), Antragsteller . 13215A Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 13215A Beratung des Antrags der Abg. Eichner, Lampl, Dannemann, Struve, Tobaben u. Gen. betr. Liberalisierung der Einfuhr von Käse und Schokolade (Nr. 4336 der Drucksachen) 13215B Eichner (FU), Antragsteller 13215B, 13218C Dannemann (FDP) 13215D Dr. Horlacher (CSU) 13216C Kriedemann (SPD) 13218C Niebergall (KPD) 13219B Überweisung an den Außenhandelsausschuß und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 13226B Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der DP betr. Pflege der Kenntnisse über die deutschen Ostgebiete, Osteuropa und Südosteuropa (Nrn. 4098, 3196 der Drucksachen) . . . . 13219D Brandt (SPD): als Berichterstatter . . . 13220A, 13224D Schriftlicher Bericht 13233 als Abgeordneter 13222D de Vries (FDP) 13221A Dr. Pfleiderer (FDP) 13221D Graf von Spreti (CSU) 13222B Frau Strohbach (KPD) 13224A Dr. Zawadil (DP) 13225A Abstimmungen 13225D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Nr. 3622 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Nr.4343 der Drucksachen) 13226C Sander (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 13239 Abstimmungen 13226D Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Änderung der Bezeichnung des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (Nrn. 4369, 4149 der Drucksachen) 13227A Dr. Decker (FU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 13243 Beschlußfassung 13227A Nächste Sitzung 13227C Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Entwurf eines Gesetzes über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen (Saatgutgesetz) (Nr. 4339 der Drucksachen) 13228 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Pflege der Kenntnisse über die deutschen Ostgebiete, Osteuropa und Südosteuropa (Nr. 4098 der Drucksachen) 13233 Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Entwurf eines Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Nr. 4343 der Drucksachen) 13239 Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Änderung der Bezeichnung des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (Nr. 4369 der Drucksachen) 13243 Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 268. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen (Saatgutgesetz) (Nrn. 2870, 4339 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Dannemann 1. Allgemeines Dem Deutschen Bundestag ist am 24. November 1951 ein Gesetzentwurf über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen (Saatgutgesetz) — Drucksache Nr. 2870 — vorgelegt worden, der sich mit Fragen der Saatguterzeugung, der Anerkennung, des Saatgutverkehrs und des Sortenschutzes befaßt. Damit wurde einem seit Jahrzehnten vorgebrachten allgemeinen Wunsche Rechnung getragen. Wohl hat es in der Vergangenheit eine Reihe von Einzelverordnungen und Erlassen über Teilgebiete des Saatgutwesens gegeben, so z. B. die Verordnung für Saatgut vom 26. März 1934, die Grundregel für die Zulassung von Sorten vom Jahre 1936 bzw. in der Neufassung vom 16. Februar 1950 sowie die Anerkennungsregel vom 7. März 1938 bzw. in der Neufassung vom 21. Juni 1948 und die Verordnung über den Verkehr mit landwirtschaftlichem Saatgut und Gemüsesaatgut vom 2. Juni 1951 u. a. mehr. Jedoch sind durch die veränderten Verhältnisse eine Reihe dieser Verordnungen und Erlasse als überholt anzusehen. Vielfach hat eine Unordnung auf dem Saatsektor Platz gegriffen, die im Interesse der großen Zahl der Saatgutbezieher eine Neuregelung geradezu verlangt. Daneben verlangt aber auch der Pflanzenzüchter mit Recht einen Schutz. Wohl nirgendwo in der Welt ist der Fortschritt in der pflanzlichen und damit der gesamten landwirtschaftlichen Produktion so weitgehend von dem Arbeitserfolg der Pflanzenzüchter abhängig wie bei uns. Nach den statistischen Errechnungen erwächst der deutschen Volkswirtschaft allein durch die Arbeit der deutschen Pflanzenzüchtung eine jährliche Mehreinnahme von 1,5 Milliarden DM. Zur Sicherung der Ernährung ist die Qualität des Saatgutes von außerordentlicher Bedeutung. Noch immer ist es so gewesen, daß das beste Saatgut im Anbauerfolg — selbst bei höheren Preisen — immer noch das billigste gewesen ist. Oberster Grundsatz eines jeden Saatgutgesetzes sollte daher die Forderung sein: „Das Bessere ist des Guten Feind." Von diesem Gesichtspunkt hat sich stets der Unterausschuß bei seinen sehr eingehenden Beratungen leiten lassen. Am 12. Dezember 1951 wurde der Entwurf federführend dem Ernährungsausschuß und mitberatend dem Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz überwiesen. Im Januar 1952 wurde in einem besonderen Unterausschuß mit den Beratungen begonnen. Die überaus schwierige Materie machte es erforderlich, daß neben den etwa 40 Sitzungen mehrere örtliche Besichtigungen in Süddeutschland (Württemberg, Bayern), Norddeutschland (Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg) und Holland durchgeführt wurden. Ebenfalls wurden zahlreiche Sachverständige der verbrauchenden Land- und Gartenbauwirtschaft, der Züchter, der Vermehrer, der Wissenschaft, der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, des Handels und der Genossenschaften sowie der in Frage kommenden Ministerien vernommen. Besonders schwierig waren die Beratungen bezüglich der Regelung auf dem Obst- und Gemüsesektor, da hier z. T. sowohl in der Bezeichnung als auch in der Anerkennung, Zulassung und im Verkehr ganz andere Verhältnisse vorliegen. Schwierig waren ebenfalls alle Fragen, die mit dem Im- und Export zusammenhängen, und die Rechtsfragen, die das Patent- und Warenzeichenrecht berühren. Bei den Beratungen ging es im wesentlichen um folgende Probleme: Soll ein zusammenfassendes Gesetz entstehen, oder sollen Sortenschutz und Saatgutverkehr in zwei getrennten Gesetzen geregelt werden? Soll (Dannemann) nur Hochzucht gehandelt werden, oder sind Nachbaustufen bzw. Handelssaatgut und Importsaatgut zuzulassen? Sollen auf dem Gemüsesamengebiet die Gruppensorten nach einer gewissen Übergangszeit wegfallen? Kann man überhaupt für den landwirtschaftlichen und den Gemüsesektor zu gleichen Anerkennungen und Begriffsbestimmungen kommen? Wer soll für den Export verantwortlich sein? Soll ausländisches Saatgut kenntlich gemacht werden? Sind Wertprüfungen erforderlich? Wer soll die Proben nehmen und wer Saatgutverträge abschließen? Ist das Patentgesetz bzw. Warenzeichenrecht ausreichend oder bedarf es besonderer Regelungen? Welche Regelungen sind betr. ausländischer Zuchtsaaten zu treffen? In welchem Umfange sollen deutsche Züchtungen im Auslande vermehrt werden? Ist ein Bundessortenamt erforderlich? Gegebenenfalls: wie soll es aussehen? Welche Anforderungen sind an die Anerkennung und an die Zulassung zu stellen? Welche Kontrolle im Saatgutverkehr ist erforderlich? Die verhältnismäßig umfangreiche Vorlage (72 Paragraphen) gliedert sich in 3 Teile. Der erste Teil hat die Regelung des Sortenschutzes zum Gegenstand. Im zweiten Teil wird der Verkehr mit Saatgut geregelt, und im dritten Teil sind die Straf-, Übergangs- und Schlußbestimmungen enthalten. Es liegt in der Natur der Materie, daß nicht alle Wünsche der vielfach sich entgegenstehenden Interessengruppen berücksichigt werden konnten und daß eine Kompromißlösung gesucht wurde, die weitgehendst allen Sparten der Beteiligten gerecht wurde. 2. Im einzelnen Sortenschutz Zu §1 Es wurde geltend gemacht, daß es nicht Zweck eines Saatgutgesetzes sein könne, die wirtschaftlichen Grundlagen der Pflanzenzuchtbetriebe zu stärken. Das führe zu einer Monopolisierung der Züchter, die abgelehnt wurde. Zu §2 Während die Mehrheit des Ausschusses die in der Vorlage aufgezeichneten 3 Bedingungen für notwendig erachtete, vertrat eine Minderheit die Auffassung, daß Nr. 2 „landeskultureller Wert" überflüssig sei. Was den Begriff der Sorte anbelangt, wird für die Sortenschutzerteilung bereits ein sogen. „Zuchtstamm" genügen, wie überhaupt für die Frage, was als Zuchtsorte gelten kann, weitgehend die wissenschaftlichen und fachlichen Vorstellungen maßgebend sein werden. Die durch Züchtung gewonnene Sorte wird am besten als „Ursprungssorte" bezeichnet und der Schöpfer einer solchen Sorte als „Ursprungszüchter". Liegt nicht bloß eine Varietät einer Selektion vor, sondern eine echte Ursprungssorte, so soll unschädlich sein, wenn das Saatgut der Sorte bereits vor der Anerkennung zum Sortenschutz im Verkehr war, vorausgesetzt, daß sich die Sorte im Zeitpunkt ihrer Anmeldung zum Sortenschutz von den vorhandenen Sorten der gleichen Art hinreichend unterscheidet. Das Artenverzeichnis, in dem die Art der angemeldeten Ursprungssorte aufgeführt sein muß, soll erst durch Rechtsverordnung des BMfELF festgesetzt werden, und zwar soweit es sich um Kulturpflanzen handelt, deren Saatgut der Anerkennung bedarf oder dem Anerkennungsverfahren freiwillig unterstellt ist. Somit werden in erster Linie Zuchtsorten von landwirtschaftlichen Pflanzen und Gemüsepflanzen für den Sortenschutz in Betracht kommen. Der Klarheit wegen sei in diesem Zusammenhange darauf hingewiesen, daß die Rebe als landwirtschaftliches Saatgut im Sinne dieses Gesetzes gilt. Zu §3 Zu den Ausnahmen zählen auch die sog. „Hybriden". Zu § 4 und § 5 Das Recht auf Sortenschutz soll dem Ursprungszüchter (dem Schöpfer der Ursprungssorte) oder seinem Rechtsnachfolger zustehen. Wie im Patentgesetz ist der Anmelder als Berechtigter zu betrachten. Darauf kann sich der Anmelder aber nicht berufen, wenn dem Bundessortenamt bekannt ist oder bekannt wird, daß er nicht Inhaber der angemeldeten Sorte ist. Gegenüber der Anmeldung eines Nichtberechtigten oder gegenüber einem an einen Nichtberechigten erteilten Sortenschutz kann nach der vorgesehenen Regelung der Berechtigte seine Rechte vor dem Bundessortenamt oder vor den ordentlichen Gerichten geltend machen. Wirkung des Sortenschutzes Zu § 6 und § 13 Die Wirkungen des Sortenschutzes beschränken sich hiernach auf die Erzeugung und den Vertrieb von Saatgut und erstrecken sich nicht auf seinen sonstigen Gebrauch. Darüber hinaus kommt eine Saatguterzeugung oder ein Saatgutvertrieb nur dann in Betracht, wenn diese Handlungen zum Zwecke gewerbsmäßigen Saatgutvertriebes vorgenommen werden. Der letzte Saatgutverbraucher, insbesondere der Landwirt, aber auch der Bereich der Pflanzenzüchtung, bleibt von den Wirkungen des Sortenschutzes frei. Bewußt verzichtet das Saatgutgesetz auf folgende Wirkungen, die im Falle der Patentierung von Züchtungen eintreten würden: 1. Verbietungs- und Ausschließlichkeitsrechte in bezug auf eine Benutzung, die nicht in der Erzeugung oder in dem Vertrieb von Saatgut besteht. 2. Verbietungs- und Ausschließlichkeitsrechte in bezug auf die Saatguterzeugung und den Saatgutvertrieb, soweit diese Handlungen nicht zum Zwecke gewerbsmäßigen Saatgutvertriebes vorgenommen werden. (Dannemann) Diese Bestimmung wurde aus rechts- und agrarpolitischen Überlegungen heraus getroffen. Nach § 13 haben die regelmäßigen Wirkungen des Sortenschutzes eine besondere Abwandlung gefunden. Hier wird der Ausnahmefall berücksichtigt, daß die Anerkennung von Saatgut auch bei sog. Nachbausaatgut, d. h. bei aus Hochzuchtsaatgut stammenden Verkehrssaatgut stattfindet. In diesem nur bei Kartoffelpflanzgut praktisch bedeutungsvollen Falle soll nach § 13 jedermann gegenüber dem Sortenschutzinhaber gegen Entgelt berechtigt sein, solches Nachbausaatgut zum Zwecke gewerbsmäßigen Saatgutvertriebes zu erzeugen, feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen. Zu §7 Bei Inlandgeschäften mit Saatgut geschützter Sorten ist der der Sorte verliehene Sortenname zu verwenden. Einer besonderen Regelung bedarf der Fall, daß der Sortenname als Warenzeichen eingetragen ist, wie das vielfach im Hinblick auf die international wirksame Rechtsstellung des Warenzeicheninhabers geschehen ist. Hier war auszuschließen, daß die Eintragung des Sortennamens als Warenzeichen im Geltungsbereich des Gesetzes zu Auswirkungen führt, die mit den Zielen des Saatgutgesetzes unvereinbar sind. Im übrigen bestehen gegen die Verwendung anderer Warenzeichen im Saatgutverkehr keine Bedenken. Über den § 7 ist eingehend beraten worden. Es war außerordentlich schwierig, hier zu einer befriedigenden Lösung zu kommen. Einmütigkeit bestand darüber, daß im Inland für den gewerbsmäßigen Saatgutverkehr der Sortenname zu verwenden ist. Für den Saatgutverkehr nach dem Ausland besteht keine Pflicht, sondern nur ein Recht zum Gebrauch des Sorternnamens. Saatgut kann daher nach dem Ausland sowohl mit als auch ohne Sortenname veräußert werden. Absatz 1 berührt nicht die Rechte aus einem Warenzeichen. Die Kollision zwischen Warenzeichen und Sortenname wird ausschließlich durch Absatz 3 geregelt. Absatz 3 regelt den Fall, daß der Sortenname gleichzeitig für den Sortenschutzinhaber als Warenzeichen eingetragen ist, und sieht vor, daß der Warenzeicheninhaber in 2 Fällen die Benutzung des mit seinem Warenzeichen identischen Sortennamens auf Grund des Warenzeichengesetzes nicht verbieten kann: 1. in dem Fall, daß die Benutzung des Sortennamens Pflicht ist, d. h. beim Inlandsverkehr; 2. beim Auslandsverkehr nur für den Vertrieb von anerkanntem Nachbausaatgut, wenn dieses als solches gekennzeichnet ist. Hochzuchtsaatgut, dessen Sortenname gleichzeitig für den Sorteninhaber als Warenzeichen eingetragen ist, kann daher nur mit Genehmigung des Sorteninhabers unter dem Sortennamen in das Ausland verbracht werden. Dies entspricht der Bestimmung des § 6 Abs. 3 des Entwurfs. Die Ausnahme für anerkanntes Nachbausaatgut soll verhindern, daß der Export auch des Nachbausaatguts von der Genehmigung des Züchters abhängig ist. Nach Ansicht des Bundesjustizministeriums tritt durch die Zulassung dieser Ausnahme keine Gefährdung oder Beeinträchtigung der deutschen Auslandswarenzeichen ein. Zu § 14 Für ausländische Sorten soll der Grundsatz der Gegenseitigkeit gelten, jedoch mit der Maßgabe, daß auch ohne Gegenseitigkeit die Erteilung des Sortenschutzes in Betracht kommen kann, wenn hieran ein landeskulturelles oder volkswirtschaftliches Interesse besteht. Für auswärtige Ausländer oder auswärts wohnende Inländer ist in Übereinstimmung mit dem Patentgesetz der Vertreterzwang vorgesehen. Diese Regelung dient der erleichterten Rechtswahrnehmung gegenüber auswärtigen Anmeldern oder Sortenschutzinhabern. Der Vertreter nach § 14 darf aber nicht mit Vermehrern oder züchterischen Bearbeitern verwechselt werden, deren sich ausländische Inhaber von Sorten im Inland bei Erzeugung und Vertrieb von Saatgut ihrer Sorte zu bedienen pflegen. Bundessortenamt Zu§§15 bis 21 Als Bundesoberbehörde wird das Bundessortenamt errichtet, das über die Erteilung des Sortenschutzes und alle hiermit zusammenhängenden Angelegenheiten — insbesondere über die Verlängerung und Aufhebung — entscheidet. Seine Entscheidungen sollen in den im Gesetz bestimmten Fällen von Sortenausschüssen, im übrigen vom Leiter des Bundessortenamtes getroffen werden. Erteilungsverfahren Zu § 26 Die Prüfung von Nutzpflanzenzüchtungen erfolgt in zwei Phasen: 1. Registerprüfung. Hier erfolgt die Prüfung auf Selbständigkeit, genetische Beständigkeit und etwaige weitere hierher gehörige Kriterien. 2. Wertprüfung, die den landeskulturellen Wert untersucht, an der sich fachlich interessierte Einrichtungen wie Landwirtschaftskammern im ganzen Bundesgebiet beteiligen. Hält der Sortenausschuß die Voraussetzungen für die Erteilung des Sortenschutzes für gegeben, so beschließt er seine Erteilung unter gleichzeitiger Festsetzung des Sortennamens. Im Falle der Erteilung des Sortenschutzes sind die erforderlichen Eintragungen in die Sortenschutzrolle (§ 23) vorzunehmen und die Erteilung des Sortenschutzes bekanntzumachen. Besonderes Sortenverzeichnis Zu § 37 Neben der Sortenschutzrolle führt das Bundessortenamt ein besonderes Sortenverzeichnis für Sorten, die nicht nach §§ 2 und 3 schutzfähig sind, deren Saatgut jedoch nach dem zweiten Teil des Gesetzes der Anerkennung bedarf. Eine Eintragung von Landsorten erfolgt nur, wenn die Erhaltung ihres Typs durch entsprechende Maßnahmen gewährleistet ist und die zuständige oberste Landesbehörde die Eintragung beantragt. (Dannemann) Anerkennung und Zulassung von landwirtschaftlichem Saatgut und Gemüsesaatgut Zu §§ 39 bis 64 Grundsatz soll sein, daß nur anerkanntes oder zugelassenes landwirtschaftliches Saatgut oder Gemüsesaatgut in Verkehr gebracht werden darf. Die für die Durchführung des Anerkennungs- und Zulassungsverfahrens wichtige Ziehung der Saatgutprobe soll grundsätzlich dem Erzeuger bzw. Erstverkäufer des Saatgutes überlassen sein, unbeschadet der Möglichkeit der Einführung der amtlichen Probenahme durch die oberste Landesbehörde und vorbehaltlich der Rücknahme der Probeziehungsbefugnis bei mehrmaliger Differenz zwischen Probe und Verkaufsware (§§ 43 Abs. 3, 51 Abs. 3). Die Anerkennung und Zulassung soll grundsätzlich für die Dauer von 12 Monaten gelten (§§ 45, 51 Abs. 3). Soweit deutsche Erzeuger Verkehrssaatgut im Ausland vermehren lassen, soll die Anerkennung von hiernach im Ausland erwachsenem Saatgut möglich sein, vorausgesetzt jedoch, daß dieses Saatgut als Zuchtsaatgut erwachsen ist, das durch eine deutsche Anerkennungsstelle geprüft ist, und der deutsche Erzeuger die in Betracht kommende Sorte züchterisch bearbeitet. Für die internationale Entwicklung des Qualitätssaatgutverkehrs ist erwähnenswert, daß der BMfELF ermächtigt sein soll, im Ausland erzeugtes und nach zureichenden Grundsätzen geprüftes Verkehrssaatgut dem durch eine deutsche Anerkennungsstelle anerkannten Saatgut gleichzustellen (§ 50). Zu §§ 51 bis 53 Lebhaft erörtert wurden die Grundsätze für die Zulassung von Saatgut. Dabei handelt es sich weniger um die Methodik als um das Ausmaß der Zulassung. Hier unterscheidet das Saatgutgesetz zwischen im Inland erzeugtem Saatgut, das als Handelssaatgut bezeichnet wird, und dem eingeführten Saatgut, das als Importsaatgut bezeichnet wird. Daneben soll nur in Notfällen das Behelfssaatgut in Frage kommen. Die entscheidende Frage liegt in der Abgrenzung zwischen Saatgutanerkennung, die sich auf die inländische Verkehrssaatgutproduktion bezieht, und der Zulassung von Importsaatgut. Hier soll das Importsaatgut dem Inlandsaatgut insofern gleichgestellt werden, als auch die Zulassung von Inlandsaatgut als Handelssaatgut nur dann stattfinden soll, wenn die Versorgung mit anerkanntem Saatgut nicht gesichert erscheint. Diese Einschränkung soll jedoch — und dies erscheint angemessen — in zweifacher Richtung gelockert werden. Zunächst in bezug auf Saatgut besonders wertvoller ausländischer Arten, Sorten oder Herkünfte und dann im Hinblick auf Einfuhren, die auf Grund oder nach Maßgabe zwischenstaatlicher Abmachungen oder devisenrechtlich genehmigter Einfuhrverträge stattfinden. Zu § 54 Nicht nur der Erstverkäufer, sondern auch jeder weitere Verkäufer soll öffentlich-rechtlich dafür einstehen, daß das von ihm gewerbsmäßig angebotene anerkannte oder zugelassene Saatgut unbeschadet handelsüblicher Qualitätsspielräume den Mindestanforderungen der Anerkennung bzw. Zulassung entspricht. Außerdem sollen außerhalb des Anerkennungs- und Zulassungsverfahrens laufende Kontrollen stattfinden. Zu § 58 ist besonders zu vermerken, daß eine privat-rechtlich bedeutsame Gewährleistungsvermutung vorgesehen ist, laut deren beim Verkauf von anerkanntem oder zugelassenem Saatgut im Zweifel als zugesichert gilt, daß das Saatgut u. a. den Mindestanforderungen für die Anerkennung bzw. Zulassung entspricht. Diese Bestimmung ist privatrechtlich insofern bedeutsam, als sie die §§ 377 bis 379 HGB auf Fälle für anwendbar erklärt, in denen ein Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes anerkanntes Saatgut vom Erzeuger kauft, auch wenn dieser nicht Kaufmann ist. Sonstiges Saatgut Zu § 64 Durch Rechtsverordnung kann der BMfELF vorschreiben, daß die Saatgutkontrollregelung des zweiten Teiles auch auf Obst (Kern-, Stein- und Beerenobst) sowie Heil- und Gewürzpflanzen für anwendbar erklärt werden kann. Abgrenzung zum Patentgesetz Zu § 68 Besonders schwierig war die Abgrenzung zum Patentgesetz. In Übereinstimmung mit dem Patentrechtsausschuß wurde folgende Formulierung festgelegt: „Ist eine Sorte von Kulturpflanzen, für die nach diesem Gesetz der Sortenschutz erteilt ist, oder Saatgut einer solchen Sorte auch auf Grund anderer Rechtsvorschriften geschützt, so können hieraus Rechte nur insoweit geltend gemacht werden, als sie den Vorschriften dieses Gesetzes nicht entgegenstehen." Als Begründung zu dieser Formulierung führt das Bundesjustizministerium an: Nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des Deutschen Patentamts ist davon auszugehen, daß auf Pflanzenzüchtungen sowohl Sach- als auch Verfahrenspatente erteilt werden können. Um das aus der patentierten Züchtung gewonnene Saatgut in den Handel bringen zu können, muß der Patentinhaber sich für seine Züchtung außerdem den Sortenschutz auf Grund des Saatgutgesetzes erteilen lassen. In der Regel werden daher für ein und dieselbe Züchtung sowohl ein Patent als auch ein Sortenschutz bestehen. Das Recht aus dem Patent und das Recht aus dem Sortenschutz nach dem Saatgutgesetz führen in folgenden Fällen zu entgegengesetzten Wirkungen: (Dannemann) 1. Nach dem Patentgesetz bedarf jeder, der auf der patentierten Erfindung eines anderen aufbaut (abhängige Erfinder), für die Benutzung seiner abhängigen Erfindung der Zustimmung des ersten Erfinders. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 des Saatgutgesetzes bedarf dagegen der „abhängige Züchter" für die Benutzung des Saatguts der abhängigen Sorte nicht der Zustimmung des ersten Züchters. 2. Nach § 13 des Saatgutgesetzes ist der Nachbau gewisser geschützter Sorten ohne Zustimmung des Züchters für jedermann frei. Nach dem Patentgesetz ist jeder Nachbau der patentierten Erfindung nur mit Zustimmung des Sorteninhabers zulässig. Die Zustimmung kann im Wege einer Zwangslizenzklage nur unter den Voraussetzungen des § 15 des Patentgesetzes ersetzt werden. Vorausgesetzt für eine Zwangslizenz ist, daß die Erlaubnis zum Nachbau im öffentlichen Interesse geboten ist und daß mindestens 3 Jahre vergangen sind, seit die Erteilung des Patents bekanntgemacht worden ist. Die Zwangslizenz wird vom Deutschen Patentamt erteilt. 3. Nach dem Saatgutgesetz erfaßt der Sortenschutz nur das Saatgut, das zum Zwecke des gewerbsmäßigen Vertriebes erzeugt wird (§ 6 Abs. 1 Satz 1). Das vom Bauern für seinen eigenen Betrieb erzeugte Saatgut ist daher frei. Nach dem Patentgesetz (§ 6) ist die gewerbsmäßige Herstellung der Erfindung schlechthin unter Schutz gestellt. Gewerbetreibender im Sinne des Patentgesetzes ist auch der Bauer. Daher bedarf der Bauer auch für die Erzeugung von patentiertem Saatgut für seinen eigenen Betrieb der Zustimmung des Patentinhabers der patentierten Sorte. Die Lösung der vorgenannten gegensätzlichen Wirkungen des Patentgesetzes einerseits und des Saatgutgesetzes andererseits sollte aus Gründen der Rechtssicherheit nicht der Rechtsprechung überlassen werden. Einmal kann nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden, wie die Gerichte diese Fragen entscheiden werden, und zum anderen werden Jahre vergehen, bis höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen und sich eine feste Rechtsprechung gebildet hat. Es bedarf daher einer ausdrücklichen Klarstellung im Gesetz dahingehend, daß entweder die Bestimmungen des Patentgesetzes oder die des Saatgutgesetzes vorgehen sollen. Nach Auffassung des Bundesjustizministeriums sollten die Bestimmungen des Saatgutgesetzes als eines Sondergesetzes für ein bestimmtes Sachgebiet, nämlich das der Landwirtschaft, den Vorrang erhalten. Um diesen Vorrang des Saatgutgesetzes zu sichern, ist es nicht erforderlich, daß die Patentierung von Pflanzenzüchtungen schlechthin verboten wird. Es genügt, wenn in dem Saatgutgesetz zum Ausdruck gebracht wird, daß die Wirkungen eines Patentes zurücktreten, soweit sie mit den Bestimmungen des Saatgutgesetzes nicht im Einklang stehen. Dieses Ergebnis wird durch den oben wiedergegebenen Fassungsvorschlag des § 68 erreicht. Abschließend sei bemerkt, daß durch die Verabschiedung des vorliegenden Saatgutgesetzes eine Rechtsgrundlage geschaffen wird, die sich für die gesamte Volkswirtschaft außerordentlich segensreich auswirken wird. Sollte die Praxis zeigen, daß die eine oder andere Bestimmung vielleicht zweckmäßiger hätte getroffen werden können, mag durch eine spätere Novelle eine entsprechende Korrektur vorgenommen werden. Die augenblickliche Situation verlangt eine schnelle und durchgreifende Regelung. Soviel steht unbestritten fest, daß sowohl die Saatgutverbraucher als auch Vermehrer, Züchter, Handel und Genossenschaften Schutz und Förderung erfahren werden und eine Rechtssicherheit geschaffen wird, die den Weg freimacht zu einer weiteren Steigerung der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Erzeugung. Bonn, den 19. Mai 1953 Dannemann Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 268. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Pflege der Kenntnisse über die deutschen Ostgebiete, Osteuropa und Südosteuropa (Nrn. 3196, 4098 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Brandt 1. Der Antrag Die Antragsteller wünschen, daß die Bundesregierung ersucht werde, „unter Ausnutzung der insbesondere auch in Artikel 106 Abs. 3 des Grundgesetzes gegebenen Möglichkeiten 1. die Pflege der Kenntnisse über die deutschen Ostgebieten, Osteuropa und Südosteuropa in den Schulen und Bildungsstätten zu gewährleisten, 2. die Einrichtung von Lehrstühlen und Forschungsmöglichkeiten für die ostdeutsche, osteuropäische und südosteuropäische Landes- und Wirtschaftskunde zu ermöglichen." Die Antragsteller erstreben demnach eine verstärkte Förderung der Forschung und der Vermittlung von Kenntnissen über Osteuropa und Südosteuropa im allgemeinen und über die deutschen Ostgebiete im besonderen. Der enge Zusammenhang zwischen der ost deutschen und der osteuropäischen Problematik ergibt sich sowohl aus geschichtlichen Gründen wie aus der durch den zweiten Weltkrieg ausgelösten Entwicklung. Der Ausschuß ist jedoch der Meinung, daß die wissenschaftliche Forschung und Lehre über Ost-. und Südosteuropa möglichst unabhängig von den nationalpolitischen Problemen Ostdeutschlands und der deutschen Volksgruppen in Ost- und Südosteuropa betrieben werden sollte. Die Vermittlung von Kenntnissen über die deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie sollte als ein besonderes Anliegen der Bundesrepublik angesehen werden. Die Schulen und Bildungsstätten werden bestrebt sein müssen, das Wissen um die Zusammenhänge zwischen den osteuropäischen und den ostdeutschen Problemen zu wecken und zu fördern. Solange die gegenwärtige Zerklüftung Deutschlands andauert, wird es für das Verständnis der Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone von wesentlicher Bedeutung sein, daß die Vorläufer- und Parallelerscheinungen im übrigen sowjetischen Machtbereich die sachlich gebotene Beachtung finden. Die Problematik der Sowjetzone Wird jedoch getrennt bearbeitet werden müssen. Sie wird von der Osteuropaforschung und von der deutschen Ostpolitik nicht mit erfaßt werden können. Die enge Verbindung der Forschungsprobleme des eigentlichen Osteuropa mit denen Südosteuropas drängt sich vor allem wegen der sowjetischen Machtausweitung auf. Sie ergibt sich auch aus der gewandelten politischen und wirtschaftlichen Struktur der betreffenden Länder. Wenn von Ostforschung die Rede ist, wird man heute in der Regel Südosteuropa mit einbeziehen. Sonderentwicklungen, wie im Falle Jugoslawiens, werden dabei nicht übersehen werden dürfen. Die Antragsteller haben auf die „unter Ausnutzung der insbesondere auch in Artikel 106 Abs. 3 des Grundgesetzes gegebenen Möglichkeiten" verwiesen. Nach dem Grundgesetz sind die Angelegenheiten der Wissenschaft und des Schulwesens grundsätzlich Aufgaben der Länder. Die Förderung der wissenschaftlichen Forschung gehört jedoch nach Artikel 74 GG zum Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Dem Bund ist es jedenfalls unbenommen, die Osteuropaforschung in dem Umfang zu fördern, der den gesetzgebenden Körperschaften sachlich angemessen und materiell möglich erscheint. Dem Ausschuß will es in diesem Zusammenhang als weniger wichtig erscheinen, ob solche Mittel unter Berufung auf Artikel 106 Abs. 3 GG in Anspruch genommen werden sollten. Dieser Absatz sieht vor, daß der Bund einen Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer u. a. „zur Deckung von Zuschüssen, welche Ländern zur Deckung von Ausgaben auf dem Gebiet des Schulwesens ... zu gewähren sind", in Anspruch nehmen kann. Der Verfassunggeber hat hierbei an die Gewährung zweckgebundener Bundeszuschüsse an überlastete Länder gedacht. Grundsätzlich dürfte die Möglichkeit gegeben sein, Zuschüsse für die hier zu erörternden Zwecke in eine Ausgleichsregelung gemäß Artikel 106 Abs. 3 einzubeziehen. (Brandt) 2. Allgemeine Bemerkungen Die Notwendigkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit den Problemen des europäischen Ostens drängt sich uns wegen der geographischen und politischen Lage Deutschlands immer wieder auf. In unseren Tagen stehen jene Probleme im Vordergrund der Auseinandersetzungen, die durch die sowjetische Machtausweitung und durch das sowjetische Herrschaftssystem überhaupt aufgeworfen worden sind und weiterhin aufgeworfen werden. Es dürfte jedoch keinem Zweifel unterliegen, daß die gegenwärtigen Verhältnisse im sowjetischen Machtbereich — unbeschadet der überragenden und übernationalen Bedeutung des totalitären Faktors — nur im geschichtlichen Zusammenhang richtig gewertet werden können. Deutschland gehört zur westlichen Welt, aber es ist Grenzland zwischen West und Ost. Große Teile unseres Territoriums und fast ein Drittel unserer Menschen sind gegenwärtig in den sowjetischen Machtbereich einbezogen. Der Weg der deutschen Politik ist weitgehend vorgezeichnet durch die eindeutige Entscheidung, die die erdrückende Mehrheit unseres Volkes gegen eine Sowjetisierung gefällt hat. Der deutschen Politik ist aber auch aufgegeben, sich mit jenen Notwendigkeiten auseinanderzusetzen, die sich aus der Nachbarschaft zu den Völkern im Osten ergeben. Die Entscheidung des deutschen Volkes gegen eine Unterwerfung unter das sowjetische Herrschaftssystem sollte keinen Zweifel darüber aufkommen lassen dürfen, daß die Bundesrepublik eine konsequente Politik der friedlichen Zusammenarbeit mit ihren Nachbarn im Osten wie im Westen zu führen entschlossen ist. Auch die Völker Osteuropas gehören zur europäischen Völkergemeinschaft. Die deutsche Politik darf weder durch Haß noch durch Anmaßung gegenüber irgendeinem dieser Völker beeinflußt sein. Geschichtliche Belastungen und vor allem die Exzesse des Nationalsozialismus haben Deutschland bei den Völkern im Osten gefürchtet und verhaßt gemacht. Die deutsche Politik muß bestrebt sein, diesen Zustand durch den Willen zu echter Verständigung und zu friedlichem Ausgleich der Interessen überwinden zu helfen. Deutschland hat, unabhängig von den politischen Herrschaftsformen in den östlichen Nachbarstaaten, ein elementares Interesse an einem geregelten Osthandel. Dieses Interesse wurde u. a. durch den Beschluß bekundet, den der Deutsche Bundestag in seiner 207. Sitzung am 6. Mai 1952 gefaßt hat. Ausgehend von den Notwendigkeiten der praktischen Politik, aber auch aus Gründen einer weit zurückreichenden und unlöslichen Verknüpfung Deutschlands mit der geschichtlichen und geistigen Entwicklung des europäischen Ostens, bedarf es in der Bundesrepublik einer allseitigen Forschung und Lehre über die Probleme des Ostens. Das gilt insbesondere für die Bearbeitung kultureller, philosophischer, religionskundlicher, geschichtlicher, juristischer und wirtschaftswissenschaftlicher Fragen. Solche Forschung und die Vermittlung solcher Kenntnisse sollten durch Bundeshilfe noch stärker als bisher gefördert werden. Hierbei darf vorausgesetzt werden, daß eine Förderung durch den Bund nur wirklich unabhängiger Forschung und einer von nationalistischen Verirrungen befreiten Lehre zuteil werden darf. Im Ausschuß wurde dargelegt, daß es einer klaren Abgrenzung nicht nur gegenüber solchen Bestrebungen und Ideologien bedürfe, die während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft fälschlich mit dem Begriff „Ostkunde" verknüpft worden sind. Wie gewisse Publikationen zeigten, bedürfe es einer wachsamen Haltung auch gegenüber solchen Tendenzen, die auf eine „rassisch" oder anders begründete Überheblichkeit gegenüber den östlichen Nachbarvölkern und dem Slawentum hinauslaufen. Der Wert von Rassentheorien und von Geschichtsklitterungen werde nicht dadurch erhöht, daß sie in antibolschewistischer Aufmachung erscheinen. 3. Wiederaufbau der deutschen OsteuropaForschung. Die Osteuropa-Forschung in Deutschland hat durch den Nationalsozialismus und durch den zweiten Weltkrieg schwere Einbußen erlitten. In den Jahren nach 1933 führten die antisemitischen Maßnahmen der damaligen Machthaber und ihre Haltung zu den osteuropäischen Problemen dazu, daß zahlreiche Forscher Deutschland verließen. Andere wurden ihrer Freiheit beraubt. Die Forschungsarbeit wurde durch politische Einflußnahme beeinträchtigt. Während des Krieges ist versucht worden, die Ostforschung einer brutalen und verhängnisvollen Politik in den besetzten Gebieten dienstbar zu machen. Durch den Krieg sind die seinerzeit international anerkannten Osteuropa-Institute in Breslau und Königsberg — wie die übrigen wissenschaftlichen Institute und Bibliotheken östlich der Oder-Neiße — verlorengegangen. Die Deutsche Gesellschaft zum Studium Osteuropas, mit dem Sitz in Berlin, zerfiel. Im Gebiete der vier Besatzungszonen und Berlins erlitten die Bibliotheken und Institute vieler Hochschulen schwere Verluste durch unmittelbare Kriegseinwirkungen, Verlagerungen und Beschlagnahmen. Zahlreiche wissenschaftliche Sammlungen wurden gleichfalls zerstört oder beschlagnahmt. Seit 1948 waren wieder stärkere Bemühungen um die Forschungsarbeit auf diesen Gebieten zu verzeichnen. Ende des darauffolgenden Jahres wurde die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, mit dem Sitz in Stuttgart, gegründet. Sie wollte nicht selbständige wissenschaftliche Forschung betreiben, sondern die verstreuten Forscher und andere am Studium Osteuropas interessierte Persönlichkeiten zusammenführen, um „auf der Grundlage wissenschaftlicher Objektivität zu einer einwandfreien Unterrichtung der interessierten Kreise der Politik, der Wirtschaft und des Geisteslebens über alle osteuropäischen Fragen" beizutragen und dafür zu sorgen, „daß nicht von unberufener Seite mit unzureichenden Kenntnissen und falschen Auffassungen der Sache geschadet wird." Auf ihrer Mitgliederversammlung im März 1951 stellte die Stuttgarter Gesellschaft mit Bedauern fest, daß die wissenschaftliche Forschung über Osteuropa an den Hochschulen der Bundesrepublik nicht den ihr gebührenden Platz einnehme. Sie wandte sich deshalb an die Kultusministerien der Länder, an die Hochschulen und an die mit der Auslandskunde beschäftigten Institute in der Bundesrepublik mit folgenden Empfehlungen: „1. Die in Ostdeutschland verlorengegangenen Ostforschungsstätten müssen in der Bundesrepublik Heimatrecht erlangen. In der Bundesrepu- (Brandt) blik gibt es eine große Anzahl von namhaften Ostforschern, die noch immer nicht an Hochschulen und anderen Lehranstalten tätig sind, die entweder gar keine Arbeit haben oder berufsfremd arbeiten müssen. Daher empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, an den deutschen Hochschulen Lehrstühle zu errichten, an denen die Erforschung des Rechts, der Wirtschaft, der Geographie und Geschichte, der Sprache und Literatur Osteuropas u. a. gepflegt wird, und in verstärktem Maße entsprechende Lehraufträge, Honorar- und Gastprofessuren zu erteilen. 2. Die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde hält es für dringend notwendig, daß die Behörden und auch die Wirtschaft mehr als bisher Fachkräfte der Osteuropaforschung zu Gutachten, Planungs- und anderen Arbeitsaufträgen heranziehen und deren freie Forschungstätigkeit stärker als bisher fördern. 3. Zur Sicherstellung des Nachwuchses in der Osteuropaforschung und gleichzeitig zur Verbreitung sachlicher Kenntnisse über Osteuropa empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, an den Schulen der Bundesrepublik osteuropäische Sprachen, insbesondere das Russische, als Wahlfächer einzuführen." Im Januar 1952 beschloß die Rektorenkonferenz der westdeutschen Hochschulen, die Einrichtung und den Ausbau von Instituten für Ostforschung an den Hochschulen zu fördern. Sie befürwortete die Besetzung der vorhandenen und die Einrichtung neuer Lehrstühle für Ostforschung. Gemeinsam mit der Konferenz der Kultusminister sollte dafür gesorgt werden, daß zur Pflege der Tradition westdeutsche Hochschulen Patenschaften über Hochschulen des deutschen Ostens übernehmen. Der Bund und die Länder wurden gebeten, für die Verwirklichung dieser Pläne Mittel bereitzustellen. In einem Bericht der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder vom April 1952 hieß es: „Eine besondere Sorge, in der die Kultusminister sich ständig aufeinander abstimmen, gilt im Rahmen des allgemeinen Ostproblems der Pflege des osteuropäischen und vor allem des ostdeutschen Kulturgutes an den Universitäten." Inzwischen waren die Arbeitsgemeinschaft für Osteuropa-Forschung in Göttingen, das OsteuropaInstitut der Freien Universität in Berlin und das Osteuropa-Institut in München geschaffen worden. In München war außerdem ein Südost-Institut, in Marburg das Herder-Forschungsinstitut entstanden. Abgesehen von besonderen Arbeitskreisen werden Ostfragen auch an einer Reihe anderer wissenschaftlicher Institute mitbearbeitet. In diesem Zusammenhang wären u. a. verschiedene wirtschaftswissenschaftliche Institute zu nennen. Die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde gibt seit Herbst 1951 zweimonatlich die Zeitschrift „Osteuropa" heraus. Seit 1952 erscheint in vierteljährlicher Folge die im Auftrag des Herder-Forschungsrats veröffentlichte „Zeitschrift für Ostforschung". Das Südost-Institut veröffentlicht eine Zeitschrift, die vorerst einmal im Jahre erscheint. Das Osteuropa-Institut in München plant die Herausgabe einer geschichtlichen Zeitschrift. An sonstigen Publikationen mögen, ohne daß auf Einzelveröffentlichungen Bezug genommen werden kann, das Osteuropa-Handbuch der Göttinger Arbeitsgemeinschaft und das Handbuch „Die deutschen Ostgebiete" des Marburger Instituts Erwähnung finden. An den Hochschulen des westlichen Bundesgebiets und Westberlins rechnete man im vergangenen Jahr mit etwa fünfzig Lehrkräften, die Ostfragen behandelten. Hierbei waren periphere Lehraufträge mitgerechnet, und die Philologie war relativ stark vertreten. Es gab jedoch nur zwei Lehrstühle für osteuropäische Geschichte. Die Vorlesungsverzeichnisse an den Universitäten des westlichen Bundesgebiets und Westberlins enthielten zu Ostfragen im Sommer 1952 (nach einer Zusammenstellung der Zeitschrift „Osteuropa") 32 Ankündigungen für Gegenwartskunde, 33 für Geschichte und 60 für Philologie. Die genannte Zeitschrift zog daraus den Schluß, „daß beim künftigen Ausbau der Ostforschung auf Geschichte und insbesondere Gegenwartskunde der größte Nachdruck zu legen ist". Die neueste Geschichte Osteuropas, seine Wirtschaft und Soziologie werden wissenschaftlich offensichtlich mit noch recht unzulänglichen Mitteln bearbeitet. Man wird jenen Fachkreisen zustimmen müssen, die es für erforderlich halten, daß die Zahl der Planstellen an den Hochschulen und Instituten vergrößert wird. Die hier gegebene Übersicht, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, mag einen Eindruck davon vermitteln, daß der Wiederaufbau der deutschen Osteuropa-Forschung bereits zu bemerkenswerten Ergebnissen geführt hat. Es darf jedoch als völlig abwegig bezeichnet werden, wenn etwa eine polnische Auslands-Publikation gemeint hat, über eine sich in Deutschland „augenblicklich im gigantischen Aufbau befindliche Ostforschung" berichten zu sollen. Erwähnt sei noch, daß mit den Hochschulen und Instituten in der Sowjetzone wissenschaftlicher Kontakt kaum noch vorhanden ist. Ähnlich wie zur Zeit des Nationalsozialismus wird in der Sowjetzone versucht, die Ostforschung in den Dienst machtpolitischer — diesmal sowjetischer — Interessen zu stellen. 4. Förderung und Koordinierung durch den Bund Der Berichterstatter stand zunächst vor der Schwierigkeit, daß es nicht ganz einfach war, eine Ubersicht über jene Stellen zu erlangen, die bereits Zuschüsse aus Bundesmitteln für Zwecke der Ostforschung bzw. Ostkunde erhalten. Die erforderliche Übersicht schien auch bei den zuständigen Bundesministerien nur teilweise vorhanden zu sein. Inzwischen hat sich folgendes Bild ergeben: Durch das Auswärtige Amt erfolgt eine Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, die um eine Erhöhung des Zuschusses gebeten hat. Das Auswärtige Amt wendet sich für bestimmte Vorhaben an einzelne Institute bzw. an geeignete Einzelpersonen in den Instituten. Das Bundesministerium des Innern fördert die Arbeitsgemeinschaft in Göttingen sowie die Osteuropa-Institute in Berlin und München. Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen stützt das Herder-Forschungsinstitut, den sogenannten Göttinger Arbeitskreis, die Nord-Ostdeutsche Akademie in Lüneburg, das SüdostInstitut sowie die Südostdeutsche Kultur- und (Brandt) Forschungsstelle in München. Das Ministerium wendet neben den Beiträgen für Institute Mittel für besondere Forschungsaufgaben auf, die sich auf die ostdeutsche (vor allem aber auf die sowjetzonale) Problematik beziehen. Neben den erwähnten Ministerien sind auch andere Stellen der Bundesregierung mit der Bearbeitung von Ostfragen und mit der Finanzierung von Forschungsaufträgen befaßt. Das Bundesministerium für Vertriebene wendet keine Mittel für die eigentliche Ostforschung auf, wohl aber zur „Erhaltung und Auswertung des kulturellen Heimaterbes des deutschen Ostens". Diese Mittel sollen u. a. der zentralen Sammlung ostdeutschen Schrifttums dienen. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterhält eine Forschungsstelle, die die aktuelle Agrarentwicklung Osteuropas verfolgt und auswertet. Das Ministerium für den Marshallplan hat gelegentlich Einzelaufträge vergeben. Dasselbe gilt für das Wirtschaftsministerium. Aus dessen Forschungsfonds sind Mittel für einzelne Ostforschungsaufträge bereitgestellt worden. An der Förderung der Ostforschung ist auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bad Godesberg, beteiligt. Sie unterstützt einzelne Personen und Forschungsaufträge, jedoch keine Institute. Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat im Juni 1952 ein Ersuchen an die Bundesregierung gerichtet, es möge eine sinnvolle Koordinierung der Zuschüsse für Zwecke der Osteuropa-Forschung in die Wege geleitet werden. Wenn Bundesmittel in stärkerem Maße für die hier erörterten Aufgaben bereitgestellt werden sollten, müßte der Bundestag davon überzeugt sein können, daß die Verwendung der Mittel so rationell wie möglich und ohne unnötige Überschneidungen erfolge. In gleichem Sinne äußerte sich der Berichterstatter, als er dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten im Sommer vorigen Jahres über den Antrag - Nr. 3196 der Drucksachen — schriftlich referierte. Er wies darauf hin, daß es — ohne einer unzweckmäßigen Zentralisierung das Wort reden zu wollen — tunlich erscheine, eine übertriebene Zersplitterung der Osteuropa-Forschung zu vermeiden und eine begrenzte Zahl von Instituten möglichst arbeitsfähig zu machen. Dieser Auffassung pflichtete auch die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde bei. Sie schuf einen Koordinierungsausschuß für die Institute in Göttingen, Berlin, München und Marburg. Auf demselben Wege ist eine Koordinierung der Zeitschriften geplant. Veranlaßt durch die Meinungsäußerung des Haushaltsausschusses und durch die Berichterstattung für den Auswärtigen Ausschuß fand am 28. Oktober 1952 im Bundesministerium des Innern eine Besprechung mit Vertretern der beteiligten Ministerien und Institute statt. Diese Besprechung führte zur Verständigung über gewisse Schwerpunkte der Forschung und über eine ungefähre Aufteilung der Räume und der Wissenschaftsgebiete auf die einzelnen Institute. Zwischen den Instituten in Berlin, München und Göttingen scheint außerdem eine interne Verständigung zu erfolgen. Für das Südost-Institut ergibt sich eine Abgrenzung durch die Beschränkung auf den europäischen Südostraum. Das Marburger Institut konzentriert sich auf mittelosteuropäische und ostdeutsche Aufgabengebiete. Dem Ausschuß will es richtig erscheinen, daß der durch das Bundesministerium des Innern beschrittene Weg weiter befolgt wird. Es wird im einzelnen zu erwägen sein, wie Finanzierungsbeiträge der Länder und des Bundes aufeinander abgestimmt werden können. Der Bundeshaushalt wird daraufhin zu prüfen sein, ob noch vorhandene Überschneidungen vermieden werden können. Als Beispiel wurde darauf verwiesen, daß es im Tätigkeitsbericht der Bundesregierung für das Jahr 1952 („Deutschland im Wiederaufbau") unter dem Abschnitt über das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen heißt: „Die deutsche Ostforschung und die kulturelle Arbeit der ostdeutschen Landsmannschaften wurden weiter gefördert". Andererseits wurde im Protokoll der Besprechung vom 28. Oktober 1952 über das Bundesministerium für Vertriebene berichtet, dieses betreibe die Kulturpflege der Vertriebenen und gebe hierfür Mittel an die einzelnen Vertriebenengruppen. Dem Ausschuß wurde mitgeteilt, daß eine interne Abgrenzung zwischen den beiden befaßten Ministerien erfolgt sei. 5. Bearbeitung von Osteuropa-Fragen für die Bundesregierung Im Zusammenhang mit den Fragen der Osteuropa-Forschung hat sich die Frage ergeben, ob die Bearbeitung von Ostproblemen auf der Ebene der Bundesregierung mit dem erforderlichen sachlichen Gewicht und mit einer zweckmäßigen Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse erfolge. Der Ausschuß verkennt nicht, daß sich die Alliierte Hohe Kommission bislang eine besondere Zuständigkeit in bezug auf die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Staaten des sowjetischen Machtbereichs vorbehalten hat. Dadurch brauchte jedoch der Aufbau einer personell und sachlich ausreichend ausgestatteten Abteilung des Auswärtigen Amts für die analytische Bearbeitung der Ostprobleme nicht behindert zu werden. Eine Unterrichtung des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten im November 1951 über die in dieser Hinsicht eingeleiteten Bemühungen hatte nicht den Eindruck zu vermitteln vermocht, daß das Erforderliche bereits veranlaßt gewesen sei. Inzwischen hieß es im Tätigkeitsbericht der Bundesregierung für das Jahr 1952 (S. 16): „Die Verhältnisse in der Sowjetunion und in den übrigen Staaten hinter dem Eisernen Vorhang, insbesondere aber die sowjetische Außenpolitik als wichtigster Faktor der Ostpolitik wurden sorgsam beobachtet. Die gleiche Aufmerksamkeit wurde den ostpolitischen Bestrebungen der Westmächte gewidmet. Das Auswärtige Amt arbeitet mit Sorgfalt daran, eine friedliche Lösung der Fragen des deutschen Ostens gedanklich vorzubereiten. Umfangreiche Materialien wurden gesammelt. Die politische Tätigkeit der osteuropäischen Emigration in Deutschland und in der übrigen Welt wurde laufend beobachtet." Weiter wurde berichtet, als Ausgleich für das Fehlen diplomatischer und sonstiger Vertretungen in den Ländern des sowjetischen Bereichs sei dem (Brandt) Auswärtigen Amt die Mitarbeit zahlreicher deutscher Ostforscher zugute gekommen. Mit besonderer Sorgfalt würden unsere Missionen über Ostfragen unterrichtet. Der Ausschuß hat außerdem davon Kenntnis genommen, daß Voraussetzungen für eine stärker besetzte Ost-Abteilung im Auswärtigen Amt geschaffen worden sind. Bei der Bearbeitung aktuellen Materials aus den osteuropäischen Ländern ist ein wesentlicher Teil der Arbeit bisher offenbar dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung zugefallen. Die Erweiterung seines Ostreferats im Ergänzungshaushalt 1951 wurde mit der Herausgabe besonderer Dienste begründet, „da andere Nachrichtenquellen weder für die Bundesbehörden noch für die Mitglieder des Parlaments vorhanden sind." Der Ausschuß hat sich nicht mit Fragen befaßt, die in die Organisationsgewalt der Regierung eingreifen. Er hat jedoch der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die Bearbeitung der Ostfragen in ihrer weitreichenden politischen und wirtschaftlichen Bedeutung von allen zuständigen Stellen des Bundes erkannt werden möge. Die Bundesregierung sollte weiterhin bedacht sein, für den erforderlichen Zusammenhang zwischen den von verschiedenen Ressorts betriebenen Arbeiten Sorge zu tragen. Vor allem im Hinblick auf die deutsche Außenpolitik und den deutschen Außenhandel sollten sowohl eine Erweiterung wie die Koordienierung der vom Bund geförderten wissenschaftlichen Arbeiten erstrebt werden. 6. Förderung des Unterrichts über osteuropäische und ostdeutsche Themen Unter Berücksichtigung dessen, was unter 1. und 2. dieses Berichts aufgeführt ist, sollte die Bundesregierung — im Zusammenwirken mit der Konferenz der Kultusminister — dahin wirken, daß im Schulunterricht eine gründliche Kenntnis Ost- und Südosteuropas gewährleistet wird. Den Ländern sollte außerdem empfohlen werden, daß der politische Unterricht durch die Vermittlung von Kenntnissen über die deutschen Ostgebiete erweitert wird. Gegebenenfalls wäre auch der Bundesbeirat für das Erziehungs- und Bildungswesen mit diesem Problem zu befassen. Es darf vorausgesetzt werden, daß die staatsbürgerliche Aufklärung über die deutschen Ostgebiete auch durch die Bundeszentrale für Heimatdienst gefördert wird. Die landsmannschaftlichen Vereinigungen und ihre kulturellen Gesellschaften haben sich die Pflege des ostdeutschen Kulturgutes zur besonderen Aufgabe gemacht. Sofern ihnen dafür Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden, ist auf die Zweckgebundenheit solcher Zuschüsse zu achten. 7. Kulturelle Betreuung der osteuropäischen Emigration Die deutsche Osteuropa-Forschung wird nicht darauf verzichten können, sich die Sachkenntnis der Exil-Intelligenz aus den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang nutzbar zu machen. Darüber hinaus sollte sich die Solidarität mit den Opfern des Totalitarismus darin ausdrücken, daß die wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen der osteuropäischen Emigration im Rahmen des Möglichen gefördert werden. Es kann jedoch nicht die Aufgabe von Bundesstellen sein, sich in internen Auseinandersetzungen der Emigrationsgruppen zu engagieren. Dasselbe wird für solche Stellen gelten müssen, die vom Bund materiell gefördert werden. Die deutsche Politik dürfte beispielsweise nicht auf bestimmte Pläne über die zukünftige Gestaltung der politischen Verhältnisse in den Ost-Staaten festgelegt werden. Sie müßte eine „politische Sendung" gegenüber dem Osten ablehnen und sich neutral verhalten gegenüber Fragen wie der, ob Rußland in seiner weiteren Entwicklung als Einheitsstaat bestehen bleiben oder ob es unter dem Schlagwort einer „organischen Re-Integration" in Nationalstaaten aufgegliedert werden sollte. Aus der Entscheidung der deutschen Politik gegen den Totalitarismus wird eine Unterstützung bestimmter politischer Bestrebungen der Emigrationsgruppen nicht abgeleitet werden können. Es wird verhindert werden müssen, daß auf deutschem Boden eine unkontrollierbare Tätigkeit entfaltet wird, die deutschen Interessen widerspricht. Andererseits wäre es zu begrüßen, wenn die kulturelle Betreuung der Emigration (deren Angehörige auf annähernd eine halbe Million im westlichen Bundesgebiet beziffert werden) dazu beitragen könnte, Mißverständnisse und Vorurteile — wo immer sie vorhanden sein mögen — auszuräumen und einem zukünftigen besseren Verhältnis zu den osteuropäischen Völkern den Weg zu ebnen. Die wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen der Emigration kämpfen vielfach mit außerordentlichen materiellen Schwierigkeiten. Die Bundesregierung sollte eine Untersuchung darüber einleiten, in welchem Umfang eine Unterstützung solcher Einrichtungen wünschenswert und möglich ist. In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, daß in den westlichen Ländern — vor allem in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien — beträchtliche Mittel für die Betreuung der osteuropäischen Emigration aufgewendet werden. Großbritannien wendet hierfür mehr als eine Million Pfund Sterling im Jahr auf. Über 4000 junge Polen sind dort im Laufe der letzten Jahre akademisch ausgebildet worden. Leider muß festgestellt werden, daß maßgebende Kreise der Ostemigration in den westlichen Ländern dem Gedanken der Verständigung mit Deutschland noch wenig aufgeschlossen sind und daß vielfach Stimmungen geschürt werden, die einen vernünftigen und friedlichen Ausgleich erschweren. Als Beispiel sei auf die im Dezember 1951 in Manchester erfolgte Gründung eines exilpolnischen Instituts verwiesen, dem die Aufgabe gestellt wurde, „wissenschaftliches Material zu sammeln und eine informatorische Tätigkeit mit Vorträgen und Veröffentlichungen zu betreiben zur Verteidigung der wiedergewonnenen polnischen Gebiete und der Grenze an der Oder und Neiße gegen die sich ständig steigernde Propaganda des deutschen Imperialismus". Die Aufmerksamkeit des Auswärtigen Ausschussses ist auf den Europäischen Kulturfonds für die Exilierten, besonders der osteuropäischen Länder, gelenkt worden, für dessen Schaffung sich die Beratende Versammlung des Europarates am 8. Dezember 1951 einstimmig ausgesprochen hat. Der Grundgedanke des Berichts, der vom Abg. Dr. Pfleiderer für das Besondere Komitee zur Wahrung (Brandt) der Interessen der im Europarat nicht vertretenen Völker erstattet wurde, lag nicht darin, den verschiedenen zur Unterstützung der Flüchtlinge eingeleiteten Maßnahmen einige neue hinzuzufügen. Es sollte sich vielmehr darum handeln, „die kulturellen Werte der nicht freien, hinter dem Eisernen Vorhang gelegenen Nationen im Gebiete des freien Westens zu pflegen und zu entwickeln". Der Minister-Ausschuß, der über die Schaffung des Kulturfonds zu beschließen hat, ersuchte die Regierungen der Mitgliedsstaaten im Frühjahr 1952, das Generalsekretariat von den Maßnahmen zu unterrichten, die sie ergriffen hätten und ergreifen würden, um junge Exilierte und Flüchtlinge aus europäischen Ländern hei ihren Studien zu unterstützen. Ein Unterausschuß des Auswärtigen Ausschusses hatte angeregt, der Bundesregierung zu empfehlen, einen „angemessenen Beitrag" zu dem geplanten Kulturfonds zu leisten. Dadurch würde sich die Möglichkeit bieten, von kultureller Seite aus die Fühlung mit der osteuropäischen Emigration zu verstärken. Der Unterausschuß stimmte darin überein, daß für die Verwaltung des Fonds keine neue Bürokratie geschaffen werden sollte. Die deutschen Mitglieder sollten in Straßburg darauf hinwirken, daß die oberste Entscheidung über den Fonds einem gemischten Ausschuß des Minister-Ausschusses und der Beratenden Versammlung anvertraut wird, während die Durchführung in den einzelnen Ländern den nationalen Verwaltungen in geeignetem Zusammenwirken mit den Exilierten übertragen werden sollte. Im wesentlichen sollten die in den einzelnen Ländern aufgebrachten Beträge auch in diesen Ländern verausgabt werden. Der Ausschuß hat sich diese Empfehlungen zu eigen gemacht. Ihm ist berichtet worden, daß sich der Bundesminister der Finanzen mit Rücksicht auf die Haushaltslage bisher nicht dazu entschließen konnte, Mittel für diesen Zweck bereitzustellen. Der Ausschuß hält es für richtig, daß nunmehr der Bundestag die Bundesregierung ersucht, einen angemessenen Beitrag zum Europäischen Kulturfonds zu leisten. Bonn, den 19. Februar 1953 Brandt Berichterstatter Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 268. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Nrn. 3622, 4343 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Sander A. Behandlung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag Der Entwurf eines Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr — Nr. 3622 der Drucksachen — wurde in der 228. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 10. September 1952 an den Ausschuß für Verkehrswesen (AfV) überwiesen. Der AfV hielt es für geboten, sich in der Metropole der Binnenschiffahrt Duisburg-Ruhrort einen Überblick über die derzeitigen Gegebenheiten im gewerblichen Binnenschiffsverkehr zu verschaffen. Am 7. Januar 1953 fand daher in der Schifferbörse in Duisburg-Ruhrort eine Grundsatzaussprache über den Entwurf eines Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr statt, bei der sämtliche an diesem Gesetz beteiligten und von ihm betroffenen Stellen wie Spitzenverbände, Organisationen und Gewerkschaften die Möglichkeit hatten, dem AfV Empfehlungen und Änderungswünsche vorzutragen, die von verschiedenen Verbänden und Organisationen später schriftlich vorgelegt wurden. Der AfV hat dann in zwei Beratungen (erste und zweite Lesung im AfV) den Entwurf eines Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr unter Berücksichtigung der Änderungswünsche des Bundesrates, der zuständigen Spitzenverbände, Organisationen und Gewerkschaften behandelt und das Ergebnis der ersten Beratung des Gesetzes in Form einer Synopse zusammengestellt, die als Grundlage zur zweiten Beratung im AfV diente, die am Mittwoch, dem 6. Mai 1953, abgeschlossen wurde. Der AfV hat bei stets objektiver und sachlicher Behandlung der einzelnen Paragraphen mit vielen sich daraus für die deutsche Binnenschiffahrt ergebenden Einzelproblemen und bei deren Anpassung an die derzeitigen Verhältnisse unter besonderer Berücksichtigung der zur Zeit vorhandenen verkehrlichen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten seine Hauptaufgabe darin gesehen, eine für alle Teile tragbare Lösung zu finden. B. Inhalt und Aufbau des Gesetzentwurfs Der Entwurf schafft im wesentlichen kein neues Recht, sondern faßt das unübersichtlich gewordene Notlagerecht der Binnenschiffahrt zusammen. Das bisherige Recht geht auf die Anpassungsverordnung vom 23. Dezember 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 779) und zum Teil auf noch ältere Quellen zurück und hat in dem Gesetz zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffahrt vom 16. Juni 1933 (Reichsgesetzbl. II S. 317), dem sogenannten Notlagegesetz, und seinen 36 Durchführungsverordnungen seine derzeit gültige Kodifikation gefunden, die durch den vorliegenden Entwurf den jetzigen staatsrechtlichen Verhältnissen angepaßt wird. An neuen Rechtseinrichtungen bringt der Gesetzentwurf die Genehmigungspflicht für gewisse Vereinbarungen in der Binnenschiffahrt (§ 1) und die Möglichkeit eines Frachtenausgleichs (§ 32). Die 45 Paragraphen des Entwurfs sind in sieben Abschnitte gegliedert: I. Verteilung von Fracht- und Schleppgut, II. Schifferbetriebsverbände, III. Frachtenbildung, IV. Frachtenausgleich, V. Ausgleich widerstreitender Verkehrsinteressen und Mitwirkung der Länder, VI. Ahndung von Zuwiderhandlungen, VII. Übergangs- und Schlußbestimmungen. C. Der Entwurf im einzelnen Erster Abschnitt Der Erste Abschnitt geht von dem Grundgedanken aus, daß die Frachtgüter, die mit Binnenschiffen befördert werden sollen, sowie die beladenen oder unbeladenen Kähne, die geschleppt werden sollen, im Normalfall auf Grund privater Vereinbarungen auf die einzelnen Gruppen und Unternehmen der Fracht- und Schleppschiffahrt verteilt werden. Bei den sehr unterschiedlichen Größenordnungen der Binnenschiffahrtunternehmen von der Großreederei bis zum sogenannten Privatschiffer (§ 13) sind solche Vereinbarungen u. a. ein wichtiges Mittel, um den kleinen Unternehmen einen angemessenen Anteil an dem aufkommenden Fracht- und Schleppgut zu sichern. Wenn Notstände in der Binnenschiffahrt (§ 4) durch private Vereinbarungen oder auf andere Weise nicht behoben werden (Sander) können, sieht der Entwurf die Möglichkeit vor, unter bestimmten Voraussetzungen das Fracht- und Schleppgut auf Grund von Rechtsverordnungen zu verteilen. Das Verfahren beim Erlaß einer solchen Rechtsverordnung, bei dem die Schiffahrtverbände und die Gewerkschaften beteiligt sind, ist in den §§ 8 bis 10 geregelt. § 1 sieht vor, daß gewisse Verteilungsvereinbarungen den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen zur Genehmigung vorzulegen sind. Den Kreis der genehmigungspflichtigen Vereinbarungen hat der AfV gegenüber der Regierungsvorlage dadurch erheblich eingeschränkt, daß nach der jetzigen Fassung Vereinbarungen zwischen Schiffahrttreibenden frei sind und nur noch Vereinbarungen zwischen Schifffahrtverbänden untereinander (z. B. zwischen einem Reedereiverband und einem Schifferbetriebsverband) und zwischen diesen und Schiffahrttreibenden (z. B. einem Schifferbetriebsverband und einer Reederei) der Genehmigung bedürfen. Hierdurch soll vermieden werden, daß vor allem Verteilungsvereinbarungen der Reedereien untereinander, wie sie im Geschäftsverkehr üblich sind, genehmigungspflichtig werden. Diese Erleichterung erscheint deshalb vertretbar, weil nach § 74 des Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetzentwurf) — Nr. 3462 der Drucksachen — die Binnenschiffahrt hinsichtlich derartiger Verteilungsabsprachen von den Vorschriften der §§ 1 bis 14 des genannten Gesetzentwurfs ohnehin befreit sein soll. Für die restlichen unter § 1 des vorliegenden Entwurfs fallenden Vereinbarungen hat der AfV die Genehmigungspflicht im Hinblick auf die verkehrspolitische Bedeutung dieser Vereinbarungen und zur Verhütung mißbräuchlicher Wettbewerbsbeschränkungen beibehalten. Aus der Änderung des Absatzes 1 folgt die Herausnahme der Verkehrsvereinbarungen in der Fahrgastschiffahrt durch Streichung des Absatzes 2. Derartige Vereinbarungen kommen nur zwischen Schiffahrttreibenden vor und bedürfen daher nach der Auffassung des AfV keiner Genehmigung. Absatz 3 der Regierungsvorlage hat der AfV gestrichen, weil das Kartellgesetz, auf das er Bezug nimmt, noch nicht verabschiedet ist. In § 2 sind lediglich die Zitate mit Rücksicht auf die Streichung des § 1 Abs. 2 und 3 geändert worden. Die in § 3 Abs. 1 enthaltene Ermächtigung für den Bundesminister für Verkehr hat der AfV einmal dadurch eingeschränkt, daß Rechtsverordnungen zur Verteilung von Fracht- und Schleppgut nicht schon zur Vermeidung von Notständen in der Binnenschiffahrt ergehen können. Die Notstände müssen nach der jetzigen Fassung bereits eingetreten sein oder sich wenigstens anbahnen, um ein Eingreifen des Bundesministers für Verkehr zu ermöglichen. Weiterhin ist die Ermächtigung dadurch beschränkt worden, daß durch Einfügung der Worte „oder auf andere Weise" nunmehr außer den in § 1 genannten Verteilungsvereinbarungen auch andere geeignete Mittel in Betracht gezogen werden müssen, bevor eine Verordnung nach § 3 ergehen kann. Die Absätze 2 und 3 sind bis auf eine redaktionelle Berichtigung unverändert beibehalten worden. In § 4 Nr. 1 und 2 hat der MV mit Rücksicht auf die vorgesehene Inkraftsetzung des Gesetzes in Berlin (§ 43) entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates den Begriff „Bundesgebiet" durch „Geltungsbereich dieses Gesetzes" ersetzt und im übrigen die Vorschrift dieser Änderung sprachlich angepaßt. Die §§ 5 und 7 hat der AfV nach der Regierungsvorlage unverändert, den § 6 mit dem vom Bundesrat eingefügten neuen Absatz 2 angenommen. § 8 Abs. 1 hat der AfV entsprechend der Regierungsvorlage als Muß vorschrift angenommen, weil ihm diese Form mit Rücksicht auf die Bedeutung der Anhörung der Schiffahrtverbände und der Gewerkschaften angemessener erschien als die vom Bundesrat vorgeschlagene S o 11 vorschrift. Im übrigen hat der AfV die §§ 8 und 9 mit den vom Bundesrat empfohlenen, der Klarstellung dienenden Änderungen und den § 10 unverändert nach der Regierungsvorlage angenommen. Zweiter Abschnitt Der Zweite Abschnitt behandelt die als „Schifferbetriebsverbände" bezeichneten öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüsse der Privatschiffer, die ihre Vorläufer bereits in den im Jahre 1917 entstandenen Betriebsverbänden haben, während die jetzt am Rhein, an der Ober- und Unterelbe bestehenden Verbände auf das Notlagegesetz und die 10. bis 13., 25. und 31. Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz zurückgehen. Der AfV vertrat die Auffassung, daß die jetzige Form des Zusammenschlusses der Privatschiffer so lange nicht entbehrt werden kann, als diese in den genannten Stromgebieten nicht private Zusammenschlüsse auf breiter Basis (z. B. in Form von Transportgenossenschaften) gebildet haben. Die §§ 11 und 12, welche die gebietsmäßige Einteilung und die Rechtsform der drei bestehenden Schifferbetriebsverbände bestimmen, hat der AfV mit einer sprachlichen Verbesserung in § 11 Abs. 3 nach der Regierungsvorlage angenommen. Dem § 13 der Regierungsvorlage (Mitgliedschaft) hat der AfV einen zweiten Absatz angefügt, der als Ausnahmebestimmung zu § 11 Abs. 3 die Zugehörigkeit der von Hamburg aus die Schiffahrt betreibenden Unterelbeschiffer zum Schifferbetriebsverband Unterelbe ermöglichen soll. § 14 Abs. 1, der die Hamburger Hafenschiffahrt von der Mitgliedschaft befreit, hat der AfV unverändert angenommen. Die Befreiungsvorschrift des Absatzes 2 wurde neu gefaßt und zunächst auf die Ausrüster ausgedehnt. Die vom Bundesrat im Interesse der Gesetzesklarheit empfohlenen Änderungen des ersten Halbsatzes hat der AfV mit einer sprachlichen Verbesserung angenommen. Im übrigen hat er für diejenigen Privatschiffer, welche die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllen, im Gegensatz zur Regierungsvorlage nicht nur eine Beschränkung ihrer Mitgliedsrechte und -pflichten, sondern das gänzliche Ausscheiden aus dem Verband vorgesehen. Diese Regelung hat der MV getroffen, weil bereits nach dem Regierungsentwurf der genannte Personenkreis außerhalb der öffentlich - rechtlichen Tätigkeit des Verbandes stand und damit eine gesetzliche Mitgliedschaft nicht mehr notwendig erschien. Der vom AfV eingefügte neue Absatz 3 ermöglicht den Privatschiffern, die nach Absatz 2 von der gesetzlichen Mitgliedschaft befreit sind, die freiwillige Zugehörigkeit zum Verband. Diese Vorschrift ist mit Rücksicht auf die Betreuungsfunktionen des (Sander) Verbandes getroffen worden. Die freiwilligen Mitglieder haben nach Satz 2 nicht die Rechte und Pflichten, die sich aus der öffentlich-rechtlichen Funktion des Verbandes ergeben. Die Änderung des jetzigen Absatzes 4 gegenüber Absatz 3 der Regierungsvorlage folgt zum Teil aus der neuen Fassung des Absatzes 2. Darüber hinaus ist die Anhörung des beteiligten Verbandes vorgeschrieben worden. Die §§15 bis 17 und 19 sind unverändert geblieben. In § 18, der die Befugnisse der Schifferbetriebsverbände behandelt, dienen die vom AfV in Absatz 1 Nr. 1 eingefügten Worte „mit Schiffahrttreibenden oder ihren Verbänden" lediglich der Klarstellung. In Nr. 3 hat der AfV die in der Regierungsvorlage vorgesehene Möglichkeit der Ersatzvornahme als Zwangsmittel der Verbände gestrichen, da das in § 35 Abs. 1 Nr. 1 vorgesehene Bußgeld als Beugemittel ausreichend erschien. Den Zweck der Verfügungen, zu denen die Verbände berechtigt sind, hat der AfV näher erläutert. Im übrigen hat er den § 18 unverändert beibehalten. Den § 20 Abs. 1 hat der AfV neu gefaßt, um die Auflösung eines Schifferbetriebsverbandes nicht dem freien Ermessen des Bundesministers für Verkehr zu überlassen. In der neuen Fassung sind die Voraussetzungen einer solchen Maßnahme bestimmt; die Anhörung des Verbandes vor seiner Auflösung ist vorgeschrieben. Dritter Abschnitt Im Dritten Abschnitt, der die Frachtenbildung behandelt, ging die Regierungsvorlage von dem jetzigen Rechtszustand aus, der auf der 36. Durchführungsverordnung zum Notlagegesetz vom 20. Mai 1943 (Deutscher Reichs- und Preuß. Staatsanz. Nr. 118) und der Verordnung über die Frachtenbildung in der Binnenschiffahrt vom 3. Oktober 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 622) beruht. Hiernach werden die Binnenschiffahrtsentgelte von den Frachtenausschüssen festgesetzt, von der zuständigen Wasser- und Schiffahrtsdirektion als Aufsichtsbehörde genehmigt, vom Bundesminister für Wirtschaft als Preisbehörde bestätigt und im Verkehrsblatt verkündet. Die Regierungsvorlage sah vor, daß der Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft die von den Frachtenausschüssen festgesetzten Entgelte genehmigt (§ 28) und die genehmigten Beschlüsse als Rechtsverordnungen erläßt (§ 29). Dieses Verfahren hatte der Bundesrat zwar als zweckmäßig anerkannt, jedoch das Bedenken erhoben, daß hierdurch das Verordnungsrecht des Bundesministers für Verkehr in einer nach Artikel 80 GG unzulässigen Weise beschränkt werde. Die Empfehlungen des Bundesrates liefen deshalb darauf hinaus, daß den Frachtenausschüssen nur ein Vorschlagsrecht verbleiben und die eigentliche Festsetzung der Entgelte auf den Bundesminister für Verkehr übertragen werden solle, der bei seiner Entscheidung die Beschlüsse der Frachtenausschüsse lediglich zu berücksichtigen habe (§ 29 des Bundesratsvorschlages). Den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrates hat der AfV dadurch Rechnung getragen, daß er durch eine Änderung in den §§ 29, 30 dem Bundesminister für Verkehr das praktisch uneingeschränkte Recht eingeräumt hat, die Beschlüsse der Frachtenausschüsse aufzuheben und an Stelle der Frachtenausschüsse selbständig Entgelte festzusetzen. Im übrigen glaubte der AfV, daß der Bundesminister für Verkehr oder die von ihm beauftragte Wasser- und Schiffahrtsdirektion mit Hilfe des in § 28 vorgesehenen Genehmigungsrechts auf die Frachtenausschußbeschlüsse hinreichend einwirken kann und dabei den Inhalt der nach § 29 zu erlassenden Rechtsverordnungen tatsächlich bestimmt. Aus diesen Gründen hat der AfV mit Ausnahme des § 27 Abs. 2 an dem Frachtenbildungsverfahren festgehalten, wie es die Regierungsvorlage vorsah. Neben den verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten war für diesen Beschluß bestimmend, daß eine bewährte Selbstverwaltungseinrichtung der Wirtschaft, wie sie die Frachtenausschüsse darstellen, auf diese Weise in ihren Funktionen nicht zugunsten einer behördlichen Frachtregelung beschränkt zu werden brauchte. Entsprechend dieser grundsätzlichen Auffassung hat der MV den § 21 abweichend vom Vorschlag des Bundesrates in der Fassung der Regierungsvorlage übernommen. Die §§ 22 bis 24, der § 25 Abs. 1 bis 3 und der § 26 sind unverändert geblieben. Dem § 25 hat der AfV einen neuen Absatz 4 angefügt, der das Recht zur Teilnahme eines Vertreters der Deutschen Bundesbahn an den Sitzungen der Frachtenausschüsse, das bereits jetzt auf Grund von Verwaltungsvereinbarungen besteht, im Gesetz festlegt. Der AfV hat hierbei zum Ausdruck gebracht, daß bei nächster Gelegenheit das ebenfalls schon bestehende Recht zur Teilnahme eines Vertreters des Binnenschiffahrtgewerbes an den Sitzungen der für die Tarifbildung der Eisenbahnen zuständigen Gremien, insbesondere der ständigen Tarifkommission der Deutschen Bundesbahn, in der gleichen Weise gesetzlich festgelegt werden soll. Der AfV hat sich ferner mit einer Anregung der SPD-Fraktion befaßt, in dem § 25 festzulegen, daß auch ein Vertreter der Gewerkschaften an den Sitzungen der Frachtenausschüsse teilnehmen kann. Die SPD-Fraktion hat sich vorbehalten, u. U. einen entsprechenden Antrag gelegentlich der 2. oder 3. Beratung des Gesetzentwurfs im Plenum einzubringen. In § 27 hat der AfV den Absatz 1 dahin erweitert, daß die dort genannten Unterausschüsse nicht nur durch die Initiative der Frachtenausschüsse gebildet werden können, sondern auch auf Anordnung der Aufsichtsbehörde gebildet werden müssen. Diese Vorschrift dient dem Schutz von Minderheitsgruppen im Frachtenausschuß. In Absatz 2 ist der AfV vom Vorschlag des Bundesrates ausgegangen, weil ein selbständiges Festsetzungsrecht der Frachtenkommissionen für Tagesgeschäfte, wie es die Regierungsvorlage vorsah, selbst für einen begrenzten Zeitraum nicht angängig erschien. Aus dem gleichen Grund hat der AfV den vom Bundesrat vorgeschlagenen dritten Satz, der die Festsetzungen der Tagesfrachtenkommissionen als Richtsätze gelten lassen wollte, gestrichen. Den § 27 Abs. 3 und 4 und den § 28 hat der AfV nach der Regierungsvorlage mit einer redaktionellen Änderung des § 27 Abs. 4 angenommen. Bei den §§ 29, 30 ist der AfV aus den vorerwähnten grundsätzlichen Erwägungen von der Regierungsvorlage ausgegangen, hat jedoch in § 29 Abs. 2 und in § 30 die Worte „dringende(n)" und „allgemeinen" gestrichen. Damit ist erreicht, daß der (Sander) Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft aus Gründen der Verkehrspolitik die als Rechtsverordnungen ergangenen Beschlüsse der Frachtenausschüsse wieder aufheben (§ 29) und selbständig die Entgelte festsetzen kann (§ 30). Dem § 31 hat der AfV als zweiten Absatz die vom Bundesrat vorgeschlagene Verfallsklausel mit einer redaktionellen Verbesserung angefügt. Eine ähnliche Vorschrift findet sich in § 23 des Güterkraftverkehrsgesetzes vom 17. Oktober 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 697). Vierter Abschnitt Der Vierte Abschnitt behandelt in einem einzigen Paragraphen den Frachtenausgleich. § 32 Abs. 1 ist unverändert geblieben. In Absatz 2, der den sogenannten externen Ausgleich, d. h. den Ausgleich zwischen Schiffahrttreibenden und Frachtschuldnern, besonders regelt, hat der AfV durch den von ihm hinzugefügten zweiten Satz sichergestellt, daß die Deutsche Bundesbahn über das bloße Anhörungsrecht hinaus Gelegenheit erhält, ihre etwaigen Bedenken in gemeinsamer Besprechung mit Vertretern der beteiligten Schifffahrtverbände dem Bundesminister für Verkehr vorzutragen. Fünfter Abschnitt Den Fünften Abschnitt hat der AfV überschrieben: „Ausgleich widerstreitender Verkehrsinteressen und Mitwirkung der Länder". Als neuen § 32 a hat der AfV eine dem § 6 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 29. März 1951 (Bundesgesetzbl. II S. 59) und dem § 7 des Güterkraftverkehrsgesetzes entsprechende Vorschrift eingefügt, die den Bundesminister für Verkehr zum Ausgleich widerstreitender Verkehrsinteressen innerhalb der Binnenschiffahrt und zwischen der Binnenschifffahrt und den anderen Verkehrsträgern verpflichtet. Der vom Bundesrat eingefügte § 32 a ist unter der neuen Nummer § 32 b unverändert geblieben. Der § 33 ist in der vom Bundesrat vorgeschlagenen Fassung angenommen worden. Sechster Abschnitt Den Sechsten Abschnitt, der in den §§ 34 bis 37 die Straf- und Bußgeldbestimmungen enthält, hat der AfV mit einigen, zum Teil vom Bundesrat vorgeschlagenen redaktionellen Änderungen in den §§ 34, 35 aus der Regierungsvorlage übernommen. Siebenter Abschnitt Der Siebente Abschnitt bringt die Übergangs- und Schlußbestimmungen. Der § 38 ist mit einer kleinen redaktionellen Änderung nach der Regierungsvorlage, der § 39 nach dem Vorschlag des Bundesrates angenommen worden. Den § 40 hat der AfV gestrichen, weil die Vorschrift lediglich auf das noch nicht ergangene Kartellgesetz Bezug hatte. Die §§ 41 und 42 sind unverändert geblieben. Den § 43, der die übliche Berlin-Klausel enthält, hat der AfV in den neu gefaßten Absätzen 1 und 2 dem Dritten Überleitungsgesetz angepaßt. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Absatz 2 ist als jetziger Absatz 3 sprachlich verbessert worden. Den § 44 hat der AfV mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderung des Absatzes 2 Nr. 2 angenommen. Bonn, den 6. Mai 1953 Sander Berichterstatter Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 268. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Änderung der Bezeichnung des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (Nrn. 4149, 4369 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Decker Durch die Washingtoner Beschlüsse vom April 1949 wurde der Vorbehalt der alleinigen Zuständigkeit in Fragen der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich im Besatzungsstatut der Drei Westlichen Alliierten niedergelegt. Tatsächlich befand man sich bei Verabschiedung des Grundgesetzes in einer Übergangszeit, in der die Kompetenz der mit den auswärtigen Angelegenheiten befaßten Institutionen der Legislative und der Exekutive nicht nur durch die Bestimmungen des Besatzungsstatuts ihre Grenze fand, sondern in der auch die Tätigkeit dieser Organe sich im wesentlichen in der Auseinandersetzung mit den Fragen des Besatzungsstatuts erschöpfte. Dieser Sachverhalt ist heute jedoch zweifellos nicht mehr gegeben. Der Auswärtige Ausschuß kam deshalb zu der Auffassung, daß man einer allgemeinen Entwicklung folgend den Vorschlag des Antrages aufgreifen sollte, die Bezeichnung des Ausschusses in „Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten" zu ändern. Verschiedene Ausschußmitglieder, die hierbei allerdings die Ansicht vertraten, daß eine solche Maßnahme nicht mehr vor Ende der Legislaturperiode beschlossen werden solle, stellten in Übereinstimmung mit der Mehrheit des Ausschusses fest, daß es in materieller Hinsicht keine Meinungsverschiedenheiten geben könne. Bonn, den 20. Mai 1953 Dr. Decker Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Robert Dannemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag auf


    (Dannemann)

    Drucksache Nr. 4336 behandelt eine Frage, die seit längerer Zeit weite Kreise mit großer Sorge erfüllt. Wir verkennen keineswegs die Vorteile einer gesunden Liberalisierung und wissen, daß es nur mit ihrer Hilfe möglich gewesen ist, nach all den Jahren der Zwangswirtschaft und der Autarkiebestrebungen den verlorengegangenen Weltmarkt zurückzuerobern. Wir wissen, daß eine vernünftige Liberalisierung neue Arbeitsplätze schafft und neue Kaufkraft bringt. Insofern ist auch die deutsche Landwirtschaft anfänglich den Bestrebungen freudigen Herzens nachgekommen. Die Liberalisierung hat aber dort ihre Grenzen, wo ein ganzer Berufszweig oder auch nur Teile eines Berufes tödlich getroffen werden. Keiner wird bestreiten wollen, daß in der Landwirtschaft durch diese von uns vorgenommene überspitzte Liberalisierung auf einigen Teilgebieten schon ganz erhebliche Gefahren heraufbeschworen worden sind. Der vor kurzem in Paris gefaßte Beschluß, wonach die Liberalisierungsquote auf 91 % erhöht worden ist, hat auch in der Landwirtschaft zu entsprechenden Auswirkungen geführt. Er hat insbesondere dazu geführt, daß einige wesentliche Produkte der Landwirtschaft, die ihre Haupteinnahmequelle darstellen — auf dem Gebiet der Veredlungswirtschaft der Käse und die Schokolade —, liberalisiert, d. h. freigegeben werden müssen. Wer aber weiß, wie die Einnahmequellen der Landwirtschaft sich zusammensetzen, und wer weiß, welch überragende Bedeutung die Veredlungswirtschaft und innerhalb der Veredlungswirtschaft die Milchwirtschaft für die gesamte Landwirtschaft im Westen hat, der weiß auch, welch große Gefahr am Horizont heraufbeschworen worden ist.
    Im Ernährungsausschuß hat uns zwar der Minister klargemacht, daß im Augenblick trotz der vorgenommenen Liberalisierung direkte Gefahren nicht gegeben seien. Er hat zum Ausdruck gebracht, daß nicht einmal die im letzten Jahre mit Schweden, Dänemark und anderen Staaten abgeschlossenen Handelsverträge erfüllt worden seien und daß auch im Augenblick von dieser Seite her preislich gesehen ein großer Nachteil oder überhaupt ein Nachteil nicht zu erwarten sei. Ich möchte gar nicht bestreiten, daß im Augenblick vielleicht ein großer Einbruch von dieser Seite nicht zu befürchten ist. Daß allerdings bereits Auswirkungen eingetreten sind, haben wir festgestellt; denn niemand wird bestreiten wollen, daß nach der Liberalisierung vor einigen Wochen bereits auf dem Käsemarkt Preiseinbußen von etwa 10 % zu verzeichnen sind. Aber darum geht es im Endergebnis gar nicht. Der Minister hat uns ebenfalls dargelegt, daß die Liberalisierungsquoten deshalb erhöht werden müßten, weil sich unser Bestand an Auslandsguthaben im Gegensatz zum Jahre 1949 grundlegend gewandelt habe. Damals hatten wir ein Minus von etwa 440 Millionen, wenn ich die Zahl noch richtig im Gedächtnis habe, während wir heute ein Auslandsguthaben von etwa 500 Millionen haben. Wenn die Bundesrepublik also nicht Gefahr laufen wolle, daß dieses Guthaben irgendwie verlorengehe, dann bleibe uns nichts anderes übrig, als jetzt die Liberalisierung zu erweitern, indem wir ein neues Ventil zugunsten des einseitigen Exports der sonstigen gewerblichen Güter schafften. Mit anderen Worten, ganz deutlich — ich sage das mit Bewußtsein — machen sich irgendwelche Absatzschwierigkeiten bemerkbar. Die Produkte der gewerblichen Wirtschaft gehen nicht mehr so flüssig auf dem Weltmarkt weg, und nun will man versuchen, diese heraufbeschworene Gefahr dadurch abzuwenden, daß man auf der anderen Seite Nahrungsmittel hereinnimmt, d. h. eine überspitzte Liberalisierung auf dem Rücken der Landwirtschaft 'durchführt.
    Gegen eine derartige Wirtschaftspolitik müssen wir uns, nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern im Interesse der Gesamtwirtschaft, mit aller Entschiedenheit wehren. Wir sind der Meinung, daß, wenn der hohe Aktivsaldo bei der EZU der wahre Grund für die Erhöhung der Liberalisierungsquote auf 91 % und die Einbeziehung der Landwirtschaft in diese erhöhte Quote gewesen sein sollte, in demselben Augenblick, in dem dieser Grund nicht mehr gegeben ist, d. h. mit dem Inkrafttreten des Londoner Abkommens, also in demselben Augenblick, in dem unser Guthaben an Devisen auf dem Weltmarkt anfängt, etwas zusammenzuschmelzen, diese für die Landwirtschaft tödliche Maßnahme zurückgenommen werden muß. Ich bin daher der Meinung und vertrete das mit allem Nachdruck, daß der von uns gestellte Antrag seine absolute Berechtigung hat. Ich bin weiter der Auffassung, daß die große Öffentlichkeit im allgemeinen über die durch die erhöhte Liberalisierung für die gesamte Landwirtschaft heraufbeschworene Gefahr nicht annähernd genügend unterrichtet worden ist.

    (Beifall rechts.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Horlacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Michael Horlacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem so großartig besetzten Haus habe ich trotz der Wichtigkeit der aufgeworfenen Frage keine übermäßige Lust, diejenigen zu überzeugen, die überhaupt nicht da sind;

    (Heiterkeit)

    die paar, die da sind, reichen auch nicht aus, die Frage erschöpfend zu behandeln.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Es ist schon recht traurig, daß solche Sachen — besonderes landwirtschaftlicher Art — dann zur
    Sprache kommen, wenn es so auf das Ende zugeht.
    Ich unterstütze die Ausführungen des Herrn Vorredners, möchte aber folgendes gleich hinzusetzen. Hier heißt es:
    Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Liberalisierung der Einfuhr von Käse und Schokolade mit Inkrafttreten des Londoner Schuldenabkommens rückgängig zu machen.
    Ja, meine sehr verehrten Herren Antragsteller, warum denn so ängstlich? Meinen Sie, die Dinge sind so, daß wir warten können, bis das Londoner Schuldenabkommen in Kraft getreten ist? Die Dinge sind im Allgäu sehr brenzlig geworden. Bei uns in Bayern sind die Verhältnisse nunmehr so geworden, daß die Milchpreisregelung in umgekehrtem Verhältnis zu den Zusicherungen der Bundesregierung vom 17. Februar 1951 in Rhöndorf steht. Der entscheidende Gesichtspunkt ist der, daß die Milchpreise der Landwirtschaft unter den Stand von Rhöndorf hinuntergegangen sind. Das ist der Kardinalpunkt, über den wir uns unterhalten müssen. Da nützen alle Beschönigungen nichts mehr. — Ja, Kollege Schoettle, da gibt es gar nichts darüber zu reden; Milch ist Milch, ob in Form von Käse, Butter oder Frischmilch.

    (Abg. Schoettle: Ich habe mir gestattet, über eine Bemerkung von Herrn Kriedemann zu lachen!)



    (Dr. Horlacher)

    — Ist mir schon recht; wir wollen deswegen keinen Streit miteinander anfangen. Das hätte auch wenig Sinn. Das hat aber auch keinen Wert. Da müssen wir schon auf ein voller besetztes Haus warten, damit es sich besser rentiert.
    Die Geschichte ist so: Der Werkmilchpreis und der Frischmilchpreis müssen miteinander in Beziehung gebracht werden. Der Werkmilchpreis, der erzielt wird durch die Verarbeitung der Produkte, ist der entscheidende Milchpreis. Aus den Mischungen bei den einzelnen Molkereien durch Frischmilch- und Werkmilchverarbeitung ergibt sich der an den Bauern auszuzahlende Preis. So ist die Lage.
    Und wie steht's denn heute mit den auszuzahlenden Preisen? Wir haben — es ist bloß ein paar Monate her — im Januar 1950 einen Auszahlungspreis von 24,68 Pf pro Kilogramm Milch gehabt, im Durchschnitt des Jahres 1950 23,20 Pf, auf bayerisches Gebiet gerechnet. 1951 hatten wir im Januar einen Auszahlungspreis von 24,50 Pf und im Durchschnitt des Jahres einen solchen von 25,83 Pf. Und dann haben wir uns gebessert. Im Jahre 1952 ist mit der Konferenz von Rhöndorf eine Regelung der Milchpreisfrage erfolgt. Ich erinnere an die Regulierung des Butterpreises. Dadurch sind wir dann heraufgekommen auf einen Frischmilchpreis von 25,08 Pf, 25,30 Pf und 27,10 Pf. Das hat sich dann später auch weiter fortgesetzt. Aber jetzt ist die Lage so: In dem Katastrophengebiet des Allgäu — so darf ich es jetzt bezeichnen —,

    (Abg. Graf von Spreti: Sehr richtig!)

    das ein reines Grünlandgebiet ist, sind wir von einem Milchpreis von 27 Pf, später sogar 31 Pf — ich will aber die 31 Pf noch nicht einmal als Normalpreis zugrunde legen, weil da ausnahmsweise mal eine gute Konjunktur war — jetzt runtergerutscht im April auf 20.80 Pf pro Kilogramm Milch, also noch nicht einmal 21 Pf pro Kilogramm Milch. In den Weichkäsereien sind wir im Mai auf 20,80 Pf und in den Emmentaler Käsereien auf 21 Pf angelangt. Wenn Sie damit vergleichen, was eine lumpige Limonade oder ein lumpiges Mineralwasser kostet, dann ist dieser Milchpreis, wie er hier existiert, — das spreche ich namens der Landwirtschaft aus — ein Skandalpreis

    (Zustimmung rechts)

    geworden. Da kann die Bundesregierung nicht mehr ruhig zusehen. Da verzichten wir darauf, daß soviel Ausgleichszuschläge gegeben, alles Mögliche gemacht und daß die Zusicherung gegeben wird: es wird ja nichts passieren. Nein, es passiert überhaupt nichts!

    (Abg. Kriedemann: Da haben Sie wieder Recht, Herr Horlacher!)

    Wenn man nichts tut, passiert nichts. Aber ob es da im Lager der Landwirtschaft so ruhig bleibt, möchte ich bezweifeln. Ich möchte allen Ernstes darauf hingewiesen haben.
    Ich habe ja die Ziffern hier. Man soll uns doch nicht etwas vorsagen, was hintennach nicht stimmt. Wir haben im März 1952 eine Einfuhr an Käse von 3100 Tonnen, im März 1953 eine solche von 3500 Tonnen im April 1953 von 3200 Tonnen und im Mai 1953 von 4000 Tonnen gehabt. Da sehen Sie schon die steigende Linie. Jetzt kommt nämlich der Unsinn, der in dem Telegramm an mich drinsteht, daß wir hier in Deutschland nur hochwertigen Käse hätten und das Ausland nur minderwertigen Käse habe. Entschuldigen Sie mal, ich habe schon gesagt, da müssen schon Sachverständige im Ministerium sein, die einen minderwertigen Verstand haben; sonst könnten sie einen solchen Unsinn unmöglich behaupten.

    (Zurufe von der SPD: Sehr gut! Sehr richtig! — Weitere Zurufe.)

    — Das ist mir wurscht, welches Ministerium in Frage kommt. Das können sich die Minister selber aussuchen. Jedenfalls ist es grober Unfug, so etwas zu behaupten.
    Wie ist die Lage? Die Lage ist so, daß uns der hochwertige Auslandskäse sehr schwere Konkurrenz macht. Der Käseverzehr in der Bevölkerung ist so unterschiedlich, daß die Bevölkerung sogar geneigt ist, für Auslandskäse etwas mehr zu zahlen als für Inlandskäse. Bitte, das ist Tatsache! Ich erinnere an Gorgonzola, ich erinnere an den feinen Edamer Käse und an den französischen Brie und all die Geschichten. Die drücken den Rahmen, weil unser verwöhnter Konsument besonderes in den Hotels die Auslandsware bevorzugt. Die Auslandskäse drücken unsere Inlandsware an die Wand.
    Jetzt kommt aber noch der zweite Gesichtspunkt hinzu: daß dann auch die Ramschware hereinkommt, die hier in die Schmelzfabriken wandert; und diese Schmelzfabriken versperren uns mit der Hereinnahme minderwertiger ausländischer Ware den Absatz unserer eigenen Produkte, die in die Schmelzerei gehören.

    (Abg. Graf von Spreti: Das kann man aber nicht sagen!)

    — So sind aber die Zusammenhänge, Herr Kollege
    Graf Spreti! Ich mache das Geschäft seit 1920 mit.
    Wir haben auf dem Gebiet schon allerhand erlebt.
    Wir wissen, wie .die Verhältnisse sind, und wir
    wissen auch, daß .das ein ganz diffiziler Markt ist.
    Jetzt habe ich Ihnen, Herr Minister, folgendes zu
    sagen: Sie können die Dinge doch nicht so hängenlassen. Warum so ängstlich? Wir sind immer päpstlicher als der Papst, wenn wir ausländische Verpflichtungen haben. Da heißt es: Es steht da; infolgedessen muß liberalisiert werden, mag es
    krumm oder grad gehen, das ist ganz gleichgültig.
    Nein! Amerika empfiehlt uns immer, das und jenes
    zu tun, und selber machen sie das Gegenteil davon!

    (Lebhafte Zurufe links.)

    Die haben ihre Landwirtschaft geschützt. Die haben auf verschiedenen Gebieten sogar die Einfuhr gesperrt, und wir haben liberalisiert, aber auf einem Gebiet, das sich zur Liberalisierung überhaupt nicht eignet. Da bin ich der Meinung, daß man Mut haben und den ausländischen Experten sagen muß: So geht es nicht!

    (Erneute Zurufe links.)

    Das Bundesernährungministerium muß in dem europäischen Wirtschaftsrat entsprechend vertreten sein. Wir haben wiederholt erlebt, daß nur das Marshallplanministerium und das Wirtschaftsministerium vertreten waren. Da muß Ordnung geschaffen werden! Sie müssen eine Stützungsaktion im Allgäu durchführen, Herr Minister, und Sie müssen auch den Käse in die Bewirtschaftung hineinnehmen. Der Antrag kann in der Form, wie er vorliegt, angenommen werden, nur steht da jetzt noch das Londoner Schuldenabkommen drin. Und so bringe ich mit anderen Freunden — da sind eine ganze Menge dabei — den Antrag ein, § 16 Ziffer 1 des Milch- und Fettgesetzes zu ändern, indem hier „Käse" dazugesetzt wird. Wenn die Schweizer Käse-Union — d. h. die Bauern selber — in der Lage ist, auf längere Sicht Käse auf Lager


    (Dr. Horlacher)

    zu nehmen, dann muß auch die Bundesregierung dafür sorgen, daß sie in der Lage ist, bei einem so katastrophalen Milchpreis wie im Allgäu den Bauern durch Aufkäufe helfend zur Seite zu stehen. Ich sehe nicht ein, warum das nicht geschieht.
    Da sagt der Bundesminister, er sei kein Kashändler.

    (Heiterkeit.)

    Das gebe ich zu. Das verlange ich auch nicht. Er soll den Käse aufbewahren, damit wir aus der Baissespekulation im Allgäu herauskommen. Zweifellos sind im Allgäu auch Leute am Werk, die à la baisse spekulieren, und diesen muß das Handwerk gelegt werden.
    Herr Minister, Sie müssen dafür sorgen, daß wir einen erhöhten Trinkmilchverbrauch bekommen Die Trinkmilchreklame muß wieder mehr angekurbelt werden. Ich bin auch bereit, mitzutun.

    (Große Heiterkeit.)

    Das ist sehr gut; denn der übermäßige Alkoholgenuß ist im Alter nichts mehr.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich gehe mehr zur frommen Denkungsart über; die hängt mit der Milli zusammen.

    (Abg. Schoettle: Was Alter und Natur getan ...!)

    Die Milch muß im Preis gestützt werden, dann können die Verhältnisse einigermaßen in Ordnung gebracht werden.
    Weiterhin gibt es in Amerika eine Beimischung von Magermilch zum Brot. Das ist auch eine Frage, die gründlich durchdiskutiert werden muß und wobei man sich überlegen muß, wie man hier zu Hilfe kommen kann. Der Ausgleich von 5 Pf, der durch die Bundesratsverordnung eingeführt worden ist, den muß man dort hinwerfen, wo ein Katastrophengebiet ist, Herr Minister! Denn das geht wie bei einer Wasserfläche: Wenn ich einen Stein hineinwerfe, bilden sich die Ringe. Wenn ein Tiefgebiet ist wie hinsichtlich der Milchpreisentwicklung im Allgäu, wirkt sich das strahlenförmig auf das ganze deutsche Bundesgebiet aus. Deswegen sind hier Hilfeleistungen notwendig.
    Herr Antragsteller, ich würde empfehlen, diesen Antrag anzunehmen, aber unter Weglassung des Londoner Schuldenabkommens. Ich beantrage, das herauszustreichen.

    (Zuruf von rechts: Einverstanden!)

    Dann nehmen wir den Antrag gleich an. Was sollen wir ihn lange im Ernährungsausschuß debattieren? Und dann bringe ich meinen Gesetzesantrag bezüglich der Beseitigung der Liberalisierung von Käse überhaupt vor, der bezweckt, den Käse in die Bewirtschaftung hereinzunehmen. Dann ist der Ring geschlossen.
    Ich würde also die Damen und Herren bitten, dem Antrag mit den Änderungen, die ich vorgeschlagen habe, gleich die Zustimmung zu erteilen. Warum soll man noch lange herumreden? Die Regierung sagt j a. Sie weiß, daß sie die Dinge nicht weiter hängenlassen kann. Wir müssen zugreifen! Es ist die höchste Zeit; denn die Verhältnisse sind auf diesem Gebiete so abgesunken, daß sie nicht mehr länger geduldet werden können.

    (Beifall.)