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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 264. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1933 12845 2b4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1953. Geschäftliche Mitteilungen . . . 12846D, 12847A, 12872D, 12920C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Rümmele 12847A Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen über den Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Zwangsmaßnahmen gegen den Bauernstand in der sowjetischen Besatzungszone (Nrn. 4303, 3956 der Drucksachen. Umdruck Nr. 764) 12847B Gerns (CDU): als Berichterstatter 12847B Schriftlicher Bericht 12921 Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 12848D Beschlußfassung 12849D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über öffentliche Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsordnungsgesetz) (Nr. 1102 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (Nr. 4291 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 898, 899, 900) . . 12849D, 12885C. 12889A Mehs (CDU): als Berichterstatter 12850A als Abgeordneter 12867B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 12852A Fisch (KPD) . . 12853D, 12858A, 12859A, D, 12860B, 12863A, C, 12866D, 12889D Ewers (DP): zur Sache . . . 12857A, 12865D, 12868B, 12871A, 12872B, 12889B zur Geschäftsordnung 12862A Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 12862B Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 12862C Dr. Bergstraeßer (SPD) . . 12863D, 12868A Dr. Jaeger (Bayern) (CSU) 12864A, 12865A, 12887C Meitmann (SPD) . 12864B, 12866B, 12871C Euler (FDP) . . . 12864D, 12865C, 12870C. 12872A, 12888A Dr. Menzel (SPD) 12865B Dr. Schneider (FDP) 12867C Dr. Brill (SPD) 12869D, 12871B Maier (Freiburg) (SPD) 12886C Freiherr von Aretin (FU) 12887A von Thadden (Fraktionslos) . . . 12890C Abstimmungen . . 12858A, D, 12859C, 12860B, 12861D, 12862D, 12863C, 12864A, 12869B, 12872D, 12885D, 12891A Zweite Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2260 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nrn. 4300, zu 4300 der Drucksachen) 12847A, 12872D, 12888D, 12891A Wacker (CDU): als Berichterstatter 12873A Schriftlicher Bericht 12930 zur Geschäftsordnung: Dr. Gülich (SPD) 19873C Beratung unterbrochen 12873D zur Sache: Dr. Laforet (CSU) 12874D Dr. Gülich (SPD) 12875D Dr. Wellhausen (FDP) 12380D Dr. Besold (FU) 12882A Jaffe (DP) 12883B Renner (KPD) 12884C zur Geschäftsordnung: Dr. Menzel (SPD) 12891A Präsident Dr. Ehlers . . 12891B. D. 12892C Dr. Wellhausen (FDP) 19891C Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 12891C Dr. Arndt (SPD) 12892A Abstimmungen 12873C. 12889A Namentliche Abstimmung . . . 12892D, 12893D, 12895C, 12975 Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 4268 der Drucksachen) 12873D Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 12873D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens (Nr. 4283 der Drucksachen) 12874A Überweisung an den ERP-Ausschuß . 12874A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Durchführung von wirtschaftlichen Verträgen mit ausländischen Staaten (Nr. 4289 der Drucksachen) 12874B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 12874B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zur Haft zwecks Erzwingung der Ableistung des Offenbarungseides gegen den Abgeordneten Langer (Nr. 4258 der Drucksachen) 12874B Zurückgestellt 12874C Unterbrechung der Sitzung 12874C Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung von Verlusten der Altsparer (Altsparergesetz) (Nr. 1874 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Nrn. 4282, zu 4282 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 903, 905, 906) . . . 12847A, 12892D Dr. Atzenroth (FDP) : als Berichterstatter 12893A, D Schriftlicher Bericht 12961 Wackerzapp (CDU): als Berichterstatter 12894B Schriftlicher Bericht 12971 als Abgeordneter 12898B Dr. Bleiß (SPD) 12895C Kunze (CDU) 12896C, 12899B Dr. Besold (FU) 12897B Farke (DP) 12898A Abstimmungen 12895B, 12899A, B Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung (Nrn. 4092, 4294 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 896, 897, 902, 904) 12899C Seuffert (SPD) 12899C, 12911C Dr. Meitinger (FU) 12901D Walter (DP) 12902C Frau Kalinke (DP) 12902C Renner (KPD) 12903B Dr. Gülich (SPD) . . . . 12904C, 12909C Neuburger (CDU) 12906A Dr. Wellhausen (FDP) . . . 12908A, 12909B Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . . 12909B, 12910C, 12912B Frau Lockmann (SPD) 12910A Dr. Miessner (FDP) 12911A Dr. Handschumacher (CDU) 12911D, 12912C Abstimmungen 12912D Beratung des Antrags der Abg. Brookmann, Wehner, Dr. Henn, Walter, Freiherr von Aretin, und Genossen betr. Sofort- und Sondermaßnahmen im Zonengrenzgebiet (Nr. 4276 der Drucksachen) 12874C, 12913B Brookmann (CDU), Antragsteller . 12913B Dr. Henn (FDP) 12914D Behrisch (SPD) 12915B Frau Dr. Brökelschen (CDU) . . . 12916D Renner (KPD) 12918A Beschlußfassung 12919C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Nr. 4169 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Nr. 4280 der Drucksachen; Umdruck Nr. 901) . . 12874A, 12919C Dr. Serres (CDU), Berichterstatter 12919D Beschlußfassung 12920A Nächste Sitzung 12920C Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen über den Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Zwangsmaßnahmen gegen den Bauernstand in der sowjetischen Besatzungszone (Nr 4303 der Drucksachen) 12921 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4300 der Drucksachen) 12930 Anlage A zur Anlage 2: Gutachten der Sachverständigen: Dr. Carl, Oberfinanzpräsident a. D. 12932A, 12940C Dr. Jacobsen, Oberfinanzpräsident 12935A Ellinger, Oberfinanzpräsident a. D. 12939B, 12940C Dr. Ringelmann, Staatssekretär . . 12940D, 12945B Kaiser, Stadtrat a. D. . . 12945C, 12947D, 12948A, B Dr. Bräuer, Präsident des Bundes der Steuerzahler 12948B Wolkersdorf, Dipl.-Kaufmann . . . 12955C Dr. Gast, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages . . . 12957B, 12960C Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich über den von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurf über die Entschädigung von Verlusten der Altsparer (zu Nr. 4282 der Drucksachen) 12961 Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung in dritter Beratung über § 2 sowie Einleitung und Überschrift des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland 12975 Die Sitzung wird um 10 Uhr 03 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 264. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) (Nr. 4303 der Drucksachen) über den Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (Nr. 3956 der Drucksachen, Umdruck Nr. 764) betreffend Zwangsmaßnahmen gegen den Bauernstand in der sowjetischen Besatzungszone Berichterstatter: Abgeordneter Gerns Der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen hat sich während der Monate März und April in mehreren Sitzungen mit dem ihm zur Beratung überwiesenen Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU — Nr. 3956 der Drucksachen, Umdruck Nr. 764 — betr. Zwangsmaßnahmen gegen den Bauernstand in der sowjetischen Besatzungszone befaßt. Der Antrag verlangte von der Bundesregierung eine gründliche Unterrichtung der Ausschüsse für gesamtdeutsche Fragen und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über a) Ausmaß und Folgen der in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands gegen die bäuerliche Bevölkerung eingeleiteten Zwangsmaßnahmen; b) die Möglichkeiten, durch Hilfsaktionen oder durch Lieferung von Lebensmitteln im Rahmen von Interzonen-Handelsabkommen den besonders hart betroffenen Bevölkerungsschichten der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands beizustehen; c) die Hilfe, die den geflüchteten Bauern und ihren Angehörigen durch Ansiedlung oder auf andere Weise gewährt wird. Auf Grund eingehender Befragungen der Sachbearbeiter der zuständigen Bundesministerien und unter Ausnutzung maßgeblicher Publikationen sowie aller aus der sowjetisch besetzten Zone erreichbaren Unterlagen wurde dem Ausschuß ein umfassender Überblick über die in dem zur Beratung stehenden Antrag berührten Probleme möglich. Der Ausschuß legt nachfolgend — in Übereinkunft mit dem an der Ausschußüberweisung mitbeteiligten Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten —, dem Beschluß des Plenums folgend, schriftlich einen Bericht über seine Ermittlungen und Feststellungen vor. I. Die Kollektivierung der Landwirtschaft in der sowjetisch besetzten Zone und die Verfolgung der bisher selbständigen Bauern (Zu Absatz 1 a des Antrags der Fraktion der SPD — Umdruck Nr. 764 —) Die Statistiken des Bundesnotaufnahmeverfahrens über die berufliche Zugehörigkeit der Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone lassen seit geraumer Zeit kaum noch einen Zweifel, daß die Entwicklung der Bolschewisierung Mitteldeutschlands nunmehr ein Stadium erreicht hat, in dem die Zerstörung der Kernsubstanz des Volkes beginnt: die bäuerliche Bevölkerung, die seit Generationen in ihren Dörfern und auf ihren Höfen seßhaft war, ist zur Massenflucht aufgebrochen. Bisher — und das betrifft noch statistische Untersuchungen über die berufliche Zusammensetzung des Flüchtlingsstromes des Jahres 1951 und der ersten Jahreshälfte 1952 — entsprach der Anteil der Berufskategorie „selbständige Landwirte" prozentual etwa der Zahl der Handwerker, Angestellten und Gewerbetreibenden, der Beamten und Lehrer, die in ihrem einzelnen Schicksal der unmittelbaren Bedrohung oder der Vernichtung ihrer Existenz nur durch die Flucht entgehen konnten. Nun aber haben allein von Oktober des Vorjahres bis Anfang April 9363 Bauern mit ihren Familien Hof und Heimat verlassen. Dort, wo in vielen (Gerns) Fällen vierhundert Jahre hindurch Bauerngeneration auf Bauerngeneration auf angestammtem Hof und Boden ein Element der Ruhe und Beständigkeit im Ablauf der Jahrhunderte wurden, hat die Massenflucht vor dem Terror der Bauernverfolgung eingesetzt. Der Auftakt zur Offensive der sowjetzonalen Machthaber gegen das Bauerntum vollzog sich im Juni vorigen Jahres auf der 2. Parteikonferenz der SED durch die Beschlüsse über den „Aufbau des Sozialismus auf dem Lande": Im Zeichen des Klassenkampfes wurde dem Großbauern — und darunter hatte sich von diesem Zeitpunkt ab jeder selbständige Landwirt zu rechnen, dessen Besitz mehr als 20 ha umfaßt — das Recht der bäuerlichen Existenz abgesprochen. Damit war die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft in ihr entscheidendes Stadium getreten. Lange Monate hindurch wurden organisatorische und verwaltungstechnische Vorbereitungen getroffen. Im Juni 1952 wurde der Zusammenschluß der „werktätigen Bauern" zu Produktionsgenossenschaften proklamiert. Während jedoch mit allen Mitteln versucht wird, diesen Agrarkollektivs die landwirtschaftlichen Betriebe mittlerer Größe — und darunter wurden nun auch alle bisher selbständigen Bauernhöfe mit einer Nutzungsfläche unter 20 ha gerechnet — als wirtschaftliche und menschliche Potenz zuzuführen, wird der Großbauer ausgeschaltet, politisch diffamiert und schließlich sogar als Staatsfeind oder Wirtschaftsverbrecher in seiner Person, seiner Familie und seiner Existenz bedroht. Der Kampf wird hierbei von den sowjetzonalen Machthabern mit den erprobten Methoden wirtschaftlicher und finanzieller Zwangsmaßnahmen geführt. Maschinen und Geräte, Düngemittel, Brennstoff und Saatgut werden seit langem ausschließlich in Staatsbetrieben erzeugt und über Staatsorganisationen, in erster Linie über die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) und das Netz der Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) verteilt, die in den letzten Jahren als Körperschaften des öffentlichen Rechts geschaffen wurden, um politische Funktionäre im Dorf zu verankern und den politischen Druck auf dem Lande zu verstärken. Diese Institutionen nun haben mit zynischer Rücksichtslosigkeit Lenkungsmethoden eingeführt, die es dem Großbauern, dem „Feind des Sozialismus" unmöglich machen, seine Erzeugungspflichten zu erfüllen. So ist er zum Beispiel bei der Feldbestellung davon abhängig, daß die landwirtschaftlichen Maschinen und Traktoren der MTS*) nicht durch die zu bevorzugenden Staatskollektive oder Produktionsgenossenschaften benötigt werden. Dabei reicht, obgleich die gesamte Landmaschinenproduktion ausschließlich diesen Stationen zufließt, der vorhandene Maschinenpark bei weitem nicht für die Versorgung dieser staatsbegünstigten Betriebe aus. Sodann wird in der Tarifordnung der MTS das nächste Mittel gefunden, um die „Rentabilität der Großbetriebe" ins Schwanken zu bringen: Man führte eine Staffelung der Leihgebühren und der Kasten für Arbeitsleistungen der MTS ein, durch die der Großbauer Tarife zudiktiert erhält, *) Nicht zufällig wurde der seitherige Name der Maschinen-Ausleih-Stationen = MAS nach russischem Muster in Maschinen-Traktoren-Stationen MTS umbenannt. die durchschnittlich um das Fünf- bis Siebenfache höher als die Sätze der Produktionsgenossenschaften liegen. Gleichzeitig aber wird von der Seite des Ablieferungssolls her die Schraube der wirtschaftlichen Bedrängung angezogen: Für jeden Bauern verbindliche Anbau- und Viehhaltepläne sehen Ablieferungsnormen vor, die dem Großbetrieb wiederum Abgaben auferlegen, die das Soll der Produktionsgenossenschaften um ein Vielfaches übersteigen. So haben Betriebe über 20 ha 18,7 dz Getreide pro Hektar abzuliefern, wärend bei den Produktionsgenossenschaften das Soll für den Hektar etwa bei 5,5 dz liegt. Den Großbetrieben wird ein Kartoffelablieferungssoll von 104,7 dz pro Hektar zudiktiert, während die Produktionsgenossenschaften etwa 41 dz pro Hektar aufzubringen haben. Bei Erfüllung seines Ablieferungssolls erhält der Großbauer den sogenannten „Erfassungspreis", der für ihn jedoch so niedrig ist, daß kaum der laufende Aufwand der Betriebskosten bestritten werden kann. Den Erwerb der alltäglichen Bedarfsartikel (Nägel, Schnur, Arbeitsschuhe u. ä.), die der „werktätige Bauer" auf Bezugschein erhält, soll der Großbauer von den sogenannten freien Spitzen bestreiten. Welcher landwirtschaftliche Großbetrieb aber ist unter den gegebenen Verhältnissen imstande, über das Soll hinaus solche freien Spitzen zu erzielen! Ein weiteres unausweichliches Problem entsteht, wenn auf einem Großbetrieb die nötigen Arbeitskräfte fehlen, um auch nur eine geringe Chance zu haben, die auferlegte Norm zu erfüllen: Der Zugang über die behördliche Arbeitsvermittlung zum öffentlichen Arbeitsmarkt ist dem Betriebsinhaber versagt, Inserate in den Zeitungen sind für ihn verboten. Endlich ist zu alledem eine Staffelung der Lohnsätze eingeführt, die dem Großbetrieb nur die niedrigste Lohnstufe zugesteht, die Arbeit beim selbständigen Bauern für den Lohnarbeiter also völlig unattraktiv macht. So wird der Großbauer von drei Seiten her durch wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen dahin getrieben, daß es ihm unmöglich ist, die auferlegten Ablieferungspflichten zu bewältigen. Nichterfüllung des Solls aber liefert ihn der Staatsanwaltschaft aus, die ihn nach den Gesetzen dieser Zone zum Wirtschaftsverbrecher und Saboteur stempeln kann. Schließlich ist auch die Besteuerung dieses Regimes mit überhöhten, völlig einseitigen Belastungen zum Kampfmittel der Vernichtung des selbständigen Bauerntums geworden. Außerdem werden nachträglich angebliche Steuerschulden festgelegt und aus zurückliegenden Jahren Steuerstrafen errechnet, die zu einem Zeitpunkt gefordert werden, an dem es dem Bauern unmöglich ist, auch nur einen Teil der geforderten Beträge aufzubringen. Als Folge verfällt sein Besitz den Vollzugsmaßnahmen des Staates, ein Treuhänder wird eingesetzt, er selbst und seine Familie des Hofes verwiesen. Vor allem aber muß er wiederum damit rechnen, unter Strafverfolgung gestellt zu werden — und so verbleibt nur der Weg zur Flucht. Kaum aber ist die Offensive zur Vernichtung des selbständigen Bauerntums Mitteldeutschlands aufgenommen, zeigt es sich, daß Zwangskollektivierung und Bauernverfolgung Folgen heraufbeschwören, die der ganze Apparat des Regimes mit seinen Produktionsgenossenschaften und Produktions- (Gerns) brigaden nicht zu bewältigen vermag. Noch sind die — häufig nicht einmal fachkundigen — politischen Funktionäre der „gegenseitigen Bauernhilfe", der SED und der staatlichen Behörden mit der Umstellung der Landwirtschaft auf das Kollektiv der Produktionsgenossenschaften befaßt, da machen sich die Folgen der Bolschewisierung für die Entwicklung der ohnehin labilen Versorgungslage auf dem Lebensmittelsektor der Sowjetzone in katastrophaler Weise bemerkbar. Mit ziemlicher Sicherheit muß von den sowjetzonalen Erfassungsbehörden damit gerechnet werden, daß als erste Auswirkung der neuen Kollektivierungs-Kampagne für das Jahr 1953 ein Produktionsfehlbetrag von 500 000 bis 600 000 t Brotgetreide, 1 025 000 t Kartoffeln und 60 000 t Lebendvieh eintreten wird. Durch eine Verordnung über „devastierte landwirtschaftliche Betriebe", die noch im Jahre 1952 erlassen wurde, suchte das Regime zunächst eine erste Möglichkeit, den herrenlosen Besitz, dessen Umfang nach den zur Zeit vorliegenden Zahlen etwa mit 440 000 ha angenommen werden muß, wenigstens noch zum Teil der landwirtschaftlichen Nutzung dieses Jahres zuzuführen. Nach dieser Verordnung erhalten die Landräte in den mitteldeutschen Kreisen die Möglichkeit, Treuhänder auf den verlassenen Gütern oder auf Betrieben, deren Besitzer wegen „schlechter Wirtschaftsführung" des Hofes verwiesen wurden, einzusetzen. Weiter wurde durch den Einsatz von Polizeiverbänden und durch Rekrutierung zusätzlicher Arbeitskräfte aus den Städten — es handelte sich in erster Linie um Frauen und Rentner — versucht, soweit wie möglich die planmäßige Durchführung der Frühjahrsbestellung zu erzwingen. Doch nun zeigte sich, daß der Bauernverfolgung nicht nur der Mangel an Arbeitskräften folgte, sondern daß die Zwangsmaßnahmen des Regimes auch die Saatzucht gefährdet hatten und für die Frühjahrsaussaat nicht genug Saatgut vorhanden war. Überdies ist dem Produktionsbrigadier mit der Umschulung auf das Kollektiv jedes Verhältnis zu seiner Arbeit, zu dem Boden, den er beackert, genommen: Die Pflugarbeit der MTS ist ganz auf Flächenleistung abgestellt und daher qualitativ so unzureichend, daß mit dem Aufgehen der Aussaat in vielen Fallen nicht gerechnet werden kann. Dennoch wird über all diese Krisenerscheinungen hinweg der Aufbau der Produktionsgenossenschaften forciert. Die landwirtschaftlichen Kollektivs sind bisher in drei Typenmodellen geplant: Nach dem Typenmuster 1 soll in einer solchen Produktionsgenossenschaft nur der Acker gemeinschaftlich bewirtschaftet werden. Nach dem Typenmuster 2 werden Acker, Traktoren, Pferde, Ochsen und landwirtschaftliche Maschinen und Geräte gemeinschaftlich genutzt. Im Typenmuster 3 werden Acker, Wiesen, Weiden, Wald, das gesamte Vieh, die Maschinen und Geräte und die für die Produktionsgenossenschaft notwendigen Wirtschaftsgebäude der Gemeinschaft zugeführt. In den Statuten der Produktionsgenossenschaften, die als Richtschnur für ihre Mitglieder (und das sind sämtliche Bauern und deren Familienangehörige, Landarbeiter und andere dorfansässige Personen im Alter über 16 Jahre) aufgestellt werden, werden das Leben der dörflichen Gemeinschaft und die Existenz-, Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten des Einzelnen vorbestimmt. Vor allen Dingen ist festgelegt, wie die Ernte und die Geldeinkünfte der Produktionsgenossenschaften zu verwenden sind: Von der Ernte sind zunächst die Ablieferungspflichten an den Staat zu erfüllen, ein Saatgutfonds zu bilden, die notwendigen Futtermittel bereitzustellen und darüber hinaus ein Reserve- und Hilfsfonds zu schaffen. Dann ist das zur Bezahlung der Arbeitsleistungen der MT-Stationen notwendige Getreide abzugeben. Erst der darüber hinaus etwa verbleibende Rest der Ernte wird an die Mitglieder der Genossenschaft, entsprechend den von ihnen geleisteten Arbeitseinheiten und dem von ihnen eingebrachten Boden, verteilt. Das gleiche Verfahren gilt für die geldlichen Einnahmen der Genossenschaft: die Steuern an den Staat werden gezahlt, die Versicherungsleistungen, die laufenden Produktions- und Wirtschaftsausgaben; dann wird ein nicht unbeträchtlicher Betrag einem Reserve- und Hilfsfonds zugeleitet. Verbleibt ein Überschuß, sollen wieder die Mitglieder der Genossenschaft beteiligt werden. (Dabei ist vorgesehen, daß für den eingebrachten Boden 20-40°A, für die geleisteten Arbeitseinheiten 60-80°A der Natur- bzw. Geldeinkünfte ausgeworfen werden sollen.) Wer aber will sagen, wie der einzelne Teilbetrag unter den gegebenen Verhältnissen aussehen wird? Keiner, der in dieser Produktionsgenossenschaft beschäftigt wird, hat mit einer regelmäßigen und ausreichenden Entlohnung zu rechnen. Den Satzungen der Kollektivs nach soll sich der Eintritt in die Produktionsgenossenschaft unter völliger Freiwilligkeit vollziehen, doch zeigt die große Zahl der Landarbeiter und Kleinbauern unter den Flüchtlingen aus der SBZ—vom Bauernverband Berlin wird für die Zeit von Oktober 1952 bis Februar 1953 allein die Zahl von 4100 angegeben —, daß die Alternative zu der Existenz im Kollektiv auch für sie nur die Flucht bleibt. II. Der Zusammenbruch der Versorgung Obwohl schon im Herbst 1952 den zuständigen Behörden der SBZ klar sein mußte, daß durch den überstürzten Drusch des noch feuchten Getreides ein Großteil der Getreideernte für den menschlichen Genuß unbrauchbar gemacht wurde, die Kartoffel- und Rübenernte außerdem schwer unter dem früh einsetzenden Frost gelitten hatte und die Brennstoffzuteilung für die betriebsfähigen Schlepper der MTS nicht hinreichte, die Herbstbestellung und die Winterfurche in vollem Maße durchzuführen, wurde in der Öffentlichkeit stereotyp behauptet, daß von einer Krisenlage auf dem Ernährungssektor in keiner Weise gesprochen werden könne. Man wollte unter keinen Umständen, kaum daß der Propagandafeldzug für die Bolschewisierung der Landwirtschaft und den Klassenkampf gegen die Großbauern in die breite Öffentlichkeit getragen war, die ersten ernsten Rückschläge der Kollektivierung zugeben. Inzwischen hat der Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung jedoch ein derartiges Ausmaß angenommen, daß auch die Ministerien und Staatssekretariate der SBZ genötigt sind, ihre Verschleierungsversuche fallen zu lassen und sich in der Öffentlichkeit mit der unausweichbar nahenden Not auseinanderzusetzen. (Gerns) Zuerst wurde die Schuldfrage natürlich wieder zu Angriffen auf die „sabotierenden Großbauern" umgemünzt und die bestehenden Schwierigkeiten darüber hinaus mit der Nichteinhaltung der von „kapitalistischen Ländern" mit der „DDR" abgeschlossenen Lieferverträgen und der Dürre des letzten Sommers erklärt. Endlich wurde das Ministerium für Handel und Versorgung beschuldigt (besonders auf dem Sektor der Margarineversorgung), nicht planvoll und verantwortungsmäßig gewirtschaftet zu haben. Tatsächlich aber ist die Verknappung oder gar der völlige Mangel an den unentbehrlichsten Grundnahrungsmitteln nicht mehr aus Planungsfehlern eines Ministeriums erklärbar. Ein Überblick über die Versorgung mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln in der sowjetisch besetzten Zone ergibt gegenwärtig folgendes Bild: Die Fettversorgung stützt sich fast ausschließlich auf Margarine. Butter reicht nur zur Kartenvollversorgung für Kinder, Schwerarbeiter und einige andere bevorzugte Schichten. Schon bisher erhielt die Bevölkerung übrigens stets nur 1/6 der zugeteilten Fettmenge in Butter. In der ersten Jahreshälfte 1952 schien wenigstens das Margarineangebot in der SBZ noch ausreichend zu sein. Wie nötig die Bevölkerung darauf angewiesen wir, zeigte, daß die HO-Läden für solche Margarine minderwertiger Qualität bei einem Preis von 8,— DM pro Kilogramm Absatz fanden. Im zweiten Halbjahr 1952 fielen nun aber Ölsaatimporte aus Bulgarien und Rumänien in Höhe von rund 39 000 t aus. Dadurch ist für die kommenden Monate die Markenbelieferung mit Margarine stark in Frage gestellt. Bei der Versorgung mit Kartoffeln ergibt sich folgende Bilanz: Einem wahrscheinlichen Gesamtbestand am Ende des 1. Quartals 1953 in Höhe von 375 000 t steht bis zum Ende des 3. Quartals — also bis zum Anschluß an die neue Ernte — nachstehender Bedarf gegenüber: Bevölkerungsbedarf 800 000 t Reduzierter Industriebedarf 200 000 t Sonderbedarf Sowjet-Armee usw. 400 000 t 1 400 000 t Vorhandener Bestand 375 000 t Tatsächlicher Fehlbedarf 1 025 000 t Der neu ernannte Minister für Handel und Versorgung, Bach, mußte Ende Februar offiziell zugeben, daß die Kartoffelbestände im Monat April zu Ende gehen werden. Der im „Volkswirtschaftsplan 1952 der DDR" aufgestellte Ernährungsplan hatte — sicherlich bereits in Anrechnung der durch die geplanten Umstellungen zu erwartenden Produktionsminderungen — im Jahre 1952 ein Getreideaufkommen von 3 350 000 t vorgesehen. Das tatsächlich erreichte Aufkommen lag um 470 000 t tiefer. Nun muß man sich darüber hinaus darauf gefaßt machen, daß im Jahre 1953 — bei einem Gesamtplan von 2 900 000 t — ein Brotgetreideausfall von mindestens 500- bis 600 000 t bevorsteht. Das im Volkswirtschaftsplan vorgesehene Aufkommen an Fleisch wird im ersten Quartal 1953 wesentlich unter der mit 980 000 t festgesetzten Planziffer liegen, obwohl im Januar 1953 das Fleischablieferungssoll um 30 v. H. erhöht worden ist. Mit der Kurzschlußlogik des autoritären Systems gab das Ministerpräsidium der Sowjetzone Mitte Februar darüber hinaus Weisung, daß gleichzeitig mit diesen überhöhten Forderungen die Eintreibung restlicher Rückstände von 1951 und 1952 mit insgesamt 26 200 t abgeschlossen wird. Dabei mußte bereits Mitte Januar d. J. die Hauptabteilung Viehwirtschaft des sowjetzonalen Landwirtschaftsministeriums die zusätzliche Einfuhr von 300 000 t Kraftfutter verlangen, um den Anschluß an die neue Grünfutterperiode zu erhalten. Diese Anforderung wurde vom Ministerrat abgelehnt. Vor kurzem nun sollen die russischen Militärbehörden in der Sowjetzone angesichts der steigenden Aufmerksamkeit, mit der die westliche Welt sich der drohenden Hungersnot in Mitteldeutschland zuwendet, angeordnet haben, daß die Lieferung für die Besatzungsmacht und der Export an Lebensmitteln stark reduziert werden. Von einer solchen Anordnung müßte die Bevölkerung gerade eine Verbesserung in der besonders unzureichenden Versorgung mit Fleisch und Fett erwarten können. Nach wie vor aber arbeiten die Gesamtbetriebe der bekannten Fleischfabriken Heine in Halberstadt und der Geraer Fleischwarenfabrik zur Herstellung von Fleischkonserven, die ausschließlich für den Verbrauch durch die Sowjetarmee bestimmt sind. Als Folge der langanhaltenden Trockenheit im Jahre 1952 wurden in der Gemüseerzeugung in der SBZ anstelle der geplanten 900 000 t nur 485 000 t aufgebracht. Dieser Bestand wird nun ebenfalls in der Hauptsache zur Deckung des Bedarfs der Besatzungsmacht und der Volkspolizei verwendet. Der Mangel an Frischgemüse ist so groß, daß im März d. J. lediglich Diabetiker auf Karten 1 kg in der Woche und Kinder bis zu 5 Jahren 1/2 kg Gemüse erhielten. Alle sonstigen Verbraucher konnten nur 250 g Zwiebeln beziehen. Schließlich wurde vom Ministerratspräsidium der SBZ zugegeben, daß bis zum Anschluß an die neue Ernte eine Fehlmenge von 98 000 t Zucker zu verzeichnen ist. Diese Feststellung ist der Tatsache gegenüberzustellen, daß im Exportplan des Jahres 1952 vom sowjetzonalen Außenhandelsamt 328 000 t Zucker geliefert wurden. So ist also bei allen wichtigen Grundnahrungsmitteln, wie Fett, Brot, Kartoffeln, Gemüse und Zucker, der Anschluß an die nächste Ernte — selbst zu den niedrigen Rationssätzen der SBZ — nicht gesichert. Die Bevölkerung hat keine Möglichkeit, das Fehlen eines Nahrungsmittels durch Ausweichen auf eine andere gleichwertige Verpflegung zu ersetzen. Sollte es der SBZ-Regierung nicht gelingen, durch den sofortigen Abschluß umfangreicher Importverträge wenigstens die notwendigsten Reserven an Grundnahrungsmitteln zu schaffen, erscheint für die sowjetzonale Bevölkerung die wirkliche nackte Not des Hungerns unausweichlich. Zur Verdeutlichung der Situation seien die Ziffern der Rationssätze, die in der sowjetischen Besatzungszone bisher, also unter „normalen Verhältnissen" für die Lebensmittelzuteilung gegeben sind, vergleichsweise dem durchschnittlichen Verbrauch in der Bundesrepublik gegenübergestellt: (Gerns) Zuteilung in der SBZ Durchschnittlicher Verbrauch in der Bundesrepublik (monatlich) (monatlich) Fett 900g 2070 g Butter = 550 g Margarine = 875 g Schlachtf. = 425 g Plattenf. = 93 g Speiseöl = 127 g 2070 g Fleisch 1350g 3260 g (davon in der Regel nur 1000 g Fleisch, Rest Fisch oder Eier) Fisch: nur als Ersatz für 1008 g Fleisch Eier: nur als Ersatz für Fleisch (HO 0,55 DM je Stck.) 11 Stck. Milch: nur für Kinder 9,4 Liter bis zu 5 Jahren 1/2 1 täglich (HO 2,— DM je Liter) Zucker: 1240 g 2260 g Kartoffeln: 125 kg im 15 kg Oktober ausgegeben = 10,4 kg je Monat Gemüse: nur für Kinder 3620 g bis zu 5 Jahren = 2000 g und für Diabetiker = 4000 g Obst: HO völlig unzureichend 3700 g. III. Maßnahmen der sowjetzonalen Behörden zur Überwindung der Versorgungskrise Welche Maßnahmen haben die verantwortlichen Stellen der SBZ zur Überwindung dieser Notlage getroffen? In einer Sitzung des sowjetzonalen Ministerrats vom 6. April 1953 wurde beschlossen, fast sämtlichen selbständigen Gewerbetreibenden, Unternehmern, Aktionären und Händlern sowie den sogenannten Berliner „Grenzgängern" die Lebensmittelkarten zu entziehen. Man beschränkt den Kreis der Kartenempfänger in Berlin mit der Begründung, die Nutznießer des sogenannten Schwindelkurses „auf Wunsch breiter Kreise der Werktätigen" aus der Lebensmittelkartenversorgung auszuschließen. Der Kartenentzug für die „Selbständigen" in der Zone wurde mit der Behauptung gekrönt, daß die „stürmische Wirtschaftsentwicklung" den noch selbständigen Unternehmern den Einkauf von Lebensmitteln zu den überhöhten Preisen der HOLäden gestatte. (Hierbei soll nur auf den Margarinepreis in den HO-Läden in Höhe von 8,— DM und auf die Tatsache hingewiesen werden, daß schon jetzt bei der Versorgung mit verschiedenen Grundnahrungsmitteln, z. B. bei der Belieferung mit Zucker, den HO-Läden keine Zuteilung mehr gegeben werden kann.) Das Ausmaß dieser Entzugsmaßnahmen geht weit über alle bisherigen Befürchtungen hinaus: So erhalten ab Mai dieses Jahres zum Beispiel alle Inhaber, Mitinhaber, Aktionäre oder Pächter von Betrieben des Handels, des Handwerks, der Wirtschaft und der Industrie, die über fünf Angestellte oder Arbeiter beschäftigen, mit ihren Familienangehörigen keine Lebensmittelkarten mehr. Von dem Kartenentzug sind weiterhin betroffen Haus- und Grundstücksmakler, Hausbesitzer mit Mieteinnahmen von 4800 DM im Jahr und darüber, Handelsvertreter, Handelsreisende, Ladenbesitzer, Rechtsanwälte, Steuerhelfer, Bäcker, Fleischer, Konditoren, Gastwirte, Hoteliers und Pensionsinhaber, Besitzer oder Pächter von Taxi-, Speditions- und Fuhrunternehmen und viele andere mehr. Auch hier sind in fast allen Fällen sämtliche Familien- und Haushaltszugehörige ebenfalls von den Entzugsmaßnahmen erfaßt. Insgesamt sind das allein in der Zone über 11/2 Millionen Menschen. Der Kreis der Berliner „Grenzgänger" umschließt 40 000 im Berliner Ostsektor wohnende Arbeiter und Angestellte Westberliner Betriebe, die ebenfalls betroffenen Familienangehörigen nicht eingerechnet. Die wachsende Nat hat die Machthaber der Sowjetzone also lediglich von neuem veranlaßt, denen, die dem System der Bolschewisierung stets als (Gerns) ein Hemmnis erscheinen müssen, rücksichtslos die Existenzgrundlage fortzunehmen, um dort, wo ein Loch in der Ernährungsdecke für die breite Öffentlichkeit viel peinlicher erkennbar würde, die Notlage, so lange es geht, zu verschleiern: Gleichzeitig nämlich mit dem Lebensmittelkartenentzug für diese eineinhalb Millionen Menschen wurde eine Verordnung über die „Verbesserung des Werkküchenessens" erlassen, die eine „Verdoppelung der Verpflegungsnormen" für Fett, Fleisch und Zucker für diese Rationen ab 1. Mai 1953 verkündet. Es wird kaum zu kontrollieren sein, ob das Werkküchenessen nun tatsächlich doppelte Mengen an Fett, Fleisch und Zucker enthält, dagegen dürfen die verantwortlichen Stellen annehmen, daß der bis zum Anschluß an die neue Ernte in immer stärker werdendem Maße eintretende Ausfall an Grundnahrungsmitteln durch Ausgleichsmaßnahmen bei den Werkküchen am ehesten überbrückt werden kann. Bemerkenswert ist schließlich, daß man sich entschließen mußte, auch die sogenannten IN-Karten für die schaffende Intelligenz wegfallen zu lassen. Durch die Einrichtung von besonderen Geschäften für Angehörige der wissenschaftlichen und technischen Führungsschicht plant man ohne Zweifel, den erheblichen Mehrverdienst dieses Personenkreises (über ein Sonderpreissystem) abzuschöpfen. Inzwischen ist jedoch die Entwicklung der Krisenlage allen diesen seit Anfang Mai anlaufenden Maßnahmen vorausgelaufen. Das Politbüro der SED sah sich genötigt, ohne den Versuch weiterer beschönigender Propagandaaktionen Sofortmaßnahmen zur Eintreibung aller nur erreichbaren Bestände an Ernährungsgütern und Futtermitteln zu ergreifen. In Schulen und volkseigenen Betrieben wurden Schüler und Arbeiter aufgefordert, Kartoffeln aus den privaten Einkellerungsbeständen mitzubringen, die als Saatkartoffeln Verwendung finden sollen. Darüber hinaus haben Beamte der Volkspolizei in verschiedenen Orten Kartoffelvorräte direkt in privaten Haushaltungen beschlagnahmt. Sogenannte Viehwirtschaftskommissionen wurden aus Vertretern der SED und der Produktionsgenossenschaften gebildet, um allen landwirtschaftlichen Betrieben „beratend" zur Seite zu stehen, das heißt aber, um eine zusätzliche Kontrolle und einen verstärkten Druck bei der Durchführung des Erzeugungsplanes auszuführen und die Einhaltung der festgelegten Abgabenormen mit allen Mitteln zu erzwingen. Die erste Anordnung dieser Kommissionen war, daß die auf dem Erfassungswege sichergestellten Mengen an Heu und Stroh ausschließlich den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zur Verfügung stehen. Die selbständigen Bauern erhalten nichts. IV. Möglichkeiten zu Hilfsaktionen und zum Beistand für die besonders hart betroffenen Bevölkerungsschichten der sowjetisch besetzten Zone (Zu Absatz 1 b des Antrags der Fraktion der SPD — Umdruck Nr. 764 —) In einer ersten Überschlagrechnung haben Ernährungsfachleute errechnet, daß mindestens 13 Millionen Menschen in der Sowjetzone auf Hilfe und Unterstützung von außen angewiesen sind, wenn sie nicht durch die sich in den letzten Monaten noch wesentlich verstärkende Ernährungskrise hart betroffen werden sollen. Nach den gleichen Errechnungen müßte sich eine wirkungsvolle Lebensmittelhilfe vor allen Dingen auf die Versorgung mit Fett, Fleisch und Kartoffeln erstrecken, und zwar wird die monatlich benötigte Menge an diesen Lebensmitteln mit 6 400 t für Fett (Margarine), 6 400 t für Fleisch (Büchsenfleisch) und 64 000 t für Kartoffeln angesetzt, wenn davon ausgegangen wird, daß der sowjetzonalen Bevölkerung bei einer Kartenration von 900 g Fett zusätzlich 500 g Margarine, bei einer Zuteilung von 1350 g Fleisch 500 g Büchsenfleisch und ein Zuschuß von 5 kg Kartoffeln monatlich je Person zukommen soll. Die mit diesen Errechnungen befaßten Sachverständigen sind der Ansicht, daß sich produktionsmäßig kaum eine Schwierigkeit für die Zusammenstellung solcher Lieferungen ergeben dürfte, da ausreichende Vorräte in der Bundesrepublik vorhanden wären. Der für eine solche Hilfsaktion erforderliche finanzielle Aufwand wird mit 46 528 000 DM angegeben. Als naheliegendsten Weg, solche Lieferungen zu verwirklichen, mußte zunächst an den Interzonenhandel gedacht werden. Eine erste Überprüfung in dieser Richtung ergab jedoch, daß sich im Interzonenhandel — ganz abgesehen von den nunmehr gesuchten Möglichkeiten, in seinem Rahmen durch verstärkte Lieferung von Lebensmitteln der durch die Ernährungskrise bedrohten Bevölkerung zu helfen — eine Entwicklung besonderer Schwierigkeiten abzeichnet. Zunächst ist festzustellen, daß es nach Mitteilung der zuständigen Ressorts der Bundesregierung auch bei den Handelsvereinbarungen für das Jahr 1953 nicht gelang, das Volumen der gegenseitigen Lieferungen auf die Höhe der in den bisherigen Verlautbarungen der Sowjetzonenpropaganda als wünschenswert bezeichneten Größenordnung von 1 Milliarde DM (beiderseits) zu bringen, sondern daß der für dieses Jahr vorgesehene Warenaustausch nur Lieferungen im Werte von 400 bis 500 Millionen Verrechnungseinheiten (VE) umfassen wird. Allein schon darin wird eine Begrenzung der Lieferungsmöglichkeiten an Nahrungsmitteln durch die Bundesrepublik gesehen. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß auch der Außenhandel der Sowjetzone völlig in die Handelsplanung der Ostblock-Staaten einbezogen ist und, wie aus Wirtschaftsstatistiken entnommen wurde, 75 Prozent der sowjetzonalen Ausfuhr für Lieferungen an die Ostblockstaaten festgelegt worden sind, während nur 25 Prozent des Exports für den Handel mit westlichen Ländern zur Verfügung stehen. Der Interzonenhandel nimmt hierunter einen unerheblichen Bruchteil ein. Außerdem wurde dem Ausschuß von Sachbearbeitern der Bundesregierung erläutert, daß der Umfang der Lieferungsaufträge an Lebensmitteln ganz von der Aufnahmebereitschaft der sowjetzonalen Verhandlungspartner abhängig ist. Die Sowjetzone sei aber von jeher bestrebt gewesen, in erster Linie Rohstoffe und industrielle Produktionsgüter zu erhalten. Erst ab Dezember vorigen Jahres wurde eine größere Aufnahmebereitschaft für Konsumgüter verzeichnet. (Gerns) Dennoch muß festgestellt werden, daß auch gegenwärtig der Anteil der vereinbarten Lebensmittellieferungen in keinem Verhältnis zu dem tatsächlichen Versorgungsbedarf der mitteldeutschen Bevölkerung steht. Die Lieferungen der Bundesrepublik werden über zwei Verrechnungskonten gebucht. Das erste Konto umfaßt hauptsächlich Lieferungen an Ölen und Fetten in Höhe von 11,5 Millionen VE. Über das zweite Verrechnungskonto sind im wesentlichen Lieferungen von Frischfischen im Werte von 30 Millionen VE vorgesehen. Von den zuständigen Stellen der Bundesregierung wird nunmehr versucht, bei laufenden Verhandlungen wenigstens eine Aufstockung der Fischlieferung auf einen Gesamtbetrag von 50 Millionen VE zu erreichen. Darüber hinaus wird jedoch wenig Hoffnung auf die Möglichkeit einer in das Gewicht fallenden Ausweitung der Lebensmittellieferungen im Interzonenabkommen gemacht. Es wird auf die zuvor erwähnten Gründe: den Einbau des Sowjetzonenexports in den Ostblockhandel und die Tendenz der sowjetzonalen Unterhändler, in erster Linie Vereinbarungen über Rohstofflieferungen herbeizuführen, verwiesen, vor allen Dingen aber festgestellt, daß das Gesamtvolumen des Interzonenhandels ganz wesentlich auch dadurch begrenzt ist, daß die Sowjetzone nicht im ausreichenden Maße mit Warenangeboten aufwarten kann, die auf dem Markt der Bundesrepublik Aufnahmebereitschaft finden. Am stärksten aber wird gegenwärtig das Lieferungsprogramm der Bundesrepublik durch die Tatsache gehemmt, daß die sowjetzonalen Behörden sich — vor kurzem noch erheblich über die im üblichen Prozentsatz vereinbarte Swing-Regelung hinaus — mit der Bezahlung der aus der Bundesrepublik gelieferten Waren im Rückstand befinden. Die zuständigen Stellen der Bundesrepublik sehen sich angesichts dieser Verschuldung gezwungen, die Gesamtlieferungen im Interzonenhandel gegenwärtig auf einen Wert von 2 Millionen VE im Monat zu beschränken. An eine Erhöhung kann von Seiten der Bundesrepublik nur gedacht werden, wenn die Verschuldung nicht mehr über die übliche Swing-Grenze des Bankenabkommens hinausgeht. Auch im Bereich der Lebensmittellieferungen war die Auswirkung zwangsläufig, daß es nicht einmal möglich ist, die vorgesehene Lebensmittellieferung in voller Höhe durchzuführen, zumal die Lebensmittellieferanten der Bundesrepublik nicht imstande sind, ihrerseits auf unbestimmte Frist auf Zahlung zu verzichten. Um hier das Möglichste zu tun, die bedrohliche Versorgungslage der Bevölkerung der SBZ nicht noch weiter zu verschärfen, wurde den zuständigen Stellen von Seiten des Ausschusses zu erwägen gegeben, Möglichkeiten zu finden, wenigstens die vorgesehenen Lebensmittellieferungen unabhängig vom Stande der Verschuldung der sowjetzonalen Vertragspartner im Interzonenhandel zu machen. Hierbei wurde vorgeschlagen, den im diesjährigen Interzonenhandelsabkommen vorgesehenen Swing um einen Betrag von 30 Millionen DM zu erhöhen, und zwar so, daß dadurch eine erhöhte Lieferung von Lebensmitteln veranlaßt wird. Angesichts der grundsätzlichen Bereitschaft aller zuständigen Stellen, in weit größerem Umfange Lebensmittel in die sowjetisch besetzte Zone zu liefern, und der Tatsache anderseits, daß mit einem wesentlichen Ausbau der Lieferungen im Rahmen des Interzonenhandels nicht gerechnet werden kann, wurde im Ausschuß von verschiedener Seite die Auffassung vertreten, daß den sowjetzonalen Stellen in besonderer Verhandlung das Angebot von Warenkrediten zur Behebung der Schwierigkeiten auf dem Sektor der Lebensmittelversorgung gemacht werden solle. Dem Einwand, daß die bisherige Haltung der Wirtschaftsbehörden der SBZ nicht annehmen lasse, daß von ihrer- Seite auf dieses Angebot eingegangen wird, wurde entgegengehalten, daß mit einer solchen Ablehnung gleichzeitig vor aller Weltöffentlichkeit die volle Verantwortlichkeit der derzeitigen Machthaber Mitteldeutschlands für die heraufbeschworene Hungersnot manifestiert sei. Schließlich wurde der Vorschlag gemacht, zu prüfen, in welchem Umfange und unter welchen praktischen und finanziellen Voraussetzungen in Aussicht genommen werden kann, in größerem Umfang in Westberlin Lager an Kartoffeln und Brot anzulegen, um dort Bewohnern des Ostsektors und Anrainern aus der Sowjetischen Zone nach einem bestimmten Zuteilungssystem Gelegenheit zu geben, sich gegen Zahlung in DM-Ost wenigstens mit diesen Grundnahrungsmitteln zu versorgen. Vor allen Dingen aber besteht — völlig unabhängig vom Willen und der Einsicht der für die bedauernswerte Lage der Sowjetzonenbevölkerung verantwortlichen Behörden in der SBZ oder von der Notwendigkeit umfassender finanzieller und organisatorischer Planungen der Bundesrepublik andererseits — für jeden einzelnen Bewohner der Bundesrepublik die Möglichkeit, die Notlage der Bewohner Mitteldeutschlands in nicht zu unterschätzendem Maße zu erleichtern. Unter den Entbehrungen, die mit dem Zusammenbrechen der Lebensmittelversorgung in der Sowjetzone jeder Einzelne zu tragen hat, stellen Sendungen von Lebensmittelpaketen aus der Bundesrepublik eine Hilfe dar, deren Gewicht hier, vom Blickwinkel normaler Lebensverhältnisse aus, gar nicht überschätzt werden kann. Seit einiger Zeit wird zwar von den Organen der sogenannten Kontrollpostämter in der Sowjetzone in verstärktem Maße versucht, die menschlichen und persönlichen Bindungen, die bisher noch auf diesem Wege zwischen dem westlichen Teil unseres Vaterlandes und den Bewohnern Mitteldeutschlands auf rechterhalten werden konnten, dem Eingriff der alles kontrollierenden Staatsgewalt auszusetzen: Man hat in wiederholten Fällen damit begonnen, Lebensmittelsendungen, die von gemeinnützigen Verbänden oder über die Einrichtungen der sogenannten „Päckchenhilfe" an notleidende Angehörige oder Freunde in der Sowjetzone gesandt wurden, als Kettensendungen, d. h. also als illegale Warenlieferungen zu deklarieren und auf den Kontrollpostämtern zu beschlagnahmen. Im großen und ganzen muß jedoch festgestellt werden, daß private und individuelle Paketsendungen an Angehörige oder Freunde (oder an von diesen vermittelte andere Anschriften Hilfsbedürftiger) zur Zeit noch am wenigsten behindert sind. Es wird Aufgabe aller zuständigen Stellen und Behörden sein, die einen Überblick über die Verhältnisse in der sowjetisch besetzten Zone haben, in der nächsten Zeit die Öffentlichkeit der Bundesrepublik in verstärktem Maße auf die Möglichkeiten hinzuweisen, die hier für eine echte Hilfe in der Not gegeben sind. Gleichzeitig aber sollte (Gerns) durch ständige Aufklärung über die von den sowjetzonalen Behörden erlassenen Versandvorschriften Sorge getragen werden, daß die aus der Bundesrepublik gesandten Pakete ihrem Empfänger nicht wegen angeblicher formeller Fehler entzogen werden können. Endlich sollte nichts unterlassen werden, was geeignet ist, die Wiederaufnahme der über die individuelle Betreuung hinausgehenden Hilfstätigkeit der Wohlfahrtsorganisationen und konfessionellen karitativen Verbände der Bundesrepublik zu erwirken, denen es bedauerlicherweise Anfang dieses Jahres unmöglich gemacht wurde, ihre karitative Tätigkeit für die Bevölkerung der sowjetisch besetzten Zone über den Rahmen solch individueller Paketsendungen auszudehnen. Eine sehr reale und entscheidende Hilfe würde weiterhin darin zu suchen sein, wenn es auch internationalen Hilfsverbänden in Zukunft ermöglicht würde, über individuelle Paketsendungen hinaus Altersheime und ähnliche Einrichtungen in der Sowjetzone durch ständige Geschenksendungen zu versorgen. Es sollte nicht unterlassen werden, bei den in Frage kommenden Organisationen anzuregen, auf geeigneter Ebene Verhandlungen über Möglichkeiten solcher Hilfsleistung aufzunehmen. V. Die Betreuung der in die Bundesrepublik geflüchteten bäuerlichen Bevölkerung aus der sowjetisch besetzten Zone (Zu Absatz 1 c des Antrags der Fraktion der SPD — Umdruck Nr. 764 —) Wenn das Problem der Eingliederung der nunmehr insgesamt etwa 12 500 aus der Sowjetzone geflüchteten Bauern und ihrer Familienangehörigen aufgegriffen wird, steht man der Tatsache gegenüber, daß nach 1945 294 000 heimatvertriebene bäuerliche Familien mit 1,2 Millionen Menschen in die Bundesrepublik einströmten, deren Unterbringung im alten Beruf und in der Umgebung ihrer Herkunft bisher trotz aller Anstrengungen und Sondermaßnahmen nur zu einem Bruchteil ermöglicht werden konnte. Vom Jahre 1949 bis heute wurden aus Bundes-, Länder- und ERP-Mitteln 564 735 392 DM für die Seßhaftmachung bäuerlicher Heimatvertriebener aufgebracht. Diese Mittel ermöglichten es, insgesamt etwa 45 000 bäuerliche Betriebe neu zu erstellen oder wüste und auslaufende Höfe zu pachten und zu erwerben. 35 000 dieser Höfe gelangten in die Hände von Bauern aus dem Kreise der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, so daß — die Familienangehörigen zugerechnet — etwa 140 000 von den 1,2 Millionen Menschen in die Landwirtschaft der Bundesrepublik eingegliedert sind. Gegenwärtige Planungen sehen (soweit dieser Betrag haushaltsmäßig gedeckt werden kann) für weitere Eingliederungsmaßnahmen, allein aus Mitteln des Bundes, für die Jahre 1953-1957 zusätzlich zu den von den Ländern aufzubringenden Leistungen jährlich 100 Millionen DM vor. Ferner erhalten die Länder jährlich 100 Millionen DM aus dem Ausgleichsfonds. Als Darlehn für bäuerliche Siedlungen und für die Kultivierung von Moor und Ödland werden vom Bund auf Antrag der Länder 2 500 DM je Hektar ausgeworfen. Durch diese Leistungen sollen jährlich im Rahmen des Bundesvertriebenengesetzes 20 000 bäuerliche Familien angesiedelt und seßhaft gemacht werden. Hierbei besteht nun selbstverständlich nicht die Möglichkeit, die aus der sowjetischen Zone flüchtenden Bauern zu bevorzugen, doch ist ihnen im Falle der Anerkennung nach Paragraph 3 des Bundesvertriebenengesetzes zugesichert, daß sie in ihren Rechten und Ansprüchen den Heimatvertriebenen und Flüchtlingen aus den besetzten deutschen Ostgebieten völlig gleichgestellt werden. Zur Zeit wird von den zuständigen Stellen vor allen Dingen Sorge getragen, daß bereits Einweisung und Unterbringung dazu beihelfen, die flüchtenden Bauern und ihre Familien dem Lande zu erhalten. In allen Aufnahmeländern wird versucht, Wohnungen und Arbeitsmöglichkeiten in Dörfern und Landgemeinden zu sichern. Die Schwierigkeit, die sich nun hierbei ergibt, liegt weniger an den Beschäftigungsmöglichkeiten im landwirtschaftlichen Beruf, da eine große Zahl von Landarbeiterstellen offen sind und sich die meisten der flüchtenden Bauern auch bereitzeigen, vorübergehend eine solche unselbständige Beschäftigung zu übernehmen, als vielmehr darin, daß 35 Prozent der Landarbeiterwohnungen seit Kriegsende durch Personen fremder Berufszugehörigkeit belegt wurden. In der Nähe mittlerer und großer Städte sind von Einweisungen solcher nichtlandgebundenen Personen etwa Zweidrittel aller Landarbeiterwohnungen betroffen. Es gilt deshalb zu versuchen, einen wesentlichen Teil von dem kürzlich für die Unterbringung von Sowjetzonenflüchtlingen insgesamt bewilligten 180-Millionen-DM-Betrag für die Errichtung von Wohnungen oder für den Wohnungsausbau auf dem Lande zu bestimmen. Während der Erörterungen, die der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen zu diesem Problem führte, wurde außerdem angeregt, die Gewährung von öffentlichen Mitteln zum Bau von Werkswohnungen davon abhängig zu machen, daß die dadurch geschaffenen Unterbringungsmöglichkeiten in erster Linie für die Aufnahme von berufsfremden Bewohnern solcher Landwohnungen verwendet werden. Begrüßenswerterweise wird von seiten der Bauernverbände der Bundesrepublik in zunehmendem Maße Anteilnahme für die Lage der aus der Sowjetzone flüchtenden Bauern bewiesen. So wird von zuständiger Seite mitgeteilt, daß gegenwärtig Bestrebungen zur Koordinierung der von diesen Verbänden beabsichtigten Betreuungs- und Hilfsmaßnahmen unternommen werden. Außerdem wird gerade von dieser Seite versucht, konkrete und den finanziellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in der Bundesrepublik angepaßte Vorschläge zur Eingliederung der geflüchteten bäuerlichen Bevölkerung in die Landwirtschaft zu formulieren. So fordert eine Denkschrift des Bauernverbandes Berlin, die Planung der Eingliederungsmaßnahmen in erster Linie a) auf die Unterbringung der flüchtenden Bauern in sogenannten Nebenerwerbssiedlungen, b) auf die Zuweisung vorübergehender ländlicher Heimstätten mit dazugehörigem Kleinbesitz von etwa einem Morgen Land, c) auf die Schaffung von Pachtlandzulagen für diese neu erstellten Heimstätten aus Ländereien im Besitz des Staates, der Gemeinden und der Kirche, durch pachtweise Überlassung aus dem Besitz sogenannter wüster oder auslaufender Höfe und durch die Aufschließung zur Zeit noch nicht landwirtschaftlich genutzter Flächen zu erstrecken. (Gerns) In der gleichen Denkschrift wird ein detaillierter Vorschlag über den organisatorischen Aufbau der Erfassung und Betreuung von flüchtenden Bauern seitens der Bauernverbände gemacht; vermutlich dürfte hier die Grundlage der mit den Koordinationsbestrebungen verbundenen Verhandlungen gefunden werden. Endlich ist eine Anregung zu erwähnen, die in Beratungen des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen erörtert und nun begrüßenswerterweise von den Landvolkhochschulen der Bundesrepublik aufgegriffen wurde. Es war vorgeschlagen worden, während der sommerlichen Semesterferien jugendliche Flüchtlinge aus den Kreisen der bäuerlichen SBZ-Bevölkerung für einige Wochen in den leerstehenden Heimen der Landvolkhochschulen zusammenzufassen, dort pädagogisch und psychologisch zu betreuen, gleichzeitig aber auf freiwillige Meldungen hin (über ein besonderes Vermittlungssystem) einzelne, besonders ausgesuchte Jugendliche ebenso sorgfältig ausgewählten landwirtschaftlichen Betrieben zuzuführen, auf denen sie nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern eine wirkliche Fortbildungsmöglichkeit und vor allen Dingen ein Zuhause finden. Erst wenn die Einweisung der Landjugend in landwirtschaftliche Betriebe nicht planlos erfolgt, kann damit gerechnet werden, daß diese Jugend mit Leib und Seele dem Land erhalten bleibt. Die Landvolkhochschulen haben diese Notwendigkeit erkannt und sich dem vorgetragenen Plan mit ganzer Anteilnahme zugewendet. Ein erster Kursus wird in diesen Tagen von einer Landvolkhochschule Hessens begonnen. Es ist anzunehmen, daß damit der Auftakt zu einer echten, persönlichen und wirkungsvollen Betreuung gegeben ist, die wenigstens in diesem einen Bereich hoffen läßt, daß die Kräfte der Zerstörung, denen das mitteldeutsche Bauerntum preisgegeben ist, hier nicht fortzuwirken vermögen bis in die nächste und übernächste Generation. Bonn, den 30. April 1953 Gerns Berichterstatter Prozentualer Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche der einzelnen Betriebsgrößenklassen in der Sowjetzone 1939 und 1951 Gebiet -5 ha*) 5 -20 ha 20 -50 ha 50 -100 ha über 100 ha**) 1939 1951 1939 1951 1939 1951 1939 1951 1939 1951 Brandenburg 7,9 10,0 28,0 56,0 25,0 23,7 9,5 4,6 29,6 5,7 Mecklenburg 3,8 5,6 19,4 65,0 20,3 19.5 8,2 4,1 48,3 5,8 Sachsen-Anhalt 7,6 9,4 29,4 53,8 24,9 24,2 11,2 7,4 26,9 5,2 Thüringen 20,9 24,0 48,3 57,5 16,1 14,2 4,7 2,4 10,0 1,9 Sachsen 11,6 13,3 45,8 60,3 23,9 21,8 5,8 2,6 12,9 2,0 Sowjetzone 9,2 11,2 31,8 58,4 22,4 21,2 8,4 4,5 28,2 4,7 *) 1951 ohne Sondergruppe Kleinbetriebe unter 0,5 ha Gesamtfläche, für die rund 295 000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesen sind. **) 1951 sämtliche Staatsbetriebe (VVG) und noch nicht verteilte Flächen zu Großbetrieben gerechnet. Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 264. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nrn. 2260, 4300 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Wacker Der Bundestag hat in seiner 152. Sitzung am 14. Juni 1951 den obenbezeichneten Antrag an den Finanz- und Steuerausschuß als federführend und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen. Der Finanz- und Steuerausschuß hat in seiner Sitzung am 5. Juli 1951 die eingehende Beratung des überwiesenen Antrages und die Anhörung einer ganzen Reihe von Sachverständigen auch außerhalb der Bundesfinanzverwaltung beschlossen. Als Sachverständige wurden geladen und angehört: 1. Herr Geheimrat Dr. Carl, Oberfinanzpräsident a. D., Bremen, 2. Herr E 11 i n g e r, Oberfinanzpräsident a. D., Stuttgart, 3. Herr Dr. Jacobsen, Oberfinanzpräsident, Hannover, 4. Herr Dr. Ring elm ann , Staatssekretär, München, 5. Herr Kaiser, Stadtrat a. D., Herdecke/Westfalen, 6. Herr Professor Dr. Brauer, Präsident des Bundes der Steuerzahler, Stuttgart, 7. Herr Dipl.-Kfm. Wolkersdorf, Wirtschaftswissenschaftliches Institut der Gewerkschaften, Köln, 8. Herr Dr. Gast, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, Bonn. Nach dem Anhören der Sachverständigen nahm Herr Bundesfinanzminister Schäffer noch zu dem Antrag Stellung. Bundesminister Schäffer glaubt nicht, daß eine Erörterung der Ausführungen der Sachverständigen die Angelegenheit wesentlich fördern könne, da die Entscheidung über die Grundgesetzänderung ein Politikum sei. Er halte es für unwahrscheinlich, daß die zur Änderung des Grundgesetzes erforderliche Zweidrittelmehrheit im Bundesrat erreicht werden könne, auch wenn dies im Bundestag gelingen sollte. Seine Einstellung zu dem Gesamtproblem werde von der Bemühung bestimmt, jeder Körperschaft das zu geben, was sie brauche. Vom Standpunkt des Bundes müsse er Einheitlichkeit in der Steuererhebung und Steuerverwaltung fordern; dagegen sei die Höhe der Verwaltungskosten ein zweitrangiges Problem. Nachdem das Zweite Gesetz über eine Bundesfinanzverwaltung zustande gekommen sei, sei im Benehmen mit den Ländern eine Durchführungsverordnung erarbeitet worden, zu der er die Zustimmung des Bundesrates zu erhalten hoffe. Diese Verordnung regele im wesentlichen drei Probleme: sie begründe nämlich die Zustimmungsnotwendigkeit des Bundesministers der Finanzen bei Stundungen nach § 127 RAO über eine gewisse Höhe hinaus, Erlassen nach § 131 RAO über eine gewisse Höhe hinaus und Gewährung von sonstigen Steuervergünstigungen (z. B. Pauschalabkommen). Er halte diese Regelung für einen großen Fortschritt in der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zur Erzielung der unbedingt notwendigen Einheitlichkeit, durch den eine Änderung des Grundgesetzes entbehrlich sei. Ergänzend fügt der Minister hinzu, daß es nach der augenblicklichen Fassung des Grundgesetzes einem Land nicht möglich sei, die Verwaltung seiner Steuern auf den Bund zu übertragen. So erlaube das Grundgesetz, das in Artikel 107 eine Neuverteilung der Steuern auf Bund und Länder vorsieht, auch nicht, evtl. an den Bund übergehende Steuern auch vom Bund verwalten zu lassen. In der Diskussion werden noch folgende Punkte erörtert: (Wacker) 1. Eigenstaatlichkeitsgefühle in den Ländern. Bundesminister Schäffer ist der Meinung — und die meisten Mitglieder des Ausschusses pflichten ihm bei —, daß im Lande Bayern ein besonderes Gefühl der Eigenstaatlichkeit in der Bevölkerung bestehe, das auch bei der Übertragung von Zuständigkeiten der Länder an den Bund berücksichtigt werden sollte. 2. Benötigte Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes. Entgegen der Auffassung von Bundesminister Schäffer halten es die Vertreter der SPD für möglich, daß in beiden Häusern eine starke Mehrheit, evtl. sogar die erforderliche Zweidrittelmehrheit zustande kommt. 3. Einsparungen durch eine Bundesfinanzverwaltung. Bundesminister Schäffer hält die Einsparung an reinen Verwaltungskosten für verhältnismäßig gering, erklärt sich aber in Übereinstimmung mit der von den Sachverständigen vor dem Ausschuß vertretenen Auffassung, daß durch eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung eine Erhöhung des Steueraufkommens zu erzielen sei, deren Ausmaß man noch nicht schätzen könne. 4. DVO zum Zweiten Finanzverwaltungsgesetz. Die Vertreter der SPD halten die angegebene Grenze der Höhe von Stundungen, Erlassen und sonstigen Vergünstigungen, über die hinaus die Zustimmung des BFM erforderlich werden soll, für zu hoch. Der Ausschuß ist jedoch mit dem Bundesminister der Finanzen der Meinung, daß das Zustandekommen dieser DVO ein wesentlicher Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand sei. Der Antrag wurde vom Finanz- und Steuerausschuß mit 16 zu 7 Stimmen angenommen. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat sich im wesentlichen der Ansicht des Finanz- und Steuerausschusses angeschlossen. Die Gutachten der Sachverständigen sind dem Schriftlichen Bericht in der Anlage*) beigefügt. Bonn, den 30. April 1953 Wacker Berichterstatter *) Anlage A Seite 12932. Anlage A zum Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (zu Nr. 4300 der Drucksachen) über den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nrn. 2260, 4300 der Drucksachen) Gutachten der Sachverständigen Dr. Carl gibt zu Beginn seiner Ausführungen einen historischen Überblick über die Entwicklung, die 1919 zur Schaffung der Reichsfinanzverwaltung geführt habe. In der Reichsverfassung von 1871 sei die Finanzverwaltung auch hinsichtlich der Verwaltung der Zölle und Reichssteuern ausschließlich in die Hand der Länder gelegt worden. Als Folge davon habe der merkwürdige Zustand bestanden, daß das Reichsschatzamt, das damalige Reichsfinanzministerium, keinen Unterbau gehabt hätte, also sozusagen ein Kopf ohne Hände und Füße gewesen sei. Es habe lediglich einzelne „Krücken" in Gestalt der sog. „Reichsbevollmächtigten" bei den Zolldirektivbehörden und eine Reihe von „Stationskontrolleuren" bei den einzelnen Zollämtern zur Verfügung gehabt, Krücken seien jedoch immer schwach und hätten auch auf diesem Gebiet die unerfreulichen Zustände damals nicht zu beheben vermocht. In der Provinz habe lediglich eine „diplomatische Höflichkeit", sachlich jedoch ein ständiger unerfreulicher Kampf zwischen der Länderverwaltung und ihren „Kontrolleuren" geherrscht. Auch die Krücken, mit denen man heute arbeitet und die man ständig vermehren müßte, seien nicht in der Lage, den Grundfehler zu beheben, der — heute wie früher bei der Reichsaufsicht — darin liege, daß das Reichs- oder Bundesministerium, das für die Ausführungen der Steuergesetze verantwortlich sei, hinsichtlich der Informationen, die es erhalten müßte, auf die Zwischeninstanz der Länderministerien angewiesen sei und sich nicht unmittelbar an die Provinzial- und Lokalbehörden der Länderfinanzbehörden wenden dürfe. Dieser Zustand sei ebenso unmöglich wie der, daß die Provinzialbehörden sich nicht unmittelbar an das Bundesfinanzministerium wenden könnten, sondern den Weg über die Länderministerien nehmen müßten. Die Folge sei Zeitverlust, Kostenvermehrung und vor allem eine starke Verwässerung der von der Provinzialverwaltung herangetragenen Anregungen und Informationen einerseits und eine Verminderung der Durchschlagskraft von Anordnungen des Bundesfinanzministeriums an die Provinzialverwaltung. Bei dem Reichsschatzamt wie heute beim Bundesfinanzministerium sei ein weiterer Nachteil dadurch aufgetreten, daß die in diese Behörden einmal aufgenommenen Beamten nicht ohne weiteres wieder in den Länderverwaltungen verwandt werden könnten, sondern mangels einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit bis zu ihrer Pensionierung oder ihrem Ableben in ihren Dienststellen bleiben müßten. Man könne daher weder das Reichsschatzamt noch heute das Bundesfinanzministerium als das betrachten, was es unbedingt sein müßte, nämlich als eine Art „Generalstab". Ein Wechsel zwischen „Front" und „Generalstab", also zwischen oberster Reichsbehörde und Provinzialbehörden, das Hin und Her, das für eine lebensfähige Verwaltung unbedingt notwendig sei, sei damals vollkommen ausgeschlosen gewesen und sei heute wiederum ausgeschlossen. Ähnliche Verhältnisse lägen infolge der Trennung der Provinzial- und Lokalverwaltung in Länderverwaltungen auch bei diesen Behörden vor. Dabei gäbe nicht der einheitliche Aufbau einer Behörde als solcher den Ausschlag, sondern es sei die Möglichkeit eines lebendigen Kreisens aller Kräfte innerhalb eines solchen Aufbaues erforderlich. Es sei nichts schädlicher, als wenn nicht nur die Rekrutierung, sondern auch die Ausbildung der Beamtenschaft nicht völlig gleichmäßig sei und damit der innere Geist, das Gefühl der Zusammengehörigkeit und die ganze Einstellung der Beamtenschaft der Einheitlichkeit ermangele. Gerade die Erfahrungen nach der Schaffung einer Reichsfinanzverwaltung hätten gezeigt, wie wertvoll in einem großen Beamtenkörper die Möglichkeit eines ständigen Austausches der Beamten innerhalb der gesamten Verwaltung sei. Die Nachteile haben sich vor 1919 besonders beim Grenzdienst ausgewirkt, wo das Fehlen einer Austauschmöglichkeit zu einer gefährlichen Überalterung in den einzelnen Ländern geführt hat. (Sachverständiger Dr. Carl) Darüber hinaus habe die Beamtenschaft der Landesbehörden verständlicherweise allzusehr unter dem Eindruck gestanden, Landesbeamte zu sein und deshalb die Interessen des Landes vordringlich wahren zu müssen. Der Einfluß provinzieller Wirtschaftskreise, politischer Parteien, von Länderparlamenten und -Regierung sei unter solchen Umständen ein ganz anderer — und zwar für die Allgemeinheit wesentlich ungünstigerer —, als wenn sie in einer Reichsverwaltung tätig und nur dem Bundesfinanzminister und dem Bundesparlament verantwortlich seien. Ferner seien infolge der Bindung der Verwaltungsbezirke an die Länder die Größenverhältnisse der einzelnen Provinzialbehörden wesentlich verschieden gewesen. Infolge dieser Bindung mußten und müssen zwangsläufig Mammut- und Liliputbezirke entstehen. Eine Abgrenzung der Bezirke nach wirtschaftlichen, verkehrs- und verwaltungstechnischen Gesichtspunkten wird unmöglich. Dazu sei gekommen, daß sich das Arbeiten des Verwaltungsapparats durch die Zwischenschaltung der einzelnen Ministerien als außerordentlich umfangreich, schwerfällig und kostspielig erwiesen habe. Das gelte natürlich in erster Linie für die fachliche Arbeit, also für die Bearbeitung der Steuerangelegenheiten, bei der sich die Länderministerien leider nicht auf die Rolle eines Briefträgers und ihre Mitwirkung im Bundesrat beschränkt haben. Es gelte aber weiter auch für die verwaltungstechnische Arbeit. Man denke an die Zersplitterung in die vielen Haushaltspläne der Länder, an die Zersplitterung im Kassen- und Rechnungswesen, im Prüfungswesen, in der Bearbeitung der Personalangelegenheiten von Beamten und Angestellten und an vieles andere mehr. Dabei sei gerade der Verwaltungsapparat ein Machtfaktor ersten Ranges, der von einer Zentralstelle aus einheitlich geleitet werden und oft schlagartig eingesetzt werden müßte. Man denke nur an die Bedeutung einer einheitlichen Grenz-, Zoll- und Steuerverwaltung im Verkehr mit dem Ausland und an die Verführung einer Länderverwaltung zu Zoll-, Steuer- und Wirtschaftsmanipulationen, gegen die ein Oberfinanzpräsident machtlos sei, der zwei Herren dienen solle. Alles in allem könne man wohl sagen: Ein privates Wirtschaftsunternehmen, das sich eine solche Organisation leiste wie die Finanzverwaltung vor 1919 und nach 1945, wäre schon in Normalzeiten, geschweige denn in Krisenzeiten nicht lebensfähig gewesen. Alle diese Fragen seien in den Jahren 1908/1909 aus Anlaß der wachsenden finanziellen Sorgen des Reichs erstmalig aufgeworfen worden. Das Reichsschatzamt habe damals aus eigenem Unbehagen an dieser Situation eine Erhebung über die Kosten und die Verteilung dieser Kosten auf die einzelnen Abgabenarten in den einzelnen Ländern machen lassen, die bei der Erhebung der Zölle und Verbrauchsteuern entstanden seien. Dabei habe sich herausgestellt, daß diese Länder an diesen Verwaltungskosten sehr stark profitiert, andere, wie z. B. Elsaß-Lothringen, ein erhebliches Minus gehabt hätten. So seien beispielsweise in Preußen infolge der dort überwiegend vorhandenen Großbrennereien große Einnahmen an Verwaltungskosten erzielt worden, während in Baden und Elsaß-Lothringen durch die Überwachung der 20 000 bis 50 000 Kleinbrenner eine starke Unterbilanz zu verzeichnen gewesen wäre. Als ebenso ungünstig habe sich in diesen Ländern die Lage der Zollverwaltungskosten erwiesen. Das Reich habe die Grenzzollverwaltungskosten lediglich nach Durchschnittssätzen getragen. Die Finanzverwaltungen Badens und Elsaß-Lothringens hätten infolgedessen nach 1900 jährlich erhebliche, bis an 3 Mill. Mark gehende Verluste gehabt. Aus diesen Erwägungen heraus habe man im Jahre 1910 beim elsaß-lothringischen Finanzministerium den Antrag gestellt, dem Gedanken näher zu treten, ob nicht die Zoll- und Verbrauchsteuerverwaltung in eine Reichsverwaltung übergehen könnte. Dieser Antrag, der in einer Denkschrift des damaligen Generaldirektors der Zölle und indirekten Steuern in Elsaß-Lothringen aus dem Jahre 1910 enthalten sei, stelle den ersten dokumentarischen Vorstoß zu einer Reichsfinanzverwaltung dar. Bekanntlich seien auf dem Gebiet der Verwaltung der direkten Steuern, die bis 1920 Landessteuern waren, die Verhältnisse auf dem Gebiete der Verwaltungsorganisation noch viel buntscheckiger und unzureichender gewesen als bei der Landeszollverwaltung. Gerade die Unterschiede in der Verwaltung der Landessteuern in Aufbau, Personalbestand und in der Zuständigkeitsregelung haben sich bereits als unhaltbar erwiesen, als das Reich am Anfang des Jahrhunderts mit der Erbschaftsteuer, der Wertzuwachssteuer und dem Wehrbeitrag in das Gebiet der direkten Steuern eingreifen mußte. Mit der Einführung der reichsgesetzlichen Regelung auf dem gesamten Gebiet der direkten Steuern sei eine einheitliche Regelung auch der Verwaltung der direkten Steuern schlechterdings unvermeidbar geworden. Redner schildert dann die sofort nach dem Zusammenbruch im Jahre 1918 noch im November des gleichen Jahres einsetzenden Arbeiten für eine neue Reichsverfassung, soweit sie die Finanzgesetzgebung und die Finanzverwaltung betroffen haben. Man habe damals beschlossen, für die Zölle und die damaligen Reichssteuern (Verbrauch- und Verkehrsteuern) in der Verfassung die Verwaltung durch das Reich vorzusehen. Von einer verfassungsmäßigen Verankerung einer Reichsverwaltung auf dem Gebiete der direkten Steuern habe man aber abgesehen, dagegen ihre Einführung durch ein normales, nicht verfassungsänderndes Reichsgesetz offengelassen. Ausschlaggebend für diesen einstweiligen Verzicht sei der Gesichtspunkt gewesen, daß für diese grundlegende und einschneidende Veränderung gegenüber dem bestehenden Zustand die Zeit noch nicht reif sei. Parlament und Öffentlichkeit hätten erst allmählich vorbereitet und ein passender Augenblick abgewartet werden müssen. Dabei sei man schon damals von der absoluten Notwendigkeit der baldigen Einführung auch einer Reichssteuerverwaltung überzeugt gewesen. Bei den Verhandlungen in der Nationalversammlung und in ihren Ausschüssen habe dann die Einführung einer Reichszollverwaltung wenig Schwierigkeiten gemacht. Lediglich zwei Fragen hätten lebhafte Diskussionen ausgelöst: Man habe einmal verhüten wollen, daß infolge einer solchen Regelung süddeutsche Beamte nach Norddeutschland und umgekehrt „deportiert" würden, und habe weiterhin verhindern wollen, daß durch die Abgrenzung der Bezirke der Reichsprovinzialbehörden die Länder in ihrem Machtbereich geschädigt würden. Die Länder hätten ihre Grenzen ohne (Sachverständiger Dr. Carl) Rücksicht auf wirtschaftliche und verkehrstechnische Gesichtspunkte unangetastet lassen wollen. Auch hier habe schließlich ein labiler Passus Ausnahmen aus „Zweckmäßigkeitsgründen" zugestanden. Die Verfassung habe dann kurz vor ihrer Verabschiedung gestanden, als der Versailler Vertrag abgeschlossen worden sei. Am Tage darauf habe er (Redner) dem damaligen Reichsfinanzminister Erzberger vorgetragen, nunmehr sei der Zeitpunkt für die Errichtung der Reichssteuerverwaltung gekommen, und zwar mit der Begründung, bei der Belastung, die der Friedensvertrag vorsehe, sei es unmöglich, daß die Reichsregierung die Steuerverwaltung aus der Hand gebe und sich dadurch die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, sehr stark verbaue. Erzberger habe das sofort eingesehen. Trotz der damals herrschenden Meinung, der für die Einführung der Reichssteuerverwaltung vorgeschlagene Termin von 3 Monaten sei zu kurz bemessen, habe er (Redner) sich für diesen Termin eingesetzt und darauf hingewiesen, wenn man die Sache auf die lange Bank schiebe, würden die Widerstände immer schwerer zu überwinden sein. Am 1. Juli habe man darauf im Reichsschatzamt den Entschluß gefaßt, die Reichssteuerverwaltung außerhalb der Reichsverfassung durch ein Reichsgesetz festzulegen. So sei es im August 1919 zu dem Gesetz gekommen, in dem die Reichsfinanzverwaltung mit dem 1. Oktober 1919 begründet worden sei. Hinsichtlich der Übernahme der Landesbeamten auf das Reich habe man sich mit den Ländern und der Beamtenschaft selbst geeinigt. Dagegen konnte die Frage der Abgrenzung der Provinzialbezirke nur vorläufig gelöst werden, weil die Länder zum großen Teil von der Forderung nicht abgingen, die Grenzen der Reichsverwaltungsbezirke hätten sich ohne Rücksicht auf wirtschaftliche und verkehrstechnische Schwierigkeiten an die Grenzen der Länder zu halten. Eine endgültige Festsetzung der Verwaltungsbezirke wurde daher einem besonderen Gesetz vorbehalten, das am 1. April 1920 in Kraft treten sollte, aber immer wieder verschoben wurde. Redner erwähnte sodann, er habe in seiner späteren Tätigkeit (1921) als „Reichskommissar für die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Reichsverwaltung" dem Reichskabinett Vorschläge zu einer endgültigen Regelung der Verwaltungsbezirke nach wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Gesichtspunkten unterbreitet, die aber an dem Widerstand der Länderministerien und Parlamente sowie insbesondere der Länderbürokratie unter den Tisch fielen. Ein wesentlicher Fortschritt sei im Jahre 1934 auf Grund eines von Staatssekretär Popitz ausgearbeiteten Vorschlags erzielt worden, der wenigstens in Norddeutschland durch die Schaffung der Verwaltungsbezirke Weser-Ems und Schleswig-Holstein-Mecklenburg Ordnung geschaffen habe. Die Hauptwiderstände hätten immer bei Bayern (Pfalz) und zudem bei Preußen gelegen, das um den Bestand des Landes Preußens besorgt war. Wenn nun auch damit noch kein Idealzustand geschaffen gewesen sei, so sei doch die Grundfrage, die Einrichtung einer Reichsfinanzverwaltung, gelöst worden. Man habe ein Ministerium gehabt, das wirklich als „Generalstab" fungieren konnte und die Provinzial- und Lokalverwaltung fest in der Hand gehabt habe. Man habe eine Provinzial- und Lokalverwaltung von einheitlichem Geiste gehabt, die unabhängig war von der lokalen und provinziellen Wirtschaft, von der lokalen und provinziellen politischen Verwaltung und unabhängig von den Parlamenten und Regierungen der einzelnen Staaten. Die Länder seien auf ihr eigentliches Einflußgebiet, auf die Tätigkeit im Bundesrat beschränkt worden. Die Auswirkungen der Einrichtung der Reichsfinanzverwaltung auf die Länder habe zu keinerlei Nachteilen für die Länder geführt. Insbesondere hätten die Länder regelmäßig die Einnahmeübersichten über die Reichssteuern erhalten und damit eine wirtschaftliche Übersicht über die Verhältnisse in ihrem Land bekommen. Sie seien der Versuchung enthoben gewesen, aus egozentrischen Gründen in die Durchführung der Reichsabgaben einzugreifen. Irgendwelche Unstimmigkeiten wären niemals entstanden. Wie befriedigend die Reichsfinanzverwaltung gearbeitet habe, könne man auch daraus ersehen, daß eine Reihe von Ländern der Reichsverwaltung auch die Verwaltung von Landessteuern übertragen haben. Das sei z. B. in Hamburg, in Bremen und sogar in Bayern der Fall gewesen, und diese Länder hätten es schon aus finanziellen Gründen sehr bedauert, als sie infolge der Änderung des Reichsgesetzes gezwungen gewesen wären, die Verwaltung der Landessteuern wieder in ihre eigene Hand zu nehmen. Zum Abschluß des Berichtes über die historische Entwicklung sei noch dem Einwand zu begegnen, die Reichsfinanzverwaltung sei mit daran Schuld gewesen, daß die nationalsozialistische Regierung erfolgreich habe wirken können. Demgegenüber sei zu betonen, daß er (Redner) bis 1941 Oberfinanzpräsident des Bezirks Weser-Ems gewesen sei und dafür einstehen könne, daß nicht ein einziges Mal eine Lokal- oder Provinzialstelle der Partei mit Erfolg versucht habe, in die Verwaltung der Reichsfinanzverwaltung einzugreifen. Bis 1941 sei jedenfalls jeder Versuch der Partei, auf die Arbeiten der Reichsfinanzverwaltung Einfluß zu nehmen, gescheitert. Redner berichtet, zu seiner Entlassung durch die nationalsozialistische Regierung sei es gekommen, weil er sich 1940 in einer Broschüre unter dem Kerngedanken, daß keine politische Instanz außer dem verantwortlichen Reichsminister Einfluß auf die Reichsfinanzverwaltung haben dürfe, gegen alle entgegengesetzten nationalsozialistischen Bestrebungen gewandt habe. Wäre die Finanzverwaltung in der nationalsozialistischen Zeit Landesverwaltung gewesen, so hätte das Bild sicherlich ganz anders ausgesehen. Was schließlich den Zeitpunkt für die Wiedereinführung einer Reichsfinanzverwaltung anbelange, so halte er ihn heute für durchaus gekommen. Der heutige Zustand sei hinsichtlich einer gleichmäßigen Durchführung der Steuergesetze, einer rationellen, sparsamen Verwaltung sowohl hinsichtlich des Aufkommens wie hinsichtlich der Stimmung in der steuerpflichtigen Bevölkerung untragbar. Dabei müsse man bedenken, daß sich die Schwierigkeiten einer Wiedereinführung der Reichsfinanzverwaltung von Tag zu Tag vergrößern. Während 1919 die Einführung der Reichsfinanzverwaltung ein Wagnis, ein Sprung ins Dunkel gewesen sei, so bedürfe es heutzutage nur eines Federstrichs, um geordnete Zustände herbeizuführen. Er könne wohl sagen, daß, von wenigen persönlich interessierten Beamten abgesehen, die gesamte Beamtenschaft geschlossen hinter dem Antrag stehe, die durch außenpolitische Einflüsse (Sachverständiger Dr. Carl) zerstörte Reichsfinanzverwaltung wieder herzustellen. Dr. Jacobsen gibt gegenüber der weitgehend geschichtlichen Darstellung des Vorredners ein Bild von der heutigen Lage und verweist auf die nach dem Grundgesetz gegebene Rechtslage hinsichtlich der Verwaltung der verschiedenen Steuerarten. Er betont, er beabsichtige nicht, das allgemeine Für und Wider einer Finanzverwaltung zu diskutieren, sondern lediglich die anstehenden Fragen unter zwei Gesichtspunkten, unter dem der Steuergerechtigkeit und unter dem der praktischen Verwaltung zu betrachten und daraus die Fragestellung nach der Notwendigkeit einer einheitlichen Finanzverwaltung zu beantworten. Bei dieser Betrachtung ergäben sich drei Fragen von ausschlaggebender Bedeutung, die zunächst vor ihrer Beantwortung folgendermaßen zu skizzieren seien. Der Redner fährt wörtlich fort: Erstens steuerliche Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit. Oberster Grundsatz für eine gerechte Steuerverwaltung muß es sein, daß jeder Steuerpflichtige zu den durch Bundesgesetz erlassenen Steuergesetzen auch wirklich gleichmäßig herangezogen wird. Es darf für die steuerliche Belastung des einzelnen keinen Unterschied machen, ob er im Norden, Süden, Osten oder Westen der Bundesrepublik wohnt, ob er zufällig einem finanzstarken oder einem finanzschwachen Lande angehört. Selbstverständlich gilt dieser Grundsatz nur für die Steuern, die vom Bund für die gesamte Bundesebene erlassen worden sind, wie z. B. die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer. Die erste und wichtigste Frage lautet demnach: Ist dieser Zustand einer befriedigenden Gleichmäßigkeit bei dem augenblicklichen Rechtszustand, nach dem den Ländern die Verwaltung zusteht, erreicht oder zumindest erreichbar, oder kann er nur durch die Schaffung einer einheitlichen Finanzverwaltung erreicht werden? Zweitens: Ziel einer jeden Verwaltung muß es sein, so sparsam und so rationell wie möglich zu wirtschaften. Es muß also erstrebt werden, daß mit den geringsten Mitteln der größte Nutzeffekt erzielt wird. Ich will damit nicht zum Ausdruck bringen, daß der Steuerverwaltung nicht das nötige Personal und Material zur Verfügung gestellt werden soll, um die Aufgaben zu erfüllen; im Gegenteil: in dieser Beziehung wird bei den fortgesetzt auftauchenden neuen Aufgaben und bei den immer komplizierter werdenden Steuergesetzen sehr viel getan werden müssen. Um so mehr muß aber verlangt werden, daß jede, aber auch jede vermeidbare Doppelarbeit, unter Umständen sogar Mehrfacharbeit, ausgeschaltet wird und daß alle Kräfte nur da eingesetzt werden, wo sie unbedingt erforderlich sind. Die zweite Frage lautet also: Ist bei dem jetzigen Zustand der Landesfinanzverwaltung ein rationelles Arbeiten gewährleistet oder durch die Einführung einer einheitlichen Bundesverwaltung eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung durch Vermeidung von Doppelarbeit oder Mehrfacharbeit zu erzielen? Drittens: Kann bei der Einführung einer Bundesfinanzverwaltung mit einem Mehraufkommen an Steuern unter gleichen Gesetzen und Steuersätzen gerechnet werden? Diese drei Fragen möchte ich nun untersuchen. Erstens: Gleichmäßigkeit. Die Frage, ob bei den jetzigen Länderverwaltungen auch nur annähernd die Gleichmäßigkeit und Steuergerechtigkeit erreicht worden ist oder erreichbar ist wie bei der Bundesfinanzverwaltung, muß ich nach meinen Erfahrungen, die ich als Oberfinanzpräsident in der Praxis gemacht habe und täglich mache, glatt verneinen. Ich will Sie nicht mit allgemeinen Ausführungen behelligen, sondern einige Fälle aus meiner Praxis herausgreifen, aus denen Sie sehen, wie unterschiedlich zur Zeit die steuerliche Behandlung ist. Die Finanzämter sind zur Zeit mitten in der Einkommensteuerveranlagung 1950. Wenn ich dies erwähne, dann bin ich schon mitten in der unterschiedlichen Handhabung der steuerlichen Verwaltung, die mit den zeitlichen Unterschieden in der Veranlagung anfängt und mit den materiellen Unterschieden in der Veranlagung endet. Was die zeitlichen Unterschiede anlangt, so ist zu beobachten, daß bei einem Teil der Länder die Veranlagung ganz bewußt forciert wird, d. h. man hat das Bestreben, die Veranlagung auf Kosten der Gründlichkeit so schnell wie möglich zu beenden. Man steht dabei auf dem Standpunkt, und zwar mit sehr beachtlichen Gründen, daß es bei dem ungeheuren Zeitdruck, unter dem die Finanzämter arbeiten, unbedingt notwendig sei, die Veranlagung 1950 so schnell wie möglich abzuschließen, um Zeit zu gewinnen für die neuen Aufgaben —Investitionshilfe, Einkommensteuerveranlagung 1951, Vermögensteuerveranlagung, Lastenausgleich —, Aufgaben, von denen man noch gar nicht weiß, wie man sie überhaupt bewältigen soll. In anderen Ländern steht man demgegenüber, und ebenfalls mit sehr beachtlichen Gründen, auf dem Standpunkt, daß es auch bei allem Zeitdruck, unter dem die Finanzämter leiden, nicht möglich sei, im Interesse der Steuergerechtigkeit und des Steueraufkommens auf eine gründliche Veranlagung zu verzichten. Sie sehen also schon hieran rein äußerlich: Je gründlicher ich veranlage, um so mehr Zeit brauche ich; aber um so mehr kommt auch durch die exakte Veranlagung, durch Beanstandungen, Rückfragen usw. heraus. Je mehr ich forciere, um so weniger gründlich kann ich veranlagen. Die Folge ist jedenfalls eine unterschiedliche Behandlung der Steuerpflichtigen. Man wird nun einwenden: Warum erläßt der Bund denn nicht einheitliche Richtlinien über die Intensität und über die Zeitdauer der Veranlagung? — Ich glaube, die Beantwortung ist sehr einfach: Das kann der Bund gar nicht, so lange er nicht selber die Verwaltung der Steuern hat. Denn Intensität und auch Zeitdauer einer Veranlagung hängen entscheidend von der Stellenbesetzung in den einzelnen Oberfinanzdirektionen ab. Sie werden maßgeblich beeinflußt, ob die Veranlagung mit einem gut ausgebildeten und gut durchgebildeten Personal durchgeführt wird oder ob weitgehend, wie es zur Zeit vielfach der Fall ist, auf unausgebildete und nicht voll ausgebildete Hilfskräfte zurückgegriffen werden muß. Sie hängen auch davon ab, wie die Raumfrage bei den einzelnen Finanzämtern gelöst ist, wie die wohnungsmäßige Unterbringung der Beamten und Angestellten der Finanzverwaltung gesichert ist usw. Alle diese Faktoren sind für das Arbeiten der Steuerverwaltung entscheidend und weisen in den einzelnen Ländern kolossale Unterschiede auf. Der Bund ist überhaupt nicht in der Lage, hier helfend einzugreifen, da er die Verwaltung der Steuern nicht hat. Redner geht sodann besonders auf die Fragen der Zollverwaltung ein, die bis zum Herbst 1950 (Sachverständiger Dr. Jacobsen) Auftragsverwaltung der Länder gewesen sei und ebenfalls alle die erwähnten Mängel gezeigt habe. Nach Schaffung der Bundesverwaltung und der damit verbundenen Vereinheitlichung sei bereits Entscheidendes verbessert worden. Zeige schon das äußere Bild einer einzigen Veranlagung bei oberflächlicher Betrachtungsweise ein erhebliches Maß von Verschiedenheit in der Verwaltung auf, so werde dieses Bild geradezu erschreckend vertieft, wenn man in die Einzelheiten hineinsteige und nachforsche, wo überall Unterschiede in der praktischen Handhabung zu verzeichnen seien. Man könne herausgreifen, was man wolle, man müsse feststellen, daß überall in den einzelnen Oberfinanzdirektionen, und zwar bedingt durch die Grundeinstellung in den einzelnen Länderministerien, verschieden verfahren werde. Das fange, um nur einzelne Beispiele zu nennen, mit der Bewertung des Anlagevermögens an, es greife über auf die Fragen der Schätzung der Lebensdauer von abnutzbaren Gegenständen und damit die Höhe der Abschreibung, es erstrecke sich weiter auf die Beurteilung, inwieweit Aufwendungen Betriebsausgaben oder zu aktivierende Herstellungskosten seien, ferner auf die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und dergl. mehr. Es greife Platz auf die übrigen zahlreichen Fragen, die insbesondere bei einer Buch- und Betriebsprüfung akut würden, auf das Fahndungswesen, auf die Strafbemessungen bei Steuervergehen und Zuwiderhandlungen, auf das Beitreibungs- und Vollstreckungswesen und, was von ganz besonderer Wichtigkeit sei, auf die Erlaß- und Stundungspraxis, die in den einzelnen Ländern geübt werde. Es sei deutlich die Tendenz erkennbar, daß in all diesen Fragen in den finanzstarken Ländern, die zur Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtungen nicht so sehr auf die restlose Erschöpfung ihrer Steuerquellen angewiesen seien und einen Teil ihrer Überschüsse doch an finanzschwache Länder abführen müßten, den Steuerpflichtigen wesentlich mehr entgegengekommen werde als in den finanzschwachen Ländern, die ihre Steuerquellen bis aufs Letzte ausschöpfen müßten und dadurch, daß sie ihre Steuerquellen ausschöpften, von ihren Steuern an den Bund auch noch mehr abführten als großzügig vorgehende finanzstarke Länder. Diese unterschiedliche Behandlung zeige noch eine andere Folge. Die Wirtschaft sei sehr feinfühlig und hellhörig, wenn es um ihren Geldbeutel gehe, und sie treffe ihre Maßnahmen, wenn sie dadurch große Beträge ersparen könne. Diese Maßnahmen seien, wo es möglich sei, Sitzverlegung. Solche Entschlüsse würden noch wesentlich dann gefördert, wenn von seiten anderer Länder, die Industrien zu sich hinüberziehen möchten, die Sirenenklänge der Gewährung von steuerlichen Erleichterungen zu den in Frage kommenden Betrieben herübertönten. Aus all diesen Gründen würden auf der einen Seite Steueroasen unter Schonung und Stärkung der einheimischen Wirtschaftsgebiete geschaffen, und auf der anderen Seite entstünden Steuerwüsten unter Schwächung der einheimischen Wirtschaft, ein Zustand, der unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit unerträglich sei. Auch der hier denkbare Einwand, warum der Bund nicht durch Herausgabe entsprechender Richtlinien für eine Einheitlichkeit der Handhabung sorge, sei einfach dadurch zu beantworten: bindende Richtlinien könnten nur da herausgegeben werden, wo es sich um Rechtsauslegungen handele. Bei all den genannten Umständen handele es sich aber im wesentlichen um Tatsachenermittlungen, um Tatsachenbeurteilung und darüber hinaus noch weitgehend um Ermessensfragen. Mit Anweisungen und allgemeinen Richtlinien über milde oder strenge Maßstäbe sei dabei nichts zu erreichen. Da nütze nur eine unmittelbare Unterstellung der mittleren und unteren Instanzen, also der Oberfinanzdirektionen und der Finanzämter, unter die Aufsicht des Bundes. Nur wenn der Bund die ihm unterstellten Dienststellen selber kontrollieren könne, könne er dafür sorgen — gegebenenfalls durch Versetzung oder Ersetzung von Beamten —, daß die ihm richtig erscheinenden Maßstäbe bei der Veranlagung auch tatsächlich angewandt würden. Für ihn (Redner) sei dabei nicht entscheidend, wie diese Maßstäbe aussähen, sondern nur das Verlangen, daß diese Maßstäbe in der gesamten Bundesrepublik einheitlich angewandt würden. Das sei aber nicht möglich, solange der Bund nicht unmittelbar die Kontrolle habe. Die widerstrebenden Tendenzen der einzelnen Länder könnten auf andere Weise nicht beseitigt und ausgeschaltet werden. Zwar müsse z. B. bei Steuerhinterziehungen, wo die Verhältnisse von Fall zu Fall anders liegen, ein erheblicher Spielraum gelassen sein; aber die Grundtendenz, der Rahmen, müsse einheitlich gegeben werden. Auch Steuersündern müsse man das Recht zugestehen, in der Bundesrepublik gleichmäßig behandelt zu werden. Von einer solchen Gleichmäßigkeit könne aber zur Zeit überhaupt keine Rede sein. Noch weiter auseinander gingen in den Ländern die Tendenzen bei den Vollstreckungsmaßnahmen und bei der Stundungs- und Erlaßpraxis, besonders dann, wenn bei Steuerhinterziehungen die nachzuzahlenden Beträge und die Strafen, zusammengerechnet, die Leistungsfähigkeit des Betriebes überstiegen und den Betrieb gefährdeten. In einigen Ländern werde der scharfe Standpunkt vertreten, daß es zur Herstellung der Steuermoral und auch im Interesse der steuerehrlichen Betriebe notwendig sei, grundsätzlich rücksichtslos durchzugreifen und nicht davor zurückzuschrecken, daß sich der Betrieb gegebenenfalls verkleinern müsse, daß sich der Betriebsinhaber von seinem Betrieb vielleicht trennen müsse und daß bei ganz krassen Fällen unter Umständen der Betrieb auch zum Erliegen komme. Im Gegensatz hierzu werde in anderen Ländern der Standpunkt vertreten — natürlich nicht offiziell durch Erlasse, sondern durch die Handhabung in der Erlaßpraxis usw. —, daß die Vollstreckung da ihre Grenzen haben müsse, wo der Betrieb gefährdet sei, sei es, daß er zum Erliegen komme oder auch nur durch Einschränkungen Arbeiterentlassungen notwendig würden. Je nach diesen Grundeinstellungen in den Ländern werde nun vollkommen verschieden verfahren; vielleicht nicht immer so kraß, wie geschildert, aber doch in den einzelnen Fällen grundlegend voneinander abweichend. Auch hier solle weder dem strengen noch dem milden Maßstab das Wort geredet werden — diese Entscheidungen sollten höheren Ortes getroffen werden —, aber es sei zu verlangen, daß die Tendenz einheitlich und nicht dem Ermessen des einzelnen Landes überlassen sei. Welche geradezu unlösbaren Gewissenskonflikte in den Ländern dabei aufträten, zeige folgender Fall aus der Praxis, den der Redner wörtlich wie folgt schildert: Zwei Konkurrenzfirmen, die in verschiedenen Ländern liegen, nehmen in der Herstel- (Sachverständiger Dr. Jacobsen) lung eines bestimmten Produktes fast eine Monopolstellung ein. Die eine Firma erweist sich nun als ein arger Steuersünder. Die Zahlung der Steuernachforderungen nebst Strafen würde den Betrieb zum Erliegen bringen, was sofort zur Folge haben würde, daß in diesem Land das betreffende Produkt nur noch aus dem anderen Lande bezogen werden könnte, daß also eine Schwächung der heimischen Wirtschaft zugunsten der Stärkung der Wirtschaft des Nachbarlandes eintreten würde. Abgesehen hiervon würde aber auch allein das Verweigern der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung, die ja für Aufträge der öffentlichen Hand benötigt wird und die bei Steuervergehen zu versagen ist, dazu führen, daß nun alle öffentlichen Aufträge auf das betreffende Produkt nicht mehr dem Lande, in dem der Steuersünder wohnt, sondern dem anderen Lande zuflössen. Es handelt sich dabei um einen Artikel, der gerade von der öffentlichen Hand stark benötigt wird. Wie wird nun eine solche Entscheidung ausfallen? Ist es überhaupt möglich, von dem betreffenden Land eine objektive Entscheidung zu verlangen? Ist es überhaupt zumutbar, das Land vor solche Gewissenskonflikte zu stellen? Ich stehe auf dem Standpunkt: nein! Auf die Steuerfahndung eingehend, die als Teil der Steuerverwaltung ebenfalls Landessache sei, führt der Redner wörtlich aus: Gerade die größten und lukrativsten Fahndungsfälle sind sehr oft die, die sich nicht nur auf das eigene Land erstrecken, sondern auch die Nachbarländer und -bezirke berühren. Solche Fahndungen können nur dann mit durchschlagendem Erfolg durchgeführt werden, wenn sie schlagartig in den betroffenen Ländern einsetzen und wenn die Belege bei den verdächtigen Firmen gleichzeitig sichergestellt werden. Man glaubt gar nicht, wie ausgezeichnet der Nachrichtendienst zwischen den Fahndungskunden funktioniert und wie schnell Belege verschwinden. Jede Verzögerung einer beabsichtigten Maßnahme, auch an nur einer Stelle, kann den ganzen Erfolg zum Scheitern bringen. Eine unerläßliche Voraussetzung ist somit auf diesem Gebiet ein gleichmäßiger organisatorischer Aufbau, eine gleichstarke Schlagkraft und ein reibungsloses Zusammenarbeiten in den einzelnen Ländern. Von diesem reibungslosen Zusammenarbeiten kann man heute, sobald sich eine Fahndung auf ein anderes Land erstreckt, keineswegs sprechen. Jedes Land hat noch das Interesse, zunächst einmal seine eigenen Fälle zu bereinigen. Wenn ein Ersuchen aus einem Nachbarbezirk kommt, sind die besten Fahnder gerade nicht greifbar oder einsatzbereit. Um in einem anderen Bezirk zu fahnden, muß man aber grundsätzlich die Genehmigung des benachbarten Landes haben. Ist einmal Not am Mann, und wird die Fahndung auf eigene Faust durchgeführt, so gibt es in vielen Fällen sehr große Konflikte mit den Steuerpflichtigen. Auch bei der Fahndung gibt es Fälle, in denen die in einem Land eingeleitete Fahndung den Interessen des anderen Landes zuwiderläuft. Hierzu ein lehrreiches Beispiel aus der Zeit der Kohlenengpässe, aus der Zeit des Schwarzhandels. Die Schwarzhändler saßen meist da, wo die Kohle war. Die Abnehmerfirmen waren Betriebe in allen Teilen der Bundesrepublik und mußten die Kohle begierig aufkaufen, um Arbeitseinstellungen usw. zu vermeiden. Schwarzhändler sind für die Fahndung zwar außerordentlich lohnende, aber sehr schwer zu überführende Objekte. Die Überführung gelingt meist nur, wenn auch durch Feststellung der abnehmenden Firmen der Nachweis der Höhe der Lieferung und der Preis erbracht wird. Also war das Ersuchen um Rechtshilfe von dem Lande, in dem die Schwarzhändler saßen, an die anderen Länder notwendig, um festzustellen, welche Firmen daran beteiligt waren und zu welchen Preisen sie Kohle abgenommen hatten. — Ich kann mir kaum denken, daß ein solches Ersuchen an die Beamten der übrigen Länder, die ja doch Landesbeamte sind und sich in erster Linie ihrem Land gegenüber verpflichtet fühlen, die Interessen des eigenen Landes zu wahren, mit Begeisterung aufgenommen und ihm mit Nachdruck Folge geleistet worden ist. Die Mehrsteuern und Strafzuschläge würden ausschließlich dem anderen Land zufließen. Die Fahndungsbeamten des einen Landes würden also ihre Zeit — von ihrem Standpunkt und vom Standpunkt des Landes aus gesehen — für ein anderes Land aufwenden müssen und würden darüber hinaus die Volkswirtschaft ihres eigenen Landes erheblich schädigen, weil die Folge doch die sein würde, daß der Zufluß der Schwarzmarktkohle schlagartig ausgesetzt hätte. Die Firmen in diesem Land hätten ihre Betriebe einschränken müssen, Arbeiterentlassungen vornehmen müssen usw. —. Auch hier sieht man, daß es in vielen Fällen den Ländern gar nicht zumutbar ist, sich gegenseitig Hilfe zu leisten. Man erkennt, welche Gewissenskonflikte entstehen, sobald gegenseitige Interessen der Länder im Spiele sind. Diese Konflikte können nur vermieden werden, wenn eine einheitliche Lenkung durch den Bund erfolgt. Redner betont, aus Zeitmangel nicht auf alle Steuerarten eingehen zu können, um den Überblick erschöpfend zu geben. Wo man jedoch überhaupt nur eine Steuerart herausgreife, könnten auf Grund der Erfahrungen der Praxis Unterschiede in der Handhabung und in der Veranlagung aufgezeigt werden. Redner fährt fort: Nur noch ein Wort zur Umsatzsteuer. Die Verwaltung wird bei der Oberfinanzdirektion durchgeführt, und zwar derart, daß das Umsatzsteuerreferat der Landesabteilung, nämlich der Abteilung für Besitz- und Verkehrsteuern zugeteilt, aber nicht ihr unterstellt ist. Es untersteht unmittelbar dem Oberfinanzpräsidenten. Diese Konstruktion kann man auch bei wohlwollendster Betrachtung nur als eine organisatorische Groteske bezeichnen. Die Regelung in der Unterinstanz — das man sich der Finanzämter als Hilfsstellen der Oberfinanzdirektionen bedient, die Verwaltung also von Oberfinanzdirektionen wahrgenommen wird und die Finanzämter lediglich Hilfestellung leisten — ist meines Erachtens eine gesetzestechnische Akrobatik. Die Auswirkungen dieser Regelung sind dementsprechend auch höchst unbefriedigend. In den Oberfinanzdirektionen entsteht eine Doppelarbeit bei der Bearbeitung der Stundungs-, Erlaß- und Vollstrekkungsfälle, deren Bedeutung täglich wächst. Täglich muß berichtet werden. Bei Aufstellung von Ratenzahlungsplänen, die früher beim Zusammentreffen von Einkommen- und Umsatzsteuern stets einheitlich bearbeitet werden konnten, müssen jetzt zwei verschiedene Dienststellen in Funktion treten. Auch bei den Lokalinstanzen, bei den Finanzämtern, tritt dadurch eine Erschwerung ein, daß sie in solchen Fällen an zwei Instanzen berichten müssen. Für den Betriebsprüfer ergeben sich aus seiner Stellung als Landesbeamter, der Landes- und Bundessteuern zu prüfen hat, Gewissenskonflikte, weil (Sachverständiger Dr. Jacobsen) beispielsweise bei einer Steuernachforderung von 1000,— DM Umsatzsteuer sich unter Umständen das Aufkommen an Einkommensteuer und Gewerbesteuer um mehr als 900,- DM verringern kann. Des weiteren ergeben sich bei der Oberfinanzkasse erhebliche Erschwernisse dadurch, daß wir nicht mehr eine einheitliche Oberfinanzkasse, sondern eine Bundes- und eine Landesfinanzabteilung haben. Hierdurch wird ein erhöhtes Maß an Buchungen notwendig, weil vieles getrennt werden muß, was früher vereinheitlicht war. Auch das Prüfungswesen wird erschwert. Die Vollstreckungen müssen nämlich einmal durch das allgemeine Vollstreckungsreferat und, soweit auch Umsatzsteuer in Frage kommt, daneben durch das Umsatzsteuerreferat auf seinem Gebiet überprüft werden. Nach diesen nur herausgegriffenen wichtigsten Punkten komme ich zu der Schlußfolgerung, daß bei der Verwaltung der Besitz- und Verkehrsteuern durch die Länder eine befriedigende Gleichmäßigkeit und Steuergerechtigkeit nicht erreicht werden kann, sondern daß zur Erreichung dieses Zieles unbedingt die Schaffung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung erforderlich ist. Der vom Bundestag bereits verabschiedete Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Finanzverwaltung ist ein Gesetz, das auf Krücken läuft. Man kann mit ihm vielleicht einige kleine Ungleichmäßigkeiten ausgleichen, aber eine Änderung der Grundeinstellung der einzelnen Länder und eine Erwirkung der Gleichmäßigkeit der Handhabung wird hiermit nicht erreicht. Gleichmäßigkeit kann nur ereicht werden, wenn der Bund auch das Personal und die Organisation unter sich hat, wenn er die Beamten da einsetzen kann, wo sie seiner Ansicht nach nötig sind, wenn er sie gleichmäßig durch Schulung usw. ausrichtet, — was aber alles nur durch Schaffung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung möglich ist. Die zweite aufgeworfene Frage, die Frage der sparsamen Verwaltung. Mit Rücksicht auf die Verwaltung der Besitz- und Verkehrsteuer durch die Länder sind in den einzelnen Landesministerien Steuerabteilungen erforderlich. Die Aufgaben dieser Verwaltung sind einmal die Ausübung der beratenden Mitwirkung bei der Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen durch den Bund gegenüber dem Bundesfinanzministerium; zweitens sind sie der — alleinige — Mittler zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Mittel- und Unterinstanzen, den Oberfinanzdirektionen und den Finanzämtern; drittens üben sie noch eine beratende Tätigkeit für die Beschlüsse, die im Bundesrat zu treffen sind, aus. Dieser Aufbau entspricht nicht dem Gedanken einer sparsamen Verwaltung; denn die Tätigkeit der Länderministerien kann ich nur da für notwendig ansehen, wo es sich um die Beratung für die Beschlüsse des Bundesrates handelt, nicht dagegen auf den beiden anderen Gebieten. Damit die Länder ihre beratende Tätigkeit beim Bund ausüben können, müssen sie weitgehend auf die praktischen Erfahrungen bei den Oberfinanzdirektionen zurückgreifen. Sie müssen sich also entweder durch mündliche Besprechungen oder durch schriftliche Berichte von den Oberfinanzdirektionen Informationen holen. Diese werden dann beim Bund verwertet. Wäre es da nicht sehr viel einfacher, zwangloser und billiger, wenn statt der umständlichen Regelung, daß sich erst elf Länderministerien von ihren Oberfinanzdirektionen berichten lassen und die Ergebnisse beim Bund zusammentragen, der Bund die Referenten der Oberfinanzdirektionen unmittelbarhörteund daraus seine Erfahrungen schöpfte? Das hätte für den Bund auch den Vorteil, daß er die Erfahrungen der Oberfinanzdirektionen aus der Nähe der Praxis und unmittelbar vorgetragen bekommt und nicht erst durch das Filter der Länder. Ein solches Filter kann weitgehend nicht zusagende Auffassungen verschwinden lassen. Der Bund würde sich also sehr viel schneller und objektiver berichten lassen können, wenn es unmittelbar geschähe. Dieses Verfahren ist aber heute nicht möglich, denn der Bund darf auf dem Gebiet der Besitz- und Verkehrsteuern mit den Oberfinanzdirektionen überhaupt nicht unmittelbar verkehren. Soweit die Mittlertätigkeit zwischen dem Bund und den OFD in Betracht kommt, wirkt sich dieser Zustand von Doppel- oder besser gesagt Mehrfacharbeit noch stärker aus. Da sich der Bund zur Zeit nur auf die Regelung der grundsätzlichen Fragen beschränken muß und die zur Durchführung der Verwaltung erforderlichen Anweisungen im wesentlichen von den Ländern herausgegeben werden, wird bei all diesen Anweisungen elfmal die gleiche Arbeit geleistet, die, wie ich in dem 1. Teil meiner Ausführungen dargelegt habe, noch nicht mal eine gleiche Arbeit ist, da die Tendenzen der Länder in der Verwaltung vielfach voneinander abweichen. Im Laufe des Jahres 1951 sind im Teil II des Bundessteuerblattes etwa 150 Ländererlasse veröffentlicht worden, die Zahl der nicht veröffentlichten Erlasse dürfte noch wesentlich höher liegen. Zu einer einzigen Vorschrift, nämlich zu § 7 c des Einkommensteuergesetzes (Förderung des Wohnungsbaues durch Hingabe von Zuschüssen und unverzinslichen Darlehen), sind bisher 23 Länder-Ministerial-Erlasse ergangen, die sich auf 9 Länder verteilen. Daß dieses Vielfache an Länder-Ministerial-Erlassen sich auch für Betriebe, die sich über mehrere Länder erstrecken, und auch für die übergebietlich tätig werdenden Betriebsprüfer und Fahndungsbeamten als starke Mehrbelastung auswirkt, bedarf keiner Erwähnung. Bei Schaffung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung könnten die Steuerabteilungen der Länder auf einen Bruchteil reduziert werden. Sie brauchten nur noch die Kräfte zu haben, die nötig sind, um ihre beratende Tätigkeit für die Beschlüsse des Bundesrates auszuüben. Demgegenüber würde die Mehrbelastung des Bundesfinanzministeriums nur in der Schaffung eines Organisations- und Personalreferats für die Bundesbeamten bestehen, also kaum ins Gewicht fallen. Zur dritten aufgeworfenen Frage, der Frage des Mehraufkommens an Steuern bei Einführung der Bundesfinanzverwaltung. Daß durch Schaffung einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung, die, wie ich oben ausgeführt habe, viel straffer und damit schlagkräftiger sein würde, bei gleichen Steuergesetzen und -sätzen ein Mehraufkommen zu erzielen sein würde, kann meines Erachtens nicht in Zweifel gezogen werden. Über die Höhe selbst lassen sich nur schwer Schätzungen aussprechen, denn die Höhe des Mehraufkommens wird ausschlaggebend beeinflußt werden von den mehr oder weniger strengen Maßstäben, die die Bundesfinanzverwaltung als Grundsatztendenz für die einzelnen Tatsachenbeurteilungs- und (Sachverständiger Dr. Jacobsen) Ermessensfragen aufstellt. Man braucht aber gar nicht den strengsten Maßstab zu wählen. Selbst wenn zur Herbeiführung der Gleichmäßigkeit in den Ländern, die ihre Steuerquellen notgedrungen voll ausschöpfen, eine gewisse Milderung des Maßstabes erfolgen sollte, dafür aber in den Ländern, die es sich leisten können, großzügig zu verfahren, eine Verschärfung eintreten würde, dürfte das Mehraufkommen nicht unbeachtlich sein. Ich schätze, daß man — ohne den Bogen bei der Bemessung der Maßstäbe zu überspannen — für die beiden wichtigsten Steuern — nämlich Einkommen- und Körperschaftsteuern — mit einem Mehraufkommen von etwa 10 % rechnen könnte. Ich bin davon überzeugt, daß bei den übrigen Steuern das Minderaufkommen mit 5 % veranschlagt werden kann, so daß wir, wenn wir eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung haben werden, mit einem Mehraufkommen von der Größenordnung von etwa einer Milliarde rechnen können. Zum Schluß noch ein Wort von allgemeiner Bedeutung. Das Auseinanderfallen der Steuerverwaltung hat ein außerordentlich bedrohliches Maß erreicht. Wo bis jetzt noch ein größeres Abbrökkeln der Einheitlichkeit vermieden worden ist, ist es nur dem Umstand zu verdanken, daß sowohl in der praktischen Verwaltung der Oberfinanzdirektionen und Finanzämter, als auch—und das möchte ich ausdrücklich betonen — in den Länderministerien erfahrene Beamte sitzen, die noch in der Tradition der alten einheitlichen Finanzverwaltung groß geworden sind und die noch immer diese unsichtbare Klammer der alten Tradition um sich spüren. Wenn noch einige Jahre ins Land gehen und jüngere Kräfte — denn die jetzige erfahrene Generation an Referenten ist im Aussterben —ans Ruder kommen, die noch nie in anderen Bezirken tätig waren und nicht wissen, wie es dort aussieht, dann wird das Auseinanderbröckeln ungleich schneller vor sich gehen. Es wird dann sehr viel schwieriger sein, den Topf wieder zusammenzuleimen, der durch die Aufgabe der einheitlichen Finanzverwaltung seinerzeit zerschlagen worden ist. Ellinger verweist darauf, daß die Vorredner bereits einen Teil seiner Ausführungen vorweg genommen hätten. Er beabsichtige, diese Frage besonders vom Standpunkt der Beamten aus zu betrachten, die sich bei der alten Reichsfinanzverwaltung sehr wohlgefühlt hätten. Wenn man heute unter den Finanzbeamten eine Abstimmung machen würde, würde man feststellen können, daß 98 bis 99 % wieder sehr gern nach dem alten System arbeiten würden. Die Gründe für diese Einstellung der Beamtenschaft seien sehr verschiedenartig. Redner führt ein Wort von Popitz an: „Steuern ist Kunst, Etat ist Handwerk!". Heute seien die „Künstler" den „Handwerkern" unterstellt, und das habe nicht gut getan. Er (Redner) habe immer den Standpunkt vertreten: Wir müssen eine einheitliche Verwaltung haben. Schon aus den ersten Nachkriegserscheinungen, insbesondere bei der 25prozentigen Lohnabgabe in einem gewissen Land, habe man zu diesem Standpunkt kommen müssen. Die Gefahr eines vollkommenen Auseinanderlebens sei da sehr groß gewesen. Auf den Tagungen der süddeutschen Länderverwaltungen in Bad Boll im November 1945 und im Februar 1946 und später habe man sich zu koordinieren bemüht. Wenn das damals nicht ganz gelungen sei, dann deshalb, weil die verschiedenen Militärregierungen und die Ländervertretungen oft anderer Meinung gewesen seien. So habe man diese Zustände über die ganze Zeit hinweggeschleppt, bis das Grundgesetz, dessen Abschnitt X allerdings gewisse Mängel aufweise (s. u.), gekommen sei. Redner erwähnt sodann die Zollschiebungen an der Schweizer Grenze, die damals nur durch die getrennte Verwaltung möglich gewesen seien. Heute sei so etwas infolge der einheitlichen Bundeszollverwaltung schon wesentlich schwerer. Die gewerbliche Wirtschaft in begünstigteren Ländern klage auch sehr oft darüber, daß ihre Kollegen aus anderen Ländern weniger Steuern zahlten. Auch das sei eine natürliche Folge des Auseinanderfallens der Steuerverwaltung. Zur Betriebsprüfung und Fahndung sei zu sagen, in seinem Lande habe man keine schlechten Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit den anderen Ländern gemacht; man müsse aber auf diesem Gebiet noch mehr an einem Strang ziehen. Auf das Grundgesetz eingehend, weist der Redner darauf hin, Art. 108 habe den Leuten von der Steuerverwaltung erhebliche Kopfzerbrechen gemacht, da unter dem Druck der Besatzungsmächte manches Unzweckmäßige hineingekommen sei. Man habe zwischen der Umsatz- und der Beförderungsteuer einerseits und der Biersteuer andererseits den Unterschied gemacht, erstere den Oberfinanzpräsidenten und nicht den Finanzämtern zur Verwaltung zu geben. Das gehe nur mit der Fiktion, daß die Finanzämter Hilfsstellen des Oberfinanzpräsidenten seien. Es sei eben unmöglich, daß eine Mittelinstanz Steuern verwalte. Bei der Biersteuer habe man eingesehen, daß es so nicht gehe, es gehe aber namentlich bei der Umsatzsteuer ebensowenig. Nach Unterstreichung einiger Ausführungen der Vorredner bemerkt der Redner, es sei unmöglich, daß man die Umsatz- und de Beförderungssteuerakten voneinander trenne. Der Bezirksbearbeiter müsse die Akten stets beieinander haben, schon um, wenn irgendein Stundungs- oder Erlaßfall komme, ihn einheitlich bearbeiten zu können. Noch mehr sei dies der Veranlagung wegen notwendig. Wegen dieser und anderer Konstruktionen, die wir den Besatzungsmächten verdanken, schreie alles nach einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung. Redner betont sodann, man könne diese ohne weiteres einrichten, denn bis jetzt habe sich noch kein großes Auseinanderleben gezeigt. Es sei jedoch höchste Zeit dazu, weil die alten Beamten der früheren Reichsfinanzverwaltung allmählich ausfallen. Er führt einige Nachteile aus der Länderverwaltung an und verweist besonders auf die Austauschmöglichkeit namentlich der jüngeren Beamten. Eine weitere Frage sei die des Gehalts, das bei der getrennten Verwaltung keineswegs einheitlich sei. Ferner müsse das Gebiet der Steuern von einem Finanzpräsidenten ordnungsgemäß bearbeitet werden, denn davon hänge alles ab. Eine, wenn auch nur vorübergehende Verlegung dieser Stelle aus der Steuerverwaltung hinaus richte vid Schaden an. In der Frage des landsmannschaftlichen Prinzips sei er jedoch anderer Meinung als Herr Dr. Jacobsen. Die jungen Leute sollten zwar heraus, sollten sich anderen Wind um die Ohren wehen lassen; aber wenn es sich darum handele, die leitenden Posten beim Finanzamt oder Hauptzollamt (Sachverständiger Ellinger) zu besetzen, dann wolle man schon die eigenen Landsleute dafür nehmen. Das landsmannschaftliche Prinzip müsse also wenigstens bei den leitenden Stellen berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Steuerverwaltung verweist der Redner darauf, daß es beim Reich bis 1933 auf diesem Gebiet keine Beanstandungen gegeben habe. Das zentralistische Prinzip, wie es im Dritten Reich eingeführt worden sei, lehne er jedoch grundsätzlich ab. Die Steuern müßten richtig erhoben und verteilt werden. In kleineren Staaten sei die Einwirkung des Länderfinanzministeriums auf das Oberfinanzpräsidium mangels Personals für eine ausgebaute Steuerabteilung beim Finanzministerium im allgemeinen nicht sehr groß. Eine große Steuerabteilung koste Geld und Leute. Der Bundesrat nähme schließlich die Interessen der Länder genügend wahr. Die Einwirkung von elf Länderfinanzministerien sei jedoch unerwünscht, da sie teilweise ganz verschiedene Interessen und Einstellungen zeigten. Bezugnehmend auf die Ausführungen der Vorredner wendet er sich gegen eine schlappe Steuererhebung und betont, in Bedarfsfällen könne man im Einzelfall helfen. Dann sei die Frage der Einwirkung der Länder auf die Verwaltung und auf die Verwaltungsaufgaben aufgetaucht. Seiner Meinung nach gleiche sich das mindestens aus. Der Bund werde bei einer einheitlichen Finanzverwaltung vielleicht etwas mehr an Ausgaben haben, dafür aber die Länder erheblich weniger; das könne keinesfalls ein hindernder Gesichtspunkt sein. Ein Gegenargument gegen die Bundesfinanzverwaltung sei ferner, der Weg nach Bonn sei für den einzelnen zu weit. Man habe jedoch früher, als der Reichsfinanzminister in Berlin gesessen habe, den Steuerpflichtigen zumuten müssen, nach Berlin zu gehen, wenn sie es für nötig gehalten hätten, mit den allerhöchsten Herren zu sprechen. Im übrigen gingen die kleinen Leute sowieso höchstens zum Oberfinanzpräsidenten, und die großen fänden den zuständigen Mann in jedem Falle. Auf die entsprechenden Ausführungen der Vorredner eingehend, wendet sich der Redner ebenfalls gegen den unerträglichen Zustand, daß sich die Länder gegenseitig die Betriebe ausspannten. — Sodann verweist er auf die ländermäßige Verschiedenheit in der Lebenshaltung namentlich der großen Gewerbetreibenden und deren Einfluß auf das Steueraufkommen. Er erklärt, die von den Besatzungsmächten seinerzeit geschaffenen willkürlichen Ländereinteilungen sollten im Rahmen des Gesunden und Erträglichen bereinigt werden. Bei Vorhandensein von nur fünf oder sechs ausgeglichenen Ländern sei der horizontale Finanzausgleich, der den Ländern besonderen Kummer mache, vollkommen hinfällig. Wenn aber Länder von anderen Ländern etwas haben wollten, müßten sie sich auch eine gewisse Kontrolle gefallen lassen. Im Zusammenhang damit vertritt der Redner die Forderung nach einem Bundessparkommissar. In der Steuerverwaltung brauche man ihn nicht, aber wenn man tatsächlich sparen wolle, könne man es nur dadurch machen, daß man die einzelnen Verwaltungen kontrolliere und nicht wie seinerzeit (Sämisch) unausführbare Organisationsvorschläge mache. Diese Forderung werde auch vom Bund der Steuerzahler erhoben. Abschließend betont der Redner noch einmal, daß er die einheitliche Bundesfinanzverwaltung für unbedingt nötig halte und daß sie auch von den Leuten in seiner Verwaltung gefordert werde, — nicht etwa im Interesse der Steuerbeamten, sondern im Interesse der Finanzen des Bundes und der Länder. Auf die Frage eines Abgeordneten führt Dr. Carl aus, die völlig überflüssige Ministerialinstanz in den Ländern solle ausgeschaltet werden. Das bringe durch Zusammenlegungen, verminderte Reisekosten usw. die geforderten Ersparnisse. In dieser Beziehung werde ein unendlicher Leerlauf betrieben, weil zwischen einer Ministerialinstanz des Bundes und den Provinzialverwaltungen noch einmal eine Ministerialinstanz stehe. Ein wirtschaftlicher Betrieb werde sich einen solchen Luxus nicht leisten dürfen. Der Vorsitzende stellt Anregungen des Ausschusses bezüglich einer umfangreichen Materialsammlung seitens der Oberfinanzpräsidien zu den heute angeschnittenen Fragen fest. Ellinger wendet sich gegen die Einziehung der Gewerbesteuern durch die Gemeinden. Diese Aufgabe könne ohne weiteres von den Finanzämtern mit erledigt werden, was weniger Arbeit und Kosten mache. Zur Lohnsteuer sei noch zu bemerken, daß die Lohnsteueraußenbeamten wegen des Lohnsteuerausgleichs noch nicht hätten richtig eingesetzt werden können. Von Monat zu Monat vermindere sich dadurch das Aufkommen, da die Betriebe, wenn sie merkten, daß der Außenbeamte nicht komme, die Lohnsteuer lässiger berechneten, als wenn sie Angst haben müßten, daß der Mann am nächsten Tage eintreffe. Staatssekretär Dr. Ringelmann: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe dem Herrn Vorsitzenden gerade Druckstücke eines Vortrags übergeben, den ich im Wirtschaftsbeirat der CSU im Februar dieses Jahres zur Frage der Bundesfinanzverwaltung gehalten habe. Ich halte mich nicht an diesen Vortrag, sondern möchte mein Gutachten ausschließlich als Finanzsachverständiger abgeben, während ich dort als Staatssekretär des bayerischen Finanzministeriums gesprochen habe. Ich glaube ein ziemlich objektives Urteil in der Frage „Bundesfinanzverwaltung und Landesfinanzverwaltung" geben zu können; denn ich kenne die deutschen Finanzverwaltungen seit nahezu vierzig Jahren. Ich war in der Finanzverwaltung tätig, als sie in allen deutschen Bundesstaaten in ihrem gesamten Umfang noch reine Landesverwaltung war. Ich habe die Umwandlung der wichtigsten Teile dieser deutschen Finanzverwaltungen in eine zentrale Reichsfinanzverwaltung auf Grund des Gesetzes vom 10. September 1919, das dann in die Reichsabgabenordnung vom Dezember 1919 eingebaut wurde, erlebt. Ich habe die straffe Entwicklung dieser Reichsfinanzverwaltung zu einem leistungsfähigen Steuerverwaltungsapparat erlebt und habe auf der andern Seite gesehen, wie mit dieser straffen Entwicklung der Reichsfinanzverwaltung die Reste der Landesfinanzverwaltungen allmählich in Verfall geraten sind. Ich war dann auch Zeuge des Zusammenbruchs der Reichsfinanzverwaltung im Jahre 1945, des Wiederaufbaus der Finanzverwaltungen — teils als Zonenverwaltung unter der Führung einer Finanzleitstelle in der britisch besetzten Zone, teils als unmittelbare Landesverwaltungen - in der Zeit von 1945 bis 1950. (Sachverständiger Dr. Ringelmann) Ich kenne endlich, da ich dem Parlamentarischen Rat als Sachverständiger in Finanzfragen zugeteilt worden war, die durch Art. 108 des Grundgesetzes herbeigeführte und durch das Erste Gesetz über die Finanzverwaltung näher bestimmte Aufspaltung dieser neugebildeten Finanzverwaltungen in eine Zoll- und Verbrauchsteuerverwaltung des Bundes auf der einen und in eine Landesverwaltung auf der anderen Seite, die insbesondere die Besitz- und Verkehrsteuern verwaltet. Ich konnte mir also ein Urteil über die Vorteile und Nachteile dieser Finanzverwaltungssysteme bilden. Eines möchte ich vorausschicken, um nicht mißverstanden zu werden. Ich habe das Empfinden, daß man bei der Erörterung der Streitfrage vielfach Begriffe durcheinander wirft. Entscheidend ist nicht, in wessen Hand sich die Finanzverwaltung oder, richtiger gesagt, die Steuerverwaltung befindet. Das Urteil kann auch nicht ausschließlich darauf abgestellt werden, mit welchem finanziellen Erfolg die Steuerverwaltung arbeitet. Ein zutreffendes Urteil kann nur dann gefunden werden, wenn man sich über die Begriffe Finanzverfassung, Finanzverwaltung und Steuerverwaltung klar ist und die Zusammenhänge zwischen diesen drei Begriffen klar herausstellt. Fangen wir bei der Steuerverwaltung an. Sie stellt sich uns grundsätzlich als eine Sonderverwaltung dar, die einen ganz bestimmten werbenden Zweck verfolgt. Sie ist gewissermaßen die Maschine, der Apparat für die Erhebung und Verwaltung der Zölle und der Steuern, wobei es theoretisch völlig belanglos ist, ob sie für den Bund oder für die Länder oder für die Gemeinden oder auch für andere steuerberechtigte Körperschaften in deren Eigenschaft als Steuergläubiger arbeitet. Die Finanzverwaltung hingegen — das ist der weitere Begriff — ist ein Zweig der allgemeinen öffentlichen Verwaltung, sei es des Bundes, sei es der Länder oder auch der Gemeinden. Als Teil der öffentlichen Verwaltung ist sie politische Verwaltung der gesamten Mittel der betreffenden Körperschaft, zu denen naturgemäß auch die Zölle und die Steuern gehören, die aber nicht die einzigen Mittel sind, die von dieser politischen Finanzverwaltung, wenn ich sie so nennen darf, verwaltet werden. Art und Ausmaß der Mittel, die diesen Körperschaften zufließen und die von der Finanzverwaltung als solcher vereinnahmt und verausgabt werden, sind von der jeweiligen Finanzverfassung abhängig, d. h. von der jeweiligen verfassungsmäßigen Verteilung der Finanzgewalt, zu der auch die Steuerhoheit und die Steuergläubigerschaft gehören. Die Finanzverwaltung als politische Verwaltung bedient sich also der an sich unpolitischen Steuerverwaltung zur Gewinnung der Zölle und der Steuern. Handelt es sich um einen in allen Beziehungen souveränen Staat, dann stellt weder die Finanzverfassung noch die Regelung des Verhältnisses zwischen Finanz- und Steuerverwaltung irgendein Problem dar. Die Steuerverwaltung liegt in diesem Falle in den Händen des Staates, der zugleich der Träger der Finanzgewalt, der Inhaber der Finanzverwaltung und naturgemäß auch der Inhaber der Steuerverwaltung ist. Er hat die Möglichkeit, souverän alles Nähere über das Verhältnis zwischen der Finanzverwaltung und ihrem Apparat, also der Steuerverwaltung, zu bestimmen. Er hat auch die Möglichkeit, seine Steuerverwaltung den untergeordneten Körperschaften in seinem Gebiet gewissermaßen gegen Entlohnung zur Verfügung zu stellen, d. h. durch sie gegen Vergütung die Gemeindesteuern, Kirchensteuern und sonstige Abgaben einheben zu lassen. Hier können wir feststellen, daß die Steuerverwaltung kein Machtinstrument, sondern eine bloße Maschine in den Händen des souveränen Staates ist und daß sie als solche von der politischen Verwaltung, der Finanzverwaltung, die sich ihrer bedient, gelenkt wird. Das Problem der Innehabung und Lenkung der Steuerverwaltung beginnt, sobald sich Staaten oder Länder zu einem größeren Gebilde zusammenschließen. Ich habe den verstorbenen Geheimrat Markull gut gekannt. Er hat einen Kommentar zum Finanzausgleichsgesetz geschrieben und führt in der Vorrede folgendes aus: „Es sind zwei Grundbedürfnisse des Menschen, die sein Gemeinschaftsleben in wechselnder Stärke, jedoch in dauerndem Gegensatz bestimmen: der Trieb zum Zusammenschluß und der Drang nach Verselbständigung. Die Problematik dieses Gegensatzes erfüllt die Geschichte." Er hat vollkommen recht. Der Bundesstaatsgedanke, der die deutsche Geschichte seit dem Ende der Hohenstaufen beherrschte und der sie trotz der durch die Entwicklung von Verkehr und Technik zwangsläufigen Verringerung der Zahl der Staatsgebilde noch Jahrzehnte beherrschen wird, ist gekennzeichnet einerseits durch die Erkenntnis der Notwendigkeit des Zusammenschlusses der deutschen Staaten zu einem politisch und wirtschaftlich machtvolleren Gebilde, als es die Einzelstaaten sein können, andererseits aber auch durch den Kampf um die Erhaltung einer möglichst weitgehenden Steuersouveränität der in diesem größeren Gebilde zusammengeschlossenen Staaten. In diesen Kampf wird die Finanzverwaltung und im Hinblick auf die Bedeutung des Steuerverwaltungsapparats für die Einnahmeerzielung auch die Steuerverwaltung zwangsläufig hineingetrieben. So entsteht dann die Frage: Wer soll der Herr dieses Steuerverwaltungsapparats sein und wer muß sich damit abfinden, die Maschine des anderen gegen Vergütung für sich arbeiten zu lassen? So liegt das Problem in einem Staatsgebilde, dem eine Reihe von Mitgliedern angehört, die mehr oder minder Selbständigkeit für sich beanspruchen. Bei einer Sozietätswirtschaft der zu einem Bund zusammengeschlossenen Staaten, die in ihrer extremsten Form das übergeordnete Staatswesen auf die Finanzierung durch Beiträge der Mitgliedstaaten, also in der Hauptsache auf Matrikularbeiträge, verweist, wird der Bund zwar einer eigenen Finanzverwaltung bedürfen, aber er bedarf keiner bundeseigenen Steuerverwaltung; denn er bekommt seine Mittel durch die Beiträge der Mitgliedstaaten. Er wird deshalb auch gar kein Interesse daran haben, auf diese Steuerverwaltungen irgendeinen Einfluß auszuüben. Wenn der Bund aber die Forderung nach einer selbständigen, ungeteilten und von den Mitgliedstaaten völlig unabhängigen Finanzwirtschaft aufstellt und wenn er sogar soweit geht, daß er letzten Endes auch die Einnahmen und Ausgaben seiner Mitgliedstaaten weitgehend bestimmen will, dann wird er selbstverständlich danach trachten, eine bundeseigene Steuerverwaltung zu erhalten, und sich äußerstenfalls bereit erklären, den Bundesgliedern, deren Einrichtungen oder deren finanzielle Leistungsfähigkeit für eine eigene Steuerverwaltung nicht ausreichen, seine Verwaltung zur Er- (Sachverständiger Dr. Ringelmann) hebung von Steuern und Abgaben zur Verfügung zu stellen. Das sind die beiden Extreme, auf der einen Seite die Sozietätswirtschaft, in der der Bund lediglich durch Zuschüsse, durch Beiträge der einzelnen Länder gespeist wird und keine eigene Steuerverwaltung braucht, auf der anderen Seite eine Finanzverfassung, in der der Bund alle Macht, also auch die Steuersouveränität für sich beansprucht, die Länder mehr oder minder dotiert und letzten Endes auch die gesamte Steuerverwaltung in seine Hand nimmt. Zwischen diesen beiden Extremen haben sich die Versuche und Bemühungen bewegt, durch Aufspaltung der Finanzgewalt und der ihr dienstbaren Steuerverwaltung den beiden Teilen so viel zu geben, daß sie unabhängig voneinander ihr Eigenleben führen können. So ist es verständlich, daß in der Sozietätswirtschaft des Norddeutschen Bundes die Steuerverwaltung unbestritten in den Händen der Bundesstaaten lag und daß auch das Bismarcksche Reich sich auf die Überwachung der bundesstaatlichen Erhebung und Verwaltung der dem Reich zufließenden Zölle und indirekten Steuern durch Reichsbevollmächtigte beschränken konnte und der Ruf nach einer reichseigenen Steuerverwaltung noch nicht erhoben wurde. Anders wurde es, als die Erzbergersche Finanzreform kam, die dem Reich auch die direkten Steuern nicht nur hinsichtlich der Gesetzgebung, sondern auch mit ihrem Ertrag zuwies und die Bundesstaaten, soweit die Steuersouveränität in Betracht kam, zu Ländern als gehobenen Selbstverwaltungskörpern degradiert hatte. Als diese Reichsfinanzreform kam, mußte zwangsläufig auch auf dem Gebiet der Steuerverwaltung ein grundlegender Wechsel eintreten. Mit der Anerkennung der Omnipotenz des Reichs auch auf dem Gebiet der direkten Steuern, die das Reich zum Steuersouverän, d. h. nicht nur zum Steuergesetzgeber, sondern auch zum Steuergläubiger gemacht hatte, war der Weg für eine reichseigene Steuerverwaltung in Haupt und Gliedern zwangsläufig gegeben. Aus den bundesstaatlichen Zoll- und Steuerverwaltungen wurde diese reichseigene Zoll- und Steuerverwaltung in der Form von Landesfinanzämtern, Finanzämtern und Hauptzollämtern usw. gebildet. Ich sagte „zwangsläufig" nicht etwa deshalb, weil es vielleicht nicht möglich gewesen wäre, die gesamte Reichssteuergesetzgebung dem allgemeinen Verfassungsgrundsatz entsprechend durch Landesbehörden ausführen zu lassen. Auch die Weimarer Verfassung kannte den Grundsatz der Ausführung der Reichsgesetze durch die Länder, der ja auch im Grundgesetz enthalten ist. Theoretisch brauchte also keine Änderung einzutreten. Zwangsläufig kam es aber deshalb zur reichseigenen Steuerverwaltung, weil das Reich in konstanter Expansion seiner Verwaltungszuständigkeit mit der Übernahme der Steuerverwaltung als der den Hauptteil der Einnahmen erbringenden Verwaltung seine absolute Steuersouveränität sicherstellen wollte. Ich bitte aber schon hier zu beachten, daß damals ein ganz anderer Zustand bestand, als er heute vorliegt. Damals nahm das Reich die Steueromnipotenz für sich in Anspruch. Es hatte nicht nur die Gesetzgebung, sondern auch den gesamten Ertrag der Steuern an sich gezogen und sich lediglich bereit erklärt, den Ländern, die früher Bundesstaaten waren, Anteile an den Reichssteuern, aus denen später zahlenmäßig ganz bestimmte Dotationen wurden, zu geben. Nach dem Grundgesetz haben wir ganz andere Verhältnisse. Nach dem Grundgesetz gehört die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und auch die laufende Vermögensteuer in ihrem Ertrag den Ländern, nicht dem Bund. Das darf man nicht übersehen. Es ist ein gewaltiger Unterschied gegenüber den damaligen Verhältnissen. Damals war die Reichssteuerverwaltung zwangsläufig, weil die Länder nicht mehr Steuergläubiger dieser großen Steuern waren und so gut wie nichts mehr an Steuern kraft eigenen Rechts zu vereinnahmen hatten. Heute besteht aber — wenigstens nach dem derzeitigen Stand des Grundgesetzes und nach der Verteilung, die im Grundgesetz hinsichtlich der Steuereinnahmen vorgesehen ist — kein zwingender Anlaß, zu sagen, die Finanzverfassung dränge dazu, daß nun auch die Steuerverwaltung ausschließlich in die Hände des Bundes kommt und daß der Bund lediglich sich verpflichtet oder verpflichtet wird, die Steuern, deren Auf kommen den Ländern noch verbleibt, selbst zu verwalten. Man muß immer davon ausgehen, daß die mächtigen direkten Steuern heute in ihrem Ertrag noch bei den Ländern liegen. Die Frage der Gesetzgebung über die Steuern steht auf einem ganz anderen Blatt. Hier haben wir es mit der Verwaltung zu tun. Solange das Grundgesetz in den Artikeln 30 und 83 den Ländern die Verwaltungszuständigkeiten für die Ausführung der Gesetze zugesteht, insolange geht es nicht an, daß man in einer späteren Bestimmung des Grundgesetzes den Ländern die Zuständigkeit zur Verwaltung und Ausführung der vom Bund beschlossenen Steuergesetze nimmt. Man hat bei der Erzbergerschen Reform auf den Friedensvertrag verwiesen und gesagt, die Lasten seien so groß, daß man nun eine zentrale Verwaltung haben müsse. Diese Argumentation war nicht richtig; denn auch die Bundesstaaten hätten mit ihren eigenen Maschinen diese Beträge erbringen können. Die Notwendigkeit hätte nach der ursprünglichen Fassung der Weimarer Verfassung auch gar nicht bestanden; denn der Art. 83 der Weimarer Verfassung hat ganz deutlich unterschieden zwischen der Abgabeverwaltung der Länder und dem Abgabeverwaltungsapparat des Reichs. Nur für die Zölle und für die indirekten Steuern, die auch heute wieder entsprechend dem Aufbau des Bismarckschen Prinzips dem Bunde zustehen, sollte das Reich eine Verwaltungsbefugnis haben. Im übrigen war die Abgabenverwaltung der Länder vorgesehen. Erst durch das Gesetz vom 10. September 1919 und die Reichsabgabenordnung wurde das geändert und die reichseigene Steuerverwaltung eingeführt. Man hat damals gesagt, daß die ungeheure Steigerung der Steuerbelastung es gebieterisch zur Pflicht mache, daß man eine gleichartige und gleichmäßige Veranlagung erreiche. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damals hatten wir keine Veranlagungsrichtlinien. Damals mußten wir noch durch Doppelsteuerverträge und sonstige Maßnahmen auf eine gewisse Einheitlichkeit zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung hinwirken. Die Reichseinkommensteuergesetzgebung und die Körperschaftsteuergesetzgebung kamen gewissermaßen über Nacht; damit ergab sich zwangsläufig der Drang nach einer gewissen Vereinheitlichung. Diese Vereinheitlichung ist aber in der Zwischenzeit längst erfolgt und ist, seitdem wir das Grundgesetz haben, restlos durchgeführt. Wir haben die Veranlagungsrichtlinien für die Einkommensteuer, (Sachverständiger Dr. Ringelmann) für die Körperschaftsteuer, für die Lohnsteuer, für die Vermögensteuer, für die Gewerbesteuer; in diesen Veranlagungsrichtlinien, die dicke Bücher sind, ist bis ins einzelne alles geregelt. Nach dieser Richtung spielt also die Frage, wem die Steuerverwaltung gehört, keine Rolle mehr. Eine andere Frage, die immer wieder erhoben wurde, ist die: Kann nicht vielleicht die Gefahr bestehen, daß dadurch, daß Landesfinanzverwaltungen diese direkten Steuern verwalten, eine ungleichmäßige Behandlung des Erlaßwesens, des Stundungswesens usw. eintritt? Ich habe aus einem Bericht; den ich über die Vernehmung der bisherigen Sachverständigen erhalten habe, gehört, daß vom Standpunkt der Erlaß- und der Stundungspraxis und des Beitreibungs- und Vollstreckungswesens gewisse Bedenken bestünden. Es ist hier geäußert worden, es bestehe die Gefahr, daß das eine Land so und das andere anders arbeite. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch nach dieser Richtung sind die Gefahren beseitigt. Sie kennen ja das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung, das die Mitwirkung des Bundes bei der Verwaltung der Einkommen- und Körperschaftsteuer und die Überwachung der Landessteuerverwaltung durch den Bund vorsieht und das den Bund auch in die Betriebsprüfung einschaltet. Es liegt bereits der Entwurf einer Durchführungsverordnung vor, die die Stundungen, wenn sie gewisse Beträge übersteigen, und die Erlasse von der Zustimmung des Bundesfinanzministers abhängig macht, die sogar die Sonderabschreibungen und die Steuervergünstigungen eingehend regelt und überall ein Mitwirkungsrecht des Bundesfinanzministers vorsieht. Auch hinsichtlich der Betriebsprüfung haben bereits eingehende Erörterungen stattgefunden, die zu einer ganz ersprießlichen Verständigung führen werden. Es kann also wirklich nichts mehr passieren. Wenn verlangt wird, daß Ungleichheiten vermieden werden und eine gleichartige und gleichmäßige Veranlagung sowie ein gleichartiges und gleichmäßiges Stundungs- und Erlaßwesen Platz greifen, dann muß ich sagen, daß eine organisatorische Änderung hierzu nicht nötig ist; denn alle diese Dinge sind jetzt bereits geregelt. Nun will ich noch zu anderen Einwendungen Stellung nehmen, die damals auch geltend gemacht worden sind. Man hat gesagt, es sei weitaus billiger, wenn man eine Zentrale hat, die unter Ausschaltung der Länderfinanzministerien alles regelt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe das Reichsfinanzministerium in seiner Blütezeit kennen gelernt. Personaliter ist die heutige Bundesfinanzverwaltung, obwohl sie nach meiner Anschauung bereits ziemlich reich besetzt ist, dagegen noch ein zartes Pflänzchen. Ich bin im Reichsfinanzministerium x-mal durch die langen Gänge gegangen, auf denen die Amtsräte sogar die Paragraphen des Besoldungsgesetzes, der Steuergesetze usw., die sie bearbeitet haben, an die Türe geschrieben haben, damit der Pflichtige gewußt hat, wer beispielsweise die Kinderermäßigungen, die Besteuerung der Veräußerungsgewinne, der Personalgesellschaften usw. behandelt. Da habe ich mir oft gesagt, mein lieber Gott, da wird doch nichts anderes gezüchtet als Spezialisten für die einzelnen Gesetzesbestimmungen; und wenn die Gesetzesbestimmung noch so schlecht ist, der Amtsrat wird dafür sorgen, daß sie bestehen bleibt; denn sonst muß er den Paragraphen an seiner Tür wegstreichen und hat vielleicht keine Beschäftigung mehr. Und bekommt er einen neuen Paragraphen, dann kommt er vielleicht in Konkurrenz mit seinem Nachbarn, der einen verwandten Paragraphen hat, und der Kampf geht weiter. Als alter Verwaltungsbeamter kenne ich diese Verhältnisse. Wenn ich mir dann den Etat des Reichsfinanzministeriums angesehen habe, so habe ich gesehen, daß im Jahre 1930 im Reichsfinanzministerium allein 65 Ministerialräte, 37 Oberregierungsräte und 144 Amtmänner vorhanden waren; 1935 waren es bereits 98 Ministerialräte, 48 Oberregierungsräte und über 200 Amtmänner. Nun frage ich Sie: Wird das heute wieder anders werden, wenn die Landesministerien ihre Zuständigkeiten an das Bundesfinanzministerium abgeben und wenn die Landesmittelbehörden und die Landesaußenbehörden verschwinden und Bundesbehörden an ihre Stelle treten? Die Landesministerien sind — soweit die Steuerverwaltung in Betracht kommt — wirklich nicht üppig aufgezogen. Wenn ich daran denke, wie klein unsere Steuerabteilung ist und wieviel sie leisten muß, wenn ich auf der anderen Seite auch bedenke, welchen Überblick unsere Herren über die gesamte Steuergesetzgebung haben — es sind so wenige, daß jeder eine große Materie beherrschen muß —, dann kann ich das eine sagen: ein Spezialistentum können und werden wir in den Ländern nicht großziehen. Aber trotzdem sind unsere Leute immer sehr begehrt, weil sie eben sehr vielseitig verwendbar sind. Es wird nicht so kommen, daß einer sein ganzes Leben lang in der Körperschaftsteuer arbeitet und gewissermaßen mit den Scheuklappen durchs Leben geht, die ihm das Gesetz ansetzt, sondern diese Beamten bekommen den Kopf auch für andere Dinge frei. Sie lernen insbesondere, sich nicht in Kleinigkeiten einzumischen, sondern arbeiten großzügig. Deshalb bitte ich, über die Landesverwaltungen kein abfälliges Urteil zu fällen. Die Herren des Bundesfinanzministeriums werden nicht unglücklich sein, wenn ihnen bei den Finanzreferentenbesprechungen Ideen aus allen elf Landesfinanzverwaltungen zugetragen werden. Es ist doch nicht so, daß ein Gesetz dann besonders gut ist, wenn es ein Spezialist in aller Stille entwirft und sich redliche Mühe gibt, es ohne Änderung durch die gesetzgebenden Körperschaften durchzubringen. Beseitigen Sie aber die Landesverwaltungen, dann können die Steuerreferenten der Länder kein neues Material und keine neuen Gesichtspunkte aus der Praxis mehr beibringen; es fehlen ihnen dann die Saugwurzeln für ihre Tätigkeit. Sie werden nicht mehr durch die Praxis befruchtet, sie bekommen nichts mehr von unten herauf, aus dem sie ihre Vorschläge für die Gesetzesreform machen können; den Schaden trägt die Allgemeinheit. Ich komme jetzt zu einer ganz anderen Sache, die Sie, meine verehrten Damen und Herren, vom Haushaltsstandpunkt aus interessieren wird. Das ist der § 19 der Reichsabgabenordnung, den man damals geschaffen hat, als Erzberger den Ländern ihre Regierungsfinanzkammern oder sonstigen Mittelstellen der Finanzverwaltung, ihre Finanzämter, ihre Zollämter usw. weggenommen hat. Es stellte sich heraus, daß diese Ämter noch eine große Zahl sonstiger Aufgaben der Finanzverwaltung — nicht der Steuerverwaltung — wahrzunehmen hatten. Damals schuf man zur Überbrückung den § 19 der Abgabenordnung, der darauf hinauslief, daß der Reichsfinanzminister verpflichtet war, den nunmehrigen Reichsbehörden auch die Verwaltung dieser Landesaufgaben zu übertragen. (Sachverständiger Dr. Ringelmann) Ich weiß, welche Kämpfe sich infolge der Übertragung dieser Aufgaben abgespielt haben. Es hat keine zwei Jahre gedauert, bis die Klagen der Länder über die ungenügende Betreuung ihrer sonstigen Aufgaben begannen. Diese Klagen waren durchaus nicht unberechtigt; denn sie beruhten auf Wahrnehmungen, die nicht aus der Welt geschafft werden können. Es war ja ein sehr großes Gebiet von Aufgaben, das auf Grund des § 19 wahrzunehmen war. Die Landesfinanzverwaltung hat neben der Steuerverwaltung umfangreiche Haushaltsgeschäfte, sie hat die Vermögensverwaltung und die fiskalische Vertretung des Landes, sie hat Kassen- und Rechnungsgeschäfte für die gesamte Landesverwaltung, sie hat den großen Kreis der Versorgungsangelegenheiten zu betreuen. Der Bundestag hat ein Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes beschlossen, das die Rechtsverhältnisse der Personen regelt, die aus anderen als beamtenrechtlichen oder tarifrechtlichen Gründen ihre Stellung verloren haben. Das Gesetz erfordert eine ungeheure Verwaltungsarbeit: Festsetzung von Besoldung, Übergangsgeldern, Unterhaltsbeiträgen, Versorgungsbezügen usw. Wer macht das alles? Das machen die Landesbehörden, und zwar die Landesfinanzbehörden neben der Steuerverwaltung. Der Bund würde sich ein furchtbares Odium aufladen, wenn er diese Geschäfte übernehmen würde. Es handelt sich hier auch nicht um Sachen, die man zentral behandeln kann, sondern um Aufgaben, in die auch die Finanzkassen, die Oberfinanzkassen und die Oberfinanzpräsidenten mit ihren Zweigstellen eingeschaltet sind. Nehmen Sie heute den Antrag an, daß die Finanzbehörden, die heute als Landesfinanzbehörden tätig sind, auf den Bund übergehen, dann müssen Sie die Aufgaben, die die Landesfinanzverwaltungsbehörden auf dem Ge- biete des Haushalts, des Kassen- und Rechnungswesens, der Liegenschafts- und sonstigen Vermögensverwaltung, der Versorgungsangelegenheiten, der Rechtsangelegenheiten des Landes usw. haben, mitübernehmen. Davon ist aber keine Silbe in dem Antrag zu Art. 108 enthalten, sondern hier ist nur von der Verwaltung der Landessteuern die Rede, nicht auch von der Verwaltung der sonstigen Landesfinanzgeschäfte. Übernehmen Sie aber diese Aufgaben auf den Bund, dann schlagen Sie dem Grundgesetz in seinen Artikeln 30 und 83 ins Gesicht, wo steht, daß die Bundesgesetze von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt werden und die Zuständigkeitsvermutung für die Länder spricht. Sie werden sehen, daß das Folgerungen hat und auf eine ganze Reihe von Gebieten übergreift. Denn wenn Sie heute die Landesfinanzverwaltungen zu einer Bundesverwaltung machen, wird zwangsläufig eine ganze Reihe von Verwaltungsaufgaben nachfolgen, die der Bund übernehmen soll und vielleicht auch übernehmen muß; lesen Sie aber Art. 109 des Grundgesetzes, wo steht, daß Bund und Länder gesonderte Haushaltsführung haben sollen, und lesen Sie die Bestimmungen über die Zuständigkeitsregelung zwischen Bund und Ländern, dann werden Sie sagen, wir kommen zwangsläufig zu einem vollkommenen Umbau unseres Grundgesetzes. Ich möchte Sie an folgendes erinnern. Der Staatsrechtslehrer Laband, der doch wirklich nicht als überzeugter Föderalist angesprochen werden kann, hat in seinem „Staatsrecht des deutschen Rechts" — und zwar im 4. Band, der im Jahre 1914 erschienen ist — sich zur Frage der Einkommensteuer geäußert: Dieser doppelten Teilung der Aufgaben zwischen dem Reich und den Bundesstaaten und der damit verbundenen finanziellen Lasten muß auch eine sichere Teilung der Einnahmequellen entsprechen. Die Heranziehung der direkten Steuern zur Deckung der Reichsbedürfnisse kann der Weg zu einer tief einschneidenden Umbildung der Grundlagen der Reichsverfassung sein und namentlich den Staaten ohne besonders ertragreiches Eisenbahn- und anderes großes Finanzvermögen die Tragung der finanziellen Lasten und damit die Aufrechterhaltung der staatlichen Existenz unmöglich machen. Das hat Laband im Jahre 1914 geschrieben. Er hat es vorgeahnt, was kam, wenn die direkten Steuern — wie es bei der Erzbergerschen Reichsfinanzreform der Fall war — auf das Reich übernommen würden. Er hat vorausgeahnt, daß das zum allmählichen Zusammenbruch der Länder und zu einem völligen Umbau der Verfassung führen muß. Wir haben es heute nicht mit der Finanzverfassung zu tun, mit der Inanspruchnahme der Einkommensteuer, obwohl ja der bekannte Streit über die 27 oder 40 %, den wir heute nachmittag im Vermittlungsausschuß weiterbehandeln wollen, auf dieses Gebiet hinübergeht. Aber das eine kann ich Ihnen sagen: Heute sprechen wir von der Steuerverwaltung — nicht von der Steuerhoheit —, aber genau so wenig wie sich die Steuerertragshoheit von dem Schicksal und von der Existenz der Länder und von der Frage des organischen Aufbaues des Bundes trennen läßt, genau so wenig läßt sich die Frage der Steuerverwaltung von der Frage der gesamten Bundesverwaltung bzw. von der Frage der Durchführung der Bundesgesetze trennen. Wenn Sie diesen Antrag annehmen, gehen Sie einen Weg, der, ich wiederhole es, zu einem totalen Umbau unseres Verwaltungssystems führen muß. Denken Sie nur an das Kassenwesen und die Zuständigkeit zur Ausgabe der Kassenanweisungen! Es besteht heute auch keine Notwendigkeit zu einer Änderung. 1919 ist man diesen Weg gegangen, weil die Steueromnipotenz auf das Reich übergegangen ist. Bereits 1920 wurden die Länder von der Steuerhoheit und aus dem steuerlichen Getriebe ausgeschaltet. Damals kam die Reichssteuerverwaltung zwangsläufig. Heute würde sich die Sache als Umkehrung darstellen. Heute würden praktisch die Länder zunächst aus der Verwaltung ausgeschaltet. Aber was wäre die nächste Folge? Die gesamten Steuereinnahmen würden in die Kassen des Bundes fließen. Wenn aber jemand aus einer Kasse etwas herausgeben soll, fällt es ihm viel schwerer, als wenn er etwas hineinnehmen soll. Die natürliche Folge wäre, daß der Bund nach Wegen sucht, das, was in seine Kassen fließt, für sich zu behalten, und sehr bald kämen Sie zum Dotationssystem, dem gleichen System, das die Folge der steuerlichen Omnipotenz des Reiches gewesen ist. Ich male nicht schwarz, aber die Entwicklung wird genau so verlaufen, wie sie im Dritten Reich verlaufen ist. Sie werden einen omnipotenten Bund bekommen, der zunächst die Steuerverwaltungen und dann die Steuern für sich in Anspruch nimmt, und schließlich wird alles in Bonn oder Berlin — oder wo sonst der endgültige Sitz der Bundesregierung sein wird — entschieden. Man macht dann nicht nur die Gesetze 600 Kilometer entfernt von dem Land, in dem sie sich (Sachverständiger Dr. Ringelmann) auswirken, sondern wird sich dort auch um alle Kleinigkeiten des Vollzuges kümmern. Es wird nichts anderes übrig bleiben, als daß die Herren vom Bundesfinanzministerium nach München oder Stuttgart reisen, während die passiv Beteiligten von München nach Bonn fahren. Sie bekommen in Bonn — entschuldigen Sie — einen großen Wasserkopf, der alle Einzelheiten behandelt, aber gezwungen ist, in die einzelnen Länder zu gehen und dort mit den Interessenten zu verhandeln, weil er die Sachen nicht mehr von unten heraufgetragen erhält, sondern sich die Sachen erst mühsam aus den Quellen herausholen muß. Denken Sie auch daran, daß der Antrag in der gegenwärtigen Fassung überhaupt nicht marschieren kann, weil Sie damit die gesamten Finanzverwaltungsgeschäfte der Länder, die nicht Steuergeschäfte sind, lahmlegen und den Ländern den ganzen Apparat wegnehmen, und daß Sie den Kampf, den die Länder zwölf Jahre mit dem Reich über die Auslegung und Durchführung des § 19 und des späteren § 480 geführt haben, bekommen werden. Bedenken Sie, daß die Neufassung des § 480 die Landesfinanzverwaltungsgeschäfte, die nicht Steuergeschäfte sind, als „artfremde Geschäfte" der Reichsfinanzverwaltung hinstellt, von denen die Oberfinanzpräsidien und die Finanzämter so schnell wie möglich entlastet werden sollen! Wenn es so kommt, daß wir als Land für unsere Finanzverwaltungsgeschäfte keine Einrichtung mehr zur Verfügung haben, dann müssen wir uns, so leid es uns für die Steuerzahler tut — und das gilt für die andern Länder auch —, wieder eine eigene, wenn auch beschränkte Finanzverwaltung einrichten. Dann frage ich Sie vom Standpunkt der Wirtschaft aus: Worin liegt die Erleichterung? Dann frage ich Sie: Lohnt sich das für die Wirtschaft oder ist es für sie nicht angenehmer, wenn sie in ihrer Bundeshauptstadt ihre Wünsche vorbringt, weil sie weiß, daß man dort ihre besonderen Verhältnisse besser kennt und diese ihre Wünsche vertreten wird? Wir haben hier fast jede Woche die Besprechung der Finanzreferenten mit dem Bundesfinanzministerium: erst gestern wieder konnte ich mich davon vergewissern, welch ersprießliche Arbeit dabei geleistet wird. So, wie es derzeit ist, bedeuten die Landesfinanzverwaltungen nicht nur eine Befruchtung, sondern auch ein gewisses Korrektiv und eine Überwachung der Bundesfinanzverwaltung — nicht eine finanzielle Überwachung —, daß nicht Dinge geschehen, die der Gesamtheit nicht zum Wohl sind. Heute arbeitet alles im Interesse der Gesamtheit zusammen, jede Anregung, die gebracht wird, kann ausgewertet werden und trägt ihre Früchte. Infolgedessen, glaube ich, besteht heute keine Notwendigkeit, an dem Zustand, wie er durch die Gesetzgebung und die Durchführungsbestimmungen geschaffen worden ist, etwas zu ändern. Ich wiederhole, Sie laufen Gefahr, hier etwas heraufzubeschwören, was Sie später vielleicht bedauern werden. Vors. Dr. Wellhausen: Herr Staatssekretär, Ihre temperamentvollen Ausführungen als Vertreter der Länder werden wir sicher noch miteinander besprechen müssen; aber es ist sehr gut, daß Sie sich schon in diesem Stadium zur Verfügung gestellt haben, um die Dinge hinsichtlich des Antrags, den wir zu beraten haben, zu klären. Staatssekretär Dr. Ringelmann: Als ich mich den übrigen Herren Sachverständigen vorgestellt habe, habe ich gesagt: Sie werden natürlich für die Bundesfinanzverwaltung eintreten, worauf ein Herr gesagt hat: ich weiß nicht, wer heute überhaupt noch eine Landesfinanzverwaltung verteidigen kann. Nun, ich bin einer dieser seltsamen Vögel. Stadtrat a. D. Kaiser: Darf ich mit einer Vorbemerkung beginnen. Ich weiß nicht, ob der Zeitpunkt für eine Änderung des Grundgesetzes wirklich schon gekommen ist. Das Grundgesetz und die Arbeit auf Grund des Grundgesetzes läuft jetzt etwa zwei Jahre. Das ist eine Zeit des Überganges, in der nicht nur hier, sondern an allen möglichen Stellen Schwierigkeiten aufgetreten sind und auftreten, was in der Natur der Sache liegt. Es müßten schon ganz grobe Mängel hervorgetreten sein, um nach einer so kurzen Zeitspanne an eine Änderung des Grundgesetzes zu denken, das zudem von vornherein ja nur einen vorläufigen Charakter hat und demnächst doch einmal in eine endgültige Form umgewandelt werden muß. Nun zur Sache. Der Änderungsantrag hat — vielleicht unbeabsichtigt, aber doch offenbar — tatsächlich eine politische Seite. Der seitherige Aufbau der Steuerverwaltung in Bund und Ländern ist ein Kompromiß zwischen föderativen und zentralistischen oder unionistischen Bestrebungen in der Gestaltung des Bundes überhaupt, und da der föderalistische Gedanke nicht bis zu der unteren Stufe durchgedrungen ist — bis zu den Gemeinden oder mindestens Gemeindeverbänden — und ich auch nicht annehme, daß Neigung besteht, ihn etwa so weit vorzutreiben, so betrifft die Frage, die durch diesen Änderungsantrag aufgeworfen worden ist, eigentlich nur das Verhältnis Bund und Länder. Insofern fühle ich mich nicht beauftragt, zu sprechen, weil ich annehme, daß Sie meine Ansicht vom Standpunkt der Gemeindeverwaltung aus hören wollen. In sachlicher Hinsicht könnte es scheinen, daß die Gemeinden an diesem Änderungsantrag uninteressiert seien. Bisher war nach Art. 108 Abs. 3 die Sache so, daß die Verwaltung der den Gemeinden zufließenden Steuern durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden übertragen werden konnte. Nach dem Änderungsantrag, der in seinem Abs. 2 diese Frage behandelt, könnte man annehmen, daß nur beabsichtigt ist, die Fassung dieses Abschnitts entsprechend den Änderungen des Abs. 1 vorzunehmen und im übrigen alles beim alten zu lassen. Nun sind in Wirklichkeit aber die Gemeinden an der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung des Verhältnisses ihrer eigenen Steuerverwaltung stark interessiert. Es ist zu fragen, was die Antragsteller mit dem Abs. 2 des Antrags beabsichtigen. Es gibt meiner Ansicht nach nur zwei Möglichkeiten. Die erste ist, daß die Antragsteller es beim bisherigen tatsächlichen Zustand belassen wollen, also nur Anpassung des bisherigen Abs. 3 an die Verlagerung der Zuständigkeit in Abs. 1. Jetzt können die Länder die Verwaltung der Realsteuern — um diese handelt es sich ja in der Hauptsache — den Gemeinden überlassen, und tatsächlich ist — soweit ich sehen kann, in allen Ländern, mindestens in den meisten Ländern — den Gemeinden die Erhebung der Gewerbesteuer — die Grundsteuer ist nicht an die Finanzämter übergegangen — zurückübertragen, nicht aber die Veranlagung. Die Gemeinden hatten einige Jahre lang die Veranlagung und Erhebung der Gewerbesteuer auf Grund der Vereinfachungsverordnung abtreten müssen, und die Rücküber- (Sachverständiger Kaiser) tragung stellt also wenigstens zum Teil den alten Zustand wieder her. Nun, meine Herren, wenn die Absicht der Antragsteller also nichts anderes ist als die Angleichung der bisherigen Bestimmung an die beantragten grundsätzlichen neuen Verhältnisse, dann kann man fragen, warum wird sie dann nicht gleich zum Ausdruck gebracht? Jetzt ist der umständliche Weg gewählt, daß zunächst nach Abs. 1 die Verwaltung dieser Gemeindesteuern — ich darf mich kurz ausdrücken, Sie wissen ja alle, was gemeint ist — von den Bundesfinanzbehörden wahrgenommen wird; und dann müßte, wenn der alte Zustand aufrechterhalten werden sollte, gleichzeitig auch nach Abs. 2 ein Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen werden, wonach die Verwaltung dieser Gemeindesteuern den Gemeinden wieder übertragen wird. Wenn man also diese Absicht hat, wäre es ja viel einfacher, die Bestimmung gleich so zu fassen, daß im Abs. 1 gesagt würde: Zölle, Finanzmonopole und die auf Bundesgesetzen beruhenden Steuern mit Ausnahme der Realsteuern und anderer den Gemeinden und Gemeindeverbänden zufließenden Steuern werden durch Bundesfinanzbehörden verwaltet. Das weitere im Abs. 1 könnte unverändert bleiben. Nun käme die Frage, die ja vorhin auch in dem ersten Gutachten schon angeklungen ist, daß es Gemeinden gäbe, die ihre Steuerverwaltung den Bundesfinanzbehörden übertragen sehen möchten. Ich glaube, daß es Gemeinden dieser Art gibt. Dann könnte man die Bestimmung des Abs. 2 analog der für die Länderverwaltungen folgendermaßen fassen: Die Gemeinden können die Verwaltung der auf Bundesgesetz beruhenden und ihnen zufließenden Steuern durch Vereinbarung mit den Bundesfinanzbehörden diesen gegen angemessene Vergütung — mit Zustimmung der zuständigen Landesregierung — übertragen. Die folgenden Absätze könnten unverändert bleiben. Dann gäbe es in der Beziehung gleich klare Verhältnisse, und der umständliche Weg, wie ich eben sagte, würde vermieden. Das ist ein Anliegen der Gemeinden, was natürlich auch schon den heutigen Zustand betrifft; aber ich glaube nicht, daß die Gemeinden, wenn nicht eine Änderung des Grundgesetzes überhaupt in Frage kommt, es z. Z. verfolgen würden. Die andere Möglichkeit wäre die, daß in der Tat die Antragsteller die Verwaltung der Realsteuern den Bundesfinanzbehörden übertragen wissen wollen. Wenn das die Absicht sein sollte, dann müßte ich allerdings schwerste Bedenken dagegen äußern. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß der allgemeine Gedanke der Selbstverwaltung und ihre Gewährleistung in Art. 28 Abs. 2 ausgesprochen ist. Es kann nach meiner Ansicht keinem Zweifel unterliegen, daß zu der Selbstverwaltung auch die Verwaltung der Steuern — selbstverständlich im Rahmen der Gesetze — gehört. Die Realsteuern bilden einen wesentlichen Teil der Steuereinnahmen der Gemeinden und der Einnahmen überhaupt, und man kann doch bestimmt nicht behaupten, daß in der dann nur noch übrigbleibenden Befugnis der Gemeinden, alljährlich den Hebesatz festzustellen, noch der Rest einer Selbstverwaltung zu sehen ist! Ich möchte weiter darauf hinweisen, daß die Stärke der örtlichen Selbstverwaltung in ihrer Verbindung mit der gesamten Lage einer derartigen örtlichen Gemeinschaft besteht. Die Verwaltung der Realsteuern gibt der örtlichen Verwaltung einen Einblick in die Struktur der örtlichen Wirtschaft und, was beinahe ebenso wichtig ist, in die Wandlungen der örtlichen Wirtschaft. Es gibt keine Methode, die diese Einsichtmöglichkeit ersetzen könnte, wenn die Verwaltung dieser wirtschaftlich bedeutsamen Steuern nicht mehr in der Hand der Gemeinden läge. Diese Feststellungen werden auch durch die Erfahrung gestützt, und zwar durch die Erfahrung, die wir verschiedentlich im Laufe der Jahre, insbesondere in den letzten Jahren gemacht haben. Ich sagte Ihnen schon, daß die Gewerbesteuer 1943 auf Grund der Kriegsvereinfachungsverordnungen den Finanzämtern übertragen wurde. Die Erfahrungen, die die Gemeinden mit dieser Art der Verwaltung gemacht haben, waren denkbar schlecht. Ich mache den Finanzämtern daraus keinen Vorwurf. Man muß bedenken, daß sie schlecht besetzt waren und eine Unmenge von anderen Arbeiten, die nicht unmittelbar mit der Finanzverwaltung zusammenhingen, zu erledigen hatten. Es ist natürlich, daß in einem solchen Fall die Arbeitszeit, die nun überhaupt auf dieses Arbeitsgebiet verwandt werden konnte, in erster Linie der Förderung der Arbeiten an eigenen Steuern gedient hat und weniger an denen, die sie für fremde Gläubiger erledigen mußten. Das ist menschlich und ist institutionsmäßig zu verstehen. Dagegen soll also nichts gesagt werden, es handelt sich um die Feststellung einer Tatsache. Wie sehr die Verwaltung der Gewerbesteuer bei den Finanzämtern rückständig war — in manchen Fällen kann ich aus eigener Erfahrung sogar sagen, in Unordnung war —, zeigte sich bei der Rückübertragung der Gewerbesteuererhebung auf die Gemeinden. Die Gemeinden, die natürlich ein erhebliches Interesse an dem rechtzeitigen und vollständigen Eingang der Steuern hatten, stellten sich mit mehr oder weniger Eifer auf die Arbeit ein, und es ist kein Geheimnis, daß der vielbesprochene Gewerbeboom der Gemeinden zum Teil auf diese Wiedereinschaltung der Gemeinden zurückzuführen ist, indem nämlich die nachgeholten Arbeiten bewirkten, daß die Kasseneinnahmen nicht, wie Sie auch wissen, dem tatsächlichen jährlichen Gewerbesteuer-Soll entsprachen. — Das sind die Bedenken, die sich von der grundsätzlichen Seite her ergeben und die durch die Erfahrung gestützt werden. Nun ist mir die Niederschrift über die erste Lesung des Änderungsgesetzes im Bundestag zugänglich gemacht worden. Ich entnehme daraus, daß die Behauptung eine große Rolle gespielt hat, daß die Landesfinanzbehörden durch ungleichmäßige Handhabung der Gesetze und der Durchführungsvorschriften für den Bund Steuerausfälle in erheblichem Umfang herbeigeführt hätten. Es wird da von einer Milliarde gesprochen und gewünscht, daß diese Behauptung zahlenmäßig nachgeprüft wird. Ich weiß nicht, ob seit dieser ersten Lesung positives Zahlenmaterial zur Stütze einer solchen Behauptung beigebracht worden ist und ob etwa, wenn solche Ausfälle da sind, sie auf die eben schon von mir erwähnten besonderen Umstände zurückzuführen sind oder ob da wirklich ein organisatorischer Mangel vorliegt. Im Kreise der gemeindlichen Steuerverwaltung werden ähnliche Behauptungen aufgestellt. Ein Kämmerer einer Großstadt hat mir dazu folgendes gesagt: In dieser Stadt sind nach einigermaßen gründlichen Schätzungen in den Nachkriegsjahren rund 500 Millionen DM Fremdkapital im Wieder- Sachverständiger Kaiser) aufbau investiert; diese halbe Milliarde müßte sich doch in den Steuererklärungen zur Gewerbesteuer auswirken, weil sie ja jedenfalls zum allergrößten Teil durch Hinzurechnung zu den Körperschaft- und Einkommensteuermeßbeträgen ausgedrückt werde. Er sagte weiter, es ist aber erschreckend, in welch geringem Maße das tatsächlich der Fall ist. Das kann doch nur den einzigen Grund haben, daß die Übernahme der Hinzurechnungsbeträge aus den finanzamtlichen Veranlagungsverfahren in der Gewerbesteuerfestsetzung höchst mangelhaft erfolgt ist. Ich kann die Richtigkeit nicht nachprüfen; ich wollte Ihnen aber doch sagen, daß die Möglichkeit bei den Gemeinden besteht, sich über diese Dinge ein Urteil zu bilden. Also auch von dieser Seite kommen Beanstandungen, ich will nicht gerade sagen, Mißtrauen, aber gewisse Regungen eines Mißtrauens, die vielleicht institutionsmäßig immer vorhanden sein müssen. Etwas Humor liegt darin, daß in diesem Fall nun diese Regung von Mißtrauen — oder wie Sie es nennen wollen — einmal von unten und einmal von oben kommt; und wenn Sie etwa zu dem Ergebnis kämen, daß Sie eine zentrale Bundessteuerverwaltung für alle diese Steuern einführen würden, dann würden Sie sicher erleben, daß sich dieses originäre Mißtrauen von der untersten und mittleren Stufe zu einem Strom entwickelt, der dann auch noch gegen alle Naturgesetze bergauf liefe. Aber der Bund könnte sich einem solchen „Mißtrauen" gegenüber gar nicht einmal wehren; denn er selber ist j a gewissermaßen von einem solchen Mißtrauen beseelt, falls andere für ihn die Steuern erheben. Sie brauchen nur Abs. 4 des Art. 108 nachzulesen, wonach der Bundesfinanzminister Bundesbevollmächtigte zur Überwachung der ordnungsmäßigen Verwaltung der dem Bund zufließenden Steuern bestellen kann. Die oberste Instanz also hat die Möglichkeit, gegenüber den unteren Mißtrauen zu haben, und Sie werden deshalb den demnächst unselbständig gemachten Steuergläubigern sicher nicht verargen können, wenn sie auch ein solches Mißtrauen in sich aufkeimen fühlen. Wenn Sie also zu dem Ergebnis kämen, die Steuerverwaltung bis zu diesen Gemeindesteuern herab einer Bundesfinanzverwaltung zu übertragen, dann müßten Sie vom Standpunkt der Gemeinden aus die Mitwirkung gemeindlicher Organe bei der Steuerverwaltung — d. h. also Veranlagung, Erhebung, Stundungen usw. — absolut sicherstellen. Sie dürfen nicht darauf hinweisen, daß jetzt die Gemeinden berechtigt sind, in den Steuerausschüssen mitzuwirken. In Wirklichkeit ist das eine Sache, die auf dem Papier steht. Eine wirkliche autoritative Mitwirkung muß sichergestellt sein, ähnlich wie jetzt der Bundesfinanzminister sogar die Möglichkeit des Weisungsrechts gegenüber den Unter- und Mittelbehörden hat. Ein Weisungsrecht ist natürlich in diesem Fall nicht gegeben; aber was würden Sie dazu denken, wenn man hier eine Institution einführte, die in manchen Fällen schon vorhanden ist, nämlich die Bestellung eines Vertreters der Interessen des jeweiligen Steuergläubigers. Einen solchen Fall haben wir beispielsweise bei der an sich nicht sehr bedeutenden Schankkonzessionserlaubnissteuer. Aber Sie erinnern sich sicher auch alle noch des Vertreters des Reichsinteresses bei der Feststellung der Kriegsschäden. Da haben wir also eine solche Einrichtung gehabt. Jedenfalls müßte ein solcher Vertreter des Interesses des Steuergläubigers die Möglichkeit haben, bei der gesamten Veranlagung, Erhebung, Stundung, Steuererlaß usw. verantwortlich mitzuwirken. Mit einem Wort darf ich vielleicht noch auf den Einwurf eingehen, der der gesonderten gemeindlichen Steuerverwaltung gegenüber häufig gemacht wird, daß auf diese Weise der Steuerschuldner statt mit einer mit zwei Behörden zu tun hat. Ich glaube, daß die Schwierigkeit dabei etwas übertrieben wird; denn auch bei der einheitlichen Steuerbehörde müssen für die Gewerbesteuern ja die entsprechenden Zu- und Abschreibungen gemacht werden, und es kann nicht viel bedeuten, wenn — da der Ausgangspunkt immer die Feststellung des Steuermeßbetrags für die Einkommen- und Körperschaftsteuer bei den Finanzämtern ist — diese verhältnismäßig geringe zusätzliche Arbeit getragen wird. Weiter wird gesagt, eine gesonderte gemeindliche Steuerverwaltung bedeute eine Verteuerung. Den Beweis dafür sind die Aufsteller dieser Behauptung bisher immer schuldig geblieben, und ich bezweifle auch, daß sie jemals den Beweis wirklich werden erbringen können. Aber selbst wenn das anders wäre, es kommt hier doch nicht darauf an, à tout prix eine Verwaltung zu verbilligen und zu vereinfachen, sondern es kommt darauf an, die Steuerbeträge gerecht und ordentlich und pünktlich einzuziehen. Wenn Sie sich überlegen, wie es meinetwegen in der Privatwirtschaft sein würde: ein Kaufmann, bei dem die Kunden in langen Schlangen warten müssen, bis eine Verkäuferin frei ist, wird doch zwei oder drei oder vier einstellen müssen und erwarten, daß der dabei herauskommende vermehrte Umsatz die vermehrten Kosten aufwiegt. Zunächst ist also der Beweis nicht erbracht, und wäre er es. so wäre der Einwand nach meiner Auffassung nicht durchschlagend. Ich fasse das Wesentliche vom Standpunkt der Gemeinden aus zusammen. Nach meiner Auffassung ist für das Gesetz vorzusehen: erstens, daß die den Gemeinden zufließenden und auf Bundesgesetz beruhenden Steuern von ihnen selbständig verwaltet, d. h. veranlagt und erhoben werden; und zweitens, wenn Sie sich dazu nicht entschließen könnten, daß dann — einerlei, ob es bei der bisherigen Regelung verbleibt oder ob eine Bundessteuerverwaltung für alle diese Steuern eingerichtet wird — die Mitwirkung der unselbständig gemachten Steuergläubiger bei der Veranlagung und Erhebung der ihnen zufließenden Steuern ausreichend und wirksam sichergestellt wird. Abg. Dr. Kneipp (FDP): Aber die Meßbeträge sollen doch wohl von den Finanzämtern festgestellt werden? Stadtrat a. D. Kaiser: Der Meßbetrag der Gewerbesteuer ist durch die Hinzurechnungen und Abrechnungen ein anderer als der Meßbetrag der Einkommensteuer. Abg. Dr. Kneipp (FDP): Bei der Grundsteuer nicht! Stadtrat a. D. Kaiser: Bei der Grundsteuer nicht. Da gibt es keine Schwierigkeiten. Es handelt sich um die Gewerbesteuer, bei der die Ab- und Zurechnungen kommen; und bei der Ab- und Zurechnung müßten nach meiner Auffassung die Gemeinden autoritativ beteiligt sein. Vors. Dr. Wellhausen: Ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen und begrüße es lebhaft, daß Sie vom Standpunkt der Gemeinden aus zur Klärung hin- (Vors. Dr. Wellhausen) 1 sichtlich des Antrags, den wir zu beraten haben, beigetragen haben. Abg. Dr. Dresbach (CDU): Sie sprachen eben von der Differenz zwischen Gewerbeertragsteuer und Einkommenertragsteuer. Wir können aber doch wohl feststellen, daß sich die Berechnungsart immer mehr angeglichen hat. Ich erinnere daran, Herr Koch, wie wir seinerzeit bei der Gewerbeertragsteuer die Spenden für wissenschaftliche Zwecke absatzfähig gemacht haben, und wir haben es getan in dem Bewußtsein, wir nähern uns damit der Personalsteuer. Ich glaube, Herr Kaiser, wenn Sie zurückdenken — und Sie können auf eine beträchtlich größere Spanne zurückdenken als beispielsweise ich —, werden Sie mir recht geben, es hat sich hier manches angeglichen. Ich glaube, wenn ich von meinem bisherigen Standort mehr die Lage der Landgemeinden und der kreisangehörigen Städte übersehe, kann ich feststellen, daß da nicht das Verlangen da ist, eine Steuerverwaltung in dem Sinne zu bekommen, daß sie die Gewerbesteuer selber zu veranlagen haben. Sie setzen wohl nach wie vor den Hebesatz fest und haben dann auch alles, was mit Erlaß, Billigkeit, Niederschlagung, Stundung usw. zusammenhängt, zu handhaben; aber die meisten Landgemeinden — das glaube ich auch von den meisten kreisangehörigen Städten sagen zu können — möchten den Zustand nicht wieder haben und können ihn nicht ertragen. Ich glaube, Herr Kaiser, was Sie ausgeführt haben, ist doch im wesentlichen nur auf die Stadtkreise mit ihrer entsprechenden Verwaltungsapparatur zugemünzt. Stadtrat a. D. Kaiser: Sie haben recht, meine Erfahrungen liegen auf dem Gebiet der Städte, aber nicht nur der kreisfreien, sondern auch der größeren kreisangehörigen Städte, mit denen ich seit Jahrzehnten zusammen in den Ausschüssen arbeite. Von diesen Städten ist meines Wissens keine, die die Verwaltung der Gewerbesteuer missen möchte. Abg. Dr. Dresbach (CDU): Nicht im Sinne der Steuerhoheit, sondern der Verwaltung! Stadtrat a. D. Kaiser: Ja, der Verwaltung; die möchten sie alle wiederhaben. Ich gebe aber zu, daß bei kleinen Gemeinden und vielleicht auch bei kleineren Städten der Wunsch auf Verwaltung durch die Finanzämter besteht. Daher mein Vorschlag, zu sagen, die Gemeinden können sie durch Vereinbarung übertragen, wobei für die Vereinbarung gewisse Richtlinien aufgestellt und meiner Ansicht nach eine Vergütung an die Finanzbehörden gegeben werden müssen. Ohne Vergütung kann man das den Bundesfinanzbehörden nicht zumuten. Dieser Fall ist also von mir durchaus bedacht worden. Dr. Bräuer: Eine Prüfung der Frage, ob eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung richtig ist oder ob eine Aufteilung der Finanzverwaltung zwischen Bund und Ländern für gewisse Steuern stattfinden soll, kann nicht isoliert vorgenommen werden. Man muß die Dinge im Zusammenhang sehen und den Blick aufs Ganze richten, um die letzten und tiefsten Gründe für eine richtige Lösung, für ein zweckentsprechendes Handeln aufzufinden. Die Deutsche Bundesrepublik steht heute vor gewaltigen Aufgaben, deren Bewältigung die Zusammenfassung aller Kräfte zur höchsten Wirksamkeit erfordert. Zwei verlorene Kriege, die größten Katastrophen in der Geschichte der abendländischen Völker, haben eine totale Umformung unserer sozialen Struktur, eine Umwertung aller Werte, eine völlige Wandlung im Zusammenleben der Menschen herbeigeführt. Der Verlauf dieser beiden Kriege bewirkte eine ungeheure Zerstörung materieller und geistiger Werte, eine weitgehende Vernichtung des zur Erzeugung und Verteilung von Gütern erforderlichen Kapitals, einen vorher nie gekannten Bedarf an öffentlichen Mitteln, die im modernen Steuerstaat fast ausschließlich auf dem Wege des zwangsweisen Eingriffs der offentlichen Gewalt in Einkommen und Vermögen gewonnen werden müssen. Diesen Tatsachen müssen wir Rechnung tragen, um den Standort zu erkennen, von dem aus man zu den hier in Frage stehenden Problemen Stellung zu nehmen hat. Ein ungeheurer Steuerdruck lastet heute auf allen Schichten und Gruppen des deutschen Volkes. Es ist ein schlechter Trost, daß das eine internationale Erscheinung ist; wir wissen jedenfalls, daß wir trotz aller Versuche gewisser ausländischer Kreise, die Geister zu verwirren, doch heute das höchstbesteuerte Land der Erde sind. In dieser Not eines geradezu lähmenden Steuerdrucks ist der ständige Ruf nach einer grundlegenden Reform unserer Steuerverfassung begreiflich und sehr ernst zu nehmen. Wer tiefer blickt, muß aber erkennen, daß auch eine organische Reform unserer Steuerverfassung nicht mehr ausreichend sein kann. Was uns not tut, ist eine gründliche Reform unserer gesamten Finanz- und Steuerverfassung, zu der da und dort schon wertvolle Anhaltspunkte gefunden worden sind. Die Voraussetzung für eine sinnvolle Neuordnung unseres Steuerwesens ist eine tiefgreifende Umgestaltung unserer Finanzverfassung und Finanzverwaltung und, wo es not tut, auch eine Änderung des Grundgesetzes, das sich ja selbst als eine vorläufige Verfassung bezeichnet. Die in dem Antrag der Deutschen Volkspartei hervortretende Bestrebung, anstelle der im Grundgesetz anerkannten Aufteilung der Finanzverwaltung zwischen Bund und Ländern eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung für alle durch Bundesgesetz geregelten Steuern eintreten zu lassen, ist nur ein Ausschnitt aus diesem Gesamtbild. Aber es ist ein Ausschnitt von größter Tragweite, von entscheidender Bedeutung, weil das gestellte Problem eine Art Schlüsselstellung gegenüber allen übrigen Problemen unserer öffentlichen Finanzwirtschaft einnimmt. Anstelle der bestehenden Zweigleisigkeit soll im Bereich der Bundessteuergesetzgebung eine Eingleisigkeit eintreten und ein Zustand wiederhergestellt werden, den wir zur Zeit der Weimarer Verfassung schon einmal besessen haben. Auch in finanzpolitischen Dingen ist die Geschichte der große Lehrmeister, an dem niemand ungestraft vorbeigehen kann. Erst eine geschichtliche Betrachtung läßt erkennen, welche Wege bisher schon gegangen waren, welche Umwege eingeschlagen wurden, welche Irrwege zurückgelegt werden mußten, um zum richtigen Ziele zu gelangen. Auch der Irrtum wird zur Quelle der Erkenntnis. Es ist für die Beurteilung unseres Problems deshalb von besonderer Wichtigkeit, uns die Erfahrungen nutzbar zu machen, die schon in der Vergangenheit mit der Ausgestaltung einer zentralen Reichsfinanzverwaltung gewonnen worden sind. Auf der anderen Seite verfügen wir in der unmittelbaren Gegenwart über eine Fülle von Erfahrungen, die man mit einer andersartigen Lösung des Problems gemacht hat, und es ist nun von ent- (Sachverständiger Dr. Bräuer) scheidender Bedeutung, diese Erfahrungen von einst und jetzt in unbefangener Weise einander gegenüberzustellen und kritisch auszuwerten. Um das Ergebnis meiner Untersuchungen vorwegzunehmen: Die Lösung, die man bei der Verabschiedung des Grundgesetzes in Artikel 108 gefunden hat, hat sich als ein verhängnisvoller Irrweg herausgestellt. Wir wissen heute alle, daß im Parlamentarischen Rat die Würfel gefallen waren zugunsten einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung, daß aber das Veto der Besatzungsmächte wie in so vielen anderen Fällen auch hier einen kerngesunden Plan zunichte machte und daß man zu dieser Notlösung des Art. 108 seine Zuflucht nehmen mußte, um das Grundgesetz überhaupt zu retten. Im Grunde genommen befinden wir uns in einer ganz ähnlichen Situation, wie sie nach der Beendigung des ersten Weltkrieges vorgelegen hatte: Auch heute stehen wir wieder unter dem unerbittlichen Zwang einer gewaltigen Übersteigerung des öffentlichen Bedarfs auf der ganzen Linie. Auch heute wieder ist die Finanzdecke, die alle öffentlichen Gemeinwesen, den Bund, die Länder, die Gemeinden, die Gemeindeverbände decken soll, viel zu kurz. Auch heute wieder zerren Gewalten von unterschiedlicher politischer Stärke an dieser Decke hin und her. Jahr für Jahr erleben wir das förmliche Tauziehen und den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich, zu dem neuerdings das Feilschen um die Quote der Beteiligung des Bundes an dem Aufkommen von Einkommen- und Körperschaftsteuer getreten ist. Vieles von dem, was wir auf diesem Gebiete erleben, könnte uns wahrlich erspart werden, aber die Wurzeln liegen hier sehr tief, sie liegen in der Gestaltung unseres Grundgesetzes. Eines steht im Streit der wogenden Meinungen unverrückbar fest: Der Bedarf unserer öffentlichen Finanzwirtschaften ist längst hinausgewachsen über unsere Steuerkraft, und er hat leider noch die Tendenz, dauernd zu steigen. Auch heute bleibt uns nichts mehr übrig, als unter dem unerbittlichen Zwang eines übersteigerten Finanzbedarfs alle verfügbaren Steuerquellen restlos auszuschöpfen, und damit stehen wir mitten in dem uns beschäftigenden Problem. Wer da glaubt, daß auf anderem Wege als durch eine straffe Zusammenfassung der Finanzverwaltung an der Spitze eine gründliche Ausschöpfung der wichtigsten Steuerquellen noch möglich ist, der sieht an dem Schwerpunkt aller finanzwirtschaftlichen Probleme vorbei. Was anders hat damals Erzberger veranlaßt zu der folgenschweren Übertragung der Finanz- und Steuerhoheit auf das Reich und zur zentralen Verwaltung der gesamten Reichssteuern als der unmittelbare Zwang? Man hat sich diese Entscheidung auch damals gewiß nicht leicht gemacht: die vorher souveränen Einzelstaaten haben sich den Entschluß nur nach schwersten Kämpfen abringen lassen, aber die Erkenntnis siegte damals einfach deshalb, weil einem die Not auf den Nägeln brannte. Auch heute stehen wir im Grunde genommen in der gleichen Not- und Zwangslage, die entschiedenes Handeln von uns verlangt. Ich werde noch in anderem Zusammenhang davon zu sprechen haben, aus welchen Gründen trotz der uns aufgezwungenen, nicht auf deutschem Boden gewachsenen Notlösung des Art. 108 GG es möglich geworden ist, in der Gegenwart das Schifflein unserer öffentlichen Finanzwirtschaft durch die Klippen hindurchzusteuern. Mit der Behauptung, daß eine Zentralisierung der Finanzverwaltung in den Händen des Bundes eine unabdingbare Notwendigkeit sei, ist es allein nicht getan. Eine solche Behauptung bedarf eingehender Begründung, einer tiefgreifenden, in geschichtlichen Betrachtungen und Gegenwartsbeobachtungen wurzelnden Erkenntnis. Ich komme aus Gründen, die ich nun belegen will, zu einer unbedingten Ablehnung des bestehenden Zustandes einer Zweigleisigkeit auf dem Gebiete der Verwaltung von bundesgesetzlich geregelten Steuern und beginne mit 1. dem Grundsatz der Gerechtigkeit und der gleichmäßigen Verteilung der Gesamt-Steuerlast. Es ist ein unglücklicher Gedanke, die sogenannte Ertragshoheit verkoppeln zu wollen mit der Verwaltungshoheit. Die Ertragshoheit ist der Rechtsanspruch eines Staates auf den Ertrag oder gewisse Teile des Ertrages einer Steuer, die Verwaltungshoheit ist das Recht, alle mit der Veranlagung und Erhebung einer Steuer erforderlich erscheinenden Anordnungen zu treffen. Von einer solchen oft geforderten Verkoppelung muß man sich im modernen Staat einfach lösen. Schon bei der Miquelschen Steuerreform hat sich der Gedanke bewährt, die Realsteuern als Staatssteuern weiterzubilden, ihren Ertrag jedoch den Gemeinden zu überweisen. Es ist nicht nur erlaubt, sondern unter Umständen geradezu sinnvoll, die Gesetzgebung über bestimmte Steuern dem Bund zu übertragen, die Steuereingänge aber ganz oder zum Teil den Ländern oder Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Eines hat sich aber bestimmt nicht bewährt: Veranlagung und Erhebung gerade der wichtigsten, ertragreichsten und innerlich zusammengehörenden Steuerformen, der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer, teils durch den Bund, teils durch die Länder vornehmen zu lassen. Schon das Gefühl sagt, daß hier etwas nicht stimmen kann, und bei allen Einsichtigen und wirklich Sachkundigen dürfte kein Zweifel darüber bestehen, daß bei diesem Verfahren der oberste Grundsatz der Steuerpolitik, die Lasten gleichmäßig und daher gerecht zu verteilen, aufs gröblichste verletzt wird. Man kann hier nicht Länderinteressen den Vorrang geben vor dem unabdingbaren Anspruch des Steuerpflichtigen, Steuern nur bei gerechter Verteilung der gesamten Steuerlast zu tragen. Die fortschreitende Neigung zur Omnipotenz des Staates, zur Staatsallmacht, hat den Steuerpflichtigen immer mehr in die Lage des Wehrlosen gedrängt. Aber man wolle ja nicht übersehen, welche großen Gefahren für die Aufrechterhaltung von Staat und Gesellschaft, für die Wahrung des sozialen Friedens damit heraufbeschworen werden. Das Prinzip einer gerechten Verteilung der steuerlichen Gesamtbelastung ist so leicht ausgesprochen und so schwer zu verwirklichen. Hier aber, wo die Dinge geradezu handgreiflich sind, wo jeder Unbefangene empfinden muß, daß bei der vorhandenen Rechtslage eine gerechte Verteilung einfach unmöglich ist, darf man nicht länger zögern, die Uhr richtig zu stellen. Heute ist es schon dem einfachen Mann klar, daß Steuerpflichtige gleicher Art und gleicher Leistungskraft in den verschiedenen Ländern mit verschiedenen Maßstäben gemessen werden. Man sollte darüber nicht (Sachverständiger Dr. Bräuer) die einzelnen handelnden Menschen immer schelten, die Länderfinanzminister, die Oberfinanzpräsidenten, die Beschäftigten des Finanzamtes, sondern hier den Fehler im System erkennen. Wenn eine einzige von der Bundesgesetzgebung geschaffene Rechtsnorm in 12 verschiedenen Ländern interpretiert werden soll, dann gibt es eben 12 Möglichkeiten der Auslegung; je nach der Finanz- und Steuerkraft eines Landes, nach der Sozialstruktur, aber auch nach egozentrischen Länderinteressen werden die Maßstäbe verschieden ausfallen. Das ist menschlich begreiflich, damit müssen wir immer rechnen. Wenn wir aber diese zum Teil geradezu untragbar gewordenen Mißstände ausräumen wollen, dann müssen wir an die Wurzel der Dinge herankommen, und das ist der verhängnisvolle Dualismus zwischen Bund und Ländern, oder, genauer gesagt, zwischen Bundesgesetzgebung und Landesverwaltung bestimmter Steuern. Auch in ausländischen Staaten hat man erkannt, daß mit der Unifizierung von Steuerformen noch nichts erreicht ist, dazu gehört eben auch die Einheitlichkeit der Verwaltung, ohne die die Maßstäbe einer gerechten und gleichmäßigen Verteilung der Gesamt-Steuerlast nicht angewendet werden können. Ich habe gerade davon gesprochen, daß auch der einfache Mann dafür eine sehr feine Witterung hat. Man braucht sich nur einmal umzusehen in den Grenzgebieten zweier benachbarter Länder der Bundesrepublik. Diesseits der Grenze vielleicht ein sehr hartes Zugreifen, eine strenge Auslegung der Gesetze und Verordnungen hinsichtlich der Bewertung, der Gewinnermittlung, der steuerschädlichen oder steuerunschädlichen Vorgänge, aller Ermessensfragen, der Stundungs- und Erlaßanträge, wahrend wenige Kilometer entfernt im Nachbargebiet eine sehr milde Observanz herrscht. Aufs Große gesehen sind diese Unterschiede sehr beträchtlich, je nachdem, ob es sich um steuerstarke oder steuerschwache Länder handelt, wie diese Länder im Finanzausgleich dastehen, von welchen Intentionen der Landesfinanzminister oder der zuständige Oberfinanzpräsident sich leiten läßt. Man vergesse ja nicht die sogenannten Imponderabilien, die im Leben doch oft ein sehr starkes Gewicht haben. Es ist — wie ein sehr zuständiger Sachverständiger (Dr. Eckhardt) erkannte — nicht ohne Bedeutung, ob der zuständige Finanzminister seines Zeichens Rechtsanwalt, Landwirt, Wirtschaftsführer oder Flüchtling ist: alle diese scheinbaren Unwägbarkeiten haben für wichtige Entscheidungen oft ein starkes Gewicht. Von Land zu Land schwanken jedenfalls die Maßstäbe der Bewertung, der Feststellung des Anlagevermögens, der Lebensdauer von Maschinen und Geräten und damit der Höhe der Abschreibungen. Wie schwerwiegend kann die Entscheidung sein, ob hohe Aufwendungen des Steuerpflichtigen z. B. für Enttrümmerungskosten bei Betriebsgrundstücken als Betriebsausgabe anerkannt werden oder als Herstellungskosten aktiviert und daher versteuert werden müssen. Wie bedeutungsvoll ist es, wenn das eine Land, vielleicht aus wohlerwogenen Gründen, große Konzessionen in Sonderabschreibungen macht, während das Nachbarland zu derartigen Maßnahmen gar nicht zu bewegen ist. Man vergesse auch ja nicht dabei, in welche Situation man unter Umständen den Oberfinanzpräsidenten bringt, der ja bekanntlich auf der einen Seite Bundesbeamter, auf der anderen Seite Landesbeamter ist, wenn, wie in einem mir bekannten Beispiel, bei der Umsatzsteuer die Frage der Steuerschädlichkeit oder Steuerunschädlichkeit entschieden werden muß und eine Umsatzsteuer von rund einer Viertelmillion DM in Frage steht. Dann muß man sich einmal in die Seele des Oberfinanzpräsidenten hineindenken: Konzediert er die Steuerschädlichkeit zugunsten des Bundes, so fließen dem Bund 250 000 DM zu. Da Aber die Umsatzsteuer an der Einkommensteuer abgeht, hat praktisch bei einem Steuersatz von vielleicht 80 % das Land diese 200 000 DM zu tragen, die der Bund schluckt. Wie soll also der Oberfinanzpräsident entscheiden? Das sind doch Gewissenskonflikte, in die er sehr häufig kommen wird, und die man ihm wirklich ersparen sollte! 2. Das Tempo des Steuereinzugs Von erheblicher Bedeutung ist es, in welchem Tempo die Veranlagung und Erhebung einer Bundessteuer im Rahmen der Länderverwaltung erfolgt. Auch hier liegen die Verhältnisse von Land zu Land sehr verschieden, die Auffassungen schwanken hin und her. Es ist menschlich durchaus begreiflich, daß der eine Finanzminister bzw. Oberfinanzpräsident die strenge oder sogar die strengste Observanz vertritt und dafür sorgt, daß die Veranlagung und Erhebung der Steuern in seinem Bezirk mit der größten Genauigkeit und Gründlichkeit durchgeführt wird. Es ist klar, daß infolgedessen das Veranlagungsgeschäft nur in einem langsamen Tempo durchgeführt werden kann, daß somit der Zwischenraum zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung des steuerlichen Tatbestandes und dem Erlaß des Steuerbescheides verhältnismäßig lang ist. Diese Gründlichkeit muß also mit einer erheblichen Verzögerung des Steuereinzuges bezahlt werden. Auf der anderen Seite begegnet uns wieder in einem anderen Land eine ganz andere Grundauffassung. Hier erklärt man wieder, daß der Beschleunigung in der Veranlagung und Erhebung der Steuern die allergrößte Bedeutung beizumessen ist. Aus diesem Grunde verfährt man dort großzügiger, d. h. die Veranlagung wird tunlichst beschleunigt auf Kosten der Gründlichkeit. Es ist bei einer derartigen großzügigen Behandlung des Veranlagungsgeschäftes unvermeidlich, daß in einzelnen Fällen eine erhebliche Schonung des Steuerpflichtigen, eine ungenügende Ausschöpfung der Steuerkraft stattfindet. Beide Methoden haben ihre Licht- und ihre Schattenseiten. Der Vorzug einer mehr großzügigen und beschleunigten Durchführung des Veranlagungsgeschäftes liegt darin, daß der Fiskus rascher zu seinem Gelde kommt, daß gegenüber den Vorauszahlungen die Nachzahlungen sehr rasch fällig werden. Für den Steuerpflichtigen entsteht der Vorteil, daß er ganz anders disponieren kann, daß er mit der Zustellung des Steuerbescheides auch die überzahlten Beträge rasch zurückerhält. Bei einem zu gründlichen und daher zeitraubenden Verfahren der Veranlagung und Erhebung entstehen die größten Unzuträglichkeiten: Der Fiskus muß länger auf sein Geld warten. Wenn das Veranlagungsgeschäft 11/2, 2 Jahre und vielleicht noch länger hinter der Entstehung des steuerlichen Tatbestandes herhinkt, dann ist von den Steuerpflichtigen der dem Fiskus geschuldete Betrag längst ausgegeben, d. h. investiert oder in den Konsum eingegangen. Die Folgen kennen wir alle: Weitgehende Steuerrückstände, Schwierigkeiten der Eintreibung, Härten im Beitreibungsverfahren usw. Überzahlungen des Steuerpflichtigen (Sachverständiger Dr. Bräuer) werden erst nach Jahren zurückerstattet, wenn der Steuerbescheid vorliegt. Hier ist es notwendig, die rechte Mitte zu finden, was nur bei einer einheitlichen Führung der Bundesfinanzverwaltung möglich ist. Mit einer zentralen Steuerung verschwinden mit einem Male alle die Unterschiede im Tempo der Veranlagung in 12 verschiedenen Ländern und die schweren Unzuträglichkeiten, die durch Verzögerung oder Beschleunigung von Land zu Land in der steuerlichen Belastung auftreten. 3. Die Betriebsprüfung Der im Artikel 108 verankerte Dualismus, die Zweigleisigkeit in der Verwaltung von bundesgesetzlich normierten Steuern, wirkt sich in verhängnisvoller Weise bei der Betriebsprüfung aus. An Bemühungen zu einer einheitlichen Ausrichtung der in den Ländern verschiedenartig gehandhabten Betriebsprüfungen fehlt es gewiß nicht, aber damit können die großen Unterschiede von Land zu Land nicht aus der Welt geschafft werden. Auch hier schwankt das Gesamtbild in den einzelnen Ländern aus den schon aufgezeigten Gründen. Wenn ein Finanzminister mitten aus der Wirtschaft kommt, wie das beispielsweise beim Finanzminister Zorn in Bayern der Fall war, dann kann unter Umständen die Betriebsprüfung grundlegend andere Züge annehmen als in einem anderen Land, wo der Finanzminister ein früherer Verwaltungsbeamter ist. Gerade im Gebiet der Betriebsprüfung können die durch Artikel 108 GG geschaffenen Verhältnisse geradezu untragbar werden. Das Bundesfinanzministerium hat den anerkennenswerten Versuch gemacht, wenigstens die Einheitlichkeit der Betriebsprüfung im Gesamtgebiet der Bundesrepublik durchzusetzen, und es waren in dieser Richtung schon bemerkenswerte Vorarbeiten getroffen. Schließlich scheiterte aber alles wieder an der unglücklichen Fassung des Artikels 108 GG. Wenn dort gesagt wird, daß dem Bund, falls er einen Teil der Einkommen- oder Körperschaftsteuer für sich in Anspruch nimmt, auch insoweit die Verwaltung zustehe, so ist das ein gänzlich unmöglicher Zustand. Wie soll denn das überhaupt zu realisieren sein? Angenommen, der Bund nimmt 27, 31,5 oder 40 % des Ertrags dieser Steuern in Anspruch, wie soll er denn zu 27, zu 31,5 oder zu 40 % verwalten? Praktisch sucht man sich zu helfen durch die Interpretation, daß der Bund in diesem Falle auch das Ganze verwalten könne, daß also, genauer gesagt, die Betriebsprüfung sich auf die gesamte Einkommen- und die gesamte Körperschaftsteuer erstrecken dürfe. Wenn nun der Bund so weit gehen sollte, daraufhin den Anspruch zu erheben, in irgendeinem Land die ganze Betriebsprüfung an sich zu ziehen, dann kann jeder Landesfinanzminister die Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht erheben, daß der Artikel 108 des GG verletzt worden ist. Dort heißt es ja ausdrücklich, daß der Bund insoweit, als er Anteile der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für sich in Anspruch nimmt, auch das Recht der Verwaltung habe. In der Tat holt ja jetzt auch das Bundesfinanzministerium aus, um die Betriebsprüfung der großen Unternehmen, namentlich der Konzernbetriebe, an sich zu ziehen. Wer den Buch- und Betriebsprüfungsdienst der früheren Reichsfinanzverwaltung in seiner Entstehung erlebte und in seinem Ablauf studieren konnte, der weiß, wie ausgezeichnet dieser Apparat einstmals funktionierte. Aber doch nur deshalb, weil im gesamten Reichsgebiet alle in die Betriebsprüfung eingeschalteten Instanzen ihre Erfahrungen austauschen konnten. Ob eine Mühle in Königsberg oder in Karlsruhe lag, ob eine Zigarettenfabrik in Hamburg, Dresden, Breslau oder Baden-Baden ihren Standort hatte, war ganz gleichgültig: die Erfahrungen flossen alle an einer Stelle zusammen und wurden im ganzen Reichsgebiet ausgetauscht, die gewonnenen Richtzahlen waren wertvolle Hilfsmittel, und im ganzen hat sich dieses Verfahren vortrefflich bewährt. Artikel 108 hat es bewirkt, daß auch diese wundervolle Einheit völlig auseinandergerissen wurde. Mühsam sucht man jetzt wieder die einheitlichen Linien aufzufinden, aber man kann diesen Artikel 108 drehen und wenden wie man will, er ist jeder sinnvollen Ausgestaltung unserer Finanzverwaltung dauernd im Wege. Wenn der Bundesfinanzminister zwecks Betriebsprüfung von Bundes wegen sich die großen Brocken heraussucht und seine Getreuen in die verschiedenen Länder entsendet, so wird man sie dort sicherlich höflich aufnehmen, aber doch stets nur als Gäste betrachten. Es ist kaum damit zu rechnen, daß man ihnen alles Material zur Verfügung stellen wird, daß man ihnen die sachliche Prüfung mit der wünschenswerten Intensität ermöglicht, die dieser Bundesbetriebsprüfung erst einen rechten Sinn verleiht. Wozu also diese Spiegelfechterei, diese Vortäuschung eines Tatbestandes, der überhaupt nicht vorhanden ist, wozu diese Versuche, auf krummen Wegen ein richtiges Ziel anzusteuern? 4. Vereinfachung des Steuerrechts Unser gesamtes Steuerrecht ist heute unübersehbar kompliziert geworden, es gleicht einem undurchdringlichen Gestrüpp, durch das selbst Sachverständige heute nicht mehr den richtigen Weg finden können. Der gesetzgeberische Wille ist vielfach vergraben, förmlich verschüttet durch die Flut von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Ausführungsbestimmungen, Durchführungsverordnungen, Änderungsgesetzen usw. usw. Der Art. 108 hat nun bewirkt, daß diese Flut nicht nur nicht eingedämmt wurde, sondern sich zum reißenden Strom entwickelte. Hunderte und aber Hunderte von Erlassen der verschiedenen Länder hinsichtlich der Verwaltung der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer sind in den letzten Jahren auf uns herniedergeprasselt, ganz abgesehen von den nach vielen Hunderten zählenden unveröffentlichten Erlassen der Oberfinanzdirektionen, die steuerrechtlichen Inhalt haben. Welche Rechtsunsicherheit, welche Ausuferungen auf einem praktisch so wichtigen Gebiet, das noch vor einigen Jahrzehnten lichtvoll klar gewesen ist! An Stelle einer ständigen Vertiefung erleben wir eine immer weiter um sich greifende Verflachung dieses Gebietes, und dazu haben die anordnenden Länder ein gerütteltes Maß beigetragen. Wie einfach kann das alles gestaltet werden bei einer zentral gesteuerten Finanzverwaltung, wie das auch früher schon einmal war. Diese hypertrophische Entwicklung von Gesetzgebung und Anordnungen der Verwaltung auf dem Gebiet des Steuerwesens hat alle erlaubten Grenzen überschritten. Der Bund der Steuerzahler ist radikal genug, zu fordern, daß in diesem förmlichen Urwald der Gesetzgebung erbarmungslos gelichtet, da und dort sogar kahlgeschlagen werden müsse, wenn man überhaupt noch den gesetzgebe- (Sachverständiger Dr. Bräuer) rischen Weg ergründen will. Das banale und viel mißbrauchte Wort „Warum einfach, wenn es nicht auch kompliziert gemacht werden kann", hat seine uneingeschränkte Gültigkeit im Bereich der Finanzverwaltung. 5. Modernisierung des Finanzverwaltungsapparates Jeder Sachkenner weiß heute, daß unsere Finanzverwaltung, insbesondere ihre untersten Stellen, die Finanzämter, nicht nur völlig ausgelastet, sondern daß sie stellenweise auf das schwerste überlastet sind. Die Gesetzgebungsmaschine sorgt dafür, daß diesem schon überlasteten Verwaltungsapparat dauernd neue und zusätzliche Lasten aufgebürdet werden, gegen die er sich gar nicht wehren kann. Man braucht nur die Worte „Lastenausgleich", „Investitionshilfe", „Zusatzumsatzsteuer" auszusprechen, um zu erkennen, daß es so einfach nicht mehr weitergehen kann, daß ohne eine gründliche Rationalisierung hier kein Wandel geschaffen werden kann. Es ist grundfalsch, den Ausweg immer darin sehen zu wollen, die Dimensionen des Verwaltungsapparates in sachlicher oder personeller Ausstattung dauernd zu vergrößern. Die Einheiten sind heute gewiß schon groß genug, die Aufgaben können wir nicht von heute auf morgen abbauen, die Maschine der Gesetzgebung kann wohl da und dort abgebremst, aber nicht stillgelegt werden. Es bleibt daher nur übrig, die Leistungskraft des vorhandenen Apparats so zu stärken, daß er seinen Aufgaben gewachsen ist. Infolgedessen ist es hohe Zeit, den Apparat der Finanzverwaltung, der bürotechnisch noch vielfach auf dem Standpunkt wie zur Zeit der Postkutsche steht, zu modernisieren, ihm alle Erleichterungen zu verschaffen, die vom Standpunkt einer kochentwickelten modernen Büro- und Verwaltungstechnik möglich sind. Eine solche Modernisierung nach der technischen und organisatorischen Seite ist heute geradezu eine gebieterische Notwendigkeit, wenn dieser Apparat seine Aufgaben voll erfüllen soll, und wenn wir nicht hinnehmen wollen, daß vordringliche Veranlagungsarbeiten jahrelang verschleppt werden. Auch hier wieder stehen wir hinsichtlich des Artikels 108 vor dem gleichen Problem. Nur bei einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung kann dieser Apparat einfacher, leicht übersehbar und daher billiger gestaltet werden gegenüber dem jetzt bestehenden Zustand, wo in 12 verschiedenen Ländern, die unabhängig voneinander den Willen des Gesetzgebers vollziehen sollen, die verwaltungstechnischen Maßnahmen einfach nicht unter einen Hut zu bringen sind. Wertvolle Anfänge sind schon vor Jahrzehnten geschaffen worden durch die Initiative des hochverdienten Reichssparkommissars Dr. Saemisch, die aber leider ins Stocken geraten sind und es verdienten, von einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung wieder aufgenommen zu werden. Wieviel nutzlos vertane Verwaltungsarbeit könnte bei einer richtigen Organisation, die von einer zentralen Stelle gesteuert wird, erspart werden. Es ist schon manches erreicht, und es ist sehr erfreulich, wenn weitschauende Oberfinanzpräsidenten in ihrem Bezirk vorangehen, um nach dieser Richtung die Bahn zu brechen, wenn z. B. Düsseldorf mit hochleistungsfähigen Buchungsmaschinen zu arbeiten vorsieht, wenn Stuttgart die Verwendung von schreibenden Hollerith-Maschinen einführt. Aber solche Dinge sollten doch nicht dem Zufall und der Initiative des einen oder des anderen Oberfinanzpräsidenten überlassen bleiben, die in ihren Bestrebungen womöglich noch auf den heftigsten Widerstand im Landtag stoßen, wenn es um die Bewilligung der erforderlichen Mittel geht. Der Bund der Steuerzahler hat Beweise genug davon geliefert, daß es ihm um die Verwurzelung des Prinzips echter Sparsamkeit in der gesamten Verwaltung geht. Er ist aber ebenso abgeneigt, die Sparsamkeit am falschen Platz zu dulden, weil sie, aufs Große gesehen, zu einer grandiosen Verschwendung öffentlicher Mittel wird. Wenn heute Buchungsmaschinen von höchster Leistungsfähigkeit, Diktiermaschinen, schreibende Hollerith-Maschinen, Transportanlagen für die Beförderung von Schriften über die Räume und Etagen hinweg, die MikroFotografie und vieles andere zur Verfügung stehen, dann ist es hohe Zeit, daß eine zentral gesteuerte Bundesfinanzverwaltung dem völlig überlasteten Apparat der Finanzverwaltung Hilfe leistet. Freilich kostet die Investition für eine solche Modernisierung unseres Verwaltungsapparates Geld, aber diese Aufwendungen sind sehr rasch amortisiert und sie ermöglichen, den Verwaltungsapparat ohne Ausdehnung in räumlicher, sachlicher und personeller Hinsicht zu weit höheren Leistungen zu bringen oder bei gleicher Leistungskraft mit einem wesentlich geringeren Sach- und Personalbedarf auszukommen. Derartige Ziele sind aber wirklich nur auf Bundesebene durch eine zentrale Verwaltung unserer Finanzen herbeizuführen. 6. Die finanziellen Auswirkungen Der nicht auf deutschem Boden gewachsene Artikel 108 kostet uns schweres Geld. Ich vermag allerdings denjenigen nicht zu folgen, die mit apodiktischer Gewißheit vorhersagen wollen, daß mit einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung eine Einsparung von einer Milliarde DM zu erwarten sei. Ich halte diese wiederholt in der Presse angegebene Zahl doch für übertrieben hoch, aber auf alle Fälle werden es Hunderte von Millionen sein, die bei einer Zentralisierung der Finanzverwaltung und einer Beseitigung der Zweigleisigkeit in Wegfall gebracht werden können. Welch unnötige zusätzliche Verwaltungskosten, die bei dem jetzigen Zustand anfallen! Auf manchen Gebieten findet eine förmliche Multiplikation von Verwaltungsaufwand statt, der durch die Anordnungen der Länder eintritt. Wozu haben wir noch in jedem einzelnen Land besondere Steuerabteilungen für die ländermäßige Verwaltung der Einkommen- und Körperschaftsteuer? Durch eine Umschaltung auf eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung würde vor allen Dingen eine außerordentliche Entlastung und eine Ersparung von Verwaltungskosten bei den Finanzministerien entstehen. Dazu kommen noch eine Reihe von zusätzlichen Verwaltungsaufwendungen, die man im Bereich der Reichsfinanzverwaltung nicht kannte und von denen ich Ihnen nur ein Beispiel geben möchte: Früher war es gänzlich gleichgültig, welches Finanzamt die Einkommen- oder Körperschaftsteuer erhob. Heute liegen die Länder in edlem Wettstreit um die Steuereinnahmen, wenn der Wohnsitz des Pflichtigen und der Ort, an dem das Einkommen verdient wurde, in verschiedenen Ländern gelegen sind. Schon durch die Wohnungsnot in kriegszerstörten Gebieten, aber auch durch manche anderen Ursachen erklärt es sich, daß das Wohnen, entfernt von der Stätte des Betriebes, zur verbreiteten Erscheinung geworden ist. Solange (Sachverständiger Dr. Bräuer) Bund und Länder sich in die Steuerverwaltung teilen, wird eine geradezu sinnlose und gewiß nicht geringe Mehrarbeit der Verwaltung geleistet werden müssen, um die rivalisierenden Länder zu befriedigen. Welche Verwaltungsmühe und welche Rechenkunststücke wurden den Länderfinanzverwaltungen auferlegt durch das Zerlegungsgesetz vom 29. März 1952! Gerade dieses Gesetz ist ein treffender und eindrucksvoller Beweis für die bedenkliche Auswirkung der Aufspaltung der Finanzverwaltung zwischen Bund und Ländern. Wer z. B. in Heidelberg oder Mannheim wohnt, seine Tätigkeit aber im angrenzenden Ludwigshafen ausübt, für dessen Einkommensteuerleistung interessieren sich zwei Länder, die durch Anwendung höherer Mathematik ihre Anteile an der Einkommensteuer ausklügeln. Solche gänzlich unfruchtbare und nutzlos vertane Verwaltungsarbeit hat doch wahrhaftig keinen Sinn. Wenn ich gegenüber der genannten Milliarde einzusparender Kosten der Verwaltung mir Zurückhaltung auferlegte, so vermag ich das leider nicht zu tun auf dem Gebiet des Ertrages an Steueraufkommen. Ich bin überzeugt, daß infolge dieses Dualismus in der Finanzverwaltung, den ungleichen Maßstäben von Land zu Land neben drückender Härte der Lastenauferlegung auf der anderen Seite eine Schonung von leistungsfähigen Steuerpflichtigen eintritt, daß also hinsichtlich des Steueraufkommens noch Reserven in nicht geringem Umfang zur Verfügung stehen. Ich habe bereits ausgeführt, daß durch die oft jahrelang verzögerte Veranlagung an sich fällig gewesene Steuerleistungen nicht mehr hereinkommen, weil sie inzwischen investiert oder in den Konsum übergegangen sind. Dazu kommt noch, daß verschiedene Länder durch die Gewährung besonderer Steuervergünstigungen den erfolgreichen Versuch machen, große Industriebetriebe in ihr Gebiet zu verlagern. Im Bereich der Gewerbesteuer ist es eine bekannte Erscheinung, daß manche Gemeinden den anzusiedelnden Industriebetrieben steuerlich weit entgegenkommen. aber auch auf Länderebene spielen diese Vorkommnisse eine nicht geringe Rolle. Man muß dieses Problem gewiß von zwei Seiten sehen, denn die Ansiedlung neuer leistungsfähiger Betriebe bedeutet, daß hierdurch Steuerquellen begründet werden, die allerdings erst später rich tig zum Fließen gelangen. Auch die arbeitsmarktpolitische Bedeutung dieser Angelegenheit soll gewiß nicht vergessen werden. Immerhin bedeuten aber diese oft stark ins Gewicht fallenden Steuervergünstigungen eine Einbuße an Steuerleistung in allen Fällen, in denen die Ansiedlung in einem bestimmten Lande deshalb vorgenommen wird, weil andere Länder kein oder ein viel geringeres Entgegenkommen zeigen. Es ist dabei zu beachten. daß auf diesem Wege zuweilen ein Standort gewählt wird, der volkswirtschaftlich unrichtig ist und für dessen Wahl lediglich steuerliche Gründe maßgebend sind. Es ist gewiß nicht leicht, eine zahlenmäßige Größe zu finden für diese Einbuße des Fiskus an Steuerertrag durch zu geringe Ausschöpfung von Steuerquellen und weitgehendes Entgegenkommen bei Industrieverlagerungen. Hier kann nur durch grobe Schätzung ein zahlenmäßiges Bild gewonnen werden, aber bei aller Vorsicht wird man doch annehmen dürfen, daß eine Milliarde Einbuße an Steueraufkommen die Untergrenze bilden wird. Nicht zu vergessen ist dabei, daß durch die in den einzelnen Ländern verschiedenartige Strenge oder Milde bzw. das Entgegenkommen gegenüber neu anzusiedelnden Betrieben die wirkliche Steuerkraft der einzelnen Länder nur in verzerrtem Bild erscheint und daß hierdurch der Finanzausgleich, der auf diesen Steuerkraftzahlen basiert, verfälscht wird. 7. Kontakt zwischen Gesetzgebung und Verwaltung Es ist für die organische und wirklichkeitsnahe Weiterführung der Gesetzgebung von entscheidender Bedeutung, daß in die zur Entstehung gelangenden Gesetze und Verordnungen alle Erfahrungen eingebaut werden, die bei der Verwaltung der Steuern gemacht worden sind. Bei allen Steuerformen, die auf der Bundesgesetzgebung beruhen, aber von den Ländern veranlagt und erhoben werden, entsteht hinsichtlich der Weiterentwicklung unserer Steuergesetzgebung ein bedauerlicher Zwiespalt. Praktisch ist es doch so: Der Referent und alle übrigen an der Vorbereitung eines Entwurfs Beteiligten können nur dann wirklichkeitsnah bleiben, wenn ihnen das gesamte Material zur Verfügung steht, aus dem ersichtlich ist, wie sich bestehende gesetzliche Normen praktisch bewährt haben. Diese Möglichkeit ist aber gar nicht vorhanden, wenn das Material bei den Länderregierungen ruht, wo es für diese Zwecke nur wenig ausgenutzt werden kann. Der Referent, der eine Einkommensteuer-Novelle bearbeitet, kann doch nicht bei allen 12 Länderverwaltungen herumreisen, um an Ort und Stelle das weitschichtige Material aller Erfahrungen zu prüfen. Er ist im besten Falle angewiesen auf spärliche Mitteilungen, auf das, was die Länder herausgeben wollen. Nur auf indirektem Wege wird dieses überaus wertvolle Material nutzbar gemacht werden können, nämlich über den Bundesrat, aber es liegt wohl in der Natur der Sache, daß dort nur diejenigen Beweisgründe vorgebracht werden, die auch dem Interesse der Länder entsprechen. Das Ergebnis auch dieser Betrachtung ist eindeutig und klar: Gesetzgebung und Verwaltung, namentlich der wichtigen Bundessteuern, gehören unmittelbar zusammen, ihre Trennung ist die Quelle von schwerwiegenden Schäden aller Art. Schlußbetrachtungen Die hier getroffenen Feststellungen dürften genügen, um zu erweisen, daß die Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes mit den wohlverstandenen Interessen der Bundes-, Länder- und Gemeindefinanzwirtschaft nicht mehr vereinbart werden kann. Die durch Artikel 108 geschaffene Zweigleisigkeit (besser Vielgleisigkeit) ist ein ausgesprochener Irrweg, eine Fehlkonstruktion in unserem Grundgesetz, bei der der Geist Richelieus Pate gestanden hat und die nur durch einen scharfen politischen Druck der Besatzungsmächte zustande gekommen ist. Mit Recht hat der Bundestagsabgeordnete Dr. Greve festgestellt, daß hier ein Unrecht geschehen ist, das wiedergutgemacht werden sollte. In der Tat ist durch dieses Unrecht unsere Finanzwirtschaft an einer entscheidend wichtigen Stelle in eine falsche Richtung gedrängt worden. Es ist nicht zu verstehen, daß jetzt, wo der Weg frei geworden ist, um zu einer richtigen, einfachen und klaren Lösung zu gelangen, Versuche unternom- (Sachverständiger Dr. Bräuer) men werden, die bestehende Fehlkonstruktion mit fadenscheinigen Gründen zu rechtfertigen und diese unheilvolle Verstrickung von Bundes- und Länderfinanzverwaltungen zu verewigen. Wenn wir in Deutschland etwas machen, so machen wir es gewöhnlich sehr gründlich, und so ist auch die Zweigleisigkeit in sachlicher und personeller Hinsicht bis zur letzten Konsequenz, bis zu den untersten Verwaltungseinheiten, bis zur letzten Schreibstube durchgeführt worden — „wie das Gesetz es befahl"! Der Riß geht mitten durch die Büros der Oberfinanzdirektionen und der Finanzämter sowie der Oberfinanzkassen. Überall werden — schon aus haushaltstechnischen Gründen — die beschäftigten Personen streng geschieden nach Bund und Ländern. Logisch wäre es ja gewesen, neben den vom Bund verwalteten Finanzämtern auch besondere Bundesfinanzämter zu errichten, aber glücklicherweise hat man die Torheit doch nicht so weit getrieben. Man hat die Finanzämter als Landesbehörden, z. B. für die Erhebung der Umsatzsteuer, den Oberfinanzdirektionen als Hilfsstellen zugeordnet. Auch hier wieder krumme Wege, keine klare Lösung! Mit einer Handbewegung sucht man sich über alle Erfahrungen mit der früheren einheitlichen Reichsfinanzverwaltung hinwegzusetzen und diese damit abzutun, daß das in der Weimarer Verfassung verankerte System als völlig gescheitert anzusehen sei. Ein überspitzter Föderalismus operiert mit dem Argument, daß mit einer Wiedereinführung einer einheitlichen und zentral gesteuerten Finanzverwaltung der Föderalstaat verlassen und durch einen auf die Spitze getriebenen Zentralismus der erste Schritt gemacht würde in den totalitären Staat. Solche Gedanken führen auf einen bedenklichen Abweg. Die begriffliche Klarheit erfordert, gegenüber einer fortschreitenden Verwirrung festzustellen, daß der Gegenpol des Föderalismus nicht der Zentralismus, sondern der Unitarismus ist. Zentralismus ist — das weiß jeder Sachkenner — nichts anderes als eine Form der Verwaltung eines irgendwie gearteten Staates, nicht aber eine Staatsform. Auch der Föderalstaat kann sich zur Führung der Geschäfte des straffsten Zentralismus bedienen, was am Beispiel der USA und ihrer Entwicklung in den letzten Jahren klar zu erkennen ist. Andererseits kann auch der Einheitsstaat eine dezentralisierte Verwaltung durchführen. Mit solchen Argumenten kommen wir wirklich keinen Schritt weiter. Manche mögen sich wundern, daß trotz des mit Artikel 108 in die Oberfinanzdirektionen hineingetragenen Dualismus (hie Bund — hie Land), trotz des durch die Parallelschaltung von 12 verschiedenen anordnenden Ländern entstandenen Pluralismus der Apparat überhaupt noch funktioniert. Das erklärt sich lediglich daraus, daß die Oberfinanzpräsidenten und auch andere leitende Beamte vielfach noch die Tradition der ehemaligen Reichsfinanzverwaltung in sich tragen und so handeln, „als ob" eine einheitliche Finanzverwaltung an der Spitze noch existierte. Die Oberfinanzpräsidenten haben bisher in ihren Zusammenkünften sicherlich mit viel Takt und Geschick diesen inneren Zwiespalt zu überwinden versucht und sich bemüht, das Trennende zu überwinden, das Gemeinschaftliche zu betonen. Aber wie weit das gelingen mag, steht auf einem anderen Blatt. Und in welcher Gewissensnot mag sich mancher Oberfinanzpräsident befinden, der in der Verwaltung der Einkommen- und Körperschaftsteuer seinem Land Ordre parieren muß, in Fragen der Umsatzsteuer des gleichen Steuerfalles dem Bundesfinanzministerium botmäßig ist. Auch beim besten Willen wird es nicht möglich sein, auf die Dauer dieser störenden Gewalten Herr zu werden und diesen Pluralismus einer vielgestaltigen Ausdeutung des gesetzgeberischen Willens zu überwinden. Es ist auch der Einwand gemacht worden, daß zwar die einheitliche Bundesfinanzverwaltung das erstrebenswerte Ziel sei, daß aber der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen wäre. Darauf kann man nur erwidern: Wie lange will man denn noch warten, und aus welchem Grunde soll dieser Zeitpunkt noch nicht gekommen sein? Ich finde, die Lösung ist schon längst überfällig. Was macht man seit Jahr und Tag anders, als von dem zerbrochenen Gebäude der ehemaligen Reichsfinanzverwaltung die Steinehen mosaikartig wiederzusammenzusetzen, um den Apparat funktionsfähig zu erhalten? Nachdem das Fundament für eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung vorhanden ist, sollte man so rasch wie möglich die Strebepfeiler aufrichten, das Gebäude vollenden und den Apparat zur höchsten Leistungsfähigkeit ausbauen. Man muß befürchten, daß er in der Zukunft noch manche schwere Belastungsprobe wird aushalten müssen. Jeder ins Leben gerufene Verwaltungsapparat hat nach unserer geschichtlichen Erfahrung ein starkes Beharrungsvermögen, ein zähes Leben. Die Widerstände wachsen mit jedem Tag, und schließlich fressen sich die Einrichtungen so ein, daß eine Änderung oder Entfernung nur durch die Entfaltung stärkster politischer Gegenkräfte erzwungen werden kann. Schon aus diesem Grunde ist es angezeigt, die Entscheidung nicht länger hinauszuziehen, als das unbedingt erforderlich ist. Symptomatisch für diesen Widerstand aus bestimmten Kreisen ist die Forderung in der Gegenschrift zur bekannten Denkschrift der Leitstelle der Finanzverwaltung der britischen Zone. Diese Gegenschrift ist von drei süddeutschen Finanzministern verfaßt, sie trägt den beinahe provozierenden Titel: „Noch einmal eine Reichssteuer- und Reichszollverwaltung?" und kommt in ihrer Quintessenz zu der Forderung: „Der künftige Finanzausgleich darf nicht bestimmen, was das Reich den Ländern geben soll, sondern muß entscheiden, was die Länder dem Reich zu geben haben, damit es die ihm zukommenden Aufgaben erfüllen kann." Das ist eine Rückkehr in die Zeit vor 1914, nicht ein Bekenntnis zur früheren Reichsfinanzverwaltung. Die in der Weimarer Verfassung verankerte zentrale Reichsfinanzverwaltung war ein stolzes Gebäude, das von allen wirklichen Sachkennern des In- und Auslandes ehrlich bewundert worden ist. Trotz mancher unverkennbarer Schwächen galt sie doch als vorbildlich, als mustergültig, und nicht umsonst haben eine Reihe ausländischer Sachverständiger sie auf das genaueste studiert, um sich ihre Einrichtungen zunutze zu machen. Das Reichs- finanzministerium war wirklich im Gebiete der Finanzwirtschaft der Große Generalstab, der über die gesamten Erfahrungen an der Front der Steuerpraxis verfügte und die Gesetzgebung auf diesen Erfahrungen aufbauend weiterentwickeln konnte. Man sollte ja nicht vergessen, daß erst auf dem Hintergrund einer einheitlichen und zentral gesteuerten Reichsfinanzverwaltung die großartigen Schöpfungen der Reichsabgabenordnung, des Reichsfinanzhofes, die einheitliche Buch- und Be- (Sachverständiger Dr. Bräuer) triebsprüfung, die einheitliche Veranlagung und Erhebung der Steuern, die Schaffung einheitlicher Bewertungsgrundsätze und vieles andere für das gesamte Reichsgebiet erst ihren rechten Sinn erhalten haben. Nunmehr scheint der Zeitpunkt wirklich gekommen, hier ganze Arbeit zu machen, nicht überall nur die Widerstände zu sehen, sondern mit dem ernsten Willen zur Tat an diese entscheidend wichtige Aufgabe heranzutreten. Man wolle diese Gedanken nicht abtun durch die Erklärung, daß heute ja die Schwierigkeiten in unserem zerrissenen und weithin zerstörten Gebiet unendlich viel größer seien, als sie 1919/20 gewesen sind. Gewiß, damals war noch ein einheitliches Reichsgebiet, ein unzerstörtes, nur am linken Rheinufer besetztes Gebiet vorhanden. Aber man möge nicht vergessen, welche ungeheuren Schwierigkeiten auch damals vorhanden waren, welche monumentalen Aufgaben man mutig in Angriff genommen und in einem geradezu märchenhaft erscheinenden Tempo gelöst hat: Die staatsrechtlichen Beziehungen zwischen Reich und Einzelstaaten wurden von Grund auf geändert, die großen und ergiebigen Steuerquellen den Einzelstaaten weggenommen und dem Reich übertragen, die Länderbahnen, der kostbarste Besitz der Einzelstaaten, wurden in die Reichseisenbahn eingeschmolzen, eine totale Reichs- und Länderreform machte vor keinen Schwierigkeiten halt, und im Rahmen der Finanz- und Steuerreform wurde das Reichssteuersystem geschaffen und eine einheitliche Reichsfinanzverwaltung errichtet. Das waren verfassungspolitische Taten von unerhörter Kühnheit, die in kurzem Anlauf vollbracht worden sind und die erkennen lassen: Wo ein ernster Wille ist, wird auch ein Weg gefunden werden. Im Anschluß an das von Prof. Bräuer erstattete Gutachten führt Abg. Morgenthaler (CDU) folgendes aus: Es wird immer behauptet, daß die Bundesfinanzverwaltung das Bessere sei. Nun verstehe ich eines nicht. Die Steuergesetze werden sämtlich vom Bund gemacht, ebenso die Durchführungsverordnungen und Weisungen. Die Länderfinanzminister kommen alle paar Tage zusammen, um sich auszusprechen. Nun kann ich nicht verstehen, warum eine solche Ungleichheit in der Veranlagung und all diesen Dingen überhaupt entstehen kann. Wenn eine Bundesfinanzverwaltung da ist, muß in den einzelnen Ländern ja auch eine Stelle sein, die über das Ganze wacht. Habe ich dann die Gewähr, daß der vom Bund bestellte Vertreter, der das zu überwachen hat, nun das in dem einen Land ganz genau und haarscharf so macht wie der in einem anderen? Das glaube ich nicht. Das liegt an den persönlichen Interessen des einzelnen Menschen. Das sehen Sie an zwei Rechtsanwälten, die über eine Sache reden, da hat jeder eine andere Meinung. Ich kann mir vorstellen, daß das in einer künftigen Bundesfinanzverwaltung ganz ähnlich sein wird. Ich muß noch etwas sagen, ohne in die Debatte selber einzutreten. Ich habe die Meinung, daß die Länder eben die Verhältnisse besser kennen; denn die Verhältnisse sind in den einzelnen Ländern total verschieden. Darüber kann es gar keinen Zweifel geben. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse sind total verschieden. Es kommen noch andere Momente hinzu, und ob das dann gerechter gemacht werden kann, wenn einer vom Bund in das Land gesetzt wird, der diese Dinge zu überwachen hat, möchte ich nun einmal geklärt haben. Wir versuchen wieder etwas zu machen, was wir schon einmal gemacht haben und bei dem doch gesagt worden ist, daß soundso viel Nachteile daraus erwachsen. Dipl.-Kaufmann Wolkersdorf: Ich habe Ihnen entsprechend der Anregung Ihres Herrn Vorsitzenden versprochen, meinen Vortrag zeitlich zu untertreiben. Ich will versuchen, mein Versprechen wahr zu machen. Ich kann dies auch mit guten Gründen, weil mein Herr Vorredner schon sehr vieles von dem, was ich zu sagen wünschte, gesagt hat, so daß ich mir erlaube, aus meinem Vortrag nur einige wenige Bemerkungen herauszupicken. Ein entscheidender Tatbestand ist für mich das Faktum, daß wir ja schon vor einigen Jahren weiter gewesen sind als heute. Über die Gestaltung des Finanzwesens ist im Parlamentarischen Rat sehr eingehend diskutiert worden, und man ist zu einer anderen — meines Erachtens wesentlich besseren — Regelung des Finanzwesens gekommen. Dann kam die Intervention der Besatzungsmächte, und ich glaube, hier muß man einhaken. Ich werde Ihnen am Schluß an Hand von Zitaten zeigen, wie Fachleute jenes Landes, dem wir im wesentlichen die jetzige Regelung des Finanzwesens verdanken, über die derzeitige Regelung der deutschen Finanzverwaltung denken und welche Vorschläge sie für eine Änderung des Grundgesetzes zu machen haben. Aber zunächst einige Bemerkungen zu den Fragen, die hier angeklungen sind und die mir wert scheinen, doch noch etwas eingehender behandelt zu werden. Es ist von Herrn Ringelmann und von Herrn Morgenthaler gesagt worden — und das leuchtet zunächst ein —: „Mein Gott, nun haben wir schon eine bundeseinheitliche Steuergesetzgebung, wir haben auch Veranlagungsrichtlinien, und warum soll das dann nicht klappen?" Herr Ringelmann sagte, all das hätte man damals nicht gehabt, als im Jahre 1919 die getrennte Finanzverwaltung durch die Reichsfinanzverwaltung abgelöst wurde. Und hier möchte ich auf einen Gesichtspunkt hinweisen, und zwar mache ich diese Bemerkung aus der Erfahrung meines früheren Wirkungskreises als langjähriger Bilanzprüfer einer großen Treuhandgesellschaft. Als Prüfer weiß man, daß sich entscheidende Tatbestände überhaupt gar nicht in ein Gesetz verlegen lassen, auch nicht in Richtlinien. Sie können die Richtlinien noch einmal so dick machen, und Sie werden die ganze bunte Fülle der wirtschaftlichen Wirklichkeit nicht einfangen können. Es bleiben immer noch auf entscheidenden Gebieten Ermessensfragen zu entscheiden, und das ist der wunde Punkt. Nun will ich eine Parallele zu dem Wirtschaftsprüferberuf herstellen. Welche Entwicklung drohte der Wirtschaftsprüferberuf nach 1945 zu nehmen, wenn in der Organisation der Wirtschaftsprüfer noch über die ersten drei, vier Jahre hinaus eine weitere Abkapselung und Partikularisierung stattgefunden hätte? Der Wirtschaftsprüfer wendet das Gesetz bundeseinheitlich an. Es bilden sich Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung heraus, die in Baden, in Württemberg, in Schleswig-Holstein, im ganzen Bundesgebiet einheitlich praktiziert werden. Ich glaube, es ist ein wesentlicher Unterschied, ob — jetzt springe ich zur Finanzverwaltung über — eine steuerliche Betriebsprüfung Grundsätze ordnungsmäßiger Betriebsprüfung länderweise oder bundeseinheitlich entwickelt. Das scheint mir das Wesentliche zu sein. Bei den Einwänden, die hier gemacht worden sind, wird das Moment der Ausbildung, des Trainings der Leute, (Sachverständiger Wolkersdorf) I die mit der Anwendung der Gesetze und Durchführungsbestimmungen beschäftigt sind, unterschätzt. Ich bin vor einigen Tagen in der akademischen Finanzschule in Siegburg gewesen, und ich muß sagen, es war sehr eindrucksvoll. Es waren Finanzamtsleiter aller Bundesteile, auch aus Bayern vertreten, und als ich zum Thema „Einheitliche Bundesfinanzverwaltung" sprach, ging ein Getrampel los und eine Begeisterung, die mich wirklich tief beeindruckte, weil sich nämlich weder Württemberger noch Bayern noch sonst irgendwelche Vertreter — auch ein Finanzamtsleiter aus München war dabei — dagegen aussprachen; es war ein „bundeseinheitliches Getrampel", (Heiterkeit) und ich glaube, das scheint nicht unerheblich zu sein, wie die Leute, die das Gesetz täglich praktizieren, über den Zustand denken, den wir seit drei Jahren haben. Denn ich bin nicht der Meinung von Herrn Kaiser, daß die Zeit noch zu kurz sei, um nicht schon ein Urteil über die Mängel oder Qualitäten des gegenwärtigen Zustandes abzugeben. Ich glaube, die Zeit ist schon viel zu lang, und ich möchte nur ein Beispiel anführen. Der niedersächsische Finanzminister Kubel erklärte vor einigen Wochen: „Es gibt im Bundesgebiet schon wieder Steueroasen. Es ist nicht mehr mit anzusehen, wie große Betriebe aus Niedersachsen hinausdrängen, weil sie in anderen Ländern besser behandelt werden. Man mietet z. B. in Hamburg eine Villa, obwohl man seinen Betrieb in Niedersachsen hat. Einen gewissen Riegel hat dieser ungesunden Entwicklung wenigstens das Zerlegungsgesetz vorgeschoben, ... Aber wir brauchen eine Bundesfinanzverwaltung und eine Beseitigung der Steuervergünstigungen in den Ländern. ..." Mir ist z. B. bekannt, daß in Nordrhein-Westfalen in einer Körperschaftsteuerangelegenheit ein erheblicher Steuernachlaß gewährt worden ist, und zwar mit dem geflüsterten Grund, daß man es ja sonst in den horizontalen Finanzausgleich geben müsse. Das ist nicht nur in Nordrhein-Westfalen so, die finanzschwachen Länder machen es genau so, und die Begründung liegt in derselben Richtung. Sie sagen, dann wird der Unterschiedsbetrag, den wir von den finanzstarken Ländern ausgeglichen haben wollen, um so größer. Ich weiß, daß z. B. in Schleswig-Holstein ein Betrieb angesiedelt worden ist, bei dem man sich wirklich fragen muß, ob die Ökonomie im Spiele gewesen ist. Ich möchte der Finanzbehörde nicht so ohne weiteres die Entscheidung darüber geben, wo Betriebe angesiedelt werden sollen, aber gerade das wird in weitgehendem Maß seit Jahren praktiziert. Kraft der Entscheidung des Finanzamtes wird die Standortwahl oft getroffen, weil das Kostenelement „Steuern" bei allen Überlegungen, die die wirtschaftlichen Betriebe anstellen, häufig entscheidend durchschlägt. Meines Wissens standen bei Ford zwei Standorte zur Wahl, und Ford wird heute froh sein, daß er in Köln ist, denn bei der Wahl des anderen Standorts läge er heute in der russischen Zone, und dann wäre alles verloren gewesen. So ist er noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Nun habe ich einige Zahlen. Es ist mit Zahlen zwar ein komisches Ding, da man sie oft nicht hieb- und stichfest beweisen kann. Aber wenn Professor Bühler sich auf der Bonner Steuertagung zu einer Bemerkung veranlaßt sieht, daß die Erhebungskosten der Finanzverwaltung für Westdeutschland mit knapp 3 % veranschlagt werden und daß sie in England nur 1,11 % betragen golfen so weiß ich zwar, daß da eine Menge von Gründen im Spiel sind. Meine Frage aber lautet: Ist nicht vielleicht an dieser Diskrepanz auch der bestehende Finanzverwaltungszustand schuld? Es ist hier von der Betriebsprüfung gesprochen worden. Ich habe dazu nicht mehr viel zu sagen, weil Herr Professor Bräuer in extenso zu dieser Frage Stellung genommen hat und ich seine Äußerungen hundertprozentig unterschreibe. Mir wurde z. B. folgender Fall bekannt: Ein Prüfer in Niedersachsen griff eine Fährte auf, die in das Land Nordrhein-Westfalen führte, und dann kam er einfach nicht weiter. Diese Dinge müssen ja schlagartig kommen, und die Prüfer müssen gleichzeitig in verschiedenen Bundesländern auftauchen können. Der erwähnte Prüfer kam nicht weiter, weil eben die Verwaltung Schwierigkeiten machte; so hätte z. B. erst die Erlaubnis des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen eingeholt werden müssen. Und nun noch ein Zitat, bevor ich zu meinen entscheidenden Schlußausführungen komme. Ich weiß nicht, ob Sie gelesen haben, daß Herr Bundesratspräsident Kopf am 16. Mai vor der Presse Bedenken gegen das Lastenausgleichsgesetz wegen der Einbeziehung des öffentlichen Vermögens anmeldete. Ich zitiere die „Welt": Er bezeichnete es als merkwürdig, daß man bei den Beratungen des Bundesrates die Möglichkeit der Einsparung durch Wiedererrichtung der Bundesfinanzverwaltung überhaupt nicht zur Sprache gebracht habe. An dieses heiße Eisen wolle offensichtlich niemand recht heran. „Ich weiß nicht, ob Bundesfinanzminister Schäffer sich nicht vergewaltigen lassen würde." Ich darf ferner darauf hinweisen, daß sich sämtliche Oberfinanzpräsidenten kürzlich für die einheitliche Bundesfinanzverwaltung ausgesprochen haben, und darf auch daran erinnern, daß der Wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums im vergangenen Jahr erklärt hat, daß die ungenügende Ergiebigkeit der vorhandenen Steuerquellen zum größten Teil auf die mangelnde Einheitlichkeit des Finanzwesens zurückzuführen ist und daher das dringende Gebot der Stunde sei, hier mit der erforderlichen Abhilfe einzusetzen. Ich weiß nicht, ob der Bericht der Finanzkommission, die im vergangenen Jahr das Finanzwesen in der Bundesrepublik studiert hat, bekannt ist. Ich weiß, daß der Bericht (Hansen-Bericht) vertraulich ist, ich hoffe aber, Herr Ministerialdirektor Mersmann, daß ich, wenn ich einige Sätze daraus zitiere, meine Pflicht zur Verschwiegenheit nicht verletze. Ich stelle es aber anheim, Sie mögen entscheiden, weil ich mich gebunden fühle. Aber es brennt mir unter den Nägeln, Ihnen zu zeigen, daß die Väter dieser grundsätzlichen Bestimmungen selber heute eine andere Regelung vorschlagen. Ich weiß, daß sie nicht personengleich sind; es sind andere gewesen, die uns zu diesen Bestimmungen veranlaßt haben. Wenn Sie mich aber nicht zum wörtlichen Zitieren autorisieren, möchte ich Ihnen die Seitenzahlen angeben, so daß Sie es sich auf Umwegen — etwa durch Platow oder sonstwie — beschaffen können. Ich kann es aber auch sinngemäß wiedergeben. Der Hansen-Bericht kommt zu dem Ergebnis, daß man, wenn man schon an eine Neuregelung der Verteilung der Finanzquellen herangehe, damit (Sachverständiger Wolkersdorf) gleichzeitig die Änderung des Art. 108 verbinden solle. Alle die Gründe, die Sie gebracht haben, Herr Professor Bräuer — gleichmäßige Besteuerung, bessere Erfassung der Quellen usw. —, werden in dem Bericht genannt. Im übrigen wird in diesem Bericht gesagt, daß auch bei einem föderativen Aufbau des westdeutschen Bundesgebietes die Finanzverwaltung eine technische Angelegenheit, eine technische Aufgabe bleibt, die nichts mit der Politik an sich zu tun hat. Deshalb sei es sehr wohl möglich, daß die Länder noch ein sehr weites Maß von Eigenständigkeit haben könnten, auch wenn sie die Finanzverwaltung nicht mehr in ihren Händen hätten. Zu der von Herrn Staatssekretär Ringelmann gemachten Unterscheidung von Finanzverwaltung und Steuerverwaltung möchte ich sagen, daß ich nicht weiß, ob man mit dieser Unterscheidung, die doch sehr gekünstelt erscheint, in der Praxis weiterkommen kann. Diese Dinge sind doch von erheblicher materieller Auswirkung. Der Hansen-Bericht folgert, daß, wenn der Bund einen erheblichen Anteil an den Ländersteuern — Einkommen- und Körperschaftsteuer — für sich beansprucht — ich glaube, daß dieser Tatbestand gegeben ist —, alsdann die Einkommen- und Körperschaftsteuer zusammen mit der Umsatzsteuer einheitlich vom Bund verwaltet werden sollte — heute werden 27 % der Einkommen- und Körperschaftsteuer, bald aber 40 % des Aufkommens der gesamten Steuern und — erschrecken Sie bitte nicht — wenn die Dinge so weitergehen, dann werden es in nicht allzuferner Zeit 50 % und mehr werden. Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß sich weder Arbeitnehmer noch Unternehmer wie überhaupt das übrige deutsche Volk damit abfinden werden, daß wir unter Umständen nach Inkrafttreten des Generalvertrages und der Verteidigungsgemeinschaft nur wegen der unzulänglichen Finanzverwaltung aus den bestehenden Steuergesetzen nicht das Optimum an Steuern herausholen können und deswegen zur Erschließung neuer Steuerquellen schreiten müssen. Ehe wir diesen Weg einschlagen, müssen wir die Gewähr haben, daß zunächst alle vorhandenen Steuerquellen optimal erfaßt sind. Der Hansen-Bericht zieht aus dieser Sachlage die einzig richtige Konsequenz: Wenn der Bund einen entscheidenden Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für sich beansprucht, dann gibt es überhaupt keinen anderen Weg — wenn man die Gefahr einer ungleichen Besteuerung vermeiden will —, als zu einer einheitlichen Bundesverwaltung für diese Steuern zusammen mit der Umsatzsteuer zu kommen. Bei einem anderen Verhalten würde nämlich — so heißt es in dem Bericht — das Moment der ungleichen Besteuerung wesentlich stärker zu Buch schlagen als die Vorteile der gegenwärtigen Regelung. Deshalb möchte ich persönlich nur wünschen, daß sich sowohl im Bundestag wie im Bundesrat für den verfassungsändernden Gesetzentwurf der FDP die erforderliche Zweidrittelmehrheit findet. Der Vorsitzende bittet sodann Herrn Dr. Gast (Deutscher Industrie- und Handelstag) zu sprechen. Er führt folgendes aus: Meine Herren, ich darf vorausschicken, daß Herr Wolkersdorf und ich beim Parlamentarischen Rat über die gleiche Frage als Sachverständige gehört wurden und daß wir uns damals beide für die einheitliche Finanzverwaltung ausgesprochen haben. Ich darf auch von mir aus feststellen: die augenblickliche Regelung ist im wesentlichen auf alliierten Einfluß zurückzuführen. Sie würde gewiß anders aussehen — davon bin ich nach der Diskussion im Finanzausschuß des Parlamentarischen Rates überzeugt —, wenn sich dieser alliierte Einfluß nicht ausgewirkt hätte. Damals wurde das, was in dem Antrag der FDP gesagt ist, in einen größeren Zusammenhang gestellt. Das hat auch Herr Professor Bräuer getan. Ich möchte diesen Zusammenhang in einer Formulierung wiedergeben, die zwar damals nicht so vorhanden war, die aber die Auffassung des Finanzausschusses darstellt. Es dreht sich bei der Gesamtfrage um die Sicherung der übergebietlichen staatswirtschaftlichen Funktion, die dem Haushalt des Oberverbandes in einem Bundesstaat eigentümlich . Jede Schwächung dieser Funktion des Bundeshaushalts muß die gegenwärtige Unausgeglichenheit der Wirtschafts- und Sozialstruktur des Bundesstaates noch vertiefen und verschärfen. Das ist das eigentliche Kardinalproblem. Ausgehend von diesem Kardinalproblem hat sich der Deutsche Industrie- und Handelstag gestern in seiner Vollversammlung in München nicht nur mit der Frage der Organisation der Finanzverwaltung befaßt, sondern auch gleichzeitig mit dem Inanspruchnahmegesetz. Ich habe mir erlaubt, den Herren die Entschließung des Deutschen Industrie- und Handelstages vorzulegen. In dieser Entschließung finden Sie auch das Bemühen, den Gesamtzusammenhang herauszustellen. Es besteht eben zwischen diesem Gesetz zur Inanspruchnahme eines Teiles der Einkommen- und Körperschaftsteuer und zwischen der Frage der Organisation der Finanzverwaltung ein absoluter ursächlicher Zusammenhang. Beide Fragen müssen gleichmäßig gesehen werden. Wenn wir schon eine Funktion der Ausgaben im Sinne des Ausgleichs haben, dann haben wir ebenso diese Funktion bei den Einnahmen. Das hat auch das Grundgesetz richtig erkannt. Das Grundgesetz gab deshalb die Zölle, die großen Verbrauchsteuern und die Umsatzsteuer dem Bund. Nun bietet aber das Grundgesetz noch weitere Möglichkeiten für einen Bundeszugriff auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer. Durch diese beiden Steuern sollen die leistungsfähigen Länder im Wege des Bundeszugriffs stärker belastet werden als die finanzschwachen Länder. Auf diese Weise sollen dem Bund diese Mittel zugeführt werden und es soll ihm die Möglichkeit gegeben werden, diese Mittel in den Wirtschaftsgebieten einzusetzen, in denen sie gesamtwirtschaftlich den größten ökonomischen und. sozialen Nutzeffekt erzielen. Staatswirtschaftlich gesehen, stellen — und das ist der Sinn dieser Zugriffsbestimmung — die Einkommen- und Körperschaftsteuer keine Einnahmen dar, die ihrem Wesen nach allein den Ländern vorbehalten sind. Der deutsche Steuerzahler hat einen Anspruch darauf, daß seine Steuerleistung ausschließlich nach dem Maße der finanzwirtschaftlichen Dringlichkeit auf Bund und Länder verteilt wird. Hierbei bitte ich folgenden Gesichtspunkt zu beachten. Die Einzelwertung der Finanzbedürfnisse des Bundes in der Summe seiner gesamtwirtschaftlichen Aufgaben — Verteidigungsaufgaben, Soziallasten usw. — muß zu der Erkenntnis führen, daß der Bund seine vorrangigen Verpflichtungen nur durch die Inanspruchnahme eines bestimmten Teiles der Einkommen- und Körperschaftsteuer erfüllen kann. Gerade nach den Grundsätzen einer föderativen (Sachverständiger Dr. Gast) Verfassung ist dieser Teil ihm zuzubilligen; denn zu diesen gehört die Anerkennung des Oberverbandes mit dem Ziel, ihn funktionsfähig zu machen. Noch ein Gesichtspunkt ist von Bedeutung. Der Bundeshaushalt weist gegenüber einem Gesamtausgabenvolumen von rund 23 Milliarden DM ein Steuervolumen von 19,8 Milliarden DM aus. Dieser Betrag entspricht annähernd der Summe derjenigen Ausgaben, die für die Erfüllung der gesamtwirtschaftlichen Verpflichtungen notwendig sind. Das heißt also, der Bund lebt überhaupt nicht von den Steuern, die er einzieht. Er erfüllt mit diesen Steuern gesamtwirtschaftliche Aufgaben, d. h. Aufgaben, die an sich die Länder erfüllen müßten, die diese aber dem Bund, ihrem Oberverband, gegeben haben. Das bedeutet aber — übertragen auf die Frage der Bundesfinanzverwaltung —: erkennt man die Ausgleichsfunktion des Oberverbandes an, muß man auch die Notwendigkeit bejahen, daß diese Ausgleichsfunktion auf der Einnahmeseite fundiert wird. Und das ist die Frage der Bundesfinanzverwaltung. In diesem Gesamtrahmen sehen wir seitens der Wirtschaft diese Frage. Bei der Wirtschaft herrscht das stärkste vitale Interesse, daß hier eine Fundierung der Ausgleichsfunktion erfolgt, um die sie gefährdenden Mißstände, mit denen wir es heute zu tun haben, zu beseitigen. Ich darf vielleicht ganz kurz diese Mißstände des augenblicklichen Zustandes wiedergeben. Sie beruhen — da komme ich auf die Frage des Herrn Abgeordneten Morgenthaler — einmal auf dem Verhältnis Bund und Länder auf der obersten Ebene und dann zweitens auf der Länderebene an sich. Wenn wir einmal Bund und Länder in ihrer Zusammenarbeit — Gesetz, Verordnungen, Erlasse und Verwaltung — nehmen, dann sehen wir, daß eines nicht zum Zuge kommt. Wir haben in der Bundesrepublik eine einheitliche Wirtschaftspolitik, wir haben ein einheitliches Wirtschaftsgebiet, die Wirtschaft stellt einen einheitlichen Körper dar. Es ist selbstverständlich, daß eine einheitliche Wirtschaftspolitik in der Steuerpolitik irgendwie ihren Niederschlag finden muß. Man muß anerkennen, daß die Bundesregierung immer bemüht ist, den Niederschlag im Wege der Steuergesetzgebung — in der Verordnungs- und Erlaßpraxis, bei den Richtlinien usw. — zu realisieren. Sie stößt aber hier auf den Widerstand der Länder. Es ist durchaus zu verstehen, daß das Bundesfinanzministerium sich z. B. zur Bereinigung der Atmosphäre bei einem Erlaß erst einmal die Steuerreferenten der Länder herbittet und mit ihnen die Sache bespricht. Es ist aber ebenso selbstverständlich, daß die Länder aus ihren Überlegungen heraus nicht den Blick für das Ganze haben können, den der Bundesfinanzminister hat. Vielmehr kommen bei den Länderfinanzministern häufig diejenigen Motive zum Ausdruck, die aus ihrer Haushaltspolitik stammen. Ich darf hier als Beispiel an die Scheingewinnbehandlung erinnern, die uns seit Jahren beschäftigt. Man kommt hier nicht weiter, weil sich bei den Ländern immer wieder Schwierigkeiten ergeben. Ich denke auch an die Entwicklung im Rahmen des DM-Bilanzgesetzes und die sich dabei ergebenden Schwierigkeiten; ich denke weiter an die Verwaltungsanordnung für die Gewerbesteuer und schließlich an das Schicksal der Investitionshilfe. Diese Probleme sind bitter ernst und bringen den Bundesfinanzminister immer wieder in die gefährliche Zwangslage, durch Steueränderungen oder neue Steuern die Fundierung der Ausgleichsfunktion der Einnahmen zu versuchen. Geht man nun auf das Verhältnis der Länder untereinander, somit auf die Entwicklung der Verwaltungspraxis in den Ländern, ein, so sehen wir jenes erschütternde Auseinanderklaffen, das heute schon durch Herrn Professor Bräuer und Herrn Wolkersdorf geschildert wurde. In keiner Verwaltung ist bei der Durchführung der Gesetze und Verordnungen die Verwaltungspraxis so ausschlaggebend wie in der Finanzverwaltung. Klafft die Verwaltungspraxis hier auseinander, dann ist es nicht möglich — mögen die Gesetze und Verordnungen noch so schön aussehen —, eine Einheitlichkeit herbeizuführen. Diese Einheitlichkeit aber ist von entscheidender Bedeutung. Nachdem hierzu schon so viele Beispiele gegeben worden sind, möchte ich mich auf die Frage der ordentlichen Durchführung und der Betriebsprüfung beschränken. Da haben wir im Jahre 1948/49 die sogenannten zeitnahen Prüfungen, die innerhalb der Länder entwickelt wurden — eine Katastrophe! Diese zeitnahen Prüfungen gehören zu den fundamentalsten Fehlern, die von der Länderfinanzverwaltung gemacht wurden, indem man nämlich Fahndung und Betriebsprüfung durcheinander warf. Fahndung und Betriebsprüfung sind grundsätzlich verschiedene Dinge. Es gibt aber immer noch Länder, die glauben, bei der Betriebsprüfung mit Fahndungsmethoden arbeiten zu können. Sie verstoßen damit gegen eine der wichtigsten organisatorischen Grundlagen einer Finanzverwaltung; denn die Betriebsprüfung ist die Sphäre, in der sich das Zusammenarbeiten zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung zu entwickeln hat. Aus ihr resultiert Befriedigung und Vertrauen. Das wird immer wieder in seinem Kern nicht erkannt. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang eine kurze Erinnerung. Ich bin selbst elf Jahre lang Finanzamtsleiter gewesen. In den Jahren 1925/26 wurden etwa 80 Prozent der Unternehmen im Finanzamtsbezirk geschätzt. In den folgenden Jahren gewann die Buchführung an Raum. Es wuchsen die Buchstellen hervor. Als ich dann meine Finanzamtsleiterstellung im Jahre 1934 aufgeben mußte, wurden vielleicht 25 Prozent der Unternehmen noch geschätzt. Steuerpflichtige und die Finanzverwaltung gewöhnten sich aneinander an Hand der Buchprüfungen. Das war ebenso wichtig wie erfolgreich. Mit dem Zusammenbruch haben wir dann auch den Rückgang der Buchführung und Buchstellen erlebt. Daß man trotz dieses Rückganges im Jahre 1948 sich entschloß, den 7er-Katalog des Einkommensteuergesetzes an die Voraussetzung der ordentlichen Buchführung zu binden, habe ich immer für einen Fehler gehalten. Es ist falsch, anzunehmen, daß in jenem Augenblick und auch heute die Verhältnisse auf dem Gebiet der Buchführung denjenigen gleichen, die wir 1932 oder 1934 hatten. Das Buchführungs- und Betriebsprüfungssystem muß erst wieder geschaffen werden in Abstimmung aufeinander. Dann würde auch wieder das Vertrauen erreicht werden, das besonders hart erschüttert worden ist, als die einzelnen Länder ganz unterschiedlich Begünstigungen des 7er-Kataloges strichen, weil sie das Vorliegen einer ordentlichen Buchführung verneinten. Das führte zur Erhöhung der Steuerbelastung, hatte Verschärfungen zur Folge und trübte weitgehend das Verhältnis zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung. Das ist ein überaus ernstes Problem. Gewiß sind inzwischen seitens des Bundesfinanzmini- (Sachverständiger Dr. Gast) steriums Erlasse mit dem Ziel der Milderung der Praxis ergangen. Aber in den Ländern ist je nach der Einstellung der betreffenden Regierung oder des betreffenden Länderfinanzministers bis in die letzte Zeit in einer Form vorgegangen worden, die ein Verhältnis zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen herbeigeführt hat, das überaus bedauerlich ist. Nehmen wir einmal die Buchstellenorganisation beim Handwerk. Heute haben wir in der Handwerksorganisation etwa 100 Buchstellen, von denen der größte Teil Vertragsbuchstellen sind. Früher — Anfang der 30er Jahre — hatten wir in jedem Finanzamtsbezirk mindestens eine, wenn nicht zwei Buchstellen. Heute sind es bei rund 600 Finanzämtern 100 Buchstellen. Ich darf wiederholen: die richtige Betriebsprüfung führt Verwaltung und Steuerpflichtige zusammen. Beide lernen durch diese, und hieraus resultiert das Vertrauen. Das kann aber mit Erfolg nur geschehen — und das ist die Quintessenz meiner Ausführungen — auf der Bundesebene. Auf der Länderebene läßt sich das nicht durchführen. Herr Wolkersdorf hat das auch unter Hinweis auf die Wirtschaftsprüfer ausgeführt, die ebenfalls bundeseinheitlich vorgehen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf einen weiteren Punkt hinweisen, der für die Haltung der Finanzbeamtenschaft von Bedeutung ist. Ich erinnere mich an ein Erlebnis, das sehr interessant war. Ich war Mitglied eines Vereinfachungsausschusses bei der Verwaltung für Finanzen in Bad Homburg. Bei irgendeinem Vorschlag, der zu einer vorübergehenden Minderung des Steueraufkommens führen mußte, erklärte ein Finanzamtsleiter eines kleineren Landes: um Gottes willen, das ist doch bei der Haushaltslage meines Landes nicht möglich. Ich frage mich: was hat ein Finanzamtsleiter mit dem Haushalt seines Landes zu tun? Aber auch gar nichts. In den elf Jahren meiner Finanzamtsleitertätigkeit habe ich niemals meine Arbeit unter haushaltspolitischen Überlegungen durchgeführt. Der Finanzamtsleiter muß zu 50 % Richter sein und zu 50 % Verwaltungsmann. Die Freiheit der Stellung muß ihm gegeben werden. Das Recht steht an der Spitze im Steuerrecht, nicht die Anforderungen des Haushaltsreferenten. Ein Ausgleich des Haushalts kann auf der Gesetzesebene herbeigeführt werden, aber nicht da unten beim Finanzamt. Zu enge Beziehungen zwischen den Länderministerien und den Finanzamtsleitern sind eine Gefahr für die Durchführung derjenigen steuerlichen Verwaltungspraxis, die eine Vorbedingung für eine sichere wirtschaftliche Entwicklung ist. In diesem Zusammenhang spricht noch folgendes mit: durch die Ländergrenzen sind Aussprachen z. B. zwischen Leitern benachbarter Finanzämter sehr schwierig. Früher kamen benachbarte Finanzamtsleiter in bestimmten Zeitabständen zusammen und überlegten, wie sie die Praxis ihrer Ämter einander angleichen könnten. Auch die Verwendungsmöglichkeit von Beamten ist wesentlich schwieriger. Es ist heute schwer, einen Beamten, der vielleicht an einer anderen Stelle geeigneter verwendet werden könnte, dorthin zu bringen, da die Grenze dazwischen liegt. Das sind alles Fragen, die die gegenwärtige Regelung herbeiführt. Wir haben eben zur Zeit eine zwölfgleisige Finanzverwaltung und nicht eine zweigleisige, von der das Grundgesetz spricht. Die Höhe der Kosten, die eine solche Organisation verursacht, zu berechnen, ist gewiß nicht einfach. Für mich besteht aber kein Zweifel, daß diese geltende Organisation erheblich mehr Kosten verursacht als eine Bundesfinanzverwaltung. Heute betragen die Unkosten des Bundes für seine gesamte Verwaltung etwa 4 Prozent seines Ausgabevolumens. Bei den Ländern sind es 40 Prozent. Nimmt man die absoluten Zahlen, so betragen die Verwaltungskosten des Bundes etwa 800-900 Millionen DM, während der entsprechende Betrag bei den Ländern sich auf 5 Milliarden DM beläuft. Hier kann und muß gespart werden. Keine Verwaltung ist geeigneter, bei der Kostensenkung den Anfang zu machen, als die Finanzverwaltung. Wenn eine technische Verwaltung von dieser ungeheuren Bedeutung vorhanden ist, muß sie zuerst rationalisiert werden. Das geht nur durch ihre Vereinheitlichung. Bei dieser Gelegenheit einen kurzen Blick auf den Finanzausgleich. Der horizontale Finanzausgleich ist ein außerordentlich schwieriges Instrument. Würde der Bundesfinanzminister in der Lage sein, die Kosten des Verteidigungsbeitrages oder die Kosten der Soziallasten auf die Länder abzuwälzen, würde dies eine Belastung des horizontalen Finanzausgleichs in geradezu hoffnungsloser Weise bedeuten. Man wird zum vertikalen Finanzausgleich kommen müssen, das kann man aber nur, wenn man ihn durch eine einheitliche Verwaltung fundiert, die ihn dann trägt. Noch ein kurzes Wort zur Ertragshoheit und Verwaltungszentralisierung. Wir haben immer früher zwischen Verwaltungszentralisierung und Finanzhoheit im Sinne der Ertragshoheit unterschieden. Der Erzbergerschen Reichsfinanzreform liegt dieser Gedanke zugrunde. Gerade Bayern anerkannte ihn zuerst; denn Bayern ging in den Jahren 1919/20 mit seiner gesamten Steuerverwaltung in die Reichsfinanzverwaltung. Das ging so weit, daß in Bayern Finanzämter aufrechterhalten wurden, zu deren wesentlichen Aufgaben die Zahlung der Forstarbeiterlöhne gehörte. Und Bayern hat, soviel ich weiß, sich durchaus wohl hierbei gefühlt. Ich selber habe als Finanzamtsvorsteher etwa im Jahre 1930 eine sehr interessante Maßnahme mitgemacht, und zwar die Übernahme der Grund-, Gewerbe- und Hauszinssteuer auf die Finanzämter im Lande Braunschweig. Herr Dr. Kaiser ist der Auffassung, daß die Gemeinden damit nicht zufrieden gewesen wären. Ich kann nur das Gegenteil sagen, sowohl Gemeinden wie das Land Braunschweig fühlten sich hierbei durchaus wohl. Es mag sein, daß Herr Dr. Kaiser in diesem Zusammenhang an bestimmte großstädtische Verhältnisse gedacht hat. Bei diesen Erörterungen darf schließlich nicht das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung unerwähnt bleiben. Dieses Gesetz stellt für mich, der ich mich seit 1919 mit dem Finanzwesen befasse, ein Dokument der Not und ein Dokument der Verlegenheit dar, wie es für eine finanzpolitische Entwicklung ernster nicht gedacht werden kann. Im Grunde entbehrt es seines wesentlichen Inhalts, und wenn es spricht, kompliziert es. Nehmen Sie z. B. die Vorlage der vereinbarungsähnlichen Maßnahmen oder der Erlassungsstundungsanträge. Es bearbeiten hier Länderfinanzministerien und Bundesfinanzministerium die gleiche Angelegenheit. An einer anderen Stelle wird von einer Überwachung durch den Bund gesprochen. Das erinnert mich an (Sachverständiger Dr. Gast) jenen Kommissar beim Zoll, den wir bis 1918 hatten. Diese Reichskommissare waren im Grunde eine repräsentative Angelegenheit ohne besondere sachliche Bedeutung. Die Überwachung eines Finanzamtes erfolgt durch die Geschäftsprüfungen, die von den Oberfinanzdirektionen gemacht werden und die durchgeführt werden durch beste Beamte, erfahrene Oberregierungsräte, Steuerräte, Steueramtmänner, Obersteuerinspektoren. Der Abteilungspräsident der Oberfinanzdirektion leitet jede Geschäftsprüfung möglichst selbst. Der Oberfinanzpräsident faßt die Geschäftsprüfungsberichte in einem Gesamtbericht zusammen, der dem Ministerium vorgelegt wird. Dort werden diese Geschäftsberichte ausgewertet mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis. Das ist aber nicht eine Sache von Monaten, sondern eine Arbeit von Jahren. In dieser Beziehung muß der Reichsfinanzverwaltung besondere Anerkennung ausgesprochen werden. Was damals auf dem Gebiet der Geschäftsprüfung erreicht worden ist, gab absolut die Gewähr einer gleichmäßigen Verwaltungsarbeit. Die Institution der Geschäftsprüfung ist das Rückgrat der Verwaltung. Auf ihrer Grundlage für die Gleichmäßigkeit der Verwaltungsarbeit zu sorgen, wäre die erfüllbare Aufgabe eines Bundesfinanzministeriums. Ich darf abschließend noch auf die Entschließung des Deutschen Industrie- und Handelstags verweisen, die ich mir erlaubt habe, den Herren vorzulegen. Bei der Frage der 40prozentigen Inanspruchnahme der Einkommen- und Körperschaftsteuer spricht der Deutsche Industrie- und Handelstag sich für das Begehren der Bundesregierung aus. Er spricht sich ferner dafür aus, daß Zölle, Finanzmonopole und die auf Bundesgesetzen beruhenden Steuern durch Bundesfinanzbehörden verwaltet werden. In dem Antrag der FDP wird dann noch von der Finanzgerichtsbarkeit gesprochen. Daß die Finanzgerichtsbarkeit ebenfalls bundeseinheitlich geregelt sein muß, ist selbstverständlich. Das hat aber die Wirtschaft seit Jahr und Tag gefordert. Ich glaube nicht, daß es notwendig ist, das zu wiederholen. Im Anschluß an dieses Referat macht Dr. Gast auf Befragen des Vorsitzenden noch einige Ausführungen zur Verwaltung der Realsteuern. Er steht auf dem Standpunkt, daß eine Verwaltung durch den Bund wohl sachlich richtig wäre. Dafür sprächen auch die erwähnten Erfahrungen aus der Vergangenheit. Für den Augenblick spreche er sich noch für eine Kann-Bestimmung aus, die Entwicklung aber werde schließlich doch zur Verwaltung durch den Bund führen. Der Vorsitzende glaubt, daß ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den Auffassungen von Herrn Dr. Gast und Dr. Kaiser nicht bestehe. Mit diesen Bemerkungen wird die Anhörung der Sachverständigen abgeschlossen. Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 264. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) (zu Nr. 4282 der Drucksachen) über den von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung von Verlusten der Altsparer (Altsparergesetz) (Nrn. 1874, 4282 der Drucksachen) Bericht des Abgeordneten Dr. Atzenroth (Erster bis Vierter Abschnitt, Sechster Abschnitt) A. Im allgemeinen 1. Dem Deutschen Bundestage ist am 2. Januar 1951 ein Initiativantrag (Drucksache Nr. 1784) vorgelegt worden, in dem eine Entschädigung für bestimmte Währungsverluste gefordert wird. Dieser Antrag ist vom Bundestag am 22. Februar 1951 in erster Lesung dem Ausschuß für den Lastenausgleich federführend und dem Ausschuß für Geld und Kredit zur Mitberatung überwiesen worden. Die Überprüfung im Ausschuß für den Lastenausgleich ergab, daß zunächst die Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes notwendig sei, a) weil die Ansprüche der Vertriebenen und Sachgeschädigten im Durchschnitt noch dringlicher erschienen, b) weil das Altsparergesetz verfahrenstechnisch mit dem Lastenausgleichsgesetz abgestimmt und seine Durchführung zum Teil den Lastenausgleichsbehörden übertragen werden mußte. Eine Einarbeitung des Altsparergesetzes in das Lastenausgleichsgesetz erschien aber nicht richtig, weil systematisch zum Teil andere Wege beschritten werden müssen und weil auch das Lastenausgleichsgesetz dadurch zu sehr verzögert worden wäre. Der Ausschuß für den Lastenausgleich hat zur Beratung dieses Gesetzes einen Unterausschuß „Altsparerentschädigung" gebildet, dem auch der Vorsitzende des Ausschusses „Geld und Kredit" angehörte. Der Unterausschuß hat seine Beratungen sofort nach Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes aufgenommen und in 18 Sitzungen einen Entwurf fertiggestellt, den sich der Ausschuß für den Lastenausgleich in allen wesentlichen Fragen in seiner Sitzung vom 17. April 1953 zu eigen ge- macht hat. In der dritten Sitzung des Unterausschusses hat der Bundesfinanzminister die Stellungnahme der Bundesregierung zum Altsparergesetz bekanntgegeben. Die Bundesregierung hat erklärt, daß sie eine beschleunigte gesetzliche Regelung für geboten halte und von einer formellen Regierungsvorlage zu dieser Frage nur deswegen absehe, weil nur auf dem Wege der Weiterbehandlung des Initiativantrags unter laufender Mitarbeit der Ressorts eine Beschleunigung erreicht werden könne. 2. Nach Auffassung des Ausschusses kann das Altsparerproblem nicht auf dem Wege einer nachträglichen Korrektur der Währungsreform gelöst werden. Dem stehen währungspolitische Bedenken entgegen. Schon das Umstellungsgesetz (§ 29) ist davon ausgegangen, daß die Beseitigung von Härten der Währungsreform Aufgabe des Lastenausgleichs sei. Umgekehrt fließen auch die Erträge aus den Währungsgewinnabgaben dem Ausgleichsfonds zu. Dementsprechend ist in § 365 LAG ausdrücklich der Erlaß eines besonderen Altsparergesetzes bis 31. März 1953 vorgesehen worden. Wegen der Schwierigkeiten und des Umfangs der Materie konnte zu dem erwähnten Termin der Entwurf zwar dem Hauptausschuß für den Lastenausgleich vorgelegt werden, die Vorlage an das Plenum des Bundestages verzögerte sich jedoch um einige Wochen. Die Leistungen nach dem Altsparergesetz sind Ausgleichsleistungen, d. h. Entschädigungsleistungen, im Rahmen des Lastenausgleichs. Hieraus ergab sich eine Reihe von Folgerungen. Bei der Gestaltung des Gesetzes mußten Gesichtspunkte der sozialen Förderung der Geschädigten im Vordergrund stehen, während der zweifellos ebenfalls bedeutsame Gesichtspunkt der Förderung des (Dr. Atzenroth) Kapitalmarkts nur beschränkt berücksichtigt werden konnte. Entsprechend den allgemeinen Lastenausgleichsgrundsätzen mußte die Berücksichtigung juristischer Personen unterbleiben. Im übrigen können Altsparer, die wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit in besonderer Notlage sind, neben den Leistungen aus dem Altsparergesetz auch Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz beanspruchen. Der Ausschuß hat sich bemüht, die Leistungen, die nach dem Altsparergesetz als Ausgleichsleistungen an die geschädigten Altsparer gegeben werden, nach Höhe und Zeitpunkt mit den Leistungen abzustimmen, die aus dem Ausgleichsfonds an Vertriebene und Sachgeschädigte gegeben werden. Eine mechanische Gleichbehandlung war allerdings wegen der vielfachen Besonderheiten, die im Bereich der Währungsumstellung zu beachten sind, ausgeschlossen. 3. § 365 des Lastenausgleichsgesetzes spricht nicht davon, daß für die Entschädigung der Altsparer „die Mittel", sondern nur davon, daß „Mittel" bereitgestellt werden sollen; die Frage, ob alle zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Mittel dem Ausgleichsfonds entnommen werden sollen, sollte damit weiterer Prüfung vorbehalten bleiben. Der Entwurf geht davon aus, daß aus dem Ausgleichsfonds nur die Entschädigung für den Bereich derjenigen Altsparanlagen bestritten werden kann, denen im Grundsatz Währungsgewinne gegenüberstehen, welche vom Ausgleichsfonds über die Hypothekengewinnabgabe oder Kreditgewinnabgabe in Anspruch genommen werden können. Auch die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zum Ausdruck gebracht, daß die Regelung der Verpflichtungen der öffentlichen Hand Aufgabe der allgemeinen Haushalte sei. Sie hat hierfür die Vorlage eines besonderen Gesetzes angekündigt. 4. Der Ausschuß hat sich eingehend mit den Vorschlägen beschäftigt, in die Altsparerentschädigung auch eine Regelung der besonderen Probleme der Festkontenstreichung und der Anrechnung der Kopfquoten einzubeziehen. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, daß eine derartige, alle Anlagekonten betreffende Maßnahme den Rahmen eines Altsparergesetzes sprengen würde, und daß es auch nicht Aufgabe des Ausgleichsfonds sein kann, zum Ausgleich dieser besonderen Regelungen im Rahmen der Währungsreform Mittel bereitzustellen. Er hat es allerdings für richtig gehalten, daß bei der Berechnung der Entschädigung die Festkontenstreichung von 3,5 Prozent der Sparguthaben mit ausgeglichen werden soll. Dabei wird der Verbrauch von Ansprüchen durch Anrechnung der Kopfquote unberücksichtigt gelassen. 5. Der Ausschuß mußte bei der Beratung des Entwurfs davon ausgehen, daß es sich bei dieser Regelung um eine außerordentlich große Zahl von Einzelfällen handelt. Die Zahl der berücksichtigten Altsparanlagen liegt — trotz der in § 5 vorgesehenen Bagatellgrenze — nahe bei 30 Millionen. Unter diesen Umständen mußte versucht werden, die Regelung auf alle Fälle so einfach zu gestalten, daß zwischen dem Nutzen für die Geschädigten und dem Verwaltungsaufwand ein angemessenes Verhältnis erhalten blieb. Dieser Notwendigkeit zuliebe mußten manche Härten in Kauf genommen und manche Vereinfachungen zugelassen werden. 6. Bei der Berechnung, welche Kosten sich insgesamt für den Ausgleichsfonds aus dem vorliegenden Gesetz ergeben werden, ist der Ausschuß von folgenden Schätzungen des Bundesfinanzministeriums ausgegangen: (Dr. Atzenroth) Zahlenangaben zum Altsparergesetz (in Milliarden RM bzw. DM) am Sparanlagen Auf natürliche Person. entf. Teil Entschädigung 20.6. 48 insgesamt davon Berlin u. verlagerte Institute Altsparanlagen v. H. Satz Betrag v. H. Betrag am (geschätzt) Satz 1.1.40 (RM) (RM) (RM) (RM) (DM) 1. Spareinlagen im Bundesgebiet a) Öffentl. Sparkass. 47,7 - 7,8 b) Raiffeisenkassen . 11,3 - 2,2 c) Private Banken . 4,1 - 0,8 d) Volksbanken 4,5 - 0,9 e) Post 3,1 - 0,1 fast 70,7 - 11,8 100 v. H. 11,8 13,5 v. H. 1,59 in Berlin : . a) Umgestellte Uraltkonten 2,0 2,0 0,50 b) Nach UEG umzustellen 1,0 1,0 0,25 fast 3,0 3,0 0,75 100 v. H. 0,75 .15 v. H. 0,11 2. Pfandbriefe . 7,0 1,811 3. Kommunalobligation. 1,38 0,456 4. Institute besond. Art : Umschuldungsver- band dt. Gemeinden 1,276 1,276 . Dt.Landesrentenbank 0,313 0,313 Dt. Girozentrale 0,364 0,364 Dt. Rentenbank 0,094 0,094 Dt. Rentenbank - Kreditanstalt . 0,153 0,153 9,1 50 v. H. 4,55 10 v. H. 0,45 Dt. Industriebank . . 0,329 0,329 Kleinere Institute . . 0,129 0,129 2,658 2,658 5. Industrieobligationen 3,0 0,648 0,75 55 v. H. 0,4 10 v. H. 0,04 6. Lebensversicherungen 8,3 +) 5,1 fast 100 v. H. 5,1 10 v. H. 0,51 7. Bausparguthaben . . 0,78 0,012 0,14 fast 100 v. H. 0,14 10 v. H. 0,01 8. Privathypotheken 3,1 0,500 3,1 fast 100 v. H. 3,1 10 v. H. 0,31 99,918 9,085 30,74 - 25,84I - 3,02 +) nicht ausscheidbar Hierzu kommen die Mehraufwendungen beim Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener und die Kosten der vorgesehenen Verzinsung, so daß die gesamte Belastung auf 5 Milliarden DM zu schätzen ist. Ein Betrag in der hiernach in Frage kommenden Größenordnung ist schon seinerzeit bei der Berechnung der Einnahmen und Ausgaben des Ausgleichsfonds nach dem Lastenausgleichsgesetz auf der Ausgabenseite vorgesehen worden. Doch mußte der Ausschuß berücksichtigen, daß der Ausgleichsfonds gerade in den nächsten Jahren noch Aufgaben zur Eingliederung der Vertriebenen und Sachgeschädigten von ganz besonderer Dringlichkeit zu lösen hat und jedenfalls eine Summe von mehreren Millarden DM nicht kurzfristig in voller Höhe bereitstellen kann. Der Entwurf mußte daher vorsehen, daß die Leistungen erst im Verlauf eines längeren Zeitraums freigegeben werden. Der Ausschuß war sich bewußt, daß eine solche Regelung den Wert der Leistungen für die Altsparer mindert. Er mußte - aber berücksichtigen, daß auch den Vertriebenen und Sachgeschädigten zugemutet wird, längere Zeit auf die ihnen zustehenden Entschädigungsleistungen zu warten. Nach den ihm gegebenen Erklärungen kann der Ausschuß außerdem erwarten, daß schon in näherer Zukunft von den in die Durchführung des Gesetzes eingeschalteten Instituten auch eigene liquide Mittel zur vorzeitigen Freigabe von Entschädigungsguthaben eingesetzt werden. (Dr. Atzenroth) 7. Die Altsparerentschädigung kann begrifflich nur solche Verluste ausgleichen, welche durch die Währungsreform im Bundesgebiet oder in Berlin (West) eingetreten sind. Sie hat daher keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Sparanlagen Vertriebener, die ja im allgemeinen der Umstellungsregelung überhaupt nicht unterlegen haben. Der Ausschuß war sich aber im klaren, daß die Vertriebenen Anspruch darauf haben, daß die Grundsätze des Altsparergesetzes sinngemäß auf die ihnen nach dem Lastenausgleichsgesetz oder dem Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener zustehenden Leistungen übertragen werden müssen. Diesem Erfordernis trägt der Fünfte Abschnitt des Entwurfs im Wege der Änderung des Lastenausgleichsgesetzes und des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener Rechnung. B: Im einzelnen Zu § 1: § 1 soll nicht unmittelbares Recht setzen, sondern programmatisch die Grundgedanken des Gesetzes übersichtlich zusammenfassen. Dies geschieht in kürzester Form in Absatz 1. Absatz 2 stellt klar, daß das Gesetz mittelbar — im Wege der Änderung des Lastenausgleichsgesetzes und des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener - auch Rückwirkungen im Hinblick auf die Sparanlagen Vertriebener hat. Absatz 3 bestätigt, daß eine Entschädigung für Gläubigerverluste aus Reichsmarkansprüchen gegen die öffentliche Hand, soweit sie im Altsparergesetz nicht vorgesehen ist, nicht etwa vom Gesetzgeber abgelehnt wird, sondern daß diese Frage besonderer. Gesetzgebung außerhalb des Lastenausgleichs vorbehalten bleiben soll — d. h. zu Lasten nicht des Ausgleichsfonds, sondern eventl. der allgemeinen Haushalte —. Zu § 2: Das Gesetz konnte nicht die Aufgabe haben, die Währungsreform in bestimmten Bereichen ganz oder teilweise rückgängig zu machen, sondern nur die, besondere Härten der Währungsreform zu beseitigen. Dieser Fall soll in Betracht kommen, wenn der durch die Währungsreform betroffene Geldanspruch eine Sparanlage darstellte, also eine Geldanlage in einer Form, die üblicherweise Zwecken der dauernden Vermögensanlage oder der Versorgung gedient hat, nicht aber insbesondere Zwecken des Zahlungsverkehrs. Ferner wird vorausgesetzt, daß die Sparanlage schon am 1. Januar 1940 bestanden hat. Es war zwar keineswegs so, daß bis zu diesem Tag alle Sparanlagen in „gutem" Geld, später aber alle Sparanlagen in „schlechtem" Geld gemacht worden wären. Vielmehr hat sich die durch die Wirtschafts- und insbesondere Rüstungsmaßnahmen des Dritten Reichs veranlaßte verschleierte Inflation in fortlaufender Steigerung vollzogen. Die Berücksichtigung von Sonderumständen hätte aber das Gesetz verfahrensmäßig undurchführbar gemacht. Es mußte daher von einem einheitlichen Zeitpunkt ausgegangen werden. Dabei war zu berücksichtigen, daß die Vermehrung des Zahlungsmittelumlaufs sich bis zum 1. Januar 1940 in verhältnismäßig engen Grenzen gehalten hat, dann aber außerordentlich stark war; die Geldguthaben bei Kreditinstituten haben sich von 1940 bis 1945 im Durchschnitt auf das Fünf- bis Sechsfache erhöht. Das Gesetz mußte den Begriff der Sparanlage im Wege der Einzelaufzählung bestimmen, weil sich sonst Zweifel in zahllosen Einzelfällen ergeben hätten. Es berücksichtigt vier große Gruppen, nämlich a) Spareinlagen einschließlich der Bausparguthaben (Nrn. 1 und 2), b) Schuldverschreibungen (Nrn. 3 und 4), e) Sparansprüche aus Lebensversicherungsverträgen (Nr. 5), d) Privathypotheken (Nr. 6). Bei der Festlegung des Begriffs „Spareinlagen" hat der Ausschuß nach eingehender Beratung an der Bindung an das Gesetz über das Kreditwesen festgehalten, obwohl ihm Einzelfälle vorgetragen worden sind, in denen die Nichtberücksichtigung eine gewisse Härte darstellt. Zur Vermeidung von Zweifeln erschien es richtig, diejenigen Schuldverschreibungen, deren Begriff nicht durch gesetzliche Regelung völlig eindeutig abgegrenzt ist, in zwei Anlagen zum Gesetz im einzelnen aufzuzählen. Zu § 3: Zum Begriff einer Altsparanlage gehört, daß die Sparanlage zwischen dem 1. Januar 1940 und dem Zeitpunkt der Einführung der Deutschen Mark in dieser Höhe durchgehalten worden ist. Das uneingeschränkte Festhalten an diesem Grundsatz hätte aber zu nicht vertretbaren Härten geführt. § 3 stellt daher klar, daß in gewissen Fällen ein Wechsel in der Person des Gläubigers oder ein Wechsel in der Person des Schuldners der Altsparanlage die Eigenschaft des Anspruchs als Altsparanlage nicht ausschließen soll. Auf der Gläubigerseite ist der wichtigste Fall derjenige des Erbfalls, also des Erwerbs von Todes wegen; daneben sind aber weitere Fälle des Erwerbs anerkannt, der sich insbesondere im Familienverband aus anderen als geschäftlichen Gründen vollzogen hat. Zu § 4: § 4 regelt die Frage, wer sich als „Entschädigungsberechtigter" auf Gläubigerverluste aus Alt-sparanlagen berufen kann; hierbei behandelt Absatz 1 den Grundsatz, während sich die folgenden Absätze mit Sonderfragen befassen. Es war davon auszugehen, daß die Entschädigungsberechtigung im Grundsatz demjenigen zustehen muß, der den Schaden erlitten hat, der also im Zeitpunkt der Einführung der Deutschen Mark Gläubiger der Altsparanlage war, ohne Rücksicht auf das spätere Schicksal der Altsparanlage. Der Ausschuß hielt es insbesondere für mit den Grundsätzen des Lastenausgleichs nicht vereinbar, den Vorschlägen zu folgen, die im Bereich der Schuldverschreibungen eine uneingeschränkte Bindung des Entschädigungsanspruchs an das Stück, also ggf. die Begünstigung auch des Erwerbers einer Schuldverschreibung nach dem Währungsstichtag, befürworteten. Der Ausschuß hat nicht verkannt, daß sich für solche Vorschläge Gründe aus der Rechtsnatur des Inhaberpapiers und auch aus Gesichtspunkten der Verwaltungsvereinfachung anführen lassen. Er kam aber fast einheitlich zu dem Ergebnis, daß die überwiegenden Gründe dazu zwingen, den Entschädigungsanspruch dem Geschädigten zu gewähren und nicht dem etwaigen nachträglichen Erwerber. (Dr. Atzenroth) Allgemeinen Grundsätzen des Lastenausgleichs (vgl. insbesondere § 229 Abs. 2 LAG) entspricht es auch, daß entschädigungsberechtigt nur eine natürliche Person sein soll, also keine juristische Person und (nach Absatz 4) in der Regel auch kein Kaufmann und keine kaufmännische Gesellschaft im Sinne des Handelsrechts. Der Entschädigungsanspruch entsteht erst mit Inkrafttreten des Altsparergesetzes. In diesem Zeitpunkt wird der Gläubiger bei Einführung der Deutschen Mark, also der unmittelbar Geschädigte, nicht selten bereits verstorben sein. Nur in diesem besonderen Fall sieht der Entwurf die Möglichkeit vor, daß ein anderer als der unmittelbar Geschädigte, nämlich der Erbe, entschädigungsberechtigt ist. Auf Grund von Erfahrungen, die bereits bei der Durchführung des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener und des Lastenausgleichsgesetzes gemacht worden sind, erschien es richtig, Angehörigen von Kriegsgefangenen, Internierten und Vermißten die Möglichkeit zu geben, den Entschädigungsanspruch für den Abwesenden geltend zu machen. Ergänzend schafft § 18 Abs. 6 auch die Möglichkeit, daß diese Personen in der Regel auch über die Entschädigungsgutschrift verfügen können. Der Ausschuß hat sich dem insbesondere von der Bank deutscher Länder vertretenen Standpunkt angeschlossen, daß es aus währungspolitischen Gründen erforderlich und auch der Grundregelung des Lastenausgleichs entsprechend sei, die Entschädigungsberechtigung so lange „ruhend" zu gestalten, als der Gläubiger aus der Altsparanlage den ständigen Aufenthalt nicht im Bundesgebiet oder in Berlin (West), also insbesondere in der sowjetischen Besatzungszone oder im Ausland hat. Die endgültige Regelung soll aber durch ein besonderes Gesetz erfolgen. Der Grundsatz der Nichtberücksichtigung juristischer Personen würde in denjenigen Fällen zu Härten führen, in denen juristische Personen Altsparanlagen ausschließlich zu dem Zweck der Versorgung oder Unterstützung natürlicher Personen begründet haben. Deswegen stellt Absatz 5 Versorgungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren und deshalb bei der Währungsreform keine Ausgleichsforderungen erhalten haben, den natürlichen Personen gleich, während Absatz 6 die Möglichkeit schafft, daß durch Rechtsverordnung entsprechende Bestimmungen für sogenannte „Sozialfonds" getroffen werden. Zu § 5: Das Altsparergesetz unterscheidet zwischen dem grundsätzlichen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen den Ausgleichsfonds auf Entschädigung, der in § 5 geregelt ist, und dem in Erfüllung dieses Anspruchs gewährten schuldrechtlichen „Anspruch aus der Entschädigungsgutschrift", der sich nach § 18 bestimmt. Was die materielle Gestaltung (Höhe des Anspruchs, Verzinsung usw.) anlangt, entsprechen sich beide Ansprüche. Was die Höhe des Entschädigungsanspruchs anlangt, hat der Ausschuß verschiedene Möglichkeiten geprüft. Er mußte dabei davon ausgehen, daß dieser Höhe Grenzen durch die finanziellen Möglichkeiten des Ausgleichsfonds gezogen sind. Eine Angleichung der Entschädigungsregelung etwa an die Grundsätze der Hauptentschädigung nach dem LAG oder auch die Einführung eines Entschädigungshöchstbetrags ebenso wie eine Berücksichtigung der jeweiligen Vermögensverhältnisse des Altsparers erschienen dem Ausschuß undurchführbar, weil damit das Verfahren zu sehr kompliziert und die Möglichkeit der Einschaltung der Geldinstitute in das Verfahren in Frage gestellt worden wäre; auch hätten sich durch die Einführung eines Höchstbetrages in der in Frage kommenden Größenordnung keine finanziell ins Gewicht fallenden Einsparungen ergeben. Nach Prüfung der beiden Möglichkeiten, entweder den Entschädigungssatz im Verhältnis zur Altsparanlage für alle Sparanlagen einheitlich zu gestalten oder aber alle Spareinlagen grundsätzlich unter Berücksichtigung der Umstellungsgesetze auf einen einheitlichen Betrag „aufzufüllen", hat sich der Ausschuß für den letzteren Weg entschlossen. Es erschien ihm richtig, die Streichung der Festkonten, die jedenfalls im Hinblick auf die Altsparanlagen nicht mit geldpolitischen Gesichtspunkten begründet werden konnten, bei Altanlagen auszugleichen; der Ausgleich erstreckt sich auf die Berliner Uraltkonten, die in Abweichung von der Regelung für das Bundesgebiet nur im Verhältnis 100 : 5 umgestellt worden sind. Die Verzinsung des Entschädigungsanspruchs entspricht der Verzinsung des Hauptentschädigungsanspruchs nach § 251 LAG und auch dem für einen erheblichen Teil der Altsparanlagen geltenden Zinssatz. Der Ausschuß hielt es für richtig, daß diese Verzinsung, die zunächst im Grundsatz buchmäßig erfolgt, rückwirkend ab 1. Januar 1953 gewährt wird, weil die Altsparer ohnedies schon einen Zinsenausfall für mehrere Jahre erleiden; eine rückwirkende Verzinsung v o m Währungsstichtag a n erschien allerdings weder finanziell noch verfahrensmäßig vertretbar. Nach eingehenden Beratungen kam der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß eine Festlegung der „Bagatellgrenze" bei 50 Reichsmark im Grundsatz angemessen ist; (für Spareinlagen gilt allerdings nach § 7 Abs. 3 eine Sonderregelung). Bei kleineren Beträgen wären die Verwaltungskosten im Vergleich zur Leistung an den Altsparer, die dann weniger als 5 DM beträgt, so hoch geworden, daß eine Entschädigungsleistung nicht mehr sinnvoll erschienen wäre. Zu § 6: Da die Entschädigung nach dem Altsparergesetz nicht eine Nachumstellung, sondern eine neue und besondere zusätzliche Leistung aus dem Ausgleichsfonds darstellt, erschien es richtig, den Entschädigungsanspruch nicht Rechten und Verfügungsbeschränkungen an der Altsparanlage (insbesondere Pfandrechten und Zurückbehaltungsrechten) zu unterwerfen. Ebenso entspricht es den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen, insoweit sicherungshalber oder treuhandweise übereignete Ansprüche nicht dem Treunehmer, sondern dem Treugeber zuzurechnen. Zu § 7: Für alle besonderen Formen der Sparanlage gelten zunächst grundsätzlich die Vorschriften des Ersten, allgemeinen Abschnitts. Daneben aber erwies es sich als notwendig, für die einzelnen For- (Dr. Atzenroth) men der Sparanlage noch mit Rücksicht auf die jeweils geltenden Besonderheiten zusätzliche Vorschriften vorzusehen. Bei Spareinlagen würde der Grundsatz, daß die Sparanlage seit dem 1. Januar 1940 durchgehalten worden sein muß, zunächst dazu zwingen, die Spareinlage in ihrem fortlaufenden Bestand zu verfolgen und der Entschädigung den niedrigsten Stand während des Gesamtzeitraums vom 1. Januar 1940 bis zum Währungsstichtag zugrunde zu legen. Dies erschien aber angesichts der laufenden Veränderungen des Standes der Spareinlagen verwaltungsmäßig zu kompliziert. Der Ausschuß hielt es für ausreichend, daß der Stand der Spareinlage zum Anfangs- und zum Endpunkt des erwähnten Zeitraumes ermittelt und verglichen wird. Durch die Anrechnung der Kopf- und Geschäftsbeträge ist es zu einer Umwandlung der Spareinlagen in vielen Fällen nicht gekommen, weil der Gegenwert vorweg als Kopf- oder Geschäftsbetrag in bar ausgezahlt worden war. Dies darf aber nicht dazu führen, daß dem Altsparer insoweit auch die Altsparerentschädigung entzogen würde. Insbesondere in stark kriegszerstörten Gebieten ist ein erheblicher Teil der Kontounterlagen der Geldinstitute verloren gegangen. Um Härten für die Altsparer, die auch die Sparbücher nicht mehr vorzulegen vermögen, auszuschließen, sieht das Gesetz vor, daß in diesen besonderen Fällen ein fiktiver Betrag der Altsparanlage zugrunde gelegt wird. Anlage 3 geht von der Annahme aus, daß sich das einzelne Sparkonto etwa in demselben Umfang erhöht hat wie das Gesamtvolumen der Spareinlagen im Bundesgebiet. Nach eingehender Prüfung hat der Ausschuß trotz mancher Bedenken sich dafür entschieden, die „Bagatellgrenze" für Spareinlagen niedriger festzusetzen als für die Sparanlagen im übrigen. Dafür war maßgebend, daß der Verwaltungsaufwand für die Feststellung des Altsparguthabens bei Spareinlagen erheblich geringer ist als bei Sparanlagen im übrigen, insbesondere hei Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen, für die allein sonst die Frage der Bagatellgrenze praktische Bedeutung hat. Die Vorschrift entspricht den besonderen Wünschen der Kreditinstitute, die Spareinlagen verwalten; allerdings soll nach § 23 Abs. 3 bei Altspareinlagen, die unterhalb der allgemeinen Bagatellgrenze liegen, das Institut einen Unkostenbeitrag nicht erhalten. Zu § 8: Auf Bausparguthaben finden im wesentlichen die allgemeinen Vorschriften des Ersten Abschnitts Anwendung. Eine Verweisung auf § 7 Abs. 1 war nicht notwendig und auch nicht angebracht, weil dem Wesen des Bausparvertrags nach die Bausparguthaben sich fortlaufend erhöhen und insoweit auch kontomäßig leicht zu verfolgen sind. Die Übernahme der Grundsätze des § 7 Abs. 1 hätte hier nur die nicht beabsichtigte Wirkung gehabt, daß bei Ablauf eines Bausparvertrages und späterem Abschluß eines neuen Bausparvertrages bei demselben Institut der Anspruch aus dem zweiten Vertrag als Altsparanspruch anerkannt worden wäre. Zu § 9: Bei Schuldverschreibungen mußte der Entwurf darauf Rücksicht nehmen, daß die Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Schuldverschreibungen bereits im Wertpapierbereinigungsverfahren oder schon vorher im Verfahren bei Ausstellung der Lieferbarkeitsbescheinigungen überprüft worden sind. Es war dringend geboten, in jeder, mit den Grundsätzen der Altsparerregelung vereinbarten Weise darauf hinzuwirken, daß die hierbei geleisteten Vorarbeiten auch im Altsparergesetz verwertet werden können. Absatz 2 stellt ausdrücklich klar, daß die Altsparerentschädigung nur aus einer Schuldverschreibung gewährt werden kann, hinsichtlich deren der ordnungsmäßige Besitz auf einen im Wertpapierbereinigungsgesetz vorgesehenen oder anerkannten Weg festgestellt worden ist. Nach dem 1. Januar 1940 sind in erheblichem Umfang neue Schuldverschreibungen zu dem Zweck ausgegeben worden, im Wege des Umtausches alte Schuldverschreibungen insbesondere im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Zinssatzes abzulösen. Durch einen solchen Umtausch soll die Eigenschaft der Schuldverschreibung als Altsparanlage nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist zur Vereinfachung des Verfahrens vorgesehen, daß für solche Emissionen, die ausschließlich oder überwiegend für Umtauschzwecke verwandt worden sind, eine Umtauschvermutung zugunsten des Altsparers gelten soll. Das Verfahren bei der Wertpapierbereinigung und bei der Ausstellung der Lieferbarkeitsbescheinigungen hat grundsätzlich die Eigentumsrechte am Wertpapier bis auf den 1. Januar 1945 zurückverfolgt. Der Einzelnachweis, daß das Wertpapier dem Altsparer schon am 1. Januar 1940 zugestanden hat, würde dagegen in der Regel mit kaum zumutbaren Schwierigkeiten verbunden sein. Andererseits hat während des Krieges hinsichtlich der in Frage kommenden Schuldverschreibungen (Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen) ein Besitzwechsel nur in einem sehr geringen Umfange stattgefunden. Unter diesen Umständen hielt es der Ausschuß für vertretbar und auch für geboten, zugunsten des Altsparers eine Vermutung aufzustellen, daß ein solcher Besitzwechsel während des Krieges nicht stattgefunden hat, — mit anderen Worten, daß die Schuldverschreibung am 1. Januar 1940 demselben Gläubiger zugestanden hat wie am 1. Januar 1945. Im Verfahren der Ausstellung der Lieferbarkeitsbescheinigungen ist es nicht in allen Fällen zu einer Zurückverfolgung der Eigentumsrechte bis auf den 1. Januar 1945 gekommen, da auch ein offensichtlich rechtmäßiger Erwerb zwischen dem 1. Januar 1945 und dem Währungsstichtag die Grundlage für die Ausstellung bilden konnte. Außerdem ist dann, wenn die Lieferbarkeitsbescheinigung sich auf ein am Schalter vorgelegtes Stück (im Gegensatz zum Depotstück) bezieht, heute nicht mehr in allen Fällen die Nachprüfung der damals vorgelegten Unterlagen möglich. Hier hielt es der Ausschuß im Interesse der Verfahrensvereinfachung für vertretbar, eine Vermutung nach Absatz 4 aufzustellen. Doch soll in diesen Fällen die Nachprüfungspflicht der Institute weiter gehen als im Falle des Absatzes 3; alle Umstände, aus denen sich Zweifel an der Verfügungsberechtigung des Gläubigers am 1. Januar 1945 ergeben, sollen die Anwendbarkeit der Vermutung ausschließen. Zu § 10: Die materielle Regelung des Gesetzes soll bei Altsparanlagen in der Form von Industrieobligationen und verwandten Schuldverschreibungen die- (Dr. Atzenroth) selbe sein wie bei Pfandbriefen und verwandten Schuldverschreibungen. Trotzdem sind beide Fälle im Gesetz gesondert geregelt worden, weil damit zu rechnen ist, daß sich bei der verfahrensmäßigen en Durchführung des Gesetzes das Bedürfnis einer unterschiedlichen Behandlung beider Fälle ergeben wird. Zu § 11: Die auf Grund eines Lebensversicherungsvertrages einbezahlten Prämien dienen zum Teil der Abdeckung des Risikos, zum Teil stellen sie echte Spareinlagen dar. Die Höhe der Altsparanlage ergibt sich aus der Höhe der Prämienreserve am 1. Januar 1940, die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnen ist. Die genaue Ermittlung dieses Betrages würde aber einen außerordentlich und nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfordern. Das Gesetz bestimmt daher, daß die Höhe der Altsparanlage auf Grund der in Anlage 4 enthaltenen Tabelle zu ermitteln ist, deren Anwendung ein sehr einfaches Verfahren ermöglicht und zu Werten führt, die von den genauen versicherungsmathematischen Werten nur geringfügig abweichen. Aus Billigkeitsgründen berücksichtigt das Gesetz auch Guthaben und Verträge, die vom Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer abgeschlossen worden sind, allerdings nur in denjenigen Fällen, in denen der Anspruch aus dem Vertrag unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer zugute kam und deswegen auch die Prämien grundsätzlich der Lohnsteuer unterlagen. Zu § 12: Bei Privathypotheken und ähnlichen grundpfandrechtlich gesicherten Ansprüchen mußte zunächst, da hier die Frage des schuldrechtlichen Anspruchs und des dinglichen Sicherungsanspruchs je besonders geprüft werden muß, klargestellt werden, wann die Sparanlage als Altsparanlage anerkannt wird. Hinsichtlich des dinglichen Rechts entsprach es der Billigkeit, auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Grundbuchamt, nicht auf den Zeitpunkt der Eintragung des Grundpfandrechts abzustellen. Es entsprach weiter der Billigkeit, in diesen Fällen eine Altsparanlage auch dann anzuerkennen, wenn zwischen dem 1. Januar 1940 und dem Währungsstichtag der Schuldner aus der Sparanlage — im Regelfall im Zusammenhang mit dem Übergang des Eigentums am haftenden Grundstück — gewechselt hat. Zu § 13: In den 81/2 Jahren zwischen dem 1. Januar 1940 und dem Währungsstichtag haben die Sparer vielfach eine Sparanlage in eine andere um g e wandelt (Beispiel: Übertragung eines Sparkontos auf ein anderes Geldinstitut, Abhebung einer Spareinlage und kurzfristige Neueinzahlung bei einem anderen Geldinstitut, Anlage der ausbezahlten Versicherungssumme aus einem Lebensversicherungsvertrag auf Sparkonto, Ankauf von Schuldverschreibungen aus einem Sparkonto). Es war unmöglich, alle Fälle dieser Art im Gesetz aufzuzählen. Andererseits entspricht es der Billigkeit, solche Fälle nach Möglichkeit zu berücksichtigen; doch ist im Interesse der Durchführbarkeit des Gesetzes eine genaue Einzelregelung erforderlich. Die Regelung der Frage im Rahmen der durch das Gesetz gezogenen Grundsätze ist daher einer Rechtsverordnung vorbehalten worden. Dabei wurde aus Billigkeitsgründen auch die Berücksichtigung solcher Fälle vorgesehen, in denen die durch die Umstellung betroffene Sparanlage nicht aus einer Sparanlage, sondern aus der Veräußerung sonstiger Vermögenswerte hervorgegangen ist. Als solche sonstigen Vermögenswerte sollen Einheiten des Grundvermögens, des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens oder des Betriebsvermögens in Betracht kommen, ferner Entschädigungszahlungen nach der Kriegssachschädenverordnung in einer Höhe, die nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 des Feststellungsgesetzes die Feststellung und damit die Entschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz ausschließt, endlich Devisenwerte der Auslandsdeutschen, die im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen nach Deutschland zurückgekehrt sind. Die Anerkennung derartiger Fälle soll sich auf Härtefälle beschränken, also nicht Fälle der Vermögensumwandlung aus kaufmännischen oder sonst spekulativen Gesichtspunkten einbeziehen. Zu § 14: Die Verfahrensregelung des Entwurfs schließt sich grundsätzlich der Verfahrensregelung des Lastenausgleichsgesetzes an. Jedoch sind, ähnlich wie bei dem Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener, den Ausgleichsbehörden verfahrensmäßig Geldinstitute derart vorgeschaltet, daß ein Tätigwerden der Ausgleichsbehörden nur in schwierigen oder streitigen Fällen erforderlich wird. Die Verfahrensregelung im einzelnen ist, vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Verhältnisse bei den einzelnen Geldinstituten, in verhältnismäßig weitgehendem Umfang der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen worden. Grundsätzlich ist nach Absatz 1 in das Verfahren dasjenige Institut eingeschaltet, bei dem die RMSpareinlage bestanden hat. Bei diesem Institut sind im Regelfalle die Unterlagen für den Entschädigungsanspruch ohnedies vorhanden. Bei Inhaberpapieren allerdings hat diese Unterlagen nicht das Emissionsinstitut, sondern dasjenige Kreditinstitut, welches den Anspruch im Wertpapierbereinigungsverfahren oder aus Anlaß der Ausstellung der Lieferbarkeitsbescheinigung geprüft hat. In solchen Fällen ist aus Gründen der Zweckmäßigkeit nicht das Schuldnerinstitut (Emissionsinstitut), sondern das als Anmeldestelle tätig gewordene Institut als zuständig erklärt worden. Die Regelung des Lastenausgleichs geht im allgemeinen von dem Grundsatz aus, daß eine Entschädigung nur auf Antrag gewährt wird (vgl. § 234 LAG). Nach eingehender Prüfung ist der Ausschuß zu dem Ergebnis gekommen, daß dieser Grundsatz bei der Altsparerregelung nur die Ausnahme bleiben soll. In einer sehr großen Zahl von Fällen werden a 11e für die Altsparerentschädigung wesentlichen Tatsachen aus den beim Institut vorliegenden Unterlagen eindeutig hervorgehen. In solchen Fällen wäre ein erheblicher Verwaltungsaufwand und eine erhebliche Verzögerung der Bearbeitung unnötig in Kauf genommen worden, wenn ein formeller Antrag gefordert worden wäre. Das Institut soll in solchen Fällen berechtigt sein, den Entschädigungsanspruch auch ohne Antrag anzuerkennen. Es erschien richtig, für den Entschädigungsantrag eine Frist vorzusehen, damit innerhalb absehbarer Zeit ein Gesamtüberblick über die entstehenden Verpflichtungen des Ausgleichsfonds gewonnen (Dr. Atzenroth) werden kann. Jedoch sollen die Anträge nicht sofort gestellt werden, damit die Institute nach Inkrafttreten des Gesetzes zunächst die aus ihren Unterlagen eindeutig sich ergebenden Ansprüche anerkennen können. Dies wird für die einzelnen Institutsgruppen wohl einen verschieden langen Zeitraum in Anspruch nehmen. Dann soll die Möglichkeit der Antragstellung eröffnet werden. Der Antragsteller soll grundsätzlich eine Frist von einem Jahr zur Verfügung haben. Wegen der Unterschiede bei den verschiedenen Institutsgruppen soll der Zeitpunkt, von dem ab jeweils die Antragsfrist zu laufen beginnt, nach näherer Prüfung durch Rechtsverordnung bestimmt werden. Zu § 15: Das Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener hatte zwei verschiedene Fälle hinsichtlich der zu erteilenden Bescheide vorgesehen, nämlich den Fall, daß das Institut einen Bescheid erteilt, gegen den die Beteiligten die Entscheidung der Ausgleichsbehörde anrufen könne und den Fall, daß das Institut die Angelegenheit unmittelbar zur Entscheidung an die Ausgleichsbehörde abgibt (vgl. § 9 Abs. 3 WAG). Bei Durchführung des Altsparergesetzes wird sich vielfach ergeben, daß es sich um sog. ,,glatte" Fälle handelt, in denen der Entschädigungsanspruch zweifelsfrei besteht. Das Altsparergesetz folgt daher zwar im Grundsatz der Regelung des WAG, sieht aber auch den dritten Fall eines endgültigen Bescheides durch das Institut vor. Eine Gefährdung der Interessen des Ausgleichsfonds hieraus ist nicht zu befürchten, da die Institute bei Durchführung des Gesetzes überwacht werden (vgl. § 21) und bei vorsätzlicher oder grober Fahrlässigkeit bei Erteilung des Bescheides eine Verpflichtung des Ausgleichsfonds aus Deckungsforderungen nicht besteht (vgl. § 19 Abs. 2). § 15 regelt dementsprechend mit den Absätzen 1 bis 3 die drei Fälle des endgültigen, des von der Ausgleichsbehörde nachzuprüfenden und des unmittelbar von der Ausgleichsbehörde zu erlassenden Bescheides. Absätze 4 bis 7 regeln im einzelnen Fragen technischer Art. Zu § 16: Soweit es nach § 15 zu einem Verfahren vor den Ausgleichsbehörden kommt, konnten die Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes über das rechtsförmliche Verfahren als entsprechend anwendbar erklärt werden. Damit ist auch sichergestellt, daß der Altsparer stets die Möglichkeit hat, die Frage seines Rechtsanspruchs in letzter Instanz durch die Verwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht prüfen zu lassen. Zu § 17: Die Verfahrensregelung des Gesetzes beschränkt sich auf die Festlegung der Grundsätze. Hinsichtlich der Einzelheiten werden zahlreiche zusätzliche Vorschriften angebracht sein. Es erschien richtig, diese Einzelheiten des Verfahrens einer Rechtsverordnung zu überlassen. Der Regelung durch Rechtsverordnung bedürfen nur solche Vorschriften, die auch gegenüber den Verwaltungsgerichten und gegenüber den einzelnen Bürgern Verbindlichkeit haben müssen. Regelungen organisatorischer Art, die nur im Innenverhältnis der Geldinstitute und der Behörden Bedeutung haben, kann auch der Präsident des Bundesausgleichsamts (§ 21 Abs. 1) treffen. Zu § 18: Zur Vereinfachung des Verfahrens, vor allem aber auch im Interesse der Geschädigten erschien es richtig, den Geschädigten nicht nur die in § 5 geregelten öffentlich-rechtlichen Ansprüche gegen den Ausgleichsfonds, sondern in Erfüllung dieses Anspruchs zusätzlich schuldrechtliche Ansprüche gegen das Schuldnerinstitut zu geben. Hierdurch wird die Tatsache, daß die umgestellte Altsparanlage Ausgangspunkt für die Entschädigung ist, für den Altsparer deutlicher gemacht. Es wird sich in manchen Fällen, insbesondere bei Schuldverschreibungen, die Möglichkeit ergeben, die Altsparanlage und den Entschädigungsanspruch für den Geschädigten derart zu koppeln, daß beide Ansprüche als eine Einheit erscheinen. Es wird endlich der Anreiz geschaffen, daß die Institute verfügbare liquide Mittel zur vorzeitigen Freigabe der Entschädigungsguthaben einsetzen. Der schuldrechtliche Anspruch, den der Entwurf als „Anspruch aus der Entschädigungsgutschrift" bezeichnet, soll sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle gegen dasjenige Institut richten, das Schuldner aus der Altsparanlage war. Dieser Grundsatz erschien lediglich in denjenigen Fällen undurchführbar oder unzweckmäßig, in denen der Schuldner kein Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen ist, also bei Privathypotheken und Industrieobligationen. Hier soll Schuldner ein Kreditinstitut sein, das der Aufgabe der Verwaltung der Guthaben gewachsen ist. Als geeignet erschien im Fall der Industrieobligationen dasjenige Institut, das im Wertpapierbereinigungsverfahren für den Schuldner aus der Altsparanlage als Prüfstelle bestimmt worden ist, im Fall der Privathypotheken dasjenige Institut, das mit der Verwaltung der in Frage kommenden Hypothekengewinnabgabe beauftragt ist oder mit der Verwaltung der Umstellungsgrundschuld beauftragt war. Die Grundsätze der Verzinsung der Entschädigungsgutschrift müssen denen der Verzinsung des Entschädigungsanspruches nach § 5 entsprechen. Dies ist durch Absatz 3 sichergestellt. Wann die Ansprüche aus den Entschädigungsgutschriften freigegeben werden können, hängt von den finanziellen Möglichkeiten des Ausgleichsfonds ab. Es war — wie auch bei der Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz — unmöglich, im Gesetz selbst einen festen Termin für die Freigabe zu bestimmen. Doch bestimmt § 323 Abs. 6 des Lastenausgleichsgesetzes in der durch § 28 Nr. 6 dieses Gesetzes geänderten Fassung, welche Beträge der Ausgleichsfonds jeweils mindestens zum Zwecke der Freigabe der Entschädigungsgutschriften bereitzustellen hat. Den Instituten, die Schuldner aus den Entschädigungsgutschriften sind, bleibt eine Freigabe vor Einlösung der Deckungsforderungen selbstverständlich unbenommen. Der Ausschuß war sich darüber einig, daß die ersten Freigaben von Ansprüchen zugunsten der Sparer erfolgen müssen, die auf Grund ihres Lebensalters den dringendsten Anspruch besitzen. Die gesetzlichen Vorschriften über die Entschädigungsgutschriften bedürfen noch im einzelnen der Ergänzung durch Rechtsverordnung. Dabei wird insbesondere zu regeln sein, wie die Entschädigungsgutschrift schuldrechtlich zu werten ist, ob der Anspruch beispielsweise als Anspruch aus einem Konto oder als Anspruch aus einer Schuld- (Dr. Atzenroth) verschreibung zu gestalten ist. Ferner wird Näheres über die Form der Freigabe im einzelnen und über den Übergang der Verbindlichkeit aus der Entschädigungsgutschrift zu bestimmen sein. Insbesondere bei Spareinlagen und bei Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen werden voraussichtlich die überwiegenden Gründe für die Gestaltung der Entschädigungsgutschrift in Form eines Guthabens sprechen, das meist nicht auf einen runden Betrag lauten wird; es wird sich hier in der Mehrzahl der Fälle um kleine Entschädigungsbeträge handeln. In diesen Fällen wäre eine laufende Auszahlung der Zinsen unzweckmäßig. Das Gesetz geht daher von dem Regelfall aus, daß die Zinsen der Entschädigungsgutschrift zuwachsen und mit dem Hauptbetrag ausbezahlt werden. Wenn es dagegen ermöglicht werden kann, dem Entschädigungsberechtigten eine Schuldverschreibung zu erteilen, die auf eine rund Summe lautet und als Inhaberpapier veräußert werden kann, würden insoweit wohl die überwiegenden Gründe für die laufende Auszahlung der Zinsen sprechen. Auch diese Frage soll nach weiterer Prüfung im einzelnen durch Rechtsverordnung geregelt werden. Zu § 19: Da die Institute, die Schuldner aus den Entschädigungsgutschriften sind, für den Ausgleichsfonds Verpflichtungen übernehmen, muß der Ausgleichsfonds ihnen insoweit die erforderliche Dekkung verschaffen. Die Regelung der Deckungsforderungen entspricht im Grundsatz der schon durch das Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener eingeführten Regelung. Aus währungspolitischen Gründen sind die Deckungsforderungen grundsätzlich abweichend von den nach den Währungsgesetzen den Geldinstituten und Versicherungsunternehmen zuzuleitenden Ausgleichsforderungen geregelt. Das Gesetz enthält keine Vorschriften über eine Rediskontierung oder Lombardierung der Deckungsforderungen. Vielmehr sind die Deckungsforderungen zunächst im Grundsatz nur buchmäßige Gegenposten zu den nach dem Gesetz entstehenden Verpflichtungen der Institute aus Entschädigungsgutschriften; sie müssen in dem Augenblick vom Ausgleichsfonds in bar eingelöst werden, in dem durch das Fälligwerden der Entschädigungsgutschrift eine Verpflichtung des Instituts zur Barauszahlung des Anspruchs aus der Entschädigungsgutschrift entsteht. Zur Deckung der laufenden Kosten, die den Instituten aus der Verwaltung der Entschädigungsgutschriften entstehen, sind die Deckungsforderungen um 1/2 v. H. höher zu verzinsen als die Entschädigungsgutschriften. Dies soll nicht für das Kalenderjahr 1953 gelten, weil in diesem Jahr Kosten aus der Gutschriftsverwaltung nur in sehr beschränktem Umfange entstehen werden, insoweit aber eine angemessene Abgeltung schon durch den Unkostenbeitrag nach § 23 Abs. 2 erreicht wird. Absatz 2 stellt sicher, daß bei grobfahrlässig oder vorsätzlich zu Unrecht erteilten Bescheiden eine Verpflichtung des Ausgleichsfonds nicht entsteht. Auch hinsichtlich der Deckungsforderungen werden nähere Einzelheiten durch Rechtsverordnung festzulegen sein. In dieser Rechtsverordnung können, soweit sich dies als erforderlich erweisen würde, auch Vorschriften über die bilanzrechtliche Handhabung der aus der Durchführung des Altsparergesetzes bei den Instituten entstehenden Aktiv- und Passivposten getroffen werden. Zu § 20: Es mußte sichergestellt werden, daß der Entschädigungsberechtigte nicht daraus einen Schaden erleidet, daß das Institut, gegen das ihm erfüllungshalber ein schuldrechtlicher Anspruch zugeteilt worden ist, später zur Erfüllung dieses Anspruchs außerstande ist. Andererseits mußte der Ausgleichsfonds dagegen geschützt werden, daß über Deckungsforderungen, die ausschließlich zum Zwecke der Deckung der Verpflichtungen der Institute aus Entschädigungsgutschriften bestimmt sind, anderweitig verfügt wird. § 20 trifft die erforderlichen Grundsatzvorschriften in Absatz 1. Er enthält in den Absätzen 2 bis 4 Einzelvorschriften für die Fälle des Konkurses, des Vergleichsverfahrens und der Liquidation. Eine Sonderregelung mußte für die Fälle vorgesehen werden, in denen über den Anspruch aus der Entschädigungsgutschrift Schuldverschreibungen ausgegeben werden, für die nach gesetzlicher Vorschrift eine besondere Deckung gehalten werden muß, wie dies insbesondere für Pfandbriefe und Rentenbriefe gilt. Hier wäre es unzweckmäßig gewesen und hätte auch eine etwaige Koppelung des Entschädigungsanspruches und des Stammanspruches bei Ausgabe neuer Schuldverschreibungen unmöglich gemacht, wenn hinsichtlich der Entschädigungsgutschriften von einer besonderen Deckungsmasse ausgegangen werden müßte. In diesem besonderen Falle sollen daher nach Absatz 5 die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften über die Deckung auch gelten für die Ansprüche aus Schuldverschreibungen, die durch das Altsparergesetz begründet werden. Dies setzt voraus, daß die Deckungsforderungen durch das Gesetz als geeignete Deckungsmittel bezeichnet werden. Der Ausschuß hat trotz gewisser Bedenken eine derartige Vorschrift als vertretbar und notwendig betrachtet, zumal bereits anläßlich der Währungsreform auch die Ausgleichsforderungen als Deckungsmittel anerkannt worden waren. Zu § 21: Die Geldinstitute handeln in Durchführung des Altsparergesetzes zwar nicht in allen Fällen als Behörden, wohl aber in Durchführung obrigkeitlicher Aufgaben. Ihre angemessene Überwachung bei Durchführung dieser Aufgaben war sicherzustellen. Gleichzeitig war festzulegen, daß der Präsident des Bundesausgleichamtes nicht nur den Ausgleichsbehörden, sondern auch den Geldinstituten die erforderlichen Weisungen erteilen kann. Die hierbei etwa zu beachtende Form bestimmt sich nach §§ 319 und ggf. 320, 321 LAG. Während der Absatz 1 Prüfung im Einzelfall ermöglicht, stellt Absatz 2 die Überprüfung aller Institute im Wege der Prüfung des Jahresabschlusses sicher. Auch hier soll das Nähere durch den Präsidenten des Bundesausgleichsamtes, jedoch im Benehmen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden, bestimmt werden. Zu § 22: Die Frage, inwieweit der Entschädigungsberechtigte Gebühren oder Kosten zu übernehmen hat, ist nach den Grundsätzen des Lastenausgleichsgesetzes geregelt. Im Verfahren vor den Instituten soll jedoch, abgesehen vom Sonderfall des § 23 Abs. 5, eine Verpflichtung des Entschädigungsberechtigten zur Übernahme von Gebühren oder Kosten stets ausgeschlossen sein. (Dr. Atzenroth) Zu § 23: Die Frage, wer die Kosten der Ausgleichsbehörden zu tragen hat, ist durch § 351 LAG derart geregelt, daß grundsätzlich Bund, Länder sowie Stadt- und Landkreise die bei ihnen entstehenden Kosten tragen, der Bund aber den Ländern sowie den Stadt- und Landkreisen — in pauschalierter Form — 50 v. H. der entstehenden Kosten erstattet. Diese Regelung war zu übernehmen, zumal eine Ausscheidung der beschränkten aus Anlaß des Altsparergesetzes entstehenden Kosten der Ausgleichsbehörden ohnedies nicht möglich gewesen wäre. Es entsprach der Billigkeit, den Instituten, die bei Durchführung des Gesetzes obrigkeitliche Aufgaben wahrnehmen, diesen Beitrag zu den entstehenden Kosten zu gewähren; der Beitrag ist nach allgemeinen Grundsätzen des Lastenausgleichs vom allgemeinen Haushalt zu tragen. Auch die Institute haben von Anfang an ihr besonderes Interesse an einer Altsparerregelung bekundet. Es wäre unter diesen Umständen nicht angebracht und im übrigen auch technisch nicht möglich gewesen, die jeweils entstehenden Kosten in ihrer genauen Höhe voll zu erstatten. Das Gesetz wählt daher, ähnlich wie das WAG (§ 4 Abs. 2) die Regelung des pauschalen Unkostenbeitrags. Dieser Beitrag ist im Hinblick auf die erheblichen Unterschiede der durchschnittlich entstehenden Kosten einerseits nach der Form der Sparanlage, andererseits nach „glatten" und „nicht glatten" Fällen abgestuft. Die in Absatz 2 vorgesehenen Sätze erscheinen bei Abwägung aller Umstände und bei Berücksichtigung auch der Lage des Bundeshaushalts dem Ausschuß angemessen. Zugunsten der Spareinlagen wurde auf besonderen Wunsch der in Frage kommenden Kreditinstitute die Bagatellgrenze insoweit durch § 7 Abs. 3 von 50 RM auf 20 RM herabgesetzt. In diesen Fällen ist das Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und Entschädigungsgutschrift besonders ungünstig. Es bestand Übereinstimmung, daß insoweit ein Unkostenbeitrag nicht angebracht ist. Die Höhe der den Instituten entstehenden Prüfungskosten wird von der näheren Gestaltung der Richtlinien abhängen, die der Präsident des Bundesausgleichsamts nach § 21 Abs. 2 zu erlassen hat. Diese besonderen Kosten sind, als noch nicht hinreichend schätzbar, nicht in die Pauschgebühr einbezogen, sondern nach Absatz 4 einer besonderen Regelung vorbehalten worden. Soweit in Erfüllung der Entschädigungsansprüche Schuldverschreibungen ausgegeben werden, werden die Gläubiger voraussichtlich insofern eine gewisse Vergünstigung erfahren, als bei diesen Schuldverschreibungen eine alsbaldige Barauszahlung der Zinsen und eine Veräußerung der Stücke in Frage kommen kann. Andererseits entstehen gerade im Bereich der Schuldverschreibungen erhöhte Verwaltungsaufwendungen deswegen, weil im allgemeinen zwei Institute in die Durchführung des Gesetzes eingeschaltet sind: Die Prüfung des Antrags und die Bearbeitung des Bescheides obliegt der Anmeldestelle (§ 14 Abs. 3), Schuldner aus der Entschädigungsgutschrift wird dagegen die Prüfstelle (§ 18 Abs. 1 Satz 3), der aus der Verbuchung der Verbindlichkeiten, der Beteiligung am Verfahren und dem erforderlichen Schriftwechsel Kosten entstehen. Der Unkostenbeitrag nach Absatz 2 kommt nur der Anmeldestelle zugute. Es erschien richtig, auch der Prüfstelle eine Unkostenabgeltung zu gewähren, deren Übernahme billigerweise dem Entschädigungsberechtigten zugemutet werden kann. Zu § 24: Der Entwurf mußte dem allgemeinen Grundsatz des Rückerstattungsrechts Rechnung tragen, daß Entziehungen im Sinne der Rückerstattungsgesetze als zu Unrecht erfolgt und als rückwirkend rückgängig gemacht angesehen werden. Er mußte dabei auch berücksichtigen, daß die Frage, ob ein Rückerstattungsfall überhaupt vorliegt, in zahlreichen Fällen noch streitig sein wird. Zu § 25: Die Vorschrift dient dem Schutze des Ausgleichsfonds. Sie entspricht im Grundsatz dem § 360 LAG. Zu § 26: In die Durchführung des Gesetzes sind in erheblichem Umfang Institute eingeschaltet, die nicht behördlichen Charakter haben und für die daher auch nicht unmittelbar die Vorschriften des Strafgesetzbuches über Verbrechen und Vergehen im Amte (§§ 33 ff.) gelten. Deshalb sollen die Vorschriften der Verordnung über Bestechung oder Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen mit der Maßgabe Anwendung finden, daß durch Rechtsverordnung die für ihre Anwendbarkeit erforderlichen ergänzenden Bestimmungen getroffen werden. Zu § 27: Für Berlin (West) gilt eine besondere Währungsgesetzgebung. Auch ist noch mit dem Erlaß weiterer Gesetze (Umstellungsergänzungsgesetz, Altbankengesetz) zu rechnen. Die für Berlin schon geltenden und noch zu erwartenden besonderen Vorschriften werden gewisse Abweichungen von der Regelung des Altsparergesetzes im einzelnen erforderlich machen. Dies soll durch Rechtsverordnung angeordnet werden können. Dabei soll — vorbehaltlich näherer Prüfung — auch die Möglichkeit bestehen, von der Vorschrift des § 7 Abs. 2 abzuweichen, wonach der Nachweis der Altsparanlage jedenfalls dem Grunde nach geführt werden muß. Da in Berlin zahlreiche Institute, die Schuldner aus Altsparanlagen sind, weiterhin eine laufende Geschäftstätigkeit nicht ausüben, soll insoweit auch die Möglichkeit bestehen, die Angemessenheit des in § 23 Abs. 2 vorgesehenen Unkostenbeitrags zu prüfen. Zu §§ 28 und 29 (Fünfter Abschnitt) siehe Bericht des Abgeordneten Wackerzapp (Seite 12). Zu § 36: Die aufgehobene Vorschrift betrifft die Schattenquote. Es kann als nunmehr endgültig feststehend betrachtet werden, daß von den entsprechenden Ermächtigungen des Umstellungsgesetzes nicht Gebrauch gemacht wird. Es erschien daher richtig, sie zur Beseitigung von Unklarheiten aufzuheben. Die Vorschrift bedarf auf Grund des revidierten Besatzungsstatuts der Zustimmung der Alliierten Hohen Kommission. Zu § 31: Da das Altsparergesetz durch die Ausgleichsbehörden durchgeführt wird, bedarf es nach Artikel 120 a des Grundgesetzes der Zustimmung des Bundesrates. Die Vorschrift des Absatzes 1 dient im (Dr. Atzenroth) Hinblick auf Artikel 80 Abs. 2 des Grundgesetzes nur der Klarstellung. Die Vorschriften über die Freigabe der Entschädigungsgutschriften im einzelnen werden später wohl zweckmäßig der näheren Regelung durch den Präsidenten des Bundesausgleichsamts mit Zustimmung des Kontrollausschusses überlassen. Diese Möglichkeit besteht auch nach Artikel 80 Abs. 1 des Grundgesetzes, wenn die Übertragbarkeit der Ermächtigung im Gesetz ausdrücklich vorgesehen wird. Zu § 32: Das Gesetz soll gleichmäßig im Bundesgebiet und in Berlin (West) gelten. Zu § 33: Zur Vereinfachung der Durchführung des Gesetzes war es geboten, das Gesetz mit einem Vierteljahresersten wirksam werden zu lassen. Die Verzinsung der Entschädigungsansprüche und der Ansprüche aus der Entschädigungsgutschrift schon mit Wirkung vom 1. Januar 1953 an wird hierdurch nicht berührt. Bonn, den 4. Mai 1953 Dr. Atzenroth Berichterstatter Bericht des Abgeordneten Wackerzapp (Fünfter Abschnitt) I. Der § 1 des Lastenausgleichsgesetzes bezeichnet als Ziel des Lastenausgleichs „die Abgeltung von Schäden und Verlusten, die sich infolge der Vertreibungen und Zerstörungen der Kriegs- und Nachkriegszeit ergeben haben, sowie die Milderung von Härten, die infolge der Neuordnung des Geldwesens im Geltungsbereich des Grundgesetzes einschließlich Berlin (West) eingetreten sind." Die Milderung von Härten der Währungsreform, wofür der Altsparergesetzentwurf Vorschläge bringt, ist also eine ausgesprochene Pflichtaufgabe des Lastenausgleichs, dessen Ausgleichsfonds nach § 365 hierfür Mittel in angemessenem Umfang zur Verfügung zu stellen hat. Nach § 15 des Lastenausgleichsgesetzes gilt bei den dort aufgeführten Gruppen von Sparanlagen als Sparerschaden die Minderung des Nennbetrages, die dadurch eingetreten ist, daß die Sparanlagen im Zuge der Währungsreform im Verhältnis 10 zu 1 oder in einem ungünstigeren Verhältnis oder überhaupt nicht auf Deutsche Mark umgestellt worden sind. Sparerschäden, die nicht infolge der Währungsreform, sondern dadurch eingetreten sind, daß die Schuldner der in den Vertreibungsgebieten begründeten Sparanlagen durch die Gewaltmaßnahmen der Besatzungsmächte leistungsunfähig geworden sind, gelten nach den §§ 12 und 14 des Lastenausgleichsgesetzes als Vertreibungs- bzw. als Ostschäden. Sie werden nach dem Feststellungsgesetz festgestellt und gemäß den §§ 243 ff. des Lastenausgleichsgesetzes entschädigt. Eine Ausnahme gilt jedoch zugunsten Vertriebener für ihre Spareinlagen im Sinne des § 22 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 25. September 1939 und für Postspareinlagen. Diese Einlagen sind durch das Gesetz über einen „Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener" vom 27. März 1952 (Neufassung vom 14. August 1952) mit 6,5 % ihres Reichsmarknennbetrages am Tage der Vertreibung entschädigt worden. Nunmehr sollen sie, soweit sie die im Altsparergesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Anerkennung als „Altsparanlage" erfüllen, ebenfalls in den Genuß der auf 20 % des Reichsmarknennbetrages festgesetzten Entschädigung kommen. Zu diesem Zweck wird der § 3 Abs. 1 des Währungsausgleichsgesetzes in der Weise ergänzt, daß bei ,,Altsparguthaben" die Entschädigung nicht 6,5 %, sondern 20 % des am 1. Januar 1940 bestandenen Reichsmarkbetrages ausmacht. Für den Fall, daß der Vertriebene den am 1. Januar 1940 vorhandenen Bestand seines Guthabens nicht nachweisen kann, gelten kraft Gesetzes 20 % des am Vertreibungstage vorhandenen Reichsmarkguthabens als „Altsparerguthaben" und erhalten hierauf eine zusätzliche Entschädigung von 13,5 %. Diese Regelung ergab sich aus der Notwendigkeit, der seit 1940 eingetretenen Geldentwertung in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Sollte das am 1. Januar 1940 vorhandene und nachgewiesene „Altsparguthaben" nicht auf Reichsmark gelautet haben, sondern etwa auf Zloty oder tschechische Kronen, dann wird derjenige Betrag als „Altsparguthaben" anerkannt, der sich bei der ersten Umstellung auf Reichsmark ergeben hat. Weil die Altsparerentschädigung für die Vertriebenen im Rahmen des Währungsausgleichsgesetzes durch Aufstockung der bisher gewährten Entschädigung von 6,5 % auf 20 % vorgenommen wird, ergeben sich gewisse Besonderheiten gegenüber dem System des Altsparergesetzes. Durch eine Ergänzung des § 9 Abs. 2 des Währungsausgleichsgesetzes wird betimmt, daß ein mit 6,5 % erteilter Entschädigungsbescheid auf 20 % aufzustocken ist, soweit die Voraussetzungen des „Altsparguthabens" gegeben sind. Da die zusätzliche Entschädigung also nur eine Erweiterung des ursprünglichen Entschädigungssatzes darstellt, kommen die Vorschriften des Altsparergesetzes über den Rechtscharakter der Entschädigungsgutschrift (§ 18) sowie über die Deckungsforderungen, Haftung, Überwachung, Verzinsung, Gebühren und Verwaltungskosten für die zusätzliche Entschädigung der Vertriebenen nicht in Betracht. Hierfür gelten vielmehr die entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes über den Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener, das in § 11 Abs. 4 der Bundesregierung die Befugnis verleiht, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Grundsätze für die Freigabe der Ausgleichsguthaben festzusetzen. Durch eine Ergänzung dieser Bestimmung soll die Bundesregierung nunmehr ermächtigt werden, diese Befugnis auf den Präsidenten des Bundesausgleichsamts zu übertragen. Die Finanzierung der zusätzlichen Ostsparerentschädigung erfolgt nicht nach den in § 28 Ziff. 6 des Altsparergesetzes festgelegten Richtlinien, sondern nach § 323 Abs. 5 des Lastenausgleichsgesetzes. Nach § 3 Abs. 2 des Währungsausgleichsgesetzes für Vertriebene wird die Entschädigung von 6,5 % nur (WackerzaPP) gewährt, wenn das verlorene Reichsmarksparguthaben den Betrag von 50 RM übersteigt. Nachdem nunmehr das Altsparergesetz in § 7 Abs. 3 die zusätzliche Entschädigung auf 20 % schon bei Altspareinlagen von mindestens 20 RM zuläßt, entsprach es der Billigkeit, den Vertriebenenguthaben die gleichen Möglichkeiten zu eröffnen. Zu diesem Zwecke soll der § 3 Abs. 2 des Währungsausgleichsgesetzes dahin geändert werden, daß bereits Sparguthaben von mindestens 20 RM entschädigungsberechtigt sein sollen und damit, falls sie die Voraussetzungen einer Altsparanlage erfüllen, mit 20 % entschädigt werden. II. Die Erhöhung der Ostaltsparguthaben von 6,5 % auf 20 % muß auf alle diejenigen Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes und des Gesetzes über den Währungsausgleich Vertriebener Rückwirkungen äußern, die auf dem bisherigen Entschädigungssatz von 6,5 % aufgebaut waren. Die hierfür erforderlichen Gesetzesänderungen sind in § 28 und § 29 des Altsparergesetzes getroffen worden. Aus der Erhöhung der übrigen „heimischen" Sparanlagen (Pfandbriefe, Obligationen, Lebensversicherungen, Privathypotheken) ergeben sich jedoch noch weitere Konsequenzen im System des Lastenausgleichs. Allerdings nicht für die Aufbringungsseite, weil das durch die Altsparerentschädigung neu entstehende Vermögen an dem nach § 21 des Lastenausgleichsgesetzes für die Vermögensabgabe maßgebenden Stichtag vom 21. Juni 1948 noch nicht vorhanden war. Dagegen wird dieses Vermögen in Zukunft für die Heranziehung zur allgemeinen Vermögensteuer in Frage kommen. Um so einschneidender können dagegen die Auswirkungen für die „empfangende" Seite sein, nämlich dann, wenn der mit 20 % entschädigte Altsparer gleichzeitig zum Kreise der nach dem Lastenausgleichsgesetz Entschädigungsberechtigten gehört. In diesen Fällen entsteht für die Vertriebenen ein Vorteil dadurch, daß sie ihre verlorenen Geldansprüche, die sie bisher im allgemeinen nur mit 10 %o des Reichsmarkbetrages in die Verlustliste aufnehmen durften, nunmehr, wenn es sich um Altsparanlagen handelt, mit 20 % ansetzen können. Kann der am 1. Januar 1940 vorhandene Bestand nicht nachgewiesen werden, so wird die Altsparanlage für diesen Tag nach dem Bestande am Vertreibungstage mit einem Abschlag berechnet, der für die einzelnen Gruppen von Sparanlagen je nach dem Grade der für sie errechneten Geldentwertung in verschiedener Höhe angenommen worden ist, und zwar für Spareinlagen mit 20 %, für Pfandbriefe und sonstige Wertpapiere mit 80 %, für Industrieobligationen mit 50 %, für Ansprüche aus Lebensversicherungen mit 60 % und für Privathypotheken mit 100 %. Bei dieser Gelegenheit wurde im Ausschuß auf die sich aus der Struktur des Lastenausgleichsgesetzes für die Vertriebenen ergebende Unbilligkeit hingewiesen, daß ihre zur Entschädigung angemeldeten Geldforderungen einer doppelten Abwertung unterworfen werden. Sie dürfen zunächst nach § 245 Ziff. 3 nur mit dem währungsmäßigen Umstellungsbetrag in Ansatz gebracht werden; von diesem „dezimierten" Betrag wird sodann die Entschädigung nach dem stark degressiv gestalteten und mit weitgespannten Schadensgruppen ausgestatteten Tarif des § 246 berechnet, wodurch insbesondere bei hohen Summen große Härten eintreten können. Trotz Anerkenung dieses Nachteiles war jedoch der Ausschuß in seiner Mehrheit der Meinung, daß es sich hier um ein grundsätzliches Problem des allgemeinen Lastenausgleichs handele, das nicht in einem Spezialgesetz, wie im Altsparergesetz, nebenbei gelöst werden könne. Dies sei vielmehr nur durch eine entsprechende Novelle zum Lastenausgleichsgesetz möglich. Als Folge der Altsparerentschädigung können sich Rückwirkungen für solche Vertriebene, Kriegssachgeschädigte und Währungsgeschädigte ergeben, die Empfänger von Ausgleichsleistungen, insbesondere von Kriegsschadensrente, sind. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn das Vermögen, das bisher der Gewährung und Berechnung von Ausgleichsleistungen zugrunde gelegt worden war, durch die Altsparerentschädigung eine Erhöhung erfährt. Vielleicht wird nunmehr die nach § 268 des Lastenausgleichsgesetzes maßgebliche Vermögensgrenze von 5000,— DM überschritten oder es entstehen Zinseinkünfte, die nach den §§ 267 und 279 bei der Gewährung von Unterhaltshilfe und Entschädigungsrente anzurechnen sind. Es erschien dem Ausschuß jedoch nicht notwendig, wegen solcher Möglichkeiten besondere Bestimmungen zu treffen, weil die Empfänger von Unterhaltshilfe und Entschädigungsrente ohnedies nach den §§ 288 bis 290 verpflichtet sind, vom Eintritt maßgeblicher Änderungen ihrer Lebensverhältnisse Meldung zu erstatten. Dazu kommt, daß die Entschädigung sich in der Mehrzahl der Fälle in so bescheidenem Rahmen halten und ihr Vollzug sich. über einen so langen Zeitraum erstrecken wird, daß sie auf die Gestaltung der wirtschaftlichen Lage des Begünstigten keinen nachhaltigen Einfluß haben wird. Zur Behebung von Zweifeln erschien es jedoch zweckmäßig, durch § 28 Ziff. 5 des Altsparergesetzes dem § 266 Abs. 3 des Lastenausgleichsgesetzes einen Satz anzufügen, daß für Zwecke der Entschädigungsrente ein erlittener Sparerschaden nicht als Schadenbetrag angesetzt werden kann, so daß er nur als Grundlage für einen eventuellen Anspruch auf Unterhaltshilfe zu dienen vermag. III. Bei den bisher behandelten Materien handelt es sich im wesentlichen um das technische Problem, wie man die Vergünstigungen des Altsparergesetzes auch den Vertriebenen zugute kommen lassen könne. Weil aber die zur Finanzierung der allgemeinen Altsparerentschädigung notwendigen Mittel aus dem Lastenausgleichsfonds zur Verfügung zu stellen sind, ist der Ausschuß in eine eingehende Prüfung der Frage eingetreten, ob die vom Altsparergesetz getroffene Regelung mit den Grundgedanken vereinbar ist, die das Entschädigungssystem des allgemeinen Lastenausgleichs bestimmen,, und ob etwaige Abweichungen vertreten werden können. Dem Lastenausgleichsgesetz liegt, wie sich als Folgerung aus § 249 ergibt, das allerdings nicht bis zur letzten Konsequenz durchgeführte Prinzip zugrunde, daß niemand einen Entschädigungsanspruch geltend machen kann, der aus der Not des Krieges mehr als die Hälfte seines ursprünglichen Vermögens retten konnte. Die Entschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz wird überdies weitgehend durch soziale Erwägungen bestimmt. Das Ausmaß der Entschädigung richtet sich nicht proportional nach der Höhe des erlittenen Vermögensverlustes. Ein stark degressiv gestalteter Tarif übt vielmehr eine mindernde Wirkung aus. Dazu (Wackerzapp) kommt, daß der Zeitpunkt der Auszahlung einer Hauptentschädigung nicht übersehbar ist. Er wird weitgehend durch das Erfordernis der sozialen Dringlichkeit beeinflußt und ist dadurch dem Verwaltungsermessen überlassen. Es ergibt sich aber aus der Natur der Dinge, daß eine Entschädigung für den Verlust von Sparguthaben, Wertpapieren, Versicherungen und Hypotheken nur dann einen Sinn hat, wenn dem Begünstigten ein zahlenmäßig fixierter Betrag in der Form eines Rechtsanspruchs zugebilligt wird, der mit festen Zinsen und mit übersehbaren Auszahlungschancen ausgestattet ist. Nur dann stellt der Entschädigungsanspruch für ihn einen wirtschaftlichen Wert dar, den er unmittelbar oder mittelbar zu seinen Gunsten ausnutzen kann. Dazu kommt, daß der technische Vollzug der zusätzlichen Entschädigung angesichts des ungeheuren Umfangs des Interessentenkreises nur durch Einschaltung der für die einzelnen Gruppen von Sparanlagen zuständigen Institute erfolgen kann. Diese aber können nur zu technischen Arbeiten herangezogen werden, ohne daß es möglich wäre, sie zusätzlich auch noch mit der Wahrung sozialer Gesichtspunkte zu betrauen. Die Frage, ob die Entschädigung für den Verlust von Altsparanlagen vielleicht auch Berechtigten zugute kommt, die mehr als die Hälfte ihres Vermögens über die Kriegsnöte zu retten vermochten, kann nur beantwortet werden, wenn man die einem Berechtigten bei allen für ihn in Betracht kommenden Instituten zustehenden Entschädigungsansprüche zusammenrechnet und mit dem verlorenen sowie mit dem erhalten gebliebenen Vermögen in Beziehung setzt. Es leuchtet ein, daß schon die Zusammenfassung der verschiedenen Arten von Entschädigungsansprüchen bei einer Mehrzahl von Instituten eine schwer zu bewältigende Verwaltungsarbeit erfor-dern würde. Der außerdem noch notwendige Vermögensvergleich hätte weitere Schwierigkeiten zur Folge. Dazu kommt, daß die weitaus überwiegende Zahl der Entschädigungsfälle, insbesondere im Sektor der Sparkassen und Lebensversicherungen, sich um die Bagatellgrenze bewegt, so daß die kleinen finanziellen Vorteile überhaupt nicht zu Buche schlagen und darum unbedenklich ignoriert werden können. Dagegen könnte das Problem im Bereich der Großlebensversicherung, der Wertpapiere und der Privathypotheken Gewicht erhalten. Es wurde daher der Vorschlag zur Beratung gestellt, ob es möglich wäre, Höchstbeträge in der Weise festzusetzen, daß jedes einzelne Institut verpflichtet sein soll, die Altsparerentschädigung, sofern sie einen bestimmten Höchstbetrag überschreitet, an eine amtliche Stelle zu melden, die ihrerseits an eine Evidenzzentrale weiterberichtet, um bei ihr die Gesamtheit der dem Berechtigten zustehenden Entschädigungsansprüche zusammenzufassen. Alsdann hätte sich die Aufgabe ergeben, diese Ansprüche im Einklang mit dem Entschädigungstarif des Lastenausgleichsgesetzes degressiv abzugelten und bei Vermögen, die trotz des Krieges die Hälfte ihres Bestandes erhalten konnten, gänzlich zu streichen. Die eingehende, unter Anhörung von Sachverständigen vorgenommene Beratung ließ jedoch erkennen, daß die Durchführung solcher Aufgaben ein derartiges Übermaß von unbefriedigender Verwaltungsarbeit erfordern würde, daß kein angemessenes Verhältnis mehr zu dem erstrebten Effekt bestehen würde. Das Altsparergesetz erfaßt etwa 20 bis 25 Millionen Menschen. Nur bei einem verschwindenden Bruchteil wird die Entschädigung Summen ergeben, die objektiv und subjektiv von Belang sein können. Der Ausschuß war daher in seiner Mehrheit der Meinung, daß unter diesen Umständen die Entschädigung der Altsparanlagen nach rein quotalen Gesichtspunkten verantwortet werden könne. IV. Nach § 365 des Lastenausgleichsgesetzes sollen für die Altsparerentschädigung Mittel zur Verfügung gestellt werden. Über Ausmaß und Modalitäten sind nähere Bestimmungen nicht getroffen worden. Nachdem aber das Altsparergesetz den Begünstigten festumrissene Ansprüche nach Kapital und Zinsen zugebilligt hat, ist es erforderlich, in ihm auch Bestimmungen über die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu treffen. Diesem Zwecke soll der neue Abs. 6 zu § 323 dienen, wie er in § 28 Ziff. 6 des Altsparergesetzes formuliert ist. Um die Tragweite dieser Regelung zu erkennen, muß kurz auf die Finanzlage des Ausgleichsfonds und auf das Volumen der aus der Altspareraufwertung sich ergebenden Ansprüche eingegangen werden. Die Altsparanlagen am 1. Januar 1940 der natürlichen Personen im Bundesgebiet werden für die öffentlichen Sparkassen mit 7,8 Mrd., die Raiffeisenbanken mit 2,2 Mrd., die privaten Banken mit 0,8 Mrd., die Volksbanken mit 0,9 Mrd. und die Post mit 0,1 Mrd., insgesamt mit 11,80 Mrd. angenommen, deren zusätzliche Aufstockung um 13,5 % einen Betrag von 1,593 Mrd. erfordern würde. Die auf 5 % umgestellten Berliner Uraltkonten erfordern die zusätzliche Erhöhung des Altsparbestandes vom 1. Januar 1940 (0,54 Mrd.) um 15 % (0,081 Mrd.), während die noch nicht umgestellten Altsparguthaben (0,27 Mrd.) für die 20 % Entschädigung 0,054 Mrd. benötigen würden. Nimmt man die mit 13,5 % aufzustockenden Altsparguthaben der Ostsparer mit 1 Mrd. an, so würden hierfür 0,135 Mrd. erforderlich sein. Hiernach wären im Sektor der Sparguthaben für die Entschädigung der Altsparanlagen auf 20 % ihres Reichsmarknennbetrages insgesamt 1,863 Mrd. erforderlich. Die zusätzliche Aufwertung an Altsparanlagen in Pfandbriefen, Kommunalobligationen, Industrieobligationen, Lebensversicherungen, Bausparguthaben und Privathypotheken wird etwa 1,32 Milliarden erfordern, so daß die Altspareraufwertung insgesamt einen Betrag von rund 3,2 Milliarden ausmachen würde. Nach § 18 Abs. 3 werden diese Kapitalforderungen mit Wirkung vom 1. Januar 1953 ab mit 4 % verzinst. Nach § 19 Abs. 1 hat der Ausgleichsfonds diejenigen Institute, bei denen die vorbezeichneten Kapitalforderungen zur Begründung gelangen, in entsprechender Höhe mit Deckungsforderungen auszustatten, die vom 1. Januar 1953 an mit 4 %, vom 1. Januar 1954 bis zum 31. Dezember 1957 mit 4l/2 % unter Ausschluß von Zinseszinsen zu verzinsen sind. Die 41/2%ige Verzinsung der Deckungsforderungen im Betrage von rund 3,2 Mrd. erfordert jährlich 144 Millionen DM. Nach § 28 Ziff. 6 soll zur Schonung des Ausgleichsfonds in den schwierigen Anlaufsjahren 1954 bis 1957 nur diese Verzinsung in Frage kommen, während eine Tilgung der Deckungsforderungen und damit die systematische Auszahlung der Entschädigungsguthaben erst vom Kalenderjahr 1958 ab vorgesehen ist. Von diesem Jahre ab muß der Ausgleichsfonds jährlich mindestens 200 Millionen zur Verfügung stellen, von denen ein jährlich absinkender Anteil für die (Wackerzapp) Verzinsung und ein jährlich steigender Betrag für die Tilgung zu verwenden wäre. Hiernach würde die volle Tilgung des für die Deckungsforderungen aufgewendeten Betrags von 3,2 Mrd. einen Zeitraum von rund 25 Jahren in Anspruch nehmen. Hieraus ergibt sich, daß die aus der Altsparerentschädigung aufkommenden Ansprüche eine sehr langfristige Kapitalanlage darstellen. Im Interesse der Altsparer wäre es daher dringend zu wünschen, wenn die für sie jeweils zuständigen Institute Mittel und Wege finden würden, die Ansprüche schon vorzeitig zu befriedigen oder, wenn die Finanzlage des Ausgleichsfonds es erlauben sollte, ohne Schädigung seiner sonstigen Aufgaben, höhere Mittel als die vorbezeichneten Mindestbeträge für die jährliche Tilgung ab 1958 zur Verfügung zu stellen. Die Gesamtbelastung des Ausgleichsfonds aus der Entschädigung der Altsparanlagen würde sich demnach zusammensetzen aus dem Kapitalbetrag der Altsparanlagen mit 3,2 Mrd. und den Zinsen für die den Instituten in derselben Höhe zu gewährenden Deckungsforderungen. Der Zinsfuß beträgt ab 1. Januar 1953 4 % und vom 1. Januar 1954 bis zum 31. Dezember 1957 41/2 %. Da die Verzinsung der Entschädigungsgutschriften unabhängig vom arbeitsmäßig bedingten Tage der Gutschrift rückwirkend vom 1. Januar 1953 zu laufen beginnt, muß also der Ausgleichsfonds bereits im Jahre 1953 das volle Deckungskapital von 3,2 Mrd. gegenüber den Instituten mit 4 % verzinsen, was einen Aufwand von 128 Mill. erfordert. Ab 1. Januar 1954 erhöht sich der Zinsfuß auf 41/2 %, so daß der jährliche Zinsaufwand 144 Mill. beträgt. Da bis zum Jahre 1957, also für vier Jahre, keine Tilgung vorgesehen ist, entsteht für diesen Zeitraum ein Zinsaufwand von insgesamt 576 Mill. DM. In den vom 1. Januar 1958 ab vorgesehenen Annuitäten von 200 Mill. befindet sich im ersten Jahre ein Tilgungsbetrag von 56 Mill., der eine von Jahr zu Jahr wachsende, der Minderung des Zinsanteils entsprechende Steigerung erfährt. Wenn die Amortisation in 25 Jahren erledigt ist, dann wären hierfür in dem Zeitraum von 1958 bis 1983 für Zinsen und Tilgung 5 Mrd. aufgewendet worden, wozu noch die Zinsen für das Jahr 1953 mit 128 Mill. und für die vier Jahre 1954 bis 1957 mit 576 Mill. hinzutreten, so daß sich ein Gesamtbetrag von 5,704 Mrd. DM ergibt. Der Ausschuß hat eingehend die Frage geprüft, ob ein Aufwand von 5,7 Mrd. für die Altsparerentschädigung im richtigen Verhältnis steht zu den Leistungen, die der Lastenausgleichsfonds zur Erfüllung der übrigen ihm im System des Lastenausgleichs obliegenden Aufgaben zu erbringen hat. In dem Schriftlichen Bericht des Lastenausgleichsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über den Lastenausgleich (zu Drucksache Nr. 3300) wird auf Seite 7 für den Lastenausgleichsfonds ein Gesamtaufkommen von 60 Mrd. erwartet. Die Gesamtausgaben werden, einschließlich eines für die Altsparerentschädigung vorgesehenen Betrages von 5 Mrd., auf 54 Mrd. veranschlagt. Der oben errechnete Gesamtaufwand für die Altsparerentschädigung in Höhe von 5,7 Mrd. einschließlich Zinsen würde also etwa 10 % des Gesamtaufkommens bedeuten. An der Altsparerentschädigung werden schätzungsweise 25 Mill. Menschen beteiligt sein, so daß die Kopfquote der Entschädigung durchschnittlich etwa 240 DM ausmachen würde. Außer den „reinen" Währungsgeschädigten kommen in den Genuß der Entschädigung in erheblicher Anzahl auch die Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten. Sie erhalten diese Beträge zusätzlich zu den sonstigen Leistungen, die ihnen nach dem Lastenausgleichsgesetz zustehen. Der Ausschuß ist unter sorgfältiger Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände in seiner Mehrheit zu der Überzeugung gekommen, daß die von ihm vorgeschlagene Altsparerentschädigung mit den vom Lastenausgleichsgesetz verfolgten Zielen und Zwecken nicht in Widerspruch steht, sondern eine angemessene Erfüllung des vom Gesetzgeber in § 365 des Lastenausgleichsgesetzes erteilten Auftrags darstellt. Bonn, den 30. April 1953 Wackerzapp Berichterstatter Namentliche Abstimmung in der zweiten Beratung über § 2 sowie Einleitung und Überschrift des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2260 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Dr. Adenauer — Dr. Henle beurlaubt Albers Nein Hilbert Nein Arndgen Nein Höfler Nein Dr. Bartram (Schleswig- Holstein) Ja Hohl Ja Hoogen entschuld. Bauereisen Nein Hoppe enthalten Bauknecht Nein Dr. Horlacher entschuld. Dr. Baur (Württemberg). entschuld. Horn Nein Bausch Nein Huth Nein Becker (Pirmasens). Nein Dr. Jaeger (Bayern) Nein Blank (Dortmund) — Junglas entschuld. Frau Brauksiepe Nein Kahn Nein Dr. von Brentano entschuld. Kaiser - Brese Ja Karpf Nein Frau Dr. Brökelschen Nein Dr. Kather Ja Dr. Brönner Nein Kemmer Nein Brookmann Nein Kemper Nein Dr. Bucerius Nein Kern Ja Frau Dietz Nein Kiesinger entschuld. Donhauser Nein Dr. Kleindinst Nein Dr. Dresbach entschuld. Dr. Köhler Nein Eckstein Ja Dr. Kopf entschuld. Dr. Edert entschuld. Kühling Nein Dr. Ehlers Nein Kuntscher Ja Ehren Nein Kunze enthalten Eplée entschuld. Dr. Laforet Nein Dr. Erhard — Dr. Dr. h. c. Lehr Nein Etzenbach entschuld. Leibfried Ja Even Nein Lenz entschuld. Feldmann Nein Leonhard Nein Dr. Fink Nein Lücke Nein Dr. Frey entschuld. Majonica Nein Fuchs Nein Massoth — Dr. Freiherr von Fürsten- berg Nein Mayer (Rheinland-Pfalz) Nein Mehs Nein Fürst Fugger von Glött Nein Mensing entschuld. Funk Nein Morgenthaler Nein Gengler Nein Muckermann Nein Gerns entschuld. Mühlenberg Nein Dr. Gerstenmaier entschuld. Dr. Dr. Müller (Bonn) . entschuld. Gibbert entschuld. Müller-Hermann enthalten Giencke Ja Naegel Nein Dr. Glasmeyer Nein Neber Nein Glüsing Ja Nellen Nein Gockeln entschuld. Neuburger enthalten Dr. Götz Nein Nickl Nein Frau Dr. Gröwel Nein Frau Niggemeyer Nein Günther enthalten Dr. Niklas — Hagge Nein Dr. Oesterle Nein Dr. Handschumacher . enthalten Oetzel enthalten Frau Heiler Nein Dr. Orth Nein Heix Nein Pelster entschuld. Name Abstimmung Name Abstimmung Pfender Nein Brünen Ja Dr. Pferdmenges .. Nein Cramer Ja Frau Dr. Probst . Nein Dannebom Ja Dr. Pünder beurlaubt Diel Ja Raestrup Nein Frau Döhring Ja Rahn Nein Eichler Ja Frau Dr. Rehling entschuld. Ekstrand Ja Frau Rösch . Nein Erler entschuld. Rümmele Nein Faller Ja Sabel beurlaubt Franke Ja Schäffer Nein Freidhof Ja Scharnberg enthalten Freitag Ja Dr. Schatz Nein Geritzmann Ja Schill Nein Gleisner Ja Schmitt (Mainz) Nein Görlinger Ja Schmitz enthalten Graf Ja Schmücker Nein Dr. Greve beurlaubt Dr. Schröder (Düsseldorf) Nein Dr. Gülich Ja Schüttler Nein Happe Ja Schütz Nein Heiland Ja Schuler enthalten Hennig Ja Schulze-Pellengahr . Nein Henßler krank Dr. Semler entschuld. Herrmann Ja Dr. Serres Nein Hoecker Ja Siebel . enthalten Höhne Ja Dr. Solleder Nein Frau Dr. Hubert Ja Spies Nein Imig - Graf von Spreti Nein Jacobi Ja Stauch Nein Jacobs Ja Frau Dr. Steinbiß . Nein Jahn Ja Storch Kalbfell erstschuld. Strauß Nein Kalbitzer entschuld. Struve. Ja Frau Keilhack Ja Stücklen Nein Keuning Ja Dr. Vogel Nein Kinat Ja Wacker Nein Frau Kipp-Kaule Ja Wackerzapp enthalten Dr. Koch Ja Dr. Wahl enthalten Frau Korspeter Ja Frau Dr. Weber (Essen) entschuld. Frau Krahnstöver entschuld. Dr. Weber (Koblenz) Nein Dr. Kreyssig Ja Dr. Weiß . Nein Kriedemann Ja Winkelheide Nein Wittmann Nein Kurlbaum Ja Dr. Wuermeling . entschuld. Lange Ja Lausen entschuld. SPD Frau Lockmann Ja Ludwig Ja Frau Albertz Ja Dr. Luetkens Ja Frau Albrecht Ja Maier (Freiburg) Ja Altmaier entschuld. Marx Ja Frau Ansorge Ja Matzner Ja Dr. Arndt Ja Meitmann Ja Arnholz Ja Mellies Ja Dr. Baade Ja Dr. Menzel Ja Dr. Bärsch Ja Merten Ja Baur (Augsburg) Ja Mertins Ja Bazille. Ja Meyer (Hagen) Ja Behrisch Ja Meyer (Bremen) Ja Bergmann . Ja Frau Meyer-Laule Ja Dr. Bergstraeßer Ja Mißmahl Ja Berlin Ja Dr. Mommer. Ja Bettgenhäuser Ja Moosdorf Ja Bielig Ja Dr. Mücke Ja Birkelbach beurlaubt Müller (Hessen) Ja Blachstein Ja Müller (Worms) Ja Dr. Bleiß Ja Frau Nadig Ja Böhm Ja Dr. Nölting beurlaubt Dr. Brill Ja Nowack (Harburg) Ja Bromme Ja Odenthal Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Ohlig Ja Kühn Ja Ollenhauer Ja Dr. Leuze Ja Paul (Württemberg) Ja Dr. Luchtenberg Ja Peters Ja Margulies Ja Pohle Ja Mauk Ja Dr. Preller Ja Dr. Mende Ja Priebe Ja Dr. Miessner Ja Reitzner Ja Neumayer Ja Richter (Frankfurt) entschuld. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer entschuld. Ritzel Ja Onnen Ja Ruhnke Ja Dr. Pfleiderer Ja Runge Ja Dr. Preiß Ja Sander Ja Dr. Preusker Ja Sassnick Ja Rademacher Ja Frau Schanzenbach Ja Rath Ja Dr. Schmid (Tübingen) entschuld. Revenstorff Ja Dr. Schmidt (Niedersachsen) Ja Dr. Schäfer Ja Dr. Schöne Ja Dr. Schneider Ja Schoettle Ja Stahl Ja Segitz Ja Stegner Ja Seuffert Ja Dr. Trischler — Stech Ja de Vries Ja Steinhörster Ja Dr. Wellhausen Ja Stierle Ja Wirths Ja Striebeck Ja Frau Strobel beurlaubt DP Temmen Ja Tenhagen Ja Ahrens entschuld. Troppenz Ja Eickhoff Ja Dr. Veit entschuld. Ewers Ja Wagner entschuld. Farke Nein Wehner Ja Dr. Fricke Ja Wehr Ja Hellwege — Weinhold Ja Jaffé Ja Welke Ja Frau Kalinke Ja Weltner Ja Kuhlemann Ja Dr. Wenzel Ja Dr. Leuchtgens Nein Winter Ja Löfflad enthalten Wönner entschuld. Matthes Nein Zühlke Ja Dr. von Merkatz entschuld. Dr. Mühlenfeld entschuld. Schuster Nein FDP Dr. Seebohm — Tobaben Ja Dr. Atzenroth Ja Walter Ja Dr. Becker (Hersfeld) krank Wittenburg — Dr. Blank (Oberhausen) Ja Dr. Zawadil Ja Blücher — Dannemann Ja FU Dr. Dehler Ja Dirscherl entschuld. Freiherr von Aretin Nein Eberhard Ja Dr. Bertram (Soest) beurlaubt Euler Ja Dr. Besold Nein Fassbender Ja Clausen Nein Dr. Friedrich Ja Dr. Decker Nein Frühwald Ja Determann Nein Funcke entschuld. Eichner Nein Gaul Ja Hoffmann (Lindlar) Nein Dr. von Golitschek Ja Lampl entschuld. Grundmann Ja Maerkl. — Dr. Hammer Ja Mayerhofer Nein Dr. Hasemann Ja Dr. Meitinger Nein Dr. Hoffmann (Lübeck) Ja Pannenbecker Nein Dr. Hoffmann (Schönau) Ja Parzinger Nein Frau Hütter Ja Dr. Reismann entschuld. Frau Dr. Ilk Ja Ribbeheger Nein Jaeger (Essen) Ja Volkholz Nein Juncker beurlaubt Wartner Nein Dr. Kneipp Ja Willenberg entschuld. Name Abstimmung Name Abstimmung KPD Loritz entschuld. Reindl Nein Agatz Nein Fisch Nein Fraktionslos Gundelach Nein Frau Arnold Ja Harig entschuld. Aumer krank Kohl (Stuttgart) Nein Bahlburg Nein Müller (Frankfurt) . Nein Frau Bieganowski Nein Niebergall Nein Bodensteiner enthalten Niebes Nein Dr. Etzel (Bamberg) Nein Paul (Düsseldorf) Nein Freudenberg Ja Reimann entschuld. Fröhlich Ja Renner Nein Frommhold Ja Rische entschuld. Frau Jaeger (Hannover) . Ja Frau Strohbach entschuld. Dr. Keller entschuld. Frau Thiele entschuld. Müller (Hannover) — Dr. Ott Ja Gruppe WAV Schmidt (Bayern) Nein Ja von Thadden Goetzendorff entschuld. Tichi krank Hedler enthalten Wallner entschuld. Langer — Frau Wessel Ja Zusammenstellung der Abstimmung Abstimmung Abgegebene Stimmen 319 Davon: Ja 183 Nein 120 Stimmenthaltung 16 Zusammen wie oben 319 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Neumann Ja Dr. Friedensburg beurlaubt Dr. Schellenberg Ja Dr. Krone Nein Frau Schroeder (Berlin) beurlaubt Lemmer entschuld. Schröter (Berlin) Ja Frau Dr. Maxsein Nein Frau Wolff Ja Dr. Tillmanns enthalten FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt Ja Hübner Ja Dr. Königswarter krank Frau Dr. Mulert Ja Löbe Ja Dr. Reif Ja Neubauer Ja Dr. Will Ja Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung Abgegebene Stimmen 15 Davon : Ja 12 Nein 2 Stimmenthaltung 1 Zusammen wie oben 15
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bannmeilen sind notwendig, um die verfassungsmäßigen Organe, das Parlament und die Gerichte, zu schützen, insonderheit vor dem Druck der Straße. Denn die Demokratie wird durch das Parlament und durch die verfassungsmäßig organisierten Gerichte vertreten und nicht durch das, was meistens von nichtdemokratischer Seite organisiert wird. Wir lehnen den Antrag der Kommunistischen Partei ab.
    Der Antrag der Sozialdemokratischen Partei scheint uns ein sachgemäßer Weg zu sein, dieses Problem zu regeln. Wir stimmen dem um so mehr zu, als auf diese Weise auch die einzelnen Länder die Möglichkeit haben, diejenigen gesetzlichen Regelungen zu treffen, die ihnen zweckmäßig erscheinen.


Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der KPD Umdruck Nr. 899 Ziffer 7. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Der Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 900 Ziffer 1: Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen einige Enthaltungen mit überwiegender Mehrheit angenommen.
Dann der Umdruck Nr. 900 Ziffer 2, ebenfalls Antrag der SPD: Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die überwiegende Mehrheit, also angenommen.
Dann bitte ich diejenigen, die dem § 16 mit den soeben beschlossenen Änderungen zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe auf § 17 — der Antrag dazu auf Umdruck Nr. 898 ist zurückgezogen —, §§ 18, — 20, — 21. — Zu diesen aufgerufenen Paragraphen liegen weder Änderungsanträge noch Wortmeldungen vor. Wir können also sofort darüber abstimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Jetzt § 22 mit einem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 900 Ziffer 3. Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter Meitmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Meitmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion beantrage ich, den § 22 wie folgt zu ändern: Die Worte „oder
    grobe Störungen verursacht" werden gestrichen, und nach den Worten „mit Gefängnis" werden die Worte „oder mit Geldstrafe" eingefügt.
    Ich kann mich bei der Begründung des Antrags kurz fassen. Es ist offensichtlich, daß rechtlich wirklich grobe Störungen vorliegen können, ohne daß, wie bei böswilligen Störungen, eine harte Strafe verwirkt ist; mit anderen Worten, daß es sich um Fälle handeln kann, die nicht dieser Beurteilung unterliegen. Beispiel: Ein Betrunkener kommt in eine öffentliche Versammlung. Jeder, der im Versammlungsleben erfahren ist, kennt solche Fälle, wie sie durch diese Strafvorschriften geregelt werden sollen. Er hat damit zweifellos die Voraussetzung dieser Bestimmung erfüllt, er hat die Absicht, zu stören, und er stört auch gröblich. Aber niemand von uns — und ich glaube, auch niemand im Ausschuß hat diese Meinung bestritten — wünscht in einem solchen Fall einen Zwang zu Gefängnisstrafe. Darum beantragen wir, die Auslegung des Begriffs „grobe Störungen" in solchen Fällen in das Ermessen der richterlichen Gewalt zu stellen. Dann fällt selbstverständlich der letzte Satz: „Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden". Die Einfügung der Worte „oder mit Geldstrafe" bezweckt also, die Fälle, in denen auch wir eine ernsthafte Bestrafung wünschen — und das ist nach den geltenden Gesetzen mit der allgemeinen Formulierung „wird mit Gefängnis bestraft" sogar bis zu fünf Jahren Gefängnis möglich —, von den Bagatellfällen zu trennen, in denen kein böser Wille und nicht die Absicht zu einer bewußten Störung vorliegt. In diesem letzteren Falle soll lediglich auf Geldstrafe erkannt werden können.
    Ich bitte Sie, diesen Antrag anzunehmen.