Rede von
Heinrich
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Schreiben vom 3. September 1952 hat der Herr Bundesjustizminister gebeten zu überprüfen, ob zwecks Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Bundestagsabgeordneten Herrn von Aretin wegen Betruges die Immunität aufgehoben werden solle. Dieser Bitte lagen entsprechende Berichte des Herrn Landesministers der Justiz von Bayern, des Generalstaatsanwalts von Bayern und als Ausgangspunkt der Bericht der Oberstaatsanwaltschaft München zugrunde.
Danach wird der Herr Abgeordnete von Aretin in einer Anzeige eines Münchner Rechtsanwalts beschuldigt, Ende 1948 bei der Hypotheken- und Wechselbank in München einen Kredit von 15 000 DM genommen und dabei die von dem Anzeigenden angeblich vertretene Frau Fischer durch bewußt unwahre Darstellungen dazu gebracht zu haben, für diesen Kredit die Bürgschaft zu übernehmen. Er habe ihr dabei vorgetäuscht, der Kredit sei für die Bayernpartei bestimmt und werde von dieser und ihm rechtzeitig zurückgezahlt werden. In Wirklichkeit habe er das Geld für sich verbraucht. Die Bayernpartei habe nichts erhalten und daher auch nichts zurückgezahlt, so daß eben Frau Fischer, die Mandantin des Anwalts, in Bürgschaft genommen worden sei. — So weit die Anzeige und der Bericht des Oberstaatsanwalts.
Wir haben diesen Fall im Ausschuß in mehreren Sitzungen überprüft, und es konnte uns seitens der Bayernpartei unter dem 26. März 1953 folgende Erklärung vorgelegt werden:
Auf Ersuchen unseres Mitgliedes Ihres Ausschusses, Herrn Dr. Meitinger,
— schreibt Herr Dr. Besold als Generalsekretär der Bayernpartei —
habe ich gestern in dessen Gegenwart Ihnen Einsicht in das Originalprotokoll der Sitzung der Landesvorstandschaft der Bayernpartei vom 26. März 1949 in Augsburg gegeben.
Diese Originalprotokolle lagen auch dem Vorsitzenden des Ausschusses für Geschäftsordnung und
Immunität, dem Herr Abgeordneten Ritzel, vor.
Hiernach erhielt damals u. a. von .der Hypothekenbank in München die Bayernpartei einen Kredit von DM 25 000. Herr von Aretin hat diesen Kredit für die Partei aufgenommen. In diesem Betrag sind die fraglichen DM 15 000 des Herrn von Aretin enthalten, die von dem damaligen Landesschatzmeister an die Kreisverbände Oberpfalz und Niederbayern ausbezahlt wurden.
Danach war für den Ausschuß der Vorwurf der betrügerischen Absicht bei der Darlehnsnahme und der Inanspruchnahme der Bürgen widerlegt, und der Ausschuß kam in seiner Sitzung vom 28. März 1953 fast einstimmig zu dem Beschluß, die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten von Aretin zu versagen. Ich bitte das Hohe Haus, entsprechend diesem Ausschußbeschluß nach der Drucksache Nr. 4257 die Genehmigung zur Durchführung des Strafverfahrens gegen Herrn von Aretin nicht zu erteilen.