Rede von
Dr.
Karl
Atzenroth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Es kann nicht Aufgabe einer allgemeinen Aussprache in der dritten Lesung sein, mit einzelnen Zahlen zu operieren.
— Nein, im Ausschuß, Herr Kollege Seuffert, und da haben wir uns doch wirklich mit diesen Zahlen
bombardiert. Zahlen, die nicht einmal diejenigen aufnehmen können, die sich als Fachleute des Lastenausgleichsgesetzes betrachten, haben keinen Sinn für diejenigen, die sich normalerweise mit der Materie nicht befassen. Wir können hier nur die allgemeinen Grundzüge erörtern, und da muß ich Ihnen, Kollege Seuffert, entschieden widersprechen, wenn Sie sagen, als allgemeiner Grundzug dieses Änderungsantrages gelte, daß die erhaltengebliebenen kleineren Vermögen durch diesen Antrag wesentlich geschädigt würden. Wir haben die Zahlen, die nun hier zwischen Herrn Seuffert und Herrn Kunze hin- und hergeworfen worden sind, im Ausschuß doch eingehend beraten,
und wir sind dabei immer zu der Überzeugung gekommen, daß es auch nach dem jetzigen Gesetzentwurf bei den erhaltengebliebenen kleineren Vermögen an keiner Stelle zu einer Abgabe käme, die über 50 % liegt. Die kleineren Vermögen unterliegen ja durch die Freigrenzen usw. einer geringeren Abgabe.
Nun zu dem anderen Einwand, dieser Antrag bedeute eine unzulässige und ungerechte Begünstigung der erhaltengebliebenen größeren Vermögen. Auch dieser Vorwurf — ich würde das jedenfalls als Vorwurf betrachten — ist unberechtigt. Um welche Vermögen handelt es sich denn? Doch nicht um erhaltengebliebene größere Vermögen, die heute wieder in ein normales Funktionieren gekommen wären. Diese Vermögen sind durch die Form der D-Mark-Eröffnungsbilanz und auch durch die Höhe, in der wir die Schadensanrechnung vornehmen, ausgeschaltet. Schaden ist ja nicht der gleiche Begriff, wie ihn der normale Geschädigte auffaßt, sondern für die Schadenshöhe haben wir scharf und eng umgrenzte Begriffe aufgestellt. Dieser Schaden ist für den Betrieb, der wieder zum normalen Arbeiten gekommen ist, in der Praxis sehr viel geringer, als er ihn sich selbst errechnet. Außerdem: wer in der D-Mark-Eröffnungsbilanz von den Möglichkeiten hat Gebrauch machen können, die ihm der Gesetzgeber bewußt gegeben hat, kommt hier überhaupt nicht zum Zuge. Zum Zuge kommen nur diejenigen Vermögensgruppen, die die großen Schäden bis heute noch nicht haben überwinden können, die sich immer noch in schwieriger Lage befinden. Denen zu helfen, ist aber ein Gebot der Gerechtigkeit. Das hat nichts mit einer Begünstigung von großen Vermögen zu tun. Vielmehr liegt es im Interesse der deutschen Wirtschaft, daß auch diese Betriebe möglichst bald wieder in den Kreis der arbeitenden und werteschaffenden Gruppen hineingebracht werden.
Noch ein Wort zu dem letzten Argument des Kollegen Seuffert bezüglich der Anrechnung von hundert Millionen. Ich habe in meinem Bericht ebenfalls zum Ausdruck gebracht, daß die Bundesregierung den Ausfall von hundert Millionen natürlich auf der Grundlage der jetzigen Gesetzesfassung errechnet hat. Aber auch das Bundesfinanzministerium steht heute auf einem anderen Standpunkt. Es erkennt jetzt an, daß die ursprüngliche Schätzung von hundert Millionen viel zu hoch war, und heute ist die Meinung der Sachverständigen die, daß auch der neue Gesetzentwurf keinesfalls einen Ausfall von mehr als hundert Millionen bringen wird.
Zum Schluß noch eines, Herr Kollege Seuffert. Gerade Sie, der Sie doch in finanzpolitischen Din-
gen so sehr bewandert sind, müßten selbst wissen, welche Folgen sich ergeben, wenn nun die Finanzämter über die Tausende von Anträgen entscheiden müssen, die sich auf § 131 der Abgabenordnung berufen. Diesen Leuten muß einfach geholfen werden, gleichgültig, ob wir als Gesetzgeber das mit einem Gesetz tun, oder ob das die Finanzämter tun.
— Natürlich! Aber das sollten eigentlich nicht die Finanzämter machen, sondern das müßte durch eine vernünftige Gesetzgebung geschehen.
Deshalb bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen.