Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Kunze hat sich in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs aus Gründen, die mit der mangelnden Besetzung des Hauses zusammenhingen, veranlaßt gesehen, längere Ausführungen zu machen, und hat uns bei dieser Gelegenheit einige Beispiele über die behauptete Auswirkung dieses nun vorliegenden Antrags gegeben. Sie haben uns u. a. ein Beispiel gegeben, wonach bei einem Vermögen von 20 000 DM und einer Schadenspunktzahl von 50 nach dem neuen System 25 DM mehr an Ermäßigung gewährt werden sollen, bei der Schadenspunktzahl von 100, ebenfalls bei dem Restvermögen von 20 000 DM, 1875 DM oder besser 1625 DM mehr.
Herr Kollege Kunze, diese Beispiele waren durchaus willkürlich, und Sie haben von der wirklichen Auswirkung dieses Antrages ein gänzlich unzutreffendes Bild gegeben. Sie haben uns diese Beispiele gegeben und haben sich z. B. darauf berufen, daß bei einer Schadenspunktzahl von 50 und bei einem Restvermögen von 20 000 DM nach Ihrem Antrag eine um 25 DM größere Ermäßigung
— das ist eine Differenz zwischen 975 DM und 1000 DM, also eine sehr winzige Differenz — eintritt. Sie haben nicht erwähnt, Herr Kollege Kunze
— und ich wäre dankbar, wenn Sie zuhörten —, daß bei derselben Schadenspunktzahl von 50 der Besitzer eines Vermögens von -30 000 DM nach der bisherigen Regelung 1 787,50 DM Ermäßigung bekommt, nach Ihrem Antrag 1500 DM, daß bei derselben Schadenspunktzahl auf ein Vermögen
von 60 000 DM nach der bisherigen Regelung 3900 I DM Ermäßigung, nach Ihrem Antrag aber nur 2400 DM Ermäßigung entfällt. Sie haben ferner nicht erwähnt, daß bei kleinen Schadenspunktzahlen alle kleinen Vermögen nach Ihrem Antrag wesentlich weniger Ermäßigung bekommen. Bei einer Schadenspunktzahl von 35 und bei einem Restvermögen von 20 000 DM z. B. würde bisher die Ermäßigung 600 DM, jetzt aber nur 250 DM betragen, bei 30 000 DM Restvermögen bisher 1100 DM, jetzt aber nur 375 DM, bei 60 000 DM Restvermögen bisher 2 400 DM und jetzt 600 DM.
— Das ist alles berücksichtigt, Herr Kollege. Es gibt da nämlich einige Teufeleien mit der Auswirkung der Freibeträge, je nachdem, ob man mit Prozenten vom abgabepflichtigen Vermögen oder von der Abgabe rechnet.
Ihre Beispiele, Herr Kollege Kunze — ich wiederhole das —, waren durchaus willkürlich. Sie können durchaus nicht sagen, daß, wie Sie in der ersten Lesung hier vorgebracht haben, die kleinen Vermögen im Durchschnitt oder auch nur in den meisten Fällen durch Ihren Antrag größere Ermäßigungen bekommen. Bei Schadenspunkten etwa unter 50 sind alle kleineren Vermögen schlechter gestellt als bisher. Auch bei der Schadenspunktzahl 400 und darüber z. B. wollen Sie von 50 000 DM Restvermögen ab nur 95 % Ermäßigung geben, während bisher in diesen Fällen bereits 100 % gegeben worden sind.
Das ist die wirkliche Auswirkung dieses Antrages, und das sollte hier richtig dargestellt werden. Auf der anderen Seite — und das ist der wirkliche Grund des Antrages — gibt es allerdings bei Restvermögen über 75 000 DM, etwa 100 000 DM usw., keinen Fall, wo irgendein Vermögen nach dem neuen System eine kleinere Ermäßigung bekäme als nach dem alten System. Im Gegenteil. Herr Kollege Kunze, wenn Sie hier etwa mit den 25 DM paradiert haben, die ein Restvermögen von 20 000 DM in einem bestimmten Fall gutmachen könnte, so hätten Sie etwa die 11 600 DM oder 14 500 DM erwähnen sollen, die bei Schadenspunkten von 100 und Restvermögen von 100 000 und 145 000 DM mehr an Ermäßigung bekommen, von den höheren Vermögen ganz zu schweigen. Das bisherige System war, so behelfsmäßig es sein mußte
— in diesen Dingen läßt sich keine andere Entscheidung treffen als durch behelfsmäßige Tabellen —, immerhin auf klaren Grundsätzen aufgebaut. Es sollten nämlich auch kleinere Schäden bei kleinen Vermögen ziemlich erheblich berücksichtigt werden, weil man der wohlbegründeten Ansicht war, daß auch kleinere Schäden bei diesen kleinen Vermögen nicht so leicht zu verschmerzen sind. Auf der anderen Seite war man der Ansicht, daß man da, wo große Restvermögen übriggeblieben sind — wenn am Währungsstichtage 150 000 DM oder noch mehr übrigbehalten worden sind —, mit der Abgabe nicht so vorsichtig zu sein braucht und daß man diese Leute mit Fug und Recht bezüglich ihrer Verluste auf die Hauptentschädigung des Lastenausgleichs verweisen kann.
Dieses System ist mit dem, was Sie hier beantragen, vollständig durcheinander gebracht. Sie haben im großen und ganzen bei den kleineren Schadenspunktzahlen wesentliche Verschlechterungen für die kleinen Vermögen vorgesehen. Sie haben insbesondere die Vermögen etwa zwischen 50 000 und 100 000 DM bei vielen Schadenspunkt-
zahlen — jedenfalls auch bei den mittleren Schadenspunktzahlen — schlechter gestellt als die kleinen Vermögen.
Es ist überhaupt schon sehr fraglich, ob es zweckmäßig und tunlich ist, ein einmal bekanntgegebenes und beschlossenes System in diesem Augenblick zu ändern, selbst wenn dafür Gründe vorlägen. Denn die Ablösungen sind berechnet, und es sind immerhin auch schon eine Reihe von Kaufverträgen usw. auf Grund dieser Berechnungen geschlossen. Selbst wenn Fehler vorhanden wären, müßte man sich die Änderung dieses Systems überlegen. Es könnte auch niemand etwa die Absicht haben, das bestehende System mit dieser Auswirkung für die kleinen und mittleren Vermögen — ich spreche hier von den Restvermögen bis zu 150 000 DM, mindestens bis zu 75 000 oder 100 000 DM — zu ändern, wie das hier geschieht. Darauf kommt es den Antragstellern gar nicht an. Es kommt lediglich darauf an, gewisse Erleichterungen für relativ große Restvermögen zu schaffen, ganz gleichgültig, was den kleinen und mittleren Vermögen dabei passiert.
Sprechen Sie doch nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, von einem weit verbreiteten Bedürfnis! Wenn ein wirkliches Bedürfnis im Volke bestünde, dann wäre das der Sozialdemokratischen Partei auch schon zu Ohren gekommen. Wir sind ja nicht taub und blind. Aber diejenigen Herren, die an diesem Antrag interessiert sind und die veranlaßt haben, diesen Antrag trotz der eindeutigen Stellungnahme des Bundesrats noch einmal vorzulegen, pflegen nicht mit uns zu sprechen, weil sie wissen, daß sie bei uns gewissen Fragen begegnen, die sie nicht beantworten können.
Noch eines! In der ersten Lesung ist vorgetragen worden, die 100 Millionen DM Ausfall seien schon einkalkuliert. Nichts ist unrichtiger! Die Regierung hat den Ausfall, der mit dem jetzigen Gesetz eintreten wird, auf etwa 100 Millionen DM kalkuliert. Der Ausfall, der hier verursacht wird, ist aber ein anderer. Rechnen Sie doch einmal aus, wieviel Fälle von 25 DM oder 100 DM Verschlechterung bei den kleinen Vermögen — zum Teil auch sehr erheblich mehr: 500 und 1000 DM Verschlechterung bei den kleinen Vermögen — Sie brauchen, um die Ausfälle an Abgaben in den Beträgen von 11 000, 15 000, 20 000 DM — sogar bis zu viel höheren Beträgen — bei den großen Vermögen wettzumachen. Es ist nicht wahr, daß diese 100 Millionen DM schon einkalkuliert sind. Es ist — auch darüber gibt es bereits eindeutige Stellungnahmen des Bundesrats — einfach nicht möglich, ein Ermäßigungssystem mit einer Plafondbestimmung einzuführen, die man bei den einzelnen Ermäßigungsentscheidungen überhaupt nicht berücksichtigen kann.
Dies, verehrte Damen und Herren, ist der wahre Charakter und die wahre Auswirkung dieses Antrags. Das möchte ich hier noch einmal mit Zahlen festgestellt haben. Ich fordere Sie auf, diese Zahlen zu widerlegen!
Wir lehnen diesen Antrag ab und bitten Sie, das gleiche zu tun.