Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich den Gesetzentwurf der Bayernpartei unter juristischen Gesichtspunkten betrachte, dann ist er, wie ja auch aus der Rede des Herrn Bundesministers des Innern hervorgegangen ist, sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluß. Aber das, was Herr Justizrat Wagner in diesem Hause vorgetragen hat, schien mir doch ein wenig Sturm im Wasserglas zu sein.
Denn im Augenblick ist die Sache ja noch gar nicht so brennend, und die Frage, wohin die Pfalz geht und wohin die übrigen Teile Deutschlands, die von der Neugliederung erfaßt werden, gehen, wird dieses Hohe Haus — oder vielmehr den nächsten Bundestag — wahrscheinlich noch recht oft beschäftigen, und nach den Erfahrungen mit dem Südweststaat werden wir ja hier wieder sehr lebhafte Auseinandersetzungen haben. Nur hoffe ich, daß die Erfahrungen — die bitteren Erfahrungen — dieses Hauses unsere Nachfolger zu weiseren Beschlüssen bringen werden.
Wir alle, glaube ich, haben ein Interesse daran, daß eine baldige Lösung des gesamten Problems der Neugliederung jenes Teils des Bundesgebiets erfolgt, der von den Besatzungsmächten willkürlich neu geordnet oder, wie man besser sagen könnte, in Unordnung gebracht worden ist. Der alliierte Vorbehalt gegen den Art. 29 scheint jedoch unaufhebbar zu sein, bis wir den Deutschland-Vertrag ratifiziert haben. Auch hier führt eben der Weg zur deutschen Freiheit nur über die Annahme des internationalen Vertragswerks, meine Damen und Herren, und daran werden Sie sich hier wie auf anderen Gebieten zu gewöhnen haben. Hoffen wir, daß diese Ratifizierung rasch vorangetrieben wird, so daß wir auch hier in den Genuß der deutschen Freiheit kommen.
Die Bayernpartei hat beantragt, die Frage der Pfalz in gesonderter Weise zu regeln. Rechtlich ist dies möglich; denn die Theorie, ,daß man die ganze Neugliederung nur in einem Gesetz regeln kann, ist an den Haaren herbeigezogen. Was jedoch die Regelung des Volksbegehrens betrifft, würde ich die Meinung vertreten, daß es zweckmäßiger ist, in einem einfachen Gesetz für das gesamte Bundesgebiet die Möglichkeit des Einreichens dieses Volksbegehrens eben sicherzustellen. Ich habe gerade deshalb, weil ein solcher Weg, wie ihn die Bayernpartei beschreiten will, verfassungsrechtlich nicht möglich ist, den Vorsitzenden des Ausschusses für innergebietliche Neuordnung namens der Christlich-Sozialen Union gebeten, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der seit dem Jahre 1950 im Ausschuß ruht, nun endlich zu verabschieden, der die Regeln aufstellt, die für Volksbegehren und Volksentscheid notwendig sind, um, sobald der Art. 29 in Kraft tritt, die Neugliederung anlaufen lassen zu können. Dieser Gesetzentwurf erscheint uns deswegen vordringlich, weil niemand weiß, wann die Suspension des Art. 29 durch die Besatzungsmächte aufhört, weil in dem Augenblick, in dem die Suspension aufhört, die Frist von einem Jahr auf Einreichen des Volksbegehrens läuft und weil das Volk in der Pfalz wie in den übrigen Teilen des Bundes in eine schwierige Situation käme, wenn diese Frist nicht sofort ausgenutzt würde. Wir wären vielleicht gezwungen, wie beim Finanzausgleich oder bei der Familienrechtsreform einen Antrag auf Änderung der Verfassung einzubringen. Dem sollte man dadurch vorbeugen, daß man dieses Gesetz jetzt schon verabschiedet, mindestens in dem Teil, der die Einbringung des Volksbegehrens regelt. Ich weiß, daß sich auch der Vorsitzende des Ausschusses der Bundesregierung für die innergebietliche Neugliederung, Herr Altreichskanzler Dr. Luther, in diesem Sinne ausgesprochen hat. Und wenn ich nicht irre, hat sich sogar der Herr Präsident dieses Hohen Hauses in diesem Sinne verwandt und ausgesprochen. Wir werden auf diese Weise am besten auch für die Pfalz die Lösung finden, die ihr das Recht gibt, ihren Willen im Wege des Volksbegehrens zum Ausdruck zu bringen.
Als Angehöriger einer bayerischen Regierungspartei kann ich ja darauf hinweisen, daß wir Bayern rechts des Rheins es gar nicht nötig haben, in irgendeiner Weise besonders laut zu werben, wie es vielleicht die Nachbarn im Südwesten tun. Gerade der deutsche Gesichtspunkt, den Herr Justizrat Wagner mit Recht herausgestellt hat, spricht geschichtlich für Bayern. Der Kampf gegen den Separatismus ist gerade durch die Verbindung der Pfalz mit Bayern in bester Weise unterstützt worden.
Man sagt uns, die Pfalz sei Exklave. Der deutsche Charakter Ostpreußens wurde nicht dadurch gefährdet, daß es eine Exklave war. Der bayerische Charakter der Pfalz kann genau so wenig damit bestritten werden.
Die Pfalz ist — um mit einem Wort des bayerischen Ministerpräsidenten zu sprechen — nicht durch fremde Länder von Bayern getrennt, sondern durch deutsche Länder mit Bayern verbunden. Eine Verbindung, die eine 700jährige Geschichte — davon 170 Jahre ununterbrochener Zugehörigkeit der Pfalz zu Bayern — hat, kann auch nicht durch die Willkür einer Besatzungsmacht beseitigt werden. Wir werben nicht für Bayern; wir wissen, wie sich das Pfälzer Volk entscheidet.