Rede von
Jakob
Neber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Bundesministers des Innern über die staatsrechtliche Seite der beiden vorliegenden Anträge kann ich es mir ersparen, darauf noch im einzelnen einzugehen, zumal ja mein Herr Vorredner, Herr Justizrat Wagner, in so trefflicher Weise den Abs. 2 des Art. 29 des Grundgesetzes herangezogen hat. Ich kann mich darauf beschränken, noch einmal herauszustellen, daß ein Volksbegehren, wie es denkbar wäre, nach diesem Abs. 2 eine ausschließliche Angelegenheit des betreffenden Landesteils, in diesem Falle von uns Pfälzern, ist. Insofern habe ich es eigentlich bedauert, meine lieben bayerischen Freunde, daß ich das schöne alte Lied vernommen habe: „Horch, was kommt von draußen rein".
Ich hätte gewünscht, daß man sich rechtzeitiger daran erinnert hätte, welche Möglichkeiten das Grundgesetz zur Zeit noch zuläßt. Ich hätte weiter gewünscht, daß man abgewartet hätte, bis nach dem Fallen der Sperre über den besagten Art. 29 die Pfälzer selbst die Initiative ergriffen hätten, um nun zu bekunden, ob sie dem Lande, dem sie 1945 zugeteilt wurden, weiter treu bleiben wollen, ob sie, worauf die Propaganda vielfach zielt, wieder zu Bayern zurück wollen oder welche sonstigen Möglichkeiten für sie dann gegeben wären.
Auf jeden Fall aber muß bei dieser Gelegenheit einmal herausgestellt werden: Wir fühlen uns gar nicht in der Rolle der Braut, die, sagen wir einmal, um ihres Reichtums willen von ihrem Vater oder von wem sonst verkauft werden will, sondern wir fühlen uns durchaus in ,der angenehmen Rolle, daß unsere eigene Persönlichkeit so liebreizend ist, daß wir uns selbst den angenehmsten Bräutigam suchen können.
Es spielt aber noch etwas anderes eine Rolle. Wir Pfälzer haben zur Zeit noch ganz andere Sorgen. Das können Sie feststellen, wenn Sie bei uns in Versammlungen herumhören, wenn Sie bei uns Tagungen mitmachen und tagtäglich erleben, wie wir uns Gedanken darüber machen, um die Bauern wieder unterzubringen, wie wir die von Landbeschlagnahmen Betroffenen befriedigen und die Heimatvertriebenen unterbringen können, wie wir das Wohnungsproblem und all die anderen vielen, vielen Fragen lösen können, die bei uns eine so vielfache Gestalt angenommen haben, die so mannigfaltig sind, daß sie uns oft zu erdrücken drohen. Wir sind wahrhaftig der Meinung, daß jetzt nicht die Zeit ist, Fragen der Neugliederung voreilig, nur partiell zu lösen, bevor die gesetzlichen Grundlagen geschaffen sind.
Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß der gegenwärtige Zeitpunkt — wir stehen vor den Bundestagswahlen — der denkbar ungeeignetste ist. Wir verwahren uns dagegen, daß durch die Behandlung einer Teilfrage der Neugliederung eine Verwischung der Tatbestände entsteht, wie sie bei der kommenden Bundestagswahl zur Entscheidung gestellt werden.
Aus allen diesen Gründen werden wir rheinpfälzischen Abgeordneten der CDU uns dem Antrag, den mein sehr verehrter Herr Vorredner gestellt hat, anschließen.