Rede von
Josef
Arndgen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon bei Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesversicherungsamtes haben wir uns in diesem Hause auch mit dem jetzt vorliegenden Entwurf eines Sozialgerichtsgesetzes beschäftigt, so daß es kaum notwendig erscheint, sich mit diesem Gesetz heute lange zu befassen. Ich bin mit dem Kollegen Freidhof und mit Frau Kalinke hinsichtlich der Eilbedürftigkeit dieses Gesetzes einig, und ich bin der Meinung, daß wir uns im Sozialpolitischen Ausschuß in den nächsten Tagen eingehend mit der Vorlage beschäftigen müssen, damit sie recht bald verabschiedet werden kann. Wenn aber der Herr Kollege Freidhof der Bundesregierung eine Schuld zuschieben will, weil dies Gesetz erst heute dem Hause vorgelegt wird, dann möchte ich doch darauf verweisen — ich habe das schon in der vergangenen Woche getan —, daß wir seit September 1949 im Bundestag 50 sozialpolitische Gesetze verabschiedet haben und daß der Herr Bundesarbeitsminister für diese Gesetze die Vorarbeiten hat leisten müssen.
Außer diesen 50 Gesetzen, mit denen wir uns beschäftigt haben, sind noch etwa 30 Verordnungen sozialpolitischer Art von der Regierung im Benehmen mit dem Bundesrat erarbeitet und erlassen worden. Dies ist eine sozialpolitische Arbeitsleistung, die bisher kein Parlament der Welt aufzuweisen vermag.
Wenn angesichts der Situation, in der wir uns seit dem Jahre 1949 befinden, von einer Schuld geredet wird,, dann muß ich schon fragen: Hat dann der Ausschuß, der von einem Abgeordneten der SPD geleitet wird, keine Schuld auf sich gehäuft? Ich habe heute morgen feststellen lassen, wieviel Drucksachen im Ausschuß für Sozialpolitik noch nicht erledigt worden sind. Es sind nicht weniger als 23 Drucksachen, die der Erledigung harren.
Es ist doch kein Unterschied, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir in diesem Hause wegen der Fülle von Gesetzen, die auf uns zukommen, wegen Zeitmangels nicht alle erledigen können, oder ob das der Regierung wegen Zeitmangels nicht möglich ist. Man soll doch nicht immer von Schuld und von Versäumnissen reden, wenn man die Situation kennt, in der wir uns seit dem Jahre 1949 oder, besser gesagt, seit dem Jahre 1945 befinden.
Wir haben doch, als wir 1945 bzw. 1949 unsere Arbeit begonnen haben, vor einer. Situation gestanden, in der von Grund auf alles von neuem gesetzgeberisch geregelt werden mußte.
Das ist der Opposition genau so bekannt wie uns. Darum muß ich es entschieden zurückweisen, wenn hier irgendwie von Versäumnissen und von Schuld geredet wird.
Das zu den Ausführungen der Opposition.
Dann möchte ich dem Antrag der Frau Kollegin Kalinke widersprechen, mit dem sie fordert, daß der vorliegende Gesetzentwurf neben den Sozialausschüssen auch dem Rechtsausschuß überwiesen wird.
Wir haben alle — auch die Frau Kollegin Kalinke hat es getan — von der Eilbedürftigkeit dieses Gesetzes gesprochen. Wenn wir es schnell verabschieden wollen, dann ist es nach meinem Dafürhalten überflüssig, einen dritten Ausschuß hinzuzuziehen.
Noch ein Wort zu den Juristen. Ich bin nicht, wie das im Entwurf vorgesehen ist, der Meinung, daß es unbedingt Berufsrichter sein müssen. Ich habe in den Jahren, in denen ich in der Öffentlichkeit tätig bin, sehr oft mit Juristen verhandeln müssen, und dabei ist mir von den Juristen häufig gesagt worden: Ja, vom Sozialrecht habe ich keine Ahnung; ich habe nur gelegentlich einmal als Gasthörer eine sozialrechtliche Vorlesung besucht. — Ich bin der Ansicht, daß es gerade auf dem Gebiete des Sozialrechts unter den Laien Menschen gibt, die genau so und vielleicht noch besser in der Lage sind, die rechtlichen Gesichtspunkte herauszufinden, die für Entscheidungen wichtig sind.
Ich bin daher nicht mit dem Entwurf der Meinung, daß es nur Berufsrichter sein müßten.
— „Hört! Hört!"? Ich könnte Ihnen Namen von Juristen nennen, die auf ihrem Gebiet etwas bedeuten, die aber selbst zugeben, im Sozialrecht Laien zu sein.
Zum Schluß möchte ich den Antrag stellen, den Gesetzentwurf dem Sozialpolitischen Ausschuß als federführendem Ausschuß und zur Mitberatung dem Ausschuß für Kriegsopferfragen zuzuleiten.