Rede von
Margot
Kalinke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nicht weil es der Herr Renner gesagt hat, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen, weil solche Dinge draußen sehr leicht entstellt wiedergegeben werden können, nehme ich dazu Stellung. Ich pflege im allgemeinen keine Reden vorzulesen; aber diese Formulierung habe ich mir zufällig aufgeschrieben, und für diejenigen, die es nicht klar verstanden haben sollten, habe ich Frau Kollegin Korspeter geantwortet. Ich habe ihr ganz eindeutig gesagt, daß ich es weder für sittlich vertretbar noch für sozialpolitisch verantwortlich halte, Versprechungen zu machen, wenn man nicht in der Lage ist, sie zu realisieren. Ich glaube, daß das etwas ganz anderes ist,
als was Herr Kollege Renner hier festzustellen beliebt. Ich möchte mich gegen die von ihm gemachten Unterstellungen ganz ausdrücklich verwahren.
Es ist nur bedauerlich, daß einem großen Teil dieses Hauses und leider auch der deutschen Öffetitlichkeit die echten Zusammenhänge der Sozialgesetzgebung und die Auswirkungen dieses schwierigen Gesetzes genau so wenig bekannt sind wie manches andere. Sonst wäre es nicht möglich, daß hier der Abgeordnete Richter von der Sozialdemokratischen Partei Erklärungen abgibt wie die, daß die Regierung die soziale Ungerechtigkeit deshalb begünstige, weil sie Arbeiter, Angestellte und Beamte nicht gleichsetze. Noch haben wir in Deutschland kein gleiches Recht für Arbeiter, Angestellte und Beamte!
Wenn Sie diesmal das Beamtenrecht beseitigen wollen und sagen, daß die Beamtenwitwe, die Angestellen- und die Invalidenwitwe nach dem gleichen Gesetz behandelt werden sollen,
dann haben wir, glaube ich, bei dieser Beratung nicht den Anlaß, uns darüber mit Ihnen auseinanderzusetzen. Es ist sachlich falsch und absolut polemisch,
wenn Sie unterstellen, daß bei der Beratung zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes die Grundlagen der Sozialpolitik nicht nach dem Grundsatz sozialer Gerechtigkeit behandelt worden seien. Im Gegenteil!
Ich habe Ihnen am 22. Januar laut Protokoll ausdrücklich gesagt, daß Sie bei unseren Anträgen zur Überprüfung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes der Auffassung waren — das ist noch gar nicht so lange her, man kann es nachlesen, und vielleicht sind Sie auch nicht so vergeßlich —, daß das Zeit habe bis zur Reform der Sozialpolitik. Der Antrag kam aber von der Deutschen Partei und nicht von der KPD oder SPD; wäre er von dort gekommen, hätte es keine Zeit gehabt bis zum nächsten Wahlkampf!
Meine Herren und Damen, wir werden uns bei diesem Tatbestand und nach Ihrer Erklärung bei der Abstimmung über Ihren Antrag der Stimme enthalten.