Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frau Kollegin Kalinke hat hier vor dem ganzen Haus erklärt, daß sie „einmal mit mir einig gehe".
ten habe mich daraufhin innerlich schnell überprüft, kann aber nicht sehen, worin sich die Einigkeit ausdrücken soll. Ich bitte die Frau Kalinke ganz ernstlich, mir das doch nicht anzutun, daß sie mich noch einmal hier öffentlich in der Weise anspricht, als ginge sie mit mir einig.
Aber zu Ihren sachlichen Äußerungen, Frau Kalinke. Ich verstehe nicht ganz, woher Sie die Kühnheit nehmen, solche Worte, wie Sie sie heute wieder gebraucht haben, auszusprechen. Sie sagen, es sei „sittlich nicht vertretbar", daß man einer Witwe mit Vollendung des 50. Lebensjahres oder einer Witwe mit einem waisenrentenberechtigten Kind unter sechs Jahren oder mit zwei waisenrentenberechtigten Kindern diesen ihnen doch zustehenden Rechtsanspruch endlich einräumt. Da Sie in einem Rechtsstaat zu leben vorgeben, wäre das doch eine Selbstverständlichkeit, zumal Sie ja selber von einem „Unrecht", von einer „Härte" sprechen, die in Ihrer heutigen Regelung noch liegt. Nun, Sie bedauern die Härte, aber Sie nehmen sie hin. Sie machen hier schöne Worte und berufen sich auf frühere Erklärungen. Mit Ihren schönen leeren Worten und mit den Protokollen des Bundestags können aber diese Witwen ihre Waisenkinder nicht ernähren. Das ist die Situation, wie sie in Wirklichkeit draußen ist.
Herr Schüttler, der hier sagte, er gebe zu, daß diese Regelung noch eine Härte sei, sprach wieder einmal von der bedrohlichen Kassenlage. Er mußte zugeben, daß der Kassenstand Ende 1952 beinahe die Höhe von einer Milliarde erreicht hatte. Wenn man aber hier ausspricht, Herr Schüttler, daß trotzdem die Sozialversicherungsträger durch das Anwachsen der Zahl der Rentenbezieher in der Zukunft bedroht seien, wie kann man dann gleichzeitig die Politik des Bundesfinanzministers mitmachen, diesen angeblich so bedrohten Sozialversicherungsträgern den Bundesanteil statt in barem Geld in diesen wertlosen
Schuldverschreibungen zuzuführen? Wie kann man das denn verantworten?! Das eine ist doch mit dem anderen nicht vereinbar.
Hier wird die Frage der Deckung gestellt. Bei anderen Gelegenheiten sind Sie doch so großzügig, Milliarden zum Fenster hinauszuwerfen. Warum greifen Sie nicht auf die 13,9 Milliarden DM zurück, die Sie der von Ihnen vorbereitete kommende Krieg im laufenden Jahr kostet? Warum greifen Sie darauf nicht zurück?
Sie vertrösten die Witwen auf eine vielleicht einmal am Sankt-Nimmerleins-Tag kommende Regelung der Beseitigung dieses Unrechts. Sie kalkulieren: bis dahin werden soundso viel berechtigte Witwen und Waisen durch Tod oder durch Erreichung der Altersgrenze sowieso ausscheiden; also sparen wir das Geld; jeden Pfennig, den wir in der Sozialversicherung sparen, haben wir frei für die Finanzierung des Krieges!