Rede von
Josef
Schüttler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 3959, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes, wurde in der 246. Sitzung des Deutschen Bundestages behandelt und dem Sozialpolitischen Ausschuß zur Beratung überwiesen. Der Ausschuß hat sich in den Sitzungen am 5., 10., 12. und 19. März mit diesem Entwurf befaßt. Er hat dieser Frage die größte Aufmerksamkeit zugewandt und auch mit Sachverständigen der Sozialversicherung gemeinsam erwogen, inwieweit man die von allen erkannten Härten in diesem damaligen Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz beseitigen könnte.
Durch das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz wurde in der Invalidenversicherung die Invalidität von 662/3 auf 50 % herabgesetzt. Des weiteren wurde die Witwenrente obligatorisch beim Tode des Versicherten eingeführt, ohne an das Alter oder den Gesundheitszustand gebunden zu sein. Hiermit wurde der Rechtszustand in der Invalidenversicherung mit dem in der Angestelltenversicherung in Einklang gebracht, was ja seit Jahrzehnten immer
wieder aus Gleichheitsgründen gefordert wurde. Die finanziellen Auswirkungen zwangen aber schon damals den Gesetzgeber, in § 21 Abs. 4 und § 21 Abs. 5 Einschränkungen dahingehend vorzunehmen, daß diese Weiterungen nur für die kommenden Fälle Anwendung finden sollten. Somit kam ein Versicherter, der vor dem 1. Juni 1949 Antrag auf Invalidenrente gestellt hatte, damals aber noch nicht 662/3 % invalide war, nach diesem Termin auch erst mit 662/3 % Invalidität in den Genuß der Rente. Ebenso erhielt die Witwe, deren Mann vor dem 1. Juni 1949 gestorben war, vor dem 60. Lebensjahr keine Rente, während alle übrigen Witwen, deren Männer nach diesem Termin verstarben, ohne Rücksicht auf Alter und Gesundheitszustand ihre Witwenrente erhielten. Hierin liegt unbestreitbar eine außerordentliche Härte, die von den Betroffenen sehr schwer verstanden wird.
Bei den Beratungen im Ausschuß wurde festgestellt, daß die Beseitigung des § 21 Abs. 4, wo es um die Gleichstellung der Versicherten bei 50%iger Invalidität geht, der Mehraufwand rund 12 Millionen DM jährlich für die Rentenanstalten und rund 7 Millionen DM für den Bundeshaushalt betragen würde. In Anbetracht dieser doch sehr bescheidenen Beträge beschloß der Ausschuß mit Mehrheit die Annahme dieses Antrages.
Dagegen würde bei Beseitigung des § 21 Abs. 5 des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes, die der Antrag zum Gegenstand hat, der Mehraufwand für die Versicherungsanstalten rund 120 Millionen DM und für den Bund aus Steuermitteln rund 90 Millionen DM betragen. Die Mehrheit des Ausschusses glaubte, diesem Antrag nicht zustimmen zu können, da die Versicherungsanstalt diese Mittel im Hinblick auf die Entwicklung der nächsten Jahre ohne Beitragserhöhung kaum aufbringen könne und auch kein Deckungsvorschlag für den Bundeshaushalt in Höhe von ca. 90 Millionen DM gemacht werden konnte. Es wurde auch auf die dringend gewordene Sozialversicherungsreform allgemein hingewiesen, die bei dieser Gelegenheit auch bei diesem Problem ernstlich einen Weg suchen und finden müsse, um eine Bereinigung vorzunehmen. Aus diesen Gründen wurde der Antrag, den § 21 Abs. 5 zu streichen, vom Ausschuß mit Mehrheit abgelehnt.
Weiter wurde § 3 einstimmig vom Ausschuß gestrichen, nachdem man sich davon überzeugt hatte, daß das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz vom Jahre 1949 auf Berlin keine Anwendung fand und nun auch diese Änderungen und Streichungen von Bestimmungen dort keinen Platz finden können.
Im Namen des Ausschusses für Sozialpolitik stelle ich daher folgenden Antrag:
Der Bundestag wolle beschließen,
dem Gesetzentwurf — Nr. 3959 der Drucksachen — mit den Änderungen, daß § 1 Nr. 2 sowie § 3 zu streichen sind, im übrigen unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.
Der Ausschuß bittet das Hohe Haus, sich diesem Antrag anzuschließen.