Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Jacobi hat ein Protokoll des Wirtschaftsministeriums zitiert. Er sagte wörtlich: es heißt darin: Um die Baulandpreisbildung im Rahmen des Möglichen aufzulockern und gleichzeitig eine Vereinheitlichung des Verfahrens durchzuführen, sollen folgende Maßnahmen in Aussicht genommen werden. De facto steht aber darin: „sollen folgende Maßnahmen durch Rechtsverordnung auf Grund des Preisgesetzes in Aussicht genommen werden". Damit ist also festgelegt, daß die Bundesregierung nicht daran denkt — und damit auch nicht das Bundeswirtschaftsministerium —, von sich aus selbstherrlich hier Änderungen vorzunehmen. Es bleibt bei der Erklärung, die ich vorhin abgegeben habe.
Von Herrn Abgeordneten Jacobi ist ferner darauf hingewiesen worden, daß die unteren Verwaltungsbehörden in einer Dienstbesprechung der Grundstückspreisreferenten der Länder am 4. Februar 1953 aufgefordert worden sind, schon in der Zwischenzeit bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach den dargestellten Grundsätzen zu verfahren, d. h. also Widmungsänderungen und gewisse Kaufkraftzuschläge anzuerkennen. Wörtlich lautet das Protokoll über diese Sitzung wie folgt:
Nach der Auffassung aller beteiligten Ländervertreter sollen die unteren Verwaltungsbehörden schon in der Zwischenzeit nach den dargestellten Grundsätzen bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen verfahren. Die Preisbildungsstellen der Länder werden die unteren Verwaltungsbehörden dementsprechend anweisen.
Ich stelle also fest, daß in der Wiedergabe einer
Auffassung der Ländervertreter keine Empfehlung
oder Einwirkung des Bundeswirtschaftsministeriums
liegt, sondern daß die Länder auf diesem Gebiet im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit tätig werden.
Zur Entwicklung des Grundstücksmarkts sowie der Preisfreigabe möchte ich auf einige Tatbestände hinweisen. Wir haben im Ministerium selbstverständlich Beobachtungen darüber angestellt, die ich Ihnen doch nicht vorenthalten möchte. Wie die mir vorliegenden Berichte der Länder erkennen lassen, hat die Freigabe der Preise für bebaute Grundstücke einschließlich der Trümmergrundstücke bisher keine spürbaren Auswirkungen gehabt. Aus den Großstädten Nürnberg und Fürth sowie von einer Reihe mittelgroßer Städte und Landkreise dieses Bezirks wird mir berichtet, daß bei bebauten Grundstücken der Ertragswert, der bisher schon im wesentlichen die Maßgabe für die preisrechtliche Beurteilung gewesen war, auch bei den wirtschaftlichen Überlegungen der Käufer im Rahmen ihrer freien Vereinbarungen die entscheidende Rolle spielt.
Zweitens. Von der Grundstücksbörse in Köln wird berichtet, daß durch die Freigabe der Preise für Trümmergrundstücke die sinkende Preistendenz nicht aufgehalten worden ist.
Die Stopppreise für Trümmergrundstücke werden nach wie vor nur in Ausnahmefällen erreicht.
Schließlich berichtet die gesamte Wirtschaftspresse, soweit man sie verfolgen kann, daß Preissteigerungen durch diese Freigabe nicht in Erscheinung getreten sind.
Eine besondere Kennzeichnung der Situation gibt unser Kollege Dresbach im ,.Rheinischen Merkur", wenn er ausführt, daß durch die Verordnung Nr. 75/52 die jedem Landrat bekannten — ich zitiere wörtlich — Schwarzgeschäfte auf dem Grundstücksmarkt jetzt auf die unbebauten Grundstücke beschränkt bleiben. Herr Dr. Dresbach gebraucht in diesem Zusammenhang den sehr starken Ausdruck: „eine Belügung der unteren Verwaltungsbehörden".
Meine Damen und Herren, ich habe dem nichts hinzuzufügen.