Rede von
Paul
Bausch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur noch einige kurze Bemerkungen zu dem zur Entscheidung stehenden Gesetz und zu einigen Ausführungen der Herren Vorredner machen.
Zunächst einige Feststellungen zur finanzpolitischen Seite dieses Gesetzes! Mein Freund Dr. Brönner hat schon darauf hingewiesen, daß eine so weitgehende Stundung von Steuern, wenn sie nachher durch den Gesetzgeber noch legalisiert wird, doch mit vollem Recht bei den übrigen Steuerzahlern die Frage hervorrufen wird: Warum wird diese Steuerstundung allein einigen wenigen Großfirmen oder Großkonzernen der Zigarettenindustrie gewährt? Warum kommen nicht auch andere Steuerzahler und vor allem die kleinen Steuerzahler in den Genuß der Gunst des Herrn Bundesfinanzministers, wie das hier bei vier oder fünf Großfirmen der Fall ist, die gleichzeitig Riesensummen für Reklame ausgeben?
Wie wird sich das Gesetz im übrigen finanzpolitisch auswirken? Man hat Rechnungen darüber aufgemacht, welches das mutmaßliche Ergebnis dieses Steuergesetzes sein wird. Ich habe alle diese Rechnungen sehr sorgfältig überprüft. Keine einzige hat mich davon überzeugen können, daß wir die Gewähr dafür haben, daß dieses Gesetz nicht einen mehr oder weniger beträchtlichen Ausfall an Steuereinnahmen zur Folge haben wird. Aber, meine Damen und Herren, wenn wir Steuern senken und wenn wir damit rechnen, daß diese Steuersenkung Steuerausfälle zur Folge hat, dann muß geklärt werden, wie diese Steuerausfälle abgedeckt werden sollen. Denn wir sind ja verpflichtet, dafür zu sorgen, daß der Bundeshaushalt wirklich ausgeglichen wird. Dies ist eine der vornehmsten Aufgaben, die diesem Parlament gestellt sind. Und die Antwort auf diese Frage: wir müssen entweder Ausgaben senken, d. h. wir müssen soziale oder andere Leistungen, die der Bund bisher bewirkt hat, streichen und können diese Leistungen künftig nicht mehr bewirken — und wir sind uns klar darüber, daß das für diejenigen, die bisher solche Leistungen empfangen haben, eine große Härte zur Folge haben wird —, oder aber wir sind genötigt, neue Steuern anderer Art zu beschließen. Daß das aber bei der heutigen Situation eine fast unmögliche Sache ist, darüber sind wir uns alle klar.
So sehen wir, wie problematisch es ist, wenn man sich entschließt, eine Senkung der Steuern für Genußmittel zu beschließen. Ich bin der Meinung: wenn man das schon tun wollte, dann sollte man eher mit dem Kaffee den Anfang machen. Davon ist schon vorher die Rede gewesen.
Aber in jedem Falle, meine Damen und Herren:
Wer schon Tabak sagt, der muß auch Kaffee sagen!
Nun noch ein Wort zu der andern Seite der Angelegenheit, auf die hinzuweisen ich schon einmal die Ehre hatte: die Frage, ob uns dieses Gesetz nicht auch zu einer sehr sorgfältigen Betrachtung seiner Auswirkungen in bezug auf die Volksgesundheit und den Jugendschutz nötigt. Ich habe sehr bedauert, daß es ausgerechnet der Vorsitzende des Gesundheitspolitischen Ausschusses dieses Hohen Hauses, Abgeordneter Dr. Hammer, war, der über diese Seite der Angelegenheit mit Argumenten hinweggegangen ist, die nach meiner Überzeugung und auch nach der Überzeugung vieler Ärzte — und vieler bedeutender Ärzte — keinesfalls stichhaltig sind. Ich habe nach der letzten Lesung dieses Gesetzentwurfs aus allen Teilen der Bundesrepublik und von sehr vielen und sehr bedeutenden und hervorragenden Ärzten Zuschriften bekommen, die ihrem großen Bedauern über die Stellungnahme des Vorsitzenden des Gesundheitspolitischen Ausschusses dieses Hauses Audruck gegeben und erklärt haben, daß diese Beratung einen bedauerlichen Mangel an bevölkerungspolitischem und gesundheitspolitischem Denken geoffenbart habe.
Es ist nun einmal so, daß zumindest eine sehr sorgfältige Prüfung dieser anderen Seite des Gesetzentwurfs notwendig ist. Ich muß feststellen, daß es an dieser Prüfung einfach gefehlt hat.
Darum kommen wir nicht herum.
— Man hat den Herrn Reemtsma im Finanz- und Steuerausschuß gehört. Man hat aber in diesem Ausschuß keinen prominenten Arzt und keinen prominenten Vertreter des Jugendschutzes und der Jugendfürsorge gehört.
Das muß hier bei dieser Gelegenheit festgestellt werden. Man hat eine absolut einseitige Prüfung dieses Gesetzentwurfs vorgenommen.
Weil diese Prüfung einseitig war und weil dieser Gesetzentwurf nicht sorgfältig genug auch unter diesen Gesichtspunkten überprüft worden ist, haben wir Bedenken, ihn heute anzunehmen. Wir werden deshalb gegen ihn stimmen.