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ID0125808800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 258. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. März 1953 12507 258. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. März 1953. Geschäftliche Mitteilungen 12508D Frage der Aufsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes auf die Tagesordnung 12508D Sabel (CDU) 12509A Beschluß der Vertagung auf 259. Sitzung 12509A Antrag auf Ergänzung des Punktes 10 der Tagesordnung durch erste Beratung des Antrags der FDP betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Nr. 4190 der Drucksachen): Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 12509B Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der FU betr. Deutsche Kriegsgefangene und Zivilinternierte (Nm. 4163, 3807 der Drucksachen) 12509A, 12560 Wehner (SPD): als Berichterstatter 12509C schriftlicher Bericht 12560 Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 12511D Beschlußfassung 12512D Mündliche Berichterstattung des Ausschusses für Petitionen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung in Verbindung mit der Beratung der Übersicht Nr. 64 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betr. Petitionen (Umdruck Nr. 831) 12512D Sassnick (SPD), Berichterstatter . 12512D Präsident Dr. Ehlers 12514C Beschlußfassung 12514C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Strafgesetzbuches (Nr. 4152 der Drucksachen) . . . 12514D Überweisung an den Rechtsausschuß . . 12514D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Art. 117 des Grundgesetzes (Nr. 4200 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der SPD betr. Bildung eines Familienrechtsausschusses (Nr. 4220 der Drucksachen) 12514D Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Antragsteller 12514D Dr. Laforet (CSU) 12516D Frau Nadig (SPD) 12517B Frau Thiele (KPD) 12520B Frau Heiler (CDU) 12521C Ewers (DP) 12522C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 12523D Dr. Ehlers (CDU) 12524D Überweisung der Anträge Nm. 4220 und 4200 an den Rechtsausschuß . . 12526D, 12527A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen (Nr. 3820 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr. 4185 der Drucksachen) 12527A Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Berichterstatter 12527A Fisch (KPD) 12529D Abstimmungen 12529C, 12530C Erste Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Nr. 4169 der Drucksachen) 12530D Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 12530D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zweite Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 8. November 1952 zu den Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) (Nr. 4159 der Drucksachen) 12530D Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 12531A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den deutsch-chilenischen Briefwechsel vom 6. September 1952 betr. die zollfreie Einfuhr von 50 000 t Chile-Salpeter in der Zeit vom 1. Juli 1952 hie 30. Juni 1953 (Nr, 4174 der Drucksachen) 12531A Überweisung an die Ausschüsse für Außenhandelsfragen und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . 12531A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Titel II, HI, IV und X der Gewerbeordnung (Nr. 4170 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Nr. 4190 der Drucksachen) 12509B, 12531B Überweisung an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Verkehrswesen und für Sozialpolitik 12531A, B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (StatGes) (Nr. 4168 der Drucksachen) 12531B Überweisung an die Ausschüsse für innere Verwaltung, für Wirtschaftspolitik und für Kommunalpolitik . . . 12531C Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerksordnung (Nr. 1428 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Nm. 4172, zu 4172 der Drucksachen; Anträge Umdrucke Nrn. 850, 852 bis 854) 12531C, 12563 Lange (SPD): als Berichterstatter 12531C schriftlicher Bericht 12563 als Abgeordneter. 12535C, 12536A, C, D, 12538C, 12541D, 12544D, 12545D, 12548A, 12554C Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 12535A Schmücker (CDU) 12535D, 12557B Stücklen (CSU) 12536C, 12546D Günther (CDU) 12537B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 12538A, 12541C, 12552C, 12555A Becker (Pirmasens) (CDU) 12538D Mensing (CDU) 12540A, 12553B Paul (Düsseldorf) (KPD) 12542C, 12543A, B, D, 12544A, C, 12551C Oetzel (CDU) 12545A Schuler (CDU) 12546B Maerkl (FU) 12549C Dr. Etzel (Bamberg) (Fraktionslos) 12550B Eickhoff (DP) 12551A Dr. von Brentano (CDU) 12553D Eplée (CDU) 12554D, 12555B Horn (CDU) 12555C Frau Kalinke (DP) 12556A Dr. Hammer (FDP) 12556B Arndgen (CDU) 12556B Schröter (Berlin) (SPD) 12556C Abstimmungen. . 12535B, 12536A, D, 12538B, 12539B, 12542C, 12543C, 12544C, 12545C, 12546B, 12554B, C, 12555C, 12557B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs aus Anlaß der Errichtung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Nr 4188 der Drucksachen) 12558A Dr. Serres (CDU) 12558A Beschlußfassung 12558C Absetzung der Punkte 12, 13 und 15 von der Tagesordnung 12558C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der FU betr. Regelung zur Rückgabe der Gebäude und Grundstücke des deutschen Auswärtigen Dienstes im Ausland (Nrn. 4099, 3808 der Drucksachen) 12558C Dr. Vogel (CDU), Berichterstatter 12558D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 12559B Beschlußfassung 12559D Grüße des Bundestags an die Große Türkische Nationalversammlung 12559D Nächste Sitzung 12509A, 12559D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der FU betr. Deutsche Kriegsgefangene und Zivilinternierte (Nrn. 3807, 4163 der Drucksachen) 12560 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Handwerksordnung (Nrn. 1428, 4172, zu 4172 der Drucksachen) 12563 Die Sitzung wird um 13 Uhr 35 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 258. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU (BP-Z) betreffend Deutsche Kriegsgefangene und Zivilinternierte (Nrn. 3807, 4163 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Wehner A. Der Antrag Der Antrag — Nr. 3807 der Drucksachen — verlangt einen Beschluß des Bundestages, durch den die Bundesregierung beauftragt wird, „alle ihr möglichen Schritte zu unternehmen, um eine beschleunigte Behandlung und Lösung des Problems der deutschen Kriegsgefangenen und deutschen Zivilinternierten durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen zu erreichen". Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten hat diesen Antrag zum Anlaß genommen, die bisher im Rahmen der Vereinten Nationen für die deutschen Kriegsgefangenen und Zivilinternierten unternommenen Schritte zu prüfen und zu erwägen, welche weiteren Schritte von der Bundesregierung unternommen werden müßten, um dem Antrag zu entsprechen. B. Die bisherigen Bemühungen der Vereinten Nationen (UN) Am 14. Dezember 1950 nahm die Vollversammlung der UN eine Entschließung an, die den Titel trägt: „Maßnahmen für die friedliche Lösung des Kriegsgefangenenproblems". Dieser Entschließung vorausgegangen war eine Initiative der Regierungen der USA, Großbritanniens und Australiens, durch die die UN veranlaßt werden sollten, Maßnahmen zur Heimführung der noch in fremden Ländern zurückgehaltenen Kriegsgefangenen (besonders der zahlreichen deutschen und japanischen Kriegsgefangenen) zu ergreifen. Die Entschließung der Vollversammlung der UN nimmt ausdrücklich Bezug darauf, daß entsprechend den ,,anerkannten Maßstäben internationalen Verhaltens" und der „Genfer Konvention von 1949 für den Schutz der Kriegsopfer" und „ausdrücklichem Abkommen zwischen den alliierten Mächten" die Gefangenen entweder längst in die Heimat hätten entlassen oder über ihren Verbleib hätte Auskunft gegeben werden müssen. Die Vollversammlung hat in der Entschließung vom Dezember 1950 (1) ihre Besorgnis darüber ausgedrückt, „daß eine große Zahl von Kriegsgefangenen aus dem zweiten Weltkrieg weder in die Heimat entlassen worden ist noch über ihren Verbleib Rechenschaft vorliegt"; sie hat (2) an alle Regierungen, unter deren Kontrolle sich solche Personen noch befinden, die Aufforderung gerichtet, „gemäß den anerkannten Maßstäben des internationalen Verhaltens und den oben erwähnten internationalen Abkommen und Abmachungen vorzugehen, die es zur Forderung erheben, daß bei Einstellung der aktiven Feindseligkeiten alle Gefangenen in kürzester Frist uneingeschränkt die Möglichkeit zur Rückkehr in die Heimat erhalten sollten". „Zu diesem Zweck müßten" — so heißt es in der Entschließung der UN — „bis zum 30. April 1951 veröffentlicht und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt werden: (a) die Namen der noch zurückgehaltenen Kriegsgefangenen, die Gründe für ihre fortgesetzte Haft und die Orte, an denen sie in Haft gehalten werden; (b) die Namen der Kriegsgefangenen, die unter ihrer Kontrolle gestorben sind, sowie Zeitpunkt und Ursache des Todes und in jedem Falle Art und Ort des Begräbnisses." Unter Punkt (3) der Entschließung wurde der Generalsekretär der UN ersucht, „einen Ad-hocAusschuß zu bilden, der aus drei sachlich geeigneten und unparteiischen, vom Internationalen Roten Kreuz oder, wenn dies nicht möglich ist, vom Generalsekretär selbst gewählten Personen bestehen soll. Ihre Aufgabe wäre es, die Kriegsgefangenenfrage rein menschlich und zu allen be- (Wehner) troffenen Regierungen annehmbaren Bedingungen zu regeln." Gemäß den diesem Ausschuß in der Entschließung gegebenen Richtlinien sollte er nach dem 30. April 1951 zu einem passenden Zeitpunkt zusammentreten, um an Hand der der 5. Tagung der Generalversammlung zugänglich gemachten Mitteilungen die von den Regierungen in Übereinstimmung mit den Bedingungen des vorigen Absatzes der Entschließung gelieferten Auskünfte zu prüfen und zu werten. Wenn der Ausschuß zu der Auffassung gelangen sollte, daß diese Auskünfte unzureichend seien oder hinreichend Grund zu der Annahme bieten, daß die im Gewahrsam oder unter der Kontrolle irgendeiner ausländischen Regierung als Folge von Kriegshandlungen des zweiten Weltkrieges gelangten Gefangenen noch nicht in die Heimat entlassen worden seien oder ihr Verbleib noch nicht aufgeklärt worden ist, so sollte — nach der Entschließung der Vollversammlung — folgendes geschehen: „Die Generalversammlung (a) ersucht den Ausschuß, die betreffenden Regierungen oder Behörden um lückenlose Auskünfte über diese Kriegsgefangenen zu bitten; (b) ersucht den Ausschuß, allen Regierungen und Behörden, die dies wünschen, bei den Vorbereitungen und Erleichterungen für die Heimkehr dieser Kriegsgefangenen behilflich zu sein; (c) ermächtigt den Ausschuß, die guten Dienste jeder sachlich befähigten und unparteiischen Persönlichkeit oder Organisation in Anspruch zu nehmen, die seiner Auffassung nach die Rückkehr solcher Gefangenen in die Heimat fördern oder über ihren Verbleib Auskünfte erteilen könnte; (d) ersucht alle in Frage kommenden Regierungen und Behörden dringend um volle Zusammenarbeit mit dem Ausschuß, um Erteilung aller erforderlichen Auskünfte und das Recht der Einreise in die betreffenden Länder und die Gebiete, in denen sich diese Kriegsgefangenen in Haft befinden." Punkt (4) der Entschließung enthält das dringende Ersuchen an alle Regierungen, „besonders auf der Grundlage der zu liefernden Unterlagen die größtmöglichen Anstrengungen zu vollbringen, um Kriegsgefangene ausfindig zu machen, deren Abwesenheit gemeldet worden ist und die sich auf ihren Gebieten befinden könnten". Punkt (5) der Entschließung enthält die Anweisung an den Ausschuß, „dem Generalsekretär zur Weiterleitung an die Mitglieder der Vereinten Nationen über die Ergebnisse seiner Arbeit, sobald diese durchführbar ist, Bericht zu erstatten." Die ausführliche Darlegung dieser Entschließung der Vereinten Nationen erscheint notwendig, um im Sinne des Antrags prüfen zu können, ob von deutscher Seite weiteres geschehen kann und muß, wodurch alle in der Entschließung liegenden Möglichkeiten ausgeschöpft und unter Umständen neue Wege beschritten werden. Schließlich müssen Bundestag und Bundesregierung die in Punkt (5) enthaltene Möglichkeit ins Auge fassen, daß der Ausschuß dem Generalsekretär mitteilt, seine Arbeit sei nicht durchführbar, nachdem die Sowjetregierung es ablehnt, den Ausschuß anzuerkennen und mit ihm zusammenzuarbeiten. C. Der Ad-hoc-Ausschuß Der Ausschuß, der unter dem Vorsitz des Herrn Guerrero, eines Richters am Obersten Gerichtshof in Den Haag, steht, hat nach seiner konstituierenden Sitzung zwei Tagungen in Genf abgehalten; sie fanden im Januar—Februar und im August—September 1952 statt. Die Sowjetregierung, die, wie die Regierungen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und anderer Staaten, ersucht worden war, Vertreter nach Genf zu entsenden, folgte der Einladung nicht, sondern wiederholte in einer öffentlichen Erklärung die von ihr unter Berufung auf Artikel 107 der Satzung der UN früher ausgesprochene Ablehnung der Einsetzung des Ausschusses und jeder Zusammenarbeit mit ihm. Damit zerbrach auch die schwache Hoffnung auf ein mögliches Einlenken der Sowjetregierung, die entstanden war, nachdem im Herbst 1951 ein Bericht der Sowjetregierung beim Generalsekretär der UN eingegangen war, der zwar in der Sache nicht über eine Wiederholung der sowjetischen Erklärungen in der bekannten TASS-Meldung vom 5. Mai 1950 hinausging, der aber die Möglichkeit offenließ, die Sowjetregierung werde sich in einem gewissen Rahmen an der Berichterstattung für den Ausschuß beteiligen. Der Ausschuß hat während seiner Tagungen in Genf einer von der Bundesregierung entsandten Delegation Gelegenheit gegeben, die deutschen Wünsche und Vorschläge vorzutragen, Material zu unterbreiten und Fragen des Ausschusses entgegenzunehmen. D. Die deutschen Anliegen Dem Ausschuß wurden von der deutschen Delegation unterbreitet: a) Die Namen von 99 856 Kriegsgefangenen, die noch nicht zurückgekehrt sind, von denen aber eigene Briefe aus der Kriegsgefangenschaft oder übereinstimmende Angaben mehrerer Zeugen vorliegen. b) Amtlich beglaubigte Dokumente von 17 948 noch nicht heimgekehrten Kriegsgefangenen. Diese Stichproben aus der Zahl von 99 856 Kriegsgefangenen wurden auf Anregung des Ausschusses vorgenommen. c) Ein besonderes Verzeichnis mit den Namen von 837 noch nicht heimgekehrten Kriegsgefangenen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben. d) Die Namen von 1 320 966 Vermißten, geordnet nach Ländern, aus denen die letzte Nachricht vorliegt. e) Untersuchungen und Feststellungen über das Schicksal von rund 750 000 aus den deutschen Ostgebieten verschleppten Zivilpersonen; darunter Angaben über 8 243 deutsche Gefangene, die sich in Gefängnissen der Tschechoslowakei befinden, ferner über 8 910 deutsche Gefangene, die sich in Gefängnissen Polens befinden, und über 3 240 deutsche Kinder, die gegen den Willen ihrer Eltern noch in Polen zurückgehalten werden. Die deutschen Vertreter haben versucht, den Ausschuß dazu zu bewegen, die in Frage kommenden Regierungen um die Vervollständigung ihrer Angaben über das Schicksal der in ihrem Gewahrsam gewesenen Kriegsgefangenen zu ersuchen, da- (Wehner) mit durch Vergleich der Unterlagen der Kreis derer, über die keine Nachrichten vorliegen, allmählich begrenzt werden kann. Die deutschen Vertreter gingen dabei davon aus, daß es auch bei fortgesetzter Weigerung der Sowjetregierung, dem Ausschuß irgendwelche Angaben zu machen, möglich sein müßte, durch die Mitarbeit aller übrigen Regierungen einen erheblichen Teil der noch unaufgeklärten Schicksale deutscher Gefangener und Vermißter aufzuklären. Von den deutschen Vertretern wurde dem Ausschuß die Anregung gegeben, der Sowjetregierung eventuell unter Zuhilfenahme der guten Dienste Dritter die Unterlagen über die Gefangenen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben, und die Unterlagen über die Vermißten zu übergeben, um auf diese Weise einen weiteren Versuch zu machen, die Sowjetregierung zur Aufklärung des Schicksals von Personen zu bewegen, die sich auf ihrem Gebiet befinden könnten, und um unter Umständen die Begnadigung der älteren Gefangenen zu erwirken. E. Die Ergebnisse und mutmaßlichen mittelbaren Auswirkungen der Bemühungen des Ausschusses a) Es herrscht grundsätzlich Einvernehmen darüber, dem deutschen Wunsch so weit wie möglich Rechnung zu tragen, die vollständigen Listen mit den Namen aller Kriegsgefangenen, die von den Gewahrsamsstaaten angefertigt worden sind, der Bundesregierung zur Verfügung zu stellen. b) Einige Staaten haben dem deutschen Wunsch entsprochen, Listen der in der Kriegsgefangenschaft Verstorbenen zur Verfügung zu stellen. Von weiteren Staaten sind solche Listen in Aussicht gestellt worden. c) Ein Verzeichnis aller Lager, in denen deutsche Kriegsgefangene gehalten worden sind, ist von einer Regierung zur Verfügung gestellt worden. d) Eine Regierung hat Angaben über unter ihrer Kontrolle befindliche Personen, die von ihr bis dahin nicht als Kriegsgefangene bezeichnet worden waren, zur Verfügung gestellt. Der Ausschuß hat also auf einigen Gebieten eine allmähliche Annäherung der Angaben der Gewahrsamsstaaten an die in der Entschließung der UN vom Dezember 1950 gestellten Forderungen erreicht. Nicht erreicht sind bisher: Die Übergabe von Verzeichnissen mit den Namen von Kriegsgefangenen, die von einem Gewahrsamsstaat an einen anderen ausgeliefert oder überstellt worden sind; Angaben über den Kreis von Kriegsgefangenen, die nach ihrer Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im bisherigen Gewahrsamsland in ein Dienstverhältnis (z. B. Fremdenlegion) eingetreten sind; Versuche, das Problem der verurteilten Kriegsgefangenen und ihrer Behandlung in den nicht zum Ostblock gehörenden Gewahrsamsstaaten im Hinblick auf eine mögliche positive Auswirkung auf die Behandlung der Verurteilten in den Ostblockstaaten zu lösen; konkrete Richtlinien zur Erfüllung des Punktes (4) der UN-Entschließung (Suche nach Verschollenen). Aus der Gefangenschaft entlassen worden und heimgekehrt sind in der Zeit vom 1. Februar 1951 bis 1. Februar 1953 aus westlichen Gewahrsamsstaaten zuzüglich Jugoslawiens: 1 605 Personen Davon nach Verbüßung der vollen Strafe 87 Personen aus der Untersuchungshaft . 244 Personen unter Strafminderung . . . . 1 274 Personen Von den unter Strafminderung Entlassenen waren ursprünglich zum Tode verurteilt . . . . 115 Personen zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe 80 Personen zu befristeter Freiheitsstrafe 1 079 Personen Noch im Gewahrsam westlicher Staaten zuzüglich Jugoslawiens am 1. Februar 1953 858 Personen Aus Ostblockstaaten entlassen worden und heimgekehrt sind in der Zeit vom 1. Februar 1951 bis 5. Februar 1953: Kriegsgefangene Zivilverschleppte Sowjetunion 410 275 Polen 352 90 Tschechoslowakei 238 114 Rumänien 102 1 Es ist nicht feststellbar, ob mehr oder weniger Gefangene entlassen worden wären, falls der Ausschuß nicht ins Leben getreten wäre. Aber für die Vervollständigung der Übersicht sind diese Angaben unentbehrlich. In jedem Falle muß von deutscher Seite versucht werden, dazu beizutragen, durch den Ausschuß das Maximum dessen erfüllen zu lassen, was im Rahmen der Entschließung der Vollversammlung der UN vom Dezember 1950 möglich ist. Es wäre wünschenswert, wenn der Ausschuß durch die Art, in der er die ihm übertragenen Aufgaben behandelt, fördernd auf die für eine menschliche Lösung des Kriegsgefangenenproblems notwendigen Umstände wirken und selbst an den Stellen, an denen es auf Grund der politischen Spannungen unmöglich sein sollte, durch den Ausschuß selbst greifbare Ergebnisse zu erzielen, anderen Faktoren einen Beitrag zur Lösung des Kriegsgefangenenproblems erleichtern würde. Die Tatsache, daß es auf der internationalen Konferenz des Roten Kreuzes in Toronto möglich war, eine Entschließung zur Nachforschung nach Verschollenen aus dem zweiten Weltkrieg zur einstimmigen Annahme zu bringen, gibt vielleicht Grund zu der Hoffnung, auf weiteren Wegen zu positiven Lösungen zu gelangen. Auch gewisse, wenn auch noch sehr bescheidene, Erfolge der Bemühungen um die Zusammenführung von durch die Kriegsereignisse auseinandergerissenen Familien durch verschiedene private Organisationen sollten in diesem Zusammenhang gesehen werden. Die Vereinten Nationen haben das Problem der verschleppten Zivilpersonen unmittelbar bisher nicht behandelt. Es ergab sich aber schon bei der Ausarbeitung der Entschließung über die Kriegsgefangenenfrage, daß auch bei Beschränkung auf die kriegsgefangenen ehemaligen Militärpersonen eine Durchleuchtung des ganzen Komplexes der verschleppten Zivilpersonen unumgänglich sein wird, weil Kriegsgefangene inzwischen zu „Zivilarbeitern" oder zu „Internierten" geworden sind und stellenweise mit den verschleppten Zivilpersonen zusammen arbeiten, gefangen gehalten werden oder sich in „Ansiedlungen" befinden. Bonn, den 4. März 1953 Wehner Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 258. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerksordnung (Nrn. 1428, 4172, zu 4172 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Lange I. Allgemeine Besprechung Das Plenum des Bundestages hat in seiner 95. Sitzung am 26. Oktober 1950 mit der Drucksache Nr. 1428 den „Entwurf eines Gesetzes über die Handwerksordnung" als Initiativantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur weiteren Behandlung und Beratung überwiesen. Dieser Ausschuß hat zur eingehenden Bearbeitung der mit dem Gesetzentwurf verbundenen schwierigen Materie eine Unterkommission „Handwerksordnung" eingerichtet, die sich in 53 Sitzungen mit dem umfangreichen Stoff auseinandergesetzt und ihre Vorschläge dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik gemacht hat. Der Ausschuß selbst hat sich dann noch einmal in fünf Sitzungen mit den Vorschlägen der Unterkommission befaßt und ist im wesentlichen deren Auffassung beigetreten. Zur Klärung einiger Fragen, vor allem der der Neben- und Hilfsbetriebe, ist in einer weiteren Sitzung die Unterkommission bemüht worden. Das Ergebnis der Beratungen der Unterkommission sowohl als auch des Ausschusses für Wirtschaftspolitik legt dieser dem Hohen Hause als seinen Gesetzesvorschlag vor. 1. Historischer Überblick Die Unterkommission hat sich vor Eintritt in die eigentliche Beratung des Gesetzentwurfes einen Überblick über die historische Entwicklung des Handwerks, über die Entwicklung des Handwerksrechts und über den organisatorischen Aufbau des Handwerks verschafft. Aus dieser Übersicht entstand im Hinblick auf die gegenwärtige Lage des Handwerks im Geltungsbereich des Grundgesetzes bei den Mitgliedern der Unterkommission der Eindruck, daß eine gesetzliche Regelung des Fragenkomplexes wünschenswert sei. 2. Alliierte Bestimmungen Allerdings mußte sich die Unterkommission, ehe sie an eine positive Behandlung der Vorlage denken konnte, mit der Frage auseinandersetzen, wie eine deutsche Gesetzgebung auf dem Gebiete des Handwerks sich mit den z. Z. noch geltenden alliierten Bestimmungen vereinbaren läßt, da ja ein solches Gesetz noch der Zustimmung der Alliierten Hohen Kommission bedarf. Die Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums machten mit allem Nachdruck auf den durch den § 7 (fakultative Pflichtinnung) des Entwurfs geschaffenen, nicht mit der amerikanischen Auffassung von der Gewerbefreiheit übereinstimmenden Tatbestand aufmerksam. Die Vertreter des BWM erklärten, daß die Regierung das Gesetz bzw. den Entwurf wegen dieser Bestimmungen notifizieren müsse. Außerdem habe der Bundesjustizminister den Bundeswirtschaftsminister mit Schreiben vom 14. Februar 1951 in aller Form auf die Notifizierungspflicht aufmerksam gemacht. Die Unterkommission kam in dieser Frage zu dem Ergebnis, daß ein Gesetz über die Ordnung des Handwerks nur nach deutschen Gesichtspunkten und Notwendigkeiten gestaltet werden könne. Alliierte oder gar nur amerikanische Auffassungen können die Beratungen der Unterkommission nicht beeinflussen. Hier sei jetzt lediglich zu prüfen, ob das beabsichtigte Gesetz mit den einschlägigen Artikeln des Grundgesetzes übereinstimme. Die zu beachtenden Artikel sind Artikel 12 Abs. 1 (Berufsfreiheit), Artikel 19 Abs. 1 und 2 (Grundrechtsschutz) und Artikel 9 (Vereins- und Koalitionsfreiheit). Der Auffassung der Unterkommission in diesem Punkte ist der Ausschuß für Wirtschaftspolitik in seiner Gesamtheit ausdrücklich beigetreten. 3. Handwerksordnung und Grundgesetz Um die Verfassung in keiner Weise durch die Beratungen über die Grundsatzfragen und die Einzelbestimmungen des Gesetzes zu tangieren, erarbeitete die Unterkommission einstimmig folgende (Lange) Rechtsgrundsätze, denen sich ebenso einstimmig der Ausschuß für Wirtschaftspolitik angeschlossen hat: 1. Die Wahl des Handwerksberufes ist wie die Wahl aller anderen Berufe nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich frei. 2. Die Ausübung des selbständigen Handwerksberufes kann nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz geregelt werden. Zur Ausübung des Berufes in diesem Sinne gehört auch die Aufnahme des Berufes als Beginn der Berufsausübung. 3. Das Gesetz darf die Ausübung in diesem weiteren Sinne einschränken, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht. 4. Das öffentliche Interesse für die Einführung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des selbständigen Handwerks ist gegeben, weil a) der Leistungsstand und die Leistungsfähigkeit des Handwerks und b) die Ausbildung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft nur so gewährleistet sind. 5. Der Gesetzgeber hat festzustellen, welche Berufe zum Handwerk im Sinne der Ziffern 1 bis 4 gehören können. Damit war der Rahmen hinsichtlich der angezogenen Artikel abgesteckt. Die Auseinandersetzungen in der Unterkommission gingen dann im wesentlichen immer darum, diesen Rahmen nicht zu sprengen und immer wieder das öffentliche Interesse an einer gesetzlichen Regelung in den Vordergrund zu stellen und Gruppeninteressen zurücktreten zu lassen. 4. Anhören von Sachverständigen Trotz oder gerade wegen der beschlossenen Rechtsgrundsätze glaubte die Unterkommission zu einer Reihe von Fragen, die in der Drucksache Nr. 1428 aufgeworfen worden sind, Vertreter der beteiligten oder betroffenen Gruppen und Organisationen hören zu sollen. Diese Vertreter sollten als Sachverständige aus der praktischen Handwerks- und Organisationsarbeit Stellung nehmen. Sie sind als Vertreter des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu folgenden Fragen gehört worden: 1. Positivliste (als Bestandteil des Gesetzes oder als Verordnung des Bundeswirtschaftsministers) (§ 1 Abs. 2); 2. Gütestellen oder Einigungs- und Schlichtungsstellen (hier Bedenken des Bundesjustizministeriums gegen Gütestellen, da nach der bisherigen Praxis die Landesjustizverwaltungen Gütestellen benannt haben) (§ 3 Abs. 3); 3. Aufgabenbereich der Innungen unter Berücksichtigung ihrer Rechtsnatur als Vereinigungen des privaten Rechts (§ 4 Abs. 1); 4. Einführung des Innungszwanges (fakultative Pflichtinnungen) (§§ 7, 8 und 9); 5. Inhalt und Umfang des Aufsichtsrechts über Innungen und Kreishandwerkerschaften (§§ 10 und 13); 6. Umfang der Landesinnungsverbände (hier unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen) (§ 14 Abs. 1); 7. Handwerkskammern (insbesondere §§ 17, 18, 20, 21, 22, 23 und 24); 8. Landesberufsvertretung (§ 25 Abs. 1); 9. Bundesorganisationen (§ 27); 10. Ausnahmebewilligungen unter dem Gesichtspunkt erschöpfender gesetzlicher Regelung (§ 30); 11. Gleichstellung von Hilfs- und Nebenbetrieben von Unternehmen der öffentlichen Hand, soweit diese Betriebe handwerkliche Arbeiten ausführen (§ 39). Zu dem unter Ziffer 11 genannten Problem sind außer den oben angeführten Sachverständigen noch Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der Länder und der beteiligten Bundesministerien (Inneres, Verkehr, Post- und Fernmeldewesen) gehört worden. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat dann selbst noch neben den oben genannten Sachverständigen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und den Vertretern der zuständigen Ministerien den Industrie- und Handelstag zu den Fragen „Hilfs- und Nebenbetriebe" und „Eintragung in die Handwerksrolle" gehört. 5. Systematik des Gesetzes Nach diesen vorbereitenden Beratungen ging die Unterkommission an die Behandlung der Gesetzesvorlage. Die Antragsteller und die übrigen Mitglieder der Unterkommission waren sich einig in der Auffassung, daß ein den oben angeführten Rechtsgrundsätzen entsprechendes Gesetz zu schaffen sei. Dieses Gesetz müsse allerdings, wenn es das Handwerk ordnen wolle, vollständiger und systematischer als der Entwurf sein. Daher führt der von der Unterkommission vorgelegte und vom Ausschuß für Wirtschaftspolitik verabschiedete Entwurf von der Klärung des Begriffs „Ausübung eines Handwerks" über Berufsausbildung und Befähigungsnachweis zu den Organisationen. Ebenso wurde die Fülle der Hinweise auf andere Gesetze, besonders auf die Gewerbeordnung, vermieden und die entsprechenden Bestimmungen in dieses Gesetz übernommen. Dies ist geschehen, soweit solche älteren gesetzlichen Regelungen noch Gültigkeit behalten sollten und in dieses Gesetz systematisch hineinpassen. Gesetzliche Bestimmungen, die außer dem Handwerk anderen Gewerbezweigen gelten, bleiben selbstverständlich in Kraft, wie aus dem V. Teil „Straf-, Übergangs- und Schlußbestimmungen" zu ersehen ist. 6. Ausübung und Befähigungsnachweis In den grundsätzlichen Beratungen waren sich Unterkommission und Ausschuß für Wirtschaftspolitik darüber klar, daß künftighin nur ein Befähigungsnachweis an Stelle des bisherigen großen, der die Meisterprüfung beinhaltete mit der Berechtigung zum Betrieb eines selbständigen Handwerks, zur Führung des Meistertitels in Verbindung mit dem erlernten Handwerk und zum Halten und Anleiten von Lehrlingen, und des bisherigen kleinen Befähigungsnachweises, der nur die Befugnis zum Halten und Anleiten von Lehrlingen (Lange) bedeutete, treten sollte. Dieser eine Befähigungsnachweis ist als Regelfall die Meisterprüfung, die berechtigt zum Betrieb eines selbständigen Handwerks, nachdem die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt ist, zur Führung des Meistertitels in Verbindung mit dem Handwerk, in dem die Prüfung abgelegt ist, und zum Halten und Anleiten von Lehrlingen. Die Eintragung des Handwerkers in die Handwerksrolle stellt einen konstitutiven Akt dar, der den selbständigen Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe mit den sich aus dem Regelfall des Befähigungsnachweises, der Meisterprüfung, ergebenden Folgen erst rechtlich und tatsächlich ermöglicht. 7. Ausnahmebewilligung Bei der Frage der Ausnahmen bei dem oben geschilderten Regelfall war die Unterkommission nach eingehenden Beratungen einmütig der Auffassung, daß die Ausnahmebewilligung nicht mehr in das Ermessen der Behörde, die die Ausnahmebewilligung erteilt, gegeben werden könne. Die Unterkommission hat für diesen Fall einen Rechtsanspruch desjenigen gesichert, der um die Ausnahmebewilligung nachsucht. Er muß nur den Nachweis erbringen, daß er die für die Führung eines Handwerkbetriebes erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt, gleichgültig, wie er sie erworben hat. Auch dieser Auffassung hat sich der Ausschuß für Wirtschaftspolitik uneingeschränkt angeschlossen. Was hier für die Führung des Handwerksbetriebes gesagt worden ist, gilt auch genau so für die Berechtigung zum Halten und Anleiten von Lehrlingen. Bei den Ausnahmebewilligungen konnte sich die Unterkommission nicht dazu ver- stehen, die Berechtigung in demselben Umfange vorzusehen wie beim Regelfall. Der vom Regelfall abweichende Berufsausbildungsgang läßt, wie die Praxis bisher gezeigt hat (man denke hierbei an die Ingenieurschulen), nicht notwendigerweise die Befähigung zur Führung eines Handwerksbetriebes und die Befähigung zur Ausbildung des Nachwuchses zusammenfallen. Aus den genannten Gründen hat die Unterkommission die Ausnahmebewilligung gespalten. Hinzu kommt, daß eine solche Aufspaltung auch im Interesse der gründlichen Ausbildung des beruflichen Nachwuchses, im Interesse dieses Nachwuchses selbst, erforderlich ist, um jeden Mißbrauch des Lehrlings durch den Lehrherrn zu verhindern. Diese Mißbrauchsverhinderung gilt auch gegenüber den Lehrherren, die auf Grund der Meisterprüfung Lehrlinge ausbilden. Auch deren Betriebe müssen, wie die anderen der oben geschilderten Kategorie, neben den personellen Voraussetzungen auch sachliche erfüllen. Diese sachlichen Voraussetzungen beziehen sich auf die technischen Einrichtungen der Betriebe, die zur umfassend gesicherten Nachwuchsbildung erforderlich sind. Daher werden die Betriebe auch von Zeit zu Zeit entsprechenden Kontrollen unterworfen. Wie im einzelnen die Ausnahmebewilligungen erteilt und welche Personenkreise davon betroffen werden, wird in den Einzelerläuterungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) ausgeführt werden. 8. Hilfs- und Nebenbetriebe Im Zusammenhang mit der Frage der Eintragung in die Handwerksrolle ist auch noch einmal der Tatbestand des § 39 der Drucksache Nr. 1428 erörtert worden. Die Unterkommission gelangte hierbei zu der Auffassung, daß der Paragraph mit seiner einseitigen Benachteiligung der handwerklichen Hilfs- und Nebenbetriebe von Unternehmen der öffentlichen Hand und seiner unmöglichen Formulierung hinsichtlich dieser Unternehmen nicht in das Gesetz aufgenommen werden könnte. Da aber eine Gleichbehandlung aller handwerklich Tätigen durch das Gesetz erforderlich ist, hat die Unterkommission in ihrem Entwurf vorgesehen, daß alle entsprechenden Betriebe der öffentlichen Hand, der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft oder sonstiger Wirtschafts- und Berufszweige für den Fall des Wettbewerbs mit Handwerksbetrieben wie diese behandelt werden und die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen müssen. Auch hier trat der Ausschuß für Wirtschaftspolitik der dargelegten Auffassung der Unterkommission ausdrücklich bei. 9. Positivliste Ebenfalls in Zusammenhang mit der Eintragung in die Handwerksrolle ist die Frage der Positivliste als Bestandteil des Gesetzes geklärt worden. Das öffentliche Interesse verlangt einen Gesetzgebungsakt und schließt den Verwaltungsweg aus. Wenn es schon nicht möglich war, den Begriff des Handwerks eindeutig gesetzlich zu definieren, dann mußte seitens des Gesetzgebers mindestens gesagt werden, welche Gewerbe nach den gegenwärtigen allgemein gültigen Auffassungen als Handwerk betrieben werden können. Ein weiterer Grund für die Positivliste als Bestandteil des Gesetzes war die Überlegung, daß auch der geringste Anschein eines möglichen Mißbrauchs einer solchen Liste durch eine andere rechtsverbindliche Form vermieden werden mußte. Hier spielten vor allem die Erfahrungen der Vergangenheit eine ganz bestimmte Rolle. 10. Meisterprüfungsausschuß Der Befähigungsnachweis in Gestalt der Meisterprüfung muß vor einem Meisterprüfungsausschuß erbracht werden. Auch hier war man einig in der Auffassung, daß durch die Abnahme der Prüfung vor dem Meisterprüfungsausschuß nicht etwa eine versteckte Bedürfnisprüfung im Sinne der Ausschaltung künftiger Konkurrenten vorgenommen würde. Deshalb sollte dieser Ausschuß als staatlicher Ausschuß durch die höhere Verwaltungsbehörde errichtet werden. Nicht einigen konnte man sich über die Zusamensetzung des Meisterprüfungsausschusses. Die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion fordern noch eine Verstärkung der neutralen Stellung des Vorsitzenden und einen weiteren Beisitzer aus dem Kreise der Unselbständigen. Die Einzelheiten zu dieser Frage werden in der Einzelbesprechung zum Gesetzentwurf dargelegt. 11. Besitzstand der Handwerker in der US-Zone Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, daß in der Unterkommission und im Ausschuß für Wirtschaftspolitik einheitliche Auffassung war, den Besitzstand der Handwerker in der amerikanischen Zone, die gegenüber der britischen sowohl als auch der französischen Besatzungszone durch die Gewerbefreiheit, wie sie die Amerikaner verfügten, für das Handwerk eine besondere Lage geschaffen (Lange) hat, durch dieses Gesetz nicht antasten zu lassen. Diese Auffassung hat auch in den Übergangsbestimmungen ihren Niederschlag gefunden. 12. Berufsausbildung Da die Meisterprüfung der Abschluß eines bestimmten Berufsausbildungsganges ist, haben Unterkommission und Ausschuß den gesamten Komplex „Berufsausbildung in Betrieben selbständiger Handwerker" entsprechend den erarbeiteten Grundsätzen in dieses Gesetz hineingenommen. Es handelt sich hier um die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung. Damit ist, soweit es das Handwerk anlangt, in der Handwerksordnung alles gesagt über Ausübung eines Handwerks, Berufsausbildung und Meisterprüfung. 13. Organisationen des Handwerks Als zweiter Problemkreis hat in den Beratungen der Unterkommission die Frage der Organisation des Handwerks eine Rolle gespielt. Hier wurde man einig darin, daß einmal die Selbstverwaltung des Handwerks als umfassende Aufgabe geregelt werden mußte, zum anderen die Interessenorganisationen des Handwerks in ihrem Aufgabenbereich geregelt werden sollten. Diese heiden Gruppen, Selbstverwaltung und Interessenorganisationen, sind getrennt behandelt worden. 14. Selbstverwaltung Die Selbstverwaltung des Handwerks sollte, wie in der Grundsatzdebatte festgestellt worden ist, alle im Handwerk tätigen Selbständigen und Unselbständigen erfassen. Sie sollte sämtliche Betriebe und alle in diesen Tätigen nach volks- und betriebswirtschaftlichen, sozialen und berufsbildenden Gesichtspunkten betreuen. Diese Aufgaben der Selbstverwaltung konnten, da im Rahmen des gesamten Berufsausbildungswesens auch das Prüfungswesen als Hoheitsaufgabe wahrzunehmen war, nur im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erfüllt werden. Das Selbstverwaltungsorgan ist nach übereinstimmender Auffassung in der Unterkommission die Handwerkskammer. Zur Handwerkskammer gibt es auf Grund ihrer Aufgaben und der dadurch bedingten Rechtsstellung keine Mitgliedschaft im Sinne des Vereinsrechts. Daher liegt auch hier nach Meinung von Unterkommission und Ausschuß für Wirtschaftspolitik keine Verletzung des Artikels 9 GG vor. Vielmehr müssen die selbständigen und unselbständigen Handwerker, diese, soweit sie in Betrieben selbständiger Handwerker beschäftigt sind, ihre Vertreter in die Vollversammlung (Mitgliederversammlung der Kammer) wählen. Aus der Vollversammlung gehen durch Wahl der Vorstand und die Ausschüsse hervor. Vollversammlung, Vorstand und Ausschüsse sind somit Organe der Kammer. Diese Organe setzen sich zu einem Drittel aus Gesellen (Unselbständigen) und zu zwei Dritteln aus Meistern (Selbständigen) zusammen. Diese zwei Drittel sind nach Meinung der Unterkommission noch einmal so aufzuteilen, daß nach Möglichkeit die eine Hälfte der Meister von den Vertretern der Einmannbetriebe und die andere Hälfte von Vertretern der übrigen Handwerksbetriebe gestellt wird. Die Unterkommission hat aus technischen Gründen darauf verzichtet, diese Bestimmungen im Gesetz festzulegen, da die Struktur der einzelnen Gebiete unterschiedlich ist und nicht in jedem Falle die gleiche Zahl Alleinmeister den übrigen Handwerksmeistern gegenübersteht. Die Satzung soll aber auch durch entsprechende Gliederung der Berufsvertreter in den Kammern diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen. Bei der Debatte um die Selbstverwaltung war sich anfangs die Unterkommission darüber klar, die Selbstverwaltung auch auf Bundesebene in der oben geschilderten Zusammensetzung zu verankern. Man ist aber im Verlaufe der Beratungen davon abgekommen, da man anderer wirtschaftsordnender Gesetzgebung, die Organe auf Bundesebene schaffen könne, nicht vorgreifen wolle. 15. Interessenvertretung und deren Rechtsform Schwieriger als die Beratungen um die Selbstverwaltung gestalteten sich die Beratungen um die übrigen Organisationen des Handwerks. Hier handelt es sich um die Innungen, Innungsverbände und Kreishandwerkerschaften. Zuerst mußte einmal geklärt werden, welcher Aufgabenbereich den Innungen zuzuweisen war. In diesen Verhandlungen wurde zunächst festgestellt, daß die Innungen und ihre Zusammenschlüsse Interessenvertretungen der selbständigen Handwerker seien und gleichgesetzt werden könnten den Arbeitgeber- und Unternehmerorganisationen der übrigen Wirtschaft. Ebenso fänden sie ihre Parallele auf der Arbeitnehmerseite in den Gewerkschaften. Wegen dieser Interessenfunktionen stellte sich die Frage, ob diese Organisationen überhaupt in dieses Gesetz hineingehörten. Diese Frage wurde im Verlaufe der Beratungen aus einer Reihe von Zweckmäßigkeitsgründen bejaht. Damit war geklärt, daß Innungen, Innungsverbände und Kreishandwerkerschaften in das Gesetz aufgenommen würden. Da die Innungen die Interessen der selbständigen Handwerker wahrzunehmen haben, konnten sie nach der ursprünglich einheitlich vertretenen Auffassung nicht mit der Wahrnehmung von Hoheitsaufgaben, wie sie das Ausbildungs- und Prüfungswesen darstellen, betraut werden. Daraus ergab sich für die Unterkommission, die Rechtsform der Innungen als privatrechtliche Vereinigung, wenn auch besonderen Rechts, festzulegen. Diese Rechtsform ist gegen Ende der Beratungen in der Unterkommission zugunsten der Form der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, um den Innungen kraft eigenen Rechts die Wahrnehmung der vorgenannten Hoheitsaufgaben zu ermöglichen, aufgegeben warden. In der Frage ist auch im Wirtschaftsausschuß keine einheitliche Meinung entwickelt worden, so daß auch nach Verabschiedung der Vorlage vom Ausschuß über diese Frage noch einmal gesprochen werden muß. Die Minderheit war nicht in der Lage, ihre Bedenken ganz aufzugeben. Sie hat darüber hinaus in der letzten Beratung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik wissen lassen, daß sie, sollte sie der Rechtsnatur der öffentlich-rechtlichen Körperschaft in diesem Zusammenhang zustimmen, eine Verstärkung der Stellung des Gesellenausschusses bei den Innungen gegenüber dem jetzt vorliegenden Entwurf beantragen müsse. Im übrigen begründeten sich die Bedenken der Minderheit darin, daß hier ein Präjudiz im Zusammenhang mit der Aufsicht, der die Innungen unterworfen sind, geschaffen würde. Die Aufsicht soll sich zwar nur auf die Durchführung von Gesetz und Satzung erstrecken, aber sie wird von dem (Lange) Selbstverwaltungsorgan ausgeübt, in dem der Tarifkontrahent sitzt. Die Innungen, und auch durch ihren Zusammenschluß die Innungsverbände, sollen ihre Tariffähigkeit nach Meinung der Mehrheit behalten. Mit der Umwandlung in Körperschaften des öffentlichen Rechts hat man gleichzeitig den Innungen die Durchführung von Hoheitsaufgaben (Ausbildungs- und Prüfungswesen) übertragen. Dies sollte nach Auffassung der Minderheit, im Interesse der klaren Abgrenzung, eine Aufgabe sein, die im Rahmen eines Selbstverwaltungsorganes, wie es die Handwerkskammer auf der Bezirksebene ist, durchgeführt wird. 16. Fakultative Pflichtinnung Bei der Beratung dieses Fragenkomplexes waren sich auch die Antragsteller darüber klar, daß die in der Drucksache Nr. 1428 ursprünglich vorgesehene fakultative Pflichtinnung nicht mit dem Grundgesetz (Artikel 9) in Übereinstimmung zu bringen wäre. Der Ausschuß verzichtete deshalb einmütig auf die Übernahme der Bestimmungen der Paragraphen 7 und 9 der Drucksache in den jetzt vorliegenden Entwurf. 17. Berufsvertretung Weiterhin verzichtete die Unterkommission mit Zustimmung der Antragsteller auf die im Initiativentwurf vorgesehene gesetzliche Regelung der Landes- und Bundesberufsvertretung. 18. Grundsätze für die Aufstellung der Positivliste Als dritter Fragenkreis nahm das Verzeichnis der Gewerbe, die als Handwerk betrieben werden können (Positivliste), einen großen Teil der Beratungen in Anspruch. Die Unterkommission hat für die Aufstellung dieser Liste folgende Grundsätze, die sich auch der Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu eigen gemacht hat, entwickelt: 1. Die in die Liste aufzunehmenden Gewerbe müssen einen Vollberuf darstellen, der eine ordentliche Lehrzeit von drei bis vier Jahren mit anschließender Gesellenprüfung, mehrjähriger Gesellentätigkeit mit anschließender Meisterprüfung als Abschluß der Berufsausbildung erfordert. 2. Dieser Vollberuf soll nach Möglichkeit so umfassend sein, daß der Handwerker sich aus diesem Grundberuf heraus spezialisieren kann. 3. Beim Nachlassen der Arbeitsfähigkeit durch natürlichen Verschleiß oder durch Krankheit oder Unfall soll der Handwerker durch den Vollberuf in den Stand gesetzt werden, von einem Spezialzweig dieses Vollberufes in einen anderen umzuwechseln, der weniger körperliche Kraft beansprucht. 4. Für die Aufnahme in die Liste muß ein öffentliches Interesse im Sinne der eingangs erwähnten Rechtsgrundsätze bestehen. Auch hier sind noch einige Differenzpunkte offen geblieben, die aber nicht von so erheblicher Bedeutung sind, daß sie zu entscheidenden Meinungsverschiedenheiten führen könnten. Es steht noch zur Debatte, ob die Holzschuhmacher, die Handschuhmacher und die Großschlächter in die Liste aufgenommen werden und ob die Fleischer und Roßschlächter zusammengefaßt werden können. Erwähnt werden muß noch, daß weitgehend für die Beurteilung der in die Positivliste aufgenommenen Gewerbe die jetzt gültigen Berufsbilder herangezogen worden sind. Sollten sich die Berufsbilder ändern, wird man sich auch über eine Änderung der Liste klar werden müssen. Jedenfalls soll die Liste kein starres Verzeichnis sein, sondern der Entwicklung der Gewerbe durchaus angepaßt werden. 19. Begriff der Verwandtschaft Zu erwähnen ist auch noch, daß der Begriff der Verwandtschaft der Berufe bzw. Handwerke im Zusammenhang mit der Ausübung eines Handwerks, Ausbildung im Beruf und den Organisationen des Handwerks besprochen worden ist. Da für diese drei Fälle drei verschiedene Verwandtschaftsbegriffe zu prägen waren, hat die Unterkommission auf die Verwendung des Wortes „verwandt" überhaupt verzichtet und durch andere Formulierungen größere Klarheit und saubere Abgrenzung geschaffen, wie der Entwurf zeigt. Es mußte außerdem vermieden werden, daß über das Wort „verwandt" etwas in das Gesetz hineingeraten wäre, das die Handwerksordnung zur Exklusivgesetzgebung für eine bestimmte Gruppe gemacht hätte. Damit wäre die Verfassungsmäßigkeit mit Sicherheit in Frage gestellt worden. II. Einzelbesprechung Zum Ersten Teil: Ausübung eines Handwerks § 1 setzt die Eintragung in die Handwerksrolle als konstitutiven Akt für den selbständigen Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe. Die Eintragung erfolgt bei natürlichen und juristischen Personen nur, wenn sie die Voraussetzungen der Paragraphen 7 und 8 geschaffen haben. Absatz 2 sagt, daß ein Gewerbebetrieb im Sinne dieses Gesetzes Handwerksbetrieb ist, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und zu einem Gewerbe gehört, das in der Anlage A (Positivliste) zu diesem Gesetz aufgeführt ist. § 2 stellt die Gleichbehandlung aller handwerklich Tätigen her, indem er alle entsprechenden Betriebe und Nebenbetriebe der öffentlichen Hand, der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft oder sonstiger Wirtschafts- oder Berufszweige für den Fall des Wettbewerbes mit Handwerksbetrieben den Vorschriften dieses Gesetzes für selbständige Handwerker unterwirft. § 3 definiert den Begriff des handwerklichen Neben- und Hilfsbetriebes aus § 2 und begrenzt den Begriff des Wettbewerbes dieser Betriebe mit den übrigen Handwerksbetrieben. § 4 stellt einen Schutz für den Handwerksbetrieb dar, dessen Inhaber verstorben ist. Der überlebende Ehegatte oder sonstige Erben sind nach den Bestimmungen dieses Paragraphen in der Lage, den Betrieb ein Jahr nach dem Tode des selbständigen Handwerkers fortzuführen und sich innerhalb dieses Jahres nach einem Handwerker umzusehen, der den Voraussetzungen des Paragraphen 7 genügt. Nach Ablauf des einen Jahres kann ein solch verwaister Betrieb nur durch den letztgenannten Handwerker geleitet werden. Wird die Voraussetzung in dem vorgeschriebenen Zeitraum nicht erfüllt, wird der Betrieb in der Handwerksrolle gelöscht. (Lange) Im § 5 wird dem selbständigen Handwerker nur gestattet, die mit seinem Handwerk technisch und fachlich zusammenhängenden Arbeiten in anderen Handwerken auszuführen, aber es wird ihm nicht gestattet, Aufträge in diesen anderen Handwerken entgegenzunehmen. Durch diese Bestimmung soll verhindert werden, daß die Handwerker, die für ihr eigenes Handwerk den Befähigungsnachweis fordern, ihren Kollegen in anderen Handwerken „Schmutzkonkurrenz" machen. Ferner sollte verhindert werden, daß durch den Begriff „verwandte Handwerke", der in den Beratungen zu diesem Paragraphen eine Rolle gespielt hatte, eine das Handwerk privilegierende Gesetzgebung zustande käme. Damit wäre auch der Grundsatz des öffentlichen Interesses als Grundlage dieses Gesetzes verletzt worden. Der § 6 bestimmt, daß die Handwerksrolle bei der Handwerkskammer als Verzeichnis der selbständigen Handwerker des Kammerbezirks mit den von ihnen betriebenen Handwerken zu führen ist. Wie die Handwerksrolle einzurichten ist, bestimmt durch Rechtsverordnung der Bundesminister für Wirtschaft. Der § 7 legt die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle fest. Als Regelfall dieser Voraussetzungen wird die bestandene Meisterprüfung in dem zu betreibenden Handwerk angesehen. Damit ist der Grundsatz des Befähigungsnachweises, wie schon in der allgemeinen Besprechung dargestellt, in diesem Paragraphen, Absatz 1, verankert. Der Absatz 2 dieses Paragraphen regelt die Eintragung in die Handwerksrolle in Ausnahmefällen. Darnach wird eingetragen in die Handwerksrolle, wer, ohne den Voraussetzungen des Absatzes 1 zu entsprechen, d. h. die Meisterprüfung abgelegt zu haben, die zur selbständigen Ausübung eines Handwerks als stehendes Gewerbe notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweist und hierüber eine Ausnahmebewilligung nach § 8 besitzt. Die Ausnahmebewilligung wird nach § 8 von der höheren Verwaltungsbehörde auf Antrag des Gewerbetreibenden erteilt, wenn er den Nachweis erbracht hat, daß er im Besitz der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten zur selbständigen Ausübung eines Handwerks als stehendes Gewerbe ist. Damit ist für die Ausnahmebewilligung im Gegensatz zu der z. Z. beispielsweise in der britischen Besatzungszone geltenden Regelung der Ermessensentscheidung ein Rechtsanspruch des Antragstellers gewährleistet. Bei der Beratung dieser Frage (Ausnahmebewilligung) sind Überlegungen angestellt worden, ob man hier im Gesetz nicht in einem Katalog die Fälle aufzählen sollte, die unter diese Bestimmungen fallen sollten. Man war sich aber einschließlich der Regierungsvertreter darüber klar, daß eine erschöpfende Aufzählung nicht möglich wäre. Es sollte deshalb in der Berichterstattung festgehalten werden, an welche Gruppen man im allgemeinen gedacht hatte. Zu den hier zu berücksichtigenden Gruppen gehören die Heimatvertriebenen, die Sowjetzonenflüchtlinge, die Spätheimkehrer, die politisch, rassisch und religiös Verfolgten des NS-Regimes und die Gruppe derer, die als Unselbständige im Handwerk oder in der Industrie in entsprechenden verantwortlichen Stellungen tätig gewesen sind. Hierher gehören auch diejenigen, die einen anderen Ausbildungsgang als Lehrzeit, Gesellenprüfung, Gesellenzeit hinter sich gebracht haben durch den Besuch von technischen Hochschulen, anerkannten höheren technischen Lehranstalten oder anerkannten Fachschulen oder höheren Fachschulen. Die in den vorstehenden Absätzen genannten Gruppen und die für diese Gruppen geltenden Merkmale des Nachweises sollten nach Meinung der Unterkommission und des Ausschusses für Wirtschaftspolitik Grundlage für die auf Rechtsanspruch gegründete Ausnahmebewilligung sein. Da aber eine erschöpfende Darstellung im Gesetz aus technischen und praktischen Gründen nicht möglich war, ist die generelle Form der Ausnahmebewilligung in das Gesetz aufgenommen worden. Die die Ausnahmebewilligungen erteilenden höheren Verwaltungsbehörden sind aber gehalten, den hier niedergelegten Willen des Gesetzgebers zu respektieren. Die für natürliche Personen geltenden Bestimmungen des § 7 gelten auch für juristische Personen, wenn der Betriebsleiter dieser juristischen Personen den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 des § 7 entspricht. Dies gilt auch für Inhaber handwerklicher Nebenbetriebe und deren Leiter. Im § 8 wird festgestellt, daß die Ausnahmebewilligung nur durch die höhere Verwaltungsbehörde erteilt wird. Handwerkskammer und Berufsvereinigung, die der Antragsteller benennt, sind lediglich zu hören. Weiter wird in Absatz 2 gesagt, daß die Ausnahmebewilligung bedingt oder befristet erteilt werden kann. Absatz 3 regelt, wem neben dem Antragsteller gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde der Verwaltungsrechtsweg offensteht. Nach § 9 erfolgt die Eintragung in die Handwerksrolle auf Antrag oder von Amts wegen. Ober die Eintragung erhält der Handwerker eine Bescheinigung, die sogenannte Handwerkskarte. Der Bundesminister für Wirtschaft bestimmt den Wortlaut der Handwerkskarte. Ebenso wird auch durch ihn die für die Ausstellung der Handwerkskarte zu entrichtende Gebühr bestimmt. Bei der Löschung in der Handwerksrolle ist die Handwerkskarte zurückzugeben. Damit erhält die Handwerkskarte hinsichtlich der Ausübung eines Handwerks den Charakter einer wichtigen amtlichen Urkunde. Im § 10 wird geregelt, wie bei Betrieben, die schon im Handelsregister eingetragen sind, verfahren werden soll. Hier ist auch der Industrie- und Handelskammer eine entsprechende Mitteilung zu machen. § 11 schreibt den Verwaltungsrechtsweg bei Beschwerden gegen die Eintragung in die Handwerksrolle vor. Außerdem bestimmt er die Beteiligten in einem solchen Verfahren. In den §§ 12 bis 16 wird neben dem Verfahren bei der Löschung der Eintragung in der Handwerksrolle auch bestimmt, daß der Handwerker der nach § 14 der Gewerbeordnung zuständigen Behörde mit der Anzeige über den Beginn des Handwerksbetriebes auch die Handwerkskarte vorzulegen hat. Ebenso wird das Verfahren bei Beendigung des Betriebes und die Auskunftspflicht des Handwerkers für die Zwecke dieses Gesetzes festgelegt. Zum zweiten Teil: Berufsausbildung in Betrieben selbständiger Handwerker (Handwerksbetrieben) Der Zweite Teil enthält in seinen ersten drei Abschnitten im wesentlichen die einschlägigen Bestimmungen aus der Gewerbeordnung, ohne jene, (Lange) soweit sie für andere Gewerbe Gültigkeit haben, außer Kraft zu setzen. In diesem Gesetz mußten die Bestimmungen über die Berechtigung zum Halten und Anleiten von Lehrlingen, über das Lehrverhältnis und die Lehrzeitdauer erscheinen, sollte die Handwerksordnung einigermaßen Anspruch auf Vollständigkeit erheben dürfen. Die Unterkommission ist auch nicht über die Bestimmungen der Gewerbeordnung hinausgegangen, soweit es sich um allgemeine Bestimmungen handelte. Der § 17 sagt der Einfachheit halber, wer Lehrlinge weder halten noch anleiten darf. Es scheiden alle diejenigen Personen aus, die nicht im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind. Ein positiver Katalog wäre auf unübersehbare gesetzestechnische Schwierigkeiten gestoßen. Im § 18 wird der Regelfall der Meisterprüfung im Absatz 1 als Voraussetzung für die Ausbildung des Nachwuchses festgelegt. Nur ist hierbei aus erzieherischen Gründen als weitere Voraussetzung das vierundzwanzigste Lebensjahr gefordert. In dieser Frage ist in der Unterkommission keine volle Übereinstimmung erzielt worden, da von einer Minderheit die Auffassung vertreten worden ist, die Meisterprüfung müsse die volle Berechtigung zur Ausübung des Handwerks, zur Ausbildung von Lehrlingen und zur Führung des Meistertitels in Verbindung mit dem betreffenden Handwerk geben. Eine knappe Mehrheit war allerdings der Auffassung, diese Bestimmung sei auch zu sehen in Verbindung mit der Ausnahmebewilligung zur Anleitung von Lehrlingen. Diese könne man nur geben, wenn eine gewisse Lebensreife vorhanden sei und auch damit die Gewähr für entsprechendes erzieherisches Verhalten gegenüber den Lehrlingen. Für die Ausnahmebewilligung war die Berechtigung der Altersgrenze unbestritten. Das für die Ausnahmebewilligung zur Ausübung eines Handwerks Gesagte gilt auch sinngemäß hier. Weitere Ausnahmeregelungen sieht der § 18 im Abs. 3 für die durch den Tod des selbständigen Handwerkers verwaisten Betriebe vor. Auch hier ist hinsichtlich der Anleitungsbefugnis die Frist von einem Jahr vorgesehen in Übereinstimmung mit den Vorschriften des § 4. Für die Personen, denen die Anleitungsbefugnis auf dem Wege der Ausnahmebewilligung gegeben werden soll, ist Voraussetzung die Ablegung einer Gesellenprüfung und mindestens fünfjährige verantwortliche Tätigkeit in dem Handwerk. Eine weitere Gruppe von Personen wird hinsichtlich der Ausnahmebewilligung durch § 19 erfaßt. Es handelt sich dabei um Inhaber von Prüfungszeugnissen von Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder von Prüfungsbehörden, die vom Staat für einzelne Handwerke oder zum Nachweis der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Verleihung der oben genannten Befugnis für bestimmte Handwerke zuerkennen. Hierbei ist zusätzliche Voraussetzung eine mindestens dreijährige Tätigkeit in dem entsprechenden Handwerk. § 20 bestimmt die Fälle, in denen die Anleitungsbefugnis entzogen werden kann, und bestimmt die höhere Verwaltungsbehörde als Vollzugsorgan. In den §§ 21 bis 23 werden die Pflichten des Lehrherrn gegenüber dem Lehrling festgestellt. Dabei ist besonders wichtig die Bestimmung von § 22 Abs. 3, nach der Lehrlingen nur solche Verrichtungen übertragen werden dürfen, die dem Ausbildungszweck entsprechen. Damit soll der Lehrling vor dem in früheren Jahren häufig anzutreffenden Mißbrauch der ausbildungsfremden Beschäftigung geschützt werden. Ebenso wichtig ist die Bestimmung des § 23 Abs. 1, nach der das Lehrzeugnis keine Merkmale, die normalerweise in ein öffentliches Führungszeugnis hineingehören, gegen den Willen des Erziehungsberechtigten oder, bei Volljährigkeit, gegen den Willen des Lehrlings enthalten darf. Die Pflichten des Lehrlings sind im § 24 Abs. 1 enthalten. Der Absatz 2 gibt den Lehrling in die väterliche Obhut des Lehrherrn. Ferner sagt dieser Absatz, daß jede körperliche Züchtigung oder jede die Gesundheit des Lehrlings gefährdende Handlung verboten sind. Beginn und Ende des Lehrverhältnisses werden in den §§ 25 bis 28 geregelt. § 29 versucht mit seinen Bestimmungen die Lehrlingszüchterei im einzelnen Betrieb zu unterbinden. Entsprechend den für die Erstellung der Positivliste geltenden Grundsätzen ist im dritten Abschnitt des Zweiten Teils die Lehrzeit im § 30 auf mindestens drei und höchstens vier Jahre festgelegt worden. Im einzelnen bestimmt der Bundesminister für Wirtschaft durch Rechtsverordnung die Dauer der Lehrzeit für die einzelnen Handwerke in dem genannten Rahmen. Ausnahmen bedürfen nach § 31 der individuellen Regelung. Dabei ist immer Voraussetzung, daß das Ausbildungsziel bei Verkürzung der Lehrzeit auch tatsächlich erreicht worden ist. Zum vierten Abschnitt des in Rede stehenden Teils, der die Gesellenprüfung behandelt, ist in diesem Zusammenhang nur festzustellen, daß eine einheitliche Auffassung nicht erzielt werden konnte, da die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion aus den schon in der allgemeinen Besprechung dargelegten Gründen ihre Bedenken gegen die im Entwurf festgelegte Rechtsnatur der Innungen nicht beiseite schieben konnten. Die Bestimmungen dieses Auschnittes, insonderheit der §§ 33, 34, 37 und 39, hängen mit der vorgenannten Frage unmittelbar zusammen. Hier steht also die endgültige Klärung noch aus. Zum Dritten Teil: Meisterprüfung, Meistertitel § 41 bestimmt, daß durch die Meisterprüfung als Regelfall festzustellen ist, ob jemand befähigt ist, einen Handwerksbetrieb selbständig zu führen und Lehrlinge anzuleiten. Es soll im besonderen festgestellt werden, ob meisterliches Können, die erforderlichen Fachkenntnisse, die notwendigen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und allgemeintheoretischen Kenntnisse vorhanden sind. Die Meisterprüfung wird vor den Meisterprüfungsausschüssen abgelegt. Diese Ausschüsse werden von der höheren Verwaltungsbehörde am Sitz der Handwerkskammer für deren Bezirk und für die einzelnen Handwerke errichtet. Ausnahmen können von der obersten Landesbehörde zugelassen werden, so daß im Bedarfsfall ein Meisterprüfungsausschuß für mehrere Kammerbezirke gebildet werden kann. Mit der Bildung des Ausschusses wird die für dessen Sitz zuständige höhere Verwaltungsbehörde beauftragt. Die höhere Verwaltungsbehörde errichtet die Ausschüsse nach Anhörung der Kammer und ernennt auf Grund ihrer Vorschläge die Mitglieder auf die Dauer von drei Jahren (§ 42). Die Unterkommission ist bei der Bestimmung „auf Grund ihrer Vorschläge" davon ausgegangen, daß (Lange) eine möglichst enge Zusammenarbeit zwischen der Verwaltungsbehörde und dem Selbstverwaltungsorgan des Handwerks wünschenswert sei. Sie ist ferner der Auffassung des Justizministeriums und der Minderheit im Ausschuß beigetreten, wonach keine Bindung der höheren Verwaltungsbehörde in dem Sinne gegeben sei, daß sie Vorschläge der Kammer als verbindlich betrachten müsse. Sie kann diese Vorschläge zurückweisen und andere anfordern. Weiter sollten die Vorschlagslisten der Kammer immer die doppelte Zahl umfassen, um der Verwaltungsbehörde eine Auswahlmöglichkeit zu geben. Beim § 43 bestehen noch Meinungsverschiedenheiten über die Zusammensetzung des Meisterprüfungsausschusses. Hier möchte die Minderheit im Gegensatz zu der jetzt mit Mehrheit beschlossenen Form die Stellung des Vorsitzenden verstärken und ihn weitgehend neutralisieren und an ihn die Eigenschaften binden, die man für den Beisitzer in Absatz 5 vorgesehen hat. Dieser Beisitzer könnte dann wegfallen und an seine Stelle sollte noch ein weiterer Beisitzer nach Absatz 4 treten. § 44 bestimmt, wer zur Meisterprüfung zuzulassen ist. Auch hier sind Regel und Ausnahmefälle so gestaltet, daß nach menschlichem Ermessen kaum Härten irgendwelcher Art eintreten werden. § 45 sollte im Hinblick auf die zu den §§ 37 bis 39 gemachten Einwände nach Auffassung der Minderheit noch einmal überprüft werden. § 46 sichert den Schutz des Meistertitels in Verbindung mit dem entsprechenden Handwerk gegenüber Unbefugten. Zum Vierten Teil: Organisation des Handwerks Das für den Zweiten Teil, vierter Abschnitt, Gesagte gilt auch für den ersten Abschnitt des Vierten Teils. In diesem Abschnitt werden die Handwerksinnungen behandelt, über deren Aufgabenbereich und die sich aus diesem Aufgabenbereich ergebende Rechtsnatur keine Übereinstimmung in der Unterkommission zu erzielen war. Ebenso ist im Ausschuß die Auffassung der Mehrheit der Unterkommission auch nur mit Mehrheit zum Beschluß erhoben worden. Hier gelten für die Minderheit noch die in der allgemeinen Besprechung zu dieser Frage geäußerten Bedenken. Die Minderheit hat jedoch in der letzten Ausschußsitzung, in der die Handwerksordnung endgültig verabschiedet worden ist, am 5. März d. J. erklärt: sollte sie sich für die öffentlich-rechtliche Körperschaft bei der Innung, so wie jetzt in § 48 festgelegt, entscheiden, so sei der in § 62 verankerte Gesellenausschuß in seinem Gewicht und seinen Befugnissen zu verstärken. Mit der hier dargelegten Frage der Rechtsform der Innungen hängen auch nach Meinung der Minderheit die im zweiten und dritten Abschnitt behandelten Fragen der Innungsverbände und Kreishandwerkerschaften zusammen. Im übrigen spricht in diesen drei Abschnitten der Gesetzestext für sich selbst, so daß auf eine auf Einzelheiten eingehende Besprechung verzichtet werden kann. Im vierten Abschnitt des in Rede stehenden Vierten Teils sind die Handwerkskammern gesetzlich geregelt. Hier bestand und besteht Einmütigkeit darüber, daß die Handwerkskammern die Selbstverwaltungsorgane des gesamten Handwerks, d. h. aller im Handwerk Tätigen, sind. Sie vertreten die Interessen der Selbständigen und Unselbständigen im Handwerk. Hier scheiden nur die Interessen aus, die durch die Tarifvertragsparteien wahrgenommen werden. § 83 bestimmt daher die Handwerkskammer als die Interessenvertretung des Handwerks und verleiht ihr den Charakter der öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Die Kammern werden durch die oberste Landesbehörde errichtet, die auch den Kammerbezirk abgrenzt, der sich in der Regel mit dem Bezirk einer höheren Verwaltungsbehörde (z. B. Regierungsbezirk) decken soll. Die Überlegungen in der Unterkommission gingen dahin, möglichst leistungsfähige Kammern zu schaffen. Es sollte verhindert werden, daß auf der Grundlage dieses Gesetzes Kammern geschaffen würden, die als Zwergkammern mit einer Betriebszahl von wenigen tausend Betrieben ihre Betreuungsaufgaben nicht erfüllen könnten. Ebenso aber sollten Mammutkammern verhindert werden, weil dort die Gefahr der Verbürokratisierung sehr groß ist. Bei Vermögensauseinandersetzungen im Falle der Änderung von Kammerbezirken haben sich die beteiligten Kammern zu verständigen. Die letzte Entscheidung darüber obliegt der obersten Landesbehörde. § 84 setzt im umfassenden Sinne den Aufgabenbereich der handwerklichen Selbstverwaltung fest und schließt auch die als ausgesprochene Hoheitsaufgaben zu betrachtenden Gebiete des gesamten Berufsausbildungs- und Prüfungswesens ein. Dies ist bestimmt im Absatz 1. § 84 Abs. 2 gibt der Handwerkskammer im Benehmen mit der Industrie- und Handelskammer die Befugnis, auch das Ausbildungs- und Prüfungswesen solcher Lehrlinge in Handwerksbetrieben, die keine Handwerkslehrlinge sind, zu regeln. Das ist an sich ein Widerspruch zu dem Sinn des Gesetzes. Gedacht war hierbei vor allem an die im Lebensmittelhandwerk beschäftigten Verkaufskräfte. 'Da deren Berufsausbildung bis heute noch nicht durch die Industrie- und Handelskammern geregelt worden ist und außerdem über eine entsprechende Ausbildungsordnung bis zur Stunde zwischen Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern keine Einigung erzielt werden konnte, glaubten die Unterkommission und auch der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hier jedenfalls den Jugendlichen einen Dienst zu erweisen, wenn die Berufsausbildung dieser Kräfte in der Handwerksordnung geregelt werden würde. Hiergegen sind seitens der Minderheit und seitens des Bundesarbeitsministeriums schwerste Bedenken erhoben worden, weil die Ausbildung der Verkaufskräfte im Lebensmittelhandwerk in keiner Weise die darin Tätigen so fördert, daß sie unbegrenzt im übrigen Lebensmitteleinzelhandel oder gar im Einzelhandel schlechthin einsatzfähig seien. Diesen Bedenken konnte sich die Mehrheit ebensowenig verschließen wie die Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums. Man einigte sich dann darauf, diese Bestimmung zwar im Gesetz zu belassen, sie aber nur als vorübergehende zu betrachten. Sie soll aus dem Gesetz entfernt werden in dem Augenblick, in dem eine allgemeingültige Ausbildungsordnung im Lebensmitteleinzelhandel und im Lebensmittelhandwerk geschaffen worden ist. Im § 85 werden Innungen und Kreishandwerkerschaften verpflichtet, die von der Handwerkskam- (Lange) mer innerhalb ihrer Zuständigkeit zu erlassenden Vorschriften und Anordnungen zu befolgen. Da die Handwerkskammern Selbstverwaltungsorgane sind und eine Mitgliedschaft zu ihnen im Sinne des Vereinsrechtes ausschließen, müssen die von den Kammern betreuten selbständigen und unselbständigen Handwerker und die Handwerksbetriebe, in denen diese beiden Gruppen tätig sind, ihre Vertreter für die Kammern wählen; diese sind dann die Mitglieder der Kammern. § 86 Abs. 1 bestimmt, daß ein Drittel der gewählten Mitglieder der Kammer Gesellen sein müssen, die in einem Handwerksbetrieb beschäftigt sind. Die übrigen zwei Drittel sind selbständige Handwerker. Diese zwei Drittel sollen noch einmal so aufgeteilt sein, daß sie im Schnitt für den Geltungsbereich dieses Gesetzes zur Hälfte aus Alleinmeistern und zur anderen Hälfte aus den übrigen Handwerksmeistern bestehen. Damit ist der Struktur des Handwerks im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Rechnung getragen; denn bei ungefähr 50 % der Handwerksbetriebe haben wir, wenn wir die Lehrlinge bei dieser Betrachtung ausschließen — sie scheiden für die Vertretung in der Kammer aus — Einmannbetriebe. Diese Frage konnte allerdings nicht im Gesetz geregelt werden, da hier nicht alle Feinheiten der Struktur in den einzelnen Bezirken erschöpfend festgehalten werden konnten. Das sollte die Satzung regeln, wie auch im Absatz 3 festgelegt. Die Zahl der Mitglieder der Kammer ist auf die im Bezirk vertretenen Handwerke zu verteilen. Dadurch wird das oben angestrebte Ziel der Halbierung der zwei Drittel erreicht. Aus diesen Erwägungen hat auch der Ausschuß die Zahl der Mitglieder der Kammer insgesamt durch die Satzung festlegen lassen (Absatz 2). Hierbei ist an eine untere Grenze von 33 Mitgliedern gedacht, die auch dem Gesellenelement bei 11 Sitzen noch eine entsprechende Berufsgliederung ermöglicht. Über die Zahl 33 hinaus sollten auf tausend Betriebe je zwei bis drei Mitglieder in der Kammer entfallen, um damit ein arbeitsfähiges Gremium zu erhalten. Absatz 4 behandelt die Zuwahl von sachverständigen Personen. Diese Zuwahl muß dem in Absatz 1 festgelegten Verhältnis entsprechen und findet ihre Begrenzung in einem Fünftel der regulären Mitgliederzahl der Kammer. Das Nähere über die Zuwahl bestimmt die Satzung. Für die Mitglieder sind auch Stellvertreter zu wählen, deren Zahl nach den oben dargelegten Grundsätzen ebenfalls durch die Satzung bestimmt wird. Die Mitglieder der Handwerkskammer sind nach den Bestimmungen des § 87 nicht an Weisungen und Aufträge gebunden, sondern sind Vertreter des gesamten Handwerks. Sie verwalten ihr Amt als Ehrenamt und erhalten Entschädigungen nur für bare Auslagen und für Zeitversäumnis. § 88 bestimmt die Grundsätze der Wahl. Die Mitglieder der Kammer und ihre Stellvertreter werden durch Listen in allgemeiner, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Das Wahlverfahren wird durch die als Anlage dem Gesetz beigefügte Wahlordnung geregelt, zu der im einzelnen keine. Bemerkungen zu machen sind. Das aktive und passive Wahlrecht wird in den §§ 89 bis 92 geregelt. Für Selbständige und Unselbständige gilt als Wahlalter für das aktive Wahlrecht das vollendete 21. Lebensjahr, für das passive Wahlrecht das vollendete 25. Lebensjahr. Die Wahl der Vertreter des selbständigen Handwerks erfolgt in Ergänzung der Wahlrechtsmerkmale direkt (§ 89). Die Vertreter der Gesellen werden indirekt durch Wahlmänner gewählt (§ 91). Dabei entfällt auf jede volle oder angefangene Zahl von fünf Wahlberechtigten ein Wahlmann.. Wahlprüfung, Einspruch gegen die Wahl, Ablehnung der Wahl durch den Gewählten, Dauer und Zugehörigkeit zur Kammer und Wiederwahl, Ausscheiden aus dem Amt als Mitglied der Kammer werden in den §§ 93 bis 97 geregelt. § 98 bestimmt, daß durch die oberste Landesbehörde eine Satzung zu erlassen ist. Der Paragraph legt gleichzeitig fest, welche Aufgaben in der Satzung zwingend geregelt werden müssen. Er sagt aber auch, daß die Satzung nichts enthalten darf, was mit den in diesem Gesetz bezeichneten Aufgaben der Kammer in Widerspruch stehen würde. Im § 99 werden die Organe der Kammer bestimmt: Mitgliederversammlung (Vollversammlung), Vorstand, Ausschüsse. Der Aufgabenbereich der Vollversammlung wird im § 100 umrissen. Sachverständige kann die Kammer zu ihren Verhandlungen nach § 101 hinzuziehen. § 102 regelt die Wahl und Zusammensetzung des Vorstandes. Aus der Mitte der Vollversammlung wird der Vorstand gewählt, der auch in seiner Zusammensetzung der der Kammer entsprechen muß. Ein Drittel sind also auch hier Gesellen. Der Vorstand besteht nach näherer Bestimmung der Satzung aus dem Vorsitzenden (Präsidenten), und zwei Stellvertretern, von denen einer Geselle sein muß, und einer weiteren Zahl von Mitgliedern. Nach Auffassung des Ausschusses ist der erste Stellvertreter des Präsidenten der Gesellenvertreter. Dadurch soll der Charakter des Selbstverwaltungsorganes und die Beteiligung der Gesellen an diesem Organ im Sinne der Mitbestimmung besonders unterstrichen werden. Auch hier ist an die Beteiligten der Wunsch des Gesetzgebers zu richten, dieses Instrument der Selbstverwaltung wirksam im Interesse aller im Handwerk Tätigen zu gebrauchen. § 103 begrenzt die Befugnisse des Vorstandes. Dieser führt die Verwaltung nach näherer Bestimmung der Satzung, er vertritt die Handwerkskammer gerichtlich und außergerichtlich. Diese Vertretung kann auch durch Satzung einem Mitglied oder mehreren Mitgliedern übertragen werden. § 104 ermächtigt die Vollversammlung, Ausschüsse aus ihrer Mitte zu bilden, die wiederum der Zusammensetzung der Vollversammlung entsprechen müssen. § 105 regelt das Prüfungsrecht der Kammern gegenüber den Betrieben, soweit eine solche Prüfung in den Betrieben durch die Kammer für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. § 106 gibt der Kammer eine Ordnungsstrafgewalt, § 107 sichert ihr die finanzielle Grundlage für ihre Tätigkeit durch Erhebung von Beiträgen nach einem mit Genehmigung der obersten Landesbehörde festgesetzten Beitragsmaßstab. Die Beitreibung der Beiträge wird ebenfalls in diesem Paragraphen geregelt. § 108 stellt die Beistandspflicht der zuständigen Behörden und der Kammern untereinander im Vollzuge dieses Gesetzes fest. (Lange) In § 109 wird der obersten Landesbehörde die Aufsicht über die Handwerkskammer zugesprochen, ebenso das Recht, eine Kammer aufzulösen, wenn sie trotz wiederholter Aufforderung ihre Aufgaben nur mangelhaft oder überhaupt nicht erfüllt. Die oberste Landesbehörde kann dann Neuwahlen anordnen. Zum Fünften Teil: Straf-, Übergangs- und Schlußbestimmungen Zu den Strafbestimmungen, dem ersten Abschnitt dieses Teiles, sind besondere Bemerkungen nicht zu machen, da die §§ 110 und 111 für sich selbst sprechen. Es ist lediglich zu berichten, daß sich in der Diskussion um diese Paragraphen im Ausschuß für Wirtschaftspolitik die Minderheit dahingehend geäußert hat, § 110 Nr. 2 nach § 111 Absatz 1 und § 111 Absatz 2 nach § 110 zu bringen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß man den Lehrling besonders schützen will, während man den Mißbrauch des Meistertitels nicht notwendigerweise als strafbares Vergehen, sondern als Ordnungswidrigkeit geahndet wissen möchte. Beim zweiten Abschnitt, den Übergangsbestimmungen, sind nur interessant die Bestimmungen des § 112, die den bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen Besitzstand der selbständigen Handwerker unter allen Umständen gewährleisten. Es ist vor allem der Grundsatz gewahrt, ein Recht des Staatsbürgers anzuerkennen, gleichviel aus welcher Quelle das Recht hergeleitet wird. Damit ist auch den Erfordernissen des Handwerks in der amerikanischen Besatzungszone Rechnung getragen. Nach und durch § 112 werden nach dem Inkrafttreten des Gesetzes sämtliche berechtigten Gewerbetreibenden gleich behandelt. Die übrigen Paragraphen dieses Abschnittes erläutern sich selbst. Im dritten Abschnitt, den Schlußbestimmungen, werden all die durch dieses Gesetz überflüssig gewordenen oder zu ihm in Widerspruch stehenden Gesetze und Verordnungen des Reiches, des Bundes und der Länder mit den zu ihrer Durchführung, Änderung und Ergänzung ergangenen Verordnungen und Durchführungsbestimmungen, Anordnungen und Erlassen aufgehoben. Entsprechendes gilt auch für die Bestimmungen der Gewerbeordnung, die in dieses Gesetz gehören. Andere Gesetze und Verordnungen, die nur zum Teil bisher Handwerksrecht gedeckt haben, sind nur in diesem Umfange nicht mehr anzuwenden, behalten aber ihre Gültigkeit für die übrigen Gewerbezweige. Der vierte Abschnitt erstreckt in seinem § 124 dieses Gesetz mit der jetzt üblichen Klausel auch auf das Land Berlin. Zu den Anlagen A und B (Positivliste und Wahlordnung) sind keine besonderen Bemerkungen zu machen. Bonn, den 20. März 1953 Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik Naegel Vorsitzender Lange Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erwin Lange


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie schon aus dem Bericht hervorgeht, ist nicht in allen Fragen im Ausschuß Übereinstimmung erzielt worden, und die Abstimmung eben beweist, daß immerhin noch Meinungsverschiedenheiten vorhanden sind. Ich darf in diesem Zusammenhang sagen: Die Argumentation, mit der unsere Anträge abgelehnt worden sind, macht es uns nicht gerade leicht, unsere Zustimmung zu diesem Gesetz zu geben.
    Wir sind — und das hat unser Sprecher schon in der ersten Lesung zum Ausdruck gebracht — durchaus der Auffassung, daß es im Interesse der Ausbildung unseres Nachwuchses, im Interesse auch der Leistungssicherung — und damit decken sich unsere Argumente mit denen der anderen —durchaus erforderlich ist, einen bestimmten Berufsausbildungsgang mit der Meisterprüfung als Abschluß sicherzustellen, aus einer Reihe von Erwägungen, die nicht nur für das Handwerk, sondern für die gesamte gewerbliche Wirtschaft zutreffen, da, wie auch hier schon verschiedentlich festgestellt, rund 70 % der gewerblichen Lehrlinge im Handwerk ausgebildet werden, aber für die jungen Menschen, wenn sie ausgelernt haben, im Handwerk nicht Arbeitsplätze in dem Umfang vorhanden sind, sondern sie in die Industrie abwandern müssen. Darüber hinaus muß dieses Gesetz, das auch eines der — sagen wir — Organisationsgesetze der Wirtschaft ist, in einem bestimmten Umfang die Vorstellungen verwirklichen, die über die Mitwirkung und Mitbestimmung des Arbeitnehmers in der Wirtschaft nicht nur bei uns, sondern in weiten Teilen unseres Volkes bestehen. Insoweit lag uns daran, den Charakter der Selbstverwaltung, der sich in der Organisation der Kammern und in ihrer Zusammensetzung ausdrückt, vollkommen rein zu erhalten.
    Wir waren in den Ausschußberatungen durchaus skeptisch gegenüber all dem, was sich mit den Vorstellungen von der Möglichkeit der Organisationsform und der Wirksamkeit der Organisationsformen außerhalb der Kammern, also den Innungen und den Innungsverbänden und den Kreishandwerkerschaften, verbindet. Wir bezweifeln, daß sich das in vollem Umfang realisieren läßt, da — das darf ich vielleicht auch einmal sagen — man den Eindruck gewinnen kann, daß die Vorstellung weit
    verbreitet ist: wenn eine Organisation vorhanden ist, die entsprechende Befugnisse hat, dann seien die Sorgen und Nöte, die man so im einzelnen beim Handwerk und beim einzelnen Handwerker haben mag, beseitigt. Das dürfte ein falscher Glaube sein. Es handelt sich einfach darum, daß die Organisation nur dann funktioniert, wenn auch die entsprechenden Leute vorhanden sind, die sie tragen. Wäre der Wille, von dessen Motiven man seitens des Zentralverbandes des deutschen Handwerks und auch seitens der Handwerksvertreter der Koalition hier gesprochen hat, wirklich gegeben und wäre man von dieser Seite wirklich geneigt gewesen, diesen Vorstellungen Rechnung zu tragen, dann wäre es möglich gewesen, zu einer — ich möchte sagen — vollständigen Übereinstimmung zu gelangen. Uns ist jedenfalls die Innung als öffentlich-rechtliche Körperschaft, ohne eine unserem Wunsch entsprechende, von uns als notwendig erkannte Verstärkung des Gesellenausschusses, ein Kriterium, das uns gegenüber der Handwerksordnung äußerst kritisch stimmt. Es wird künftighin an den Beteiligten liegen, d. h. an den Organisationen der Selbständigen, der Meister, aber auf der anderen Seite — das ist auch an die Adresse der Selbständigen gerichtet — auch an den Organisationen der Arbeitnehmer und in dem Zusammenhang der Gewerkschaften, durch Ausschöpfung der im Gesetz gegebenen, unserer Meinung nach ungenügenden Möglichkeiten dieses Gesetz, soweit es eben denkbar ist, zu einem Instrument der wirtschaftlichen Mitbestimmung und wirtschaftlichen Mitwirkung, der echten Selbstverwaltung auf dem Handwerkssektor zu machen.

    (Abg. Stücklen: Sie kommen vom Industriegedanken nicht ab!)

    — Herr Stücklen, es ist ein Irrtum, wenn Sie meinen, wir kommen von dem Industriegedanken nicht ab. In diesem Zusammenhang darf ich sagen: Wir haben das ja gerade dadurch, daß wir der Drittel-Beteiligung der Gesellen unsere Zustimmung gegeben haben, bewiesen.
    Im Gegensatz zu der vorhin vom Kollegen Paul vertretenen Auffassung, der DGB fordere die Parität, erwähne ich nebenbei, daß auch der DGB diese Auffassung vertritt, wobei er aber sehr deutlich sagt, daß es ihm für die übrigen zwei Drittel darauf ankommt, die Alleinmeister und die übrigen Handwerksmeister, im Schnitt gesehen, in entsprechender Weise zu berücksichtigen, wie das auch schon in den Erörterungen hier festgestellt worden ist.
    Außerdem darf ich für meine Fraktion noch einmal sagen: Wir sind nicht geneigt, dieses Gesetz in irgendeiner Form als Schutzgesetz zu betrachten, sondern es soll das Handwerk nun, nachdem es, wie das in der ersten Lesung im Jahre 1950 hier zum Ausdruck gebracht worden ist, 50 Jahre oder noch mehr Schutzgesetzgebung gegeben hat, jedenfalls von uns aus auf eigene Füße gestellt werden, und es soll seine Dinge im Rahmen der übrigen Wirtschaft so erledigen, daß es nicht mehr weiter auf Staatskrücken gehen muß. Ich glaube, nach 50 Jahren Schutzgesetzgebung darf man auch unter veränderten wirtschaftlichen Umständen durchaus der Meinung sein, daß das Handwerk seine eigenen Belange auch selbständig vertreten kann.
    Aber alles andere, was in diesem Zusammenhang zur Mitbestimmung und zu der sogenannten berufsständischen Ordnung auf der einen Seite und zu der klassenkämpferischen Haltung auf der anderen Seite gesagt worden ist, das ist doch irgendwie fehl am Platze; denn Kollege Mensing, wieweit Sie die


    (Lange)

    Dinge selbst ernst nehmen, weiß ich nicht, wieweit Sie sie nur zur Propagandarede benutzen, weiß ich auch nicht und will ich auch gar nicht weiter untersuchen. Diese Dinge, Kollege Mensing, sind doch allenthalben sattsam diskutiert und ausgestanden. Nun tun Sie doch nicht immer wieder so, als ob die Sozialdemokratie oder die Gewerkschaften den Klassenkampf erfunden hätten, und tun Sie auch nicht so, als ob Sie die Hüter einer irgendwie bestimmt gearteten Ordnung seien.

    (Abg. Mensing: Einer guten Ordnung, die sich in der Vergangenheit bewährt hat!)

    — Dann haben sich mittlerweile die Dinge gegenüber der Vergangenheit verändert!
    Es kommt einfach darauf an: hier ist heute eine Ordnung zu schaffen, die unseren aus der Gegenwart sich ergebenden Notwendigkeiten entspricht. Diese Forderung sehen wir als Sozialdemokraten in diesem Gesetz zur Ordnung des Handwerks noch nicht verwirklicht. In einem — trotz dieser Bedenken kann ich das sagen — begrüßen wir den Gesetzentwurf, und zwar darin, daß er im Bundesgebiet für diesen Sektor insgesamt die Rechtseinheit herstellt.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wir als sozialdemokratische Fraktion werden aber, obwohl Sie unsere Anträge nicht freundlich behandelt und uns im übrigen mit Ihren Argumentationen Motive unterschoben haben, die nicht den Tatsachen entsprechen, das Gesetz, da wir es auch als den Anfang einer möglichen Entwicklung betrachten, hinsichtlich seiner Wirksamkeit sehr sorgfältig beobachten. Wir behalten uns vor, zu gegebener Zeit die uns geeignet erscheinenden Änderunganträge in diesem Hause oder in dem neuen Parlament zu stellen. Wir haben das schon gemeinsam im Ausschuß und auch im Bericht zum Ausdruck gebracht. Auch die Positivliste wird in diesem Zusammenhang einer laufenden Überprüfung unterworfen werden müssen, damit keine veralteten, absterbenden Berufe in einer Form beibehalten werden, die volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigt ist.
    Insoweit kann ich also sagen: Die Sozialdemokratie hat gegenüber dem Gesetzentwurf ihre Bedenken. Ihre Bedenken sind nicht dadurch verschwunden, daß Sie in der vorhin gezeigten Form gegen uns argumentiert haben. Wir werden uns aber nicht der Notwendigkeit dieser Gesetzgebung verschließen, werden dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben,

    (Bravo! in der Mitte)

    werden aber, wie gesagt, diese Dinge sorgfältig beobachten.
    Wir richten gleichzeitig an alle Beteiligten den dringenden Wunsch, im Sinne und im Geiste einer vernünftigen Ordnung, wie sie uns notwendig erscheint, zusammenzuarbeiten, nicht einer im anderen ausschließlich Vertreter einer ganz bestimmten, von ihm abzulehnenden Ordnung zu sehen. Natürliche Interessengegensätze bestehen sowieso zwischen Meistern und Gesellen.
    Sollten Sie in der Weise, wie Sie es häufig tun, fortfahren, dann wird dieses Gesetz nach meiner Überzeugung nicht zum Segen des Handwerks gereichen.
    Darüber hinaus darf ich aber auch noch sagen, daß es uns darauf ankommt, hier Voraussetzungen für weitere Organisationsmöglichkeiten auf dem Gebiete der Wirtschaft zu schaffen.
    Zum Schluß noch eine Bemerkung. Ich habe vom Fetischglauben gesprochen, vom Organisationsfetisch. Zur Gesundung des Handwerks sind neben diesen organisationspolitischen Maßnahmen wirtschaftspolitische, kreditpolitische Maßnahmen notwendig, die auch entsprechend der Forderung der Sozialdemokratie ihren wesentlichen Ausdruck in der Schaffung und Förderung des Personalkredits finden müssen, um die notwendige und mögliche Rationalisierung auch im kleinen und kleinsten Handwerksbetrieb durchzuführen, um auch dort auf diese Art und Weise zur Stärkung und Sicherung der Existenz der im Handwerk tätigen Selbständigen und Unselbständigen beizutragen.
    In diesem Sinne kann ich also namens unserer Fraktion trotz der zum Ausdruck gebrachten Bedenken sagen: Wir stimmen dem Gesetz zu, um dem Handwerk im Augenblick die Rechtseinheit zu geben, und richten an alle am Handwerk Beteiligten noch einmal die vorhin ausgesprochene Bitte, für eine vernünftige Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Gestaltung der Wirtschaft im Rahmen der Selbstverwaltungsorgane des Handwerks Sorge zu tragen.

    (Beifall bei der SPD und in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Maerkl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Maerkl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Föderalistische Union - Bayernpartei, Zentrum — wird für das Gesetz zur Neuordnung des Handwerks laut Drucksache Nr. 4172 stimmen. Die Verabschiedung dieser Vorlage erscheint uns von weitreichender Bedeutung. Das Gesetz erfüllt vielleicht nicht alle Wünsche des Handwerks; aber welches Gesetz bringt schon die Befriedigung aller Beteiligten? Auch das Betriebsverfassungsgesetz läßt manche Lücke offen. Doch im wesentlichen und großen ganzen gewährleistet die vorliegende Bundeshandwerksordnung dem handwerklichen Berufsstand eine gute Regelung seiner Selbstverwaltung, seines Berufsweges, seines Erziehungs- und Ausbildungswesens. Wenn heute ein Berufsstand mit Recht auf eine segensreiche Tradition und gleichzeitig auf seine Stellung im Wettbewerb der modernen Wirtschaft hinweisen kann, so ist es das Handwerk. Wir glauben, daß die zu beschließende Handwerksordnung der hervorragenden wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Bedeutung des deutschen Handwerks gerecht wird, gerecht wird den Wünschen, die durch seine Vertretung den Mitgliedern dieses Hohen Hauses unterbreitet wurden, und nicht zuletzt auch im wesentlichen den Interessen der mitarbeitenden Handwerksgesellen und -lehrlinge entspricht.
    Die Bundeshandwerksordnung unterscheidet sich in erfreulicher Weise von manchen anderen Vorlagen, die hier beschlossen wurden, bei denen dem einen Teil etwas Begehen wird, was dem anderen genommen werden muß. Hier ist es anders. Hier erhält zwar das Handwerk etwas von entscheidender Wichtigkeit; aber niemandem, weder der Allgemeinheit noch einzelnen Gruppen, werden Opfer zugemutet. Darüber hinaus wird das Handwerk durch die Gesetzesvorlage einer Gesundung und weiteren Steigerung der Leistungsfähigkeit zugeführt werden, was letztlich der ganzen Bevölkerung und der gesamten Wirtschaft zugute kommt.


    (Mae' kl)

    Das Gesetz bringt dem Handwerk die so notwendige bundeseinheitliche Regelung. Die bewährte Selbstverwaltung und die handwerkliche Berufserziehung, Ausbildung und Fortbildung sind gewährleistet und gesichert, und zwar nunmehr auch in der amerikanischen Zone. Der hohe Stand der Leistungsfähigkeit und die stetige Fortentwicklung des Handwerks sind nicht zuletzt der sachgemäßen Förderung der Handwerksbetriebe im Rahmen der Selbstverwaltung und der Heranbildung vorzüglicher Fachkräfte zu danken. Dies wird sicher auch für den Erfolg in der Zukunft bestimmend sein.
    Die Berufsausbildung steht im Zeichen des Befähigungsnachweises, der durch das Bestehen der Gesellen- und Meisterprüfung erworben wird und dessen Besitz Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerkerrolle ist. Die Meisterprüfung, die Pforte zur Selbständigkeit, muß wieder allen, die sich einem Handwerksberuf zuwenden, verpflichtendes Ziel sein. Die Aufnahme des Befähigungsnachweises in das Gesetz haben Organisationen verschiedenster Art und Richtung bejaht und gefordert, vor allem auch unsere größte und älteste Gesellenbewegung, die deutsche Kolpingsfamilie. Der Befähigungsnachweis ist kein Monopol. Jeder, der die Meisterprüfung bestanden hat, kann sich selbständig machen, wann und wo er will. In einigen Ländern der Bundesrepublik wurde von einer Besatzungsmacht dem Leistungs- wie dem Ausbildungsstreben des Handwerks durch die Zerstörung berufsständischer Grundlagen größter Schaden zugefügt. Wir, die Föderalistische Union — Bayernpartei—Zentrum —, haben deshalb gerne jede mögliche Initiative zur Beseitigung dieser Schäden und zur Erfüllung der berechtigten Forderungen des Handwerks ergriffen und durch Anträge am Zustandekommen der Bundeshandwerksordnung mitgewirkt. Wir sind überzeugt, daß die Verabschiedung des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks in allen Ländern der Bundesrepublik, besonders auch in Bayern und den anderen Ländern der amerikanischen Zone, nicht zuletzt beim Handwerk selbst mit großer Genugtuung aufgenommen wird.

    (Beifall bei der FU, CSU und FDP.)