Rede von
Bernhard
Raestrup
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Dr. Bertram, Hagge, Juncker und Genossen auf Drucksache Nr. 3805, betreffend den Entwurf eines Gesetzes zur Ermäßigung des Aufbringungsbetrages nach dem Investitionshilfegesetz, ist der berechtigten strikten Ablehnung, die in den Kreisen der Abgabepflichtigen gegen dieses Gesetz besteht, entsprungen. In der 237. Plenarsitzung ist dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik dieser Antrag — federführend — und dem Ausschuß für Finanz- und Steuerpolitik — mitberatend — überwiesen worden.
Ziel des Gesetzentwurfs war es, die dritte und vierte Rate, die nach dem Investitionshilfegesetz noch aufzubringen sind, zu streichen. Da aber die dritte Rate schon am 18. November 1952 fällig war, konnte für diese Rate nur erreicht werden, daß den Finanzämtern empfohlen wurde, bei der dritten Rate ohne vorherige Anhörung der Stundungsausschüsse und ohne Erhebung von Verzugszinsen auf Antrag den Aufbringungspflichtigen die Zahlung bis zum 22. Januar 1953 zu stunden.
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat sich in drei Sitzungen und der Ausschuß für Finanz- und Steuerpolitik in einer Sitzung mit der Vorlage befaßt. Zur Begründung des Antrags wurde unter anderem darauf hingewiesen, daß das Gesetz nicht mehr zeitgemäß sei. Die beim Erlaß des Gesetzes angenommene Liquidität der Abgabepflichtigen sei nicht mehr vorhanden, im Gegenteil sei der größte Teil der Abgabepflichtigen gezwungen, Bankkredite aufzunehmen, um die fälligen Raten zu zahlen. Das Gesetz entspreche nicht mehr den jetzigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Außerdem habe die begünstigte Industrie auf Grund des § 36 des Investitionshilfegesetzes große Steuerersparnisse erreicht. Weiterhin wurde über das Vordringen der eisenschaffenden Industrie in die eisenverarbeitende Industrie geklagt, das besonders durch das Investitionshilfegesetz begünstigt werde. Von seiten der Regierung, namentlich vom Bundesfinanzministerium, wurde darauf hingewiesen, daß verbindliche Zusagen in Höhe von 856 Millionen DM gemacht worden seien, daß noch weitere ca. 80 Millionen eingeplant seien. Das Bundesfinanzministerium müsse dann gegebenenfalls bei einer Streichung der vierten Rate aus Haushaltsmitteln einen Betrag von ca. 250 Millionen DM auf den Bundeshaushalt übernehmen, und dann sei die Durchführung der kleinen Steuerreform gefährdet.
Der bisherige Zahlungseingang beläuft sich auf 558 Millionen DM. Nun ist die Zahlung der vierten Rate zum 21. April aufgerufen. Das Kuratorium rechnet damit, daß, wenn auch die Rückstände aus den Stundungen eingehen und die vierte Rate gezahlt wird, sämtliche Verpflichtungen eingelöst werden können.
Die Beratungen wurden geführt in der Absicht, den Abgabepflichtigen die Zahlung der vierten Rate nach Möglichkeit zu erleichtern, auf der anderen Seite aber die schädlichen Folgen zu vermeiden, die durch eine Streichung der vierten Rate eintreten würden. Durch die eine Milliarde DM, die durch das Investitionshilfegesetz aufgebracht würden — daran sei nicht zu zweifeln —, seien für insgesamt 4 1/2 Milliarden DM Investierungen ausgelöst worden.
Inzwischen hatte die Industrie-Kredit-Bank über die bis zum 30. November 1952 erfolgten Zahlungen auf die Investitionshilfe Empfangsbescheinigungen ausgestellt, die zur gleichen Zeit zum Bezug von Wertpapieren berechtigten. Außerdem sind für alle bis zum 30. November geleisteten Zahlungen die Zinsen in Höhe von 4 °/o ausgezahlt worden, wobei zu berücksichtigen ist, daß diese Zinsen steuerfrei sind. Die Empfangsbescheinigungen der Industrie-Kredit-Bank sind so ausgestattet, daß sie als Kreditunterlagen dienen können. Da die 4 % Verzinsung steuerfrei ist, ergibt sich praktisch für die größeren Abgabepflichtigen eine Verzinsung von ungefähr 10 % und manchmal auch darüber. Das entspricht der Höhe der Zinsen, die für die Kredite bei Aufnahme gezahlt werden müssen.
Es kam uns nun darauf an, den kleinen Abgabepflichtigen Entgegenkommen zu zeigen. Diese sollen mit größter Beschleunigung schon jetzt Wertpapiere erhalten. Im Gesetz ist vorgeschrieben, daß die Abgabepflichtigen bis zu einem Abgabebetrage von 1000 DM bei der Ausgabe von Wertpapieren bevorzugt bedacht werden sollen. Diese Bevorzugung für den Erwerb von Wertpapieren soll auf die Abgabepflichtigen ausgedehnt werden, die bis zu 3000 DM Abgabe zu zahlen haben. Dadurch steigt die Zahl derjenigen, die bevorzugt Wertpapiere erhalten, von 16 000 um rund 64 000 auf 80 000 bei einer Gesamtzahl von ungefähr 127 000 Abgabepflichtigen.
Für die Bevorzugten liegen ab 1. April bei den Bankinstituten die Prospekte über die Wertpapiere vor, und jeder Abgabepflichtige kann sich entscheiden, welches Papier er haben will. Die Bank gibt die Zeichnungslisten an die Industrie-Kredit-Bank, die nach Möglichkeit die Wünsche der einzelnen erfüllt, gegebenenfalls natürlich repartieren muß. Die Zeichnung kann also nach dem 1. April erfolgen. Die Zahlung der vierten Rate ist am 21. April fällig. Die Mittel hierfür können auf dem Kreditwege beschafft werden. Der Stichtag für die vollständige Erfüllung ist zwei Monate nach Aufruf der Wertpapiere, also der 31. Mai dieses Jahres.
Am 1. Juli, nachdem die vierte Rate bezahlt ist, erfolgt die Zuteilung der Wertpapiere, die sofort verkauft werden können, weil sich ein Aufnahme-Konsortium bildet, das die Papiere aufnimmt, um den Kurs zu stützen.
Dem Sondervermögen sind größere Posten einwandfreier Order-Schuldverschreibungen angeboten worden, die als Zuteilung dienen sollen. Deshalb muß der § 30 dahin erweitert werden, daß den Begünstigten auch auf den Inhaber lautende oder durch Indossament übertragbare Schuldverschreibungen angeboten werden können.
Meine Damen und Herren, das ist das wesentliche, was ich Ihnen hier vorzutragen habe. Diese Beschlüsse sind dann in einer neuen Gesetzesvor-
Lage zusammengestellt, die Ihnen in der Drucksache Nr. 4081 vorliegt und folgende Überschrift trägt: „Entwurf eines Gesetzes zur Ermäßigung des Aufbringungsbetrages nach dem Investitionshilfegesetz". Es sind einige Gesetzesänderungen erforderlich, die Sie auf der Drucksache verzeichnet finden. Ich will sie Ihnen hier nicht einzeln vorlesen. Ich mache diese Drucksache auch zum Inhalt meines Berichts und berufe mich ausdrücklich darauf wie auch auf die Beschlüsse unseres Ausschusses.
Ein Wort dazu. Nachdem der Ausschuß für Wirtschaftspolitik nach allen Seiten hin die Frage in dreitägiger Sitzung geprüft hat und einstimmig dazu gelangt ist, Ihnen diese Vorschläge zu machen, bitte ich dringend im Namen des Ausschusses darum, diesem Antrag zuzustimmen, damit endlich die Frage der Investitionsabgabe eine gesunde Erledigung findet und die Mißstimmung beseitigt wird; eine gesunde Erledigung dahin, daß es auch den kleinen Abgabepflichtigen nunmehr möglich ist, die Abgabe zu leisten, daß aber auf der anderen Seite die Großindustrie, die nun einmal mit einem Eingang von 1 Milliarde DM gerechnet hat, nunmehr die Sicherheit erhält, daß die Gelder eingehen. Ich bitte deshalb, dem Antrag zuzustimmen.