Rede von
Dr.
Hermann
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(Fraktionslos)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Dr. Adenauer sagt, — —
— Ich weiß nicht, was in einer so ernsten Sache Ihre Heiterkeit erregen kann.
— Nein, das ist der Ausdruck und die Äußerung
Ihrer Voreingenommenheit und Ihrer Intoleranz, die es nicht erträgt, daß eine abweichende Ansicht hier vorgetragen wird.
Sie selbst zerstören die Fundamente einer Demokratie, die gegenüber der östlichen Weltmacht zu verteidigen und zu retten Sie vorgeben.
Herr Dr. Adenauer sagt, man müsse sein Herz in die Hände nehmen und springen. Also bitte, springen Sie, meine Damen und Herren von der Koalition,
springen Sie über Ihren eigenen Schatten. Erinnern Sie sich, meine Herren von der Demokratischen und der Deutschen Partei, an Ihre temperamentvollen Ablehnungen noch vor elf Monaten, als Ihre Sprecher ein „Unannehmbar" donnerten und von „Unterwerfungsvertrag" und „zweitem Versailles" sprachen.
Es fehlt mir leider die Zeit, weitere Kostproben Ihrer damaligen Expektorationen hier vor aller Welt bekanntzugeben.
Sie haben sich, obwohl- das fortschreitende Studium der Verträge und die seitherige politische Entwicklung die Bedenken noch verstärken mußten, sehr rasch beruhigt. Ihr Herr und Meister, der seine Paladine kennt, antwortete im Juni des vergangenen Jahres auf eine besorgte Frage, wie er denn über die Aussichten der Ratifizierung denke: „Glauben Sie denn, daß ich die Verträge 1 unterzeichnet hätte, wenn ich einer Mehrheit im Bundestag nicht sicher gewesen wäre?"
Ich bin der Meinung, daß die dritte Beratung bis auf weiteres ausgesetzt werden sollte. Wir können uns nicht sozusagen mit geschlossenen Augen der amerikanischen Politik verschreiben, die so zahlreiche penetrante Proben fundamentaler, verhängnisvoller Irrtümer geliefert hat. Sollte es zur Abstimmung kommen, so werde ich, weil die Verträge nach meiner Auffassung gegen das ge-. samtdeutsche Interesse und die Sache des Friedens sind, mit Nein stimmen.